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B. Zaretzki, H. Shao, J. Hesser Hydraulische Charakterisierung von dichtem Salzgestein 415 Hydraulische Charakterisierung von dichtem Salzgestein Hydraulic characterisation of low-permeable salt rock Britta Zaretzki 1 , Hua Shao 2 , Jürgen Hesser 3 1 Britta Zaretzki, Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe, [email protected] 2 Dr.-Ing. Hua Shao, Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe, [email protected] 3 Dr.-Ing. Jürgen Hesser, Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe, jü[email protected] Zusammenfassung Salzgestein ist hinsichtlich seiner hydraulischen Eigenschaften als kompaktes und somit als sehr gering-permeables Gestein zu charakterisieren. Diese Eigenschaften stellen eine große Herausforderung an die messtechnische Permeabilitätsbestimmung bezüglich der eingesetzten Messausrüstung in Abstimmung mit dem Messverfahren und dem angewandten Auswerteverfahren dar. Alle unplanmäßigen Fluidströme, die nicht durch den Strom des Testfluids zwischen dem Messintervall und dem Porenraum des Gebirges hervorgerufen werden, müssen zeitabhängig erfasst und quantifiziert werden. Ihre Erfassung erfolgt in Prüfrohrtests, die vor und nach der Bohrlochmessung durchgeführt werden. Die dabei registrierten Druckänderungen werden schließlich durch ein dreidimensionales numerisches Modell quantifiziert und in der Auswertung der Messdaten aus der Bohrlochmessung berücksichtigt. Durch diese Vorgehensweise wird verhindert, dass durch einen infolge von Undichtigkeiten der Messausrüstung auftretenden Fluidstrom in bzw. aus dem Messintervall die gemessene Druckabnahme verfälscht wird und eine niedrigere oder höhere Permeabilität des Gebirges festgestellt wird als die tatsächlich vorhandene. Schlüsselworte: Auflockerungszone, niedrige Permeabilität, Salzgestein, In-situ-Messung, Prüfrohrtest, numerische Auswertung Abstract Concerning hydraulic properties salt rock is characterised as compacted rock with very low permeability. To determine the hydraulic permeability of such kind of theoretically ‘impermeable’ rock, request on the tightness of technical equipment used for the in-situ borehole measurement is very high and cannot be often guaranteed. Therefore, a special methodology considering measurement equipment, test and interpretation method has been developed. The in-situ permeability of salt rock is determined via pulsetests. By this method a testfluid is injected into a test interval of a double packer system and the pressure evolution is monitored. Mass flow rate, which is not directily flowing into the rock formation, e.g. loss in technical system (supply pipe and valves), is determined by calibration tests in a metal tube before and after borehole measurement. Test sequences including injection and recovery phases in both calibration and borehole tests are simulated by a three dimensional numerical model. The system loss is firstly determined by the calibration test in the metal tube and then considered in the evaluation of data from the borehole test. Realistic permeability can be therefore determined taking into consideration the 3D flow effect around the packer, system untightness and a possible damaged zone in the near-field of the borehole. Keywords: EDZ, low permeability, salt rock, in-situ measurement, calibration test, numerical interpretation 1 Einleitung Die hydraulischen Eigenschaften eines Gesteins werden durch die Kennwerte Permeabilität und Porosität charakteri- siert. Während die exakte Bestimmung der In-situ-Porosität durch Packertests nicht direkt möglich ist, eignen sich hyd- raulische Bohrlochmessungen zur Bestimmung der Permea- bilität eines Gesteins im Gebirgsverbands. Salzgestein ist hinsichtlich seiner hydraulischen Eigenschaf- ten als kompaktes und somit als sehr gering-permeables Gestein zu charakterisieren. Die extrem geringe Permeabili- tät des Salzes stellt hohe Anforderungen bezüglich der ein- gesetzten Messausrüstung in Abstimmung mit dem Mess- verfahren und dem angewandten Auswerteverfahren an die messtechnische Permeabilitätsbestimmung. Die hydraulische Charakterisierung des Gebirges erfolgt mittels In-situ-Untersuchungen in untertägige Bohrungen. Die Festlegung der Bohrungen erfolgt anhand bereits vor- handener geologischer Erkenntnisse, wobei die Bohrungen vorzugsweise in bisher nicht untersuchte stratigraphische Einheiten gestoßen werden, um so die Erstellung eines plausiblen geologischen Modells zu ermöglichen. Um die Permeabilität der unterschiedlichen stratigraphi- schen Einheiten des Salzgesteins untertage zu bestimmen, wurden spezielle Messanlagen konzipiert und angefertigt. Der Einsatz von Doppelpackersystemen ermöglicht die Untersuchung frei wählbarer Gebirgsbereiche, die durch die Packer hydraulisch vom übrigen Bohrloch getrennt werden. Aufgrund der zum Teil sehr großen Bohrungstiefen beträgt die Länge der Messkabel und Injektionsleitungen bis zu

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B. Zaretzki, H. Shao, J. HesserHydraulische Charakterisierung von dichtem Salzgestein

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Hydraulische Charakterisierung von dichtem Salzgestein Hydraulic characterisation of low-permeable salt rock

Britta Zaretzki1, Hua Shao2, Jürgen Hesser3

1 Britta Zaretzki, Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe, [email protected] 2 Dr.-Ing. Hua Shao, Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe, [email protected] 3 Dr.-Ing. Jürgen Hesser, Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe, jü[email protected]

Zusammenfassung

Salzgestein ist hinsichtlich seiner hydraulischen Eigenschaften als kompaktes und somit als sehr gering-permeables Gestein zu charakterisieren. Diese Eigenschaften stellen eine große Herausforderung an die messtechnische Permeabilitätsbestimmung bezüglich der eingesetzten Messausrüstung in Abstimmung mit dem Messverfahren und dem angewandten Auswerteverfahren dar. Alle unplanmäßigen Fluidströme, die nicht durch den Strom des Testfluids zwischen dem Messintervall und dem Porenraum des Gebirges hervorgerufen werden, müssen zeitabhängig erfasst und quantifiziert werden. Ihre Erfassung erfolgt in Prüfrohrtests, die vor und nach der Bohrlochmessung durchgeführt werden. Die dabei registrierten Druckänderungen werden schließlich durch ein dreidimensionales numerisches Modell quantifiziert und in der Auswertung der Messdaten aus der Bohrlochmessung berücksichtigt. Durch diese Vorgehensweise wird verhindert, dass durch einen infolge von Undichtigkeiten der Messausrüstung auftretenden Fluidstrom in bzw. aus dem Messintervall die gemessene Druckabnahme verfälscht wird und eine niedrigere oder höhere Permeabilität des Gebirges festgestellt wird als die tatsächlich vorhandene.

Schlüsselworte: Auflockerungszone, niedrige Permeabilität, Salzgestein, In-situ-Messung, Prüfrohrtest, numerische Auswertung

Abstract

Concerning hydraulic properties salt rock is characterised as compacted rock with very low permeability. To determine the hydraulic permeability of such kind of theoretically ‘impermeable’ rock, request on the tightness of technical equipment used for the in-situ borehole measurement is very high and cannot be often guaranteed. Therefore, a special methodology considering measurement equipment, test and interpretation method has been developed. The in-situ permeability of salt rock is determined via pulsetests. By this method a testfluid is injected into a test interval of a double packer system and the pressure evolution is monitored. Mass flow rate, which is not directily flowing into the rock formation, e.g. loss in technical system (supply pipe and valves), is determined by calibration tests in a metal tube before and after borehole measurement. Test sequences including injection and recovery phases in both calibration and borehole tests are simulated by a three dimensional numerical model. The system loss is firstly determined by the calibration test in the metal tube and then considered in the evaluation of data from the borehole test. Realistic permeability can be therefore determined taking into consideration the 3D flow effect around the packer, system untightness and a possible damaged zone in the near-field of the borehole.

Keywords: EDZ, low permeability, salt rock, in-situ measurement, calibration test, numerical interpretation

1 Einleitung Die hydraulischen Eigenschaften eines Gesteins werden durch die Kennwerte Permeabilität und Porosität charakteri-siert. Während die exakte Bestimmung der In-situ-Porosität durch Packertests nicht direkt möglich ist, eignen sich hyd-raulische Bohrlochmessungen zur Bestimmung der Permea-bilität eines Gesteins im Gebirgsverbands.

Salzgestein ist hinsichtlich seiner hydraulischen Eigenschaf-ten als kompaktes und somit als sehr gering-permeables Gestein zu charakterisieren. Die extrem geringe Permeabili-tät des Salzes stellt hohe Anforderungen bezüglich der ein-gesetzten Messausrüstung in Abstimmung mit dem Mess-verfahren und dem angewandten Auswerteverfahren an die messtechnische Permeabilitätsbestimmung.

Die hydraulische Charakterisierung des Gebirges erfolgt mittels In-situ-Untersuchungen in untertägige Bohrungen. Die Festlegung der Bohrungen erfolgt anhand bereits vor-handener geologischer Erkenntnisse, wobei die Bohrungen vorzugsweise in bisher nicht untersuchte stratigraphische Einheiten gestoßen werden, um so die Erstellung eines plausiblen geologischen Modells zu ermöglichen.

Um die Permeabilität der unterschiedlichen stratigraphi-schen Einheiten des Salzgesteins untertage zu bestimmen, wurden spezielle Messanlagen konzipiert und angefertigt. Der Einsatz von Doppelpackersystemen ermöglicht die Untersuchung frei wählbarer Gebirgsbereiche, die durch die Packer hydraulisch vom übrigen Bohrloch getrennt werden. Aufgrund der zum Teil sehr großen Bohrungstiefen beträgt die Länge der Messkabel und Injektionsleitungen bis zu

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650 m. Eine solche technische Ausführung verursacht je-doch erhebliche Probleme, was die Dichtigkeit des Systems betrifft, teilweise wurden auftretende Systemverluste regis-triert, die einer höheren Durchlässigkeit als die des zu unter-suchenden Gebirges entsprechen.

2 Messverfahren

2.1 Messmethode Das Prinzip hydraulischer Bohrlochmessungen zur Bestim-mung der In-situ-Permeabilität des Gebirges besteht darin, ein Testfluid bekannter Viskosität und Kompressibilität in den Porenraum des zu untersuchenden Gebirgsbereiches zu verpressen (Injektionstest) oder aus ihm zu entnehmen (Entnahmetest) und dabei den Zusammenhang zwischen der Änderung der Fließrate und dem zeitlichen Druckverlauf im Bohrloch zu analysieren (NOWAK & WEBER 2002).

Je nach den vorliegenden hydraulischen Eigenschaften unterscheidet man beim Injektions- und beim Entnahmetest den ‘Constant Rate‘ - Test mit konstanter Fließrate bzw. den ‘Constant Head‘ - Test mit konstanter Druckdifferenz sowie den Pulstest.

Abb. 1: Exemplarische Permeabilitätsbestimmung durch Vergleich des gemessenen Druckverlaufs im Messintervall (rot) mit berech-neten Druckentwicklungen für unterschiedliche Permeabilitäten. Fig. 1: Determination of permeability by comparing the measured pressure evolution in the test interval (red) and the calculated pressure developing for different permeabilities.

Für Untersuchungen in einem relativ dichten Gebirge sind Pulstests besonders geeignet. Bei dieser Methode der Bohr-lochmessungen wird ein Messintervall durch Packer hyd-raulisch vom übrigen Bohrloch getrennt und mit einem Überdruck beaufschlagt. Bei geschlossenem Messintervall bewirkt ein gegenüber des initialen Porendrucks höherer Druck im Intervall einen Fluidstrom in den Porenraum des Gebirges bis sich ein neues Druckgleichgewicht eingestellt hat. Dieses neue Druckgleichgewicht wird umso später erreicht, je geringer die Permeabilität des Gebirges ist. Die rechnerische Interpretation des zeitlichen Druckverlaufs ermöglicht daher die Bestimmung der Gebirgspermeabilität im Messintervall. Im Ergebnis wird für das getestete Bohr-lochintervall eine Obergrenze der Permeabilität angegeben.

Abb. 1 zeigt exemplarisch den Druckverlauf bei einer Mes-sung mit einem Anfangsdruck im Messintervall von 2 105 Pa. In blau dargestellt sind die unter Zugrundele-gung der bei der Messung vorliegenden Randbedingungen (Geometrie, Drücke, Testfluid) berechneten Druckverläufe für Permeabilitäten von 10-16 m2 bis 10-19 m2. Für den roten Kurvenverlauf der Messwerte ergibt sich für den Zeitpunkt 10.000 Sekunden nach Beginn der Messung ein Druck von 1,39 105 Pa. Hätte das Gebirge eine höhere Permeabilität von beispielsweise 10-17 m2, dann wäre der Druck zu diesem Zeitpunkt bereits auf 1,21 105 Pa abgefallen. Aus dem Vergleich der aufbereiteten Messwerte mit den berechneten Druckverläufen ist erkennbar, dass die Permeabilität des an das Messintervall angeschlossenen Gebirges < 10-17 m2 ist.

2.2 Messausrüstung Die hydraulischen Bohrlochmessungen, die der Bestim-mung der Permeabilität des Salinars dienen, erfolgen mit an die Fragestellung sowie die Bohrlochlänge und den Bohr-lochdurchmesser angepasster Messausrüstung.

Die Messanlagen bestehen jeweils aus

Die Versuchsanordnung ist in Abb. 2 dargestellt.

Bei geringem Abstand der Packerelemente zueinander, d.h. bei kurzer Länge des Messintervalls, ist eine hochauflösen-de Permeabilitätsbestimmung des Salinars möglich. Dies kann beispielsweise bei der Untersuchung der Reichweite einer möglichen Auflockerungszone in das Gebirge hinein Anwendung finden. Größere Intervalllängen ermöglichen die Bestimmung der auf die getestete Intervalllänge homo-genisierten Permeabilität, z.B. im unverritzten Gebirge. Mit in ihrer Länge variablen Messintervallen kann gezielt ein stratigraphisches Merkmal oder ein Tiefenbereich erfasst werden.

Neben den Intervalllängen unterscheiden sich bei den ver-schiedenen Packersystemen die Längen der Dichtelemente sowie die Art und Weise, auf welche die Abdichtung des Bohrlochs erfolgt. Möglich sind das mechanische, das hyd-raulische und das pneumatische Spannen der Packer. Des Weiteren sind abgesehen von den im Messintervall instal-lierten Sensoren wie Druck- und Temperatursensoren je nach Fragestellung weitere Sensoren vorhanden. Insbeson-dere bei Messungen in aufgelockerten Gebirgsbereichen ist die Installation von zusätzlichen Druck- und Temperatur-sensoren am Kopf des Doppelpackersystems sinnvoll, bei-spielsweise zur Ermittlung von Fließwegen zwischen dem Messintervall und dem tieferen Bohrlochbereich.

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einem Messintervall, welches vom übrigen Bohrloch durch zwei Schlauchpacker an den Enden des Messintervalls hydraulisch getrennt wird (Abb. 3),

einer in das Intervall integrierten Messsonde mit Druck- und Temperatursensor (und ggf. weiteren Sensoren),

einem Leitungsstrang (Messkabel und Injektionslei-tung) zur Versorgung des Doppelpackersystems und

einer Datenstation zur Steuerung der Versuche undzur Erfassung und Aufzeichnung der Messwerte.

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Abb. 2: Konfiguration der Messapparaturen. Fig. 2: Configuration of measuring equipments.

Abb. 3 zeigt exemplarisch einen Doppelkolbenpacker, eine Sonderanfertigung der Fa. Comdrill, mit einer relativ kurzen (140 mm), fixen Messintervalllänge. Dieser wird im Nahbe-reich um Strecken eingesetzt und ermöglicht hier die Er-mittlung einer hochauflösenden Permeabilitätsverteilung. Das Abdichten des Bohrlochs erfolgt in diesem Fall durch das Zusammenpressen der Packergummis in der Längsachse über zwei hydraulisch gesteuerte Druckkolben.

Mit der Datenstation werden die Versuche gesteuert und die gemessenen Versuchswerte gespeichert. Die Verbindung zwischen dem Doppelpackersystem im Bohrloch und der Datenstation erfolgt über einen Leitungsstrang, welcher aus einer Bündelung der benötigten Schlauchleitungen (z.B. für den Packer- und den Intervalldruck) sowie Kabeln zum Anschluss der Sensoren in der Sonde besteht. Für tiefe Boh-rungen beträgt die maximale Länge des Leitungsstrangs 650 m. Am hinteren Ende des Doppelpackersystems befin-det sich ein Gewindeanschluss für das Anbringen des Setz-gestänges.

Abb. 3: Doppelkolbenpackersystem mit einer fixen Intervalllänge von 140 mm und einer Länge der Dichtelemente von 79 mm für den Einsatz im Bereich der Auflockerungszone (1: Anschlüsse, 2: Druckkolbeneinheit, 3: Packer, 4: Intervall, 5: Kopf des Packersystems). Fig. 3: Double packer system with a fixed interval-length of 140 mm and a packer-length of 79 mm for use in the excavation disturbed zone (1: connections, 2: injection piston, 3: packer, 4: interval, 5: head).

2.3 Systemkalibrierung Da Steinsalz eine sehr niedrige Permeabilität hat, sind die Anforderungen an die Dichtigkeit der technischen Messap-paraturen hoch, um diese messen zu können. Hierzu veran-schaulicht Abb. 4 mögliche Szenarien, durch die Druckän-derungen im Messintervall auftreten können, welche nicht durch den Strom des Testfluids zwischen dem Messintervall und dem Porenraum des Gebirges hervorgerufen werden. Packerumläufigkeiten oder ein Abstrom des Testfluids aus dem Messintervall über die Intervallzuleitung, beispielswei-se an den Anschlüssen außerhalb des Bohrlochs, beschleu-nigen den Druckverlust im Messintervall und würden somit eine höhere Permeabilität des Gebirges als die tatsächlich vorhandene vortäuschen. Demgegenüber stehen - sofern es sich um pneumatisch gespannte Packer handelt - Verluste aus den Doppelpackern in das Messintervall (Abb. 4), wel-che dort den Druckabfall verlangsamen und im Ergebnis zu einer zu geringen Permeabilität des Gebirges führen. Bei Messungen mit mechanisch oder hydraulisch gespannten Packern erfolgt keine Beeinflussung der Messung durch aus den Packern entweichendes „Leckgas“, da diese Packer nicht durch ein Setzfluid gespannt werden.

Abb. 4: Denkbare Fluidströme in und aus dem Messintervall bei hydraulischen Bohrlochmessungen mit dem pneumatischen Doppelpackersystem (WEBER & WALLNER 1998). Fig. 4: Possible fluid flow into and out of the test interval during hydraulic borehole tests with a pneumatic double packer system (WEBER & WALLNER 1998).

Zur Erfassung und Quantifizierung dieser unplanmäßigen Fluidströme in bzw. aus dem Messintervall werden beglei-tend zu jeder Messkampagne Referenzmessungen der jewei-ligen Messausrüstung in einem Prüfrohr unter In-situ-Messbedingungen durchgeführt. Das Prüfrohr ist ein Me-tallrohr mit einem Innendurchmesser, welcher dem Durch-messer der Bohrung entspricht. In der numerischen Auswer-tung (Kap. 3) wurde das Metall als undurchlässig mit einer Permeabilität von 10-30 m2 angenommen. In dieses Metall-rohr wird das Doppelpackersystem geschoben und das ab-gepackerte Messintervall analog der Bohrlochmessungen mit Druck beaufschlagt. Die bei den Messungen im Prüf-rohr ermittelten zeitabhängigen Druckänderungen fließen als Systemkalibrierung in die berechneten Druckkurven ein. Beispielhaft ist der Systemverlust einer Messanlage in Abb. 5 dargestellt. Darin decken sich die für die Auswertung herangezogenen, mittels der Gaszustandsgleichung berech-neten Massenfließraten mit den dazugehörigen, im Prüfrohr gemessenen Druckkurven.

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Abb. 5: Bestimmung der Massenfließrate durch Systemverluste. Fig. 5: Determination of mass flow rate.

3 Auswerteverfahren Die klassische Bohrlochauswertungsmethode basierte auf der Annahme, dass sich die Fluidströmung in einem zwei-dimensionalen, unendlichen Raum ausbreitet. Unter dieser Annahme ist eine quasianalytische Lösung der Strömungs-gleichung für imkompressible oder kompressible Fluide möglich. Um alle in Kapitel 2.3 beschriebenen Szenarien zu erfassen, ist der Einsatz einer numerischen Methode jedoch unverzichtbar, da so die vollständige Geometrie der Bohr-lochmessung im dreidimensionalen Raum nachgebildet werden kann (Abb. 6). Neben einer feinen Auflösung der Messintervalle, der Beschreibung einer bohrlochnahen Formationsschädigung (Skin-Effekt) und von Gebirgsberei-chen unterschiedlicher Permeabilität können Packer-umläufigkeiten sowie mögliche Systemfehler der eingesetz-ten technischen Ausrüstung berücksichtigt werden und dadurch eine hohe Genauigkeit der Auswertung erzielt werden.

Die Auswertung der Überdruck-Pulstests erfolgt aus dem Vergleich der Messergebnisse mit den Ergebnissen numeri-scher Modellberechnungen mit dem Finite-Elemente-Programmsystem RockFlow (KOHLMEIER et al. 2007). Die-ses wurde in den 1980er Jahren am Institut für Strömungs-mechanik und elektronisches Rechnen im Bauwesen (heute: Institut für Strömungsmechanik und Umweltphysik im Bauwesen) der Gottfried Wilhelm Leibniz Universität Han-nover zur numerischen Simulation von Prozessen im Unter-grund entwickelt und seitdem ständig weiterentwickelt. Kooperationen bestehen dabei mit der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe sowie dem Leibniz-Institut für Angewandte Geophysik. Der Entwicklungs-schwerpunkt liegt heute im Bereich der gekoppelten Simu-lation von hydraulischen, mechanischen und thermischen Prozessen.

Bei der Berechnung der Druckverläufe sind die geometri-schen Daten durch die Abmessungen der Messausrüstung und der des Bohrlochs vorgegeben. Als Anfangsdruck im Bohrloch ist der Injektionsdruck im Messintervall anzuset-zen. Für Wegsamkeiten in Gebirgsbereichen mit hydrauli-scher Verbindung zu den Grubenbauen, wird ein initialer Porendruck im Gebirge von 0,1 MPa (Atmosphärendruck) angenommen.

Abb. 6: 3D Finite-Elemente-Netz für die Berechnung von Druckverläufen bei Prüfrohr- und Bohrlochtests. Fig. 6: Numerical mesh for evaluation of calibration and borehole tests.

Porosität und Permeabilität sind freie Parameter, die zur Anpassung der berechneten an die gemessenen Druckver-läufe so verändert werden können, dass eine möglichst gute Übereinstimmung zwischen Messung und Berechnung erreicht wird. Die Resultate sind dabei nur in relativ engen Grenzen mehrdeutig, da Porosität und Permeabilität den Druckverlauf unterschiedlich beeinflussen. In Abb. 7 sind berechnete Druckverläufe aufgetragen, die sich bei Variati-on der Porosität und der Permeabilität um jeweils zwei Zehnerpotenzen ergeben.

Die Graphik zeigt, dass der Druckverlauf wesentlich stärker von der Permeabilität als von der Porosität abhängig ist. Eine Erhöhung der Porosität führt zu einer Abflachung der Druckkurve, eine Veränderung der Permeabilität bedeutet eine Verschiebung der Kurve bezüglich der Zeitachse ohne Änderung der Kurvenform. Selbst unter Annahme einer Porosität, die von der tatsächlichen Porosität des Gebirges um zwei Größenordnungen entfernt ist, ändert sich die er-gebende Permeabilität nur graduell und nicht in der Grö-ßenordnung (NOWAK & WEBER 2002). Das angewandte Verfahren der Anpassung einer errechneten Kurve an eine gemessene Kurve ist daher besser zur Permeabilitätsbe-stimmung als zur Bestimmung der Porosität geeignet. Aus diesem Grund wird in den Auswertungen auf die gleichzei-tige Optimierung beider Parameter verzichtet und den Be-rechnungen stattdessen Porositätswerte aus Laboruntersu-chungen zugrunde gelegt.

Bevor ein im Bohrloch gemessener Druckverlauf ausgewer-tet wird, wird er von weiteren Störeinflüssen, beispielsweise Temperaturschwankungen im Messintervall, bereinigt. Bei unter Tage durchgeführten Messungen spielen diese zumeist eine zu vernachlässigende Rolle, da sie dort wenig ausge-prägt sind und der Temperaturausgleich zwischen dem Testfluid im Messintervall und der Bohrlochwand gemessen an der Versuchsdauer schnell von statten geht.

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Messdaten 16.03.2012 Berechnung 16.03.2012 Messdaten 26.01.2012 Berechnung 26.01.2012 Messdaten 22.06.2011 Berechnung 22.06.2011

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Abb. 7: Einfluss von Porosität und Permeabilität auf die Druckentwicklung in einem Pulstest. Fig. 7: Influence of porosity and permeability on the pressure evolution during a pulsetest.

4 Ergebnisse Das Messverfahren zur Permeabilitätsbestimmung mittels Pulstests hat sich als geeignet erwiesen. Bei der Messaus-rüstung ist auf eine möglichst hohe Dichtheit des Systems zu achten. Um diese zu gewährleisten ist eine regelmäßige Wartung der Gerätschaften notwendig. Mechanisch oder hydraulisch gespannte Packer haben gegenüber pneuma-tisch gespannten den Vorteil, dass kein Entweichen des Setzfluids aus den Packern ins Intervall erfolgen kann. Die Systemverluste, die nicht durch ein Abströmen des Testflu-ids ins Gebirge hinein verursacht werden, müssen in Kalib-rierungsmessungen, welche unter In-situ-Bedingungen durchgeführt werden, ermittelt und quantifiziert werden. Die bei diesen Messungen ermittelten, zeitabhängigen Druckänderungen im Messintervall fließen in die numeri-sche Auswertung der Messungen mit ein.

Abb. 8: Exemplarische Darstellung der Druckverläufe zweier Messungen im unverritzten Salzgebirge. Fig. 8:Illustration of pressure evolution in two tests in untouched salt rock.

Es hat sich gezeigt, dass die Auswertung mittels des Pro-grammsystems RockFlow sehr gut für Messungen im dich-ten Salzgebirge geeignet ist und eine sehr gute Überein-stimmung der berechneten mit den gemessenen Druckkur-ven erzielt werden kann. In unverritzten Gebirgsbereichen wurden Permeabilitäten < 10-20 m2 ermittelt (Abb. 8). Für Messungen in durchlässigeren Bereichen (k 10-16 m2), beispielsweise im Nahbereich um Grubenbauten, muss das

numerische Modell angepasst werden. In Abb. 9 sind exemplarisch fünf verschiedene Messungen aus dem Nah-bereich aufgetragen. Aus diesen ist ersichtlich, dass eine umso schlechtere Anpassung der gemessenen Druckkurven an die berechneten möglich ist, je durchlässiger das Gebirge ist. In solchen Fällen ist die Durchführung eines ‘Constant Rate‘ – Tests einem Pulstest vorzuziehen.

Abb. 9: Exemplarische Darstellung der Druckverläufe bei fünf Messungen im Nahbereich. Fig. 9:Illustration of pressure evolution in five tests in the near-field.

Eine Anpassung der berechneten an die gemessenen Druck-kurven kann darüber hinaus bei Kenntnis von Heterogenitä-ten des an das Messintervall angeschlossenen Gebirges erfolgen. Denkbar ist beispielsweise die Berücksichtigung einer Formationsschädigung im bohrlochnahen Bereich infolge des Bohrvorgangs bei den Berechnungen. Auch das Vorhandensein verschiedener Materialen mit unterschiedli-chen Permeabilitäten im an das Messintervall angeschlosse-nen Gebirge lässt sich im numerischen Modell verwirkli-chen. Durch Variation der Mächtigkeit und der Permeabili-tät einer oder mehrerer stratigraphischer Einheiten lässt sich der berechnete Druckverlauf optimal an den gemessenen Druckverlauf anpassen. Die rechnerische Validierung er-folgt mittels der Transmissibilitätsberechnung für i Ge-birgsbereiche unterschiedlicher Permeabilität k mit der Mächtigkeit L:

T = ki·Li

In Abb. 10 ist exemplarisch der Druckverlauf in einem Messintervall dargestellt, das an ein Gebirge mit heteroge-ner Permeabilitätsverteilung angeschlossen ist. Die Inter-valllänge liegt bei 1,2 m, die Permeabilität des Gebirgs-komplexes bei 10-20 m2 (rote Kurve). In diesem Gebirgs-komplex kommt eine höherpermeable Schicht vor. Selbst wenn man von einem Gebirgsbereich höherer Durchlässig-keit von nur wenigen Zentimetern Mächtigkeit und einer nur um eine Größenordnung (10-19 m2) gegenüber dem umgebenden Gebirge erhöhten Permeabilität ausgeht (dun-kelgrüne Kurve), spiegelt sich dies bereits in Form einer verringerten Gesamtpermeabilität des Gebirges wider. Deut-licher werden die Unterschiede bei Vergrößerung des Be-reichs höherer Durchlässigkeit bzw. bei weiterer Herabset-zung seiner Permeabilität (Abb. 10).

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Abb. 10: Druckverlauf im Messintervall unter Variation der Mächtigkeit und der Permeabilität einer höherpermeablen Schicht. In rot aufgetragen sind die Referenzdruckkurven bei Annahme eines homogenen Gebirges. Fig. 10: Pressure evolution in the test interval by variation of thickness and permeability of a higher permeable layer. The red lines represent the reference pressure of a homogenious rock.

5 Zusammenfassung Die messtechnische Bestimmung der In-situ-Permeabilität von Salzgestein erfolgt als Pulstest mit Fluidinjektion unter Einsatz eines Doppelpackersystems. Dabei sind die Anfor-derungen an die Dichtigkeit der Messausrüstung hoch. Druckänderungen im Messintervall, die nicht durch den Strom des Testfluids aus dem Messintervall in den Poren-raum des Gebirges, sondern durch Undichtigkeiten des Messsystems hervorgerufen werden, haben einen nicht zu vernachlässigenden Einfluss auf die Messergebnisse.

Zur Erfassung und Quantifizierung dieser unplanmäßigen Fluidströme werden vor und nach jeder Messkampagne Referenzmessungen mit dem Doppelpackersystem in einem Prüfrohr unter In-situ-Messbedingungen durchgeführt. Die bei den Prüfrohrmessungen ermittelten zeitlichen Druckän-derungen im Messintervall fließen in ein numerisches Aus-werteverfahren als systemkalibrierende Kennwerte ein. Darüber hinaus ermöglicht es dieses spezielle numerische Kalibrierverfahren in Abgrenzung zu herkömmlichen Aus-werteverfahren sowohl die vollständige Geometrie der Bohrlochmessungen im dreidimensionalen Raum abzubil-den, als auch eine bohrlochnahe Formationsschädigung (Skin-Effekt) sowie Heterogenitäten des an das Messinter-vall angeschlossenen Gebirges realitätsnah zu berücksich-tigt.

Der Vergleich der gemessenen Druckentwicklung im Messintervall mit den Ergebnissen des numerischen Aus-werteverfahrens ermöglicht somit die Bestimmung der Per-meabilität auch von dichtem Salzgestein mit einer hohen Genauigkeit.

Danksagung

Diese Arbeiten werden durch das BMWi (Bundesministeri-um für Wirtschaft und Technologie, Berlin) unterstützt. Mein Dank gilt auch unseren Kollegen Herrn Reiner Flent-je, Frau Sarina Hoffmann, Herrn Daniel Nowotny und Herrn Silvio Sanchez-Herrero (BGR) für die Durchführung der Messungen und die darüber hinaus gehende Zuarbeit. In nicht geringerem Maße danke ich Herrn Benjamin Paul (BGR) für die Bereitstellung der Abb. 2 und Abb. 3.

Literatur

KOHLMEIER, M., MASSMANN, J., WULKAU, M. & ZIEFLE, G. (2009): RockFlow 5 User’s Manual - Keyword Description. – Institute für Strömungsmechanik und Umweltphysik im Bauwesen, Leibniz Universität Hannover.

NOWAK, T. & WEBER, J. (2002): Hydraulische Charakterisierung der Salzbarriere Gorleben, Abschlussbericht. – BGR – Tgb.-Nr.: 12046/02, Hannover (Bundesanstalt für Geowissen-schaften und Rohstoffe).

WEBER, J. R. & WALLNER, M. (1998): Hydraulische Untersuchun-gen im Grubengebäude Morsleben, Abschlussbericht. – Archiv-Nr. 117065, Hannover (Bundesanstalt für Geowissen-schaften und Rohstoffe).

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