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1/3 HUMUS: DIE ORGANISCHE SUBSTANZ Dieses Informationsblatt enthält ergänzende Informationen zum Best4Soil-Video über die Organische Substanz im Boden; https://best4soil.eu/videos/18/de Autoren: Alfred Grand (Landwirtschaft Grand, Österreich) und Vincent Michel (Agroscope, Schweiz) EINLEITUNG Der Boden besteht aus verschiedenen Substanzen. Auch wenn die Hauptbestandteile mineralisch sind, spielt die organische Substanz im Boden eine entschei- dende Rolle für die Funktionen eines gesunden Bodens. Die Hauptfunktionen (Schulte et al., 2014) im Boden, wie Primärproduktivität, Wasserreinigung und -regulierung, Kohlenstoffbindung und -regulierung, Biodiversität und Nährstoffkreislauf, sind alle in hohem Maße von der or- ganischen Substanz abhängig. Der Humus im Boden be- steht zu etwa 58% aus Kohlenstoff, der der Atmosphäre durch die Photosynthese der Pflanzen größtenteils ent- zogen wurde. Daher ist der Gehalt an OBS nicht nur für den Boden und den Landwirt, sondern auch für Klima, Umwelt und Gesellschaft insgesamt von entscheidender Bedeutung. Je nach Bodentyp liegt der Gehalt an orga- nischer Substanz im Acker- und Gemüsebau zwischen 1 bis 6% der gesamten Bodenmasse. Selbst bei diesem geringen Anteil hat die organische Substanz des Bodens einen großen Einfluss auf die meisten physikalischen, chemischen und biologischen Eigenschaften. HUMUS – EINFLUSS AUF DIE PHYSIKALI- SCHEN, CHEMISCHEN UND BIOLOGISCHEN EIGENSCHAFTEN Physikalischer Einfluss Wird der Humusgehalt im Boden erhöht, sind die Aus- wirkungen auf die physikalischen Eigenschaften erheb- lich. Die Aggregatstabilität (Abb. 1) und damit die Was- serinfiltration, die Wasserspeicherkapazität sowie die Luft- und Wasserversorgung werden verbessert. Eine Verringerung der Verkrustung und ein besserer Abstand zwischen den Poren sind ebenfalls die Folge erhöhter OBS-Werte und können leicht kontrolliert werden. Chemischer Einfluss Wenn die organische Substanz im Boden erhöht wird, kann eine erhöhte Kationen-Austauschkapazität und da- mit eine erhöhte Nährstoffdynamik festgestellt werden, wovon nicht nur die Pflanzen sondern und in weiterer Folge die LandwirtInnen profitieren. Biologischer Einfluss: Humus ist nicht nur Lebensraum für Bodenmikroorga- nismen und größere Organismen im Boden, sondern gleichzeitig auch deren Nahrung. Je höher der Gehalt an organischer Substanz im Boden ist, desto vielfältiger und reichhaltiger ist das Leben im Boden. Dies führt nicht nur zu einem dynamischem Nährstoffaustausch für die Pflanzen, sondern auch zu einer besseren Wider - standsfähigkeit gegen bodenbürtige Krankheiten und erhöht somit die Bodengesundheit. Generell spielt die organische Substanz des Bodens eine entscheidende Rolle für die Resilienz der Böden, d.h. die Fähigkeit des Bodens, negative Einflüsse von außen zu bewältigen (z.B.: Trockenheit, rauhe Temperaturen, Ver- dichtung, Pestizidbelastung, ...). Abb. 1: Bodenaggregatsstabilität zweier sandiger Lehmböden mit 7% (linke Seite) und 2% Humusgehalt (rechte Seite). Best4Soil wurde im Rahmen des Horizont-2020-Programms der Europäischen Union als Koordinierungs- und Unterstützungsmaßnahme unter GA Nr. 81769696 gefördert.

HUMUS: DIE ORGANISCHE SUBSTANZ€¦ · Die Hauptfunktionen (Schulte et al., 2014) im Boden, wie Primärproduktivität, Wasserreinigung und -regulierung, Kohlenstoffbindung und -regulierung,

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HUMUS: DIE ORGANISCHE SUBSTANZDieses Informationsblatt enthält ergänzende Informationen zum Best4Soil-Video

über die Organische Substanz im Boden; https://best4soil.eu/videos/18/de

Autoren: Alfred Grand (Landwirtschaft Grand, Österreich) undVincent Michel (Agroscope, Schweiz)

EINLEITUNG

Der Boden besteht aus verschiedenen Substanzen. Auch wenn die Hauptbestandteile mineralisch sind, spielt die organische Substanz im Boden eine entschei-dende Rolle für die Funktionen eines gesunden Bodens. Die Hauptfunktionen (Schulte et al., 2014) im Boden, wie Primärproduktivität, Wasserreinigung und -regulierung, Kohlenstoffbindung und -regulierung, Biodiversität und Nährstoffkreislauf, sind alle in hohem Maße von der or-ganischen Substanz abhängig. Der Humus im Boden be-steht zu etwa 58% aus Kohlenstoff, der der Atmosphäre durch die Photosynthese der Pflanzen größtenteils ent-zogen wurde. Daher ist der Gehalt an OBS nicht nur für den Boden und den Landwirt, sondern auch für Klima, Umwelt und Gesellschaft insgesamt von entscheidender Bedeutung. Je nach Bodentyp liegt der Gehalt an orga-nischer Substanz im Acker- und Gemüsebau zwischen 1 bis 6% der gesamten Bodenmasse. Selbst bei diesem geringen Anteil hat die organische Substanz des Bodens einen großen Einfluss auf die meisten physikalischen, chemischen und biologischen Eigenschaften.

HUMUS – EINFLUSS AUF DIE PHYSIKALI-SCHEN, CHEMISCHEN UND BIOLOGISCHEN EIGENSCHAFTEN

Physikalischer EinflussWird der Humusgehalt im Boden erhöht, sind die Aus-wirkungen auf die physikalischen Eigenschaften erheb-lich. Die Aggregatstabilität (Abb. 1) und damit die Was-serinfiltration, die Wasserspeicherkapazität sowie die Luft- und Wasserversorgung werden verbessert. Eine Verringerung der Verkrustung und ein besserer Abstand zwischen den Poren sind ebenfalls die Folge erhöhter OBS-Werte und können leicht kontrolliert werden.

Chemischer EinflussWenn die organische Substanz im Boden erhöht wird, kann eine erhöhte Kationen-Austauschkapazität und da-

mit eine erhöhte Nährstoffdynamik festgestellt werden, wovon nicht nur die Pflanzen sondern und in weiterer Folge die LandwirtInnen profitieren.

Biologischer Einfluss:Humus ist nicht nur Lebensraum für Bodenmikroorga-nismen und größere Organismen im Boden, sondern gleichzeitig auch deren Nahrung. Je höher der Gehalt an organischer Substanz im Boden ist, desto vielfältiger und reichhaltiger ist das Leben im Boden. Dies führt nicht nur zu einem dynamischem Nährstoffaustausch für die Pflanzen, sondern auch zu einer besseren Wider-standsfähigkeit gegen bodenbürtige Krankheiten und erhöht somit die Bodengesundheit.

Generell spielt die organische Substanz des Bodens eine entscheidende Rolle für die Resilienz der Böden, d.h. die Fähigkeit des Bodens, negative Einflüsse von außen zu bewältigen (z.B.: Trockenheit, rauhe Temperaturen, Ver-dichtung, Pestizidbelastung, ...).

Abb. 1: Bodenaggregatsstabilität zweier sandiger Lehmböden mit 7% (linke Seite) und 2% Humusgehalt (rechte Seite).

Best4Soil wurde im Rahmen des Horizont-2020-Programms der Europäischen Union als Koordinierungs- und Unterstützungsmaßnahme unter GA Nr. 81769696 gefördert.

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werden nicht geerntet, sondern wieder in den Boden eingearbeitet und erhöhen somit den Humusgehalt (Abb. 3).

Abb. 2: Weniger Bodenbearbeitung und das Belassen von Ernterück-ständen helfen gegen den Abbau von organischem Material im Boden.

Abb. 3: Regenwürmer ernähren sich von Ernterückständen und erhöhen somit die organische Substanz im Boden.

METHODEN ZUR STEIGERUNG DES HUMUS-GEHALTS IM BODEN

Da Humus durch landwirtschaftliche Nutzung verloren geht, ist eine Steigerung nicht nur möglich, sondern auch notwendig. Es gibt verschiedene Methoden, um dies zu erreichen:

FruchtfolgeDer Anbau verschiedenster Kulturen mit Aussaattermi-nen im Frühjahr und im Herbst sorgt für eine ganzjährige Bodenbedeckung und damit für einen ausgeglichenen Humusgehalt.

Zwischenfrüchte und GründüngerZwischen dem Anbau von Nutzpflanzen, werden Zwi-schenfrüchte und Gründünger eingesetzt, mit dem Ziel Mehrwert für den Boden zu erzeugen. Diese Pflanzen

Best4Soil wurde im Rahmen des Horizont-2020-Programms der Europäischen Union als Koordinierungs- und Unterstützungsmaßnahme unter GA Nr. 81769696 gefördert.

WIE VORHANDENER HUMUS IM BODEN ER-HALTEN BLEIBT

Die Erhaltung der organischen Substanz im Boden ist daher für jede/n LandwirtIn und BäuernIn von entschei-dender Bedeutung. Die wichtigsten Methoden zur Auf-rechterhaltung des Humusgehalts sind die Reduktion der Bodenbearbeitung, die Vermeidung von Erosion und die Wiedereinbringung von Ernterückständen (Abb. 2). Insbesondere die Bodenbearbeitung spielt eine ent-scheidende Rolle, da sie den Boden aufbricht. Die Mik-roben reagieren auf die höhere Verfügbarkeit von Sauer-stoff und verbrauchen Humus, was zu einer vermehrten Freisetzung von Kohlendioxid führt. Das Kohlendioxid im Boden ist der wichtigste Pflanzennährstoff (Photosyn-these!), aber durch die so entstandene Freisetzung geht es verloren. Mehrjährige Kulturen

Mehrjährige Kulturen werden häufig in Fruchtfolgen von Bio-BauerInnen und Viehhaltern eingesetzt. Klee, Luzer-ne und Klee-Gras-Mischungen sind aus zwei Gründen perfekte Kulturen zur Erhöhung der organischen Bo-densubstanz: Sie binden das ganze Jahr hindurch eine große Menge an Kohlenstoff und diese Felder werden während dieser Anbauzeit nicht bearbeitet.

Komposte, Mist, organische Düngemittel und Zusatzstoffe.Humus direkt auf dem Feld wachsen zu lassen ist eine Möglichkeit, die Kohlenstoffzufuhr durch Kompost und andere organische Quellen ist eine weitere Möglichkeit, die organische Substanz im Boden zu erhöhen.

BiokohleDie Anwendung von Biokohle, oft in einer Mischung aus Kompost oder Mist, ist eine ziemlich neue Methode, um den Humusgehalt im Boden zu erhöhen. Biokohle ist Kohle, die aus organischen Rückständen durch Pyroly-se hergestellt wird. Sie ist reich an Kohlenstoff und wird in Böden eingesetzt, wo sie über Jahrhunderte hinweg stabil bleibt.

Viehhaltung zum „mob grazing“2

Eine weitere Methode, die immer mehr an Attraktivität gewinnt, ist „mob grazing“ (Abb. 4). Tiere in Herden mit großen Populationsdichten werden zum Weiden, Nie-dertreten und Hinterlassen von Losung auf dem Feld eingesetzt. Diese Methode ahmt große Büffel- und An-tilopenherden nach, die in der Prärie fruchtbare Böden geschaffen haben.

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Zusätzliche Informationen über die organische Subs-tanz im Boden im EIP-AGRI-Minipapier veröffentlicht:

https://ec.europa.eu/eip/agriculture/sites/agri-eip/files/2_eip_sbd_mp_organic_matter_compost_final.pdf

Referenzen

Schulte et al, 2014, Functional land management: A framework for ma-naging soil-based ecosystem services for the sustainable intensification of agriculture, IN: Environmental Science and Policy, Volume 38, April 2014, page 45-58, https://doi.org/10.1016/j.envsci.2013.10.002

Die Menge an organischer Substanz, die 1 Jahr nach der Anwendung noch im Boden vorhanden ist, wird als effektive organische Substanz (EOS) bezeichnet. Tabelle 1, 2 und 3 zeigen die Menge an EOS für verschiedene Quellen.

WinterweizenZuckerrübeKartoffelZwiebelKarotteRaps

1600/2600 (incl. straw)1200-1300800-900300700900-100

KULTURART KULTURART

Tabelle 1. Einbringung von organischer Substanz aus Ernterückständen, kg EOS/ha

RindergülleSchweinegülleRindermistHühnermist Hühnermist

5026109137218

ZUFUHR KG EOS/TON

Tabelle 2. Zufuhr von organischer Substanz aus organischen Zusatzstof-fen, kg EOS/ton

Gelber SenfRadiesschenItalienisches RoggengrasPhaceliaWeißkleeRotklee

8508501100

6508501100

ZWISCHEN-FRÜCHTE

KG EOS/HA

Abb. 4: Weidende Rinder auf einer Gras-Klee-Magerwiese.g. 4: Cattle grazing on a grass-clover ley grassland.

1 EIP-AGRI Focus Group Moving from source to sink in arable farming: Final report https://ec.europa.eu/eip/agriculture/en/publications/eip-agri-focus-group-moving-source-sink-arable

2 EIP-AGRI Focus Group Grazing for carbon: Final report https://ec.euro-pa.eu/eip/agriculture/en/publications/eip-agri-focus-group-grazing-carbon-final-report

Best4Soil wurde im Rahmen des Horizont-2020-Programms der Europäischen Union als Koordinierungs- und Unterstützungsmaßnahme unter GA Nr. 81769696 gefördert.

Tabelle 3. Einbringung von organischer Substanz aus Zwischenfrüchten, kg EOS/ha