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Humor in der Pflege und deren Anwendungsmöglichkeiten Fachbereichsarbeit an der Schule für psychiatrische Gesundheits- und Krankenpflege am Landeskrankenhaus Rankweil eingereicht von Christian Getzner Betreuer Friedrich Maria Göfis, 25. Februar 2011

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Humor in der Pflege

und deren Anwendungsmöglichkeiten

Fachbereichsarbeit

an der Schule für psychiatrische

Gesundheits- und Krankenpflege am

Landeskrankenhaus Rankweil

eingereicht von

Christian Getzner

Betreuer

Friedrich Maria

Göfis, 25. Februar 2011

Danksagung

An dieser Stelle möchte ich allen danken,

die mich bei der Entstehung

meiner Fachbereichsarbeit unterstützt haben.

Ein besonderes Dankeschön an

Frau Friedrich Maria

für die freundliche und kollegiale Betreuung.

Weiters möchte ich mich

bei meiner Schwester Zagonel Nadja

für ihre Hilfe danken.

Der größte Dank gebührt jedoch meinen Eltern,

die mir eine schöne Schulzeit ermöglicht und

mich stets unterstützt haben.

Abstract

Im ersten Teil dieser Arbeit werden die Begriffsdefinitionen von Humor und Lachen sowie

die Offenlegung, dass eine Vermischung dieser beiden Begriffe - obwohl sie ständig als

Synonyme verwendet werden - nicht richtig ist abgehandelt. Zwar gibt es

Überlappungstendenzen, dennoch muss gesehen werden, dass Humor auch ohne Lachen

präsent sein kann, da dieser nicht zwingend sichtbar sein muss. Umgekehrt aber kann

Lachen ohne Humor stattfinden, bspw. in negativen Umständen oder als Ausdruck

organischer und psychischer Krankheit. Diese Differenzierung ist sehr zentral, da sie nicht

zuletzt auch bei der Wahl der Intervention berücksichtigt werden muss. Abhängig von der

Zielsetzung, braucht es andere Interventionen, wobei überlegt werden muss, ob Humor als

Geisteshaltung gefördert oder Lachen stimuliert werden soll. Weiters muss die Anamnese

in die Auswahl der Art der Humorintervention (indirekter - direkter Humor; spontan –

geplant) mit einfließen. Pflegende müssen dabei sensibel für die individuellen

Humorverständnisse der Patienten werden. Das Kennenlernen des persönlichen Humorstils

einen Menschen ermöglicht es, Humorinterventionen gezielt zu planen, durchzuführen und

anzuwenden. Es bedarf dennoch einer Übungsphase um die angeführten Arten des Humors

sinnvoll und angemessen anwenden zu können.

Obwohl es noch keine spezifischen Forschungsprojekte zu Humorinterventionen im

deutschsprachigen europäischen Raum gibt, zeigen Erfahrungen aus der Pflegepraxis sehr

positive Wirkungen. Durch ständige Überprüfung und eventueller Anpassung der eigenen

Erfahrungen im Zusammenhang mit der Anwendung von Humorinterventionen sowie

durch einen kontinuierlichen Austausch mit Pflegekollegen, kann Professionalität dennoch

in die Auswahl, Durchführung und Auswertung der Intervention einfließen.

Auch gehört die Kehrseite der Medaille – die negativen Folgen des Humors- mit dazu.

Dies kann beim Thema dann der Fall sein, wenn dieser zu einem nicht angebrachten

Moment oder unsensibel angewendet wird. Auch kann Humor in Form von Sarkasmus

oder Zynismus sich negativ auswirken, da dieser Humorstil in der Regel vom

statushöheren zum statusniedrigeren Menschen abzielt.

Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung ......................................................................................... 6

2. Humor .............................................................................................. 8

2.1. Definition von Humor ............................................................................... 8

2.1.1. Der Wortursprung ................................................................................................. 8

2.1.2. Der Bedeutungswandel des Wortes ...................................................................... 9

2.2. Humor als Funktion ................................................................................ 10

2.3. Humortheorien und Humorprozesse ....................................................... 11

2.3.1. Überlegenheitstheorie ......................................................................................... 11

2.3.2. Inkongruenztheorie ............................................................................................. 12

2.3.3. Erleichterungstheorie .......................................................................................... 12

2.3.4. Therapeutischer Humorprozess .......................................................................... 13

3. Lachen ............................................................................................ 14

3.1. Definition von Lachen ............................................................................ 14

3.2. Lachen ist nicht gleich Humor ................................................................ 15

3.3. Gelotologie - Die Wissenschaft vom Lachen ......................................... 17

3.3.1. Vorläufige Forschungsergebnisse....................................................................... 18

4. Humorinterventionen ................................................................... 20

4.1. Voraussetzungen ..................................................................................... 20

4.2. Arten von Humorinterventionen und Interventionsebenen .................... 23

4.3. Interventionsbeispiele ............................................................................. 25

4.4. Professioneller Einsatz von Humorinterventionen ................................. 27

4.5. Humor und Lachen – mögliche unerwünschte Wirkungen und

Ausdrucksformen ................................................................................... 30

5. Pflegeprozessmodell im Humorkontext ...................................... 33

5.1. Das Pflegeprozessmodell ........................................................................ 33

5.2. Die Humoranamnese ............................................................................... 35

5.3. Die Planung des Humoreinsatzes ............................................................ 36

5.4. Die Durchführung der Humorintervention ............................................. 37

5.5. Die Evaluation des Humoreinsatzes ....................................................... 38

6. Zusammenfassung ......................................................................... 39

Literaturverzeichnis .......................................................................... 41

Abbildungsverzeichnis ...................................................................... 42

Abkürzungsverzeichnis .................................................................... 43

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1. Einleitung

In der vorliegenden Arbeit werde ich mich mit dem Thema Humor in der Pflege und deren

Anwendungsmöglichkeiten auseinandersetzen.

Mein Interesse an diesem Thema verdanke ich einerseits meinem persönlichem Einsatz

von Humor in zwischenmenschlichen Alltagsbeziehungen, welcher mir schon so oft

weitergeholfen hat. Andererseits gab mir auch der Versuch Humor in den

ausbildungsbegleitenden Praktika einfließen zu lassen den ersten Input dieses Thema für

meine Fachbereichsarbeit zu wählen.

Bereits im Praktikum zu Beginn meiner Ausbildung, welches ich im Sozialzentrum

Satteins absolvierte, habe ich bemerkt, dass der Beruf des Pflegers nicht immer ernst sein

muss, dass auch mal gelacht werden darf, und dass ein vernünftiges Maß an Humor sich

förderlich auf den Umgang mit pflegebedürftigen Menschen auswirken kann. Ich stellte

zudem fest, wie positiv sich ein morgendliches Lächeln beim Aufstehen des

Pflegeempfängers, auf deren Tag auswirkte. Diese Erfahrungen beeindruckten mich

zunehmend und gaben mir Mut diese Art von Intervention in den Pflegeprozess mit

aufzunehmen.

Parallel dazu stellte sich mir die Frage, ob Lachen gleich Humor ist oder ob es hierbei

einen Unterschied gibt. Auch interessierte mich, ob der Humor auf eine professionelle

Weise in die Pflege einbezogen werden kann bzw. ob spezifische Humorinterventionen

existieren, welche bereits im Pflegealltag erprobt und evaluiert wurden.

Meine Faszination an dieser Thematik wurde durch die Literaturrecherche und das

Einlesen in diesen Themenkomplex und das anschließende Schreiben der

Fachbereichsarbeit nur noch verstärkt. So konnte ich in meinem letzten Praktikum,

welches ich im Landeskrankenhaus Rankweil auf der Gerontopsychiatrie absolvieren

durfte weitere positive pflegerische Erfahrungen im Zusammenhang mit dem Einsatz von

Humor in der Pflege sammeln. Mit dem Hintergrundwissen der vorliegenden Arbeit

erprobte ich für mich ein weiteres Mal den Einsatz von Humor in der Pflege. Hierbei durfte

ich erfahren, dass über den Einsatz von Humor so mancher Zugang zu Patienten gefunden

werden kann. Ich realisierte zugleich, dass es nötig ist, die Dosen des Humors empfindlich

genau einzusetzen. So konnte ich bspw. das Ziel erreichen, dass ein Patient der zuvor die

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Tabletteneinnahme verweigerte, über eine Humorintervention bereit war diese

einzunehmen. Natürlich erfuhr ich auch, dass nicht jeder Patient gleichermaßen auf Humor

reagiert, sondern dieser sehr individuell auf jeden Patienten angepasst werden muss. Wenn

ich die Erfahrung mit dem Umgang von Humorinterventionen in diesem Praktikum

zusammengefasst sehe, so kann ich bezeugen, dass diese im Allgemeinen äußerst

stimmungsauflockernd sind und zwar nicht nur für den Pflegeempfänger sondern genauso

für das gesamte Team und nicht zuletzt auch für den Pfleger selbst. So kam ich dann

letztendlich zu dem Schluss, dass eine Beschäftigung mit diesem Thema im Rahmen

meiner Fachbereichsarbeit auch für mein zukünftiges Berufsleben von großer Bedeutung

sein wird.

Meine Fachbereichsarbeit ist in vier Themenschwerpunkte gegliedert. Zu Beginn wird der

Begriff Humor genauer „unter die Lupe“ genommen. Dabei wird der Versuch gestartet

Humor zu definieren, hier wird auf den Wortursprung und den Bedeutungswandel des

Wortes eingegangen. Anschließend werden die Funktion des Humors sowie

Humortheorien und Humorprozesse kurz angerissen.

Beim zweiten Schwerpunkt wird der Begriff Lachen näher vorgestellt, wobei dieses

Kapitel neben der Definition und der Unterscheidung von Lachen und Humor zusätzlich

kurz die Gelotologie beschreibt.

Das darauf folgende Kapitel befasst sich mit den Humorinterventionen, deren

Voraussetzungen und den verschiedenen Arten von Humorinterventionen. Abgerundet

wird dieser Teilabschnitt mit Interventionsbeispielen und dem professionellen Einsatz von

Humorinterventionen in der Pflege und deren mögliche unerwünschte Wirkungen.

Die Arbeit schließe ich mit der genauen Beschreibung des Pflegeprozessmodells im

Humorkontext. Dieses Kapitel soll sehr praxisnah gestaltet werden und einen Einblick in

den professionellen Einsatz von Humor in der Pflege geben.

Mithilfe dieser inhaltlichen Gliederung hoffe ich meine übergeordnete Forschungsfrage -

Wie und in welcher Form kann Humor in der Pflege angewendet werden? – beantwortet zu

haben. Auch wünsche ich mir, dass im Rahmen der Fachbereichsarbeit auf meine

persönlichen Fragen eine Antwort gefunden werden kann.

Ist Lachen gleich Humor?

Gibt es spezifische Humorinterventionen und wurden diese im Pflegealltag erprobt

und evaluiert?

Wie können Humorinterventionen professionell im Pflegealltag eingesetzt werden?

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2. Humor

2.1. Definition von Humor

Es ist sehr schwierig eine allgemeingültige Definition von Humor wiederzugeben. Ein

Grund dafür ist, dass es über hundert Humordefinitionen gibt, welche sehr unterschiedlich

sein können. Eine zusätzliche Schwierigkeit ist, dass mit dem Wort Humor sehr viele

Begriffe und Assoziationen verbunden werden, wie beispielsweise schwarzer Humor oder

Galgenhumor, Komik, das Komische, Lachen, Witz, Spaß, Freude, Heiterkeit,

Schadenfreude, Satire, Ironie.

Im Rahmen dieser Arbeit ist es wichtig die Begrifflichkeit Humor verständlich zu machen,

weshalb ich diesen Versuch hiermit starten möchte. Dabei wird mit dem Wortursprung

begonnen, überleitend zum Bedeutungswandel des Wortes hin zu Humor als Funktion von

Robinson und schlussendlich zu den Humortheorien und Humorprozessen von

Bischofberger.

2.1.1. Der Wortursprung

Das Wort Humor stammt ursprünglich aus dem Lateinischen. Dabei bedeutet das Wort

„humor“ oder „umor“, Feuchtigkeit, Flüssigkeit, Saft. (vgl. Lotze, 2003, S.22)

Im Dudenlexikon findet sich unter Humor der folgende Eintrag:

„I. [humor; lat.-fr.-engl.] der; -s, selten: -e: 1. (ohne Plural) Fähigkeit, Gabe

eines Menschen, der Unzulänglichkeit der Welt u. der Menschen, den

Schwierigkeiten und Missgeschicken des Alltags mit heiterer Gelassenheit zu

begegnen, sie nicht so tragisch zu nehmen u. über sie u. sich lachen zu können. 2.

sprachliche, künstlerische o.ä. Äußerungen einer von Humor (1) bestimmten

Geisteshaltung, Wesensart, z.B. der rheinische -; schwarzer -: das Grauen

einbeziehender Humor.

II. [humor; lat.] der; -s, -es […móreß]: Körperflüssigkeit (Med.).“

(Robinson, 2002, S.9)

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Die Humorpathologie oder Säftelehre wurde vom griechischen Arzt Galen (129 – 199 n.

Chr.) in direkter Anlehnung an den griechischen Arzt Hippokrates (460 – 377 v. Chr.)

entwickelt und beanspruchte als vorwissenschaftliches medizinisches Konzept seine

Gültigkeit. Diese Theorie war die erste, die die Ursache von Krankheit im Patienten

vermutete. Diese Theorie geht von einem Ungleichgewicht der vier Körpersäfte

(Vermutung Hippokrates) als Ursache für eine Krankheit aus. Diese Körpersäfte sind

wiederum in vier Primärqualitäten in Gegensatzpaaren zugeordnet Hitze und Kälte sowie

Feuchtigkeit und Trockenheit.

Blut - Sitz im Herzen - feucht und warm

Schleim - Sitz im Gehirn - kalt und feucht

Gelbe Galle - Sitz in der Leber - warm und trocken

Schwarze Galle - Sitz in der Milz bzw. im Hoden - kalt und trocken

Nun war das Behandlungsprinzip Galens systemlogisch, Gegensätzliches mit

Gegensätzlichem zu behandeln. (vgl. Lotze, 2003, S.22- 23)

2.1.2. Der Bedeutungswandel des Wortes

Im Mittelalter wurde die Temperamentenlehre entwickelt. Dabei wurde die obgenannte

Theorie erweitert und in menschliche Charaktere (Sanguiniker – Melancholiker und

Choleriker – Phlegmatiker), sowie in Elemente (Feuer, Wasser, Luft, Erde) eingeteilt.

Waren die Temperamente nicht im Einklang, so hatte dies Auswirkungen auf den

seelischen Gemütszustand des Menschen. Hierbei gab es noch keinen Zusammenhang zum

Komischen, Witzigen, o.ä., sondern eine enge Anlehnung an die eigentliche

Wortbedeutung von Humor. Wer einen „guten Humor“ hatte, dessen Körpersäfte waren

ausgeglichen.

Erst über das Französische im Jahre 1565 wurde Humor in Zusammenhang von Laune

oder Stimmung benutzt, wobei dieses immer noch im Zusammenhang mit den

Körpersäften gesehen wurde. 1572 – 1673 wurde der Humorbegriff durch Ben Jonson auf

Figuren erweitert, wobei er in seiner satirischen Komödie erstmals das Wort Humor im

Sinne des Komischen verwendet.

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Im Laufe der weiteren Wortgeschichte wurde „Humor“ zu einem geistigen Vermögen,

einer qualitativen Haltung und menschlichen Begabung, die sie auch als bewusste und

gewollte Heiterkeit äußern kann. Auf diese Weise näherte sich der Begriff sich dem

heutigen Wortverständnis an. (vgl. Lotze, 2003, S.23-26)

2.2. Humor als Funktion

Auch die Definition von Humor von Robinson ist ausschlaggebend für das Verständnis

von Humor, weshalb diese im Folgenden kurz erläutert wird. Hier wird Humor anhand von

drei Funktionen definiert: (Robinson 1977, zitiert nach Bischofberger, 2002, S.36)

1. Kommunikative Funktion:

Das Vertrauen zwischen Patienten und Pflegefachpersonen kann leicht und schnell durch

eine heitere Stimmung aufgebaut werden. Schon beim ersten zwischenmenschlichen

Kontakt kann bereits Humor – zwar oftmals unbewusst- mit einfließen (bspw. durch den

Gesichtsausdruck, ein Augenzwinkern, eine neckische Bemerkung). Auch können verbale

und nonverbale Kommunikationsformen wie bspw. ein lockerer Spruch, ein leichter

Schubs an der Schulter oder eine liebevolle, heitere Anekdote, eine angespannte Situation

erleichtern oder sogar eine heitere Stimmung erzeugen.

2. Soziale Funktion:

Die Beziehungen im Gesundheitsbereich sind nicht mit alltäglichen Beziehungen zu

vergleichen. Deshalb kann in diesen Beziehungen Humor als Instrument einer

ausgleichenden Kraft und verringerten Distanz benutzt werden. Es muss auch

berücksichtigt werden, dass durch Humor jedoch auch Verlegenheit gefördert und soziale

Unstimmigkeiten ausgelöst werden können.

3. Psychologische Funktion:

Im Alltag des Krankenhauses gibt es diverse Gründe für Wut und Aggression, wobei

Humor helfen kann Anspannung und Entmenschlichung zu verringern. Auch kann Humor

in verunsichernden Situationen bei der Wahrung des Gesichtes behilflich sein.

(vgl. Bischofberger, 2002, S. 36)

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2.3. Humortheorien und Humorprozesse

Mithilfe der Humortheorien soll das Wesen von Humor in Worte gefasst werden oder

verschiedene Humorstile besser unterschieden und verstanden werden. So soll durch die

Unterscheidung Humor bei den Patienten, Angehörigen, im Team und auch bei sich selber

besser gesehen werden. Zudem kann mit Hilfe der theoretischen Hintergründe festgestellt

werden, welche Art von Humor einem liegt. Um sich ein Konzept aneignen zu können

braucht es ein theoretisch fundiertes Wissen. So können in der Praxis die bevorzugten

Humorstile oder Humorausdrucksformen ins Alltagsrepertoire aufgenommen oder

ignoriert werden. Es muss dennoch berücksichtig werden, dass es sein kann, dass Patienten

eine Vorliebe für Humorstile haben, die man selber ignoriert. Dabei bedarf es einem

professionellen Umgang mit Humor, wobei die eigenen Humorstile kritisch hinterfragt und

gegebenenfalls angepasst werden müssen.

Es gibt zwar Bestrebungen eine einzige Humortheorie zu erforschen, jedoch ist dies aktuell

noch nicht der Fall. Mit Hilfe der folgenden drei Humortheorien soll die eigene

Einschätzung von Humor und diejenige der Patienten weiter differenziert werden.

(vgl. Bischofberger, 2002, S. 38-39)

2.3.1. Überlegenheitstheorie

Umschreibung: Gegenstand des Humors sind die Fehler oder Missgeschicke von anderen,

wobei auch das Lachen über sich selbst mit dazu gehört.

Praxisbeispiel: Am Samstagmorgen geht eine alte Frau in einem Lebensmittelgeschäft

einkaufen. Es stehen viele Leute an der Kasse Schlange. Die alte Frau bezahlt ihre

Lebensmittel und packt diese in eine Papiertasche. Beim Hochheben der Tragetasche reißt

der Henkel aus und die Lebensmittel sind am Boden verstreut. Sie schaut entsetzt zu

Boden und meint: „Was für eine Fresserei!“. Die Moral aus der Geschichte: „Wenn Du

nicht über dich selber lachen kannst, wird es jemand anders für dich tun.“ (vgl.

Bischofberger, 2002, S.39)

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2.3.2. Inkongruenztheorie

Umschreibung: Witzige Überraschung, oft Situationskomik. Der Grad des Kontrasts

bestimmt den Effekt.

Praxisbeispiel: Die Krankenschwester wird von einer Patientin, die an Diabetes und

Sehschwierigkeiten leidet gefragt, ob die Roulade am Tisch für Diabetiker geeignet ist. Die

Krankenschwester teilte ihr daraufhin mit, dass sie keine Roulade sehe. Die Patientin meint

daraufhin, dass sie die braune Roulade am Tisch meint. Da schaut die Krankenschwester

nochmals auf den Tisch und beginnt zu lachen. Sie erkennt das Unerwartete und trägt es

zur Patientin. Die Roulade entpuppt sich als Beinbinde. Nun muss auch die Patientin

lachen, da ihr ihre schlechten Augen einen Streich gespielt haben.

Das Ziel der inkongruenten Sichtweise ist es, dass alle Situationsbeteiligten möglichst

schnell während oder nach der Situationskomik lachen können. Je schneller dies möglich

wird, desto eher konnte der Humor ins Leben integriert werden. (vgl. Bischofberger, 2002,

S.40)

2.3.3. Erleichterungstheorie

Umschreibung: Entspannung und Erleichterung, den Normen entfliehen zu können. Dabei

steht der Entspannungseffekt (z.B. das Lachen) und nicht die verursachende Situation im

Vordergrund.

Praxisbeispiel: Eine Pflegefachperson ertappt sich dabei, dass sie beim Herrichten von

Verstorbenen des Öfteren lachen muss. Obwohl sie weiß, dass dies nichts mit mangelndem

Respekt gegenüber dem Toten zu tun hat, wünscht sie sich eine Erklärung. Als sie sich mit

der Erleichterungstheorie auseinandersetzt bemerkt sie, dass der Entspannungseffekt nach

einer angespannten Situation zu ihrer unüblichen Reaktion führt. (vgl. Bischofberger,

2002, S.40)

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2.3.4. Therapeutischer Humorprozess

Auch der therapeutische Humorprozess hilft die Entwicklung der Humorfähigkeit besser

zu verstehen. Hirsch erklärt den Humorprozess anhand des Phänomens Lachen und

beschreibt diesen in fünf Stufen.

„Stufe 1 Nicht lachen können: Auf dieser Stufe kann ein Mensch nicht lachen,

da er aufgrund seiner individuellen Situation, seiner Werthaltung oder seines

persönlichen Umfelds ein bestimmtes Ereignis nicht als lustig wahrnimmt und

auch nicht mit Lachen reagiert.

Stufe 2 Über andere lachen können: Analog zur Überlegenheitstheorie sind

hier die Missgeschicke anderer Auslöser für Gelächter. Dieses gelingt, auch

wenn man – selbst in dieser Situation – nicht über sich selbst lachen könnte.

Stufe 3 Über mich selber lachen können: Auf dieser Stufe ist bereits ein

Prozess der Selbsterkenntnis in Gang gekommen. Lachen über sich selbst

bedeutet einen wichtigen Reifeprozess in der Persönlichkeitsentwicklung.

Stufe 4 Andere dürfen über mich lachen: Diese Stufe wird uns oft von

Clowns vorgelebt, die Missgeschicke parodieren und uns überspitzt vorführen.

Gelingt dies im Alltag und dazu noch rasch nach dem Erlebnis, so ist ein

weiterer und großer Schritt in Richtung „Komik im Alltag“ getan.

Stufe 5 Gemeinsam mit anderen über mich selbst lachen: Auf diesem

höchsten Niveau lachen die betroffene(n) Person(en) gemeinsam mit anderen

Leuten über ein selbst erlebtes Ereignis und sind dabei fähig, dieses vor dem

inneren Auge Revue passieren und darüber lachen zu können.“

(Bischofberger, 2002, S.41)

Aus diesen fünf Stufen wird ersichtlich, dass der Humorprozess sowie die Fähigkeit zu

lachen eng mit der Persönlichkeitsentwicklung zusammenhängt. Das heißt, dass der Sinn

für Humor sich in immer anspruchsvolleren Situationen äußert.

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Am deutlichsten ist dies zwischen der Stufe 2 und 3 erkennbar. Hierbei stellt sich auch die

Frage, ob die Stufe 1 – sprich die Unfähigkeit lachen zu können, als ein krankhaftes

Symptom oder als unterentwickelte Fähigkeit gesehen und demnach auch behandelt

werden kann. Damit kämen dann die Themen Humorinterventionen und Humortechniken

ins Spiel. Auf diese Themen möchte ich jedoch später noch zu sprechen kommen. (vgl.

Bischofberger, 2002, S.41)

3. Lachen

3.1. Definition von Lachen

Für die Begriffsklärung des Wortes „Lachen“ wird hier die Definition von Wikipedia –

der Freien Enzyklopädie- begonnen:

„Lachen ist ein angeborenes Ausdrucksverhalten des Menschen, das nicht nur,

aber vor allem in der Gemeinschaft mit anderen seine Wirkung entfaltet.

Lachen ist die natürliche Reaktion eines gesunden Menschen auf komische

oder erheiternde Situationen, erscheint aber auch als Entlastungsreaktion

nach überwundenen Gefahren oder zu Abwendung drohender sozialer

Konflikte sowie als Abwehrmechanismus gegen spontane Angstzustände.“

(Wikipedia Lachen, 2010)

Lachen wird als eine unwillkürliche körperliche Reaktion gesehen, die reflexartig ist und

die Folge eines emotionalen Prozesses darstellt. Diesen emotionalen Prozess, der zum

Lachen oder Lächeln führt nennt er Erheiterung, welcher gewöhnlich nur von kurzer

Dauer ist. Hierbei wird die Erheiterung als ein emotionales Konstrukt definiert, welches

sich aus dem Anwachsen einer heiteren Grundstimmung ergibt und zu Auswirkungen in

diversen Bereichen des menschlichen Organismus führt. Das Lachen beschreiben sie als

eine unwillkürliche, reflexartige Körperreaktion, die lustvolle, emotionale Zustände

einbeziehen. (vgl. Außerwöger, 2010, S.23-24)

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Es kommt bei Lachen zu Vokalisationen, die sich stark auf die Atmung und die

Muskulatur (Mimik und Gestik) auswirken. Bereits Charles Darwin beschrieb Lachen vor

ca. 130 Jahren au dem damaligen physiologischen Kenntnisstand heraus wie folgt:

„Lachen entsteht aufgrund einer tiefen Einatmung, die von krampfartigen

Kontraktionen in der Brust, vor allem aber im Zwerchfell gefolgt wird…“

(Lotze, 2003, S.44)

Des Weiteren beschreibt er die beteiligten Muskelpartien im Gesicht (vor allem

zygomatische und orbiculare Gesichtsmuskeln, Mund- und Augenmuskeln) sowie das

wellenförmige Ausbreiten des Lachens auf den gesamten Körper, sprich auf die Spannung

der willkürlichen Muskulatur.

Darauf folgende Untersuchungen stellten fest, dass ebenfalls die unwillkürliche

Muskulatur auf das Lachen reagiert.

„Zunächst erhöht sich der Herzrhythmus, um später dauerhaft abzusinken, die

Muskulatur der Arterien entspannt sich mit der folge eines größeren

Gefäßvolumens. Auch die Bronchien öffnen sich durch Wirkung der glatten

Muskulatur weiter, sodass der Gasaustausch gefördert wird. Durch die

vertiefte Ein- und Ausatmung beim Lachen kommt es zudem zu einer

Sauerstoffanreicherung und beschleunigter Ausscheidung von Kohlendioxid im

Blut – die allgemeinen Stoffwechselvorgänge werden unterstützt.“

(Lotze, 2003, S.44)

3.2. Lachen ist nicht gleich Humor

Da Lachen und Humor immer noch sehr oft als Synonyme verwendet werden, diese

begriffliche Vermischung jedoch nicht richtig ist, wird in diesem Kapitel versucht diese

zwei zwar verwandten, jedoch unterschiedlichen Phänomene näher zu beleuchten.

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Eggli beschrieb einen wesentlichen Unterschied zwischen Humor und Lachen. Er

beschreibt Humor als ein mentales und kognitives Erlebnis, welches auch als

Geisteshaltung bezeichnet werden kann. Die Entwicklung dieser Haltung unterscheidet

sich vom Unterhaltungshumor, welcher ein unspezifisches und kurzfristiges Lachen

erzeugt. Denn dieser hat einen mittel- bis langfristigen Charakter.

Das Lachen hingegen ist ein Reaktionsmuster, welches meist einen definierten Anfang

und ein definiertes Ende aufweist. Es wird durch verschiedene positive und negative

Stimuli ausgelöst und ist deshalb nur kurzfristig. (vgl. Käppeli, 2000, S.276; Eggli 1997,

zitiert nach Käppeli, 2000, S.276),

Es gibt Lachen auch als Ausdrucksform von menschlicher Emotion in negativ

empfundenen Umständen. So lachen Menschen bspw. auch bei Unvertrautheit, Angst,

Hohn. Auch kann Lachen ein Ausdruck von organischen oder psychischen Krankheiten

sein. So gibt es bei verschiedensten neurologischen Erkrankungen Lachen als Symptom,

wie bspw. bei epileptischen Anfällen auch lachen möglich ist.

Das Humorerleben ist nicht unbedingt an das Lachen gekoppelt, denn Humor muss nicht

immer sichtbar sein. So kann von einer Person Humor empfunden werden, ohne dass dies

für andere äußerlich sichtbar ist. Es gibt jedoch kaum Untersuchungen über den Humor,

der nicht beobachtbare Wirkungen zeigt. Es wird vermutet, dass es positive

physiologische, psychische und soziale Auswirkungen des bloßen Humorgefühls gibt. (vgl.

Lotze, 2003, S.48)

Diese Unterscheidung zeigt Überlappungstendenzen und es lässt sich darauf schließen,

dass Menschen auch ohne lautes Lachen humorvoll sein können und ständige Witz-

Erzähler gar nicht humorvoll sein müssen. Für die Wahl der Interventionen ist es von

großer Bedeutung dies zu differenzieren, denn je nach gewähltem Ziel – Lachen

stimulieren oder die Geisteshaltung Humor fördern – braucht es andere Interventionen.

(vgl. Käppeli, 2000, S.276)

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3.3. Gelotologie - Die Wissenschaft vom Lachen

Die Wissenschaft, die sich mit den physiologischen Effekten des Lachens beschäftigt,

nennt sich Gelotologie. Das Wort „gélós“ stammt aus dem griechischen und bedeutet das

Lachen, Gelächter. Die Gelotologie beschäftigt sich mit den körperlichen und psychischen

Aspekten des Lachens sowie mit der Entstehung des Humors. (vgl. Wikipedia/

Gelotologie, 2010)

Der Anstoß für die Erforschung dieser gesundheitsfördernden Aspekte des Lachens gab in

den 60er Jahren der amerikanische Wissenschaftsjournalist Norman Cousins. Cousins

erkrankte an Kollagenose (Spondylitits rheumatica ankylosans), welche als unheilbar und

progressiv verlaufend eingestuft wurde. Dies ist eine schmerzhafte Erkrankung der

Grundsubstanz der Gelenke und der Wirbelsäule. Ihm war bewusst, dass negative

Emotionen im Körper negativ wirkende chemische Veränderungen auslösen können. Er

schloss daraus, dass mit dem Einsatz von positiven Emotionen und dem daraus folgenden

Lachen, positive körperliche Prozesse in Gang gesetzt werden können. Cousins wollte

jedoch nicht nur positiv denken, sondern auch die Heiterkeit, die den ganzen Körper

umfasst unmittelbar erleben. Da dies seiner Meinung nach im Krankenhauszimmer nicht

möglich war, zog er in ein freundliches Hotel. Dort setzte er sämtliche Medikamente ab

und verordnete sich neben hohen Vitamin C-Dosen auch regelmäßige „Lachsitzungen“, in

welchen er versuchte sich selbst durch Bücher, Filme, etc. zum lachen zu bringen. Er

berichtete, dass ihm zehn Minuten intensives Lachen weitgehend die Schmerzen nahm und

er anschließend für zwei Stunden schmerzfrei schlafen konnte. Auch durch Laborbefunde

konnte medizinisch eine allmähliche Genesung nachgewiesen werden. Cousin wurde dann

auch wieder vollständig gesund. Er geht davon aus, dass der Placeboeffekt hauptsächlich

für seine Genesung verantwortlich war. Demnach geht er davon aus, dass Lachen und

positive Emotionen ein Beitrag zur Mobilisierung der körpereigenen Ressourcen darstellt,

welche den Körper von negativen Einflüssen befreien. (vgl. Lotze, 2003, S.46;

Außerwöger, 2010, S.24-25)

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Der Pionier der gelotologischen Forschung ist der amerikanische Arzt William F. Fry. Er

glaubte, dass in der Öffnung von Teilen der Medizin zu alternativen holistischen Modellen,

ein zentraler Aspekt für das wachsende Interesse der Gelotologie liegt und zwar sowohl in

der Gesellschaft, als auch in Fachkreisen. Durch Experimente konnte er nachweisen, dass

beim Lachen vermehrt Adrenalin und Noradrenalin ausgeschüttet wird, was zur Steigerung

der körpereigenen Immunabwehr führt. Nach diesen Befunden scheint Lachen fast ein

Antagonist zur klassischen Stressreaktion zu sein.

3.3.1. Vorläufige Forschungsergebnisse

Im folgenden Abschnitt werden Forschungsergebnisse behandelt, welche ein Dozent,an der

Akademie für Individualpsychologie in Zürich und Gründungsvorsitzender von

HumorCare Deutschland ist, erwähnte:

3.3.1.1. Auswirkungen

Die Veränderung der Gedankenwelt durch Lachen: Es wird davon ausgegangen, dass

beim Lachen sich neben dem Gesichtsmuskel auch die Gedankenmuster auflockern. So

soll es zu einer veränderten Sicht der Dinge kommen, was dem Menschen ermöglicht,

seine Situationen, die darin involvierten Personen und sich selbst, mit etwas Abstand

und aus einer neuen Perspektive zu sehen. Dadurch soll die als belastend empfundene

Situation überdacht und neue Lösungsansätze gefunden werden können.

Auswirkungen des Lachens auf die Psyche: Ausgehende Annahme ist, dass ein froher,

lachender Mensch seiner Umwelt anders begegnet als ein pessimistischer Mensch.

Fröhliche Menschen sollen kontaktfreudiger, bei anderen beliebter und dadurch sozial

erfolgreicher sein. Schlussfolgernd heißt dies, dass der Lachende andere soziale

Bezüge hat, eine sehr spezifische Interaktion mit anderen Menschen und eine

besondere Interaktion. Er soll auch auf seine eigenen Gefühle und Bedürfnisse anders

reagieren als ein pessimistischer Mensch.

Auswirkungen des Lachens auf den Körper: Im Rahmen der Lachforschung wurde

herausgefunden, dass „eine Minuten lachen“ ebenso erfrischend sein soll wie 45

Minuten Entspannungstraining. Zudem soll es die Kreativität fördern.

(vgl. Wikipedia/Gelotologie, 2010)

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3.3.1.2. Anwendungen

Lachen gegen Schmerzen: Es wurde erforscht, dass durch nur wenige Minuten

Lachen eine Erleichterung des Schmerzes stattfindet, welche auch über mehrere

Stunden anhalten kann. Auch wird die Durchblutung verbessert und somit Herz-

Kreislauf-Krankheiten vorgebeugt.

Lachen und das Immunsystem: Ein Immunologe stellte fest, dass durch lachen die

Blutwerte von Gamma-Interferon (Aktiviert und koordiniert die Produktion von

mehreren körpereigenen Abwehrstoffen), Killer-Zellen (vernichten infizierte Zellen)

und Antikörper steigen.

Lachen gegen Stress: Wissenschaftler gehen davon aus, dass beim Lachen

Glückshormone (Endorphine) ausgeschüttet werden. Wäre dies der Fall, so könnten

sich beim Lachen Verspannungen lösen. Kunz Erika, eine Hormontherapeutin meint,

dass durch das Hochziehen der Mundwinkel eine traurige Grundhaltung vermieden

werden kann. Auch könne es gegen Verstopfung, Kopfschmerzen und Schlaflosigkeit

helfen.

Lachen in der Therapie: Der Anwendung von Humor und Lachen wird immer mehr

Zuwendung geschenkt. Vor allem die Psychiatrie und Psychologie hofft durch

gezielten Einsatz von Humor in der Therapie bessere Erfolge erzielen zu können. Aus

psychosomatischer Sicht ist die gesundheitsfördernde Wirkung des Lachens

hauptsächlich die Überwindung von Widrigkeiten. Das Lachen könnte also helfen

einen Weg aus unüberwindlichen Situationen zu finden, da der Hauptauslöser des

Lachens das Erkennen von Zusammenhängen darstellt. Wenn die Zusammenhänge der

belastenden Situation erkannt werden, dann können sich innere Anspannungen in Form

von Lachen lösen.

Rote Nasen, Clinic Clowns: Die Clinic-Clowns wurden aufgrund der

Forschungsergebnisse der Gelotologen eingeführt. Diese Spaßmacher haben die

Aufgabe, die Patienten aufzuheitern und sich ihre Probleme und Sorgen anzuhören.

Deren Ziel ist es, den oft tristen Klinik-Alltag aufzuheitern, die Patienten zum Lachen

zu bringen, sodass dies zu einer schnelleren Genesung führt. Die Clinic-Clowns gibt es

mittlerweile weltweit.

(vgl. Wikipedia/Gelotologie, 2010)

20

4. Humorinterventionen

Im folgenden Kapitel klärt sich die Frage, inwiefern Humor Anwendung in der Pflege

findet. Dabei soll auch erläutert werden, wie sich Pflegende, Patienten und Mitarbeiter

aufheitern können. Hierbei werden anfänglich die Voraussetzungen des Pflegekonzeptes

Humor beschrieben, überleitend kurz die Arten der Humorinterventionen sowie die

Interventionsebenen angeführt. Anschließend werden Beispiele von Interventionen sowie

die professionelle Anwendung der Humorinterventionen benannt um dann dieses Kapitel

mit möglichen unerwünschten Wirkungen und Ausdrucksformen von Humor und Lachen

abzurunden. Im Anschluss an dieses Kapitel wird noch das Pflegeprozessmodell im

Kontext des Humors detailliert angeführt, sodass die Anwendungsmöglichkeiten des

Humors im Pflegealltag noch deutlicher gemacht werden.

4.1. Voraussetzungen

Um Humor als gleichwertiges Pflegekonzept zu anderen Konzepten zu sehen, benötigt

dieses Strategien und konkrete Interventionen. Möchte man Humorinterventionen nicht nur

kontextuell sondern auch gezielt einsetzen, so kann man folgende Definition aus der

Nursing Intervention Classification als Grundlage nehmen:

„Die Patientinnen und Patienten unterstützen, Lustiges, Amüsantes oder

Absurdes zu erleben, zu schätzen und auszudrücken, Beziehungen aufzubauen,

Spannung zu erleichtern, Ärger abzubauen, Lernen zu erleichtern oder

schmerzvolle Gefühle besser ertragen zu können.“ (Käppeli, 2004, S. 295)

Dies ist eine offene Definition, welche impliziert, dass Humor auch geplant und

zielgerichtet sein kann. So wird empfohlen, dass die Intervention erst dann gewählt wird,

wenn die Situationseinschätzung und das Ziel sowie allfällige Ressourcen gemäß dem

Regelkreis des Pflegeprozesses festgesetzt wurden.

21

Leider wird jedoch oftmals dieser zeitliche Ablauf nicht eingehalten, obwohl es gerade

beim Pflegekonzept Humor wichtig wäre die einzelnen Teile des Pflegeprozesses genau

einzuhalten, da hierbei eine differenzierte Handlungskompetenz erforderlich ist. Es sollten

auch noch weitere Voraussetzungen berücksichtigt werden, welche nachstehend kurz

beschrieben werden:

1. Humorinterventionen sind lernbar: Wird davon ausgegangen, dass

Humorinterventionen erlernt werden können, so gibt dies Spielraum für den

Übungsprozess, der mit einfachen Anwendungen begonnen und mit zunehmender

Erfahrung gesteigert werden kann. Dabei geht es darum, dass die nachstehenden

angeführten Interventionen überdacht, eingeübt und gegebenenfalls ins eigene

Repertoire aufgenommen werden. Hirsch meint dazu, dass humorvolle Szenen in einer

Behandlung nur von kurzer Dauer sind, hingegen es kontinuierlicher Bemühungen

bedarf, den Sinn für Humor zu schärfen.

2. Es werden vier zentrale Elemente für die Anwendung von Humor in der Pflege

genannt, wobei es darum geht Wohlwollen und Vertrauen aufzubauen:

a. Wissen über die Patienten (Biographie, Erkrankung, momentane Situation)

b. Intuition

c. Synchronizität

d. Caring

3. Auch ist eine zentrale Voraussetzung die Haltung des Teams und der gesamten

Institution gegenüber Humor. Dabei ist eine Studie interessant, bei welcher festgestellt

wurde, dass Humor von Pflegenden im Beruf äußerst geschätzt wird, jedoch im

Vergleich mit dem Privatleben weniger. Da es durchschnittlich eine sehr positive

Haltung gegenüber Humor gibt, kann resultierend gesagt werden, dass Humor durchaus

zielgerichtet genutzt werden kann. Als weitere Bedingung für die Intervention wird von

Hirsch ein „offenes, vertrauensvolles, emanzipatorisches Grundklima“ genannt.

22

4. Die Anwendung der Pflegeanamnese wird meist von Pflegenden bereits schon als

Instrument, das bei der Einschätzung von Humor hilfreich ist, genutzt. Hierzu wurden

Fragen zusammengestellt, die beim Anamnesegespräch dienlich sein können. Im

folgenden werden kurz einige Beispiele angeführt:

Worüber können Sie lachen?

Welche humorvollen Erinnerungen haben Sie von Ihrer Kindheit?

Welche Art von Humor mögen Sie?

Wie würden Sie Ihren Sinn für Humor beschreiben?

Sehen Sie manchmal die humorvolle Seite am Leben trotz Ihrer Erkrankung?

Hat sich Ihr Humor im Verlauf der Erkrankung verändert?

Wann haben Sie zum letzten Mal herzhaft gelacht? (Käppeli, 2004, S.296)

5. Für die professionelle Nutzung von Humorinterventionen bedarf es der Einführung des

Pflegeprozesses. Dadurch soll sichergestellt werden, dass die individuellen

Vereinbarungen für alle Beteiligten bindend und auch nachvollziehbar ist. Das

Anamnesegespräch soll protokolliert werden, bspw. als Ressource oder als Fähigkeit

zur Kommunikation.

6. Es gilt zu berücksichtigen, dass Humorinterventionen nicht in alle Fällen angewendet

werden können, jedoch als Instrument für die Kommunikation verwendet werden kann.

(vgl. Käppeli, 2001, S. 294-296; Hirsch, 1998, zitiert nach Käppeli, 2001, S.295-296)

23

4.2. Arten von Humorinterventionen und

Interventionsebenen

Dem Pflegefachpersonal stehen vier verschiedene Arten von Humorinterventionen zur

Verfügung. Wichtig bei der Anwendung ist sich die Frage zu stellen, ob das Ziel ist Humor

als Geisteshaltung zu kultivieren oder ob primär Lachen als Ereignis intendiert werden

soll. Neben dieser Fragestellung muss selbstverständlich auch die Anamnese mit in die

Auswahl der Art der Humorintervention einfließen. (vgl. Käppeli, 2004 S.296-297)

Abb. 1: Arten von Humorinterventionen (vgl. Käppeli., 2004, S.297)

Pflegende sollen über Beobachtungen und aktives Fragen einen Einblick darüber erhalten,

welche Intervention in der jeweiligen Behandlung geeignet ist. Dadurch soll zusätzlich die

diagnostische Fähigkeit für die Wahrnehmung von Humor geschärft werden. Es ist auch

möglich, dass durch das Anamnesegespräch bereits das Ziel erreicht wird. In solch einem

Fall ist eine Intervention gar nicht nötig.

Arten von Humorinterventionen Erläuterung

Äußerer oder indirekter Humor

Innerer oder direkter Humor

Spontan

Geplant

Extern stimulierter Humor, z.B. Comics,

Filme, Juxartikel

Intern stimulierter Humor, z.B.

Wortspiele, Übertreibungen, Aufdecken

von Absurditäten

Situationskomik, Necken

Oft synonym zu äußerem Humor,

zusätzlich zielgerichtete Intervention, die

idealerweise überprüft wird.

24

Folgende Faustregeln müssen beim Einüben von Humorinterventionen berücksichtigt

werden:

Es muss mit einer einfachen Intervention begonnen werden, wobei klar sein muss, dass

Witze nicht zu den einfachen Interventionen gehören, da diese – je nach Inhalt – ein

komödiantisches Können verlangen. Es ist besser mit einer Intervention zu beginnen,

bei welcher nicht der Pflegende selbst das „Humormedium“ ist, z.B. durch den

Vorschlag eines Humortagebuches.

Es soll mit einer Intervention begonnen werden, bei welcher der Pflegende das Risiko

einschätzen kann. Hilfreich dabei kann die Anwendung bei Patienten oder Kollegen

sein, bei denen der Pflegende weiß, dass er mit einer hohen Wahrscheinlichkeit die

Humorintervention erfolgreich anwenden kann.

(vgl. Käppeli, 2004, S.296-297)

Bischofberger unterscheidet zwischen zwei verschiedenen Interventionsebenen und stellt

dies tabellarisch dar.

Abb. 2: Interventionsebenen (vgl. Bischofberger, 2002, S.76)

Sie gibt ebenso wie Käppeli den Hinweis, dass zur Spalte der Ziele, im Hinblick auf die

Interventionsebene wichtig ist zu unterscheiden, ob Humor als Geisteshaltung kultiviert,

oder Lachen aktiviert werden soll. Will man nun einen Menschen zum Lachen bringen, so

wird man einen Witz erzählen oder ein Video eines Komikers zeigen, will man hingegen

Humor als Geisteshaltung fördern. (vgl. Bischofberger, 2002, S. 75-76)

Interventionsarten Erläuterung/Beispiele

Indirekter Humor

Direkter Humor

Humor und Lachen wird in Form von

verschiedensten Utensilien ermöglicht

und unterstützt, z.B. Comics, Filme,

Bücher, Humortagebuch oder

ähnlichem.

Humor wird von der initiierenden

Person durch verbale oder nonverbale

Kommunikation z.B. durch Wortspiele,

Scherzen oder Augenzwinkern

gefördert.

Interventionsziele

Humor und humorvolle Anregungen

sind mittels verschiedener Hilfsmittel

jederzeit zugänglich, diese können nach

individuellen Bedürfnissen genutzt

werden.

Humor soll in der persönlichen

Kommunikation erlebt und ausgedrückt

werden können.

25

4.3. Interventionsbeispiele

In diesem Kapitel soll ein Überblick über die verschiedenen Interventionsmöglichkeiten

gegeben werden, welche sowohl aus der Pflegepraxis als auch aus der Pflegeliteratur

gesammelt wurden. Dabei wird zuerst die Intervention genannt und anschließend kurz

beschrieben was damit gemeint ist und wie diese im Pflegealltag umgesetzt werden kann.

Humor thematisieren Dabei soll versucht werden mit den Patienten oder KollegInnen

eine Diskussion über Humor anzuregen, wobei das Ziel ist, die

Wahrnehmung von Humor zu kultivieren. (Humor in Zeitungs-

und Zeitschriftenartikel, Kinofilmen, der eigenen Pflegepraxis,

Erlebnisse mit Kindern oder Tieren, etc.)

Humor definieren Bevor mit einer Humor- Diskussion begonnen werden kann, ist

wichtig, dass zuerst jedes Teammitglied seinen Humorbegriff

definiert. Danach müssen diese Definitionen den drei

Humortheorien zugeordnet werden (Überlegenheits-,

Inkongruenz-, Erleichterungstheorie)

Wahrnehmung schulen Dabei werden Patienten und Kollegen angehalten, zu schauen

wie Humor im Spitalsalltag einfließt.

Visualisation Abspielen von humorvollen Szenen aus dem eigenen Leben vor

dem inneren Auge, so bemüht man sich aktiv um ein Lächeln

im Gesicht.

Wortspiele Es werden Wortspiele gesammelt, die gezielt eingesetzt werden

können. Meistens sind die Sprüche bewusst provokativ,

weshalb sie bei der Anwendung eine gewisse Sorgfalt

erfordern. Beispiele: Humorrhoiden, Salatogonese, das kann ja

Eiter werden, lieber Arm dran als Arm ab, steter Tropfen leert

das Hirn, wie man sich füttert, so wiegt man, lieber Sonne im

Herzen als einen Schatten auf der Lunge

26

Humortagebuch Das Humortagebuch bietet eine gute Möglichkeit spontanen

und geplanten Humor zu verbinden. Ein lustiges oder

amüsantes Erlebnis kommt spontan, wird dieses

aufgeschrieben, so kann es zu einem späteren Zeitpunkt als

geplante Humorintervention verwendet werden.

Personal-Humortagebuch: Humorvolle Ereignisse sowohl im

Team als auch mit Patienten werden notiert. Diese

Aufzeichnungen können zu einem späteren Zeitpunkt als

Stimmungsaufheller oder bei bestimmten Anlässen als heitere

Anekdote verwendet werden.

Patienten Humortagebuch: Festhalten von humorvollen

Erlebnissen des Lebens in schriftlicher Form. Dies wird

vielfach mit Aussprüchen von Kindern gemacht.

Geschenke von

Angehörigen, Freunden

empfehlen

Der persönliche Humor muss immer gepflegt und kultiviert

werden. Dabei können Geschenke hilfreich sein, bspw. mit dem

Buch „Cartoons zum Verlieben“ von Mordillo oder „Du siehst

heute schon viel besser aus! Von Uli Stein.

Witze erzählen oder

erzählen lassen

Über Witze kann viel über den Humorstil des Patienten

herausgefunden werden. Durch eine Witzesammlung kann eine

Witze-Präferenz des Teams gemacht werden. Auch kann aus

dieser gezielt Witze für die Gestaltung der Patientenbeziehung

ausgewählt werden.

Videos, Kassetten,

Bücher, Spiele, usw.

In Humor-Abteilungen von Buchhandlungen und Bibliotheken

geeignete Werke für die Patienten aussuchen. Vor allem

Videofilme und Tonbänder von nationalen und internationalen

Komikern sind sehr beliebt (bspw. Loriot, Acapickels, Emil).

Aufbau einer fahrenden Ludothek, Lachkiste oder eines

Humorzimmers im Spital.

Juxartikel Beispiele: Lachsack, lachender Spiegel, Tischset mit Comics,

Brillen, Attrappen eines brennenden Zigarettenstummels,

Fingerpuppen, gefülltes Cognac-Glas mit Doppelwand, sodass

der Inhalt nicht getrunken werden kann

27

Humorecke,

Humorwand

Sowohl im Spital als auch in der Arztpraxis können die

Wartebereiche humorvoll gestaltet werden. Bspw. mit einer

Comicgalerie, humorvoll gestalteten Informationsbroschüren

z.B. zur Aids-, Melanom- oder Unfallprävention

Humor an Feiertagen Fasnacht, 1. April, Ostern, Weihnachten, St. Nikolaus bieten

gute Gelegenheiten, Humor zu thematisieren. Streiche,

Überraschungen und auch Gags können an diesen Tagen

„sozial verträglich“ eingesetzt werden.

CliniClowns engagieren Clowns sind sowohl bei Kindern als auch Erwachsenen gern

gesehene Gäste und bieten eine Abwechslung im starren

Spitalsalltag. Auch fühlen Patienten sich den Clowns oft sehr

nahe, da sie nur dann in der Gesellschaft zu Recht kommen,

wenn sie sich über gewisse Normen hinwegsetzen und darüber

lachen können.

(vgl. Bischofberger, 2002, S.7-81; Käppeli, 2003, S.298-300)

4.4. Professioneller Einsatz von Humorinterventionen

Diverse Pflege- und Gesundheitsprofis können sich dem Repertoire der

Interventionsbeispiele bedienen, welche sie bei der Anwendung von Humor im

Pflegealltag unterstützen können. Dabei muss der Begriff der „evidenz-basierten

Intervention“ angeschnitten werden. Dieser wird immer mehr sowohl in der Pflegepraxis

als auch in der Pflegewissenschaft zunehmend thematisiert. Unter dieser Begrifflichkeit

werden im Wesentlichen diejenigen pflegerischen Interventionen verstanden, die auf

Forschungsergebnissen beruhen. Wenn keine entsprechenden Studien vorhanden sind,

muss auf klinische und reflektierte Expertise zurückgegriffen werden. Dies ist aktuell noch

weitgehend der Fall. Auch sind die Vorlieben der Patienten und die Verteilung von

Ressourcen entscheidend dafür, welche Intervention gewählt wird.

Im deutschsprachigen europäischen Raum gibt es erst seit wenigen Jahren pflegerische

Interventionsforschungsprojekte, wobei es noch keine Forschungsprojekte speziell zu

28

pflegerischen Humorinterventionen gibt. Deshalb weiß man noch nicht genau, welche

Interventionen bei wem, wie wirken.

Trotz dieses Umstandes sollte nicht auf Humorinterventionen verzichtet werden, nicht

zuletzt deshalb, weil Erfahrungen aus der Praxis deutliche positive Wirkungen zeigen.

Werden im Rahmen eines Forschungsprojektes Humorinterventionen getestet, so sind

reflektierte Erfahrungen von Pflegefachpersonen hilfreich. (vgl. Bischofberger, 2002, S.81-

82)

Obwohl noch ein Mangel an Forschungsergebnissen besteht, kann unter Berücksichtigung

der folgenden Punkte die Professionalität in die Auswahl, Durchführung und Auswertung

der Intervention einfließen:

„Erfahrungen mit Humorinterventionen werden sorgfältig geplant und

ausgewertet; das heißt, das eigene Handeln im Bereich Humor wird ständig

überprüft und wenn nötig angepasst.

Anamnestische Fragen zu Humor und Lachen werden zunehmend

berücksichtigt.

Der Erfahrungsaustausch mit Pflegekollegen, z.B. an Tagungen oder übers

Internet wird geführt, um die Interventionspalette und die erzielten

Wirkungen zu diskutieren und zu reflektieren.

Fachliteratur zum Thema Humor in der Pflege wird gelesen, um aktuelle

Diskussionen mitverfolgen zu können.

Die Spezialisierung auf das Pflegekonzept Humor hilft, dass einzelne

Pflegefachpersonen laufend auf dem neuesten Stand sind und ihr

Spezialwissen sowie die zunehmende Erfahrung in ihren Teams und

Institutionen weiter geben zu können.“ (Bischofberger, 2002, S.82)

Diese obgenannten Punkte sollten letzlich auch deshalb berücksichtigt werden, damit

Patienten und Angehörige nicht als „Versuchskaninchen“ für Humorinterventionen

„missbraucht“ werden, und dass das Repertoire von Humorinterventionen stetig zunimmt.

Klar ist, dass für jede Humorintervention einmal das erste Mal ist, und zwar sowohl für

Patienten als auch für die professionell Helfenden. Hat man sich davor jedoch mit dem

29

Konzept literarisch auseinandergesetzt, so kann in der Praxis ein Vorsprung genossen

werden, da besser argumentiert und die Wirkung eingeschätzt werden kann.

(Bischofberger, 2002,S.82-83)

Soll Humor als Intervention im professionellen Repertoire einen Stammplatz finden, so

muss auch über die Wirkung des Handelns reflektiert werden. Folgende Fragen können

dabei bei der Zielsetzung behilflich sein:

„Konnte Spannung abgebaut werden?

Wurde die Beziehung gestärkt?

Wurde Humor der Situation angepasst angewendet?

Ist verbaler und/oder nonverbaler Humor in der Institution erkennbar?

Konnte Ablenkung oder Erleichterung verschafft werden?

Konnte die angesprochene Person zum Lachen angeregt werden?

Ist Humor spür- oder sichtbar in einer Institution?

Wird Humor vermehrt wahrgenommen?

Worüber und mit wem wird gescherzt?

Sind Einträge ins Humortagebuch gemacht worden?

Werden die neu angeschafften Bücher und Videos in der Patientenbibliothek

ausgeliehen?

Sind Humor-Ressourcen vorhanden, z.B. Bücher, Scherzartikel usw.?

Was könnte mit den PatientInnen und deren Angehörigen weiter geplant

werden in Bezug auf Humor?“ (Bischofsberger, 2002, S.83)

Sinnvoll dabei ist es, dass die Antworten an geeigneter Stelle dokumentiert werden, sodass

zu einem späteren Zeitpunkt wieder darauf zurückgegriffen werden kann. Wenn man

erfahrene Pflegefachpersonen beobachtet, so lässt sich oft erkennen, dass sie die Wirkung

ihrer Interventionen sehr schnell wahrnehmen und diese sogleich wieder in neue

anamnestische Fragen und anschließende Interventionen verweben. So entsteht ein

ständiges Wechselspiel zwischen Anamnese, Intervention und Evaluation. Die Fähigkeit,

Übergänge zwischen diesen drei Ebenen – Anamnese, Intervention, Evaluation- fließend

zu gestalten, ist bei einem dynmischen Phänomen wie Humor notwendig, da die Wirkung

nur in den seltensten Fällen „nach Lehrbuch“ ausfallen wird, weshalb auch kontinuierliche

Reflexionen äußerst wichtig sind. (vgl. Bischofberger, 2002, S.83-84)

30

4.5. Humor und Lachen – mögliche unerwünschte

Wirkungen und Ausdrucksformen

Bisher wurde nur die vorsichtige Anwendung von Humor thematisiert, wobei die positive

Wirkung im Vordergrund stand. Wichtig ist jedoch auch die Kehrseite, nämlich die

möglichen Risiken anzuschauen. Kubie war einer der ersten, der vor schädlichen

Einflüssen von Humor in der Psychotherapie warnte. Er wies insbesondere auf die

Problematik hin, dass Humor und Lachen bei den Patienten eine Maske seien, hinter

welche der Therapeut blicken müsse. Weiters meinte er, dass Humor in der Therapie im

besten Fall nutzlose und im schlimmsten Fall negative Folgen auf das Seelenleben der

Klienten haben. Negative Folge kann bspw. bei degradierendem Humor in Form von

Sarkasmus oder Zynismus der Fall sein. Dieser Humorstil zielt in der Regel vom

statushöheren zum statusniedrigeren Menschen ab. Hirsch umschreibt den bewusst

bloßstellenden Humor mit einer prägnanten Aussage: „Was kränkt, macht krank“. Wird

Humor jedoch gegen sich selbst gerichtet, so kann dies ein Zeichen von (wachsender)

Selbstsicherheit sein. (vgl. Bischofberger, 2002, S.84; Kubie, 1971, zitiert nach

Bischofsberger, 2002, S.84; Hirsch, 1998, zitiert nach Bischofberger, 2002,S.84)

Auch in der Humorliteratur wurde immer wieder darauf hingewiesen, dass Humor auch

unerwünschte Wirkungen haben kann. Schon im Jahre 1983 wurde hierzu eine kurze Liste

erstellt:

„Wenn Humor nicht angebracht und unsensibel ist,

Wenn der Humorstil langweilig und ermüdend wirkt,

Wenn die Arbeitsqualität abnimmt,

Wenn zu stark auf die stressreduzierende Kraft gesetzt wird, ohne andere

Bewältigungsstrategien zu berücksichtigen.

Wenn Humor zur falschen Zeit als Intervention eingebracht wird.“

(Bischofberger, 2002, S.84)

31

Manche dieser Auswirkungen sind in der Praxis nicht immer einfach zu antizipieren und

zu erkennen. So hat sich gezeigt, dass Humor zur Unterstützung präoperativer Schulung

sehr hilfreich sein kann, allerdings sollten die Informationen nicht erst unmittelbar vor dem

chirurgischen Eingriff vermittelt werden, wenn Nervosität und Angst am stärksten sind und

Humor dadurch kontraproduktiv wirkt. Humor und Lachen nach einer Operation können

ebenso unangebracht sein, wenn die Operationsnaht dadurch noch mehr schmerzt.

Zudem kann bei Multipler Sklerose pathologisches Lachen in Form paroxysmaler Dystonie

ein erstes Anzeichen der Krankheit sein oder sich später regelmäßig manifestieren.

Eine Pflegespezialistin aus der Psychiatrie berichtet, dass eine Patientin trotz schwerer

Depression in eine Humorgruppe geschickt wurde. Als diese Patientin den Raum verließ,

murmelte sie vor sich hin:“ Das war das Brutalste, das mir je angetan wurde.“

Diese Reaktion zeigt, dass die Humorintervention die Krankheitswahrnehmung bei

Patienten verstärken anstatt vermindern kann. Die Patientin realisierte offenbar, dass sie

vom Ziel der Humorgruppe, nämlich Heiterkeit zu erleben, meilenweit entfernt war.

Dadurch steigerte sich ihre Depressionssymptomatik.

Gerade bei solchen Reaktionen zeigt sich, dass Humor und Lachen Phänomene sind, die

sich nicht „so nebenher“ in die Behandlung einbauen lassen.

Die Dynamik dieser Phänomene birgt viel Ambivalenz und stellt professionell Helfende

immer wieder vor schwierige Fragen:

Ist Lachen Ausdruck von unverarbeiteten Gefühlen?

Verbergen sich hinter unkontrolliertem Lachen organisch-pathologische

Veränderungen?

Verstärkt unangebrachter Humor das Schamgefühl und steigert die Hemmungen?

Auch kompetente Humoranwender kennen bei solchen Fragen keine einfachen Antworten.

Es bleibt aber das ständige Bemühen, Humor und Lachen in einem empathischen und

forschungsgestützten Klima erlebbar zu machen.

32

Die folgenden Kriterien können dazu dienen, Humor den Patienten möglichst adäquat

anzupassen:

„Angstniveau einschätzen: Humor ist angebracht, wenn Patienten milde oder moderate

Angstzustände haben und wenn Humor die Ängstlichkeit

senken kann.

Bewältigungsstil erkennen: Humor ist angebracht, wenn er für die Patienten eine

wirkungsvolle und hilfreiche Bewältigungsstrategie ist, wenn

er zu neuer Erkenntnis verhilft, wenn er neue Perspektiven

eröffnet, wenn er soziale Distanz verringert, und wenn der

kognitive und emotionale Zustand der Patienten die

Wahrnehmung von Humor und die Reaktion von Lachen

erlaubt.

Humorstil anpassen: Humor der professionell Helfenden ist angebracht, wenn er

mit dem Humorstil der Patienten möglichst übereinstimmt.

„Lachen mit“ und nicht „Lachen über“ muss im Zentrum

stehen.“

(Bischofberger, 2002, S.85)

Diese Kriterien zur Auswahl bei Humorinterventionen gilt es ernst zu nehmen, um ein

potentielles Risiko möglichst gering zu halten. Treten Misserfolge auf, sollten sie nicht

dazu führen, Humor und Lachen vollständig aus dem Angebot zu streichen, denn die

unterschiedlichsten Faktoren können dazu beitragen, dass die Intervention nicht zum

gewünschten Erfolg geführt hat. Bevor Humor und Lachen also bei einzelnen Patienen aus

dem Behandlungsplan gestrichen werden, gilt es diese Faktoren sorgfältig abzuklären und

ebenfalls neue Humorinterventionen zu einem anderen Zeitpunkt mit anderen Zielen

auszuprobieren. (vgl. Bischofberger, 2002, S.85)

33

5. Pflegeprozessmodell im Humorkontext

Die selbst empfundenen und geäußerten Bedürfnisse des Menschen sollen den

handlungsleitenden Rahmen für die Pflege bilden, wenn das Pflegeprozessmodell an dieser

Stelle eingeführt und auf den Einsatz von therapeutischem Humor bezogen wird.

„Wohlbefinden“ und „Lebensqualität“ sind Begriffe die in der Diskussion über Ziele der

Pflege bei Betrachtung des Humors wieder in den Vordergrund rücken. An diesen

Zielformulierungen setzt der Humoreinsatz in der Pflege an. Dazu wird der Einsatz von

Humor am Instrument des Pflegeprozessmodells zu orientieren sein, um:

systematisch und strukturiert gemeinsame Ziele anzustreben.

eine sinnvolle Evaluation von Humorinterventionen zu ermöglichen.

den wichtigen Alltagsaspekt der Pflege vom „inoffiziellen“ zum „offiziellen“ Inhalt

pflegerischen Handelns verändern zu können.

Anerkennung nicht nur als „Spaßelement“ in der Pflegepraxis zu gewinnen,

sondern auch als innovatives, gleichzeitig aber „natürliches“ Element der Pflege in

Wissenschaft und Forschung Beachtung zu finden.

(vgl. Lotze, 2003, S. 88-89)

5.1. Das Pflegeprozessmodell

Im Jahre 1981 wurde der Gedanke aufgegriffen, die Pflege am wissenschaftlich

formulierten Problemlösungsprozess auszurichten. Dieser Gedanke wurde in der

amerikanischen Pflege bereits in den fünfziger Jahren aufgegriffen und dann um den

Begriff des Beziehungsprozesses erweitert.

So definieren Fichter und Meier: „Pflege ist ein zwischenmenschlicher

Beziehungsprozess, bei dem zwei Personen (Pflegender und Gepflegter)

zueinander in Kontakt treten, um ein gemeinsames Ziel, das Pflegeziel zu

erreichen.“ (Lotze, 2003, S.89)

34

In diesem Prozess geht es ihnen um logische, voneinander abhängige Überlegungs-,

Entscheidungs- und Handlungsschritte, die auf ein Ziel hin ausgerichtet sind. Dieser

Prozess beinhaltet eine Art „Rückkopplungseffekt“ in Form von Beurteilung und

Neuanpassung. Im besten Fall kann so eine Aufwärtsspirale in der Entwicklung erreicht

werden. Im Modell der WHO wurden 1977 die Handlungsschritte in diesem Prozess in vier

Phasen unterteilt. Auch unterteilt sich das folgende Prozessmodell in vier Stufen:

„Einschätzen des Pflegebedarfs/Pflegeanamnese (Assessing)

Planung und Zielformulierung der Pflege (Planning)

Durchführung der Pflege (Implementing)

Evaluieren/Bewerten der Pflege (Evaluation)“

(Lotze, 2003, S.89-90)

Dabei wird die wichtige Tatsache betont, dass der Pflegeprozess einer Konzeption von

Pflege dienlich sein muss. Roper meint, dass der Pflegeprozess oftmals irrtümlicherweise

als eigenständiges Pflegemodell verstanden wird. Sie meint, dass der Prozess in einem

luftleeren Raum steht und erst in einem konzeptionellen Rahmen anwendbar wird. Dies

zeigt, dass der Pflegeprozess ein arbeitsstrukturierendes Instrument ist. Er ersetzt jedoch

nicht die Befassung mit Pflegetheorien oder auszuhandelnden Pflegeleitbildern. Diese sind

genauso wichtig für die Professionalisierung der Pflege wie die Systematisierung der

Pflegepraxis. (vgl. Lotze, 2003, S.90; Roper, 1993, zitiert in Lotze, 2003, S.90)

Wird der therapeutische Humor für die Pflege entdeckt, so sollte eine Ausrichtung am

prozessualen Gedanken stattfinden. Das Wesen des Humors bedingt, ihm Raum zu geben

und zwar auch in spontan entstehenden Situationen, die nicht planbar sind. Daraus

resultiert, dass das Pflegeprozessmodell als flexibles und nicht Kreativität verhinderndes

Instrument gesehen wird. Dieses soll den Humor nicht als dogmatische Regel zur

Erstarrung verurteilen, sondern ihn ermöglichen, nicht zuletzt aufgrund der

Grundannahme, dass Humor eine gesundheitsfördernde Wirkung hat. Am angemessensten

ist der Pflegeprozess dort angewendet, wo er die Multidimensionalität menschlicher

Existenz berücksichtigt und wo er in die Anamnese Ressourcen (auch nicht empirisch-

positivistisch objektivierbare Ressourcen) und Probleme aufnimmt. (vgl. Lotze, 2003,

S.90-91)

35

5.2. Die Humoranamnese

Im Alltag nimmt ein Beobachter den Humor eines Menschen beiläufig wahr. Auf dem

Hintergrund des Wissens über mögliche therapeutische Wirkungen des Humors wird eine

Aufmerksamkeitsverschiebung in diese Richtung notwendig, um zu Aussagen über den

Humor des Gegenübers zu kommen.

Zwar wird ein pflegebedürftiger Mensch mit eigener Sicherheit zunächst wenig

humorvolles Verhalten an den Tag legen. Verunsicherung, Angst und Schmerzen sind nach

Erfahrungen von Pflegenden zunächst eher bestimmende Gefühle und Wahrnehmungen in

Pflegesituationen. Im Erstgespräch, nach dem ersten Eindruck lassen sich demnach

vielleicht keine Unterschiede feststellen, da aber die Pflegeanamnese kein einmaliger,

abzuschließender Vorgang ist, ergeben sich im Pflegeverlauf immer feinere

Beobachtungskriterien, die in die Planung einer Humorintervention einfließen können.

Durch den Humor wird der Beobachtung als anamnestisches Instrument zu verstärkter

Bedeutung verholfen. Die Einschätzung der psychosozialen Ressourcen eines Menschen

wird geschult und gefördert, da es von Experten für zunehmend wichtig gehalten wird. Das

„nicht“ Offensichtliche zu bemerken ist es, das eine erfahrene Pflegekraft vom Neuling

unterscheidet, Phänomene als relevant zu erkennen, die sonst übersehen werden, machen

eine gute Beobachtung aus.

Dieser Einschätzung folgend schlägt Sultanoff als Maßnahmen zur Ermittlung des

individuellen Humors vor, folgendes vor dem Gebrauch therapeutischen Humors

vorzunehmen:

„Die Beobachtung des Humorgebrauchs der Person.

Die Beobachtung der Fähigkeit der Person, über sich selbst zu lachen.

Die Beobachtung der individuellen Humorantwort auf Humor bei anderen

Menschen.

Die Erforschung der Rolle des Humors imLeben der Person.

(Sultanoff, 1994, zitiert nach Lotze, 2003, S.91- 92)

Zur Beobachtung als Instrument der Anamnese wird erklärend bemerkt, dass je

gesundheitsfördernder der Humor eines Menschen ist, umso empfänglicher für

36

Humorinterventionen wird er sein. Über sich selbst zu lachen ist eine hochentwickelte

Fähigkeit, welche Sultanoff mit einem hohen Wert an Selbsteinschätzung verbindet.

In dieser Eigenschaft sieht er eine gute Voraussetzung für eine hohe Empfänglichkeit für

Humorinterventionen. Die Beobachtung der Humorantwort einer Person auf einen

Humorimpuls aus der Umgebung ermöglicht Aussagen zur Humorempfänglichkeit der

Person und bestimmt den Humorgebrauch von Seiten des Therapeuten zusätzlich mit. Die

emotionalen, kognitiven und sozialkommunikativen Ressourcen eines Menschen und seine

Vorlieben von Humor müssen ebenfalls bestimmt werden.

Neben der Beobachtung (Fremdeinschätzung) könnten sich weitere Instrumente, die zur

Selbsteinschätzung dienen, für die Anamnese von Bedeutung sein. Hier wird aktiv

erforscht, welche Rolle der Humor im Leben des Einzelnen spielt. So werden

biographische Faktoren ihr selbst und der Pflegekraft bewusst gemacht. Erste Versuche zur

Einführung Erfassungsinstrumente, z.B. Nachfragen im Aufnahmegespräch oder

schriftlicher Fragebogen, um die Rolle des Humors im Leben einer Person zu eruieren,

werden in Deutschland sogar bereits eingesetzt.

Abschließend sei erwähnt, dass man zum Humor eines Menschen nur gelangen kann, wenn

man sich mit seiner Persönlichkeit- und nicht nur als Symptomträger- auseinandersetzt.

Dieser Gedanke sollte schon bei der Erstanamnese bestimmend sein. Das Kennenlernen

des persönlichen Humorstils eines Menschen ermöglicht es, Humorinterventionen gezielt

zu planen, durchzuführen und auszuwerten. (vgl. Lotze, 2003, S.91-93)

5.3. Die Planung des Humoreinsatzes

Vor der Planung einer Humorintervention muss die beschriebene, sehr differenzierte

Situations-, Beziehungs- und Problemanalyse, sowie die Angabe eines angestrebten Ziels

gemacht werden. In der Wahl der Intervention unterscheidet man zwischen solchen, die

Lachen zum Ziel haben und solchen, in denen der „Humor als Geisteshaltung“ kultiviert

werden soll.

Die Humorerfahrung, die sich durch lachen äußert, bewirkt nur eine kurze Erheiterung, ist

als Zielformulierung nicht niedriger zu bewerten als eine angestrebte Einstellungsänderung

des Menschen, die als langfristiges Ziel der Humorintervention in Frage käme.

37

Hierbei sei erneut an die verschiedenen Interventionsarten zu denken, welche bereits im

Kapitel „Arten von Humorinterventionen und Interventionsebenen“ beschrieben wurden.

Die Entscheidung, ob „äußerer“ oder „innerer“ Humor, „spontaner“ oder „geplanter“

Humor anzuwenden ist, ist von den Ergebnissen der Anamnese abhängig.

Es bedarf aber einer Übungsphase, um die angeführten Arten therapeutischen Humors

sinnvoll und angemessen anwenden zu können. Deshalb sollten die Interventionen zu

einem frühen Zeitpunkt einfach sein. Außerdem sollte mit Pflegeempfängern begonnen

werden, bei denen der Humoreinsatz mit großer Wahrscheinlichkeit erfolgreich ist. Dies

sind also die Patienten, die einen starken Sinn für Humor signalisieren. Bei längerer

Beschäftigung mit dem therapeutischen Humor wird das Ziel sein, Humorreaktionen von

Pflegeempfängern voraussehen zu können und so wachsende Sicherheit im Umgang mit

humorvollen Situationen in der Pflege zu gewinnen.

(vgl. Lotze, 2003, S.93-94)

5.4. Die Durchführung der Humorintervention

Ein wichtiger Faktor für den Erfolg bei der Durchführung einer Humorintervention ist die

Phantasie und die Kreativität der einzelnen Pflegekraft. Ausschlaggebend für die sensible

Durchführung zugunsten des Pflegeempfängers ist die von Benner aufgezeigte Problematik

des leicht möglichen Missverstehens von Humor und die Berücksichtigung aller Facetten

der momentanen Situation. Mithilfe einer guten Pflegebeziehung, welche von Vertrauen

und Respekt gegenüber dem Patienten bestimmt ist, werden humorverursachte Probleme

seltener entstehen und können auch bei deren Auftreten leichter bearbeitet werden.

Während der Durchführung muss die Spontanreaktion des Pflegeempfängers immer genau

beachtet werden, da diese die zuverlässigste Auskunft über seine Empfänglichkeit für

Humor zu diesem Zeitpunkt gibt.

Bei der Durchführung einer Humorintervention müssen zwei Grundbedingungen gegeben

sein, welche auch den Bezugsrahmen bilden, innerhalb dessen nur therapeutischer Humor

gelingen kann:

38

Der Initiator des Humors muss unmissverständlich klar machen, dass es sich um

Humor handelt (durch verbale oder nonverbale Signale)

Der Empfänger muss auf den Humor des Initiators eingehen

Diese Voraussetzungen verlangen, dass sie bewusst und selbstkritisch in jeder humorvollen

Interaktion des Praxisfeldes berücksichtigt werden. Dies wiederum erfordert eine hohe

Kompetenz der Pflegenden. (vgl. Lotze, 2003, S.94-95)

5.5. Die Evaluation des Humoreinsatzes

Eine wichtige Komponente des Pflegeprozesses stellt die Evaluation einer

Humorintervention dar. Dies ist deshalb der Fall, da diese hilft, Erfahrungen zu

strukturieren, zu analysieren und Verbesserungen in Hinsicht auf zukünftige

Humorinterventionen einzufügen. In diesem Zusammenhang könnten folgende Fragen

hilfreich sein:

War die Intervention effektiv?

Wurde das angestrebte Ziel erreicht? (z.B. Spannung oder Angst abgebaut?)

Wurde die Humorbotschaft wie intendiert aufgenommen?

War die Intervention erfolgreich, so erübrigen sich in der aktuellen Situation weitere

Maßnahmen. Auch muss bedacht werden, dass weitere Maßnahmen hierbei sogar

kontraproduktiv sein könnten.

Bei fehlgeschlagener Intervention sind die Gründe dafür zu analysieren. Möglich sind ein

inadäquater Inhalt und Methode, aber auch ein Verständnis- oder Akzeptanzproblem auf

Seiten des Gepflegten. Auch kann es sein, dass, falls der o.g. humorvolle Bezugsrahmen

nicht vorhanden ist, mit höherer Wahrscheinlichkeit auch gut gemeinte Bemühungen der

Pflegenden scheitern werden. (vgl. Lotze, 2003, S.95)

39

6. Zusammenfassung

Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass die Beschäftigung mit dem

Themenkomplex des Humoreinsatzes in der Pflege durchaus seine Berechtigung hat. Dies

ist nicht zuletzt deshalb der Fall, da Erfahrungen aus der Praxis deutlich positive

Wirkungen zeigen. (siehe S.28)

Ein Anliegen meinerseits wäre, dass sich die Wissenschaft vermehrt mit dem Thema

Humor auseinandersetzt. Ich denke, dass durch neue Untersuchungen und Publikationen

die Gesellschaft auf die positiven „Nebenwirkungen“, die Humor und Lachen mit sich

bringt, aufmerksam gemacht werden kann. Für den Pflegealltag wäre es wünschenswert

und mit Sicherheit ein positiver Entwicklungsschritt, wenn das Pflegefachpersonal

gegenüber Humor in der Pflege offener wird, und somit Humorinterventionen in der Pflege

mehr Anwendung finden.

Obwohl es im deutschsprachigen europäischen Raum noch kaum Forschungsprojekte

speziell zu pflegerischen Humorinterventionen gibt, sollte im Pflegealltag nicht auf

Humorinterventionen verzichtet werden. Trotz des Mangels an Forschungsergebnissen,

gibt es Möglichkeiten die Professionalität in die Auswahl, Durchführung und Auswertung

der Intervention einfließen zu lassen. Dabei ist wichtig die eigenen Erfahrungen ständig zu

überprüfen und gegebenenfalls anzupassen. Hilfreich ist auch ein kontinuierlicher

Austausch mit Pflegekollegen. (siehe S.27-28)

Für die Praxis ist hierbei empfehlenswert, Humor in kleinen Dosen in die Pflege einfließen

zu lassen, wobei hilfreich ist mit Humorinterventionen zu beginnen, die dem Pflegenden

vertraut sind, von denen er überzeugt ist und die ihm selbst auch Spaß bereiten. Anhand

der Existenz der CliniClowns und den Roten Nasen lässt sich meiner Meinung nach

erkennen, dass der Einsatz von Humor im Pflegebereich immer präsenter wird und die

Pflegefachpersonen auf das „Humorthema“ bereits ein wenig sensibilisiert wurden. Auch

lässt sich dadurch erkennen, dass der Humor im Pflegealltag von den Patienten erwünscht

ist und durchaus eine gesundheitsfördernde Wirkung zeigt. (siehe S.36- 37)

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Meine persönlichen Erfahrungen, die ich in meiner noch sehr jungen Berufslaufbahn als

Praktikant sammeln durfte, zeigten mir, dass durch den Einsatz von Humor die Beziehung

zu Pflegeempfängern stark bereichert werden kann. Des Weiteren ist für den Beruf der

Pflege, der die Persönlichkeit sehr stark fordert, Humor sehr wertvoll, da die

Problemfokussierung durch Humor relativiert werden kann.

Ich wünsche mir, dass ich in meinem zukünftigen Berufsleben versuche stets

Humorinterventionen in die Pflege zu integrieren, und Humor sowohl Patienten als auch

Kollegen näher zu bringen. Ich hoffe, dass ich meine Leidenschaft zu diesem Thema nie

verlieren werde, und falls dies doch der Fall sein sollte, wünsche ich mir mich an die

schönen Praktikumszeiten zurück zu erinnern, wo ich jede Menge lustige Situationen

erleben durfte, welche sowohl die Beziehung zwischen mir und den Patienten als auch die

zwischen uns Kollegen stärkte.

Aufgrund der Beschäftigung mit dieser Thematik und den damit verbundenen positiven

Erfahrungen und Erlebnissen, wünsche ich mir, dass sich der Humor eines Tages als

gesundheitsfördernde Grundhaltung in der Pflege durchsetzt.

41

Literaturverzeichnis

Bücher:

Bischofberger, Iren (2008) Das kann ja heiter werden. Humor und Lachen in der Pflege.

Bern: Verlag Hans Huber, Hogrefe AG

Käppeli, Silvia (2004) Pflegekonzepte. Phänomene im Erleben von Krankheit und Umfeld.

Bern: Verlag Hans Huber

Lotze, .Eckhard (2003) Humor im therapeutischen Prozess. Dimensionen,

Anwendungsmöglichkeiten und Grenzen für die Pflege. Frankfurt am Main: Mabuse-

Verlag GmbH

Robinson, Vera M. (2002) Praxishandbuch Therapeutischer Humor. Grundlagen und

Anwendungen für Gesundheits- und Pflegeberufe. Bern: Verlag Hans Huber

Internet:

Außerwöger, Christine Humor im Krankenhaus. Clowndoctors im Einsatz zur Bewältigung

von Kinderängsten. Online im Internet:

http://www.rednoses.eu/fileadmin/rni/medien/bilder/Mission/Scientific_Background/Humo

r_im_Krankenhaus.pdf, (10-12-19, 21:11)

Katzengruber, Karin Humor als wichtiges Element in der Pflegebeziehung. Online im

Internet: http://www.oegkv.at/uploads/media/fb-katzengruber.pdf, (10-12-19, 18:31)

Wikipedia - Die freie Enzyklopädie Lachen. Online im Internet:

http://de.wikipedia.org/wiki/Lachen, (10-12-19, 17:42)

Wikipedia - Die freie Enzyklopädie Gelotologie. Online im Internet:

http://de.wikipedia.org/wiki/Gelotologie, (10-12-19, 19:51)

42

Abbildungsverzeichnis

Abb.1: Arten von Humorinterventionen ............................................................................. S.23

Abb.2: Interventionsebenen ................................................................................................ S.24

43

Abkürzungsverzeichnis

beispielsweise. ........................................................................................................ bspw.

Das heißt. ................................................................................................................ d.h.

Oder ähnliche .......................................................................................................... o.ä.

Und andere .............................................................................................................. et al.

Vergleiche ............................................................................................................... vgl.

Zum Beispiel. ......................................................................................................... z.B.

44

Erklärung

Hiermit versichere ich, dass ich die vorliegende Arbeit selbstständig verfasst und keine

anderen als die angegebenen Quellen und Hilfsmittel verwendet habe.

Göfis, am 25. Februar 2011

Christian Getzner