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I. LITERATUR - stargardt.de · I. LITERATUR 8 1 ALTENBERG, Peter, Pseudonym für Richard Engländer, 1859 – 1919. E. Billett mit Namenszug am Kopf. O. O. u. D. 1 S. 8 o, auf einer

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I. LITERATUR

I. LITERATUR

8

1 ALTENBERG, Peter, Pseudonym für Richard Engländer, 1859 – 1919. E. Billett mitNamenszug am Kopf. O. O. u. D. 1 S. 8o, auf einer farbigen Kunstpostkarte („Wiener Künstler-Postkarte Serie V/1“). (300.—)

„Peter Altenberg für Gertrude Auspitz“. In der Mitte der Karte ein Gedicht: „Umschmückt mit Rosen und/ wehenden Haaren starrst / Du und wartest – – –. / Dies sind Deine Hochzeits- / tage, wenn Deine war-tende / Seele, unenttäuscht, sich mit / ihren Träumen vermält!!“

2* ANDERSEN, Hans Christian, 1805 – 1875. E. Albumblatt m. U. O. O. u. D. 1 S. quer-schmal-8o (Ausschnitt). Bläuliches Papier. Etwas fleckig. (400.—)

„Gaaer Verden Dig for haardt imod, / Husk Christus maatte grode Blod“.

3 ANDRES, Stefan, 1906 – 1970. E. Br. m. U. „Euer St. A.“ O. O. u. D. 1 S. folio (Kriegs-papier). Auf der Rückseite des Durchschlags eines Schriftstücks. Stärker gebräunt, kleineRandschäden. (150.—)

An „Liebe Freunde“.„... Ein Segen, daß Ihr nicht dabei ward, wiewohl das Glas nicht leer wurde. Aber .... Was soll aus mirverlorenem Sohne werden! Alles Gute für Euch und die Kinder und das Haus auf dem Hasenberge! ...“

„con la mia bandiera e coi miei lauri“

4 ANNUNZIO, Gabriele d’, 1863 – 1938. E. Br. m. U. O.O., Ostern 1927. 3 S. gr.-4o. AmKopf eine Vignette mit der Devise „Memento Audere Semper“. Minimal fleckig. Mit blau gesie-geltem Umschlag. (350.—)

An den Polizeipräsidenten Giovanni Rizzo, einen Angehörigen seiner alten Brigade, wegen der Trauerfeierfür den verstorbenen Fiume-Veteranen Giuseppe Piffer, „mio legionario“.„... Il Primo Ministro“ ( M u s s o l i n i ) „mi risponde, al mio messaggio, che ha già dato ordini ... I fune-rali saranno celebrati domattina alle 10 e 30’. Io ho l’assoluto bisogno di mandare un de’ brigadieri aRoma, con la mia bandiera e coi miei lauri. Egli deve trovarsi in tempo alla casa dell’eroe estinto ...“D’Annunzio würdigte Piffer an dessen 10. Todestag mit dem Faksimile-Druck „Alla gloriosa Legione Tren-tina per la morte di Giuseppe Piffer“. – Das Siegel auf dem Umschlag trägt die Devise Cesare Borgias: „AutCaesar aut nihil“.

5 — E. Br. m. U. O. O. u. D. 11⁄2 S. gr.-8o. Leicht gebräunt. (150.—)

An eine Dame, die er nicht hatte treffen können.„Je dois partir ce matin pour Pallanza. Je suis désolé de n’avoir pas pu vous rencontrer, en ces jours. Hierseulement j’ai su que vous étiez à l’Hôtel Danieli ...“Beiliegend eine Portraitphotographie.

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Nr. 7 Guillaume Apollinaire

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6 ANZENGRUBER, Ludwig, 1839 – 1889. E. Albumblatt m. U. Wien 16.XII.1884. 1 S. kl.-8o. Rückseitig Montagespuren. Mit frankiertem Umschlag. (150.—)

„Das Autographensammeln istIm Grunde eine kleine Schwäche,Ich geb’ ihr nach, verlangt nur nicht,Daß ich mir drob den Kopf zerbreche.Denn zu Gedanken oder WitzVermag mich das nicht anzustiften,Es gilt die Probe meiner Schrift,Doch nicht die Probe meiner Schriften.“

Für den Studenten Max Dannhauser in Hernals geschrieben.

„trop honnêtes pour avoir de l’esprit“

7 APOLLINAIRE, Guillaume, eigentlich Wilhelm Albert Apollinary de Kostrowicky, 1880 – 1918. E. Br. m. U. Paris 17.XII.1913. 2 S. gr.-8o. Auf einem Briefbogen der Zeitschrift„Les Soirées de Paris“. (1.600.—)

An seinen Freund Marc Brésil, bei dem er sich für einen unfrankierten Brief entschuldigt; einen Teil derSchuld daran trage Fernand L é g e r.„Vous avez beau jeu ... à vous moquer de moi – J’avais oublié la lettre dans ma poche tout le Mardi – J’aipassé la soirée chez moi avec Léger et deux amies. Quand ils sont partis, j’ai prie Léger d’expédier la lettreen pneumatique – Je suppose que ne devant pas passer devant un bureau de poste Léger a confié la let-tre aux jeunes femmes en oubliant de parler des timbres dont je lui avais cependant rappelé la nécessitéet ces dames – trop honnêtes pour avoir de l’esprit – ont dû mettre la lettre à la poste sans affranchir.Je crois que voilà l’histoire, je la demanderai à Léger quand je le verrai ...La question des Soirées est donc reglée et les ecrits leur feront le service ...“Siehe die Abbildung auf Seite 9.

8 ARAM, Kurt, 1869 – 1934. E. Br. m. U. Wien 9.IX.1902. 2 S. gr.-4o. Leichte Wischspuren.Mit Briefkopf „Die Zeit“. Leicht gebräunt. (200.—)

Als Redakteur des Wiener Tagblatts „Die Zeit“ an Hugo S a l u s in Prag, der eine „Legende“ eingesandthatte, die aus politischen Gründen abgelehnt werden müsse.„... Es waren bei Niemandem künstlerische Bedenken. In der Beziehung gefiel uns allen die Legende aus-gezeichnet, um so stärker aber sind die Bedenken anderer Art, die ich Ihnen ja schon mitteilte. Sie dür-fen uns dieselben nicht verdenken, da wir ja grade zu Anfang sehr auf der Hut sein müssen und wir Man-chen gewiß keinen größeren Gefallen erweisen könnten, als wenn es uns unter dem Vorwand derReligionsstörung oder dergl[eichen] an den Kragen könnte. Leider ist auch damit nicht viel gewonnen,wenn wir die Marie in eine andere Heilige verwandeln, da es halt immer eine Heilige bleibt, die eine Situa-tion wie die eine in Ihrer Legende nicht kennen darf. So befinden wir uns denn in dem unangenehmstenDilemma ...“

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9 ARNDT, Ernst Moritz, 1769 – 1860. E. Br. m. U. (Bonn) 2. Christmond (XII.)1849. 1 S.kl.-4o. Mit Siegelspur und Adresse. Randschaden hinterlegt (Klebefilm), leicht gebräunt.

(250.—)

An den Archäologen Ernst Curtius, den Hauslehrer des Prinzen Friedrich Wilhelm, des späteren KaisersFriedrich III.„... Einen schönen guten Morgen! / Ich leide seit gestern an Zahnweh, und bitte Sie, lieber Freund, michbei dem Prinzen zu entschuldigen daß ich nicht zur Tafel komme! ...“Der Prinz studierte damals an der Universität Bonn, wo er historische, staatswissenschaftliche und juris-tische Vorlesungen hörte. Arndt gehörte zu seinen Lehrern.

10* — E. Br. m. U. Bonn, „letzter Lenzmonds“ (31.III.) 1857. 1 S. kl.-8o. Beschnitten. Leich-te Wischspuren. (200.—)

„Hier, liebste Elli, ein bischen Futter für Deinen romantischen Schnabel. / Grüße Deine Ältern und allesVölkchen viel tausend Mal. / Dein EMA.“Seine „Blütenlese aus Altem und Neuem“ war in diesem Jahr in Leipzig erschienen.

11* AUERNHEIMER, Raoul, 1876 – 1948. E. Br. m. U. Wien 9.XII.1918. 11⁄3 S. kl.-4o. Mitgedrucktem Briefkopf. Lochung ausgebessert, kleiner roter Fleck. (200.—)

An Hermann B a h r, damals Dramaturg am Wiener Burgtheater, dem er sein Lustspiel „Der Weg zumRuhm“ sendet.„... in dem uns verbindenden Salzburger Lustspielgespräch fiel Ihrerseits das beziehungsreiche Wort‘Karlweis’. Hieran anknüpfend erlaube ich mir heute, Ihnen mein Lustspiel ‘Der Weg zum Ruhm’, oder,wenn Sie lieber wollen: ‘Der Kunstmäzen’ zu überreichen, in dem Sie vielleicht so etwas wie einen Burg-theater Karlweis erkennen werden. Ich bitte Sie, es zu lesen u. mir dann ganz unverblümt Ihre Meinungdarüber zu sagen ...“

12 BACHMANN, Ingeborg, 1926 – 1973. Br. m. U. Rom 10.X.1972. 1 S. folio. Kleiner Fleck.(300.—)

An Helmut M. Braem (1922 – 1977), den Präsidenten eines Übersetzerverbandes, dessen „Einladung nachEsslingen“ sie nicht annehmen könne.„... es ist mir leider unmöglich, im November aus Rom wegzugehen, obwohl es diesmal sinnvoll wäre, weilich für M a l i n a den besten französischen Uebersetzer bekommen habe, und eine Konstellation dieser Artgibt es so selten.Aber es geht eben in diesem Jahr wirklich nicht, und das hat nichts mit finanziellen Gründen zu tun. Sokann ich Ihnen nur Glück wünschen für das Gelingen dieser wirklich vernünftigen Sache, da die meis-ten Veranstaltungen ja völlig überflüssig sind ...“Ferner über ihre Bemühungen, der Übersetzerin Toni Kienlechner eine Anerkennung zu verschaffen: „...meine Bemühungen sind immer im Sand verlaufen. Wäre es Ihnen möglich, auch diese Dinge einmal zurSprache zu bringen, da ja die Uebersetzer nicht nur schlecht bezahlt werden, sondern sowieso im Schat-ten stehen ...“

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„un chien de mer ou un Roi“

13* BALZAC, Honoré de, 1799-1850. E.Br.m.U. „de Balzac“. Tours 23.VI.(1830). 12⁄3 S. gr.-8o. Mit Ringsiegel und Adresse. Tinte etwas blass. Leicht fleckig. (2.500.—)

An Baron de Mortemart in Paris, bei dem er sich für sein langes Schweigen entschuldigt.„Je suis confus, Monsieur, de l’impolitesse apparent donc je suis coupable envers vous.Je suis parti de Paris le 2 juin pour Tours où mes lettres m’ont été adressées par mon esclave et quandj’ai été arrivé ici, je suis immediatement parti pour aller voir les côtes de Bretagne. Je suis resté à cou-rir sur les roches, à nager en mer, à pêcher, à mener une vie de bête féroce pendant quinze grands jours,aussi oublieux de Paris, de littérature de monde que si j’eusse été, parlant par respect, un chien de merou un Roi.Je suis arrivé ici hier ... comme un cerf aux abois et j’ai trouvé un veritable amas de lettres auxquelles jesuis fixé de ne répondre que successivement et comme un ministre qui se serait arrière; mais il ne m’estpas permis de me servir du moyen de Campistron et du G[énér]al Dubois pour me mettre au courant avecdes amis ou avec des personnes qui, comme vous me traitent si obligeantement et si gracieusement.Comment Sue ne serait-il pas votre passion? C’est la mienne et je vous eusse cherché querelle si vous nel’aviés pas distingué ...“Eugène Sue erbte 1830 von seinem Vater ein großes Vermögen und begann in Paris ein dandyhaftes Leben.1843 wurde er mit seinen „Mystères de Paris“ schlagartig berühmt.

14 BARBUSSE, Henri, 1873 – 1935. E. Br. m. U. Paris 11.X.1906. 3⁄4 S. gr.-4o. Auf einem Brief-bogen des Verlags Pierre Lafitte & Cie. Etwas fleckig, kleine Rand- und Faltenrisse. (150.—)

Wohl an einen Redakteur, dem er eine „chronique sportive de l’Eclair“ zugesagt hatte.„... je prefère ne débuter qu’après le Salon d’automobile. Bien qu’il y ait matériellement le temps de pré-parer la publicité du Salon, les délais sont très courts dès qu’il s’agit de réorganiser un service et de luiinsuffler une vitalité nouvelle ...“

15 BASIL, Otto, 1901 – 1983. 3 Br. m. U. Wien 7.XI. bis 7.XII.1946. 3 S. folio. Mit gedruck-tem Briefkopf. (150.—)

An den Übersetzer Karl Klammer (1879 – 1959) in Wien.7. November, Dank für die „Einsendung Ihrer Gedichte“. „... Im nächsten Heft des ‘PLAN’ (Nr. 10) ...inden Sie sich am Schluss des Artikels ‘Problematik der Lyrik-Uebersetzung’ erwähnt; ich hoffe, dass Sienichts dagegen haben, wenn ich Sie in meiner Nachbemerkung als einen der genialsten Uebersetzer desdeutschen Sprachbereichs bezeichne ...“24. November, Dank für eine Bibliographie. „... Ich sprach inzwischen mit der Wiener Redaktion von‘Wort und Tat’ über den projektierten Aufsatz. Sie will ihn für eine Nummer im Frühjahr ... Selbstver-ständlich werden wir vielleicht mehrmals zusammenkommen müssen, weil ich die wichtigsten Stellen ausIhrem Übersetzungswerk mit Ihnen nochmals genau durchgehen muß. Vorgesehen habe ich Zitate ... ausVillon, Rimbaud, Mallarmé und Verlaine. Allenfalls möchte ich Ihrer meisterhaften Villon-Verdeutschungdie Verhunzung Löpelmanns gegenüberstellen, damit der Leser sieht, welch ein Unterschied zwischenÜbersetzern sein kann ...“7. Dezember. „... Das Referat über Sie werde ich etwa Mitte Jänner zu schreiben beginnen. Selbstver-ständlich werde ich bis dahin alle Ihre Unterlagen mit grösstmöglicher Sorgfalt betreuen ...“Beiliegend ein e. Br. m. U. Basils an Margarete Klammer, Wien 14.III.1959, Kondolenz zu „dem schwerenVerlust, der Sie, aber auch die österreichische Literatur betroffen hat ...“

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Nr. 13 Honoré de Balzac

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16 BECHER, Johannes R., 1891 – 1958. Br. m. U. „Joh. R. Becher“ (Bleistift). Paris 15.II.1935. 2⁄3 S. folio, Durchschlagpapier. Leichte Randschäden, etwas knittrig. (250.—)

An den nach Argentinien emigrierten Schriftsteller Paul Z e c h (1881 – 1946), den er zur Mitarbeit imSchutzverband Deutscher Schriftsteller bewegen möchte.„... durch einen Zufall erfahre ich Ihre Adresse und es würde mich sehr freuen, wenn wir auf diese Weisewieder miteinander in Verbindung treten könnten. Ich glaube es ist sicher auch Ihre Meinung, dass dieseVerbindungslosigkeit in der Vergangenheit für das, was wir wollten, nicht gerade von Nutzen war.Es wäre für uns alle sehr interessant zu erfahren, wie eigentlich dort, wo Sie leben, die Literatur beschaf-fen ist und ob keine Möglichkeit besteht die Verbindung auch zu anderen Freunden, z.B. zu Tr a v e n ,aufzunehmen.Wie Sie vielleicht wissen, hat sich das emigrierte Schrifttum in dem ‘Schutzverband Deutscher Schrift-steller’, dessen Vorstand auch Heinrich M a n n und Lion F e u c h t w a n g e r angehören, gesammelt undes würde diesem Verband sicher ausserordentlich nützen, wenn Sie ihm als korrespondierendes Mitgliedbeizutreten bereit wären ...“

„geistiges Eigenthum“ vor 160 Jahren

17 BECHSTEIN, Ludwig, 1801 – 1860. E. Br. m. U. Meiningen 16.X.1853. 32⁄3 S. gr.-8o. Blass-graues Papier. Leicht fleckig, kleine Randläsuren; gelocht (Buchstabenverluste). (200.—)

An den Verleger (Bernhard Schlicke in Leipzig), der die Rechte an seinem 1844 bei Wigand erschienenen„Deutschen Dichterbuch“ erworben hatte und eine Neuausgabe plante – an der der Autor beteiligt seinmöchte.„... Es ist das Verkaufen übernommener Verlagsrechte von Seiten eines Verlegers ... an einen andern fürden Autor ... stets etwas deprimirendes und an sich unangenehmes, das stets aufs neue daran erinnert,daß der Schriftsteller Deutschlands noch in vielen Dingen rechtlos ist. Dieses Verhältniß steigert sich oftbis zur baren Unredlichkeit; so wird durch die dermalige im Besitz meines Buches Das malerische undromant. Thüringen ... befindliche Firma fort und fort mit einem veralteten Buche das reisende Publikumgeradezu betrogen, indem in diesem stets neu angekündigten Buche unter anderm noch nicht einmal diethüringische Eisenbahn erwähnt ist, und die Verlagshandlung war nicht so ehrenhaft, beim Wiederdruckmich um Revision und Verbesserung anzusprechen ...Was nun den vorliegenden Fall mit meinem deutschen Dichterbuch betrifft so habe ich H.G. Wigand nichtsweiter als eine Stereotyp-Ausgabe verkauft, und bleibt das Buch immer mein geistiges Eigenthum, wennich auch einen unbegrenzten Abzug von den stereotypirten Platten nicht hindern kann. Einen Wieder-druck aber mit beweglichen Lettern kann ich hindern ...“Mit Schlickes Antwortvermerk am Kopf (rote Tinte).

18 BECKETT, Samuel, 1906 – 1989. E. Br. m. U. „Sam. Beckett“. Paris 13.I.1961. 2⁄3 S. gr.-4o. Knickfalten. (180.—)

An einen Graphologen, der ihn um eine Schriftprobe gebeten hatte.„... j’ai bien reçu votre lettre ... et vous envoie bien volontiers cet échantillon de mon écriture ...“

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Nr. 20 Gottfried Benn Marburg 1904

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19 BENDA, Julien, 1867– 1 1956. Eigenh. Manuskript. 8 S. kl.-4o. Mit e. Streichungen undZusätzen. (150.—)

Satzvorlage seines Beitrags „On reprend espoir ...“, der in der Zeitschrift „Les Volontaires“, Paris 1939,Heft 2, erschien. Beginnt:„La déclaration parue en cette place il y a un mois, signée par un groupe d’hommes jeunes et forts, donton ne pourra pas prétendre que s’ils acceptent l’idée d’une guerre pour sauvegarder leur idéal / c’est qu’enraison de leur âge ils ne la feraient pas, me semble un appoint décisif pour la cause de cet idéal ...“Beiliegend ein e. Br. m. U. Bendas, Cannes 1.IV.1919, an den Verleger Emile Paul, dem er einen Freundempfiehlt.

„Tränen nur und tote Träume“

20 BENN, Gottfried, 1886 – 1956. Eigenh. Gedicht m. U. „ M a r b u r g , 5 . 8 . 0 4 “ . 11⁄2 S.gr.-8o. Rautiertes Papier, minimal gebräunt. Kleiner Riß in der Faltung und am Oberrand.

(4.000.—)

Bei seinem Abschied von Marburg entstandenes Liebesgedicht des Achtzehnjährigen an Elisabeth (Sälzer),Tochter eines dortigen Schuhfabrikanten, in die er sich während seiner ersten Studienzeit verliebt hatte.

„ E l i s a b e t h .

Meines heißen, wilden HerzensSünd’ u. Sehnsucht wollt’ ich nunDir in Deine Hände geben:Nimm es hin u. laß es ruhn.

Sollt’st es wissen, daß mein LebenFriedlos, einsamsmüd’ verderbt,Daß mein schäumender LebensbecherAuch von Sünden schon verfärbt.

Doch jetzt dacht’ ich, daß ich LiebeSünd’ u. Sehnsucht nun durchtollt,Daß ich nun in Deine liebenHände Alles legen sollt’!

Doch Du sagst, Du darfst nicht nehmenDarfst nicht, – wie mein Herz auch litt – –Tränen nur und tote TräumeNehm’ ich heut’ beim Abschied mit.

Ihr treuer Gottfried Benn.“

Die ersten Veröffentlichungen von Gedichten Benns erfolgten 1910. 1912 wurde er mit seinem Gedicht -zyklus „Morgue“ schlagartig berühmt.Siehe die Abbildung auf Seite 15.Wie der folgende Brief u n g e d r u c k t und u n b e k a n n t .

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„unaussprechliche, brennende Sehnsucht ...“

21 — E. Br. m. U. Sellin 15.VIII.1904. 31⁄4 S. gr.-8o. Leicht gebräunt. Kleine Faltenrisse.(3.000.—)

An (Elisabeth) Sälzer, geschrieben aus seinem Elternhaus in der Neumark.„... Sie haben mir ja nun zwar eigentlich nicht erlaubt, Ihnen zu schreiben, um Trudes Willen und da sienun nicht in Marburg ist, dürfte ich es, ja vielleicht, wenn ich wirklich glaubte, daß dies Ihr wahrerGrund gewesen. Da ich mir aber denke, es sind doch noch andere Gründe, die Sie bestimmt haben, mireinen Brief nicht zu gestatten, so bitte ich Sie um Entschuldigung, daß ich es trotzdem tue, versichereIhnen aber, daß es sobald nicht wieder vorkommen soll, da ich Ihren Wunsch, auch wenn ich die Grün-de nicht weiß, natürlich befolge.Was für zwei lange Satzungeheuer sind das nun geworden, bloß um Ihnen ganz einfach zu sagen, daß ichheute so ganz besonders intensiv an Sie denken muß ... Wahrscheinlich sind Sie dann mit Fritz Schottnachmittag spazieren gegangen u. sitzen nun zu Hause u. fühlen sich so namenlos einsam u. verlassen,wie man sich eben immer fühlt, wenn ein lieber u. langer Besuch einen verlassen hat. Ich kanns Ihnenheute besonders nachfühlen, da auch ich jetzt nachmittag meinen liebsten u. besten Freund auf die Bahnbegleitet habe, der absolut allein, ohne Vater u Mutter u. Freund dasteht, von allen verbannt, u. von kei-nen verstanden u der jetzt einem ganz besonders schweren Schicksal entgegengeht um einer Frau willen,die er liebt, und die einem andern gehört. –Sehen Sie, vorhin, als ich den Brief anfing, hatte ich eine so unaussprechliche, brennende Sehnsucht inmir nach – Marburg, und jetzt, wo ich ein paar Worte an Sie geschrieben habe, ist mir so wohl u. ruhiggeworden; ich danke Ihnen für diesen unbewußt geleisteten Liebesdienst.Wie ich schon sagte, ich will mich zusammennehmen u. Ihnen nicht sobald wieder schreiben, diesmal ver-zeihen Sie es mir bitte, Sie waren ja immer zu mir wie zu einem kranken Kinde lieb und heut vor 2 Wochenfuhren wir von Wehrda zurück. Wie soll ich unterschreiben? Ich weiß es nicht.

Gottfried Benn.“

Auf Wunsch seines Vaters hatte Benn nach dem Abitur zum Wintersemester 1903/04 das Studium der evan-gelischen Theologie und Philosophie in Marburg aufgenommen. Hier hatte er die junge Elisabeth Sälzerkennengelernt, die sein Werben jedoch zurückwies. Zum Wintersemester 1904/05 wechselte Benn an dieBerliner Universität, um dort – ebenso erfolglos – Philologie zu studieren.So frühe Autographen von Benn sind im Handel v o n g r ö ß t e r S e l t e n h e i t .

22 — Widmungsexemplar: Drei alte Männer. Wiesbaden, Limes (1949). Orig.-Pappband.E r s t e A u s g a b e (Wilpert/Gühring² 33). Einband etwas gebräunt, Kapitale leicht lädiert;Block ein wenig sporfleckig. (500.—)

Auf dem Vorsatz die eigenh. Widmung: „‘– Wir waren eine grosse Generation –’ / S. 48. / Herrn RudolfK u r t z mit freundschaftlichem Gruss / Berlin, Januar 1949 / Gottfried Benn.“Vollständig lautet das Zitat auf Seite 48: „Heilige oder Unheilige, einige suchen ihren Weg. Heilige oderUnheilige, Ost oder West, by by oder Duswidanja – wir waren eine große Generation: Trauer und Licht,Verse und Waffen, Trauer und Licht, und wenn die Nacht kommt, werden wir sie ertragen, – was ertrü-gen wir nicht? Bleiben, die Stunde halten! Die Formel lautet: Leben ist nichts, Sein ist alles.“Der Essayist, Filmpublizist, Schriftsteller und Dramatiker Rudolf Kurtz (1884 – 1960) gehörte ab Mitte der1910er Jahre zu den schillerndsten literarischen Figuren, die die Entwicklungsgeschichte des deutschenFilms kritisch begleiteten.

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23 BERGENGRÜN, Werner, 1892 – 1964. 2 e. Br. m. U. Solln 18.V.1941 und (29.III.)1942.3 S. folio und gr.-8o. (180.—)

An (den Schriftsteller Erich) F r i e d .1941. „... meine Gedichtbücher ‘Die Rose von Jericho’ und ‘Die verborgene Frucht’, beide bei der Raben-presse erschienen, sind vergriffen; neue Auflagen sind gedruckt und liegen seit über einem halben Jahr,ohne fertig zu werden, beim Buchbinder, doch heißt es, sie sollen im Frühjahr ausgeliefert werden ...“1942. „... Ihren Wunsch erfülle ich natürlich gern. Vielleicht interessiert es Sie auch, etwas über die Ent-stehung des Romans zu erfahren. So lege ich Ihnen einen Aufsatz bei ...“

24 BIERBAUM, Otto Julius, 1865 – 1910. E. Br. m. U. München 21.VI.1903. 3⁄4 S. gr.-4o.Luftpostpapier. Zwei kleine Defekte alt hinterlegt. (120.—)

An einen Schriftsteller.„... Indem ich Ihnen hier eine Besprechung übersende, die ich Ihrem ausgezeichneten neuen Buche in dernächsten ‘Freistatt’ gewidmet habe, will ich nicht verfehlen, Ihnen auch noch persönlich zu sagen, wiestark das Buch auf mich gewirkt hat ...“

25 — E. Br. m. U. Dresden 3.V.1909. 3 S. gr.-8o. Mit Siegelrest und Adresse. (150.—)

An Gustav Werner Peters in Leipzig wegen eines Beitrags für dessen „Leipziger Anthologie“ mit Gedich-ten ehemaliger Studenten seit 1870. – Die Anthologie erschien zum 500jährigen Jubiläum der Universität.„... Was soll ich Ihnen denn für den Almanach nun eigentlich schicken? Müssen es Gedichte sein, die inLeipzig entstanden, oder genügt überhaupt eine Auswahl? ... Ich lasse Ihnen eine Anthologie schicken,für die ich die Auswahl selber getroffen habe. Darin ist auch ein (komisches) Bild von mir. Brauchen Sienoch eine Photographie? ...“

„Kanzelton und Weihrauchqualm“

26 BINDING, Rudolf Georg, 1867– 1 1938. 20 e. Br. m. U. und 9 e. Postkarten m. U. (meist„R. G. B.“ und „Binding“). Gits (Westflandern), Buchschlag, Frankfurt a.M., Beatenberg,Baden-Baden und Starnberg 14.II.1915 bis 13.XII.1935. 60 S. gr.-4o bis 8o und die Karten. Miteinigen Gedichten. Zum Teil kleine Einrisse, etwas gebräunt. Mit 2 (Feldpost-)Umschlägen.

(1.200.—)

Inhaltsreiche Briefe an die Übersetzerin Mira Koffka geb. Klein, eine Enkelin der Frauenrechtlerin Hed-wig Dohm, hauptsächlich über sein literarisches Schaffen. – Mira Koffka, Ehefrau des Psychologen KurtKoffka, war die Stieftochter Georg Bondis und eine große Verehrerin Stefan Georges, den sie im Hauseihres Stiefvaters kennenlernte; von ihm ist in diesen Briefen immer wieder die Rede. Kurt Koffka (1886 –1941) lehrte von 1911 bis 1927 an der Universität Gießen, von 1927 an in den USA am Smith College.Gits 14.II.1915, bei Übersendung von „einem kleinen Buche“. „... In meinen Aufzeichnungen steht unterm23. Januar das folgende: / ‘Manchmal ist mir, als erschlüge der Krieg mir Freunde und Freundinnen, Vaterund Schwestern, und alles Vergangene in meinem. Nichts, was war, steht zu ihm, geht mit ihm, paßt zu ihm.Alles ist ohne Sinn ihm gegenüber. Oder er wäre selbst ohne Sinn, und das wäre nicht zu ertragen.Man kann den Krieg nicht leben, ohne allem Frieden valet gesagt zu haben wie einer andern Welt. Anders,so scheint mir, ist man kein Krieger ...’“

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I. LITERATUR

Buchschlag 11.I.1920. „... Ich hätte Ihnen viel, viel zu erzählen! Auch die Kunst ist nicht gestorben. ImFebruar – glaube ich – erscheint eine Sache, die Sie freuen dürfte, in der Insel-Bücherei. Außerdem heißtes: den Krieg gestalten und bewältigen, von dem sich die andern abwenden. Ich bin anders; ich werde mirnicht das Wissen davon nehmen lassen, daß er das größte war, natürlich auch das schrecklichste, das derMensch erleben kann. Also: just etwas für den Dichter. Aber diese östlich-angeblasenen Schwächlinge,denen ist so etwas zu mächtig ...“ Buchschlag 9.VIII.1920, Dank für „den Krieg von G e o r g e “. „... Schwächlich ist dieses Gedicht zwarnicht. Es ist aber doch von einer rührenden Banalität. Und dann, nehmen Sie mir’s nicht übel: Dichtersind doch wohl keine evangelischen Pastoren, die mit einem gewissen Kanzelton und Weihrauchqualm zuwirken haben. Sie haben uns auch nicht ins Gewissen zu reden oder sich zu entrüsten ...“Buchschlag 5.XII.1920, mit der Bitte, ihm „einige anständige Ausgaben des Julianus Apostata StefanGeorge – es brauchen nicht Erstausgaben zu sein – käuflich zu verschaffen ...“ Ferner mit den G e d i c h -t e n „Schlacht. Abend“, „Trauer“, „Witwe“ und „Bescheidung“.Buchschlag 18.VII.1923. „... Es war sehr gut daß Sie hier waren und daß der neue Gedichtband sozu-sagen durch Sie ‘unvermeidlich’ wurde. Nun ist er fertig. D.h. es ist noch zu prüfen, ob er fertig ist ...“Buchschlag 21.VII.1925. „... Sie sind freundlich eingeladen. Zu wägen wäre freilich nicht viel: ‘kleinerDreck’ wie ich immer sage. Aber ich könnte mit Ihnen über das jüdische Buch von T h o m a s M a n n ,den Zauberberg, hadern ...“ Darin das Gedicht „Nachbargarten“.Buchschlag 3.VII.1928. „... eben habe ich einen Aufsatz über Stefan George beendet – er wird am 12. Juli60 Jahre alt – und wurde durch die Beschäftigung an manches frühere Gespräch mit Ihnen über so man-ches Gedicht gemahnt. Eigentlich hätten Sie den Aufsatz schreiben sollen gegen den ich wie er jetzt stehtden Einwand zu geringer Originalität erhebe. Es ist nicht gerade originell, auf das romano-latinische derSprache und auf den antikischen Menschen hinzudeuten wenn man von George spricht ...Immerhin ist die Gestalt und sein Gesetz doch schwer zu fassen und zu verteidigen. Die schönen Gedich-te – ja! Wer will sagen daß sie nicht schön sind. Aber wir leben doch nun einmal nicht mehr in Kathe-dralen, in hängenden Gärten und den totgesagten Parks ...“Buchschlag 28.XI.1931. „... Ihren Katalog kann man nur bewundern. Selbst der aus meiner Gundolf-Gedicht-Besprechung herausoperierte Satz, den Sie zitieren, wirkt wie eine echte Perle während er an Ortund Stelle ein Muschelgehäuse mit einem starken Schließmuskel ist, in das das Urteil eingebettet war ...Das Buch habe ich zur Hand. Doch fürchte ich daß ich es auch nicht verstehe. Es ist – wie mir scheint, dieSpekulation ‘George als Führer’ im Hintergrunde. Angewandt auf die Gestalten die behandelt werden istdiese Spekulation etwas unbehaglich. Doch kann ich mich irren. Besprechen kann ich das Buch nicht ...“

27 — E. Gedicht m. U. „R.G.B.“ Baden-Baden 28.IV. bis 3.V.1922. 2 S. gr.-folio. Leichtgebräunt. (120.—)

„Haus im Zwielicht.

Komme Mensch und komme Reh,komme Vogel, Falter, Molch:Stilles Haus in Sonn und Schnee,zwischen Blumen, Baum und Klee,zwischen Eppich, Veil und Lolchhegt und breitet stummer Bann.“

Es folgen fünf weitere Strophen. Am Kopf der Vermerk: „Auf die Wage. Scharf wiegen! Bitte auch Kurtzur Äußerung.“Geschrieben für Mira Koffka mit „Dank für vielfältige Sendung. Ich gehe darauf nächstens ein. Wie Siesehen, gings jetzt nicht. / Sie haben vielleicht Recht mit den seltenen Erlebnissen, die nur mir sich auf-tun. / B.“

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28 BJÖRNSON, Björnstjerne, 1832 – 1910. E. Br. m. U. Kopenhagen („Sorte Dams Dosse-ring 85“) 3.V.1868. 1 S. gr.-8o. Leicht gebräunt. Zwei kleine Nadellöcher am Kopf. (150.—)

An den Gesangslehrer Viggo Sonne mit der Bitte, „din Melodi paa tyndt Papir til ‘Sanglærer Behrens,Kristiania’ … sjunges den paa Klingenberg den 17de Maj“ zu übersenden.

29 — E. Br. m. U. Wien 23.XI.1879. 1 S. gr.-8o. Leicht gebräunt. (150.—)

An den Schriftsteller Johann Nordmann.„... Für heute haben wir schon billetten zu Götz v. Berl. gekauft; – / Ihre ehrenvolle einladung kann ichallso leider nicht benutzen ...“Beiliegend ein e. Billett m. U. auf seiner Visitenkarte.

30 BLIXEN, Karen, eigentlich Karen Christentze von Blixen-Finecke, geb. Dinesen, 1885 –1962. E. Br. m. U. auf einer Bildkarte. (Dezember 1950.) 1 S. quer-8o. (200.—)

Weihnachtsgrüße an zwei Freundinnen.„Glædelig Jul kære Karen og Thyra, og de allerbedste Ønsker for et fredeligt og lykkeleligt Nyt Aar, medTak for mange hyggelige Timer i 1950 / eders Tanne“.

31 BÖLL, Heinrich, 1917– 1 1985. 3 e. Br. m. U. und 1 e. Postkarte m. U. Köln 27.IV.1953bis 10.VI.1965. 3 S. gr.-8o (mit gedrucktem Briefkopf) und die Karte. Gelocht, teilweise etwasgebräunt und fleckig. (350.—)

An den Übersetzer Helmut M. Braem (1922 – 1977).27.IV.1953. „... muß am 22. ... zurück, weil ... der 4. Preisträger der 47er kreiert wird ...“4.VIII.1958. „... Schade, daß wir uns so lange nicht mehr gesehen haben, nicht einmal auf Tagungen ...“22.II.1964, bei Übersendung eines Beitrags für dessen Zeitschrift. „... hier ist einer, noch fast ‘frisch’ ...“10.VI.1965, wegen einer „Ehrenmitgliedschaft“. „... Sie steht mir gar nicht so sehr zu ...“

32 — Br. m. U. „z.Zt Keel / Achill // Irland“ 4.VII.1958. 1 S. gr.-8o. Mit gedrucktem Brief-kopf. (150.—)

An Dr. Bachler.„... es freut mich, dass Sie den ‘Wegwerfer’ abdrucken möchten ... Ich müsste Sie ... bitten, einen Quel-lenvermerk aufzunehmen ...“Beiliegend eine e. Postkarte m. U. Bölls, (Søndervig) 31.VII.1959, an den Buchhändler Wenner: „... Hiersitze ich über den allerletzten Korrekturen am Roman ...“ („Ansichten eines Clowns“).

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Nr. 35 Rudolf Borchardt

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33 BÖLTE, Amély, 1811 – 1891. Eigenh. Manuskript m. U. 12⁄3 S. 4o. Etwas gebräunt, klei-nere Faltenrisse. – Umfangreiche Beilagen. (200.—)

„Das Verzichten“ (geändert aus: „Die Abtödtung“). – Vollständiger Aufsatz, beginnt: „Wir haben klarnachgewiesen, daß das Aufhören einer Wechselwirkung das Wesen des Todes ist. Die Seele, die diese Wech-selwirkung nie gesucht hat, hat also im eigentlichen Sinne nie gelebt, weil alles Leben auf Wechselwirkungbegründet ist ...“Beiliegend 17 an sie gerichtete Briefe von Oscar Blumenthal, Louise Fastenrath (auf ihrer Visitenkarte),Louise François, K.E. Franzos, Dagobert v. Gerhardt (Amyntor), Theobald K e r n e r (2), FannyL e w a l d (Hamburg 1849; 4 S. gr.-8o), Richard Moncton Miles, Baron Houghton sowie sein Sohn Robertund dessen Ehefrau Sibyl (u.a. Carlyle betr.), Gustav Nieritz, A.F. Gf. v. Schack, der Germanist ErichSchmidt, Thekla v. Schober (2) und und Anna Swanwick (vereinzelte Läsuren).

34 BONSELS, Waldemar, 1881 – 1952. 2 e. Br. m. U. Ambach 10.XII.1941 und 6.IV.1942.6 S. 4o. Klammerspuren, ein kleiner Einriss. (200.—)

An den Schriftsteller Gerhard Scholtz (1899 – 1958).1941, über dessen neues Werk. „... die Verbindung der echten Aristokratie mit Autorität und Wahrungder geheiligt-überlieferten Substanz wird deutlich und man fragt sich hier und da, ob es ohne sie gehenwird, wenn die herrschenden Kreise unserer Zeit nicht eine Elite bildende Kraft erweisen ...“1942. „... Sie dürfen die äusseren ‘Verkehrsstörungen’ nicht als innere Entgleisungen nehmen; das istganz unmöglich. Was uns miteinander verbindet ist etwas ganz Absolutes, was nicht gestört oder herab-gemindert werden kann. Seien Sie nicht böse, ich bin in den ersten Monaten des Jahres so abgeschiedenvon Welt und Menschen, dass ich keine Briefe schreibe, an niemanden, denn in dieser Zeit kann ich alleinwirklich arbeiten und tue es mit grosser Ausschliesslichkeit ...“

35* BORCHARDT, Rudolf, 1877– 1 1945. E. Gedichtentwurf. 1 S. gr.-4o. Minimal braun fleckig.(1.600.—)

„Ta u s e n d F r e u d e n .

Es folgt eine weitere, unvollendete Strophe.Mit einigen Abweichungen vom Druck („Rudolf Borchardt. Gedichte“, hrsg. von Gerhard Schuster undLars Korten, Stuttgart 2003, S. 268ff.). – Das im Ganzen 25 Strophen umfassende Gedicht entstand bisAnfang August 1919. Zum ersten Mal wurde es in einer Auswahl von elf Texten unter dem Titel „Die Schöp-fung aus Liebe“ 1923 veröffentlicht, die Borchardt Marie Luise Voigt, einer Nichte von Rudolf AlexanderSchröder, seiner späteren zweiten Frau, widmete.Siehe die Abbildung auf Seite 21.Beiliegend ein Br. m. U. seiner Frau Marie Luise Borchardt an einen Autographensammler, dem sie die„Seite eines Gedichtentwurfes von Rudolf Borchardt“ sendet (Bremen 1959, gelocht).

Von tausend FreudenMuss ich es singen,Von tausend FreudenMuss mirs gelingen

Ich wollt es schweigenIch wollts ersticken,Da musst ichs zeigenMit tausend Blicken.

Ich wollts gefaltenZur Brust verschliessen,Die Füsse halten,Daß sie nicht schiessen, –

Da fliegts, mich holen, –Mir glühts entgegenMit tausend SohlenAuf tausend Wegen.“

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36 BRAUN, Felix, 1885 – 1973. Eigenh. Manuskript m. U. 103⁄4 S. gr.-8o, auf Briefbogen sei-nes Vaters Eduard Braun. Mit Streichungen und Zusätzen. Klammerspuren, einige leichteRandläsuren, etwas unfrisch. (200.—)

„M a r i a T h e r e s i a / zu ihrem zweihundertjährigen Geburtstag“. Satzvorlage; beginnt: „Das natürli-che Gefühl, das so tief im Menschen verborgen wohnt, daß er seiner gar nicht auch bewußt sein muß, hatdurch den Krieg eine Steigerung ins Bewußte hinauf erfahren, die nach dem ersten Rausch der beglü-ckenden Erkenntnis seines Daseins und Wirkens schon die kritische Fragestellung nach Grund und Sinnwieder wagen darf ...Maria Theresias Gestalt hat während des Jahrhunderts, das seit ihrem Tode dahin vergangen ist, nichtsvon dem eingebüßt, was die Bewunderung der Zeitgenossen und die hohe Schätzung der Nachwelt ihrzuerkannt hatte. War es für Friedrich ruhmvoll, Schlesien zu erringen, so für sie, ihm zu widerstehen und– trotz der Niederlage – ungebrochen aus dem großen Kampfe hervorzugehen ...“Der Schluss: „Ihre Tochter, Erzherzogin Marianne, erzählt uns ihren Tod, in Worten wie aus einer Chro-nik, unscheinbar aber voll der furchtbaren Wirklichkeit, in der alles Große, das geschieht, endlich wietraumhaft geworden scheint, ... schon Legende.“

37 — E. Br. m. U. Wien 7.XI.1959. 3 S. folio. Mit frankiertem Umschlag. (120.—)

An den Germanisten Fritz Homeyer (1880 – 1973) in Saarbrücken, dem er für Glückwünsche zum Geburts-tag dankt.„... Ich war Ihnen nahe unlängst, als ich in Straßburg die Hofmannsthal-Ausstellung ... eröffnete. Dochfehlte mir die Zeit nach Saarbrücken zu fahren. Auch war ich müde, denn vorher war ich in Hamburg,Kopenhagen, Oslo, Göteborg, Upsala (bei meinem Bruder), Frankfurt und Wiesbaden gewesen. Und mor-gen fahre ich nach – Rom, um auch dort über Hofmannsthal zu sprechen, doch glaube ich jetzt, nach derLesung des eben erschienenen letzten Bandes der Gesamt-Ausgabe, der ‘Aufzeichnungen’, daß gar nichtsvon dem gilt, was man früher über den Dichter geschrieben hat ...“Erwähnt seinen Roman „Der Stachel in der Seele“. – Mit einer eigenh. Nachschrift seiner Schwester KätheBraun-Prager.

38 BROD, Max, 1884 – 1968. E. Br. m. U. Prag 7.IX.1926 (Poststempel). 1 S. gr.-8o. Mit fran-kiertem Umschlag. (120.—)

An den Schriftsteller Gerhard Schäke (1904 – 1966) in München.„... Ich danke Ihnen sehr für die Sendung Ihrer beiden Büchlein. Namentlich ‘So ist das Leben’ hat wirk-lich durch seine unbekümmerte Leidenschaft, teils durch seinen ebenso unbekümmerten Humor Freude– und mehr als das: Mut gemacht ...“

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„Das Boot“

39 BUCHHEIM, Lothar Günther, 1918-2007. 2 Br. m. U. „Buchheim“ und „L.G.B.“ Fel-dafing 14.XI. und 17.XII.1973. 3 S. folio. Mit Briefkopf „Buchheim Verlag“. (150.—)

An den Übersetzer Helmut M. Braem (1922 – 1977), der Buchheims soeben erschienenen Roman „DasBoot“ rezensiert hatte.14. November. „... Ihren Vorwurf hat schon mal ein anderer gemacht – ich habe daraufhin, weil ich gernexakt bin, andere Leute befragt, die auch an solchen Unternehmungen teil hatten. Sie haben mir allesamtbestätigt, daß man völlig abgeschnitten war, daß es Reflexionen, wie Sie sie vermissen, nicht gegeben hat ...Wie falsch Sie mit Ihrer Meinung liegen, beweisen kurioserweise Leute, mit denen ich mich nicht gemeinmache: die alten Nazi-Kommandanten. Just die – und auch die überlebenden Admiräle – beschimpfenmich als Nestbeschmutzer. Heldenbarde und Nestbeschmutzer – das gleicht sich aus ...“17. Dezember. „... Unsere Standpunkte können wir über diesen in meinen Augen nun einmal miesen Textnicht annähern. Ich habe sehr geschmerzt geguckt, als ich ihn – ich glaube in einer Kölner Zeitung – nocheinmal lesen mußte … Das hängt mir also schon zum Halse raus ...“

40 BÜRGER, Gottfried August, 1747– 1 1794. E. Br. m. U. Wöllmarshausen 18.I.1775. 2 S.gr.-folio. Ränder leicht gebräunt. (600.—)

An seine „Principales“, die Herren von Uslar, wegen eines Kompetenzstreits mit dem Amt Friedland, dasdie polizeiliche Aufsicht über den Ort Sieboldshausen für sich beanspruche; Anlass des Streits war dieBeschlagnahme von Waren durch das von Bürger vertretene Uslarische Gericht.„... Da K[urfürstliche] Regierung dem Amte Friedland beyfällt, so dürfte wohl eine Justiz-Sache drauswerden ... Bey so bewandten Umständen ist es gut, daß wir wenigstens den größten Theil der Waaren imBesitz haben und in vorzüglicher Avantage sind. Ich hielte vor gut, daß man vorerst noch eine zeitlangruhig säße u. abwartete, ob das Amt Friedland Klage erhebe ...“Nicht bei Strodtmann. – Beiliegend ein an Bürger gerichteter Brief der kurfürstlichen Regierung in die-ser Sache (Hannover 9.I.1775); mit Bürgers eigenh. Empfangsvermerk.Seit 1772 war Bürger Gerichtshalter an dem v. Uslarischen Gericht Altengleichen mit Sitz in Gelliehausen.

„nicht Ihr Hausbedienter“

41 — E. Br. m. U. Wöllmarshausen 7.XI.1775. 4 S. gr.-folio. Etwas fleckig. (1.200.—)

An Oberstleutnant Karl Wilhelm August von Uslar, den Senior der Familie, der mit Bürgers Amtsführungunzufrieden war und ihn zum Rapport bestellt hatte.„... Ich könnte zwar ... über manchen harten Ausdruck Ew. Hochwohlgebohren Schreibens abermals mitFug mich beklagen, allein ich unterlaße solches, weil ich statt dessen immerfort im Stillen die Vorschriff-ten meiner Instruction erfülle, übrigens aber ganz ruhig und gleichgültig gegen alles dasjenige, was füroder wider mich geredet und gehandelt wird, bleiben werde ...Übrigens muß ich noch sagen, daß ich keinesweges ein so störriger Kopf bin, der gerade nichts, als seinebloße Schuldigkeit thun wollte. Nein! Es ist mir vielmehr ein wahres Vergnügen, meinen Herren Princi-palen auch Dienste zu leisten, die ich eigentlich nicht schuldig wäre. Nur kömmt es auf die Art an, wiesie von mir begehret werden ... Denn ich habe die Ehre ein öffentlicher Beamter der Hochadel. Familie,der Ihr hoffentlich keine Schande machet, nicht aber Ihr Hausbedienter zu seyn, und ich habe Hoch-Derselben meinen Kopf und meine Feder, nicht aber meine Füße verdungen ... Da ich nun ein persönli-ches Erscheinen auf willkürliches Erfordern der Hochadel. Familie nirgends angelobet habe, so hat eshier eben die Bewandniß ...“ – Ebenfalls nicht bei Strodtmann.

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Nr. 43 Joachim Heinrich Campe

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Campe und Vieweg

42 CAMPE, Joachim Heinrich, Pädagoge, Verleger und Schriftsteller, 1746 – 1818. E.Schriftstück m. U. Braunschweig 30.XI.1800. 3 1⁄3 S. folio. Auf Stempelpapier. (800.—)

„Punctation zu einem P a c h t v e r t r a g e zwischen dem Schulrathe Campe und seinem Schwiegersoh-ne Vi e w e g .Ersterer übergibt Letzterem, und zwar auf unbestimmte Zeit, die Führung und kaufmännische Benützungder Schulbuchhandlung unter folgenden Bedingungen:1. Vieweg bezahlt an Campe jährlich die Summe von 3200 r. ...2. Vieweg übernimmt, wie alle Verbindlichkeiten dieser Handlung überhaupt, so auch alle Activa und Pas-siva derselben insonderheit, so wie sie beim Abschluß dieser Punctation am 1sten December dieses 1800stenJahres, als am Tage der Übergabe, stehen werden ...9. Da übrigens die Schulbuchhandlung nach wie vor Campens Eigenthum bleibt, und die gegenwärtigeÜbereinkunft nur als ein Pachtvertrag auf unbestimmte Zeit anzusehen ist: so behält derselbe das Recht,auf nicht vorherzusehende unglückliche Nothfälle, diesen Vertrag zu jeder Zeit wieder aufzuheben, unddie Verwaltung dieser seiner Handlung wieder selbst zu übernehmen. In diesem Falle würde dann aucher, wie jetzt Vieweg, die Handlung mit allen Activis und Passivis ... zurückerhalten ...“ – Weitere Bestim-mungen betreffen u.a. Campes Autorenhonorar.Campe hat seinen Verlag dem Schwiegersohn also nicht „als eine sehr werthvolle Mitgift“ gegeben, wie esin der ADB heißt. – Zur Auflösung des Pachtvertrags siehe die folgende Nummer.

„Sie erniedrigten sich“

43 — E. Br. m. U. Br(aunschweig) 14.VI.1809. 18 1⁄4 S. 4o. Klammerspuren. (1.600.—)

Firmengeschichtlich wichtiger Brief an seinen Schwiegersohn Friedrich Vi e w e g , mit dem er sich über-worfen hatte, nachdem dieser die im Jahr 1800 gepachtete „Braunschweigische Schulbuchhandlung“ zum1.XII.1807 zurückgegeben und einen „Verbesserungsersatz“ verlangt hatte.„Wenn es Ihnen gefallen hätte, mir vor 7 Monaten, da ich Sie um Aufklärung bat, nur in zwei Zeilen undnur vorläufig den Hauptgrund anzuzeigen, worauf Sie Ihr Recht zu dem zwischen uns streitig geworden[en]Gegenstande zu bauen meinten: so würden Sie mir und, ich hoffe, auch sich selbst, die allerbittersten Gefüh-le erspart haben, die ich im menschlichen Leben kenne und je erfahren habe. Denn wie leicht würde es mirda gewesen sein, Sie auf der Stelle zu überzeugen, daß Sie über diesen Hauptgrund in Irrthum wären ...Gott im Himmel sei es geklagt, daß Sie nicht so viel Achtung für mich und nicht so viel Schonung Ihrer eigenen und unser Aller Ruhe hatten, sich jener kleinen vorläufigen Bemühung zu unterziehen! ...“In aller Breite und anhand von Berechnungen – so stellt er etwa die Erträge der Jahre 1798 und 1799denen des Geschäftsjahres 1807/08 gegenüber – setzt Campe auseinander, dass von einer „Verbesserung“während der Pachtzeit keine Rede sein könne, sondern es sei im Gegenteil eine „Verschlimmerung“ ein-getreten, wenn davon auch einiges auf das Konto der „erbärmlichen Zeiten ... seit 1806“ gehe. Campe hältdem Schwiegersohn neben vielem anderen vor, dass dieser noch nach der Rückgabe der Buchhandlung„auf der Messe 1808 für Ihre Rechnung“ Außenstände in Höhe von 5070 Talern kassiert habe; doch vorallem empört er sich darüber, dass Vieweg seine Heirat mit Campes Tochter Charlotte geschäftlich geltendmache.„... Sie erniedrigten sich ..., auf Ihr Verdienst um meine Tochter sich stützend, zu der leidenschaftlichenÄußerung: ‘Diese Procente wären der Teufel, der sich zwischen uns gestellt und unsere Verhältnisse zer-rissen hätte!’ War ich denn meiner Tochter wegen, ehe Sie dieselbe heirathen wollten, so sehr verlegen,daß ich gar nicht dankbar genug dafür sein kann? Oder ist es denn ein so sehr großes Verdienst von Ihnen,daß Sie meine Tochter, da es sich fand, daß sie zu Ihrer Denk- Gemüths- u. Sinnesart völlig paßte, undda sie von ihrer Seite sich redlich bestrebte, Sie nach ihrem besten Vermögen zufrieden und glücklich zumachen, wieder liebten, und nun auch von Ihrer Seite sie glücklich zu machen sich bestrebten? Es war

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eigentlich nur pflichtmäßig; jedoch auch brav und schön von Ihnen gehandelt; es hat mir reine herzlicheFreude gemacht; ich habe Sie dafür geliebt, wie man einen leiblichen Sohn nur immer lieben kann ... AberIhr Schuldner in Geldsachen ward ich dadurch nicht. In kaufmännischen Angelegenheiten darauf Rück-sicht zu nehmen, wie Sie verlangen, brauche ich deshalb nicht, es müßte denn aus freiem guten Willengeschehen. Väter und Söhne müssen entweder gar keine kaufmännische Geschäfte mit einander machen,oder es muß ihnen erlaubt sein, dabei nur als rechtliche und billige Männer, ohne Rücksicht auf ihre Fami-lienverhältnisse, zu verfahren ... Was mich hiebei am meisten geschmerzt hat, ist, daß ein eben so unge-rechter als geheimer Vorwurf für mich daraus hervorzuschimmern scheint, den Sie laut werden zu las-sen sich scheuten, und den ich, ohne mich und Sie zu erniedrigen, weder hervorziehen, noch beantwortenkann ...“Mit Erwähnung mehrerer Verlagstitel, darunter Campes „ R o b i n s o n “ , der wohl meistverkaufte Titeldes Verlags. – Siehe die Abbildung auf Seite 25.Beiliegend ein Manuskript von fremder Hand: „Neuer Robinson / zum Vergnügen und der Belehrung derKinder / von I.H. Campe / aus dem Französischen ins Deutsche übersetzt von Friedrich Gottlieb TierschAlumnus portensis / Anno 1811 / 5tes Heft“, 20 S. 4o, geheftet.

44 — KARL WILHELM FERDINAND, Herzog von Braunschweig-Wolfenbüttel, preußi-scher Feldmarschall; erließ 1792 ein Manifest an das revolutionäre Frankreich, 1735 – 1806 (beiJena tödlich verwundet). Urkunde m. U. Braunschweig 31.VIII.1787. 1 S. folio. Mit papierge-decktem Siegel. (300.—)

„Conceßion zur Anlegung einer neuen B u c h d r u c k e r e y “ für Campe.„... Es hat derselbe aber in dieser Buchdruckerey 1) keine Zeitungen ... 2) keine herrschaftliche Sachen... 3) keine Auctions-Bücher und Meublen-Catalogen 4) keine Kaufmanns-Sachen, als Fracht-Briefe,Tobacks-Briefe ... 5) keine Trauer-Briefe und 6) keine Comödien-Zettel, Ankündigungen von Sehens-würdigkeiten ... drucken zu laßen ...“ – Mit Gegenzeichnung des Ministers v. Münchhausen.Im Vorjahr hatte der reformfreudige Herzog Campe als Schulrat nach Braunschweig berufen; in diesemJahr gründete Campe seine „Braunschweigische Schulbuchhandlung“

45 CAPEK, Karel, 1890 – 1938. E. Br. m. U. Prag 22.XI.1930. 1 S. gr.-4o. Kleiner Randein-riss. (250.—)

An „Sehr geehrter Herr Doktor“.„... habe nie einen größeren Entschluss gefasst. Ich hatte sozusagen keine Gelegenheit zu fragen, was ich(vom subjektiven Standpunkt) tun soll oder werde, sondern eher immer versucht mir klar zu machen, was(vom objektiven Standpunkt) geschehen oder gemacht oder erleidet werden muss oder soll. Entscheidendfür mich war immer ... eine innere Notwendigkeit, kein Entschluss. Wahrscheinlich bin ich eben kein Wil-lensmensch ...“

46 CARCO, Francis, Pseudonym für François Carcopino-Tusoli, 1886 – 1958. 4 eigenh.Manuskripte (Entwürfe; Fragmente). 5 S. gr.-8o. Unterschiedliche Papierqualitäten. (200.—)

„Bohème d’artistes“ („R[evue] de P[aris] 1935 / Les Deux Montmartre ...“; 2 S.), „Paris“ („Les pre-mières pluies de septembre ont détrempé les chemins de terre ...“; 1 S.),„Yasmine“ („Il n’y avait pas qu’elle ...“; 1⁄2 S.) und ohne Titel („J’ai toujours caressé le projet de faire soiten Belgique, où les ‘petites revues’ entretiennent dans le public un goût très vif des lettres, soit en Egypteou je viens de passer deux mois, une série des conférences sur la valeur … du ‘message’ en poësie ...“; 1 S.).

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Beiliegend 2 e. Br. m. U. sowie 3 e. Billetts, sämtlich auf seinen gedruckten Visitenkarten (1937 und o. D.),ein von ihm mitunterzeichneter Mitgliedsschein in der Gesellschaft „Ecrivains Amis des Livres“ für denSchriftsteller Pierre Felix Sanvilli Bonardi (1924), eine e. Widmung m. U. auf der gedruckten Einladungzur Feier seiner Ernennung zum Kommandeur der Ehrenlegion (1949) sowie 5 an ihn adressierte Brief-umschläge (Absendervermerk: „exp. Hervieu“).

47* CARLYLE, Thomas, 1795 – 1881. Br. m. U. „T. Carlyle“ (Bleistift; mit zittriger Handgeschrieben). Chelsea 27.II.1878. 2 S. kl.-8o. (200.—)

An seinen Verleger John Murray, dem er Sophia de Morgan empfiehlt, die eine Denkschrift über ihrenMann, den Mathematiker Augustus de M., veröffentlichen wollte.„My dear Sir, / I beg to introduce to you my esteemed neighbour Mrs De Morgan, who has written amemoir of her late Husband the distinguished Professor, about which she is going to consult you ...“Das Werk, „Memoir of Augustus de Morgan, with selections of his letters“, erschien 1882 in London beiLongsmans, Green & Co.

48 CARMEN SYLVA, Pseudonym der Königin Elisabeth von Rumänien, geb. Prinzessin zuWied, 1843 – 1916. E. Br. m. U. „Elisabeth“. Sinaia 9.VIII.1883. 4 S. quer-8o. Graues Briefpa-pier mit faksimiliertem Namenszug „Elisabeth“. Mit Umschlag. (400.—)

An die Malerin Dora Hitz (1856 – 1924) in Paris.„Hitzerich! Sie haben den Vogel abgeschossen! Der König, ohne jemals die Märchen gelesen zu haben,findet die Bilder sehr schön. Ich finde das Leiden weit, weit schöner als die erste Anlage; es erinnert mich,in seiner einfachen Tragik an Gabriel Max! Der verdorrende Baum, die Herbstzeitlosen, die geahnteRuine, Alles, Alles, das liebe Gewand – die schwarzen Haare!! – Das Märchen ist bezaubernd, Sonnen-kind am wenigsten gelungen, etwas zu decorativ; ich vermisse die Augen Ihrer kleinen Sinaiafreundin,wogegen Märchen so jungfräulich zart aussieht, mit dem Füßchen im Wasser, & der schöne Stamm, aufdem der leichte Körper gewichtlos ruht! Die drei machen sich sehr gut nebeneinander ...“Dora Hitz malte für den Musiksaal von Schloss Pelesch die Wandfresken nach dichterischen Motiven derKönigin.

49 — Eigenh. Manuskript m. U. „Carmen Sylva / Elisabeth Queen of Roumania“. Sinaia13.VIII.1901. 8 S. quer-8o. Graues Briefpapier mit faksimiliertem Namenszug „Elisabeth“. Klei-ner Einriß, Klammerspur. (300.—)

Über die Karpaten: „The Westwind flew into my chamber. OnHis wing he bore sweet scented rose leaves, inHis breath the song of never ending grief,Of never ceasing life, and in his handThe harp that ev’ry minstrel touches, andTo which each Bard doth add a chord, a tune,A sound of great Eternity, to sendInto Eternity again. The Westwind said:Come! Sing with me, for thou hast wept!“

Es folgen 38 weitere Zeilen.

(Carco)

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„True love is always interesting“

50 — E. Br. m. U. „Elisabeth“. Schloß Segenhaus 21.IX.1904. 7 S. quer-gr.-4o. Bleistift, teil-weise verwischt. Brüchiges Papier (Randschäden, mit Beeinträchtigung der Unterschrift, undeinige Faltenrisse); Klammerspur. (200.—)

An „My kind Friends“ in Amerika, die sie um Unterstützung für Annie von Meibom und ihren Bräutigambittet.„... He was brought up as a millionnaire and then he learnt that his father’s affairs had gone wrong byspeculation, and so he went to America to try and make his fortune for himself. He remained true to thispoor girl without a penny. Now she is starting on the 8th of October, quite alone for America, to try andgive music lessons there and marry him as soon as possible.I think they are very brave both of them and deserve help. True love is always interesting, when it is socompletely desinterested … I should be most grateful to you if you could do something for these youngpeople ...“ Erwähnt den „trouble about Tolstoy’s books“.

51 — E. Br. m. U. „Elisabeth“. (Schloss Pelesch 7.X.1911.) 13⁄4 S. gr.-8o. Kleiner Faltenriss.Mit frankiertem Umschlag. (200.—)

An den Hofbuchhändler Wilhelm Wunderling in Regensburg.„Wären Sie gut, dem Kunstverlag von Leo S[t]röfer in Nürnberg wissen zu lassen, daß wenn sie die Mär-chensammlung von Frau Lina Sommer herausgeben, ich hundert Exemplare zu Weihnachten habenmöchte! Ihre Sachen in den fliegenden Blättern haben mich entzückt. Ich arbeite eben mit vollemDampf ...“

„Am Fließenden sitzend und das Feste bewahrend“

52 CAROSSA, Hans, 1878 – 1956. 36 Autographen: 26 e. Br. m. U. und 10 e. Ansichts-(Post-)karten m. U. München, Seestetten, Olten und Rittsteig 24.IX.1922 bis 21.VIII.1955. 47 S. gr.-4o bis 8o und die Karten. Zum Teil gelocht, kleine Faltenrisse. Mit 5 Umschlägen. (2.000.—)

Eindrucksvolle, über dreißig Jahre umfassende Sammlung von Briefen und Karten Carossas an ver-schiedene Adressaten, darunter die Schriftsteller und Journalisten Walter Behrend, Hubertus von Beyer,Ephraim Frisch, Hans Garbelmann, Bernhard Lamey, Werner Mascos, Johannes Ninck, Heinz Prie-batsch, Georg Schwarz und Reinhold Wimmers, der Verleger Albert Vanselow, die Gelehrten WaltherDäbritz, Karl Hoppe, Carl von Lorck und Johannes Meyer sowie der Maler Walter Kühn.München 24.IX.1922, an Ephraim Frisch, den Herausgeber des „Neuen Merkur“ in München. „... Nach-träglich erscheint es mir doch als eine Übereiltheit, daß ich Ihnen diese Blätter eines Kriegstagebuchsübersandte. Mir will scheinen, als eigneten sie sich nicht recht für den Neuen Merkur; sie sind doch auchgar zu wenig aktuell. Überhaupt müßte man, glaub ich, in diesem Fall das Ganze kennen, um dem Ein-zelnen gerecht zu werden, und dieses Ganze ist noch immer unvollendet ...“München 13.IV.1929, an Albert Vanselow in München, der ihn um einen literarischen Beitrag gebetenhatte. „... leider liegen mir solche Aufgaben nicht; ich kann in den wenigen freien Stunden, die mir derärztliche Beruf läßt, nur schreiben, was sich von innen her aufdrängt ...“Seestetten 28.XII.1929, an Johannes Ninck in Winterthur. „... Vielen Dank für Ihre Mitteilung! Da ichvon Genf aus nach Winterthur komme, so kann ich Ihnen erst von dort aus die genaue Zeit meinerAnkunft melden. Erkennen werden Sie mich leicht ...“Seestetten 30.I.1930, an Johannes Meyer in Hamburg. „... Es wird mir eine aufrichtige Freude sein, Sienach meiner Vorlesung kennen zu lernen. Ich weiß nicht, ob die Herren von der Dichtergedächtnisstif-

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tung für die Zeit nach dem Vortrag etwas planen; mir ist, als wäre einmal davon die Rede gewesen, jeden-falls habe ich sowohl Frau Ida Dehmel ... als Dr. H. Friedrich Blunck eine Begegnung versprochen. Ichhoffe, daß sich dies alles mit Ihrer freundlichen Absicht vereinigen läßt ...“Seestetten 11.III.1930, an Karl Hoppe in Braunschweig. „... Ihre Anfrage erreicht mich eben, da ich voneiner sehr ausgedehnten Vorlesungsreise zurückgekehrt bin, die mich zwei Monate lang in Anspruchgenommen hat. Ich kann nun leider, wenn ich nicht allen Zusammenhang mit meiner stillen Arbeit ver-lieren will, nicht so bald wieder verreisen ...“Seestetten 2.VI.1931, an Walter Behrend, Feuilletonredakteur der „Münchner Neuesten Nachrichten“,wegen einer Lesung. „... ich ... wäre Ihnen außerordentlich dankbar, wenn Sie ihr durch einen kurzenHinweis in den M.N.N. die Wirkung vorbereiten wollten. Ich lese Unveröffentlichtes aus einer ‘Legendevom ärztlichen Leben’, deren Schauplatz das München der Nachkriegszeit ist ...“Seestetten 9.IV.1932, an Bernhard Lamey in Riga. „... Der nächste Winter ... ist mit so zahlreichen sehralten Verpflichtungen ausgefüllt, daß mir, bei meiner begrenzten Nervenkraft, noch nicht recht klar ist,wie ich sie überdauern soll: Köln, Bonn, Aachen, Trier, Duisburg, Essen, Düsseldorf, Bochum, Siegen,Hannover, Gießen, Freiburg i. Br. und noch einige andere westdeutsche Städte, – dies alles muß, nachdrei, vier Jahren langem Hinhalten, endlich geleistet werden ...“Seestetten 11.II.1942, an Walter Kühn mit dem Dank für ein „Landschaftsbild“. „... Sie haben recht: apo-kalyptische Zeiten sind heraufgezogen, und wir müssen uns für die Erschütterungen, die das Jahr brin-gen wird, ein festes Herz bewahren. Man bringt ja das Gefühl nicht los, daß die größten Auseinander-setzungen, auch die militärischen, erst bevorstehen. Aber das Volk ruft nach Frieden, ich tue es auch, sehejedoch ein, daß geerntet werden muß, was gesät wurde. Für uns kommt nun viel darauf an, daß man sichvom eigenen Wege nicht abbringen läßt ...“Rittsteig 16.XI.1944, an eine Dame. „... leider schauts mit Büchern traurig aus ... Bei dem schweren Luft-angriff auf Leipzig ist der Inselverlag total vernichtet worden, und mit dem Wiederaufbau scheint es nichtso schnell zu gehen, wie Prof. Kippenberg ursprünglich meinte. Von meinen paar Büchern sind allein 40000 Bände verbrannt ...“Rittsteig 8.II.1946, an „Frau Gehrig“, wohl die Frau des Kunsthistorikers Oscar Gehrig. „... ich spinnean meinen Geweben weiter so gut es geht; auch sind die bösen Stimmen, die schon mein Ende gekommensahen, allmählich wieder verstummt. Der maßgebende Control officer der publications section in Mün-chen ließ mich im November um einen gelegentlichen Besuch bitten, das war ein Mann, der in meinem klei-nen opus besser bewandert war als ich selbst (vor 16 Jahren noch Wiener), er wußte recht gut, was es mitjener fatalen ‘Präsidentschaft’ auf sich hatte ...“Rittsteig 16.XI.1948, an Hubertus von Beyer mit dem Dank für „Pariser Impressionen“ und das Buch„Der widerrufliche Fußweg“ von Oskar Jancke. „... Seit Jahren bin ich ein dankbarer Leser von Janckessprachkritischen Glossen; sie regen mich immer wieder zur Gewissenserforschung an ...“Rittsteig 12.X.1950, an Georg Schwarz, dessen Roman „Makarius“ er wieder gelesen habe. „... ‘Am Flie-ßenden sitzend und das Feste bewahrend – im Kreis des Daseins, der sich geschlossen hat’, das ist die ArtExistenz, die ich mir innig wünschte; aber mir fehlt jetzt allzu sehr der Atem der großen Stadt, und wahr-scheinlich wäre ich ihr gar nicht mehr gewachsen ...“Rittsteig 9.VII.1951, an Heinz Priebatsch mit dem Dank für „die ‘Neuen Blätter vom alten Baum’, dieman aber doch als Früchte ansprechen darf, nicht als Blätter, besonders das Wiegenlied ...“Rittsteig 21.VIII.1955, an Georg Schwarz. „... herzlichen Dank ... für das Gedicht vom ‘Letzten Faun’,das mir besonders nahe ging; denn gerade in jenen Tagen mußte sich meine Frau einer Staroperationunterziehen ...“Beiliegend ein e. Gedicht (1 S. kl.-folio; „Vogelballade“), e. Billett m. U. (o.O. 1940), ein Widmungs-exemplar („Wirkungen Goethes in der Gegenwart“, Leipzig, Insel-Verlag 1938, gr.-8o, mit einer e. Wid-mung u.U. auf dem Schmutztitel an Philipp Witkop) sowie eine Photographie Carossas mit eigenh.Namenszug auf dem Untersatzkarton.

(Carossa)

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Nr. 55 Paul Celan

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„die Goll-Infamie“

54 CELAN, Paul, Pseudonym für Paul Anczel, 1920 – 1970. 1 e. Br. m. U. und 1 Br. m. U.und e. Zusatz. Paris 13.XII.1957 und 13.XII.1960. 2 S. gr.-4o. Gelocht, einige kleine Falten-risse, ein Rand leicht gebräunt; beide von fremder Hand bezeichnet „Celan“ (grüner Stift).

(2.000.—)

An den Übersetzer Helmut M. Braem (1922 – 1977), zuerst mit dem Dank für eine Buchsendung, dannwegen der Claire-Goll-Affäre. – Yvan Golls Witwe Claire hatte Celan vorgeworfen, er habe das Werk ihresMannes plagiiert. Dieser Vorwurf hatte ihn zutiefst erschüttert; den Kampf um seine poetische Integritätführte er bis zu seinem Tod.1957. „... mit Ihrem Buch, dem ersten Weihnachtsgeschenk, das in diesem Jahr auf meinen Tisch kommt,habe ich mich aufrichtig gefreut. Herzlichen Dank.Wartesäle, Bahnhöfe: sie haben ihr Gutes. Man weiß dann, wenn man einander begegnet, daß man, trotz‘Daumenbreite’, benachbart geblieben ist ...“1960. „... Es handelt sich um plumpe Fälschungen von Texten und Daten (das geht sogar bis zur Erfin-dung von Buchtiteln) und um Rufmord. Diesem Treiben wird Schützenhilfe geleistet. Diese wiederumkommt ... aus einer bestimmten Richtung. Es gibt eben, diesseits und jenseits der Demarkationslinie Leutemit Vergangenheit. Nach den Erfahrungen der letzten Zeit – Sie ahnen nicht, welchen! – muss ich mirsagen, dass diese Leute mit Vergangenheit auch eine Zukunft zu haben scheinen.Ich werde das nicht beantworten ... ich sage Ihnen das jetzt in aller Aufrichtigkeit und Herzlichkeit, ichsage es Ihnen in der ... Hoffnung, dass ich mit Ihrem Verständnis rechnen darf.Sollte es Ihr Wunsch sein, die Goll-Infamie zu entlarven – es gibt nur sie, ... einen ‘Fall Celan’ gibt es nicht–, so stehe ich Ihnen jederzeit zur Verfügung ...“Eigenhändig fügt Celan am Rand hinzu: „In der ‘Neuen Zürcher Zeitung’ vom 19. November 1960 zeigtPeter S z o n d i an Hand einiger Beispiele, wie es um das ‘Beweismaterial’ der C. G. tatsächlich bestelltist. Vielleicht ... könnte Herr M. Melchinger diesen Aufsatz zusammen mit der ‘Entgegnung’ bringen. Mirwäre damit wirklich geholfen.“Beiliegend eine e. Grußkarte m. U. Celans, Paris 1954, an Helmut M. Braem und dessen Frau Elisabeth.

„nur in Marburg“

55 — 1 e. Br. m. U. und 1 Br. m. U. Paris 1.II. und 24.III.1959. 3 S. gr.-4o. Gelocht.(1.200.—)

An den Übersetzer Viktor von Marnitz, der ihn zu einer Lesung nach Marburg eingeladen hatte.1. Februar. „... Gerne hätte ich, als Ihr erster, so freundlicher Brief kam, zugesagt, aber alles lag damalsrecht unübersichtlich vor mir, ich wollte nicht in die Lage kommen, das einmal Versprochene wiederzurücknehmen zu müssen, und so schob ich meine Antwort immer wieder hinaus ...Leider, das sehe ich jetzt, kann ich auch im Februar nicht ans Reisen denken. Ich könnte erst gegen denzehnten März kommen, zwischen dem zehnten und dem achtzehnten vielmehr ... Ich bitte auch, nur inMarburg lesen zu dürfen.“24. März. „... Im Grunde war es auch diesmal nichts als ein langes, allzu langes Zögern, ich hätte gernefür Mai zugesagt, aber eine Übersetzung, mit der ich, wie ich gehofft hatte, Mitte April ins reine kommensollte, bereitet mir Schwierigkeiten, sie will auch den Mai fressen, zumindest ein Stück von ihm, und so kannich, da der Sommer meinem vierjährigen Buben gehört, vor dem Herbst an keine Lesung denken. Hof-fentlich mischt diese ... Zeit dem Herbst nichts bei, das die Lesung in Marburg ... verhindern könnte! ...“Siehe die Abbildung auf Seite 31.

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56 — Widmungsexemplar: Paul Valéry, Die junge Parze. Ins Deutsche übertragen von PaulCelan. Wiesbaden, Insel-Verlag 1960. Folio. Orig.-Umschlag, in Schuber. – E r s t e A u s g a b e(Wilpert/Gühring² 26). – Tadellose Erhaltung. (800.—)

Auf dem Vortitel das eigenh. Zitat „Ich funkle, bin gebunden an fremdes Firmament ...“ und die Widmung„Für Joseph B r e i t b a c h , am 20. Jänner 1961 / Il tradittore“.

57* CHAMISSO, Adelbert von, 1781 – 1838. E. Br. m. U. Berlin 24.VII.(1830). 1 S. gr.-8o. MitSiegelspur und Adresse. Etwas gebräunt. (400.—)

An Karl Reimer und Salomon Hirzel von der Weidmannschen Buchhandlung in Leipzig mit der Bitte umRücksendung von Gedichten, „die nicht zum Wendtischen Almanach verbraucht worden“.„... bei der Masse, die ich zur Auswahl eingereicht, mußten es mehrere sein. Verargen Sie mir nicht dieBitte zu wiederholen. Ich habe zur Herausgabe meiner Gedichte alles vorbereitet; sobald ich einerseitsbesagte M[anu]s[cri]pt[e] und andererseits Ihren Neuen Almanach erhalten, werde ich die letzte Handdaran legen und das M[anu]s[cri]pt zu der ersten Abtheilung einsenden. Wenn das Gedicht Chios nichtaufgenommen worden, möchte ich es noch dem Berlinischen Almanach zutheilen, die Sammlung wirdohne hin manches noch ungedruckte enthalten, Ich bin fleißig gewesen und denke es noch biß zum letz-ten Termin zu sein ...“Amadeus Wendt (1783 – 1836) gab den Musenalmanach von 1830 bis 1833 heraus.

58 — E. Br. m. U. (Berlin) 10.XII.1834. 1 S. gr.-4o. Mit Siegelrest und Adresse. Etwas ge -bräunt, kleinere Randläsuren. (500.—)

Als Kustos des Berliner Botanischen Gartens an den Botaniker Theodor Friedrich Ludwig N e e s v o nE s e n b e c k , Co-Direktor des Botanischen Gartens in Bonn, der ihn um Auskunft über das Nixkrautgebeten hatte.„... Ich habe zu dem, was ich de Najade L... p 498“ (in „Linnaea“ Jg. 1829) „gesagt habe, nichts hinzu-zufügen. Ich habe selbst die aufgesprungene Anthere nicht gesehen, nach H o r k e l aber, der sie gesehenhat, möchte der flos pedunculatus [in] der Figur von M i c h e l i , welcher mir gar fabelhaft geschienenund den ich, da ich ihn nicht zu verstehen vermochte, excludirt habe, für die aufgesprungene Anthere,deren Pedicellus sich aber etwas verlängert, zu erkennen sein. Er hat die Anthere in diesem Zustandenicht aufbewahrt und keine Zeichnung davon genommen ... Aus meinen getrockneten Exemplaren mitnicht aufgesprungener Anthere läßt sich nichts erkennen.Wi l l d e n o w am angeführten Ort hat blos die Arbeit von S c h u h r aufgenommen ... So ist der Wischvon gar keinem Werth.... Ein sehr kranker Mann empfiehlt sich hochachtungsvoll Ihrem Wohlwollen.“ Auf der Adresse derZusatz „Herrschaftliche Garten Sachen“.

59 — Eigenh. Manuskript m. U. 11.XI.1835. 2 S. gr.-8o. Schwach gebräunt, etwas fleckig. –Auf der 4. Seite des Bogens ein e. Br. m. U. Chamissos, o.O. 11.XI.1835. (1.200.—)

„Keine Kritik, eine H i n w e i s u n g . “ – Der vollständige, 1835 im Hamburger „Gesellschafter“ erschie-nene Aufsatz über den blinden Danziger Dichter Friedrich Wilhelm K r a m p i t z , mit Zusätzen und Bear-beitungen durch die Redaktion (auch der Titel stammt vom Redakteur). – Nach einer Aufzählung von fünfWerken Krampitz’, darunter eine Autobiographie sowie die „Entstehung der Blumen“, beginnt der eigent-liche Artikel:

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„Ich kann es einem Rezensenten nicht verargen, unbarmherzig gegen den zu verfahren, der bei gesun-den Gliedmaßen zu jedem ehrlichen Handwerk tüchtig, aus Faulheit oder Dünkel sich unterfängt, ausder Verfertigung überflüßiger Verse, Novellen u.d.g.m. seinen Brodterwerb ziehen zu wollen. Aber mil-dere Behandlung verdient der Unglückliche, der in früher Kindheit erblindet, in großer Dürftigkeit auf-gewachsen, nichts unversucht gelassen hat, sich durch Studien zu irgend einer wissenschaftlichen Wirk-samkeit zu befähigen, und den für seinen Lebensunterhalt zu sorgen, ein mißgünstiges Schicksal auf diein ihm erwachte Liederstimme angewiesen und beschränkt hat ...“Der Brief auf Seite 4 ist wohl an Friedrich Wilhelm Gubitz, den Herausgeber der Zeitschrift, gerichtet: „Theu-rer Freund / Wenn Du beikommende Zeilen in dem Gesellschafter abdrucken läßt, bitte ich um ein PaarAbdrücke – täglich begehren junge Leute meinen Rath, denen ich ihn gleich gedruckt geben konnte. / AdvCh“.Mit geringen Abweichungen, ohne den Brief, gedruckt in den „Sämtlichen Werken“.

60 CHATEAUBRIAND, François René Vicomte de, 1768 – 1848. E. Br. m. U. Paris22.V.1829. 1⁄2 S. 4o (untere Blatthälfte mit Sammlernotizen). Leicht fleckig. (200.—)

An einen Herrn, mit Dank für Korrespondenz und übersandte Werke.„... Au moment de mon départ et accablé d’affaires, je n’ai pu lire encore les derniers, mais je les empor-terai avec moi; et ils me serviront à chasser l’ennui du Voyage ...“

61 CLAUDEL, Paul, 1868 – 1955. E. Br. m. U. Paris 15.V.1930. 1 S. kl.-4o. GrünlichesPapier. Etwas fleckig. (300.—)

An einen Herrn.„... De retour de Berlin je réponds à votre pneumatique. Je ne possède malheureusement aucune docu-mentation sur Christophe Colomb mais vous pouvez vous adresser à mon collaborateur, M. Darius M i l -h a u d , que vous trouverez à Paris ...“Milhauds Oper „Christophe Colomb“, zu der Paul Claudel das Libretto verfaßt hatte, war am 5. Mai desJahres in Berlin uraufgeführt worden.

62 COCTEAU, Jean, 1889 – 1963. E. Farbstift-Zeichnung mit Widmung u.U. 1957. Ca.12,5� 8,5 cm, Blattgröße 14,7�10,4 cm. Feinkarton. Verso kleine Montagespur. (300.—)

Geflügeltes Männerprofil in verschiedenen Farben, darin die Widmung „Pour Edda en souvenir de JeanCocteau * 1957“ (Kugelschreiber).

63 — E. Schriftstück. O. O. u. D. 1 S. gr.-4o. Dünnes bräunliches Papier. (350.—)

„Pièce à traduire ...Ce que nous croyons plein est vide comme ce qui nous semble vide est plein. Pleine la chambre que je creusetous les jours. Pleine la route et pleine la rue.Le bois, la pierre, le cristal ont leurs saisons. Leur beau temps et leurs nuages. Leurs montagnes, leursfleuves, leurs villes. Leurs poissons y nagent, leurs oiseaux y volent, leur bétail y engraisse, leurs gens ychantent le Dimanche et cueillent des bosquets. Deja la mer profonde est trop pleine pour nous mais cepen-dant on y entre. La terre est trop pleine. On la creuse, mais si on saute par la fenêtre on n’y entre pas.Le ciel est trop plein si on monte à une certaine hauteur ...“

(Chamisso)

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65 COLETTE, Sidonie Gabrielle, 1873 – 1954. E. Br. m. U. „Colette de Jouvenel“. Pariso.D. 1 S. quer-4o. Mit Briefkopf „Le Matin“. Kleine Einrisse (zum Teil hinterlegt), leichtgebräunt. (200.—)

Als Feuilleton-Redakteurin des „Matin“ an einen Kritiker, den sie auf den Tenor Joseph Rogatchewsky(1891 – 1985) aufmerksam macht.„Mon cher confrère et ami, Si vous trouvez l’occasion de dire un mot favorable pour Rogatchewsky, quidébute lundi dans la Tosca, (je ne signale ce début que pour situer ce jeune homme) je crois que vous serezà la fois juste et agréable. Merci d’avance ...“Sidonie Colette war seit 1912 mit Baron Henry de Jouvenel, dem Chefredakteur des „Matin“, verheira-tet. – Joseph Rogatchewsky erhielt 1922 ein Engagement an der Pariser Opéra Comique.

66* COTTIN, Sophie, geb. Ristaud, 1770 – 1807. E. Br. m. U. (Paris 1.II.1807.) 1 S. 8o. MitBlindsiegel und Adresse (Poststempel und -vermerke). Leicht fleckig; Nadelloch. (400.—)

An den Schriftsteller L’abbé de Tressan (1747– 1 1809), dem sie mitteilt, dass sie wieder einen festen Emp-fangstag habe und ihn zu sehen hoffe.„il y a bien longtems que nous ne vous avons vu ... je conviens que l’extreme eloignement et l’incertitudede nous trouver est une grande excuse, aussi nous nous affligeons et ne nous fachons point, mais pour vousoter toute excuse je vous previens que nous serons chez nous mardi soir: nous reprenons ce jour afind’avoir au moins une fois par semaine le plaisir de voir les personnes, qui veulent avoir quelque bien-veillance ou quelque amitié pour nous.“Aus dem Todesjahr. – S e h r s e l t e n .

67 CSOKOR, Franz Theodor, 1885 – 1969. Typoskript mit eigenh. Streichungen und Zusät-zen (Tinte und Bleistift). 53⁄4 S. folio. Dünnes Papier. Einige Papierschäden. (250.—)

„Ferdinand Bruckner“. Studie über seinen Freund, den Schriftsteller und Theaterleiter; beginnt:„Weder geistesgeschichtlich noch formengeschichtlich soll hier ein Künstler und sein Werk in der Bezie-hung zur Gegenwart untersucht werden, sondern eine wunderliche Wandlung sei betrachtet, die einenMenschen vom Esoterischen, Esclusiven zum schöpferischen Mitleid und Mitleben in jeder Kreatur geführthat: Wiedergeburt mitten im Leben, geschehen an dem Ferdinand Bruckner, der ehedem Theodor Tag-ger hieß ...“Beiliegend ein e. Br. m. U. Csokors, Wien 1961, an Herbert Hohenemser wegen eines Treffens.

68 DÄUBLER, Theodor, 1876 – 1934. E. Br. m. U. Ithaka 10.VIII.1921. 1 S. folio. (300.—)

Von seiner Reise durch Griechenland an einen Geheimrat.„... Dass ich hier bin, ist ein Abenteuer, das erst in Athen gut auslaufen muss. Dort werde ich in etwa 10Tagen landen. Kennen Sie Griechenland? Es ist doch eine unheimlich verführerische Welt, selbst bei Teu-felsglut. Nun kommen ja die Hundstage!Aber nicht darüber wollte ich mit Ihnen besonders sprechen, ... sondern herzlich danken wollte ich Ihnenfür das meiner Schwester eingehändigte Honorar für die kleine Eröffnungsrede! Ich habe Herrn Broglioseit 5 Wochen nicht gesehen, er liess mich durch einen Freund in Capri grüssen und ist nun wohl in denAbruzzen ... Vielleicht muss er, nach Sturz des Ministeriums Giolitti, erst mit neuen Ministern etwasanknüpfen, um etwas mitteilen zu können. Die Schäden der parlamentisierten Demokratie! ...“

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69 DAUTHENDEY, Max, 1867– 1 1918. E. Br. m. U. Würzburg 5.XI.1912. 4 S. kl.-4o.Gelocht. (200.—)

An den Verleger Kurt Wo l f f .„... da ich Herrn R o w o h l t öfters persönlich in Verlagsangelegenheiten gesprochen habe, war ich sehrverblüfft, als ich plötzlich das gedruckte Zirkular von seinem Austritt aus seinem Verlag erhielt. Ich dach-te oder erwartete, dass er mir ein paar Zeilen über sein Vorhaben hätte mitteilen können. –Ich habe volles Vertrauen, dass Sie ... den Verlag weiterblühen machen werden und sende Ihnen meinebesten Wünsche zur Verlagsübernahme. –Gestatten Sie, wenn ich auf einen Irrtum aufmerksam machen muss, der Honorarpreis für Reliquien istnicht 550 M sondern 750 M, vielleicht werden Sie den Rest von 200 M bald nachfolgen lassen ...“Ernst Rowohlt war nach zunehmenden Differenzen mit seinem Teilhaber Kurt Wolff aus dem gemeinsa-men Unternehmen ausgeschieden, das Wolff übernahm und in Kurt Wolff Verlag umbenannte. Rowohltwurde vorübergehend Prokurist beim S. Fischer Verlag in Berlin und übernahm im Oktober 1913 dieGeschäftsführung des neuen Hyperion-Verlags.

70 DEHMEL, Richard, 1863 – 1920. E. Br. m. U. Pankow 10.IV.1896. 1 S. 4o. Mit gedruck-tem Briefkopf. Etwas knittrig. (150.—)

An eine Redaktion, der er für das Honorar für sein „Schneeflockenlied“ dankt.„... Meine Bemerkung, daß ich nötigenfalls die Sache dem Rechtsanwalt übergeben hätte, bitte ich nichtals eine Unmuts- oder Mißtrauens-Aeußerung aufzufassen, sondern nur als einen Hinweis auf dasbequemste Mittel zur Erledigung geschäftlicher Dinge.Ihre freundliche Einladung zur Mitarbeit am ‘Luzifer’ nehme ich natürlich sehr gern an ...“Beiliegend ein e. Billett auf der Rückseite einer Visitenkarte und 4 e. Postkarten m. U. Dehmels, Blanke-nese 1906 und 1909 und o. O. u. D., in Verlagsangelegenheiten.

71 DICHTER und SCHRIFTSTELLER. – 1. Hälfte des 20. Jahrhunderts. Ca. 300 Autogra-phen, darunter viele Briefe und Manuskripte, aber auch kleinere Autographen. (2.000.—)

Darunter Fred Angermayer, Julius Bab, Hermann Bahr (4), Adolf Bartels, Gertrud Bäumer, Josef Bern-hart, Hans Bethge (3), Anton Betzner, Werner Beumelburg (2), Otto Julius Bierbaum (2), Richard Bil-linger, Rudolf G. B i n d i n g (3), Hans Blüher, Wilhelm Bölsche (3), Waldemar Bonsels, Ida Boy-Ed (2),Hans Brandenburg (2), Carl Bulcke (2), Hermann Burte , Houston Stewart Chamberlain, Hermann Clau-dius (3), Michael Georg Conrad (2), Paul Nikolaus Cossmann, Hedwig Courths-Mahler, Richard D e h -m e l , Edwin Erich Dwinger, Kasimir Edschmid (2), Otto Ernst (2), Paul Ernst (2), Hanns Heinz E w e r s ,Gustav Falke, Heinrich Federer (3), Ludwig Finckh (2), Cäsar Flaischlen (3), Otto Flake (2), Hans Franck(9), Karl Emil Franzos (2), Gustav Frenssen, Ludwig Fulda (3), Ludwig Ganghofer, Max Geißler, Rein-hard Goering, Hans Grimm, Max Halbe (2), Maximilian Harden, Heinrich Hansjakob, Julius Hart, Wal-ter Hasenclever (2), Carl und Gerhart H a u p t m a n n (je 2), Wilhelm Hausenstein, Karl Henkell (2), MaxHerrmann-Neisse, Franz Herwig, Rudolf Herzog, Hermann H e s s e (7), Otto Heuschele, Paul H e y s e(2), Josef Hofmiller, Arno H o l z , Ricarda (4) und Rudolf Huch, Alfred Huggenberger, Richard Huel-senbeck (2), Georg Kaiser (2), Hermann Kasack, Erich Kästner, Rudolf Kayser, Bernhard Kellermann (2),Alfred Kerr, Eduard von Keyserling, Anton Kippenberg, Kurt Kluge, Annette Kolb, Erwin Guido Kol-benheyer (4), Selma L a g e r l ö f , Albert Langen, Kurd Laßwitz, Heinrich Lersch, Detlev von L i l i e n -c r o n (2), Paul Lindau, Hermann Lingg, Ernst Lissauer (4), Arthur Luther, Gustav Meyrink, Franz Mol-nar, Börries Frhr. von Münchhausen (3), Kurt Münzer, Charlotte Niese, Georg Frhr. von Ompteda (7),Friedrich von Oppeln-Bronikowski (2), Dr. Owlglass, Rudolf P a n n w i t z , Alfons Paquet, Rudolf Pen-zig, Max Picard (5), Josef Ponten, Rudolf Presber, Wilhelm R a a b e , Hans J. Rehfisch, Georg Reicke,

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Ilse Reicke, Hans Reimann, Gabriele Reuter, Julius Rodenberg, Karl Röttger, Karl Rosner (3), WilhelmSchäfer (3), Heinrich Schäff, Jakob Schaffner, Ruth Schaumann, Thassilo von Scheffer, JohannesS c h l a f (3), Wilhelm Schmidtbonn (2), Reinhold Schneider, Wilhelm von Scholz (4), Rudolf AlexanderS c h r ö d e r (3), Ina Seidel (3), Carl S p i t t e l e r (2), Hermann Stehr (6), Carl Sternheim, Julius Stet-tenheim, Rudolf Stratz, Emil Strauß (2), Lulu von Strauß und Torney (3), Eduard Stucken, HermannSudermann (4), Auguste Supper, Wilhelm Emanuel Süskind, Max Tau, Frank T h i e s s (2), LudwigT h o m a , Siegfried Trebitsch, Hellmuth Unger, Fritz Usinger, Woldemar von Üxküll, Will Vesper, ClaraViebig, Richard Voss (3), Wilhelm Walloth, Frank Wedekind, Josef Magnus Wehner (2), Erich Weinert,Ernst Wiechert (7), Adolf Wilbrandt, Ernst von Wildenbruch (2), Josef Winckler (6), August Winnig (8),Theodor Wolff, Heinrich Wölfflin, Ernst von Wolzogen (2), Ernst Zahn (2), Fedor von Zobeltitz und CarlZ u c k m a y e r (4).

72 — 2. Hälfte des 20. Jahrhunderts. Über 350 Autographen, darunter viele Briefe undManuskripte, aber auch kleinere Autographen. (2.500.—)

Darunter Peter Paul Althaus, Paul Alverdes, Günther A n d e r s , Alfred Andersch, Stefan Andres, PeterBamm, Josef Martin Bauer, Jurek Becker, Rolf und Alexandra Becker (2), Schalom Ben-Chorin, HansBender (2), Werner B e r g e n g r u e n (4), Ludwig Berger (2), Wolf Biermann (2), Horst Bingel, WernerBock (3), Heinrich B ö l l (2), Rudolf Bongs, Volker Braun, Irmela Brender, Hans Georg Brenner (2),Georg Britting, Ferdinand Bruckner, Lothar Günther Buchheim, Carl Jacob Burckhardt (2), HermannClaudius, Karl Dedecius, Helmut Degner (2), Eugen Diesel, Walter Dirks, Hilde Domin (3), Marion Grä-fin Dönhoff, Peter Dörfler, Tankred Dorst, Ingeborg Drewitz (3), Axel Eggebrecht, Hans Heinrich Ehr-ler (4), Günter E i c h , Paul Eipper, Michael Ende, Bernt Engelmann (4), Hans Magnus Enzensberger,Curt Flatow, Erich Fried (3), Max F r i s c h (2), Hans J. Fröhlich, Horst Wolfram Geißler (2), RobertGernhardt, Ernst Glaeser, Albrecht Goes (4), Claire Goll, Joachim von der Goltz, Heinz Goverts, MartinGregor-Dellin, Alfred Grosser, Willy Haas, Hans Habe (7), Rudolf Hagelstange (4), Ludwig Harig, PeterH ä r t l i n g , Hugo Hartung (4), Manfred Hausmann (6), Václav Havel, Bernt von Heiseler (4), HelmutHeissenbüttel (2), Stefan H e y m (2), Wolfgang Hildesheimer, Ernst Hoferichter (4), Hans Egon Holthu-sen (5), Karl Günther Hufnagel, Hans von Hülsen, Walter Jens (3), Jewgeni Jewtuschenko, Uwe J o h n -s o n , Ernst J ü n g e r, Robert Jungk, Gustav Kampendonk, Alfred Kantorowicz, Hermann Kasack,Marie Luise K a s c h n i t z (3), Rudolf Kassner, Erich K ä s t n e r (4), Martin Kessel, Hermann Kesten (3),Heinar Kipphardt, Hans Hellmut Kirst, Ephraim Kishon, Pavel Kohut, Annette Kolb (2), Lew Kopelew,Wolfgang Koeppen (2), Arthur Koestler (4), Rudolf Krämer-Badoni, James Krüss (3), Reiner Kunze, PeterMartin Lampel, Gertrud von Le Fort (2), Wilhelm Lehmann (3), Hans Leip (3), Siegfried L e n z (4), Mech-tilde Lichnowsky, Günther Lüders, Ludwig Marcuse (2), Peter Maiwald, Walter Mehring, Agnes Miegel,Alexander Mitscherlich, Josef Mühlberger, Adolf Muschg, Gerhard Neumann, Robert Neumann (2), HansErich Nossack (2), Costa Pinheiro, Heinz Piontek, Kurt Pinthus, Fritz J. Raddatz, Marcel Reich-Rani-cki, Emil Reimers (3), Christa Reinig (3), Hans Reisiger, Curt Riess, Luise Rinser (4), Eugen Roth (3),Peter Rühmkorf (2), Nelly S a c h s , Edzard Schaper, Gustav Schenk, Herbert Schlüter (2), FriedrichSchnack, Reinhold S c h n e i d e r, Wolfdietrich Schnurre, Ina S e i d e l , Léopold Sédar Senghor, Fried-rich Sieburg (2), Hermann Stahl, Heinz Steguweit (2), Fedor Stepun, Otto von Taube (4), Jürgen Thor-wald (2), Friedrich Torberg, Johannes Tralow (2), Fritz von Unruh, Fritz Usinger, Siegfried von Vegesack(2), Georg von der Vring (2), Martin Walser (4), Hans Weigel, Gabriele Wohmann, Hans Wollschläger, WolfWondratschek, Eva Zeller, Jean Ziegler und Gerhard Zwerenz.

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(Dichter und Schriftsteller)

73 — Österreich, 1. Hälfte des 20. Jahrhunderts. Über 100 Autographen, darunter vieleBriefe und Manuskripte, aber auch kleinere Autographen. (1.200.—)

Friedrich Adler (2), Raoul Auernheimer, Rudolf Hans Bartsch (2), Eduard von Bauernfeld (3), RichardBeer-Hofmann, Jacob Bettelheim, Bruno Brehm, Max Brod (2), Ferdinand Bronner (6), Wilhelm Cap-pilleri, Vincenz Chiavacci, Heinrich Gf. von Coudenhove-Kalergi, Franz Theodor Csokor (2), Marie vonEbner-Eschenbach (3), Hans Ernst (2), Siegfried Freiberg, Ludwig Ganghofer (2), Franz Karl Ginzkey,Franz Goldhann, Marie delle Grazie, Johann Gunert, Emil Hadina, Robert Hamerling (3), Rudolf Hawel,Leo Heller, Ludwig Hevesi, Ludwig Hirschfeld, Hugo von H o f m a n n s t h a l , Robert Hohlbaum (3),Mirko Jelusich, Franziska Kaltenhauser, Zdenko von Kraft, Richard Kralik, Erich Landgrebe, Alexan-der Lernet-Holenia, Emil Lucka, Joseph August Lux, Max Mell (3), Walter von Molo (2), Hans Müller,Adam Müller-Guttenbrunn, Franz Nabl (2), Joseph Georg Oberkofler, Alfons Petzold, Paul Rohrbach,Peter R o s e g g e r (2), Ferdinand von Saar, Felix Salten (2), Hugo Salus (5), Richard Schaukal, Karl vonScherzer, Ignaz Schnitzer, Arthur S c h n i t z l e r (2), Franz von Schönthan, Adele Schreiber-Krieger,Heinrich von Srbik, Ottokar Stauf von der March, Karl Hans Strobl (3), Bertha von Suttner (2), FranzTaucher (4), Heinrich Teweles, Karl Ferdinand Frhr. von Torresani, Arthur Trebitsch, Karl HeinrichWaggerl, Jakob Wassermann (2), Franz We r f e l , Anton Wildgans, Ernst Wurm und Stefan Z w e i g (2).

74 — — 2. Hälfte des 20. Jahrhunderts. 50 Autographen. (400.—)

Darunter Erna Blaas (Salzburg 1962), Imma von Bodmershof (2 e. Billetts m. U.), Felix Braun, Bruno Brehm,Arnolt Bronnen (Linz 1947), Alfred Buttlar-Moscon (9), Milo Dor, Oskar Maurus Fontana, Maria Grengg,Paula Grogger (2), Fritz Habeck (2), Carl Julius Haidvogel, Fritz Hochwälder, Hans Hömberg, Peter Jokost-ra, Hermann von Kleeborn, Robert Joseph Koc, Rudolf Jeremias Kreutz, Alexander Lernet-Holenia (3), MaxMell, Erika Mitterer, Walter von Molo, Adelbert Muhr, Erwin H. Rainalter (2), Werner Riemerschmid, Fried-rich Sacher, Friedrich Schreyvogl (2), Johannes Mario Simmel (2), Richard Thieberger, Friedrich Torberg,Karl Heinrich Waggerl, Hans Weigel, Juliane Windhager, Ernst Woldinger und Julius Zerzer.

75 — 20. Jahrhundert. Über 60 eigenh. G e d i c h t e , vielfach m. U. (1.600.—)

Darunter Ilse Aichinger („Gebirgsrand“), Josefa Berens-Totenohl („Der Weg“), Richard Billinger(„Schwur“), Hans Friedrich Blunck, Werner Bock, Rolf Bongs, Elisabeth Borchers, Anton Dörfler („Gna-denstunde“), Michael Ende („Der verwunschene Garten“), Ludwig Fels („Jeremiade“), Walter HelmutFritz („Was ist es anderes“), Gertrud Fussenegger, Joachim von der Goltz (2, „Stille Gewalten“ und „Ein-sam gehend im Frühling“), Josef Guggenmos („Was denkt die Maus am Donnerstag?“), Rudolf Hagel-stange (2; „Am siebenten Tag“ und „Sinkende Sonne“), Ulla Hahn („Schöne Landschaft“), Peter Härt-ling („An ein Taubenpaar“), Harald Hartung („An die Wand gemalt“), Bernt von Heiseler (2; „Volk in zweiZonen“ und „Gelbe Gartenblume“), Otto Heuschele („Botschaft“), Walter Höllerer („Jetzt gehts nachSüden zu“), Hans Egon Holthusen (4; „Mein Leben Mein Tod“, dreimal, und „Der Himmel wirft Ballast“),Karl August Horst (3), Christian Jenssen („Das Dunkel, das im Herzen wohnt“), Bernd Jentzsch („Schnit-te“), Hermann Kasack, Sarah Kirsch („März“), Karl Krolow (3; „Erwachen“), Günter Kunert („Win-terabend“), Reiner Kunze („Warum sind Löwenzahnblüten gelb?“), Hans Leip („Garten übern Meer“),Erika Mitterer (2; „Ein Hauch Vergängnis“ und Vierzeiler), Josef Mühlberger („Der Spiegel“), WilhelmPleyer („Worte des Herzens“), Christa Reinig (2; „Ausweg“), Eugen Roth („Der Krug“), Doris Runge(„ikarus“), Hans Sahl („Schlaflied“), Oda Schaefer („Ewiges Spiegelbild“), Ruth Schaumann (2; „Ver-weilen“ und „In einer anderer Gestalt“), Friedrich Schnack („Busch“), Hilde Spiel („Mein Kind“), KarlRichard Tschon („Gekommen, gegangen“), Ludwig Tügel, Siegfried von Vegesack, Guntram Vesper(„Landmeer“), Karl Heinrich Waggerl („Zittergras“), Richard Wagner („Schwarze Kreide“), GabrieleWohmann und Karl Kurt Wolter („Schicksal“).

39

I. LITERATUR

76 — 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts. Ca. 60 Autographen. Zum größten Teil Briefe undKarten. Leicht gebräunt. (800.—)

Ferdinand Bernt (2), Otto Julius Bierbaum, Friedrich von Bodenstedt, Wilhelm Bölsche (2), Lily Braun(Typoskript m. U.: „Erklärung“ zu der von ihr verfassten Biographie ihres Vaters General Hans vonKretschmann), Georg Ebers, Otto Ernst, Emil Ertl, Gustav Falke (2), Gustav Frenssen (3), Ludwig Fulda(2), Emanuel Geibel, Franz Karl Ginzkey, Rudolf von Gottschall, Martin Greif (4; darunter das e. Gedicht„Die Dorfflur“), Rudolf Greinz, Julius Grosse, Karl Gutzkow, Robert Hamerling, Ernst Hardt, JustinusHart, Otto Erich Hartleben (e. Namenszug), Karl von Holtei, Wilhelm Jensen, Alfred Kerr, AugustKopisch (e. Gedicht „Der blöde Liebhaber“), Max Kretzer, Heinrich Laube, Paul Lindau, Hermann Lingg(4; darunter 2 Gedichtmanuskripte m. U.), Heinrich von Maltzan, Alfred Meißner (2), Anton AlfredNoder, Anton Ohorn (2 e. Gedichte m. U., „Weihnacht“ und „Pfingsten“), Rudolf Presber, Wilhelm Raabe(2 e. Namenszüge), Julius Rodenberg, Ferdinand von Saar (e. Gedicht m.U), Carl Conte Scapinelli, AugustWilhelm von Schlegel (Briefschluss, Bonn 1825), Ossip Schubin, Friedrich Spielhagen, Bruno Wille, Fried-rich Theodor von Vischer und Ernst von Wildenbruch.

77 — 19. Jahrhundert. 42 Autographen, meist e. Br. m. U. (300.—)

Paulus Cassel (2 e. Manuskripte m. U., zus. 6 S. gr.-8o, und 1 e. Br. m. U., 1861), Otto Funcke (11 Briefeund Postkarten, 1875 – 1908), Robert Hamerling (1 e. Manuskript m. U., 2 S. gr.-8o, und 5 e. Br. m. U.,1875-79), Eduard Hanslick (1875; autobiograph. Inhalts), Julius Hart (o. D.), Julius Rodenberg (1894),Johannes Scherr (2 e. Manuskripte m. U. bzw. Namen im Kopf, 7 S. gr.-4o und 4 S. gr.-8o sowie 2 e. Br. m.U., 1875/76), Richard Schmidt-Cabanis (3; 1876-78), Adolf v. Wilbrandt (2; 1875 und 1880) und AlbertWolf (10; 1 e. Manuskript, 7 S. gr.-8o, 8 e. Br. m. U. – darunter ein 22-seitiger Brief autobiograph. Inhalts– und 1 e. Postkarte m. U.; o. D.) – Vielfach an bzw. für den Schriftsteller Ernst E c k s t e i n .

78 — Über 30 Autographen englischsprachiger Autoren, meist e. Br. m. U. (500.—)

Darunter Samuel W. Allen (Washington o.J.), Alston Anderson (Paris 1962), Russell Atkins (Cleveland1961), Margaret Atwood (Albumblatt, 1984), Thomas Berger (2; Piermont 1962/64), William Slater Brown(2, Sherman 1954 und Rockport 1961), Pearl S. Buck (1945), John le Carré (Namenszug unter Photo-graphie), Edward E. Cummings (Postkarte m. U.), John Dos Passos (Westmoreland 1963), Lindley Fra-ser (1950), Christopher Fry, David Garnett, Shirley Ann Grau (2), Graham Greene, Patricia Highsmith(e. Billett m. U.), Langston Hughes (3; 1958/62), James Jones (e. Billett m. U.), Sinclair Lewis (2, 1925 und1940), Eric Malpass (e.Billett m. U.), Norman Mailer (Namenszug unter Photographie), William Somer-set Maugham, Daphne du Maurier (sign. Photographie), James Michener (Namenszug), Arthur Miller(Namenszug), John Osborne (2 Billetts), Harold Pinter (sign. Photo), Anthony Powell, Sir Herbert Read(1960), Karl Shapiro (e. Billett m. U.), Upton Sinclair (Pasadena 1925) und Theodore Watts-Dunton.

79 — 1. Hälfte des 20. Jahrhunderts. 23 eigenh. G e d i c h t e , vielfach m. U. (500.—)

Johanna Ambrosius, Karl Bienenstein („Die Racheglocke“), Rudolf G. Binding (3; „Erdgewalt“, „Rei-sekost“ und „Der Herrscher“), Hans Friedrich Blunck („Lobpreisung“), Victor Blüthgen, Waldemar Bon-sels („Abschied“), Hans Carossa, Hedwig Courths-Mahler, Karl Ettlinger, Franz Karl Ginzkey, MartinGreif, Curt Hängekorb, Otto Ernst Hesse („Herbst“), Paul Keller, Walter von Molo („Was will ichdenn?“), Fritz von Ostini, Rudolf Presber, Wilhelm Schulz („Die Brücke“), Albert Traeger, Julius Wolff(„Sturmlied“) und Ernst Zahn.

I. LITERATUR

40

80 — 19. Jahrhundert. 22 Autographen. (300.—)

Edward Dowden (Rathgar 1911, Byron betr.), Georg Ebers (Albumblatt auf Postkarte, 1888) JohannGeorg Fischer (Albumblatt), Dagobert v. Gerhardt („Amyntor“; Billett auf Visitenkarte), Karl Gerok (e.Br. m. U., 1877), Wilhelm Hertz (Postkarte, 1900), Theobald Kerner (2; 1891 und 1902, „... Faule Aep-fel waren im Kernerhaus weder zum Riechen, noch als Schreibfeder Conservatoren im Gebrauch, meineMutter als gute Hausfrau hätte faule Aepfel nie auf dem Schreibtisch meines Vaters geduldet ...“; dazueine Photographie seines Vaters Justinus K.), Isolde Kurz (Fragment), Otto v. Leixner (1892), HermannLingg (Albumblatt auf Postkarte), Wolfgang Menzel (e. Br. m. U., 1870), August Niemann (e. Br. m. U.,1891), Helene v. Orleans (Gedicht), Eduard Paulus (Stuttgart 1902), W.H.v. Riehl (e. Br. m. U., 1892),Maximilian Schmidt gen. Waldschmidt (e. Br. m. U., 1884), Hermann Sudermann (e. Billett auf Visiten-karte), F.Th. Vischer (Billett), Ottilie Wildermuth (3) und Julius Wolff (Gedicht). – Beiliegend je ein Briefvon Caroline Hackänder, der Witwe des Schriftstellers, und des Verlegers Wilhelm Spemann. – Vielfachan den württembergischen Historiker Manfred Eimer oder dessen Eltern.

81 — 19 Autographen französischer Autoren. (400.—)

Darunter Jean Anouilh (2; sign. Druck und sign. Photographie, 1963 und 1987), Yves Bonnefoy (e. Album-blatt), Pauline de Broglie (e. Br. m. U., Paris 1956), Georges Duhamel (Namenszug), Paul Géraldy (e.Gedicht), Jean Giono (e. Br. m. U.), Gabriel Marcel (2), François Mauriac (Br. m. U., 1954), André Maurois(e. Br. m. U., 1953), Guy de Pourtalès (Namenszug), Marcel Prévost (e. Billett m. U., montiert), Romain Rolland (e. Br. m. U., Villeneuve 1934), Georges Simenon (sign. Photographie), Claude Simon (Namenszugunter Photographie), Manès Sperber (e. Br. m. U., 1977) und René Tavernier (e. Albumblatt m. U.)

82 — 18 Autographen, meist e. Albumblätter m. U. und e. Postkarten m. U. (200.—)

Wilhelm Bölsche (2; Friedrichshagen 1909 und Schreiberhau 1920), Waldemar Bonsels (Ambach 1920),Felix Dahn (2; davon 1 e. Br. m. U., Friedrichshafen 1881 und o. O. u. D.), Ottomar Enking (o. O. u. D.),Ludwig Gurlitt (Steglitz 1910), Carl Haeberlin (1923), Horatio Hale (e. Br. m. U., 1887), Karl Jaspers(gedruckte Danksagung m. U., 1968), Friedrich Lienhard (Weimar 1918), Paul Lindau (Br. m. U., Berlin1888), Hans Rheinfelder (3; 1966 – 1982), Eugen Roth (München 1943), August Schleicher (Jena 1868),Heinrich Sohnrey (Berlin 1934) und Armin Tille (e. Br. m. U., Bonn 1940).

83* — 14 Autographen, meist e. Br. m. U. (350.—)

Ernst Moritz Arndt (e. Billett m. U., 1857), Eduard von Bauernfeld (e. Albumblatt m. U., o. O. u. D.), LuiseBrachmann (e. Stammbuchblatt m. U., Lochau 1811), Albert Emil Brachvogel (Eisenach 1869), Alexan-dre Dumas fils (e. Billett m. U., Paris o. D.), Ernst Frhr. von Feuchtersleben (Wien 1848), Gustav Frey-tag (Wiesbaden 1880), Rudolf Hawel (e. Postkarte m. U., 1900), Alexander Lernet-Holenia (St. Wolfgang1948), Daphne du Maurier (Farbphotographie mit e. Widmung u.U. auf dem Untersatzblatt), WilhelmRaabe (Photographie, Visitformat, mit e. Namenszug auf dem Untersatzkarton), Joseph Victor von Schef-fel (e. Albumblatt m. U., 1885), Jakob Wassermann (1913) und Joseph Christian Frhr. von Zedlitz (Wien1843, an Dingelstedt).

(Dichter und Schriftsteller)

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I. LITERATUR

84 — Frankreich, 19. Jahrhundert. 14 gedruckte Visitenkarten mit e. Zusätzen, teilweisem. U. (150.—)

Jules Barbier (2), Maurice Barrès, Maurice Bouchor, Émile de Girardin, Maurice Hennequin, Paul Her-vieu (2), Joris-Karl Huysmans, Pierre Loti, Edouard Pailleron, Marcel Prévost, Sully Prudhomme undVictorien Sardou.

85 — 13 Autographen. (300.—)

Berthold Auerbach (e. Br. m. U. Baden 1868), Rudolf G. Binding (2; e. Br. m. U. o.O. 1924 und e. Postkartem. U. Buchschlag 1934), Waldemar Bonsels (e. Br. m. U. Meiningen 1921), Hanns Johst (Br. m. U. Ober-allmannshausen 1937), Julius Langbehn (2 e. Br. m. U. München 1876 und 1880, jeweils mit Umschlag),Gabriele Reuter (e. Postkarte m. U. Venedig 1927), Julius Rodenberg (4 e. Br. m. U., verschiedene Orte1853-58) und Johannes Trojan (Berlin 1892).Beiliegend 2 e. Br. m. U. von Julius Langbehn (München 1876 und 1880, jeweils mit Umschlag).

86 — 19. Jahrhundert. 10 Autographen. (180.—)

Felix Dahn (2; 1 e. Br. m. U., 1885, und 1 Albumblatt, o. D.), Gustav Freytag (Billett, 1889), Ludwig Gang-hofer (e. Postkarte m. U., 1888), Karl Gerok (Billett, 1888), Paul Heyse (2; 1 e. Postkarte m. U., 1897, und1 Albumblatt, o. D.), Wilhelm Jensen (Albumblatt, 1888), Friedrich Spielhagen (Albumblatt, 1888), Ber-tha v. Suttner (e. Postkarte m. U., 1887) und Ernst Wichert (Albumblatt, 1888). – Meist gelocht, teilwei-se ein wenig unfrisch.

87 — 10 Autographen skandinavischer Autoren. (150.—)

Bengt Berg (e. Br. m. U., Bokenäs o. J.), Johan Bojer (e. Postkarte m. U., Kopenhagen 1905), Sven Hedin(sign. Photographie), Johannes Vilhelm Jensen (e. Br. m. U., 1934), Alexander L. Kielland (e. Schriftstückm. U., Konstantinopel 1891), Astrid Lindgren (2; davon 1 Manuskript), John Paulsen (e. Br. m. U., Hel-singör 1917), Sigrid Undset (e. Br. m. U., 1925) und Ragna Wettergreen (e. Billett m. U.).

88* — 10 Autographen, meist e. Albumblätter m. U. (250.—)

Georg Ebers (e. Br. m. U., Leipzig 1884), Paul Heyse (3; davon 1 e. Gedicht m. U., München 1885 undo.D.), Detlev von Liliencron (e. Postkarte m. U., Altona 1899), Joseph Victor von Scheffel (Kissingen1883), Johannes Schlaf (Magdeburg 1900), Friedrich Spielhagen (Berlin 1874), Ernst von Wildenbruch(e.Br. m. U., Berlin 1906) und Julius Wolff (Charlottenburg 1889).

I. LITERATUR

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89 — 6 e. Albumblätter m. U. Wohl aus einer Prager Sammlung, Anfang 20. Jahrhundert.4o (Karton). Die Eintragungen befinden sich jeweils unter einem montierten Portrait (Druck).Leicht fleckig. (250.—)

Hermann Bahr („Cras ingens iterabimus acqua“), Felix Dahn (2; „Das höchste Gut des Mannes ist seinVolk“ und „Das ich gesucht hab’ ohne Ruh, – / Das Glück – bist Du“, unter einem Bildnis mit seiner FrauTherese), Hans Hoffmann („Kann ich aus der Ferne Dir / Aller Sehnsucht Schwere klagen? / Kann einzartes Blatt Papier / Solche Riesenlasten tragen?“), Felix Hollaender („Vertheidige Dich niemals – undlebe so, daß Du furchtlos jede Stunde vor Gericht gestellt werden kannst“, Prag 1906) und Arthur Schnitz-ler („Arthur Schnitzler / Wien 8. November 1905“).

90 — 20. Jahrhundert. 4 Autographen. (250.—)

Günter Eich (Albumblatt – „Seid unbequem, seid Sand, / nicht das Öl im Getriebe der Welt!“), Karl Kro-low (dito, 1963 – „Die Weisheit / der unausgesprochenen Worte / nimmt zu“), Martin Walser (Manuskript,2⁄3 S. folio; Gedanken über den Indochina-Krieg – „Umsonst oder nicht umsonst“) und Ernst Wiechert (e.Br. m. U., 1936).

„cross – uncomfortable – bilious – blue – and limp”

91* DICKENS, Charles, 1812 – 1870. E. Br. m. U. Genua, „Peschiere“ 15.V.1845. 11⁄2 S. kl.-8o. Mit Adresse. Leicht braunfleckig. (2.000.—)

An Augusta de la Rue, der er eine Einladung absagt, weil er schlechter Stimmung sei.„... You must not think I am sending you an ‘excuse’ in lieu of myself. I am in a hideously indigestive state– cross – uncomfortable – bilious – blue – and limp. A mutton chop and a long walk and nobody to be con-tradictory to are the remedies I have prescribed myself ...“Im Vorjahr hatte Dickens in Genua die Bekanntschaft von Augusta de la Rue und deren Mann, demSchweizer Bankier Emile de la Rue, gemacht.

92 DIEDERICHS, Eugen, Verleger, 1867– 1 1930. E. Br. m. U. Jena 16.VIII.1920. 1 S. kl.-4o. Minimaler Faltenriss. (120.—)

An eine Dame.„... Es drängt mich, Ihnen meine Freude über die Verlobung Ihrer Tochter Käthe auszusprechen und wirbeide senden Ihnen und der jungen Braut unsere herzlichsten Glückwünsche. Ich hatte in vergangenerWoche die Absicht, Ihre Fräulein Tochter zu einem Spaziergang aufzufordern, damit sie mir, wie ver-sprochen, ihre Dirloser Eindrücke berichten sollte ...“

(Dichter und Schriftsteller)

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I. LITERATUR

Nr. 91 Charles Dickens

I. LITERATUR

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„musikalische Wurzeln“

93 DODERER, Heimito von, 1896 – 1966. Br. m. U. und e. Randvermerk (grüner Kugel-schreiber). Wien 12.VIII.1961. 2⁄3 S. folio. (400.—)

An (den Komponisten Hans G a l ), dem er für „die Brahms-Biographie“ dankt.„... Daß mein Werk auf einen Komponisten von Ihrem Range so intensiv wirken kann und mit solcherDetailfreude aufgenommen wird, beweist mir, daß meine zweifellos vorhandenen musikalischen Wurzelnnicht verspielte, sondern legitime sind. Es ist hier übrigens ein Erlebnis nachzutragen, das ich an jenemTage hatte, als wir beide hier in Wien den großen Staatspreis in Empfang nahmen. Man spielte bei die-ser Gelegenheit mehrere Sätze eines Divertimentos von Ihnen (zwei Sätze aus der Haydn-Suite, die imLager entstand), und mir war dabei sofort klar, daß diese Musik sozusagen aus derselben Gegend kommt,wie meine eigene wenn ich so sagen darf ...“

94 DÖBLIN, Alfred, 1878 – 1957. 2 e. Billetts m. U. „Dr Döblin“. Berlin, „Frankfurter Allee340“ 22.III. und 16.X. o. J. Je 1 S. quer-schmal-gr.-8o (Rezeptformular, kleiner Einriss) undquer-32o (Visitenkarte). Leicht gebräunt. (250.—)

Wohl an Monty Jacobs, den Feuilletonchef der „Vossischen Zeitung“, literarische Einsendungen betref-fend.22. März. „Lieber Herr D. Jakobs: / ... für Ihre Osternummer! Besten Gruß“. 16. Oktober. „Zu Ihrer Dos-tojewskienquete! Mit bestem Gruß!“Döblin hatte von 1919 bis 1931 seine Wohnung und seine Kassenpraxis in der Frankfurter Allee 340.

95 DÜRRENMATT, Friedrich, 1921 – 1990. Teilweise eigenh. Manuskript (Fragment), nach-träglich signiert. 1 S. folio. Durchschlagpapier. (400.—)

Blatt „13“ aus dem „Filmszenario“ zu dem Drehbuch des Films „Es geschah am hellichten Tag“ (1958).Im Mai 1957 war Dürrenmatt mit der Arbeit an dem Drehbuch beauftragt worden. – Beginnt:„... Dort finden Sie einen Hausierer. Vielleicht kennen“ (ab hier montiertes Typoskript:) „Sie ihn, vonGunten... Nein, sein Patent sollen Sie nicht verlangen. Sprechen Sie nicht mit ihm und lassen Sie ande-re auch nicht dran. Bewachen Sie den Mann, das ist alles. Wir sind in einer halben Stunde dort.Dann hängt er auf. Er ist Nichtraucher. Er hat die Gewohnheit, vor sich hinzustarren.“ (ab hier wiedereigenhändig:)„Matthäi: Es giesstFeller stürmt ins Zimmer, schon im Regenmantel, bringt den Mantel des Kommissärs Feller: Mord? Wasist denn passiert? ...“Aus dem Stoff für das Drehbuch zu dem Film schuf Dürrenmatt seinen Roman „Das Versprechen“.Werkmanuskripte Dürrenmatts sind im Handel s e h r s e l t e n .

96 — Portraitphotographie mit eigenh. Namenszug auf dem Passepartout. Ca. 26�18 cm.Aufnahme: Heinz Röhnert, Berlin. (300.—)

Brustbild nach links, Dürrenmatt Pfeife rauchend.

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I. LITERATUR

97 DUMAS père, Alexandre, 1802 – 1870. E. Br. m. U. Paris 11.V.1847. 1 S. 8o. Mit Briefkopf„Ministère de l’Intérieur“. Leicht gebräunt. Kleine Papierschäden. (300.—)

An einen Herrn („Cassagne“), mit der Bitte um Unterstützung für eine Schauspielerin.„Savez vous quelque Chose pour aider Madame ... a Debuter a Lodeon quelques pieces de Cinque Francsseraient de ce coté la très bien venues ...“ – Am Kopf der Empfängervermerk: „nous la connaissons bien“.Beliegend ein e. Br. m. U. von Dumas fils (o.O. 1869); wohl an den Bildhauer Jean-Baptiste Carpeaux, ineiner Geschäftsangelegenheit („notre petite affaire“); Carpeaux fertigte 1873 eine Büste von Dumas.

98 DURRELL, Lawrence, 1912 – 1990. 2 Br. m. U. (rötliche Tinte). Sommieres o. D. 2 S. gr.-4o und 1 S. quer-schmal-8o. Kleine Randschäden, gelocht. (200.—)

An die Übersetzerin Elisabeth Kaiser-Braem.I) „... I’m glad you feel easier about the translation. You won’t find me troublesome. I wish I knew enoughGerman to be of use to you, but I don’t! But please tacle the spirit rather than the letter ...“II) „... After dealing as best I can with your questions I shall pass it on to Henry M i l l e r who is at pres-ent in USA though he plans a visit to Europe this year money permitting. I sympathise with you over JUS-TINE which is rather tiresomely allusive; but it is the first book of a four volume novel. Fabers are nowsetting up the second volume in London and I hope to have a proof to show Rowohlt in the next twomonths. Many of the apparent non sequiturs and loose ends are tied up in volume II. I am sending youthe Dutton edition of the book which is much more correct than London. Fewer misprints!“ – Es folgenausführliche Korrekturen für zehn Seiten.

„dem, der Autographen sammelt“

99 EBNER-ESCHENBACH, Marie Freifrau von, geb. Gräfin Dubsky, 1830 – 1916. E. Al -bum blatt m. U. Rom, April 1899. 3/4 S. 8o. Ein Eckchen abgerissen. (180.—)

„Zu Sündern weit verirrt vom Pfade, / Sprach Gott der Herr in seiner Gnade: / ‘Was Ihr getan auch –ich verzeih’s, / Zieht all’ herein ins Paradeis. / Nur dem, der Autographen sammelt, / Bleibt meines Hau-ses Thor verrammelt, / Sonst läuft mir ja, ich weiß das schon, / Wer irgend etwas kann, davon, / Und nurder unrettbar Sterile / Strebt noch nach meines Himmels Ziele.‘ “

100 EHRENBURG, Ilja, 1891 – 1967. Typoskript (Durchschlag) m. U. und vielen eigenh.Zusätzen. Oviedo (1934). 122⁄3 S. folio. Russisch. Leichte Randläsuren, etwas fleckig undgebräunt, ein kleines Brandloch, Klammerspuren auf der letzten Seite. (350.—)

„U[níos] H[ermanos] P[roletarios]“. Beitrag über den Oktoberaufstand der asturischen Bergarbeiter1934, bei dem sie unter der Losung „Einigkeit, Proletarische Brüder“ die Kontrolle über den größten TeilAsturiens erlangten. Als die Bergarbeiter für höheren Lohn und bessere Arbeitsbedingungen streikten,schlug sich die KP-Führerin Dolores Ibárruri, die berühmte P a s s i o n a r i a , auf ihre Seite: An der Spit-ze von mehreren hundert Bergarbeiterfrauen zog sie vor das Gefängnis von Oviedo und erreichte die Frei-lassung der 940 wegen Teilnahme am Aufstand verurteilten Bergleute. – Beginnt:„‘Es lebe Asturien’ – diese Worte sah ich sowohl an den Wänden Madrider Wolkenkratzer, als auch an denFlechtzäunen der entlegenen kleinen Dörfer Kastiliens. ‘Es lebe Asturien’ gaben Hunderttausende Men-schen auf gewaltigen Versammlungen wieder. ‘Es lebe Asturien’ rief ein Delegierter einer Kolchose aus Mal-pique, der auf einem Esel ritt. ‘Es lebe Asturien’ – mit diesen Worten erwachte Spanien ...“ (Übersetzung).

I. LITERATUR

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101 EICH, Günter, 1907– 1 1972. E. Gedicht m. U. 2⁄3 S. gr.-8o. (250.—)

„ J a p a n i s c h e r H o l z s c h n i t t .

Ein rosa Pferd,gezäumt und gesattelt,– für wen?

wie nah der Reiter auch sei,er bleibt verborgen.

Komm du für ihn,tritt in das Bild einund ergreif die Zügel!“

102 ERNST, Paul, 1866 – 1933. E. Br. m. U. St. Georgen an der Stiefing 15.XII.1927. 11⁄2 S. 4o.(180.—)

An „Hochgeehrter Herr Dr.“ wegen seines Versepos „Das Kaiserbuch“.„... für die freundliche Aufnahme in Schondorf möchte ich Ihnen und Ihrer Gattin nochmals ... herzlichdanken.... Sie erhalten von mir direct Bd II und III meines Kaiserbuchs, von München aus Bd I. Ich bitte Sie umdie Freundlichkeit, das Werk der Schülerbibliothek einzuschicken. Bd IV– VI folgen nach Erscheinen.Es ist mein Wunsch, durch dieses Gedicht dem deutschen Volk seine große Vergangenheit lebendig zumachen. Ich hoffe, daß es im Lauf zu der Jugend durchdringt ...“

103 EULENBERG, Herbert, 1876 – 1949. Eigenh. Manuskript mit Namenszug auf dem Titel.Titelblatt und 62 S. gr.-4o. Prachtvoller weinroter Maroquinband („Hübel & Denck, Leipzig“)mit Kleisterpapier-Vorsätzen (Exlibris auf dem vorderen Spiegel entfernt), Kopfgoldschnitt,goldgeprägtem Rückentitel und Deckelvergoldung. (600.—)

„ I k a r u s u n d D ä d a l u s . / Ein Oratorium.“ – Satzvorlage seines 1912 bei Kurt Wolff in Leipzigerschienenen Schauspiels; mit einigen Streichungen und Zusätzen Eulenbergs.

104 — E. Br. m. U. Kaiserswerth 22.XII.1910. 1 S. gr.-4o. Mit gedruckter Adresse am Kopf.(120.—)

An eine Dame.„... gestern von einer langen edlen italiänischen Reise heimgekehrt begrüßt mich Ihr liebenswürdiger Auf-satz in der ‘Österreichischen Rundschau’ über meine ‘Schattenbilder’ auf das allerfreundlichste. Und nunweiß ich Ihnen meine große Freude darüber nicht anders zu bekunden, als indem ich Ihnen meine jüngs-te ganz und gar ungezogene Komödie übersende ...“

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I. LITERATUR

105 EWERS, Hanns Heinz, 1871 – 1943. E. Br. m. U. Hongkong 28.VII.1910. 3 S. 8o. MitBriefkopf „Norddeutscher Lloyd, Bremen“. Minimal fleckig. (250.—)

Von seiner Reise nach Asien und Australien an eine Dame.„... ich komme gerade von australien und finde hier ihren brief, der mir von kolombo nachgesandtwurde ... Glauben sie nicht, ... daß ich jemals das ‘überbrettl’ verleugnen werde. auch darüber lag einhauch von kunst. aber sie wollen bedenken, daß wir am letzten ende gar nicht wußten, was wir eigent-lich wollten ... nun noch ein stückchen japan – das ich so nicht mag – (es ist ein bluff für snobs, sonstnichts!), und auf der rückreise noch eine handvoll indien und Aegypten – und dann wieder: ‘vortrags-tournee’! und ‘zeitungsartikel’! ... es ist überhaupt eine wonne, ein deutscher dichter zu sein! ...“

106 FALLADA, Hans, Pseudonym für Rudolf Ditzen, 1893 – 1947. Br. m. U. Neuenhagen beiBerlin 5.VI.1932. 2⁄3 S. gr.-4o. Gelocht, kleine Randschäden. (350.—)

An den Chefredakteur Friedrich Kroner in Berlin, „Ullsteinhaus“, dem er seinen Roman „Kleiner Mann– was nun?“ sendet.„... Sie wissen, dass Sie mich neulich mit Ihrem Evoe über den Kleinen Mann ganz glücklich gemachthaben. Hier haben Sie ihn nun ganz, unverkürzt und ungereinigt, und es würde mich wirklich freuen,wenn Sie ihn in irgendeiner netten Sommerstunde noch einmal lesen würden, die dann hoffentlich nochnetter wird ...“S e h r s e l t e n .

107 — Br. m. U. Carwitz 13.X.1942. 11⁄4 S. folio. Leicht gebräunt und ein wenig fleckig.(500.—)

An Otto Hartmann in Heinrichshagen, der wohl ein Buch über ihn plante.„... Ich will Ihnen gerne bei Ihrer Arbeit behilflich sein, leider sind meine Hilfsquellen jetzt auch fast alleversiegt. Von den Ihnen noch fehlenden Büchern sende ich Ihnen in der Anlage als Gruss eines auf demLande in tiefer Einsamkeit lebenden Mannes an einen, der ähnlich zu leben scheint, die folgenden Bände:/ Wolf unter Wölfen / Der Ungeliebte Mann / Das Abenteuer des Werner Quabs / Hoppelpoppel, wo bist du?Es fehlen Ihnen dann noch die folgenden Bücher: / Geschichten aus der Murkelei / Kleiner Mann Gros-ser Mann – alles vertauscht / Damals bei uns daheim.Sie fehlen auch mir, ich bin von Freunden und Bekannten rein ausgeplündert, und als ich für Nachschubsorgen wollte, war mein Verleger es auch. Immerhin halte ich es nicht für ganz aussichtslos, wenn Sie sicheinmal an den Rowohlt-Verlag ... wenden ...An noch nicht veröffentlichten Arbeiten fehlt Ihnen dann noch: / 1. Die Stunde, eh’ du schlafen gehst .../ 2. Heute bei uns zuhaus ... / 3. Die Frauen und der Träumer ...“, jeweils mit den geplanten Erschei-nungsterminen.„So, hier haben Sie alles. Und nun wünsche ich Ihnen recht viel Freude an Ihrem Schaffen und auch eini-ges Vergnügen am Lesen. Dass ich selbst nicht gerne etwas über mich lese, wird Sie nicht mehr verwun-dern ...“

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108* FECHTER, Paul, 1880 – 1958. 6 Br. m. U. „Fechter“. Berlin 16.XII.1941 bis 20.IV.1944.6 S. folio bis gr.-8o. Mit Briefkopf „Deutsche Allgemeine Zeitung“ (5). Gelocht, etwas gebräunt,teilweise kleine Randläsuren. (300.—)

Als Feuilleton-Chef an den Publizisten Wilmont Haacke (1911-2008) in Wien bzw. Freiburg i.Br.16.XII.1941, auf die Frage nach der „arischen Abstammung“ der Schriftsteller Adolf Grabowski, Her-mann Heiberg, Ludwig Pietsch und Georg Ebers. „... Georg Ebers war bestimmt nichtarisch infiziert, dasweiss ich. Pietsch ist, glaube ich, in Ordnung; von den anderen weiss ich es nicht ...“17.I.1942. „... Haben Sie die Töchter der Erde von Ilse Molzahn gelesen? Wenn nicht, tun Sie es gleichund schreiben Sie, wo Sie können. Ich halte das Buch für eines der wesentlichsten der ganzen neuerenEntwicklung ...“3.II.1944. „... Ihre Feuilletonkunde ist sehr schön, aber leider am Sonnabend mit verbrannt, wie so vie-les andere hier im Deutschen Verlag. Ich dagegen lebe. Veranlassen Sie doch Hiersemann, mir ... ein zwei-tes Exemplar zugehen zu lassen. Ich wills auch mit ins Bett und in den Keller nehmen, damit es nicht wie-der hops geht ...“Beiliegend das Faksimile eines Gedichts m. U. Fechters, Berlin 1940, und anderes.

109 FEUCHTWANGER, Lion, 1884 – 1958. Eigenh. (mit Blei) überarbeitetes Typoskript(Durchschlag) mit nachträglicher e. Widmung m. U. (Tinte). 211⁄3 S. gr.-4o. Gelocht; einzelneBlätter mit kleinen Randläsuren. (1.200.—)

„ T h e H o u s e i n t h e S h a d y L a n e “ . – Vollständige englische Fassung seiner 1942 entstandenenErzählung „Das Haus am Grünen Weg“ in der Übersetzung von George Sinclair, die zuerst 1945 in demBand „Stories from far and near“ (Viking Press) erschien; beginnt:„Among the many strange customs we Jews have, the following impressed me most when I first understoodit. At Passover of the Easter Fesival, we drink wine in celebration of our deliverance from Egyptian slav-ery. But before we drain the goblet, we take from it ten drops, in memory of the plagues with which theEgyptians were smitten. The thought of the sufferings of our enemies reduces the pleasure of our gobletby ten drops.This custom taught me, even as a boy, to remember that my enemies were human too, and not to rejoiceblindly over their defeat or downfall …“

Am Rand der ersten Seite die Widmung für den Schweizer Schriftsteller Adolf Galliker.Aus dem Nachlass des Schriftstellers Karl Wi l c z y n s k i (1884 – 1959), der mit Feuchtwanger im LagerLes Milles interniert war.Beiliegend 2 Br.m. U. Feuchtwangers und ein Brief seiner Sekretärin Hilde Waldo an Wilczynski in Zürich(Pacific Palisades 1947); ferner beiliegend ein Br.m. U. Feuchtwangers an Alexander M. Frey (1948) undder Durchschlag eines Briefes von Adolf Galliker an Feuchtwanger, mit Erwähnung des gemeinsamenFreundes Wilczynski (1947).

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„meine Heimatstadt“

110 — Br. m. U. Pacific Palisades 14.I.1958. 3⁄4 S. gr.-4o, Luftpostpapier. Mit gedrucktemBriefkopf. Gelocht. (200.—)

An das Kulturreferat der Stadt München mit dem Dank für „die Übersendung der Urkunde über die Ver-leihung des Literatur-Preises“.„... Die technische Ausführung des Dokuments scheint mir besonders geglückt, und der Text stellt meineVerbundenheit mit meiner Heimatstadt sehr eindrucksvoll dar. Das ist mir eine tiefe Befriedigung, gera-de weil meine innern Beziehungen zur Stadt München so häufig verkannt worden sind ...“Beiliegend ein Br. m. U. und e. Zusatz seiner Frau Marta geb. Löffler, Pacific Palisades 19.VI.1964:„... wichtiger ist, dass Lion Feuchtwangers Andenken immer lebendig erhalten wird ... Fuer Lion Feucht-wanger war es wichtig, dass die Jugend sich mit seinem Werk beschaeftigt ...“

111 FICHTE, Hubert, 1935 – 1986. Eigenh. Manuskript. 31⁄2 S. gr.-4o. Englisch und deutsch.(150.—)

Rede zur Eröffnung einer Ausstellung über afroamerikanische Kultur. Beginnt:„Liebe Freunde, liebe Kollegen, ... Leonore Man and me surely do not have the intuition to explain to youyour own afroamerican culture ...... Leonore Mans Arbeiten sind im Laufe von zwölf Jahren entstanden, zwischen Hunger und Aufstand,Niederknüppelung und Seuchen ...“

112 — E. Br. m. U. O. O. u. D. 1 S. folio. Luftpostpapier. Winzige Fehlstelle am Oberrand.(150.—)

An den Biberacher Unternehmer Heinz Saueressig, der zusammen mit Martin Walser die „Literaturstif-tung Oberschwaben“ gründete.„... Dem Briefumschlag von Thomas Mann ist es schlimm ergangen. Er kriegte Veuve Cliquot ab undweichte zur Hälfte durch. Ich habe mich so geschämt ...Dank auch für das freundliche Wort bei Walser. Endgültig ist noch nichts entschieden. Suhrkamp hat mirein gradezu beängstigendes Angebot gemacht.Anbei ein Seitchen Manuskript ...“Das beiliegende Manuskript beginnt: „Die englische Militärregierung hat den Schauspieler Brackebuschauf der Bühne verhungern lassen ...“

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Der Graef-Prozess

113 FONTANE, Theodor, 1819 – 1898. E. Br. m. U. Berlin 18.X.1885. 2 S. gr.-8o. Kleine Fal-tenrisse, leicht gebräunt. (3.000.—)

An den Staatsanwalt Max Heinemann vom Kgl. Landgericht zu Berlin, der die Schrift „Der Proceß Graefund die deutsche Kunst“ veröffentlicht hatte als „Antwort auf Dr. Karl Frenzel’s Abhandlung in der Natio-nalzeitung: ‘Die Kunst und das Strafgesetz“‘.„‘... Euer Beifall, auch wenn er ein stiller bleibt, ist es einzig und allein, an dem mir gelegen ist.’ Er sollmeinerseits wenigstens nicht so still bleiben, daß er nicht zu Ihrer Kenntniß käme. Gestatten Sie mir Ihnenmeine vollkommenste Zustimmung zu allem (vielleicht die Secirung der Gedichte ausgenommen) undmeine Bewunderung Ihres Muthes auszusprechen. Denn Sie haben in ein Wespennest gestochen und dieStunden im Schwurgerichtssaal müssen, zuletzt wenigstens, qualvollere für Sie gewesen sein als für denAngeklagten. Es giebt ihrer aller viele, und mehr als Sie glauben, die dies Opfer zu würdigen wissen ...“Im März des Jahres war der Maler Gustav Graef verhaftet und in einem auch international vielbeachte-ten Künstlerprozess vor dem Moabiter Schwurgericht angeklagt, jedoch vom Vorwurf des Meineids unddes Missbrauchs eines minderjährigen Modells freigesprochen worden.Im „Briefverzeichnis“ nicht registriert.

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Die folgenden Nummern enthalten, nach Jahrgängen gruppiert, s ä m t l i c h e ü b e r l i e f e r t e nB r i e f e T h e o d o r F o n t a n e s a n s e i n e F r a u E m i l i e a u s s e i n e n l e t z t e n z e h nL e b e n s j a h r e n – mit Ausnahme der beiden letzten vom 18. und 20.IX.1898. Drei dieser Brie-fe waren bisher unbekannt, die übrigen sind nur nach unzuverlässigen Abschriften mit zum Teillängeren Auslassungen und etlichen, mitunter sinnentstellenden Abweichungen von den Origi-nalen gedruckt. Emilie Fontanes Zusätze wurden in den Druck nicht aufgenommen. – Die Brie-fe wurden zuletzt 1933 im Zuge der Fontaneschen Nachlass-Auktion durch Meyer & Ernst(Katalog 35 Nr. 528) versteigert – wiederum mit einer Ausnahme: der uns von anderer Seite ein-gelieferte und bisher unbekannte Brief vom 28.VI.1889 war in dem bei Meyer & Ernst ange-zeigten Konvolut offenbar nicht enthalten.

114* — 6 e. Br. m. U. „Th.F.“ und (meist) „Dein Alter“. Landin bei Friesack, Kissingen undBayreuth 28.V. bis 28.VII.1889. 25 S. gr.-8o. Schwach gebräunt, stellenweise leicht fleckig, einBrief etwas stärker. (16.000.—)

Die Briefe des Jahres 1889. Ende Mai /Anfang Juni reist Fontane im Havelland, um Material für seinegeplante Geschichte der Bredow-Familie zu sammeln. Ende Juni reist Fontane nach Kissingen voraus, wodas Ehepaar sich einer mehrwöchigen Badekur unterzieht; von dort aus macht Fontane allein „einenAbstecher nach Bayreuth, um drei Wagner-Opern zu hören“ (Tagebuch).Landin 28.V.1889. „Meine liebe Frau. / Meine Hand thut mir so weh, daß ich kaum schreiben kann, amwenigsten mit einer dünnen spitzen Feder. Also wie Hamlets Geist kurz fassen! Ich war gestern 43⁄4 hier;unterwegs mit mir im Wagen ein hübscher junger Offizier, der nach Rathenow fuhr um dort bei einem Pol-terabend mitzuwirken ... Hier erfuhr ich, daß es seine Richtigkeit damit hat: ein Frl. v. Katte in der Nähevon Rathenow hat heute Hochzeit, – hier traf ich 43⁄4 ein und fand einen sehr freundl. Empfang. Herr v.B[redow-Landin] ist erst 34, aber schon so stark, dass Witte daneben verschwindet ... Er ist sehr unter-haltlich; die Frau sehr nett, aber ruhiger und ein wenig angegriffen. Heute früh 71⁄2 schon fort und zwar

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Aus Nr. 114 Theodor Fontane

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nach 2 wichtigen Nachbargütern: Senzke und Wagnitz. Diese beiden sind die interessantesten durch Bil-der, Monumente, histor. Erinnerungsstücke, Sagen, Schnurren, Anekdoten. Alles andre wird dahinterzurückbleiben. Morgen Goerne und Klessen, sprich Kleeßen, übermorgen Friesack und Freitag Dorf Bre-dow u. Nachbargüter. Freitag Abend oder Sonnabend komme ich dann wohl zurück. Es ist beschlossen,daß dies alles nur Vorstellung, Introduktion gewesen sein soll und daß im September ein zweiter Besuchfolgt ... Ich kann schon jetzt überblicken, daß es glücken muß, wenn auch die Verhältnisse nicht ganz dieVollständigkeit gestatten, die ich anstrebe. Alles Hauptsächliche aber werde ich gesehn haben ...“Am 1. Juni leitet Emilie Fontane den Brief an die Tochter Martha („Mete“) weiter und nutzt die vierte Seitedes Doppelblattes für eine lange Nachschrift. „... Wir stecken in arger Unruhe ... Die Bodenkammerbedarf einer gründlichen Renovirung, die leider 100 Mk. kosten wird; die Mädchen haben unverant-wortlich gehaust; ich muß Alles machen lassen, da Herrlich nicht einmal machen läßt, was seine Pflichtwäre. Never mind. Dafür wohnen wir ja auch in bester Gegend: niedrig wie kein Schuster u. trotzalle-dem nicht allzu billig. Wäre Pa nicht ein eingefleischter Berliner geworden, würde ich vorschlagen, imnächsten Jahr nach Potsdam zu ziehen, wo Hesekiel’s eine reizende Wohung für ein Butterbrot haben ...“Landin 30.V.1889. „... Mit meiner Hand ist es noch immer nicht besser und dabei muß ich in einem fortschreiben ...Es geht mir gut, man ist fortgesetzt sehr gütig gegen mich, was namentlich gestern ... hervortrat. Vor-mittag arbeitete ich, weil Herr v.Br. zu tun hatte; 12 Uhr fuhren wir dann nach Goerne, 31⁄2 von Goernenach Kleeßen ... um 11 waren wir wieder hier und fanden Herrn v. Bredows um 14 Jahr ältern Brudervor ... seit ein paar Wochen ist er Obristleutnant und Commandeur der brandenb. Kürassiere. Beide Brü-der sind sehr hübsch, namentlich sehr stattlich und männlich aussehende Herren, fein und liebenswür-dig und sehr gebildet, namentlich der jüngere, der Landiner, der wohl jetzt der Stolz, Liebling u. gesell-schaftliche Mittelpunkt der Bredows ist, sicherlich der Friesacker Linie ... In Kleeßen trafen nun zufällig– da man eine Geschäftssache erledigen wollte – alle Bredows der Friesacker Linie zusammen ... so daßwir doch wohl 20 Personen an der Abendtafel waren. Ich aß ein Stück Aal in Armesdicke, sonst abernichts, genieße überhaupt sehr wenig und lebe von Thee und Rothwein, weil es sonst mit meiner Gesund-heit vorbei und der Zweck einer doch immer anstrengenden Reise verfehlt wäre.Der alte Graf Bredow-Friesack, der Senior der Familie, ist zugleich der Bredowsche Typ; die hiesigen,hier in Landin, sind feine, kluge, moderne Leute, mit Bredowschem Fundament, der alte Friesacker Grafist nur Bredow und Märker, aber eine Idealfigur, weil er dies beides in der Vollkommenheit ist, dabei vonder gütigen Sorte, nicht von der herben und schneidigen. Die Frau sehr nett; etwas nervöse Comman-deuse. Rührend vor allem war der alte Graf Bredow-Goerne, der seine Frau – vielleicht zum Staunen derandern Familienmitglieder – fabelhaft geliebt hat und jetzt der gebrochene Wittwer ist; aber ich kann nurwiederholen in rührender Weise. Das alles hat so viel Beschämendes; gegen mich war er von einer voll-kommenen Herzlichkeit, dabei dankbar für jeden kleinen Ulk. Die Ausbeute in Goerne und Kleeßen warfür mich über Erwarten groß; nirgends etwas Schönheitsvolles, aber unendlich viel Amüsantes, sonder-bare, komische Dinge, über die sich gut schreiben läßt ...“Kissingen 29.VI.1889. „... Heute habe ich ... in der Kurhaus-Colonnade gegessen, die dem eigentlichenKurhause gegenüberliegt und wirthschaftlich vielleicht gar keinen Zusammenhang damit hat. Ich rech-nete, da es doch nur sehr mäßig war, auf einen mäßigen Preis, es kostete aber 3 Mark 50, St. Julien (einehalbe Flasche) 1 Mark 50 und 50 [Pfennig] Trinkgeld, also alles in allem 5 Mark 50 ... Man sieht wieder,all das ist blos für reiche Leute und man kann nur ’mal eine kl. Gastrolle geben. Natürlich kommen auchArme her, aber man kann doch nicht in einer Ausspannung essen, weder von Ehren- noch Magenpunktswegen. Unser Zimmer, recht hübsch u. 1. Treppe hoch, kostet pro Tag 4 Mark, was ich vergleichsweisebillig finde ...“ Es folgt eine überschlägige Rechnung der Kosten für 30 Tage, die sich auf 840 Mark sum-mieren.„Es ist möglich, daß sich das Mittagbrot etwas (glaub’s aber kaum) billiger stellen wird, alles andre isteher zu niedrig als zu hoch gerechnet. Du darfst Dir aber dadurch die Laune nicht verderben lassen, sonstverwünsche ich den Vorschlag hierher zu gehn. Du mußt durchaus, nicht blos um unsres Vergnügens son-dern um meiner Gesundheit willen, die Absicht mitbringen, das alles leicht nehmen zu wollen. Wenn icheine sozialdemokratische Ader hätte, so könnte ich murren, denn wer sind die Bevorzugten, die sich hier’rumzieren ...“ – Nur teilweise veröffentlicht; im Druck (s.u.) ist die zweite Seite des Briefes ausgelassen.

(Fontane)

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Kissingen 2.VII.1889. „... Um 4 singt eine Tyroler Familie, Entré 1 Mark, und diesen Kunstgenuß will ichmir gönnen, war übrigens auch schon mal im Theater, kostet aber 3 Mark, was doch zu theuer ...Mein Tag ist nun gut eingetheilt: um 7 bin ich am Brunnen, um 81⁄2 wieder zu Haus, Frühstück, gearbei-tet – die Gedichte machen mir grade jetzt viel zu schaffen“ (gemeint ist die Korrektur für die dritte Auf-lage der „Gedichte“) „und dabei kein Buch zum Nachschlagen – gegen 1 in den ‘Frühlingsgarten’, demich bis auf Weiteres treu bleiben will, dann Kaffe auf irgend einem hochgelegenen Punkt mit Blick überdie Stadt, dann Concert und Promenade, dann Spaziergang, dann Abendbrod, dann Thee, dann Zeitunglesen. Um 101⁄2 zu Bett. Die Langeweile ist kolossal und wäre noch kolossaler, wenn ich nicht das Men-schenbeobachten zu einer mir lieben, unterhaltlichen und lehrreichen Kunst ausgebildet hätte. Ja, essteckt was von Genuß drin, von einer ganz feinen Sinnlichkeit, wie sie der künstlerisch beanlagte Menschimmer hat und haben muß, so lang er als Künstler sieht und empfindet. Die Toiletten, ihre Schönheit undihre Sonderbarkeit, interessieren mich gleichermaßen und am meisten die Frauengesichter, aus denenman lange schreckliche Romane herauslesen kann, schrecklich durch Schuld und schrecklich durchSühne. Mitunter sieht auch ein Gesicht nach Buße aus, nach Reue nie. Nichts ist seltner als Reue; jederist schließlich mit seinem Thun zufrieden ... Diese Beobachtungen retten mich, sonst käme ich um vor Lan-gerweile. Nein, dies ist nicht richtig, die Langeweile stört mich nicht, ist mir fast willkommen, – ich würdenur immer tiefer drin versinken.Man quatscht immer von der ‘kleinen Welt’, ich selbst an der Spitze. Und dann sieht man diesen Satz dochwieder glänzend widerlegt. In Nordernei, bei meiner 2. Anwesenheit, kannte ich unter den 10,000 Men-schen keinen Menschen und hier, unter den gegenwärtig versammelten 6000, auch keinen. Ich kenne doch3 Dutzend Maler und Bildhauer, 2 Dutzend Geheimräthe, ebensoviele Stabsoffiziere, Rittergutsbesitzer,Professoren und Direktoren, Juristen, Schriftsteller, Schauspieler und Zeitungsmenschen – aber keineKatze ist zu sehn ...“Ferner über ein entlassenes Dienstmädchen. „... ich beglückwünsche Dich dazu, sie wird aber auch frohsein. Du hast alles in einem falschen Lichte gesehen und ihr Motive untergeschoben, die gar nicht dawaren. Sie war nichts als eine grenzenlos verwöhnte Krabbe, die weiter verwöhnt sein wollte ... Da warsie nun bei uns furchtbar schlecht angekommen, denn so gut und rücksichtsvoll die Mädchen im Allge-meinen bei uns behandelt werden, so quietscht diese Behandlung doch von Nüchternheit und Langerweile.Sie paßte nicht für uns, aber wir auch nicht für sie; die Pommern sind weichlich, verwöhnt, anspruchs-voll, eitel und ohne den Drang und Ehrgeiz der Pflichterfüllung; sie wollen einen guten Tag leben undbeschäftigen sich nur mit sich, was sie in der Ordnung finden, weil sie eine sehr hohe Meinung von sichhaben. Uebrigens ist dies alles bei ihren natürlichen Gaben (in denen sie den bockbeinigen Knubbelmär-kern unendlich überlegen sind) nicht ohne einen gewissen Grad an Berechtigung. Wenn sie dienen wol-len, gehören sie ganz in ‘feine Häuser’. Dazu kann ich unsres, trotz seiner Vorzüge, nicht rechnen ...“(Bayreuth 27.VII.1889.) „... Es wäre alles ganz gut, aber die Gerüche sind fürchterlich. Wenn ich sie inihrer Zusammensetzung erkennen könnte, möchte es gehn, aber in dem Undefinirbaren liegt etwasSchreckliches. Mir zur Seite, wenn auch 2 Etagen tiefer, ist eine Gänsehürde – diese habe ich im Verdacht,die Hauptsünderin zu sein ... Jetzt habe ich es: es sind die gewaschenen Wolldecken, die meinen altenIngrimm gegen blankets etc. nur noch steigern.Die Stadt und das Leben hier ist hoch interessant: vergohrne Residenz, malerisches Drecknest und dazwi-schen das denkbar feinste und intelligenteste Publikum; Engländer aller Arten und Grade, sehr vorneh-me und dazwischen kolossale Karikaturen ... Ich freue mich, daß ich hier bin, sehe aber ein, daß dieganze Geschichte doch nur für Lords und Bankiers inscenirt ist. So daß man eigentlich nicht hineinge-hört. Wer mit keinem Tonnengewölbe-Koffer ankommt, ist von vornherein unten durch ...“Mit einer Nachschrift in Blei – „Eben habe ich die letzten drei Fremdenlisten gekauft und durchgesehn:2⁄3 sind Engländer und Amerikaner; Amerikaner noch mehr als Engländer, viele aus Denver, wo die 2.Hälfte meines schlesischen Romans spielt“ (der im nächsten Jahr erscheinende Roman „ Q u i t t “ ).Bayreuth 28.VII.1889. Fontane hatte die „Parsifal“-Aufführung schon nach der Ouvertüre verlassen. „...Es ist jetzt 9 und wenn ich bedenke, daß frühstens nach abermals einer Stunde ‘Parsifal’ zu Ende ist, soweiß ich nicht, wie ich diese Aeonen innerhalb des Theaters hätte erleben wollen. Die Ouvertüre habe ichgehört und im Hinausgehn noch einen glimpse von der 1. Scene gehabt; dann bin ich langsam nach Hausegeschlendert (ziemlich weit) und habe gelesen, dann bin ich in die Stadt gegangen und habe erst bei einem

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Conditor in Nähe der großen Brücke ... und dann bei dem vielgenannten Sammet zum zweiten Male Kaffegetrunken, weil ich doch was thun mußte. Dann wieder nach Hause, wo ich 2 Briefe schrieb, den an Dichund den an das Bühnenfest-Comité. Diese Briefe brachte ich zur Post und ging wieder eine halbe Stun-de spazieren ... Parsifal ist trotzdem noch lange nicht aus. Die 1500, die heut drin waren, müssen wun-dervoll gesund sein oder 750 davon haben nach 3 Tagen – denn es regnet und ist hundekalt – Katarrh,Brechdurchfall, Magenerkältung und Rheumatismus. Der passionirte Mensch hält alles aus; ich mei-nerseits bin doch fast traurig, auf Reisen (und vielleicht auch sonst) immer ein Schwächling gewesen zusein ... Jetzt ist es 9 Uhr 20, aber Parsifal spielt noch immer. Die Eßzelte sind im Freien; es muß einigeErfrorene geben, sonst ist keine Raison mehr in der Welt ...“ – Die erwähnten „2 Briefe“ sind nicht über-liefert.In seinem Tagebuch nennt Fontane nicht die Kälte als Grund für sein Verlassen des Festspielsaales, son-dern er habe „den Aufenthalt in dem überfüllten Theater nicht aushalten“ können.Mit einer von Emilie Fontane beschrifteten Banderole „Briefe an meine Frau. 1889. / Kann benutzt wer-den. 26/11 01. / Frau Fontane“.Briefverzeichnis Nrn. 89/69, 89/70, 89/90, 89/94, 89/108 und 89/109; Ehebriefwechsel Nrn. 734, 735, 736,737, 738 und 740.

„Verehrteste, Geliebteste, Arbeitsamste etc.“

115 — E. Br. m. U. „Dein alter Th.F.“ Kissingen 28.VI.1889. 4 S. gr.-4o. Auf Hotelbriefbogen.Winziger Eckabriss, Querfalte leicht eingerissen. (4.000.—)

Der bisher unbekannte erste Brief aus Kissingen. Am Vorabend war Fontane dort angekommen und im„Hôtel Victoria“ der Gebrüder Todt abgestiegen, die, wie der Briefbogen am Kopf verkündet, auch inNürnberg das „Hôtel Strauss“ führten; hierauf spielen die ersten Zeilen des Briefes an.„Verehrteste, Geliebteste, Arbeitsamste etc. / Hôtel Straus, Gebrüder Tod! Gebrüder Tod sind nicht soschlimm wie blos Tod jedenfalls ist Straus da u. lehrt den Kopf in den Sand stecken. Ich werde es thun.– Eben, nachdem ich mein Frühstück in einem anmuthigen Hôtelgarten genommen, drang Hurrahrufenvon einer der entfernteren Straßen herüber, die Kaiserin war angekommen; gleich danach erschienentöchterreiche Familien aus der ... hohen Industrie und haute finance ausnahmsweise keine Juden, underzählten ‘sie sähe so einfach aus’. Es ist fraglich, ob es ein Glück ist, immer grade daran erkannt zu wer-den. An zwei, drei Nachbartischen saßen englische und amerikanische Reporter; da bin ich doch fürPietsch. Die Kerle wirken alle wie Roller, recte vom Galgen; von ‘Eleganz’ keine Spur, auch von einermerkwürdigen Unverfrorenheit, womit sie mir noch für 3 andre Planeten aushelfen könnten.Die Fahrt gestern war nicht allzu bedrücklich, was ich zu gutem Theil dem großen Speisewagen zu ver-danken habe. Schon in Wittenberg ... wurde angefragt, ob man im Speisewagen essen wolle. ‘Ja.’ In Groß-Heeringen – in der Bohnenzeit kein übel gewählter Name dazu – ... verließen alle die Coupés, klettertenin den Speisewagen hinein und blieben nun eine gute Stunde, essend und trinkend, in diesem Wagen.Dabei flogen wir an Weimar vorüber und ich sagte mir überlegen: ‘hier lebte Göthe’. Darauf beschränk-ten sich meine Huldigungen gegen den Genius ... Diese mindestens 1 stündige Unterbrechung ist ein wah-res Labsal, man sieht andre Gesichter, hat einen andren Platz, sitzt auf Holz, die Hosen schneiden weni-ger ein und dabei wird man gut verpflegt ... In diesem Augenblick nehmen 2 Engländerinnen neben mirPlatz und stören mich einigermaßen durch cold und hot und up stairs und Vorschläge über einen walk.Aber zurück zu meiner Berichterstattung. Ich kam 71⁄4 hier an und erhielt ein hübsches kleines Parterre-zimmer, merkte aber, daß jeder, der seine Ankunft nicht telegraphisch anzeigt, mehr oder weniger untermSchlitten ist. Dennoch werde ich es nie thun; ich will untelegraphirt auch den Rest der Lebensreisemachen. Im Hôtel ist alles gut, nur mit Hammelcoteletts fiel ich gründlich rein und die hier lebenden Eng-länder müssen auf diese nationale Speise allhier verzichten, sonst sind sie verloren. Der Spessart, die hoheRhön, oder wie sonst die nächsten Berge heißen mögen, scheinen in ihrem Graswuchs auch nicht diegeringste Aehnlichkeit mit den South-Downs zu haben. Nach dem ‘tea’ wollte ich im Kurgarten etc. spa-

(Fontane)

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Nr. 115 Theodor Fontane

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zieren gehn, ging der Musik nach und befand mich nach 3 Minuten in einem großen hohen Tanzsaal. Einlächerliches Paar eröffnete den Reigen: er ein Mischling von Louis, Tanzlehrer und Friseur (sein Haarein Bau) sie eine kleine 18jährige pechschwarze Jüdin, die sich an seine Brust preßte und sich mit ihremhalben Gesicht in seiner ... Weste verlor. Schließlich wurde es lebhafter und Einiges von verwegenem mär-kisch-schlesischem Adel mischte sich in das Orientalische hinein. Nur eins war reizend: zwei hellblaugekleidete Schwestern von 17 und 18, sicher aus einem sehr guten Hause, die die fragwürdige Herren-schaft verschmähten und miteinander tanzten. Sie bildeten die einzige Augenweide und söhnten mich mitder Menschheit aus. Es werden der Engländerinnen immer mehr, es sind jetzt schon 7, sie sitzen mirunmittelbar im Rücken und leisten wahrhaft Deutsches im talk. In der Nacht – denn das Wetter hatte sichnach einem Regen stark abgekühlt – fror ich jämmerlich und nur das neue lange Büßerhemd rettete mich,mehr noch mein alter Sommer-Ueberzieher, den ich als Nachtjacke umhing. Man darf nie von seinen alt-bewährten Lebensprinzipien abgehen, d.h. nie ohne Reisedecke u. Winterüberzieher reisen. Aber warumhabe ich mich bestimmen lassen! ...“Nicht im Briefverzeichnis; im Ehebriefwechsel nicht gedruckt.

„ein Apotheker, der statt von einer Apotheke von der Dichtkunst leben will, ist so ziemlich dasTollste, was es giebt“

117* — 3 e. Br. m. U. „Dein Alter“. Wyk 21./22. bis 27.VIII.1891. 14 S. gr.-8o. Einfacheresrautiertes Papier. Leicht gebräunt, kleine Randläsuren. (12.000.—)

Die Briefe des Jahres 1891. Vor umfangreichen Reparaturarbeiten in seiner Wohnung war Fontane nachWyk geflohen, „wo ich meine guten Friedlaenders ... treffe ... und trotz des scheußlichen Wetters sehrangenehme Tage verlebe“ (Tagebuch). Emilie bleibt in Berlin, um die Arbeiten zu überwachen.21./22.VIII.1891. „... So recht was zu schreiben, habe ich eigentlich nicht. Die Tage vergehen im Gleich-maß, erst kurz vor 9 auf, von 10 bis 2 gearbeitet, bis 31⁄2 zu Tisch, dann bis 5 in meiner Wohnung Zeitunggelesen, dann zu Friedländers um Kaffe zu trinken und zu plaudern (bis 8) und dann wieder nach Haus,um bei Thee und Schinken den Tag zu beschließen. Ist das Wetter gut, so fällt in die Zeit von 5 bis 8 auchein längerer Spaziergang entweder am Strand hin oder nach dem reizenden Dorfe Boldixum ... Heutewar nur Sturm und Regen, aber das Meer vor mir, kam ich kaum zu einem rechten Unmuth und wurdean unsre Berchtesgadener Tage erinnert, wo wir von dem reizenden großen Balkon aus bei nicht aufhö-rendem Regen in das schöne Gebirgsthal hineinsahen. Wie vieles ist seitdem anders geworden; das war6 Wochen vor unsrer silbernen Hochzeit, jetzt fehlen nur noch 9 Jahr an der goldenen. Damals ältlichteman, jetzt ist man alt, aber ich bin nicht wie Bogumil Goltz, der vor Wuth über sein Alter auf den Tischschlug. Resignieren können ist ein Glück und beinah eine Tugend.Das Wetter, ein paar schöne Tage abgerechnet, ist so andauernd toll wie ich mich gar nicht entsinnenkann ein Wetter erlebt zu haben. Dazu, in Folge der Amrummer Partie, total erkältet, Husten undSchnupfen und ein bischen Fieber. Die Wohnung ist gut, die Verpflegung noch besser und in Friedländershabe ich einen Anhalt und die Möglichkeit eines Gesprächs; käme das in Wegfall, so wäre ich längst wie-der hier fort. Es ist ganz unmöglich an solchem Ort in Einsamkeit auszuhalten, ich kann mit den Men-schen nicht anknüpfen, ich will aber auch nicht, das öde Getratsch ist mir zu langweilig. Wer in Bäderund Sommerfrischen gehen will und alt ist, der muß Bekanntschaft um sich her haben, hat er die nicht,so thut er besser, er bleibt zu Haus und legt sich ins Bett.Mein Rheumatismus quält mich nicht mehr, auch die Fußverhältnisse sind ziemlich gut; gesegnet sei das Sei-fenpflaster. Was Du über Witte’s“ (seinen alten Freund und Apothekerkollegen Friedrich Witte und dessenFrau Anna) „schreibst, darauf vergaß ich zu antworten. Ich freue mich ihrer Anhänglichkeit, Güte, Treue,das Register ihrer Tugenden ist groß, aber mitunter entwickelt sich ein vollkommener Quatsch und es ist mirlieb, daß Du der neusten Auflage davon entgegengetreten bist. Es ist ja alles Unsinn und erinnert an die Tage,wo ‘Martha besser verpflegt werden sollte’. Wer bei uns nicht leben kann, der kann überhaupt nicht leben;Plätze, wo man von Morgens früh bis Abends spät in Watte gewickelt wird und Nachts erst recht, giebt esnicht. Ich bin sehr für Bequemlichkeit, aber man kann die Unbequemlichkeiten nicht aus der Welt schaffen ...

(Fontane)

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Aus Nr. 117 Theodor Fontane

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22. August, Nachmittag ... Die halbe Nacht habe ich mit Husten zugebracht; ein nasses Tuch hätte viel-leicht geholfen, aber alle Taschentücher sind in der Wäsche oder stark im Gang und so ging es nicht ...Ich bringe diesen Tag auf meinem Zimmer zu, um meinen pitoyablen Zustand nicht noch zu verschlech-tern, Kaffe ist gestrichen und selbst der Rothwein; nur Thee und Sodawasser, eine erbärmliche Sorte vonErnährung. Lesen kann ich auch nicht. Zum Glück kam Friedländer um 11 und leistete mir dritthalbStunden Gesellschaft; in solcher Lage merkt man erst, was ein Plauderer werth ist ... Nächsten Freitagden 28. werde ich wohl hier abreisen und komme dann etwa um 1 Uhr Nachts in Berlin an ... Hoffent-lich ist diese Ankündigung ... kein Schreckniß; schreibe mir darüber; ist die Wohnung noch immer nichtbeziehbar, so muß ich mich hier noch ein paar Tage länger ’rumdrücken. Aus Helgoland wird nichts, esist mir all dergleichen zu umständlich und langweilig; an nichts nehme ich mein Alter so sehr wahr, alsan dieser Art von Interesselosigkeit. Nichts verlohnt sich mehr ...“23./24.VIII.1891. Zunächst über die Demenzerkrankung seines alten Tunnel-Freundes Karl Zöllner undnachfolgend ein freimütiger Rückblick auf das eigene Leben. „... Das mit unsrem guten Zöllner nimmstDu, glaub ich, tragischer als nöthig; für mich liegt es so, daß die arme Frau, die diese ganze Nuddelei zubesorgen hat, doch fast mehr zu beklagen ist, als er, eben weil er das Elend nicht mehr voll empfindet.Ueber ‘traurige Zustände’, die einem die Unvollkommenheit und Hinfälligkeit alles Irdischen demons-trieren, groß zu klagen, habe ich aufgegeben; tritt einem diese Hinfälligkeit, dies Elend, in Schmerz- undLeidenserscheinungen entgegen, so wird man erschüttert und empfindet Mitleid, so lange man noch einHerz in der Brust hat; ganz allgemeine Hinfälligkeiten aber, Absterben ohne Schmerz, das ist Vollziehungallgemeiner Naturgesetze, was mich nicht besonders niederdrücken kann. Natürlich kann es mich auchnicht erfreun, aber es bietet mir nicht Stoff zu besonderer Trauer. Der arme Z. ist abgeschieden, er ath-met nur zufällig noch ... Alles arbeiten habe ich einstellen müssen und glücklicherweise habe ich auchnichts zu lesen, – damit verdirbt man sich immer bei Schnupfenzuständen. Ich beschäftige mich damit,mein Leben zu überblicken, allerdings in etwas kindischer oder doch mindestens nicht sehr erhabenerWeise; bei den ernsten Dingen verweile ich fast gar nicht, ich sehe sie kaum und lasse Spielereien, Ein-bildungen und allerhand Fraglichkeiten an mir vorüberziehn. Das Endresultat ist immer eine Art dank-bares Staunen darüber, daß man von so schwachen wirthschaftlichen Fundamenten aus, überhaupt hatleben, 4 Kinder hat groß ziehn, in der Welt umherkutschieren und stellenweis (z. B. in England) eine klei-ne Rolle spielen können. Alles auf nichts andres hin, als auf die Fähigkeit, ein mittleres lyrisches Gedichtund eine etwas bessere Ballade schreiben zu können. Es ist alles leidlich geglückt und man hat ein nachmehr als einer Seite hin bevorzugtes und namentlich im Kleinen künstlerisch abgerundetes Leben geführt,aber, zurückblickend, komme ich mir doch vor wie der ‘Reiter über den Bodensee’ in dem gleichnamigenSchwabschen Gedicht und ein leises Grauen packt einen noch nachträglich. Personen, von solcher Aus-rüstung wie die meine war, kein Vermögen, kein Wissen, keine Stellung, keine starken Nerven das Lebenzu zwingen, – solche Menschen sind überhaupt keine richtigen Menschen und wenn sie mit ihrem Talentund ihrem eingewickelten 50 Pfennigstück ihres Weges ziehn wollen (und das muß man ihnen schließlichgestatten) so sollen sie sich wenigstens nicht verheirathen. Sie ziehen dadurch Unschuldige in ihr eignesfragwürdiges Dasein hinein und ich kann alle Deine Verwandten, darunter namentlich meine immer nochvon mir geliebte Clara Below“ (Emilies Halbschwester), „nicht genug bewundern, daß sie mich von Anfangan mit Vertrauen, Herzlichkeit und beinah Liebe behandelt haben. Ich wäre gegen mich selber viel flau-er gewesen, denn ein Apotheker, der statt von einer Apotheke von der Dichtkunst leben will, ist so ziem-lich das Tollste, was es giebt.24. Aug. Stralauer Fischzug. Es ist noch immer rauh, Nordwind, aber ich bin doch froh, daß ich 50 Mei-len von Stralau entfernt bin. Ich kenne die Mark zu gut, um nicht dann und wann froh zu sein, sie hin-ter mir zu wissen ... Es wird nun schon leer und die Table d’hôte ist fast so klein wie zuletzt im Central-hôtel in Kissingen; am Donnerstag früh reisen Friedländers ... Kommen wirklich noch schöne, vielleichtselbst milde Tage, so bleibe ich gern noch eine Woche ... Zum Theil werde ich es auch von Deiner Meldungüber die Wohnungsverhältnisse abhängig machen. – Herrlichs“ (die Vermieter und Nachbarn) „sind nunzurück; ich nehme an, daß es zu keinen Unliebsamkeiten gekommen ist, schweben die Dinge aber noch,so kann ich Dir nicht genug empfehlen fünfe grade sein zu lassen. Es bleibt doch die Thatsache bestehn,daß wir nun seit 19 Jahren bequem und ohne jede Wirthsquälerei in unsren 4 Pfählen wohnen und dasist nicht hoch genug zu veranschlagen, denn meine ganze Arbeitsmöglichkeit hängt damit zusammen. Ineinem Hause wo ich mich ärgern müßte, sähe es schlecht aus mit meiner Schreiberei ...“

(Fontane)

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Am Rand der ersten Seite ein Zusatz von Emilie Fontane, die den Brief vermutlich an ihre Tochter Marthaweiterleitete. „... Wir sind in größter Ravage, Maler, Tapezier, Aerger etc.... Schade, daß Du hier nicht hel-fen kannst ...“27.VIII.1891. „... Dies werden nun wohl die letzten Zeilen von hier aus sein ... Ich kann – Friedländerssind seit 2 Stunden auf dem großen Hamburger Dampfschiff abgedampft – hier nicht länger sitzen, etwawie die armen Wandblümchen beim Ball, die immer ein Gegenstand meiner besondren Theilnahme gewe-sen sind. Hier noch mit andren anzubinden, verlohnt sich nicht, trotzdem mein Vis à Vis an der Table d’hô-te eine bildschöne Frau ist, Frau Ziffer, der zu Liebe der Kalauer entstanden ist ‘diese Ziffer ist eine Num-mer’. Herr Ziffer hat das alles aber dadurch wieder wettgemacht, daß er neulich die kleine neben ihmsitzende kleine Lütti gefragt hat ‘warum «Großvater» nicht mit zu Tisch gekommen sei?’ Das kann dieFrau Ziffer nie wieder gut machen, trotzdem ich mir ausrechnen kann, ich könnte auch Urgroßvater sein.Die Geschichte von der Ninon de l’Enclos ist recht eigentlich eine Geschichte für alte Menschen, auchmännlichen Geschlechts, denn was dem einen recht ist, ist dem andern billig. Nur wünschte ich nicht, daßsich eine 16jährige aus Liebe zu mir das Leben nähme ...... Der arme F[riedländer] war während der letzten Tage in einer jammervollen Verfassung, furchtbarerkältet, Zahnschmerz, Migräne, so daß er vier Nächte nicht geschlafen hat und halb todt aufs Schiffkam. Er hielt sich aber musterhaft. Die beiden Damen waren dabei groß in jener Grausamkeit, die selbstdie liebenswürdigsten ihres Geschlechts so merkwürdig auszeichnet. Eigentlich behandelten sie ihn alskomische Figur und schoben alles, mehr oder weniger deutlich, auf ‘Unmännlichkeit’. Davon konnte abergar keine Rede sein, im Gegentheil, er benahm sich all’ die Tage über, wie ein Held ... Ich verdanke derAnwesenheit der ganzen Familie sehr viel; ohne sie wäre es hier einfach nicht möglich gewesen, denn ichkann nicht 3 Wochen von dem Anblick von Seemöven leben und von Erinnerungen an Rob. BurnsscheGedichte: ‘Am Pier von Dundee tanzt das Boot’, oder so ähnlich …Und nun lebe wohl und ertrage mein zu frühes Kommen wie so oft, denn ich kann mich kaum erinnern,daß mein Kommen nicht mit einem kleinen Schreck verknüpft gewesen wäre. Erst allmälig finden sichFrauen wieder in die Thatsache, ‘daß er wieder da ist’ ...“ – Im Druck sind mehrere Zeilen ausgelassen.Briefverzeichnis Nrn. 91/109, 91/110 und 91/113; Ehebriefwechsel Nrn. 741–743.Mit einer von Emilie Fontane beschrifteten Banderole „Briefe an meine Frau. 1891. / Kann benutzt wer-den. 26/11 01. / Frau Fontane“.

„Prinzip und Leben liegen sich beständig in den Haaren“

118* — 3 e. Br. m. U. „Th. Fontane“. Berlin 7. bis 12.X.1896. 8 S. gr.-8o. Leicht gebräunt; derletzte Brief ein wenig angestaubt und leicht fleckig. (8.000.—)

Die Briefe des Jahres 1896. Emilie Fontane hält sich bei ihrer Freundin Johanna Treutler in Dresden auf.7.X.1896. Nach einem Besuch der Gewerbeausstellung im Treptower Park, wo er sich in dem für die Zeitder Ausstellung eingerichteten Volkstheater „Alt-Berlin“ vergnügt hatte. „... Ich komme eben, 8 Uhr, von Treptow wieder hier ein, wo ich 6 Stunden zugebracht habe, ganz mut-terwindallein, was mir immer das Liebste ist. Auch das einzig Vernünftige. Man macht doch solcheGeschichte nicht, um den Liebenswürdigen zu spielen, (mit dieser Rolle habe ich mich im Leben mehr alsnöthig befaßt) sondern um für seine eigene werthe Person ’was zu haben und zu lernen. Und das ist mirgeglückt; ich lasse mich nicht gern dirigiren, am wenigsten in ‘sogenannten Vergnügungen’. So habe iches einzurichten gewußt, daß ich zweimal in Alt-Berlin war, das zweite Mal pünktlich 5 Uhr, wo der ‘Wen-denzug’ (dies hatte ich vorher gehört) sein sollte. Den hab’ ich denn auch richtig erwischt und er hat mirin seiner Mischung von Blödsinn, Ungeschmack, Ruppsackigkeit und – glücklichem Ulk! den größtenSpaß gemacht. Hätte ich jemand bei mir gehabt, so wäre ich drum gekommen. Die eigentliche Ausstel-lung ist, wenigstens als Gebäude, und in ihrem Gesamt-Arrangement sehr schön, so daß die ganzeGeschichte doch verdiente, besser behandelt zu werden. Aber unsre grenzenlose Unbeliebtheit läßt keineAnerkennung aufkommen, auch da nicht, wo wir sie mal verdienen ...“

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11.X.1896. „... Wir freuen uns sehr, daß es Dir so gut geht und die schönen Herbstestage so viel zu Dei-ner Erholung beitragen ...Dresden ist und bleibt eine feine Stadt und das Meiste, was neu entsteht, zeichnet sich durch gutenGeschmack aus, ja mitunter durch einen allerbesten. Wir mögen hier vielfach Besseres, auch ’mal Genia-leres haben, es verthut sich aber so sehr, so daß doch eine gewisse Durchschnittsmäßigkeit, die nie inter- essant ist, vorherrscht. Mit dem Leben ist es ebenso; hundertfältig begegnet man einer hohen Bildung undCultur und doch bleibt dem Ganzen ein Commißstempel, ein Geschmack nach Bötzow und Gilka.Mete hatte heute Besuch von Frau Dionysius und Tochter ... Sie, natürlich die Alte, hat bereits einenchristlichen Absagebrief an Frl. C l a r a Vi e b i g geschrieben. Cohn und Braut werden sich wohl drü-ber trösten. Sich ein Urtheil darüber zu bilden, ist sehr schwer; zunächst bin ich gegen solchen Rigoris-mus, aber wenn ich mir dann vorstelle, daß Cohn bei ‘Tante Dionysius’, wo drei Adlige und sechs Reser-veoffiziere zu Tische sitzen, mit einem Mal als unser Anverwandter auftritt und mit auf die Jagd geht, soweiß ich doch nicht, ob ich den Rigorismus nicht eigentlich loben muß. Prinzip und Leben liegen sichbeständig in den Haaren ...“ – Clara Viebig heiratete in diesem Jahr den Buchhändler Friedrich Cohn,den Teilhaber an Friedrich Fontanes Verlag.12.X.1896. Über ein antisemitisches Theaterstück. „Von mir heute nur ein Gruß, damit wenigstens meineSchrift auf Deinem Frühstückstisch liegt ...Martha war heute Nachmittag bei Tante Witte und hat alle drei Damen gesprochen. Auch Harlem undder Antisemitismus kamen zur Sprache. Mein Gott, warum soll man nicht Antisemit sein. Aber die dabeiauftretenden Personen, die widerspruchsvolle Inscenirung, die ... Handlungsweise, verderben immer denGeschmack daran.Am Sonntag Zauberfest bei Schlenthers mit Rodenberg und Sudermann. Auch kein Spaß! ...“Briefverzeichnis Nrn. 96/172 und 96/175; Ehebriefwechsel Nrn. 744 und 745. Der zweite Brief ist unterdem falschen Datum 10.X.1896 registriert und nur zur Hälfte gedruckt, der letzte weder gedruckt nochregistriert.Mit einer von Emilie Fontane beschrifteten Banderole „Briefe an meine Frau. 1896. / Kann benutzt wer-den. 26/11 01. / Frau Fontane“.

„in Schlafrock und Pantoffeln“

119* — 5 e. Br. m. U. „von Deinem alten ‘mein Mann’“ und (meist) „Dein Alter“. Berlin 9. bis17.IX.1898. 20 S. gr.-8o. Schwach gebräunt, der erste Brief mit minimaler Läsur. (16.000.—)

Fünf der sieben Briefe des Jahres 1898. Von der gemeinsamen Kur in Karlsbad war Fontane nach Ber-lin, Emilie zu Johanna Treutler in Dresden gereist; vor ihrer Rückkehr nach Berlin stirbt Fontane amAbend des 20. September. In diesen Tagen findet in der Fontaneschen Wohung die – von Emilie nichtgewünschte – offizielle Verlobung der Tochter Martha mit dem verwitweten Architekten Karl Emil OttoFritsch statt.9.IX.1898. „... 91⁄2 waren wir pünktlich hier; Friedel war da, Fritsch nicht; Martha wird Dir wohl schrei-ben wie das zusammenhing. Unsre Wohnung gefiel mir wieder sehr gut, trotzdem Berlin eigentlich keinerechte Luft hat. Alles weich und schlaff, also ein Gegensatz zu den Menschen. Anna, was mir lieb ist, istin Hamburg nicht weiter versozialdemokratisiert worden; die Koteletts, die wir vorfanden, wären sonstschlechter gewesen ...Dir, wie ich nicht bezweifle, wird es gut gehen; mit Deinen muthmaßlichen ‘Consultationen’ kommst Dumir vor wie ein Modedoktor, etwa wie Schweninger. Mit dem ich Dich sonst nicht vergleichen will, die Bis-marckverehrung abgerechnet ...“11.IX.1898. In den letzten Tagen seines Lebens nimmt sich Fontane noch einmal die Bredow-Geschichtevor. „... ich hatte mich an die Lektüre der bekannten alten märkischen Schmöker (Fidicin, Berghaus etc.)

(Fontane)

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Aus Nr. 119 Theodor Fontane

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herangemacht ... Ich wollte durchaus was finden, aber dies mißlang und so suchte ich immer weiter. Sol-che Bücher giebt es nur in Deutschland und das heißt dann ‘Geschichtschreibung’; die ganze Ledernheitund Ungeschicklichkeit hiesiger Menschheit tritt auch darin hervor.Mein Brief gestern war kaum fort, als der gute Herrlich mit einem dicken Kopf zu mir heraufstürmte undmir mit zitternder Stimme (was ich ihm aber hoch anrechne) das Schreckenstelegramm aus Genf“ (mitder Nachricht von der Ermordung der Kaiserin Elisabeth von Österreich) „vorlas. Ueber alle Begriffe nie-derträchtige That! Solche gute, harmlose, unglückliche Frau, die niemandem je Leids gethan, wie prä-destinirt für harte Schläge. Und dies als Letztes. Die Sozialdemokratie wird die Zeche bezahlen müssenund die berühmten 4 Buchstaben gehen ihr muthmaßlich mit Grundeis.Ompteda’s Stück hat nur einen sehr schwachen Erfolg gehabt; die Kritik geht aber milde mit ihm um;anständige Leute werden doch auch meist anständig behandelt ...“12.IX.1898. „... 6 Briefe habe ich heute Vormittag schon geschrieben; da denn auch gleich heraus mit dem7. ...Der Brief von Apotheker Neufeldt war ein Bettelbrief; der Kollege schrieb an den Kollegen. Ich kam aberdoch in eine ganz fidele Stimmung und sagte mir nachdem ich gelesen: ‘jetzt beginnt für Dich die Epocheder Royalty’; schon neulich hat Mauthner den ‘alten Fontane’ neben dem ‘alten Fritzen’ und dem ‘altenWilhelm’ aufmarschieren lassen und nun kommt Kollege Neufeldt und erklärt mich schlankweg als ‘Dich-terkönig’. Dem hab’ ich nicht widerstehen können und mein Gnadengeschenk bewilligt. Noblesse oblige! ...Mete macht einen Besuch bei der kleinen Conrad, die sich 2 mal legitimirt hat, erst mit einem selbstge-zogenen Myrthenbaum und einen Tag darauf mit einem Rosenbouquet. Mein Liebchen, was willst Du nochmehr. Das Ganze wirkt wie eine Darstellung der 24 Stunden von Braut zu Frau ...“13.IX.1898. „... Mete ist mit Fritsch, Annie und – Theo im Grunewald; da habe ich es übernommen stattihrer zu schreiben. Sie hat sich heut einen hübschen Hut gekauft, der ihr auch kleidet und will nun darinparadiren. Vorläufig mag es so gehn; aber auf ihre Zukunft hin angesehn, muß sie die Wurst von derandern Seite her anschneiden und nicht ängstlich reformatorisch, sondern kühn revolutionär auftreten.Mit einem Einzelstück (unsre Kasse läßt nicht mehr zu) ist es nicht gethan; ein schönes Einzelstück wirktoft halb verrückt und schadet mehr als es hilft. Wer sich wirklich modisch und zugleich geschmackvolltragen will, muß immer beflissen sein, ein harmonisches Ganzes herzustellen. Es muß alles zu einanderpassen und stimmen. Diese Harmonie ist die eigentliche Schönheit und kann mit einer Kattunlode, einemweißen Kragen und einer gef. Schleife besser hergestellt werden, als aus einer confusen Anhäufung vonWerthstoffen ...Gestern Abend waren Sternheims von 81⁄2 bis 10 bei uns; lieb und gut wie immer, sie in Staat; aber (ichgerathe noch einmal in mein Schneiderthema hinein) doch lange nicht staatsmäßig genug. Wenn ich mirdie Karlsbader Toiletten ins Gedächtniß zurückrufe! So wie man Berlin betritt, ist es mit chic und Ele-gance vorbei. Die Gesichter, die Stoffe, der Schnitt, die Haltung, – alles ist von einer leidlich ausrei-chenden Durchschnittsmäßigkeit; aber darüber hinaus geht es nicht. Findet sich eine Ausnahme, sobedingt die Persönlichkeit diese Ausnahme, nie die Landessitte, der allgemeine Geschmack ... Vormittagsbeschäftige ich mich immer mit Friesack u. habe schon eine Menge notirt. Habe ich nur erst den ganzenStoff zusammen – was allerdings sehr mühsam ist und noch lange dauern wird – so ist das Schreiben einVergnügen.Die Kaiserin Elisabeth muß eine hervorragend gute kluge und interessante Frau gewesen sein und eineKreuzträgerin dazu. Solcher freien Persönlichkeit an solcher Stelle zu begegnen, ist eine wahre Wonne ...“17.IX.1898. Nach der Verlobungsfeier. „... Das Zauberfest erschien mir gelungen und was wichtiger ist,auch die Gäste schienen dieser Ansicht zu sein. Natürlich ist man immer geneigt, auf schmeichelhafteRedensarten einzugehn, aber ich möchte doch beinah annehmen, daß bei uns die Dinge wirklich um einpaar Grade günstiger liegen, als wo anders. Das Materielle (gestern war es gewiß so) wächst meist nichtunbeträchtlich über das hinaus, was einem wo anders geboten wird, weil wir alle drei nach dem Prinzipverfahren ‘wenn schon, denn schon’, also die Geld- oder Sparungsfrage gar keine Rolle spielen lassen.Durch 5 Mark ersparen wollen, kann man sich ein ganzes Diner ruiniren und der Pferdefuß der Rup-pigkeit kommt irgendwo ’raus. Dies alles ist aber nicht die Hauptsache. Die Hauptsache ist der freie Ton,die Ungenirtheit, die sich jeden Augenblick bis zu Ulk und selbst bis zu Gewagtheiten (bei denen man dannfreilich an richtiger Stelle die Grenze ziehn muß) steigern kann. Ganz besonders günstig wirken auch diedürftig kleinen Räume, die aber auch wieder nicht dürftig sind, oder wenigstens das Gefühl davon nicht

(Fontane)

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Nr. 120 Theodor Fontane Nr. 121 Theodor Fontane

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aufkommen lassen. So sorgen sie für Behaglichkeit. Der richtig organisirte Mensch (und gerade bei Prin-zen und Grafen findet sich das am häufigsten) pfeift auf 15 Fuß hohe Salons mit tubablasenden Stu-ckengeln und ist froh eine Stimmung kultiviren zu können, als befände er sich in Schlafrock und Pan-toffeln ... Schlenther sprach wieder sehr reizende Worte, Toast auf Mete und Fritsch und war für einenOstpreußen kolossal herzlich und gemüthlich. Ich mußte wieder ‘ K o m m e n S i e , C o h n ’ vorlesen undweil es mir wieder ganz fremd geworden war, so daß ich ein paar mal festsaß, so wirkte die Sache ganzwie neu, weil mich ein paar Stellen beim Lesen selbst erheiterten. Befrage ich den Gesammteindruck – undals ich heute früh eine halbe Stunde mit Theo, unsrem ‘Intendanten’“ (Fontane hatte eben von der Ernen-nung seines Sohnes zum „Korpsintendanten“ erfahren) „plauderte, wiederholte sich dies – so tritt das tri-viale Lied, das in unsrer Jugend in jeder Gesellschaft gesungen wurde, wieder vor mich hin. Es hieß inder ersten Hälfte des Liedes refrainmäßg: ‘ach, könnt ich doch erst Hauptmann sein’ und dann in derzweiten Hälfte: ‘ach, könnt ich wieder Leutnant sein’. So, verläuft jedes Leben. Schlenther, so gut es ihmgeht, denkt doch halb sehnsüchtig an die Tage zurück, wo wir bei Raehmel beim Frühschoppen saßen ...“– Lose eingelegt ein Zeitungsauschnitt mit dem Gedicht „Die Potsdamer Brücken-Denkmäler. (Frei nachTheodor Fontane.)“Briefverzeichnis Nrn. 98/145, 98/147, 98/149 und 98/151; Ehebriefwechsel Nrn. 746-749; der erste Briefist weder gedruckt noch registriert.Mit einer von Emilie Fontane beschrifteten Banderole „Briefe an meine Frau. / Letzte! 1898! September 20!!“.

120* — E. Vierzeiler m. U. „Th.F.“ 1⁄2 S. gr.-8o. Leicht gebräunt, kleiner Randeinriß; war an denoberen Ecken montiert. – Auf der Rückseite ein eigenh. Manuskript-Fragment. (4.000.—)

„( D e r a l t e D e s s a u e r. )

Er hielt nicht viel vom ZweifelUnd wenger noch vom Spott,Er war ein dummer TeufelUnd glaubte noch an Gott.“

Aus der dritten Strophe seiner 1847 im „Tunnel“ vorgetragenen und im gleichen Jahr in Louis SchneidersZeitschrift „Der Soldatenfreund“ gedruckten Ballade. – Siehe die Abbildung auf Seite 63.Auf der Rückseite ein Fragment aus Fontanes nachgelassenen Notizen zum Theater; hier über die Schau-spieler Ludwig Dessoir und Theodor Döring.„[...] Antipathieen von Dessoir. Wer Beide noch gekannt hat wird sich drüber nicht wundern. Dessoir wardie tiefere Natur und wohl auch als Künstler tiefer angelegt, wennschon ihm der Geniezug fehlte, denDöring offenbar hatte ... Döring, ganz Lebemann aus der Lutter und Wegner Schule, ganz skeptischerund spottsüchtiger Berliner, glaubte nicht recht an dies tiefere Angelegtsein oder was mir wahrscheinli-cher er wollte nicht dran glauben ...“Ebenfalls aus der Auktion des Fontane-Nachlasses (Meyer & Ernst, Katalog 35 Nr. 428) und seither nichtim Handel.

121* — E. Vierzeiler m. U. „Th.F.“ 1⁄2 S. gr.-8o. Leicht gebräunt; war an den oberen Eckenmontiert. – Auf der Rückseite ein eigenh. Manuskript-Fragment. (4.000.—)

„( D e r a l t e Z i e t e n . )

Sie kamen nie alleine,Der Zieten und der Fritz,Der Donner war der eine,Der andre war der Blitz.“

(Fontane)

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Aus der dritten Strophe seiner ebenfalls 1847 im „Tunnel“ vorgetragenen und im gleichen Jahr in LouisSchneiders Zeitschrift „Der Soldatenfreund“ gedruckten Ballade. – Siehe die Abbildung auf Seite 63.Auf der Rückseite ein Fragment aus Fontanes nachgelassenen Notizen zum Theater; hier über den Schau-spieler Richard Kahle und einen auf dessen Erfolg beim Berliner Publikum neidischen Kollegen.„Daß das Publikum so viel aus Kahle machte und Kahles Lear oder Richard III. beinah mehr bewunderteals seine Darstellungen dieser Rollen je bewundert worden waren. Er fand das zu viel, viel zu viel undsein Aerger über diese übertriebene Haltung des Publikums ließ er den ganz unschuldigen Kahle entgel-ten. Er war nicht eigentlich unliebenswürdig gegen ihn, aber er nörgelte und mäkelte, beständig her-vorhebend, daß Kahle wohl zu deklamiren verstehe,“Ebenfalls aus der Auktion des Fontane-Nachlasses (Meyer & Ernst, Katalog 35 Nr. 429) und seither nichtim Handel.

122* — FONTANE, Martha (Mete), verh. Fritsch, seine Tochter, 1860 – 1917. E. Br. m. U.„Martha“. Berlin 13.I.1895. 6 S. gr.-8o. Minimal fingerfleckig. (400.—)

An Anna Witte geb. Schacht in Rostock, die Witwe von Fontanes Freund Friedrich Witte, mit Nachrich-ten aus dem Familien- und Bekanntenkreis.„... Von den Eltern kann ich Gottseidank Gutes melden; sie halten die saison besser aus wie ich. Ich habees lange satt und bedaure meine paar doch noch immer unzuverlässigen Kräfte nicht an bessere Dingesetzen zu können ... Wir haben noch viel vor und ich kann mir gar nicht denken, daß es noch lange soglatt weiter gehen soll. Man munkelt, daß Papa 1000 Thaler Ehrengehalt bekommen soll. Das würde mitunserm andern Fixum gradezu ein sorgenfreies Alter für meine Eltern bedeuten. Was Deinen Mann dasfreuen würde! Mehr wie irgend einen Lebenden ...Gestern waren wir in Klein-Eyolf“ (der Uraufführung von Ibsens Stück am Deutschen Theater, drei Tagevor der norwegischen Erstaufführung) „und wir stehen wieder mitten in den literarischen Kämpfen ...“Ferner über Anna Wittes Angebot, sie als Gesellschafterin auf eine Reise nach Meran mitzunehmen, dassie „natürlich mit einem volltönenden ‘Ja“‘ annehme. – Erwähnt u.a. Paul Schlenther.Beiliegend 2 e. Br. m. U. von Fontanes Sohn Friedrich an den Landrat Mengel, Neuruppin 1926 und 1935,mit Erwähnung der „hinterlassenen, ausführlichen Aufzeichnungen meines Vaters über das Geschlechtderer v. Bredow“.Ferner beiliegend eine handschriftliche Stammtafel Fontanes, maschinenschriftliche Abschriften von 3 anihn gerichteten Briefen, Korrespondenzen des Vorbesitzers sowie Drucke – darunter die Erstausgabe der„Balladen“, Berlin, Wilhelm Hertz 1861, in (defektem) Interims-Umschlag – und Zeitungsausschnitte.

123* FOUQUÉ, Friedrich Baron de la Motte-, 1777– 1 1843. E. Gedicht. 1 S. quer-schmal-8o.Mit eigenh. Streichungen und Zusätzen. Etwas knittrig und fleckig. (500.—)

„Fein, aus unsichtbaren Händen,Liegt vor mir die Stickerei.Sagt, wer mag mir solches spenden?Sagt, ob’s eine holde Fei?

Ob Sylphid ob Elfe sei?Fein hör’ ich ein Stimmchen klingen;

Gelt, das ist die Geberin?Liedchen auf, Dich zu beschwingen,Kling’ ihr durch den heitern SinnFein und hell mein Danken hin.“

Gedicht-Manuskripte Fouqués sind s e h r s e l t e n .

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124 FRANCE, Anatole, Pseudonym für Jacques Anatole Thibault, 1844 – 1924. E. Br. m. U.O. O. u. D. 2⁄3 S. kl.-4o. Mit gesiegeltem Umschlag. (120.—)

An (Marie) Scheikevitch, die ihn eingeladen hatte.„On m’avise, chère madame, qu’il faut que je sois chez M. Fauconnier demain à deux heures. Je ne puisdonc aller déjeuner chez vous. Je m’en excuse beaucoup moins que je ne m’en plains ...“

125 FREILIGRATH, Ferdinand, 1810 – 1876. E. Gedicht m. U. 11⁄2 S. folio. Etwas gebräunt.Rand- und Faltenschäden (teilweise hinterlegt). (600.—)

„E i n B r i e f .

Es folgen acht weitere achtzeilige Strophen.Aus seinem 1844 erschienen Gedichtband „Ein Glaubensbekenntnis“. – Mit dem „neuen Held Sankt Jür-gen“ ist Georg H e r w e g h gemeint, der nach Erscheinen seiner „Gedichte eines Lebendigen“ (1841) zumgefeierten Agitator des Vormärz geworden war und mit dessen Haltung als politischer Dichter sich Frei-ligrath zunächst nicht hatte anfreunden können.

126* FREYTAG, Gustav, 1816 – 1895. E. Br. m. U. Leipzig 1.II.1866. 3⁄4 S. gr.-8o. Mit Adresse.Bläuliches Papier. (150.—)

An die Weidmannsche Buchhandlung, der er die Bände 2 und 3 der „Römischen Geschichte“ von Theo-dor M o m m s e n zurücksendet.„... Ich habe nachträglich das von Löbl. Weidmannischer B. an die Redaction der Grenzboten gesandteEx. des 2 u. 3ten Bandes Römischer Geschichte erhalten. Da ich nun unrecht hatte, Ihnen ein Ex. dop-pelt zu entziehen, so gebe ich mir die Ehre Ihnen mit ergebenstem Dank die übers. Bd 2 u. 3 zurückzu-senden.An Hrn Professor Mommsen bitte ich Sie gelegentlich meine herzlichen Grüße auszurichten ...“

Das war ein lustig ZiehenUnd Reisen durch die Welt!Das war ein FackelsprühenVon Zürich bis zum Belt!Aus Herzen und aus KüchenStieg Weihrauch dir empor;Pelotons von TafelsprüchenSchlugen knatternd an dein Ohr!

Ein neuer Held Sankt JürgenDurch Deutschland zog’st du frei,Im Fluge zu erwürgenDen Molch der Tyrannei!

Wie kommt es, daß der GrauseNoch züngelt ungescheut?Verpaßtest du beim SchmauseVielleicht die rechte Zeit?

Du trotziger Dictator,Wie bald zerbrach dein Stab!Dahin der Agitator,Und übrig nur – der Schwab!Verwelkt schon deine Blume!Dein Kranz o Freund, hängt schief!Du schriebst dem eignen Ruhme,Ach, den Uriasbrief!“

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I. LITERATUR

„diese teuflische Zeit“

127 FRIEDLAENDER, Salomo, Pseudonym „Mynona“, 1871 – 1946. 3 Br.m. U., die letztemaschinenschriftlich („Mynona“, „Sali“ und „M“). Paris 8.V. und 5.VI.1935 sowie 1940. 8 S.folio und gr.-4o. Kleinere Rand- und Faltenschäden, etwas braunfleckig. (2.000.—)

Lange, inhaltsreiche Briefe an seine Schwester Anna Samuel über die „harte Wirklichkeit“ der Emigra-tion sowie über seine Philosophie des „kritischen Polarismus“.Paris 8.V.1935. Dank für die Glückwünsche zu seinem Geburtstag am 4. Mai. „... Die Miete konnte ichdiesmal noch bezahlen, aber im nächsten Quartal sieht es schon bedrohlich aus. Auch wenn wir die Unter-ernährung ... noch unterbieten, kommt nicht genug Geld zusammen ... Das ist eine Gräßlichkeit ange-sichts der nahen Zukunft, in der ich nicht mehr imstande sein werde, das geringe Existenzminimum auf-zubringen ... Sonst aber sind die Aussichten, auch für den Jungen, hier gleich null. Er bemüht sich zwarum das Zertifikat nach Palästina. Ob ich ihn aber ohne Geld ... weglasse, ist mir fraglich. Über dieSchwierigkeiten dieses Lebens braucht man nicht zu schweigen ...Sehr erfreut war ich unter meinen Gratulanten auch meine neue Nichte Irma zu sehen, der ich alles Gutewünsche. An ein zur Welt kommendes Kind knüpft man bes. heutzutage messianische Hoffnungen. Dasganze Malheur der Menschheit rührt aus dem noch nicht gelösten pädagogischen Problem. Der Emile vonR o u s s e a u genügt nicht. Ich finde, die Pädagogen achten leider viel mehr auf das Ziel und den Weg alsauf den Beginn, den Ausgangspunkt. Ob wir die Schwierigkeiten des Weges überwinden, läßt sich nur hof-fen. Das Ziel, das Ideal ist bekanntlich so abschreckend wie anziehend, es lockt und liegt doch in ewigerFerne, die man immer und nie erreicht. Was man aber innehaben muß, das ist die richtige Initiative ... Diese Initiative, wie gesagt, fehlt. Sie scheint phantastisch überschwänglich. Und doch ist sie diejenigeRevolution, die K a n t nach dem Muster der Kopernikanischen vollzogen hat, indem er analog demKopernikus an die Stelle des irdischen menschlichen Ich das zentrale sonnige rückte, wodurch das sonstso verzwickte Planetensystem unseres Lebens auf einmal Harmonie gewann. Kant also merzte gleichsameinen Druckfehler unseres Lebens aus: – er korrigierte aus der falschen Mitte die echte. Und nun besinntman sich schon hundertfünfzig Jahre lang ..., ob man diese Korrektur vornehmen solle ...Mein Problem des kritischen Polarismus habe ich grundsätzlich gelöst ... Die Lösung läßt sich brieflichnatürlich nur andeuten. So habe ich Kants ,transzendentale systhetische Einheit der Apperzeption’ zur,indifferenten Einheit der polaren Apperzeption’ vervollständigt. Diese Formel ist mein kritisch ernüch-terter Titel ‘ S c h ö p f e r i s c h e I n d i f f e r e n z ’ . Ich habe den Keim und den Kern des apriorischenOrganismus, das Ich, gleichsam elektrisiert, zur polarisierenden, alle Erfahrung vergegenseitigenden, mitsich selbst gereimten, harmonisierten dynamischen Indifferenz, also Identität, Einheit, kommunen Neu-tralität gemacht. Ich habe die Gegenseitigkeit, die Polarität der synthetischen Funktion entdeckt ...... Manuskripte auf Reisen zu schicken, wäre nicht schlimm; aber ich muß doch dabei hauptsächlich anVerleger, Redaktionen, Publikationsmöglichkeiten denken, obgleich das chimärisch zu sein scheint. Ichhabe nur Bagatellen untergebracht. Im Prager Simpl Nr 12 steht eine; und im Maiheft der AmsterdamerMonatsschrift ,Die Sammlung’ eine andere. Sonst habe ich nichts erreicht. Wer hat eigentlich den Scha-den, wenn man mir den Mund zuhält. Ich keineswegs. Auch darüber soll man erhaben sein, bis man ausder höchsten Höhe der Erhabenheit Vernunftgewitter in diesen Irrsinn donnern lassen kann, der sichMenschheit nennt, aber erst Über-Affenheit ist. Es ist gut, daß diese teuflische Zeit den Geist in Him-melshöhe zwingt: – aus dieser wird eine Lawine der Gesundheit die ganze Hitlerpest begraben. Ich ahneeine Katastrophe, ein entscheidendes Gericht. Mein philosophischer Bänkelsang ist meinetwegen einMisch- & Mißgebild. Es ist und sei eine hymnische Groteske; zu was besserem reicht’s bei mir poetisch nicht...“ – Am Kopf ein Antwortvermerk der Empfängerin.Paris 5.VI.1935. „... Nach Berlin kann man nicht so offen reden, und hier hört man authentisch Sachen,von denen man in Deutschland noch nichts weiß, weil die Regimentsschurken ihre Pläne geheim halten... Gestern sprach ich hier den früheren Frankfurter Universitätsprofessor Gottf. Salomon, Nachfolgervon Oppenheimer, Eures Ludwigs Lehrer, wenn ich nicht irre. Hier ist er in Emigrationsangelegenheitenin einem Ministerium tätig und vermittelt zwischen Berlin und Paris. Er erzählte, daß H i t l e r sämtli-che Juden aus Deutschland vertreiben will. Die Verhandlungen sind schon so weit gediehen, daß Berlineinwilligt, daß die Juden ihr Vermögen mitbekommen. (Sonderbar ist es nun, daß es in Amerika ein Land

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gibt, welches ganz und gar von Juden bewohnt ist: Ecuador. Unten an der See kann man wegen des tro-pischen Klimas allerdings nicht wohnen. Aber das Land mit seiner Hauptstadt liegt gebirgig hoch überdem Meeresspiegel, und dort ist das Klima italienisch wie in Mailand. Es ist von Marannen bewohnt, unddie verschenken sogar Land. Dies nebenbei), nur um zu wiederholen, daß immer ernstlicher mit anderenLändern verhandelt wird, weil die europäischen Mächte keine Lust haben, den zu erwartenden Andrangder aus Deutschland vertriebenen Juden zu ertragen. Es werden also bereits bestimmte Unterhandlun-gen geführt, und das soll sich alles bald zu Taten verdichten. Sicherlich wird man Salomon ermöglichen,seine Pension abzulösen. Sollte es so weit kommen, so bitte ich Dich, wenn meine Bücher verloren gege-ben werden müßten, mir doch, wenn Du irgend kannst, die Kiste mit dem Vorhängeschloß für mich zu ret-ten; sie enthält eigentlich meine ganze Leistung ...... Überhaupt entschädigt uns nur die Idee für die furchtbaren Mängel dieser harten Wirklichkeit. Könn-te man die Leute dazu bringen, sich nach Kant, d.h. richtig zu orientieren, so würde die Idee rascher sie-gen...“(Paris) „An Michaels Geb. 1940“. Nach dem Besuch seiner Schwester Agathe. „... Die sog. Weltgeschich-te, in Wahrheit nur erst eine blindlings tappende Prähistorie der Irrtümer, Bosheiten, Krankheiten, wieeine Seuche wütend, aber gegen ihren Willen schliesslich gerade daher das Gute herausbeschwörend, hatuns in ihren Krallen... In allen sog. Staaten scheidet sie das Gute vom Bösen und lässt das Böse schein-bar triumphieren. Seitdem das besetzte vom sog. unbesetzten Frankreich abgetrennt ist, stülpt sich übersbesetzte die bekannte luftdicht abschliessende Käseglocke, und über Lull“ (sein Sohn Heinz-Ludwig),„Amsel“ (sein Schwager Anselm Ruest), „Sibyll“ (Ruests Tochter Sibylle), „die im unbes. interniert sind,hört man nichts mehr...“

128 FRISCH, Max, 1911 – 1991. Br. m. U. Zürich 14.I.1950. 1 S. folio. Mit frankiertemUmschlag. (200.—)

An Wolfgang Schneditz, den Herausgeber des „Salzburger Festspielbuchs“.„... Es freut mich natürlich, dass Sie zu den übersandten Arbeiten eine Beziehung haben, und da Sie sichdie liebe Mühe nehmen wollen, darüber etwas zu schreiben, werden Sie es kaum als Zumutung empfin-den, wenn ich Ihnen heute weiteres Material auf den Tisch werfe, nämlich das Requiem NUN SINGENSIE WIEDER ... und das TAGEBUCH MIT MARION ... Die kleine SELBSTANZEIGE ... gibt Ihnen die eine und andere Auskunft, die Sie möglicherweise brau-chen. Das neue Stück GRAF OEDERLAND habe ich aus dieser Spielzeit zurückgezogen, es geht nochmalsin die Werkstatt ...“

129 — Schriftstück (maschinenschriftlich ausgefüllter Vordruck) m. U. Prag 16.XII.1965.2 S. folio. Gelocht, kleine Randläsuren. (200.—)

Lizenzvertrag der Literaturagentur Geisenheyner & Crone zwischen Max Frisch und dem Verlag MladaFronta, Prag, über eine tschechische Ausgabe seines Romans „ M e i n N a m e s e i G a n t e n b e i n “ .Beiliegend 6 weitere die Lizenzausgabe betreffende Schriftstücke.

(Friedländer)

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130 GALSWORTHY, John, 1867– 1 1933. E. Br. m. U. Bury House 26.IV.1930. 2 S. 4o. Etwasgebräunt, Lochung ausgebessert. (200.—)

An Grete von Urbanitzky, die Generalsekretärin des österreichen PEN-Clubs.„... I hear that there is a rule in the Vienna P.E.N. Club governing the period of Presidency. We in Lon-don have found it very useful to make all our rules of that description very elastic. It would seem to megreat pity if a formal rule were allowed to put an end to the term of office in the case of so eminently excel-lent a President as Herr Felix S a l t e n ...“

131* GAUDY, Franz Freiherr von, 1800 – 1840. E. Gedicht m. U. 32⁄3 S. 4o. Gering fleckig.(250.—)

„D i e G r ä b e r

Des Wächters Ruf verkündet Mitternacht.Am Friedhofs Gatter hält ein Jüngling Wacht;Die Eisenstäb’ umklammert er: sie habenBei Sonnenaufgang ihm die Braut begraben.

Stumm richtet er das Auge himmelwärts,Dann preßt er die geballte Faust an’s Herz,Das wie die Leiche unterm AlpenschneeStarr liegt, erdrückt vom ungeheuren Wehe ...“

Es folgen 13 weitere Strophen. – Satzvorlage; das Gedicht erschien in dem von ihm gemeinsam mit Adel-bert von Chamisso herausgegebenen „Deutschen Musenalmanach für das Jahr 1839“.

„wenn ich die Kunst verstünde, weniger hypochondrisch zu seyn“

132 GELLERT, Christian Fürchtegott, 1715 – 1769. E. Br. m. U. Leipzig 19.XII.1753. 12⁄3 S. 4o.Gebräunt. Leicht fleckig. (500.—)

An den ihm befreundeten Philosophen Johann Georg S u l z e r, der ihn zu Anfang des Jahres zu sich nachBerlin eingeladen hatte.„... Ich habe mich des traurigen Privilegii, stumm zu seyn, nur gar zu lange bedienet, u. ich will mir dasJahr nicht unter dem Vorwurfe verstreichen lassen, daß ich einem meiner schätzbarsten Freunde die Ant-wort schuldig geblieben bin; die Antwort auf einen Brief, der von nichts, als Freuden, voll ist, die manmir in Berlin zubereitet hätte, und die ich hätte genießen können, wenn ich die Kunst verstünde, weni-ger hypochondrisch zu seyn u. das Ängstliche eines Bades der Anmuth eines Landhauses, mitten in einerResidenz, vorzuziehen. Aber so will es mein Schicksal: ich beziehe die Bäder, ringe nach Gesundheit u.verseufze die Zeit ... Es ist wahr, ich bin nach dem Carlsbade weniger beängstiget gewesen als nach demLauchstädter; allein die Ruhe, die Heiterkeit, die ich suche, habe ich auch da nicht gefunden. Indessenharre ich und sammle den Rest meiner Kräfte, diejenige Geduld auszuüben, die nicht allein itzt meine vor-nehmste Pflicht, sondern auch meine einzige Medicin ist ...... Wo ich hin sehe, entzieht mir die Hypochondrie den rechtmäßigen Antheil an dem geselligen Leben ...Aber ich wollte ja nicht murren? Nein, ich will es auch nicht thun. Tausend andre Leute, die unendlichmehr Verdienste haben, als ich, sind eben nicht glücklicher, und werden vielleicht weniger bedauert ...“

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133 — E. Br. m. U. Leipzig 23.X.1755. 1 S. 4o. Mit Siegel (gebrochen) und Adresse. Etwasgebräunt, schwach fleckig. (500.—)

An denselben, den er von einem Besuch seines Gönners und Freundes, des preußischen Hofrats ErnstSamuel Jakob B o r c h w a r d t unterrichtet, den dieser wohl mit einem weiteren gemeinsamen Freundunternommen hatte.„... Ihre beiden Freunde ... haben in ihrem ersten Besuche mir das ganze Schicksal Ihres Hauses, dasgünstige und das traurige, so beredt erzählet, daß ich alles dabey empfunden habe, was ein freund-schaftliches Herz empfinden kann und muß. Endlich praesentirten sie mir eine Dose, u. wie angenehmerschrak ich, als ich Wilhelminen“ (Sulzers Ehefrau) „mit allen ihren sanften u. liebreichen Minen erblick-te. Ich küßte sie in Gedanken, schätzte sie und Sulzern glücklich und küßte beide, Ja, dachte ich, bey die-sem zärtlichen Paare hättest du ganze Wochen von Freuden genießen können, wenn du nicht der Unent-schloßene und Furchtsame wärest. Das dachte ich und that ein Gelübde, gegen mein Vergnügen gerechterund gegen Ihre Anerbietungen folgsamer zu seyn. Möchte doch meine Gesundheit nie wider dieses Gelüb-de streiten ...“Mit einem e. Grußwort von Borchwardt an Sulzer auf der Adreßseite: „Es empfiehlt sich zugleich zu gutemAndenken ; ESJ Borchwardt.“

134 — E. Br. m. U. Leipzig 27.XII.1755. 2 S. 4o. Mit Siegelrest und Adresse. Minimal fleckig.Kleiner Faltenriss. (600.—)

Ebenfalls an Sulzer in Berlin, dem er innigst den Theologen Johann August Schlegel für eine Hausleh-rerstelle empfiehlt.„... sein Name und die Geschicklichkeit seiner Brüder, des sel. Professors in Copenhagen“ (Johann EliasSchl., 1719 – 1749), „u. des itzigen Professors in Zerbst“ (Johann Adolph Schl., 1721 – 1793; der Vater vonAugust Wilhelm und Friedrich Schlegel), „spricht besser für ihn, als meine Empfehlung. L e s s i n g , deritzt hier ist u. mit einem jungen Winkler aus Leipzig noch vor Ostern auf Reisen gehn wird“ (Lessing hattezugesagt, den jungen Kaufmannssohn auf dessen auf drei Jahre angelegte Bildungsreise zu begleiten), „hatihm von der Condition gesagt, zu der Sie Lessingen ehedem empfohlen haben. Wenn sie noch offen ist: sobietet er sich ... unter meinen Flügeln dazu an ... Da er bey mir im Hause wohnet ... , sechs Jahre in Meis-sen auf der Fürstenschule die humaniora wohl studiret hat u. das beste Zeugniß seiner Brüder, Freundeund Lehrer vor sich hat: so kann ich ihn mit Gewissen loben ... Allein da ich u. er nicht wissen, was fürein Mann für den jungen Herrn in Halle verlanget wird ... so muß ich Ihnen noch sagen, daß Herr Schle-gel ein Theolog ist, und bey der Theologie bleiben wird, daß er besser Latein als Französisch schreibt, aberdas Letzte in kurzer Zeit in seine Gewalt bringen wird, wenn es nöthig ist. Er macht itzt die Noten zu derÜbersetzung des Banier“ (sein Bruder J. Ad. Schlegel arbeitete zu der Zeit an der Übersetzung von Antoi-ne Baniers „Erläuterungen der Götterlehre und Fabeln aus der Geschichte“). „Sein Äusserliches ist gutu. seine Mine verkündigt einen gesetzten und ehrliebenden Character. Er wünscht die Welt kennen zu ler-nen u. hat mehr Begierde dazu, als ich. Er gefällt die folgendenmale besser, als die ersten. Ich lese einGedicht von ihm so gern, als eine Predigt, u. eine Predigt so gern, als ein Gedichte. Was ihm fehlt, daskann er allemal ersetzen ...“

Lessing und Winkler mußten die Reise nach Ausbruch des Siebenjährigen Kriegs bereits nach wenigenWochen abbrechen. – Johann August Schlegel wurde Pastor in Pattensen.

(Gellert)

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137 GENET, Jean, 1910 – 1986. E. Ansichtskarte m. U. „J.G.“ Poststempel: Cortina d’Am-pezzo 25.II.1953. Minimal fleckig. (250.—)

An den jungen Schauspieler Pierre Joly in Paris über seine weiteren Reisepläne.„Souvenir de Cortina. Soleil. Neige – Snobisme. Ne m’écris plus. Je rentre lundi soit par Vienne puis Ham-burg soit par Roma et le Maroc ...“Pierre Joly widmete Genet die erste Fassung seines Stückes „Le Balcon“.

139 GERNHARDT, Robert, 1937– 2006. E. Gedicht m. U. und einer kleinen Zeichnung(Löwe) am Unterrand. 27.II.2003. 1 S. folio. Kugelschreiber. (250.—)

„Pack dein Bündel, mach dich auf,fahr zu den Lofoten,wirst dort einen Löwen sehn,hält ein Schild in Pfoten.

Sitzt dort schon seit Jahr und Tag,sieht nur Meer und Möwe,wenn dein Schiff vor Anker geht,sag ihm: ‘Grüß dich, Löwe!“‘

140 GERSTÄCKER, Friedrich, 1816 – 1872. E. Br. m. U. Rosenau 9.III.1855. 22⁄3 S. gr.-8o.Leicht gebräunt, kleine Randeinrisse; gelocht (minimale Buchstabenverluste). (200.—)

An den Verleger Bernhard Schlicke in Leipzig, der Teile seiner 1847 in sechs Bänden erschienenen „Rei-sen um die Welt“ nachdrucken wollte.„... Von den Reisen um die Welt hat Georg Wigand damals 2000 Exemplare gedruckt und mir selber nurein verhältnißmäßig s[ehr] geringes Honorar (672 r.) dafür bezahlt ...... mit dem Druck von 150 Exemplaren completiren Sie sich soviel, auf deren Absatz Sie fest und sicherrechnen können ... ich möchte aber nicht, ohne selber wenigstens etwas daran zu haben, zu den 2000Exemplaren (für welche Arbeit ich mir damals eine sehr große Anzahl sehr theurer Englischer Bücherkaufen mußte ...) noch eine solche Anzahl dazu drucken lassen, und bin fest überzeugt daß hierbei derNutzen schon bei weitem mehr auf Seiten der Verlagshandlung, als auf meiner Seite gewesen ist ...“ – Aufder vierten Seite ein Vermerk des Verlegers , daß er die Sache „mit 8 L[ouis]d’or“ erledigt habe.

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141 GIDE, André, 1869 – 1951. Br. m. U. Paris 24.XI.1927. 3⁄4 S. gr.-4o. (200.—)

An einen Herrn über den russischen Schriftsteller Iwan Bunin.„... Qui, tout cela poigne le coeur – sans du reste beaucoup me surprendre. Mais cette protestation de moique vous souhaitez, n’aurait d’autre effet, hélas, que de compromettre gravement, irrémédiablement peut-être, un de mes meilleurs amis qui vient de rentrer à Pétrograd, et dont je m’étais fait le répondant afind’obtenir pour lui une ‘mission’ en France: ce qui m’a permis de le revoir. Vous savez de reste, combiensont surveillés les ‘retour d’Europe’ ...“In der Nachschrift: „... Sans doute connaissez-vous Bounine? J’ai pour lui la sympathie, et pour son oeuvre l’admirations les plus vives. Pensez-vous qu’il soit indiscret de chercher à le connaître?“André Gide sah in Iwan Bunin den größten russischen Schriftsteller des 20. Jahrhunderts.

„ich möchte den Pariser Emigranten die Freude lassen, unter sich zu sein“

142 GLAESER, Ernst, 1902 – 1963. E. Br. m. U. Zürich 21.IV.1937. 2 S. gr.-4o. Minimale Ein-risse. (300.—)

An den Schriftsteller Ferdinand L i o n , der ihn zur Mitarbeit an der Zeitschrift „Maß und Wert“ hattebewegen wollen.„... ich möchte es doch vorziehen, an der von Ihnen redigierten Zeitschrift ... vorläufig nicht mitzuar-beiten. Bei aller Schätzung des Schriftstellers T h o m a s M a n n kann ich seine jüngste politische Ent-wicklung nicht teilen, und ich wäre sehr unglücklich, müsste ich plötzlich von einem Unternehmen abrü-cken, das in unseren Gesprächen ein anderes Gesicht hatte als es heute sich zu bilden scheint. – Ich dankeIhnen für Ihre freundliche Aufforderung zur Mitarbeit. Aber ich glaube, dass es besser ist, ich verzichtevorläufig auf sie – so lange wenigstens, bis mir der Beweis erbracht wurde, dass in dieser Zeitschrift jenerGeist der Unabhängigkeit und intellektuellen Redlichkeit herrscht, dem allein ich noch zu folgen vermag.– Ich habe nichts gegen Herrn v. Kahler und sein kapitalistisches Schicksal tut mir leid, aber ich kanneiner Redaktion nicht folgen, die ihn über Preussentum schreiben lässt. Von dieser ‘Liberalität’ ist kaumnoch ein Schritt zu H e i n r i c h u. K l a u s M a n n , und dann ständen wir alle in einer Front, der ichweder geistig noch körperlich anzugehören gewillt bin. Ich werfe niemandem seine politische Haltungoder gar seine Methoden vor. Ich achte das Opfer der Männer, auch wenn ich es für sinnlos und falschhalte. Aber ich weiss zu genau, wie sehr man meine Haltung verdächtigt und ich möchte den PariserEmigranten die Freude lassen, unter sich zu sein ...“S e l t e n .

143 GLEIM, Johann Wilhelm Ludwig, 1719 – 1803. E. Br. m. U. (Halberstadt) 27.VII.1771.1 S. gr.-8o. Etwas gebräunt. Linker Rand scharf beschnitten, und mit kleinen Einrissen.

(500.—)(An K l a m e r S c h m i d t ) mit einer Gedichtrezension.„Ganz vortreflich, mein liebster Petrarch, ist ihr Gedicht; im Tempel der Freundschaft hab’ ichs vorge-lesen, und allgemeiner Beyfall wurde dem deutschen Petrarch gegeben – Mit dem Brief an unsern J a c o -b i “ (dem Gleim 1769 die Sinekure eines Kanonikus am Dom zu Halberstadt verschafft hatte) „nur allein,und mit einer einzigen Stelle des Gedichtes war man nicht ganz zu frieden – Ich muß, vor dem Drucke siedarüber sprechen ... itzt darf ich nicht länger außer dem Tempel der Freundschaft mich verweilen. MeineFreunde sind voll verlangen meinen lieben deutschen Petrarch kennen zu lernen ...“1772 erschien in der Meyerschen Buchhandlung Schmidts Gedicht „An meine Minna. Nach der 26ten Can-zone des Petrarca“.

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144 — E. Br. m. U. Halberstadt 20.IX.1780. 21⁄2 S. 8o. Minimal gebräunt. (600.—)

An den ihm befreundeten Pädagogen Christian Heinrich Wolke in Dessau mit der Bitte, anläßlich desGeburtstags der Fürstin Luise von Anhalt-Dessau ihrem Gemahl, Fürst Leopold III., ein ihm gewidmetesWerk zu überreichen. – Gleim hatte 1744 als Sekretär des Groß-Cousins der Fürstin, Wilhelm von Bran-denburg-Schwedt, am Zweiten Schlesischen Krieg teilgenommen und miterlebt, wie der Prinz bei der Bela-gerung Prags von einer Kanonenkugel tödlich getroffen wurde.„... Diesen Tag meiner Heiligen, hätt ich so gern persönlich dort mit Ihnen gefeyert – Sie hat erst neulicheine That gethan, die Ihrer würdig ist. / Gott erhalte die einzige Fürstin dem einzigen Fürsten, und –Ihnen, mein lieber Wolcke, denn Sie haben Sie doch auch von ganzen Herzen lieb. / Ihr Gleim“.

Es folgt eine gut 11⁄2seitige Nachschrift: „Ich höre, so eben, daß unser Dohmherr von Berg“ (Gleims FreundErnst Ludwig Freiherr von Spiegel zum Desenberg) „den 24ten bey Ihnen seyn wird – geben Sie also dochdem das Schreiben an den Fürsten ...Die Silhouette kam noch diesen Morgen zu rechter Zeit. Ich hatte für alle Exemplare zu Berlin eine in Holzzum Abdruck schneiden laßen, sie war aber nicht gut gerathen; darum ließ ichs bey der Einen auf dasExemplar, für den Fürsten bewenden. Sie sehn, mein Lieber, von welchen Exemplaren die Rede ist; dennsie finden von S a l o m o d e m P r e d i g e r beygelegt – zehn Exemplare; wenn etwa der einzige Fürstnoch einige verlangen sollte, dann werden sie belieben, Ihm noch einige zu geben – die übrigen denen, dievon Vater Gleim am liebsten etwas lesen mögen, ich hoffe, daß unser Sander“ (der deutsch-dänische Dich-ter Christian Levin S., damals ebenso wie Wolke Pädagoge am Philanthropin) „darunter seyn wird – demHerrn von Berg geb’ ich hier eines.“

145 GOETHE, Johann Wolfgang von, 1749 – 1832. E. Billett m. U. „G.“ Wohl Frankfurt a.M.(1773). 1 S. quer-schmal-gr.-8o. Etwas fleckig. Montiert. (7.500.—)

An seinen Anwalts-Kollegen (Hieronymus Peter S c h l o s s e r ), den älteren Bruder von Johann GeorgSchlosser, wegen einer Büchersendung. – Johann Georg Schlosser heiratete im November 1773 GoethesSchwester Cornelia.

„Unter Anwünschung eines guten Morgen!Laßen Sie die engl. Bücher nur alle mitgehn, die etwa ausgemustert werden konnten sind gar wenig, daßes der Mühe nicht lohnt. G.“

Am Unterrand die Echtheitsbestätigung von Johann Friedrich (Fritz) Schlosser: „Autographes Billet vonGoethe an meinen seligen Vater, aus dem Jahre 1773, für dessen Aechtheit ich stehen kann. / F Schlos-ser.“ – „Aus der Bekanntschaft erwuchs trotz des Unterschiedes der Jahre eine warme Freundschaft, alsGoethe sich als Advocat in der Vaterstadt niedergelassen hatte und sich des rathenden und helfendenUmganges der beiden S., seiner Collegen, erfreute“ (ADB).Siehe die Abbildung auf Seite 75.Aus dieser Epoche v o n g r ö ß t e r S e l t e n h e i t . – In der Sophien-Ausgabe n i c h t g e d r u c k t .

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Der Kriegskommissar

146 — Br. m. U. Weimar 4.VI.1782. 1 S. folio. Mit papiergedecktem Siegel und Adresse.Gebräunt und lichtrandig. Ein größerer Randeinriss und 3 Korrosionslöcher in der Bugfalte.Kleine Montagereste. (2.500.—)

Als Leiter der Kriegs- und Wegebaukommission an den Rat der Stadt Weimar, in den Vermögensangelegen-heiten des aus „Königl. Preußi[schen] Kriegs-Diensten desertirte[n] Johann Adam Höhne“ aus Weimar.Dieser habe, „um Ueberlaßung seines Vermögens geziemend gebeten und dabey versichert ..., daß er sichin hiesigen Fürstl. Landen niederlaßen und als ein treuer Unterthan hinkünftig beweisen wolle: So ist vonSeiten Fürstl. Kriegs-Commission, an sein Vermögen keinen Anspruch zu machen, resolvirt worden ...“

147 — Eigenhändiges Notizblatt. O. O. u. D. (nach 1784). 1 S. kl.-4o. Karton. Leicht gebräuntund fleckig. In den Ecken rote Siegelreste. Verso: eigenh. Adressangabe. (800.—)

Ein zu einem Adressaufkleber umgewandelter Notizzettel. „Sourdal Gouvernementund WladimirDörfer

gemahltMessing Guss ....emaillirt

Rosenkränzein den Klöst[ern]Berg Athosbesonders“.

Das Blatt (zur Erledigung rot durchstrichen) ist verso eigenh. adressiert an: „Herren / Major von K n e -b e l / Hochwohlgeb. / Jena // Franc“. – Karl Ludwig von Knebel, Goethes „Urfreund“, war 1784 zumMajor ernannt worden und nach Jena übergesiedelt.

148 — Brieffragment (unterer Teil eines Quartblattes) mit eigenh. Nachschrift u.U. Weimar30.I.1804. 1 S. quer-8o (10,3�18,6 cm). Kleine Stockflecken. – Brieftext von der Hand seinesSekretärs Johann Ludwig Geist. (3.000.—)

An den Leipziger Schiftsteller Johann Friedrich Rochlitz (1769 – 1842), den er u.a. um Zusendung einesnumismatischen Katalogs bittet.„... Auch bin ich so frey einer Liebhaberey zu erwähnen, die mich gegenwärtig beschäftigt, vielleichtkommt Ihnen bey Ihren vielfachen Connexionen, etwas zufällig in die Hände, das in meinen Kram dient.“– Anschließend Textverlust.„Sie verzeihen mir gewiß diese kleinen Aufträge, die Sie wohl nach Bequemlichkeit auszurichten belieben.Ich wünschte, daß ich dagegen auch etwas Angenehmes erzeigen könnte. Der ich von Herzen wohl zuleben wünsche.“ – Darunter von Goethe eigenhändig: „Möchten doch die ersten Stücke der JenaischenALZ Sie bald anregen uns auch von Ihren Urtheilen etwas zu schenken, worum ich abermals gebetenhaben will.Alles Gute anwünschend.W[eimar] / d. 30 Jan. 1804 Goethe“

(Goethe)

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Auf Seite 2 am Rand ein eigenh. Vermerk m. U. von Rochlitz: „So weit des Secretairs, dann Göthe’s eige-ne Handschrift. Rochlitz.“In seinem Tagebuch vermerkte Goethe unter dem 30. Januar 1804: „Briefe. Hrn. Grafen v. Thürheim,Würzburg. Hrn. Rath Rochlitz, Leipzig, 1 Ducaten. Gegen Mittag Münzkasten mit Hrn. Riemer durch-gegangen. Abends Hr. Prof. Meyer.“ Sophien-Ausgabe Band 17 Nr. 4835; ebenfalls als Fragment, mit kleinen Abweichungen vom Original.

149 — Br. m. U. „Goethe“. Weimar 1.XI.1808. 1 S. 8o. Gebräunt, minimale Randeinrisse.(3.000.—)

An den Dresdener Landschaftsmaler Carl Ludwig K a a z , einen Schwiegersohn Anton Graffs, mit Dankfür die Übersendung von „Farben und Papier“. – Im August des Jahres hatte sich Goethe in Karlsbad vonKaaz beim gemeinsamen Zeichnen in verschiedene Farbgebungstechniken einweisen lassen.„... Seit meiner Rückkunft von Carlsbad haben mich nur historische Gegenstände umgeben, dergestaltdaß man an die Landschaft gar nicht hat denken können. Wenn uns der Winter bald enger einschließt, so werden vielleicht Erinnerungen rege, welche auszudrücken die übersendeten Materialien wohl höchsterwünscht seyn möchten. Ich wünsche von Herzen Befestigung Ihrer Gesundheit und ununterbrocheneThätigkeit. Herr F r i e d r i c h “ (Caspar David Friedrich) „hat uns durch eine Sendung sehr viel Ver-gnügen gemacht. Möchten Sie doch auch diesem guten Beyspiele folgen. Eben jetzt da die Blätter fallenfreut man sich desto mehr sie auf dem Tuche fixirt zu sehen.Die überschickten Abdrücke geschnittener Steine haben mich durch ihre Reinlichkeit in Verwunderunggesetzt. Wäre ich in der Nähe dieser Künstler, so würde ich mir gern etwas auf meine Weise bey ihnenbestellen. Bey sehr viel Verdienst fehlt, wenn ich aufrichtig seyn soll, das geistreiche in Absicht auf denGegenstand und die Freyheit in Absicht auf die Ausführung. Doch das lässt sich in wenig Worte nicht fas-sen. Die geringsten antiken Dinge unterscheiden sich dadurch auf eine sehr bedeutende Weise ... VieleEmpfehlungen an Demoiselle B a r d u a ...“Sophienausgabe Band 20 Nr. 5626.

Nr. 145 Johann Wolfgang von Goethe________________________________________

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150 — Br. m. U. „Goethe“. Jena 30.V.1809. 1 S. 4o. Leicht gebräunt und fleckig. (4.000.—)

Ebenfalls an Kaaz, der sich auf Goethes Anregung hin in Weimar eingefunden hatte, um dort eine Aus-stellung seiner Werke zu planen. – Goethe hatte sich nach Jena zurückgezogen, um in Ruhe seinen Roman„Die Wahlverwandtschaften“ fertigstellen und sich den Studien zur „Farbenlehre“ widmen zu können.„... Ich kann in diesem Augenblicke nicht von hier abgehen. Sie haben indessen, wie ich hoffe, bey mirQuartier genommen und sich’s bequem gemacht. Wegen der Ausstellung Ihrer Werke werden Sie sich mitden Freunden berathen, die Ihnen auf alle Weise an Hand gehen werden. Wie das alles eingerichtet wird,hoffe ich gelegentlich zu vernehmen, so auch wie Sie sich befinden und was sonst von Tag zu Tag vorgeht:denn es giebt immer Gelegenheit etwas herüber zu melden. Ich hoffe, daß sich alles wird nach unsern bey-derseitigen Wünschen leiten lassen ...“Sophien-Ausgabe Band 20 Nr. 5734. – An Christiane schreibt Goethe am selben Tag: „Du wirst nun wohlHerrn Kaaz bei dir einlogirt haben und was das häusliche Behagen betrifft, wird er meine Abwesenheitnicht bemerken ... Wende alles was du kannst die nächsten acht Tage von mir ab: denn ich bin gerade jetztin der Arbeit so begriffen wie ich sie seit einem Jahre nicht habe anfassen können ...“

151 — Br. m. U. „Goethe“. Weimar 24.XI.1809. 2⁄3 S. gr.-8o. Grünliches Papier; schwachgebräunt, kleiner Fleck. – Brieftext von Riemers Hand. (1.600.—)

An einen Kunsthändler.„Ew. Wohlgebornen / haben die Gefälligkeit mir die in beyliegendem Verzeichniß vorgestrichenen Kup-fer zuzusenden. Was ich nicht behalte, schicke ich sogleich zurück und berichtige zugleich meine frühe-re Schuld.“ – Das Verzeichnis liegt nicht mehr bei. In der Sophien-Ausgabe n i c h t g e d r u c k t .

152 — E. Billett m. U. „G“. (Jena, März 1810.) 1 S. quer-schmal-gr.-8o (Abschnitt eines grö-ßeren Blattes). Deutsche Schrift. Grünliches Papier, minimal fleckig. (3.000.—)

An (Karl Bertuch), der zusammen mit seinem Vater Justin B. das „Journal des Luxus und der Moden“redigierte.„Vielleicht wäre es thulich daß der Aufsatz des Modejournals auch einzeln abgedruckt u. mit dem Gedichtausgegeben würde. / G“.Sophien-Ausgabe Band 51 Nr. 5935a.

(Goethe)

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I. LITERATUR

Nr. 155 Johann Wolfgang von Goethe

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„Versuche mit ausgezogenen Pflanzensäften“

153 — Br. m. U. „Goethe“. Weimar 1.VI.1816. 1 S. 4o. Grünliches Papier; etwas braunfleckig.– Brieftext von Kräuters Hand. (2.000.—)

An den Chemiker und Pharmazeuten Johann Wolfgang D ö b e r e i n e r in Jena, der ihn in die Stöchio-metrie einführte und Gläser für seine Untersuchungen zur Farbenlehre herstellte.„Ew. Wohlgeboren / haben die Gefälligkeit, da ich die Versuche mit ausgezogenen Pflanzensäften fort-zusetzen gedenke, mir dazu die erforderlichen Reagentien mit einer kurzen Direction zu dem Gebrauchzu übersenden. Die Resultate theile mit und wünsche daß die Hausreparatur schnell und der Einzugglücklich von Statten gehe ...“An diesem Tag notiert Goethe in seinem Tagebuch: „Versuche mit vegetabilischen Extracten angefangen“.Aus der Sammlung Künzel. – Sophien-Ausgabe Band 27 Nr. 7407.

154 — Br. m. U. „Goethe“. Weimar 13.X.1816. 1 S. 4o. Schwach gebräunt, kleinere Falten-risse hinterlegt. – Brieftext von Kräuters Hand. (3.000.—)

An C h a r l o t t e v o n S c h i l l e r, die Witwe des Dichters, die ihn im Namen ihrer Tochter Caroline umeinige Zeichnungen gebeten hatte.„Ihre freundliche Zuschrift, verehrte Freundin, ist mir zur rechten Zeit geworden, leider aber kann ichdie verlangten Zeichnungen nicht finden, obgleich die Portefeuillen bey mir liegen. Sobald Meyer vonRohrbach zurückkommt wollen wir sie zusammen suchen und wohlverwahrt nach Rudolstadt senden ...Mit herzlichem Dank für Ihre fortdauernden freundlichen Gesinnungen empfehle mich zum schönsten.“Den Schweizer Maler Johann Heinrich Meyer („Kunscht-Meyer“), seinen langjährigen Freund, zog Goe-the in allen Kunstfragen als Berater heran.Um diese Zeit erinnerte sich Goethe an den Anteil, den Charlotte von Schiller an der Entstehung derFreundschaft zwischen den beiden Dichtern hatte – „... seine Gattin ... trug das Ihrige bei zu dauerndemVerständnis, alle beiderseitigen Freunde waren froh, und so besiegelten wir, durch den größten, vielleichtnie ganz zu schlichtenden Wettkampf zwischen Objekt und Subjekt, einen Bund, der ununterbrochengedauert und für uns und andere manches Gute gewirkt hat ...“ („Glückliches Ereignis“, 1817).Sophien-Ausgabe Band 27 Nr. 7520.

„Knebel ist ausser sich“

155 — E. Br. m. U. „G“. Jena 7.XII.1817. 2 S. folio, halbseitig beschrieben. Kleine Randlä-suren. Leicht fleckig. (7.500.—)

An Christian Gottlob von Vo i g t über die von Goethe gewünschte Besetzung der Assistentenstelle an derJenaer Universitätsbibliothek durch Christian Ernst Friedrich Weller. – Goethe hatte Weller durch Kne-bel kennengelernt, und Erbprinz Karl Friedrich hatte dem jungen Mann wohl „gewisse finanzielle bzw.Anstellungsaussichten eröffnet und zauderte nun in seiner Sparsamkeit“ (Goethes Briefwechsel mit C.G.Voigt, Bd. 4 Nr. 378). „Vertraulichst füge [ich] zu beyliegendem Promem[oria] hinzu: daß es in jedemSinne wünschenswerth wäre die Sache käme jezt ins Reine. Ich habe die Umstände nach allen Seitenerforscht und der Prinz ist, genau besehen, sehr kompromittiert, der junge Mann“ (Weller) „beträgt sichsehr gut, Knebel hingegen ist ausser sich.Für mich ist es der Hauptpunckt daß ich diesem Subjeckt selbst vertraue u. kein besseres wüßte dem jezi-gen Bibliotheckspersonal entgegen zu stellen. Als Adjutant wäre er in diesem Geschäft was Färber“(Johann Michael Christoph F., Bibliotheksschreiber in Weimar) „im andern. Persönlich alles auszurich-

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ten ist weder möglich noch schicklich. Haben Ew. Exzell[enz] die Gnade die Sache nochmals durchzu-dencken, Graf Edling“ (Staatsminister Albert C. Graf v. E.) „schien nicht abgeneigt mitzuwirken ...Wäre es nicht zuwider so sendete den jungen Mann. Sie werden sich nicht wundern, daß er dem Fürstenauffiel. / Und seine Schöne Hand wird unsern Registern und Katalogen zu Gute kommen. So viel! undviele Entschuldigung ...“Siehe die Abbildung auf Seite 77. – Sophien-Ausgabe Band 28 Nr. 7920.

156 — E. Br. m. U. „treu verbunden / JW v Goethe“. W(eimar) 7.X.1818. 2 S. 4o. Etwas ge -bräunt. Kleine Rand- und Faltenläsuren (größerer Riss in der Bugfalte hinterlegt). (5.000.—)

Ebenfalls an Christian Gottlob von Voigt, den von Eichstädt betriebenen Wechsel von G.G. Güldenapfel,dem Bibliothekar der „Jenaischen Allgemeinen Literaturzeitung“, zur Jenaischen Universitätsbibliothekbetreffend.„Ew. Exzell[enz] / Wunsch und Winck ... gemäß thue folgenden Vorschlag. 1.) Geh. Hofr. Eichstedt entläßt Prof. Güldenapfel zu Weynachten in Frieden, welcher Besoldung u.Deputat behielte.2.) Benamst G.H.R. Eichst. ein Subjeckt das er an dessen Stelle sezen will. Diesem können wir 8 ScheffelKorn 8 Sch. Gerste aus der Museums Casse versprechen. Für Anschaffung u. Verantwortung trage Sorge.Bey Abfassung des Museums u. Bibliothecks Berichtes beseitige diese Sache indem ich ihrer nur im Vor-beygehn als abgethan gedencke, u. höchste Billigung des Geschehnen erbittend. Doch wünschte vorerstdaß mein Vorschlag Güldenapfeln ein Geheimniß bliebe, damit man sich vor allen Dingen seiner künfti-gen Thätigkeit bey der Acad. Bibliothek, nach Befreyung von der Literaturzeitung versichern könne ...“Siehe die Abbildung auf Seite 81. – Sophien-Ausgabe Band 29 Nr. 8184.

157 — Schriftstück mit eigenhändigem Namenszug „JWvGoethe“. Weimar 9.I.1820. 1 S.quer-gr.-8o (unten unregelmässig beschnitten). Grünliches Papier. Minimal fleckig. (1.600.—)

Quittung für die Weimarische Hofbibliothek. – Text von der Hand F. Th. D. K r ä u t e r s , seit 1816 Biblio-thekssekretär.

„Aus Grosherzogl. Bibliothek erhalten.Laukhards Feldzüge ... 6 Bd.Dumouriez Vie ...––––––––– Campagnes ...––––––––– Correspondance.––––––––– Mémoires ...Schütz Handbuch der Geschichte Napoleons ...“

Bis auf den letzten Titel alle durchstrichen.

Wohl Teil der Materialsammlung zu seiner autobiographischen Schrift „K a m p a g n e i n F r a n k r e i c h1792“, an der Goethe in dieser Zeit arbeitete (siehe die Tagebucheintragungen vom 9. und 10.I.1820). –Unter Dumouriez als Oberbefehlshaber der Revolutionsarmee wurde in der Kanonade von Valmy dieKoalitionsarmee Preußens und Österreichs erstmals geschlagen.Beiliegend ein weiterer eigenhändiger Namenszug Goethes „JWvG“ (wohl Weimar um 1830); Sichtvermerkunter einer Erwerbungsliste der Weimarer Hofbibliothek für die Jahre 1829 und 1830 (Fragment, ca.12,5�10,5 cm; der Text stammt ebenfalls von Kräuters Hand); angeschafft wurden u.a. die Werke„Gedichte des Königs von Bay[ern]“, „Kotzebues 2te Reise“, „Schlegels Ramayana“ und „Eustathii Com-mentarii ad Home[rum]“.

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158 — Br. m. U.u.E. „ergebenst / JWvGoethe“. Weimar 3.V.1821. 2 S. 4o. Leicht gebräunt.– Brieftext von der Hand seines Sekretärs Johann John. (6.000.—)

An den Buchhändler Friedrich Frommann (1765 – 1837), dem er den vermißten „26. Revisionsbogen“ zu„ Wi l h e l m M e i s t e r s Wa n d e r j a h r e n “ sendet.„Ew: Wohlgeb. / sende mein Exemplar des 26. Revisionsbogen, die Retardation desselben kann ich mirnicht recht erklären. Daß, der Beschleunigung wegen, die letzten Bogen, sowohl der Wanderjahre alsK u n s t u n d A l t e r t h u m , drüben revidirt werden, bin auch sehr wohl zufrieden. Sie werden gewiß diegrößte Sorgfalt anempfehlen. Zum Roman folgt noch nächstens zwey Bogen Manuscript. Titel und Ein-leitung verlangen einen halben Bogen. Etwas Manuscript zum neuen Kunst und Alterthum kann ich Sonn-tag mitgeben, und freue mich das Sonstige zu besprechen. An unserm Familien Tische werden Sie sehrwillkommen seyn. Wie ich denn auch sehr vergnügt bin daß das Bildniß gut aufgenommen worden; beysolcher Versendung wird mir immer bange, weil man gerade den besten Freunden durch dergleichen Sur-rogate am wenigsten genug thut.Möge Ihnen auch in dieser Meßepoche alles zum besten gelingen; den Wanderer Glück auf die Reise undden besten Empfang ...“„Wilhelm Meisters Wanderjahre“ wurde zur Frühjahrsmesse fertig. – Sophien-Ausgabe Band 34 Nr. 213.

159 — E. Nachschrift m. U., Weimar 5.VIII.1826, unter einem eigenh. Brief seiner Schwie-gertochter Ottilie geb. von Pogwisch. 1 S. quer-4o. Minimale Faltenrisse, etwas knittrig.

(5.000.—)

An Doris Zelter (1792 – 1852), die Tochter seines Berliner Freundes Karl Friedrich Zelter. – Von OttiliesHand:„Dies würde Vater und Tochter sehr verbinden wenn sie die Güte haben wollte 5 bis 8 Farben mittelgrü-ner und hellgrüner Wolle zu schicken, von so lebhaften Farben als nur zu bekommen ist. Es ist nicht nötigdas die Farben sich in der Schattirung folgen, sie sollen nur zur Ergänzung eines Frankfurther assorti-ments dienen, wo kein recht frisches Maigrün und saftgrün dabei ist. Von jeder Farbe bitte ich um 2 Loth.“Darunter von Goethes Hand:„Vorstehendes, ohne Wunsch u Gruß, von der lieben Tochter Hingeschriebenes, begleite herzlich mit bey-den. Möge Doris so oft in Gedanken bey uns seyn als wir sie heranwünschen! W[eimar] d. 5. Aug. 1826Goethe“Sophien-Ausgabe Band 41 Nr. 88.Dazu ein e. Schriftstück m. U. eines „Ph. Shelius“, Baden 15.VIII.1849, dies Autograph betreffend: „Ceslignes ont été addressées par Goethe à son ami Zelter à Berlin, et c’est le fils de ce même Zelter, dont jeles tiens. Quoique ces vers n’ont pas une grande valeur poetique, j’espère pourtant, qu’ils sont dignesd’augmenter la collection d’autographes de mon ami Beauchesne.“

160 — E. Schriftstück m. U. „G“. Weimar 8.III.1832. 1 S. quer-8o (unregelmässig beschnit-ten). (3.000.—)

Bücherbestellung: „Critique des Historiens d’Alexandre. / G“. – Kräuter ergänzt den Titel und fügt Autorund Datum hinzu.Zwei Tage zuvor hatte Goethe eine Sendung von Zeichnungen von Wilhelm Z a h n aus Pompeji erhalten,die u.a. eine Abbildung der „Alexanderschlacht“, des berühmten Mosaiks aus der von Zahn freigelegten„Casa di Goethe“, enthalten hatte. Der tiefe Eindruck, den diese Zeichnung auf Goethe machte, mag dieBestellung des genannten archäologischen Standardwerkes („Examen Critique des anciens Historiensd’Alexandre“ von G.E.J. Guilhem de Clermont-Lodève, Baron de St. Croix) veranlasst haben.Z w e i Wo c h e n vor seinem Tod geschrieben.

(Goethe)

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Nr. 156 Johann Wolfgang von Goethe

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161 — Brieffragment mit 3 e. Korrekturen und Signatur „G“. (Weimar) o. D. 2 S. quer-8o

(Oberhälfte eines halbseitig beschriebenen Folioblattes). Konzeptpapier. Leicht fleckig. KleinerEinriss in der Bugfalte, Montagereste. (2.000.—)

An die Oberbaubehörde in Weimar, der er meldet, daß „die, an der, in dem botanischen Garten zu Jenaaufgeführten Futtermauer, gerügten Mängel, durch den Akkordanten, den Maurer M[ei]st[e]r Timmler“nur ungenügend repariert worden seien; die Mängel seien „keineswegs gehoben, sondern nur dem Augeentzogen“ worden.Mit einer Echtheitsbestätigung von Karl Vogel, Goethes letztem Hausarzt (2.IV.1848).

162 — Eigenhändiger Vierzeiler mit Goethes Abschlussklammer. 1 S. quer-8o (Ränderbeschnitten). Lateinische Schrift. Grünliches Konzeptpapier. Schwach fleckig (Montagespurenam Kopf). Nadelspuren. – Am Unterrand eine Übertragung ins Französische (schwacher Blei-stift). (12.000.—)

„Aemtchen bringen KäppchenAmtchen bringen LäppchenReissen oft die KappenUnd das Kleid in Lappen.“

Aus „Zahme Xenien VIII“ (aus dem Nachlaß).

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163 — Eigenh. Gedicht mit Goethes Abschlussklammer. 1 S. quer-schmal-8o. LateinischeSchrift. Leicht fleckig. Auf Karton montiert. (8.000.—)

Vierzeiler aus dem „ B u c h d e r S p r ü c h e “ des „West-östlichen Divans“.

„‘Wie ungeschickt habt ihr euch benommen,Da euch das Glück in’s Haus gekommen’Das Mädchen hat’s nicht ubel genommen,Und ist noch ein paarmal wiedergekommen.“

164 — Eigenh. Namenszug „JWvG“, darunter sein Ringsiegel (roter Lack, leicht gesprun-gen). 4�4 cm (Ausschnitt aus der Absenderangabe eines Briefes). Montiert. (600.—)

Das Siegel zeigt Goethes bekröntes Wappenschild mit sechsstrahligem Stern. – Seit seiner Erhebung in denAdelsstand 1782 war es Goethe offiziell gestattet, ein Wappen zu führen, zu dem er sich Jahre zuvor den„herrlichen Morgenstern“ (Brief an Carl August vom 24.XII.1775) auserwählt hatte.Montiert auf ein Kl.-8o-Blatt mit Sammlerangaben von alter Hand: „... Des Catalogs vom 12 Juli 1859 (beiHeberle in Cöln zu 5 Thlr für Rechnung der Frau Ott. v. Göthe angesteigert)“. Beiliegend ein Kupferstichvon „Goethes Gartenhaus“ (nach einer Zeichnung von Otto Wagner 1827, gestochen von L. Schulze,22,6�32 cm, leicht angestaubt), mit dem unterlegten Vers: „Übermüthig sieht’s nicht aus / Dieses stille Gar-tenhaus / Allen die darin verkehrt / Ward ein guter Muth beschert. / Goethe 1828“, sowie ein Stich von„Göthe’s Geburtshaus zu Frankfurt a/M.“

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166 (—) Getuschte Silhouette nach links. (1826?) Ca. 7�6,2 cm; Blattgröße ca. 16,3�10,4 cm.Kleine Abplatzungen; Papier etwas gebräunt. (300.—)

Das Profil ähnelt dem Schattenriß nach rechts, den Schulte-Strathaus („Die Bildnisse Goethes“, München1913) auf Tafel 142 wiedergibt.

167* — GOETHE, Ottilie von, geb. von Pogwisch, die Schwiegertochter des Dichters, 1796 –1872. E. Br. m. U. O. O. u. D. 1 S. gr.-8o. Leichte Randläsuren; kleine Feuchtigkeitsschäden.

(120.—)An Maria von Biegeleben geb. Freiin von Buol-Berenberg (1825 – 1871).„Liebe Marie! / Wie geht es Ihnen? Leider hört ich Sie sind wieder unwohl da kommen Sie ja nicht. Ich brau-che baldmöglichst Byrons Works, kann deutsche Ausgabe sein, in einem Band; Biegeleben hat es gewiß; ichhätte es aber gerne diesen Vormittag. U l r i k e und ich schleichen so weiter in unsrer Gesundheit ...“Der Diplomat Ludwig Frhr. von Biegeleben hatte seine Frau in Wien im Hause Ottilies kennengelernt.

168 — GOETHE, Walther von, der ältere Enkel des Dichters, 1818 – 1885. 3 e. Br. m. U. Wei-mar 7.VIII.1865 und 12.II. bzw. 24.VII.1882. 1 S. gr.-4o und 3 S. gr.-8o. Leicht gebräunt. Teil-weise kleine Rand- und Faltenläsuren. (500.—)

An eine Frau Brecht, die Mutter eines gemeinsamen Patenkindes von ihm und seinem Bruder Wolfgang.1865. Kondolenzbrief anläßliches des Todes von Herrn Brecht. „... Kann ich meinem Pathen zu seinemVorwärtskommen einmal nützlich seyn, soll gewiß meinerseits geschehen, was möglich! ... / N.S. das klei-ne Packet, welches hier folgt, liegt schon seit einiger Zeit, von meinem Bruder“ (Wolfgang) „zur Ueber-sendung an Ihren Wolf bestimmt, bey mir bereit.“12.II.1882. Mit Dank, wohl für die Übersendung von Familienschriften. „... Wir werden die Briefe undBlätter bei unsern Familienpapieren treu und sicher bewahren! ... / Daß Sie ... aber wieder leidendwaren, beklage ich aufrichtig! – ich wollte schon im vorigen Winter Ihnen zur Stärkung etwas Südweinsenden; ich thue es jetzo; füge auch etwas Cacao, der mir stets aufhilft, mit bei ...“

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„Walther und ich“

169 — GOETHE, Wolfgang von, der jüngere Enkel des Dichters, 1820 – 1883. Br. m. U. Wei-mar 19.III.1879. 21⁄2 S. gr.-8o. Leicht gebräunt. Etwas fleckig. Minimale Rand- und Faltenrisse.

(250.—)An dieselbe.„... Daß Sie die Brüder im vorigen Sommer zweimal hier vergeblich aufsuchten, haben wir herzlich bedau-ert. Damit dies ... nicht wieder geschehe, so benachrichtige ich Sie, daß Walther und ich im April und Maikaum in Weimar gleichzeitig uns aufhalten werden ...“Beiliegend seine gedruckte Todesanzeige (Weimar 20.I.1883, defekt).

170 GOETHEKREIS. – BOISSERÉE, Sulpiz, Kunstgelehrter und -sammler; führte Goethein die altdeutsche Kunst ein, 1783 – 1854. E. Billett m. U. Bonn 16.XII.1853. 1 S. quer-8o. Leichtfleckig; verso kleiner Montagerest. (200.—)

An den Pharmazeuten und chemischen Fabrikanten Ludwig Clamor Marquart (1804 – 1881) in Bonn.„Geh. Rath Dr. Wolff versichert, Herr Dr. Marquart würde mir eine Unze von dem feinsten Glycerine zummedizinischen Gebrauch freundlichst überlaßen; ich ersuche deshalb darum und bitte von dem Über-bringer dieses, meinem Diener Carl den Betrag zahlen zu laßen ...“

171* — BÖTTIGER, Karl August, Philologe und Archäologe; mit Wieland und Goethe im Ver-kehr, 1760 – 1835. E. Br. m. U. Dresden 1.VII.1819. 1 S. gr.-4o. Mit Siegel und Adresse (Post-stempel und -vermerke). Schwach gebräunt; kleiner Ausriß an der Siegelstelle. (120.—)

An die Herrmannsche Buchhandlung in Frankfurt a.M.„... Es gehörte zu den angenehmsten Begegnissen während meines kurzen Meßausflug, daß ich dort Ihrepersönliche Bekanntschaft machte. Ihr Verlag macht uns wahrhaft reicher. Solche Hebammendienstekönnen wir Buchstabenmänner nicht laut genug anerkennen ...Sie versprachen mir ein Exemplar von Göckingks Gedichten ... Besonders interessiren mich H. Vogts rhei-nische Bilder ...“

172 — CARL AUGUST, Großherzog von Sachsen-Weimar, Freund Goethes, 1757– 1 1826.E.Br. m. U. (Paraphe). O.O. 14.XI.1810. 1⁄2 S. 4o. Dreiseitiger Goldschnitt. Schwach fleckig.

(300.—)An eine Dame.„... Wenn mir personen, auf deren Scharfsinn ich zutrauen habe, andere personen nennen, die sie für aus-gezeichnet halten, so faße ich alle mahl den Wunsch die empfohlnen oder gelobten personen näher ken-nen zu lernen: mit demjenigen welchen Sie mir ... nennen ist dieses der fall: ich bitte mir mehr detail überihn zu schaffen ...“

173 — — Br. m. U.u.E. Weimar 22.III.1816. 1 S. gr.-4o. Schwach gebräunt. (200.—)

An den Major (Aster).„... Ich habe aus Ihrem gefälligen Schreiben ... mit Vergnügen ersehen, wie viele Mühe Sie sich gegeben,um Meinen Wunsch in Ansehung der Karte des Neustädtischen Kreises in Erfüllung zu bringen ...“

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174* — COTTA von Cottendorf, Johann Friedrich Freiherr, Buchhändler, Goethes Verleger,1764 – 1832. E. Br. m. U. Tübingen 13.IX.1791. 3⁄4 S. kl.-4o. Mit Siegelspur und Adresse. Rand-schäden (durch Siegelöffnung), am Oberrand Montagerest. (250.—)

An den Buchhändler Johann Carl Philipp S p e n e r in Berlin mit der Bitte um „den gefälligen Abdruckder Beilage auf dem Umschlag der Berliner Monatschrift ...“Die von Johann Erich Biester und Friedrich Gedike seit 1783 herausgegebene Berlinische Monatsschrifterschien bei Haude & Spener.

175 — EICHSTÄDT, Heinrich Karl Abraham, Philologe; Begründer und Leiter der „Jenai-schen Allgemeinen Literaturzeitung“, 1772 – 1848. E. Br. m. U. Jena 12.VIII.1802. 1 S. kl.-folio.Mit papiergedecktem Siegel und Adresse. Etwas gebräunt. Leicht fleckig. (300.—)

An Johann Friedrich Rochlitz, den Herausgeber der „Allgemeinen musikalischen Zeitung“ in Leipzig, dener um verschiedene Besorgungen bittet.„... 1, schreibt mir Vo s s , daß in der musikal. Zeitung (also doch wohl in der Ihrigen) ein Aufsatz überalte M e t r a stünde, wahrscheinl[ich] v[on] A p e l u. daß ich ihm diesen Aufsatz doch ja verschaffenmögte. Ists mögl[ich] so bitte ich für Voss darum, u. wofern Sie noch ein opus supererogationis über, solegen Sie auch für mich 1 Exempl[ar] dieses Aufsatzes bey:“ – 1814 erschien der 1. Band von August Apelsvielumstrittener „Metrik“ in Buchform.„2, Sie hatten die Güte, mir vor einiger Zeit das 1ste Bändchen Ihrer Kleinen Rom[ane] u. Erzählungenzu schicken. Darf ich Sie einst auch um das 2te u. 3te Bändgen ersuchen? 3, Schicken Sie doch bald wie-der unserer Zeitung einen Beytrag von Ihrer Hand.Fast fürchte ich aber, daß Sie die Bitte, an deren Erfüllung mir am meisten liegt, am spätesten erfüllenwerden ...“

176a — — E. Br. m. U. Jena 23.VIII.1818. 3 S. 4o. Leicht braunfleckig, ein Eckchen abgeris-sen. (300.—)

An eine Exzellenz (Christian Gottlob von Voigt?), dem er für eine Nachricht über „das hiesige Diakonat“dankt. Ferner über Universitätsangelegenheiten und die „Allgemeine Literatur-Zeitung“.„... Es sollte mich freuen, wenn Hr. Haasenritter, ein ehemaliger Liebling Reinhard’s, zu uns käme; aberich will mich gar nicht in die Sache einmischen.Wenn D. Krause von Königsberg zurückkommt, so gewinne auch ich wieder einen alten Freund. Ich wardamals am meisten Ursache, daß er von Naumburg nach Königsberg ging, u. er hat mir, weil es ihm dortwohlgeht, oft u. herzlich in Briefen für diesen Impuls gedankt ... er ist ein Verwandter Kotzebue’s, denHr. Oken abermals in seiner Isis trasfigurirt u. columnirt.Die commissarischen Sitzungen dauern fort. Gott gebe, daß es mit dem neuen Convict gut gehe! Ich fürch-te, das Geld wird für Beköstigung der armen Menschen nicht hinreichen (der Abendtisch soll ohnehin weg-fallen) ...“„Haasenritter“: der Theologe Johann August Martin H. (1775 – 1843), seit 1813 Pfarrer in Burgwerben;1823 Superintendent und Konsistorialrat in Merseburg. – „Krause“: der Theologe Johann Friedrich K.(1770 – 1820), 1802 Domprediger in Naumburg, 1810 Professor in Königsberg, 1819 Generalsuperinten-dent in Weimar.

(Goethekreis)

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I. LITERATUR

„weil ich nun einmal da war, so blieb ich“

176b — KAYSER, Philipp Christoph, Komponist; Jugendfreund Goethes, der einige seinerSingspiele für ihn schrieb, 1755 – 1823. E. Br. m. U. „Kayser“. We i m a r 31.III.1781. 3 S. 4o.Mit schönem Lacksiegel („K“-Initiale) und Adresse. Schwach gebräunt. Minimale Montageres-te auf der Adressseite. (1.600.—)

An den Kunsthistoriker Wilhelm Gottlieb Becker in Leipzig, der soeben von einem mehrjährigen Aus-landsaufenthalt zurückgekehrt war. – Kayser, der Sohn des Organisten der Frankfurter Katharinenkirche,war 1775 nach Zürich übergesiedelt und hatte im Laufe der Jahre, von Goethe bewundert und dazu ange-regt, mehrer seiner Gedichte vertont. Von Januar bis Mai 1781 hielt sich Kayser auf Einladung Goethes inWeimar auf.„... Daß Sie mir wohl wollen, daß wir Freunde sind – warum wollten, warum solten wirs nicht seyn, daes leider ohnedem genug giebt was unter Menschen im Wege steht – das bey uns, bey mir wenigstens nichtist, da ich mich bemühe das bißchen leben in dieser Welt nicht zu verkezzern, sobald ich irgendwo klin-gen höre, wenn ich einschlage. Also laßen Sie uns einander seyn, was wir seyn können.Nach der Schweiz geh’ ich gewiß wieder zurück. Meine Bestimmung ging eigentl. nicht hieher nach Wei-mar; aber weil ich nun einmal da war, so blieb ich in der guten freundl. Aufnahme hängen, u. es ist mirjezt wahrscheinl. daß dieser Auffenthalt meinem ganzen Wesen eine andere Richtung geben wird. Ehe ichaber nach Zürich zurückkehre, muß ich zu meiner Familie nach Frankfurt ... u. möchte gar zu gern auchnoch Leipzig sehen. Dürft ich Sie L[ieber] Br[uder] um eine kleine Anweisung bitten, wie ich etwa einenpaar-wöchigen Auffenthalt in Ihrer Stadt am wenigsten kostspielig einzurichten hätte? ...Wie treiben Sie sich in unsere My[sterien?] Mein Br! Ich habe an dem Bruder Bode“ (der IlluminatJohann Joachim Christoph B., Komponist, Schriftsteller und Sekretär der Gräfin Bernstorff) „der hierwohnt eine sehr wichtige Bekanntschaft gemacht. D r K ö r n e r ist laut Berichten kürzlich in Zürichgewesen“ (Schillers Freund hatte zusammen mit Karl von Schönburg-Glauchau die Schweiz bereist), „u.hat einen der Pariser MysterienKrämer bey sich gehabt. Wo er weiter hin ist weiß ich nicht – aber das weißich, daß er sich schlecht betragen hat, gegen Br[üder] die ihn hinaufhoben, daß er den bekannten ver-dammten geistl. Stolz mit sich führt – u. daß ich ihm viel wunderl. Zeug ins Gesicht sagen werde, wennich ihn je antreffe ...“Becker erhielt 1782 den Lehrstuhl für Moral und Geschichte an der Ritterakademie in Dresden.S e h r s e l t e n .

177 — KESTNER, Charlotte, Tochter von Werthers „Lotte“, 1788 – 1877. E. Br. m. U. O.O.(Basel) „Freytag Abend“ o. J. (1869). 1 S. 8o. Brauner Fleck am Unterrand. (120.—)

Wohl an den Archäologen Ernst Curtius, den sie eingeladen hatte.„... so eben erhalte ich ein télegramme, daß man Prof. Lepsius“ (der Ägyptologe Richard L., ein engerFreund von Ernst Curtius) „in Strasburg erwartet und Frl Lilli“ (dessen Tochter Elisabeth) „erst Mon-tag um 10 Uhr hier ankömt. Also lieber Herr! lade ich Sie statt auf morgen, erst auf Montag ein! ...“

I. LITERATUR

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178 — KOCH, Christoph Wilhelm, Jurist und Politiker, stand Goethe während dessen Straß-burger Studienzeit nahe, 1737– 1 1813. 2 e. Schriftstücke m. U. Straßburg 13.X. und 1.XI. 1777.2 S. quer-(gr.-)8o. Auf Stempelpapier. (250.—)

Schuldscheine.13.X.1777. „Ich endes unterschriebener bekenne, daß ich aus der Fleischmannischen Verlassenschaft fürmeine Schwester Sophie Beierin die Summe von dreitausend sechshundert sieben und dreisig Livres 7 Solsbaar bezogen und in meinen Nutzen verwendet habe; welche Summe ... ich gedachter meiner Schwester,auf ihr Begehren, wieder zu erstatten verspreche.“ – Darunter und auf der Rückseite Vermerke von frem-der Hand, einer m. U. der Schwester, 24. floréal an 2 (13.V.1794).1.X.1777. „D’aujourdhuy en un an je payerai à Ma Soeur Sophie veuve de feu M. Beier la somme de trosmille livres ...“ – Am Rand 15 Prolongierungen Kochs (bis 1793); ebenfalls mit einem von der Schwesterunterschriebenem Vermerk vom 24. floréal an 2.S e h r s e l t e n .

179 — LEVETZOW, Ulrike von, Goethes letzte Liebe, 1804 – 1899. E. Br. m. U. „Deine alteTante Ulrike“. O. O. u. D. 2 S. 16o (Briefkärtchen). Leicht gebräunt. Knick in der rechten obe-ren Ecke. (120.—)

An ihre Großnichte Luise von Rauch: „Liebe Luise, bitte lege den beikommend. Kranz auf das Grab derverewigten lieben Mutter ... ich hätte Dir den Kranz gern selbst gebracht, doch bin ich immer noch nichtwohl genug, um eine solche Reise zu unternehmen ...“

180 — NICOLOVIUS, Georg Heinrich Ludwig, preußischer Bildungspolitiker; GoethesNeffe, 1767– 1 1839. E. Br. m. U. Berlin 14.VIII.1827. 2 S. gr.-4o. Mit Siegel und Adresse. Leich-te Randläsuren, etwas braunfleckig. (180.—)

An den Theologen und Prediger Benjamin Adolph M a r k s in Halle, dem er für dessen Schrift „Die Kir-chenbesserung und die innern Gefahren der evangelischen Kirche: Drey Predigten“ (Halle 1827) dankt.„... Ich wüßte nichts in diesen Predigten, was ich nicht unterschreiben möchte, was ich nicht mir aneig-nen könnte. Die erste möchte ich eine erhabene, herrliche nennen. Zeitgemäß sind die beyden andren auchin vollem Maaße. Ich gestehe, daß ich die äußern Gefahren unsrer Kirche nicht fürchte. Während Ein-zelne von ihr abfallen, fallen hunderte offenbar oder in der Stille, von der Macht der Wahrheit gedrun-gen, ihr zu. Und alle Angriffe, Neckereyen, Schmähungen, so empörend sie auch sind, gelten mir nur fürBeweise der Schwäche u. des unbehaglichen Gefühls der deutschen katholischen Kirche, nicht für Zei-chen der Stärke u. Sicherheit. Die innern Gefahren scheinen drohender; doch auch hier bahnt die Wahr-heit sich immer mehr den Weg, und die Stimme des Glaubens ertönt immer lauter ...“

„auf der Flucht vor den Barbaren“

181 — SCHLOSSER, Johann Georg, Jurist, Schriftsteller und Übersetzer; Goethes Schwa-ger, 1739 – 1799. E. Br. m. U. Pforzh(eim) 19.I.1794. 4 S. gr.-4o. Leicht fleckig, kleinere Rand-läsuren (Heftschäden). (300.—)

Wohl an den Hauslehrer seines Sohnes Eduard, der eine junge Dame (v. Clermont) zu ihren Eltern nachKoblenz gebracht und seine glückliche Ankunft gemeldet hatte. Schlosser selbst war mit seiner Familie vorden Franzosen von Karlsruhe nach Pforzheim geflohen.

(Goethekreis)

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I. LITERATUR

„... In der That erleichtert das einen Theil der Last des Mißbehagens das die jezigen Zeiten auf uns legen,und ich, und das Clermontische Haus bleiben Ihnen herzlich verpflichtet, für Ihre treue u. kluge Sorg-falt womit Sie diese Reise geleitet haben.Die Zeit welche Sie auf diese Reise verwendet, haben wir hier, so erträglich als möglich zu gebracht. Edu-ard, der Morgen an Seine Cameradin u. an Sie schreiben will, beschäftigt mich sehr ... In der ZwischenZeit lese ich dennoch – warlich nicht den Pindar, den man wohl, wenn man nicht Heine ist, auf der Fluchtvor den Barbaren noch nie gelesen hat ...“Im Folgenden eine Seite in lateinischer Sprache („potius latine scribam“) auf die Frage, ob der Adressatbei den Freunden am Rhein bleiben oder nach Baden zurückkehren solle. – Am Schluß die „Nachricht,daß Fort Louis gesprengt worden ist, u. daß man da eine grose Anzahl Mörser u. Canonen gefundenhaben soll, welche die verräterische Garnison bey ihrem Abzug verstekt hatte ...“ – Tags zuvor hatten dieÖsterreicher die im November 1793 eroberte Festung auf der Rheininsel Giessenheim aufgegeben undgesprengt.In diesem Jahr überwarf sich Schlosser mit seinem Landesherrn, Markgraf Karl Friedrich von Baden, undging nach Eutin.

182 GOETZ, Curt, 1888 – 1960. Eigenh. Manuskript. 2⁄3 S. kl.-8o. Bleistift. Oberrand einge-rissen. (200.—)

„Beim Mittagessen“. Stichwortartige Skizze für eine Theateraufführung.Beiliegend ein Blättchen (1⁄4 S. quer-schmal-kl.-8o) mit 12 eigenh. Worten. – Ferner beiliegend ein Notiz-blatt des Berliner Theologen Georg Runze mit den – meist „wagnerischen“ – Namen seiner 13 Kinder. Ausdem Besitz von Curt Goetz, der diese Namen in der „Toten Tante“ (1924; später bearbeitet unter dem Titel„Das Haus in Montevideo“) verwendete.

183 GRASS, Günter, geb. 1927. Typoskript (Fragment) mit eigenh. Zusätzen, nachträglicham Rand signiert. (1979.) 1 S. folio. (300.—)

„Ein gewichtiger Mann“. Das erste Blatt seiner Laudatio zum 80. Geburtstag seines Verlegers EduardReifferscheid, die in der „Zeit“ am 11. Mai 1979 erschien. – Beginnt:„Mein Verleger will zu seinem 80. Geburtstag nicht öffentlich gefeiert, abgebildet oder sonstwie in die Zei-len gerückt werden; doch da der Respekt des Autors vor Verlegerwünschen Grenzen kennt, soll ihmEhrung zugemutet werden. Eduard Reifferscheid ist nicht zu übersehen, nicht zu umgehen, er, nur not-dürftig verborgen hinter der Luchterhand, wirft einen geräumigen Schatten.“ – Es folgt ein eigenh.Zusatz: „Jemand, dessen Verlag auf zwei Beinen steht – und um es kurz zu sagen – mit Hilfe von Lose-blattdrucken (Steuertabellen) sein Literaturprogramm finanziert hat. Neuerdings sollen die Produkte derPoeten sogar einen kleinen Gewinn abwerfen. Ein Verleger wider die Monokultur.“Im Typoskript heißt es weiter: „Schon vor zwanzig Jahren, als ich ihn kennen lernte, kam er – was nurdie rundum Dicken können – leichtfüssig auf mich zu: mit einem weitsichtigen, nicht von Optionsklauselnbelasteten Vertragsentwurf, mit der dahingeplauderten Aufzählung aller ihm eigenen Gebrechen, mit dermehrmals versicherten Androhung seines bald zu erwartenden Todes und mit einer heißhungrigen, alleGänge vorauskostenden Einladung zum Mittagessen ...“

I. LITERATUR

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„ein geeigneter Demonstrationsgegenstand“

184 — 2 Br. m. U. Friedenau 17.III. und 11.VI.1976. 2 S. folio. (300.—)

An den Übersetzer Helmut M. Braem (1922 – 1977) wegen der alljährlich stattfindenden Fachtagung lite-rarischer Übersetzer („Bergneustädter Gespräche“).17. März. „...‘ D i e B l e c h t r o m m e l ’ ist sicher ein geeigneter Demonstrationsgegenstand. Ich schlagevor, entweder Ralph Manheim, den amerikanischen Übersetzer, oder Jean Amsler, den französischenÜbersetzer der ‘Blechtrommel’, einzuladen ...... Manheim ist eher scheu; Amsler fehlt es nicht an Selbstbewußtsein. Für mich wäre es lustig, wenn beidekommen könnten, zumal sie sich wechselseitig mit Mißtrauen sehen, also die Veranstaltung nur an Span-nung gewinnen könnte ...“11. Juni. „... Leider lebt mein Freund Vladimir Kafka nicht mehr, der in jahrelanger Arbeit ‘Die Blech-trommel’ ins Tschechische übersetzt hat; doch vielleicht ließe sich jemand finden, der diese großartige Leis-tung von Kafka interpretieren könnte ...“Beiliegend eine sign. Portraitphotographie von Grass (1964).

185* GRILLPARZER, Franz, 1791 – 1872. E. Gedicht m. U. Wien 24.II.1847. 1 S. kl.-4o. Mini-mal fleckig. (2.000.—)

„H a m l e t

Es geht ein Königssohn im hohen Norden,Dem man des Lebens Urquell dort erschlug,Den Thron besitzen die den Vater morden.Die Mutter theilt des Frevlers Lust und Trug.

Es muß Hyperion dem Satyr weichen,Der Lumpenkönig ist zu schaden klug,In all den angestammten, weiten ReichenKaum noch ein Ort der zum Asyl genug.

Und Rosenkranz und Güldenstern, Gervinus,– Polonius wollt’ ich sagen, wie ich muß, –Sie spreiten aus ihr langgedehntes Minus,Die Zunge, steilrecht, bildet es zum Plus.

Auch an Ophelien wird es nimmer fehlen,Das Herz, zumal bei Weibern, hat nicht Rast;Im Sturme, wie der Schiffe, so der Seelen,Mehrt selbst die reichste Ladung nur die Last.

Da mahnt denn alle Welt zum Wirken, Handeln,Allein der Hebel braucht doch Ort und Statt,Der stärkste Sinn wird sich in Mißmuth wandeln,Fehlt erst der Raum zum Anlauf und zur That.“

Mit geringen Abweichungen vom Druck.

(Günter Grass)

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I. LITERATUR

Nr. 185 Franz Grillparzer

I. LITERATUR

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186 GRIMM, Hans, 1875 – 1959. 3 Br. m. U. Klosterhaus 7.I.1945 bis 13.IV. 1946. 4 S. foliound quer-gr.-8o. Mit gedrucktem Briefkopf. Leicht braunfleckig. (250.—)

An Pfarrer Schröder wegen seiner „Erzbischofsschrift“ und seiner Schrift „Warum, woher, aber wohin?“,die erst 1950 bzw. 1954 im Druck erschienen.7.I.1945. „... Zum Anlass der Schrift nahm ich den ersten üblen Brief Thomas M a n n s an die Deutschen,der im Mai von den sogenannten Zeitungen veröffentlicht wurde. Die Schrift wendet sich so sehr an dieEngländer wie an die Deutschen ... Ich habe mich ... entschlossen, die Schrift noch zurück zu halten ...und erst einen offenen Brief an den Erzbischof von Canterbury zu veröffentlichen ...“28.I.1946. „... In der ... Schrift habe ich einige persönliche Erlebnisse erwähnt. Im Ganzen widerstrebtmir das. Es beklagen sich eben zu viele Menschen über das, was ihnen geschehen ist ... Den Juden hatirgend jemand weiszumachen versucht, dass ich Antisemit sei, daher dürfte ausser aus dem Neide derZorn kommen, da ich zur Partei nie gehört habe ...“13.IV.1946. „... Die Schrift an den Erzbischof soll einen besonderen Weg gehen ... Sie ist 80 Maschinen-seiten lang und läßt sich z. Zt. durch die Post nicht nach England schicken ...“

187 GROTH, Klaus, 1819 – 1899. E. Schriftstück m. U. Kiel 13.XI.1885. 2 S. 8o. Gelocht,leicht staubfleckig. (200.—)

An den Herausgeber einer Enzyklopädie, dem er Vertreter „der neuplattdeutschen Litteratur“ benennt,die dort nicht fehlen dürften: John Brinckmann, Sophie Dethleffs und Fooke Hoissen Müller.„... Über 2 u. 3 habe ich Artikel für die Allgem. deutsche Biographie geliefert und werde es gern auch (füralle drei) für die Enc. thun ... Weder über Fritz Reuter, noch über Fr. Hebbel würde ich einen Artikel lie-fern mögen.“

188 GUTZKOW, Karl, 1811 – 1878. 2 e. Br. m. U. Dresden 11.V. und 6.VI.1853. Ein Brief mitBriefkopf der Zeitschrift „Unterhaltungen am häuslichen Herd“ und Siegelrest. Leicht ge -bräunt, etwas fleckig. (180.—)

11. Mai. An eine Autorin. „... Mit wiederholtem Dank für Ihre werthen, den liebenswürdigsten poetischenSinn bekundenden Beiträge zu den U[nterhaltungen] leg’ ich theils den Rest des Manuskriptes bei, theilsdas Honorar, das sich mit acht Thalern zwanzig Neugr[oschen] ausgleicht ...“6. Juni. An einen Dame, deren Einladung er nicht annehmen könne. „... Von einer Parthie nach Maxensind wir gestern Abend so ermüdet heimgekehrt, daß wir uns noch heute nicht hinlänglich gestärkt füh-len, um in Gesellschaft gehen zu können ...“ – Auf Schloß Maxen lebte das mit vielen Künstler befreun-dete Ehepaar Serre; Anton Serre gehört zu den Mitbegründern der Deutschen Schillerstiftung.

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I. LITERATUR

Nr. 189 Friedrich von Hagedorn

I. LITERATUR

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„wenn sich das von einem Fusse sagen liesse“

189* HAGEDORN, Friedrich von, 1708 – 1754. E. Br. m. U. Hamburg 16.XII.1750. 3 S. 4o.Leicht gebräunt. Kleine Rand- und Faltenschäden (alt und neu hinterlegt). (2.500.—)

Inhaltsreicher Brief an den Dichter Nicolaus Dietrich G i s e k e (1724 – 1765), der sich durch Vermittlungdes Theologen Johann Friedrich Wilhelm Jerusalem als Hauslehrer in Braunschweig niedergelassen hatte.„... Alles, was Sie mir von Ihren itzigen Umständen und Ihrer Einrichtung in Braunschweig melden, giebtmir eine neue Freude und eine neue Hochachtung für d[en] H[errn] A b t J e r u s a l e m , welche ihm bes-tens zu bezeugen, bitte. Nicht weniger ergehet an alle meine dortigen Freunde was wir Deutsche einenGruß und die Franzosen ein Compliment nennen ...Können Sie, oder ein Ebert, oder ein andrer, mir erklären, was ich gestern in dem letzten Stücke des Jour-nal des Scavans, Nov. 1750, p. 225 gelesen habe? Il parut, il y a quelques jours, un Phénomene litterai-re. Mr. Grimm, Allemand, donna un Essai sur la Litterature de son Pais, écrit en très-bon François, &Mr. de Vo l t a i r e une Suite de l’Histoires des Croisades, écrite en très-dur Allemand. Es scheint mir sehrseltsam zu seyn, daß Voltaire, der sich itzo an einem Hofe (wer weiß, wie lange?) befindet“ (gemeint istPotsdam, der Hof Friedrichs des Großen), „an welchem die deutsche Sprache nicht in grossem Ansehenstehet, darinn sich hervorzuthun und seine Exercitia der so unbekannten deutschen Gesellschaft in Pariszuzusenden, gewagt habe ...Ich wiederhohle, mit Ihrer Erlaubniß, meine ehemalige Bitte, mir alles zu melden, was Ihnen von d[em]H[errn] K l o p s t o c k s Aufenthalt und Umständen, seit seiner Rückkunfft aus der Schweitz, bekanntgeworden ist, und, insonderheit, ob er, in Ansehung seiner Obliegenheiten gegen den Dänischen Hof, nichtveranlasset werden sollte, wenigstens auf eine Zeitlang, dahin zu gehen. Ich bin recht begierig, ihn, auchvon Person ... kennen zu lernen, und auf Hamburg müßte seine Hinreise treffen, wenn er nach Copenha-gen kommen sollte.“ (Durch Hagedorns Vermittlung lernte Klopstock im nächsten Jahr Meta Moller kennen.)„Heute Abend wird d[er] H[err] Bürgermeister von Lipsdorp, der in seinen Nieren einen Steinhaufengehabt, daher auch unheilbar gewesen ist und unglaublich gelitten hat, mit vielem Gepränge beerdigt.Ihnen darf ich nicht sagen, wie viel Hamburg in ihm verliert ...“Ferner über sein „Podagra“ (Gicht). „... ich habe es reichlich, und ich könnte meinen rechten, unbän-digen Fuß halsstarrig nennen, wenn sich das von einem Fusse sagen liesse. Gleichwohl verpflege ich ...den Aufrührer, als den besten Freund und er wird gestreichelt und eingehüllt, als ein reicher Alter, dersein Testament macht ...“S e h r s e l t e n . – Siehe die Abbildung auf Seite 93. – Aus der Sammlung Künzel.

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I. LITERATUR

190 HARINGER, Jakob, 1893 – 1948. Eigenh. Gedichtmanuskript. 2 S. 8o. BräunlichesPapier. (350.—)

„Zwei Gedichte in Verehrung und Schuld Kurt Bock gegeben“.

I) „O Schnee der deiner Wange Abend schmolz

O Schnee der deiner Wange Abend schmolzDie Seele blizt viel ärmste StraßendingUnd Alles faßt ein roter MädchenringDer Tag zerflattert Länder müd und stolzUnd Nichts mehr zündet unsre Lampen süßSo tändeln wir das Ende noch vertanBös hängt der Tod dir ärgstes Leben an ...“

Es folgen 7 weitere Zeilen.

II) „Untreue

Alle Sterne singen von deinen falschen MaibändernDie mein Herz durch die Hölle geschaukelt und trauernd bespieltWie haschten die Blumen so froh nach deinen MädchengewändernUnd der goldene Händ die mich monden zu Gott umkühltNun ist wieder alles vorüber, dein Kleid denkt nimmerAn meine toten Gassen und sinntDie schönsten Herbstberge durch unser Amselzimmer ...“

Es folgen 9 weitere Zeilen.

191 HARTLEBEN, Otto Erich, 1864 – 1905. E. Br. m. U. Florenz 3.VI.1900. 4 S. 8o. (200.—)

Von einer Italienreise an „Lieber Herr Doctor“, wohl Otto Brahm, Intendant des Deutschen Theaters inBerlin, die Uraufführung seines Dramas „Rosenmontag“ betreffend.„... In Rom, wo ich Zeit und Gelegenheit dazu habe, denke ich mich noch sehr ernsthaft mit dem Rosen-montag zu beschäftigen. Schon jetzt wimmelt mein mit mir wandernder Bürstenabzug von Änderungenund – Zusätzen ... Quä cum ita sint, möchte ich Sie recht sehr bitten mir Ihre Vorschläge etc. schon jetztbrieflich zu machen. Sie wissen aus unserer Correspondenz über den +++ wahrhaft guten Menschen daßich zugänglich und dankbar bin. (Nicht wahr: Sauer“ (der Schauspieler Oscar S.) „müßte den Hans spie-len. Aber die Traute?) ... Jedenfalls beschäftige ich mich innerlich viel zu viel mit der Sache, um bis zumAugust mit Geduld auf eine Aussprache warten zu können, lieber dreh ich um und komme in die Kalt-wasserheilanstalt, in der Sie sich diesen Sommer für den nächsten Winter präparieren lassen ...“Das im Oktober in Berlin uraufgeführte Stück wurde Hartlebens größter Bühnenerfolg.

192 — E. Br. m. U. „Otto Erich“. Schloss Marbach am Bodensee 14.II.1901. 2⁄3 S. kl.-folio.Rote Tinte. Mit verschlungenen Initialen am Kopf. Kräftiges Papier. (150.—)

An seinen Freund, den Literarhistoriker Otto Pniower.„... So weit wär ich nun wieder, daß ich – wenn auch ohne Wissen und Erlaubnis des Arztes – die Schluß-correcturen des Goethe breviers lesen kann. Anbei die letzten drei Bogen. Ich habe eine sehr schwere Zeithinter mir. König Milan hat sie nicht durchgehalten. Ich habe aber auch nie viel von seinem Hinterkop-fe gehalten ...“Der abgedankte König Milan I. von Serbien war drei Tage zuvor einer Lungenentzündung erlegen.

I. LITERATUR

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193 HAUG, Friedrich, 1761 – 1829. E. Br. m. U. St(uttgart) 20.IV.1810. 1 S. gr.-8o. Ungleich-mäßig gebräunt. (200.—)

An einen Redakteur bei Übersendung von Manuskripten.„.. Herr Lehr, Bibliothekär unseres Königes, bat mich, Ihnen beiliegende Gedichte und ein Räthsel zu sen-den. Er fängt erst zu dichten an, ist aber ein Mann von Talent ...Die Schuhe der Rhodope von Ritter sind gewiß nicht ohne Verdienst.Um dem Briefe doch noch etwas Eigenes beizulegen, send’ ich Ihnen noch eine Skolie, ein Räthsel, undeine Art Charade, nebst Mystagog ...“Friedrich Ritters Ballade „Die Schuhe der Rhodope“ erschien im nächsten Jahr in dem von Haug redi-gierten „Morgenblatt für gebildete Stände“.

194 — E. Gedicht. 2 S. 4o. Schwach fleckig, linker Rand beschnitten. (300.—)

„Guido’s Klage“. Die beiden ersten von elf Strophen lauten:

„Da ruhten oft, glückselige Gatten, wirIn kühler Geisblattlaube. Da fühlen ach!Wir in der Abenddämmrung StilleNimmer die Segnungen treuer Liebe.

Ist’s wol vom Schicksal so denn geboten? MußEin Morgenroth hinraffen das Schönste? Weh!So mußt’ in Einer FrühlingshoreBlühend verblühen die Rose Clary?“

Mit einer Korrektur.

195 — E. Gedicht. 3⁄4 S. 8o. Etwas fleckig. (200.—)

„Biban. Vermuthung.

Zwey Jahre sonder Frost? – Wie soll ich’s deuten?Die Gottheit will vom Winter uns befrey’n,Dem grösten stillen Feind vom WeinUnd läßt uns nur drey Jahreszeiten.

Wir machten wol ihr Mitleid rege.Sie weiß den Durst der Creatur,Und ändert lieber die Natur,Als daß sie uns den Wein entzöge.“

196 HAUPTMANN, Gerhart, 1862 – 1946. E. Br. m. U. Berlin-Grunewald 14. X I . 1 9 1 8 . 3⁄4 S.gr.-4o. Mit gedruckter Adresse am Kopf. (300.—)

An einen Professor, fünf Tage nach Ausrufung der Republik geschrieben.„... Noch bin ich zwar nicht im Stande, Ihre Arbeit eingehend zu durchdringen, aber ich fühle Ihre Nei-gung und Liebe für mein Schaffen, und damit Ihre persönliche Nähe. Und ich danke Ihnen für die gros-se Freundlichkeit, die Sie mir durch Übermittelung Ihrer Arbeit erwiesen haben ...“

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I. LITERATUR

197* HAUSMANN, Manfred, 1898 – 1986. 5 Autographen: 1 e. Br. m. U., 3 e. Postkarten m. U.und 1 Postkarte m. U. Bremen 15.VIII.1955 bis 26.IX.1963 und (1983). 1 S. gr.-8o und die Kar-ten. (300.—)

An den Schriftsteller und Juristen Gerhard Deesen (1904 – 1989) in Kaufbeuren, dessen Gedichte er schätzte.15.VIII.1955. „... wie immer so haben mich auch diesmal Ihre Gedichte tief bewegt. Ich danke Ihnen sorecht von Herzen ...“29.XII.1959. „... Immer haben die Gedichte, die von Ihnen zu mir kommen, den Atem des Menschlichenund Warmherzigen. So gehen sie mir freundlich zu Herzen und werden dort bewahrt ...“26.IX.1963. „... Dankbarkeit bricht wohl immer aus einem staunenden und hilflosen Herzen hervor.Heute ist aber, bei der Überfülle der eingegangenen Gaben und Glückwünsche, (mehr als 600!) auch dieSchreibhand hilflos ...“(Brief, 1983.) „Mag’s auch mühsam gehen, / das verzehrte Herz, / mag die Hand auch schwanken – //macht nichts, sie verstehn / hier und allerwärts / trotzdem noch das Danken, denn Sie haben mir ... mitIhrem Glückwünsch zu meinem Fünfundachtzigsten ... eine wirkliche Freude gemacht. Die Beantwortunggeht nur langsam von statten ..., ich werde wohl erst am Ende des Jahres damit fertig sein ...Wenn ich ein Gedicht lese wie ‘Der andere Tag’ dann bin ich lange Zeit beglückt. Sie haben in Worte gefaßt,was ich bei der Betrachtung der Straßburger ‘Synagoge’ gespürt habe, aber nicht sagen konnte ...“

„moderate ideas“

198 HAWTHORNE, Nathaniel, 1804 – 1864. E. Brieffragment. (1853.) Ca. 11�12,5 cm (aus2 Abschnitten zusammengesetzt). Bläuliches Papier. (600.—)

An seine Schwägerin Elizabeth P e a b o d y nach seiner Ernennung zum amerikanischen Konsul in Liver-pool durch Präsident Franklin Pierce, seinen College-Freund, dessen Kandidatur er mit der Veröffentli-chung einer Biographie unterstützt hatte.„Here it lies in a nutshell – Our gross income for the four years will be about what you supposed our netincome for one year to be; but I am not in the least disappointed – having had reliable information as tothe value of the office, from the moment when it was first proposed to me. Still, I expect and fully intendthat it shall yield us what, with our moderate ideas, will prove a competence.“Am Rand und auf der Rückseite eine Echtheitsbestätigung sowie Erläuterungen zum Hintergrund des Brie-fes von der Hand Elizabeth Peabodys – „... He did not like to take office at all under Pierce because itseemed as if he had written the Life to get it. But as his books never brought him on an average $ 1000 ayear, the duty to his family compelled him to put aside his pride after a long struggle with it, and acceptthe office ...“Aus dem Nachlass der Schriftstellerin Amalie Amely Bölte, die das Autograph von Elizabeth Peabodyerhalten hatte.

I. LITERATUR

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„zum heitersten Andenken“

199* HEINE, Heinrich, 1797– 1 1856. Widmungsexemplar: „Heinrich Heine über LudwigBörne“. Hamburg, Hoffmann und Campe 1840. 8o. Halbleinenband der Zeit mit goldgeprägtemRückenschildchen. Einband etwas berieben und bestoßen, stellenweise etwas stockfleckig; einBlatt lose. W/G² 15. – E r s t a u s g a b e . (2.000.—)

Auf dem breiteren, daher gefalteten Titelblatt die eigenhändige Widmung „Seinem Freunde Roth zum hei-tersten Andenken. Paris den 14 Jan. 1841 / H. Heine.“ – Die Oberlängen der Buchstaben durch Beschnittbeeinträchtigt.Adressat der Widmung ist vermutlich Heines langjähriger homöopathischer Arzt Didier Roth (1800 –1885).„Von seinen Werken liebe ich längst das Buch über Börne am meisten. Er war als Schriftsteller und Welt-psycholog nie mehr auf der Höhe, nie weiter voraus als in diesem Buch“ (Thomas Mann, 1908).

200* HERDER, Johann Gottfried, 1744 – 1803. E. Br. m. U. Weimar 15.I.1781. 12⁄3 S. 4o. Leichtbeschnitten. (2.000.—)

An den von ihm hochgeschätzten Astronomen Friedrich (später Graf) v. H a h n auf Gut Neuhaus, beiÜbersendung seiner Schrift „Vom Einfluß der Regierung auf die Wissenschaften, und der Wissenschaftenauf die Regierung“, die er auf die Preisfrage der Berliner Akademie für 1779/80 eingereicht hatte, und mitder er zum dritten Mal den Preis dieser Akademie errungen hatte.„Um nicht ganz aus Ihrem Andenken zu kommen, ... nehme ich mir die Freiheit, Ihnen meine Preisschriftzu übersenden. Ich wollte, daß Ihnen Einiges gefiele! ...Es sind hier Chesterfield’s u. Swifts Werke, die besten Ausgaben, schön gebunden, zu haben ... der Besit-zer will sie losschlagen. Da Sie eine Sammlung so schöner Engl. Bücher haben u. insonderheit Chesterfieldnoch nicht haben werden: so bitte ich mir nur Einen Wink aus u. ich kann mehrere Nachricht davon geben.Mein Schwager hat mir viel Guts von Ihnen erzählt. Glücklich, daß das Schicksal doch unter tausendenEinen Mann glücklich macht, der seines Glücks in Ruhe zu genießen weiß u. deßen werth ist ...“Herder hatte Hahn 1770 am Eutiner Hof kennengelernt. – Briefe Band 4 Nr. 150.

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Nr. 200 Johann Gottfried Herder

I. LITERATUR

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„alles voll von Berlinern“

201 HESSE, Hermann, 1877– 1962. E. Br. m. U. und einer aquarellierten F e d e r z e i c h-n u n g (Tessiner Landschaft) am Kopf. O.O.u.D. (nach 1927). 13⁄4 S. gr.-8o. Mit eigenh. Adres-se auf der Rückseite. (1.600.—)

An seinen Freund Otto Blümel (1881 – 1973), den Leiter der Fachschule für Holzschnitzerei in Parten-kirchen, der u. a. den Buchschmuck für Hesses Gedichtband „Unterwegs“ (1911) entworfen hat.„Lieber Freund / Das war schön, daß einmal wieder ein Gruß von Dir kam; ich danke Dir. Er kam gradeam Geburtstag meiner Freundin Ninon“ (am 18. September). – 1927 war Hesses Ehe mit Ruth Wengergeschieden worden.„Ein im März durch Ski-Unfall verdorbener Arm, leider der rechte, beschäftigt mich u. den Masseur nochimmer, im Oktober lege ich ihn in Baden in’s Wasser. Von Mitte November an bin ich wieder in Zürich. Wirhatten einen wunderbaren Spätsommer, er ist noch immer nicht ganz erloschen. Diesen Sommer sindmeine sämtlichen 3 Söhne Soldaten (2 davon Rekruten) gewesen u. versuchten die Schweiz zu verteidi-gen, es war aber doch alles voll von Berlinern.Mit den Augen geht es mir dauernd schlecht, sonst erträglich. Ninon war 10 tage krank, ist aber wiederziemlich munter ...“

202 — E. Br. m. U. Baden bei Zürich o. D. (um 1930). 11⁄2 S. kl.-4o. Auf Hotel-Briefbogen(graues Papier). (250.—)

Während eines seiner – seit 1923 regelmäßigen – Kuraufenthalte in Baden an den Apotheker Kurt Mün-zel, den Sohn des Hesse-Sammlers Franz Xaver Münzel.„... Ich bin im Ochsen, u. eben war der Arzt da. Nun bitte ich Sie, mir baldmöglichst u. zum Selbstkos-tenpreis zu besorgen u. zu senden: / 1 Packung Perandren in Ampullen à 25 milligr. ... / 1 Packung Peran-dren-Linguetten à 5 mgr / 1 Packung AtolaxIch komme in den nächsten Tagen dann einmal zu Ihnen. Vorläufig halte ich mich an der Wärme u. binfast den ganzen Tag im Bett ...“

„ein endgiltiger Rücktritt“

203 — Br. m. U. „H Hesse“ (Bleistift). O. O. u. D. 13⁄4 S. gr.-8o. Mit (eigenh.?) koloriertem „Holz -schnitt nach einem Aquarell von Hermann Hesse“ (Tessiner Landschaft) am Kopf. (400.—)

An (den Forstinspektor Franz Xaver) Burri, der 1902 in Luzern eine „Freie Vereinigung Gleichgesinnter“gegründet hatte.„Sie haben mir, sowohl in Ihrem eigenen Namen wie in dem der Freien Vereinigung und des Vortragsver-bandes so freundlich zum Geburtstag gratuliert, und nun kommt auch Ihre Einladung zu einem Vortrags-abend. Ich möchte Ihnen, der Freien Vereinigung und dem Verband für Ihr Gedenken herzlich danken.Eine Vorlesung aber kann leider nicht zustande kommen. Mein Zurücktreten infolge dauernder Indispo-niertheit, die mir alles vermeidbare Reisen verbietet, war nicht eine vorübergehende Haltung, sondern einendgiltiger Rücktritt. Ich habe so schon seit etwa sechs Jahren alle Einladungen zu Vorträgen ausnahmslosmit Dank ablehnen müssen, und dabei wird es für den Rest meiner Tage sein Bewenden haben ...“Beiliegend ein e. Br. m. U. Hesses, o.O. (1930; auf einer Ansichtskarte von der Casa Rossa), an „FrauBurri“, ebenfalls wegen eines Vortrags: „... Zu meinem Bedauern kann ich meinen Entschluß nichtändern. Seit mehr als 10 Jahren schon hat meine schlechte Gesundheit u. die Art meiner Arbeit mich genö-tigt, auf alle Vorträge u. Vortragsreisen zu verzichten ...“

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I. LITERATUR

Nr. 201 Hermann Hesse

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204 — Gedicht-Typoskript (Durchschlag) m. U. und eigenh. Zusatz. November 1944. 1 S. gr.-8o. (250.—)

„Späte Prüfung

Nochmals aus des Lebens WeitenReißt mich Schicksal hart ins Enge.Will in Dunkel und GedrängePrüfung mir und Not bereiten.

Alles scheinbar längst Erreichte:Ruhe, Weisheit, Altersfrieden,Reuelose Lebensbeichte –War es wirklich mir beschieden?“

Es folgen vier weitere Strophen. – Darunter der eigenh. Zusatz: „Dank für Ihren lieben Brief u. die Grüsseder Freunde. Meine Kraft reicht zu Briefen nicht mehr. Herzliche Grüsse!“

205* — Widmungsexemplar: „Blätter vom Tage“. Privatdruck, Montagnola 1948. 16 S. 8o.Orig.-Umschlag. – Erstausgabe (WG² 316). (120.—)

Auf dem Titelblatt die eigenh. Widmung: „in Montagnola überreicht im September 1948 von Ihrem / HHes-se“.

„gewisse Ludendorffe Amerikas“

206 HILLER, Kurt, 1885 – 1972. Briefdurchschlag mit e. Textergänzung sowie Grußformel„Herzlichst / Dein Kurt“ am Kopf. London 3.XII.1950. 2 S. gr.-8o. Gelocht. (200.—)

An seinen Freund (Walter D. Schultz in Hamburg), den „Dedikationär meiner ‘Köpfe und Tröpfe“‘, demer diesen an den Journalisten Rudolf Pechel gerichteten Brief im Durchschlag zur Kenntnis gibt. VorDrucklegung seines Buches „Rote Ritter“ bittet Hiller Pechel und Schultz um Rat wegen einer Formulie-rung. „... Im Schlußkapitel ... lege ich wert darauf, dem Leser klar zu machen, daß meine sehr scharfe Kritikan den Kommunisten nicht etwa von der Seite eines ‘amerikanisch Orientierten’ kommt. Ich sei, soweitich nicht planetarisch, europäisch und deutsch orientiert sei, dann schon eher ... indisch orientiert. Ichziehe zwar den Hut vor Persönlichkeiten wie Truman, Marshall, Sidney Hook, Kinsey, Justice Jackson,mache dann aber (besonders unter Hinweisung auf die tollen Fehler der USA-Politik in Ostasien) eine kri-tische Bemerkung über ‘gewisse Ludendorffe Amerikas’ ... Ich habe vor, ... diesen Ausdruck zu streichen– weil das Mißverständnis nicht aufkommen soll, als meinte ich etwa Eisenhower oder Omar Bradley; ichmeine nur Mac Arthur und mehr noch die dummen, reaktionären Senatoren, deren Exponent er ist, unddie Truman hindern, so zu handeln, wie dieser kluge Humanist imgrunde gern möchte. Ich will also inder Korrektur aus ‘gewissen Ludendorffen Amerikas’ ‘gewisse Hugenberge Amerikas’ machen ... And-rerseits frage ich mich, ob es taktisch richtig, angesichts einer 100% antisowjetischen Streitschrift, wel-che mir fraglos einen weißglühenden, mörderischen Haß der Kommunisten eintragen wird, ... meineSelbstabgrenzung gegen Amerika so weit zu treiben ...“Walter Detlef Schultz (1910 – 1964), in den letzten Kriegsjahren Leiter des deutschsprachigen Dienstes derBBC, leitete damals das Außenreferat des Nordwestdeutschen Rundfunks; mit Hiller war er seit ihrergemeinsamen Haft im KZ Oranienburg 1933/34 befreundet.

(Hermann Hesse)

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I. LITERATUR

Nr. 207 Ludwig Hölty

I. LITERATUR

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„der berühmte Traumbilderdichter“

207* HÖLTY, Ludwig, 1748 – 1776. E. Br. m. U. Leipzig 13.X.1774. 4 S. kl.-4o. Leicht ge -bräunt. (3.000.—)

An seinen Freund Johann Heinrich Vo ß in Wandsbek über seine Reise von Göttingen nach Leipzig, dieer in Begleitung von Johann Martin M i l l e r unternahm, um sich bei dessen Vetter, dem BuchhändlerWeygand einführen zu lassen.„Den Dienstag Abend kamen wir in Leipzig an. Die Reise war sehr beschwerlich. Bey Tage mußten wirrasten, und bey Nacht fahren. Von Northeim bis Roßla, wo ein Graf S t o l b e r g residirt, fuhren wir aufofnem Wagen, und hatten einen heitern gestirnten Himmel über uns. Zu Roßla wurden wir in die soge-nannte gelbe Kutsche gepackt ... Ich wählte mir der Außicht wegen eine von den Seitenlogen, und guck-te wie aus einem Fenster in die schöne große Welt hinaus. Wir kamen durch Eisleben, wo Luther geborenist, konnten aber, weil es Mitternacht war, weder die Stadt, noch Luthers Geburtshaus, besehn. Hier beka-men wir an einem Officier einen lustigen Reisegefährten ... Wir aßen zu Mittage mit ihm in Merseburg,und tranken gewaltig viel Merseburger. K l o p s t o c k nennt es den König unter den Bieren ... Ich glau-be steif und fest, daß Wodan mit seinen Leuten in Walhalla Merseburger trinkt. Wir tranken des Götter-safts so viel, daß unsre Gesichter so feuerroth wurden, als Uzens“ (Johann Peter U z , 1720 – 1796), „daer zur Gottheit aufflog. Zwischen Merseburg und Leipzig tranken wir in einer Schenke Caffe, vor derenThür ein Phaeton mit zwey lieblichen Mädchen hielt. Die eine war vorzüglich schön, und ohngeachtet sieeine Blondine war, gefiel sie mir doch höchlich. Ich stellte mich dicht an die Thür, als sie abstieg, und wie-der einstieg, und verschlang ihre Reize. Sie kam einmahl so nahe bey mir vorbey, daß mich ihr schönerArm ein wenig berührte. Betrübt sah ich sie wegfahren. Ich freute mich, daß mein Herz noch fühlen konn-te. Welch ein Himmel ist die Liebe! Der ist ein Engel, der in diesem Himmel wohnen kan, der ein Ver-dammter, der nie einen Platz darin bekommt. Troz meiner strupfichten Locken, hätte sie mich vielleichtangelächelt, wenn sie gewußt hätte, daß der berühmte Traumbilderdichter vor ihr stände. Es gefällt mirin Leipzig ungemein. Den ganzen Tag bin ich mit Miller bey Weygand, der sich sehr freundschaftlich gegenmich beweißt. Er will alles verlegen, was wir schreiben, und übersezen, und hat mir angeboten, an einerphilosophischen, belletristischen Bibliothek zu arbeiten ... Wir wollen also diesen Winter ein paar Über-sezungen fertig machen. Die Wahl hat er uns völlig überlaßen. Spüre nur einstweilen nach, ob Du etwasauffinden kanst ...Gestern bin ich in der Comoedie gewesen. Die bestrafte Neugier, ein schlechtes Stück von Stephani, wurdesehr gut gespielt ... Es sind zwey Gesellschaften hier, die Seilersche, und Döbbelinsche. Die lezte spielt aufdem ordentlichen Comoedienhause. Diese sahen wir gestern spielen, die Seilersche heute.Die lyrische Blumenlese ist höchst elend. Sie schlagen fast alle ins Amorettenfach. Die meisten sind Nach-ahmungen. Fast alle Stücke von B ü r g e r, fast alle von B o j e stehn darin, und, sonderbare Erschei-nung! auch eine Ode unsers Ewalds, die Verzweiflung, die uns so manche Baucherschütterung gemachthat. Der M e r k u r ist auch da, und die Republick“ (Klopstocks „Gelehrtenrepublik“) „wird darin geta-delt. Ein reiches Feld für Hahn! Sie wird ein dunkles allegorisches Gewebe gescholten, Klopstocks Stylals unzusammenhängend, und spricht Klopstocken allen Wiz ab ... Eben hab ich mit Weygand ausge-macht, daß ich Plato Republick und Shaft bury Werke übersetzen soll ...“Gedruckt in „Westphälisches Magazin“, 1911, Nr. 3, S. 61f. – S e h r s e l t e n .Siehe die Abbildung auf Seite 103.

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208* HOFFMANN VON FALLERSLEBEN, August Heinrich, 1798 – 1874. E. Gedicht m. U.„HvF“. 1856. 3 S. gr.-8o. Minimale Randschäden. (300.—)

„Zum 24. April 1856.

Das ist die wahre Frühlingszeit,Der Erde Himmelsseligkeit,Wenn ein Herz das andre sucht und findetUnd sich zu Einem Herzen verbindet,Nach ihm sich sehnet, ringet und strebt,In ihm sein eigenes Leben lebt,Und dann am allerglücklichsten ist,Wenn es im andern sich selbst vergißt ...“

Es folgen 29 weitere Verszeilen. – Geschrieben für das „Künstlerpaar / Frau und Herr von Milde“.

209* — E. Br. m. U. „HvF“. Schloß Corvey 2.VI.1870. 1 S. gr.-8o. Kleine Rand- und Falten-schäden (teilweise ausgebessert), leicht gebräunt, verso Montagespuren. (150.—)

An seinen Freund (Gerhard Josef Compes, Justizrat und vormaliger Abgeordneter des Frankfurter Par-laments) in Köln.„Geehrter Freund! / Anbei eine Kleinigkeit zur Abkühlung der Überschwenglichen! Sorgen Sie dafür, daßsie in der Nummer zum ersten Pfingsttage abgedruckt wird.Beif. Schema bitte ich auszufüllen u. mir so baldigst zuzustellen. Vorläufig genügt mir eine solche kurzebiogr. Nachricht ...“

210 HOFMANNSTHAL, Hugo von, 1874 – 1929. E. Albumblatt m. U. Prag 16.I.1906. 1⁄3 S. 4o

(unter dem montierten Druck einer Portraitphotographie). Karton. Leicht fleckig. (600.—)

Die Schlußzeilen seines Gedichts „Manche freilich“ von 1896:

„Und mein Theil ist mehr als dieses Lebensschlanke Flamme oder schmale Leier.

Hugo von Hofmannsthal“.

Diese Zeilen zieren Hofmannsthals Grabmal auf dem Kalksburger Friedhof in Wien.

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211 HOLZ, Arno, 1863 – 1929. Eigenh. Gedichtmanuskript mit Namenszug am Kopf. 5 S. gr.-4o. Bleistift. Die einzelnen Zeilen auf die Mittelachse geklebt. Einige Zeilen etwas gelockert,leicht fleckig. (1.200.—)

„Späterer Eindruck gegenüber einem eigenen Werk.

Ich kucke in mein Werk‘Ignorabimus’,

vor Jahren in drei Jahren wildester, wirbelndster, wütendster Arbeit wuchtigst geschrieben,kein Rasttag, kein Ruhtag, kein ‘Ausgeh’tag,

kein‘Feier’- und kein ‘Sonntag’,

die dicken, gelben,gleichmäßig geschichteten Stöße Konzeptpapier

immer wieder verschrumpelnd; immer wieder sich häufend,es muß, es muß, es muß, es muß,

jeden Morgen wie aus Stahl, jeden Abend wieder wie aus Blei,es muß, es muß, es muß, es muß,

esmuß,

noch im Traum wie unter einer Last, wie unter einer Riesenlast, wie unter einer seligen mich windend,beglückt, verzückt, entrückt,

berufen,begnadet, gebenedeit, gesegnet, auserwählt,

‘erkoren’,jetzt,

nachdem allesvorbei,

nachdem alles verrauscht, nachdem allesfast

‘vergessen’ ...“

Es folgen 108 weitere Zeilen auf 4 Seiten. – Holz’ Mittelachsenlyrik gilt als wegbereitend für die Konkre-te Poesie. Beiliegend eine weitere, wohl frühere Fassung des Gedichts, 3 S. gr.-folio (Karton), ebenfalls aus zentriertaufgeklebten Einzelzeilen gestaltet; insgesamt 137 Zeilen, Bleistift. Ferner beiliegend ein von Holz korrigiertersignierter Fahnenabzug des Gedichts, Leipzig 1920, 2 S. gr.-4o; ein Druck des Gedichts, 2 S. kl.-folio, mit 6montierten e. Zeilen; ein weiterer Druck mit 8 montierten e. Zeilen, 2 S. kl.-folio; und 2 e. Gedichtzeilen.

213 — E. Gedicht. (1891.) 33⁄4 S. gr.-8o. Etwas gebräunt, kleiner Einriss. (250.—)

Niederschrift eines 14-strophigen Gedichts seiner späteren Frau Emilie, von dieser am Schluss signiert unddatiert: „Gelesen, genehmigt und unterschrieben. / Berlin 23.IX 91 / Die Verfasserin / Milli’n.“

„Folgen unzeitgemässer Windmillenhaftigkeit / oder: / Die verwechselten Proppens. / von Milli’n.

Ein Städtgen Namens SchiefelbeinBeherbergt hier ein Mägdulein.Ihr Vater fabrizirt in ZinkUnd Hannchen heißt das süße Ding.

Doch plagt sie sehr zu ihrem Leid‘Ne jroße Windmillhaftigkeit.Woe sie auch geht und wie sie tritt,Stets musizirt ihr etwas mit.“

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I. LITERATUR

214 — E. Br. m. U. Berlin 8.IX.1907. 4 S. 4o. Leicht gebräunt. Mit Klammerspur am Kopf.(250.—)

Wohl an einen befreundeten Juristen, den er dringend um Rat bezüglich eines alten Autorenvertrags bit-tet.„... Ich schloß, unter dem alten Gesetz, anno 90, für eines meiner Bücher den bekannten Vertrag für dieerste ‘und alle folgenden Ausgaben’, ohne jedoch weder damals noch nachträglich für dies ‘und alle fol-genden’ je das geringste Aequivalent erhalten zu haben. Bin ich jetzt auch nach Eintritt des neuen Geset-zes verpflichtet, an diesem ‘und alle folgenden’ festzuhalten? Oder hat das neue Gesetz uns von den Fol-gen einer so unsinnigen Abmachung, in die junge Autoren den Verlegern ja immer nur aus geschäftlicherDummheit gehen, ohne zu ahnen, wie sie sich damit bis ‘30 Jahre nach ihrem Tode’ dadurch für nichtsbinden, befreit? ...“ – Holz war zeitlebens ein finanziell wenig erfolgreicher Autor, sein einziger finanziellerErfolg war der 1904 bei Piper erschienene Gedichtband „Dafnis“.Beiliegend ein e. Br. m. U. (Berlin 1893), an einen Redakteur der Zeitschrift „Die Gegenwart“, über einendort über ihn erschienen Artikel; ferner beiliegend ein e. Billett m. U. (o.O. 1906), in Verlagsangelegen-heiten.

215 — E. Gedicht m. U. 11⁄2 S. gr.-8o. Kariertes Papier. Gelocht, leicht staubfleckig; kleineFaltenrisse alt repariert. (250.—)

„F r ü h l i n g .1.Die Ammer flötet tief im Grund,Der Frühling blüht mein Herz gesund.Ueber die Augen halt ich die Hand,Schimmernd liegt vor mir das Land ...2.Auf der grünen HallelujawieseGeht es jetzt zu wie im Paradiese.Dort blitzt der Himmel aus blauer SeideMit Lämmerwölkchen weiß wie Kreide ... 3.Und mitten, mitten in all dem Lenze,Da steht meine Liebste und flicht sich Kränze ...“

Im Ganzen 32 Verszeilen.

216 HUCH, Ricarda, 1864 – 1947. E. Br. m. U. Jena 26.VII.1944. 12⁄3 S. gr.-8o. Etwas ge -bräunt, Klammerspur, kleiner Faltenriss. (300.—)

An eine Dame, der sie für eine Geschenksendung zu ihrem 70. Geburtstag dankt.„... Nun begreife ich, warum Sie wünschen anwesend zu sein, wenn ich es öffnete. Zuerst kamen die Trop-fendeckchen heraus, da staunten wir ... u. schließlich herrschte Begeisterung. Denn diese Dinge sind ...doch nirgends zu bekommen ...Soviel ich weiß, ist Fürth bis jetzt von Bomben verschont geblieben; hoffentlich wird es das auch künftigsein ...“Beiliegend ein weiterer e. Br. m. U., Jena 23.IX.1946, an den Schriftsteller Heinz Gollong wegen biogra-phischer Notizen zu ihrem Gedenkbuch für die Opfer des Nationalsozialismus. „... Gerade weil HarroSchulze-Boysen eine umstrittene Persönlichkeit ist, liegt mir viel an Ihren Aussagen ...“

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217 HUXLEY, Aldous, 1894 – 1963. E. Br. m. U. „AH“. Nizza 26.IV.1934. 1 S. gr.-8o. KleineRandschäden, etwas unfrisch. (200.—)

An „My dear Ralph“.„... Herewith are / 1) article for N. Y. Am, which please have typed for me. / 2) a letter for the editor ofNash’s, whose address I have mislaid, but who asked me for a word for his anniversary member. 3) agree-ment ...“

„I would like my dialogue better than his“

218 — E. Br. m. U. Los Angeles 12.VIII.1959. 11⁄3 S. gr.-4o. Luftpostpapier. Mit gedrucktemBriefkopf. Tinte etwas durchscheinend. (250.—)

An seinen Literaturagenten wegen der Adaption seiner Erzählung „ T h e G i o c o n d a S m i l e “ für denkanadischen Rundfunk.„... I don’t know the version of the G. Smile in question – but don’t imagine that it can do any harm tohave it broadcast in Canada. You can remind the CBC, when you give permission, that there is my play,from which it w[oul]d be very easy to make a version – as has been done repeatedly in this country.Cohen’s version may be taken from the play. I hope so – for I know that I w[oul]d like my dialogue bet-ter than his! ...“Unter dem Titel „A Woman’s Vengeance“ hatte Huxley eine Bühnenfassung der 1922 erschienenen Kurz-geschichte geschrieben, die 1947 unter der Regie von Zolán Korda verfilmt wurde.

219 ISTRATI, Panait, 1884 – 1935. E. Br. m. U. Baku 22.XI.1927. 3 S. gr.-8o. Kleine Falten-risse. (200.—)

An den Maler Francis Jourdain.„... Ce que je m’ennuie de toi! Sacré ami imprévus! Parfois j’ai envie de te chercher dans les comparti-ments de cette voiture qui roule depuis huit jours; il me semble à chaque instant que tu vas surgir dans lecadre de ma porte, avec ta barbe de bouc tendre et tes yeux doux, francs et, aussi, prêts à lancer unregard malicieux là où il y a matière à railler.Mais tu n’as été avec moi qu’un ami sincère, ouvert, jamais douteux. Et je ne puis pas oublier avec quelélan spontané tu t’es jeté sur moi pour nous embrasser au moment de ton départ: cela m’arrive bien rare-ment ...Je t’enverrai bientôt la revue qui publie nos caricatures: tu es gravé et mignon comme un bon animal, danston amusant profil. Moi je suis drôle, effarant, avec mes cheveux sur le nez et cette impossible lèvre infé-rieure qui avance comme une pelle ...“

220 JACOBSOHN, Siegfried, 1881 – 1926. 1 e. Postkarte m. U. „S.J.“ und 1 Postkarte m. U.(Blaustift). Kampen 10.VII.1920 und Charlottenburg 11.IV.1925. Etwas gebräunt, ein Eckchenabgerissen. (200.—)

An Ephraim F r i s c h bzw. dessen Ehefrau Fega in München.1920. „... Über das Buch von Baumgarten sind wir uns einig. Daß Sie als Verleger mit ihm nicht einiggeworden sind, freut mich für Sie. Ich als Verleger durfte nach den letzten Mitteilungen meiner Drucke-rei schmerzlos mit ihm auseinanderkommen.

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Von meinem Konterfei hatte ich denselben Eindruck wie Sie: Eigentlich kann man nicht sympathischeraussehen. Daß der Kampf mir fürchterlich war & ist, mögen Sie mir glauben, & nicht allein aus denGründen, die Sie anführen. Aber der Bursche triebs zu arg ...“1925, an Fega Frisch. „... ich habe mich sehr gefreut, nach so vielen Jahren – fünfzehn sind es mindes-tens – wieder einmal von Ihnen zu hören, und danke vielmals für Ihre freundliche Sendung. Ich will siegern behalten, wenn ich Shylock und Angelo weglassen und mich auf Falstaff beschränken darf ...“

Beiliegend eine an Jacobsohn gerichtete Postkarte des Verlags Felix Bloch Erben, Berlin 1920.

221 JANDL, Ernst, 1925 – 2000. E. Albumblatt m. U. Wien 25.XI.1979. 3⁄4 S. folio. (250.—)

Sein „ s o m m e r l i e d “ von 1954:„wir sind die menschen auf den wiesenbald sind wir menschen unter den wiesenund werden wiesen, und werden walddas wird ein heiterer landaufenthalt“.

„ein dem Westdeutschen nicht vertrautes Gebiet“

222 JOHNSON, Uwe, 1934 – 1984. Typoskript mit eigenh. Streichungen und Zusätzen.(1961.) 1 S. folio; halbspaltig eng beschrieben. (350.—)

Entwurf zu einer Rezension des Werkes „Die deutsche Not. Flüchtlinge berichten“ (Köln, Berlin 1960) vonErika von Hornstein, als Antwort auf eine Umfrage in „Westermanns Monatsheften“.„Nur drei Bücher von besonderer Wichtigkeit aus den vergangenen zehn Jahren weiss ich nicht auszu-suchen, denn seit 1951 wurden wohl mehr von dieser Art bekannt oder auch geschrieben. Allerdings fürdas vorige Jahr und für dies und wohl für mehrere noch weiss ich eins: eine Sammlung von persönlichenBerichten, die Leute aus der ddR abgaben, während ein Tonband lief. Es heisst ‘Die deutsche Not, Flücht-linge berichten’ und ist von Erika von Hornstein im Kiepenheuer & Witsch Verlag herausgegeben wor-den. Das Buch vermittelt ... Nachrichten über ein dem Westdeutschen nicht vertrautes Gebiet: über Ost-deutschland, indem dreiundvierzig verschiedene Leute erzählen wie sie da gelebt haben, bis sie da nichtblieben ... Ihre Erzählungen sind geeignet den Begriff vom Schicksal genauer zu machen: es sind ... Per-sonen, die Leuten Veränderungen zufügen. Die Geschichtsschreibung wird den täglichen Tag nicht hal-ten; dies Buch bewahrt Sekunden und Verhältnisse und Gefühle, um deren Andenken es schade wäre: essind Erfahrungen, aus Erfahrungen kann man früher lernen ...“

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223 — Eigenh. Manuskript. 3 S. folio. Luftpostpapier. Klammerspur. (350.—)

Auszüge aus verschiedenen Werken zu den Begriffen „agitieren“, „Agitator“, „Agitation“, „Agitprop-gruppen“ und „agitatorisch“. Darunter:„BRECHT: ‘Die so genannte Agitpropkunst, über die nicht die besten Nasen gerümpft werden, war eineFundgrube neuartiger künstlerischer Mittel und Ausdrucksarten.’ FRIEDRICH WOLFF, BRECHT, vonWANGENHEIM, PISCATOR ...“Beiliegend seine sign. Portraitphotographie mit e. Widmung u.U. auf der Rückseite, 1972.

224 JÜNGER, Ernst, 1896 – 1998. E. Br. m. U. Wilflingen 11.XI.1950. 2 S. quer-gr.-8o. Mitgedrucktem Briefkopf und Namensstempel. Leicht gebräunt. (250.—)

An den Schriftsteller Georg Schwarz wegen dessen Roman „Makarius“ (Tübingen 1950).„... Die unberufenen Exegesen sind mir ja vertraut, man muss sie in Kauf nehmen. Ihren ‘Makarius’ habeich noch nicht erhalten, Dr. Kahmann erzählte mir davon. Trotz grosser Belastung werde ich mir zumMindesten zur Lektüre des letzten Kapitels Zeit nehmen, also das Pferd am Schwanz aufzäumen. IhreGedichte gefielen mir gut ...“

„geht’s nicht auch mit den Kindern so?“

225* — 5 e. Br. m. U. und 1 Br. m. U. Wilflingen 17.I.1955 bis 9.II.1957. 9 S. folio und gr.-4o.Mit 1 frankierten Umschlag. (1.200.—)

An den Schriftsteller und Papierfabrikanten Armin Renker (1891 – 1961) in Zerkall.17.I.1955, mit Dank für ein „unterhaltendes Geschenk“. „... Sie haben recht mit der Bemerkung, daß dieBücher, an denen unser Herz hängt, meist am wenigsten fortune machen – aber geht’s nicht auch mit denKindern so? ...Ich fand auch gleich manches Schöne und mich Angehende, wie die Hinweise und Tafeln, die sich auf denseltsamen Jakob Christian Schaeffer beziehen. Dessen für die Geschichte der Technologie unschätzbarenWerke sind unauffindbar geworden. Er besaß aber auch als Mykologe Ruf; von seinen ‘Fungorum Bava-riae Icones’ besitze ich – leider nur einen – Band ...“2.III.1955. „... Für den Schaeffer wüßte ich einen Autor, nämlich unseren Bundes-Präsidenten, der mirkürzlich sein Buch ‘Randfiguren der Geschichte’ zusandte. In eine vermehrte Auflage würde Schaeffergut hineinpassen. Vielleicht können Sie das anregen. Der Begleitbrief war übrigens auf eines Ihrer schö-nen Papiere geschrieben. So begegne ich Ihnen jetzt öfters, wie auch in diesen Tagen bei William Mathesonin Olten, der mir die erste Auflage Ihres Buches vom Papier aus seinen Schätzen vorlegte ...“22.XII.1956, Dank für „die schöne Edition von Guérin“. „... Der ‘Centaure’ ist ein Lieblingsstück von mir,und ich hatte schon öfters ... an eine eigene Übersetzung gedacht. Ob Sie mir gelegentlich einen Rat hin-sichtlich eines guten Manuscript-Papiers geben können? Ich benutze Papier, das etwa 1780 geschöpft istund das ich aus alten Rechnungsbüchern nahm. Aber vielleicht könnte ich es auch einmal mit modernemPapier versuchen ...“15.I.1957. „... Von den Papieren kam eigentlich nur jenes in Frage, auf das Sie Ihren Brief geschriebenhaben. Solches habe ich öfters benutzt, ein wenig schwerer, in gelblicher Tönung und mit glatterer Ober-fläche. Ein ähnliches benutzen die Oltener Bücherfreunde ...Vielleicht sehe ich Sie gelegentlich bei Mendelsohns. In diesem Jahre war ich nicht dort ...“16.II.1957. „... Das Papier kam an. Es gefällt mir sehr gut. Ich gedenke es nicht für Briefe zu verwen-den, umsomehr, als sich das bei mir schon im Porto bemerkbar macht – sondern für ein kleineres Manu-script ...“

(Uwe Johnson)

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Aus Nr. 225 Ernst Jünger

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226 — E. Br. m. U. Wilflingen 13.X.1964. 1 S. folio. Mit gedrucktem Briefkopf. (300.—)

An „Lieber Corax“ wegen eines Treffens „von den 73ern“ in Hannover.„... An diesen Termin müsste ich mich ziemlich dicht halten, falls wir in Hannover oder Wunstorf nochalte Scharnhorster sehen wollen. Vielleicht wäre ein gemeinsames Mittagessen angebracht – dann hat manmehr voneinander. Ich überlasse das aber Euch ...“

227 KÄSTNER, Erich, 1899 – 1974. 1 e. Br. m. U. und 1 Br. m. U. Berlin 30.IV.1934 und9.VIII.1935. 3 S. gr.-4o und gr.-8o. Bleistift. Ein Brief gelocht, teilweise leicht braunfleckig.

(400.—)An einen Professor wegen der Übersetzung seiner Bücher ins Polnische.1934. „... Es freut mich, daß sich für die polnische Übersetzung meiner Kinderbücher, auch als Schul-ausgabe, Interessenten gefunden haben ...Leider bin ich darüber nicht ausreichend informiert, ob beispielsweise ‘ P ü n k t c h e n u n d A n t o n ’nicht schon ins Polnische übersetzt ist ...“1935. „... Haben Sie wohl die Handlungsrahmen, die ich Ihnen ... zu den von Ihnen geplanten Themenvorschlug, erhalten? Und inwieweit fanden Sie die Vorschläge brauchbar? Ich wüßte das gerne, ehe ichweiterarbeite. Denn das Arbeitsgebiet ist für mich neu, und ich möchte die Sache nicht falsch anpa-cken ...“ – Ferner über sein Buch „ D a s f l i e g e n d e K l a s s e n z i m m e r “ . „... Einer deutsch-polni-schen Schulausgabe ... stünde nichts im Wege. Über die Bedingungen muß man sich mit der DeutschenVerlagsanstalt Stuttgart ... in Verbindung setzen ...“

228* KAHN, Gustave, 1859 – 1936. Eigenh. Manuskript (Fragment). 16 S. 4o. Mit Streichun-gen und Zusätzen. Leichte Randläsuren, teilweise etwas gebräunt und fleckig. (200.—)

„R o d i n / (L’homme et l’oeuvre)“. Beginnt:„La maison de Rodin surplombe un cou de la Seine qui se ravine entre les collines de Meudon et d’Issy.Un talus puissant du chemin de fer longe ce creux. un viaduc le barre; des arbres hauts et grêles ennua-gent tout autour les petites maisons de plaisance qui commencent à pousser dans ce coin âpre. QuandRodin y vint faire bâtu, c’était là le terrain vague, la route, le chemin d’Issy à Meudon, un des points detransition de la banlieue crayeuse et resinière à la banlieue de plaisance. Des petits cabarets pour des rou-tiers coupaient cette route. Maintenant de partout, de tous les bouquets d’arbres ponte un clocheton, uneplaque d’ardoises surgissent. Et d’autres créations. Rodin aura fondé un village Val-Fleury ...“Beiliegend ein weiteres Manuskript über Rodin (7 S. gr.-8o): „La recherche fondamentale de Rodin fut dedonner à l’art immobile et monochrome du sculpteur le plus possible de mouvement et de couleur, par ladisposition des plans de la statue ...“, ferner 4 eigenh. Fragmente, davon eines m. U. Kahns.

229 KAISER, Georg, 1878 – 1945. E. Br. m. U. Grünheide, „Sonnabend“ (September 1927).1 S. gr.-4o. Kleine Rand- und Faltenschäden, leicht gebräunt. (200.—)

An „Sehr verehrter Herr Doktor“.„... dabei müssen wir bleiben, dass Sie mir für diesen September die verabredeten dreitausend Mark zurVerfügung stellen. Davon bitte ich Sie mir telegraphisch fünfhundert Mark gleich zu schicken.Eintausend Mark müssen am zehnten an die Firma Werckmeister und Gieske ... geschickt werden ...“

(Ernst Jünger)

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I. LITERATUR

Nr. 235 Justinus Kerner

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230 KASCHNITZ, Marie Luise Freifrau von, 1901 – 1974. E. Br. m. U. Frankfurt a. M. 25.VI.1947. 1 S. 4o, eng beschrieben. Gelocht. (250.—)

An Luise Frankenstein wegen einer Übersetzung ihres Gedichts „Rückkehr nach Frankfurt“ ins Englische.„... Natürlich werde ich sehr gern die Rückkehr nach Frankfurt Ihnen zur Übertragung anvertrauen ...ich würde nur gern die Übertragung vor einem eventuellen Druck zur Durchsicht bekommen. Es wärewirklich sehr schön wenn das Gedicht in ‘Translation’ erscheinen könnte ...“

232 KEMPOWSKI, Walter, 1929 – 2007. Sechszeiliges Typoskript mit zahlreichen, das Blattausfüllenden eigenh. Zusätzen. 15.V.1983. 1 S. folio. Roter Kugelschreiber. Gelocht. (200.—)

Aufzeichnung über ein Literaturseminar; beginnt:„... Autoren: Karasek, er las eine sehr komische Rezension über Siegfried Lenz und wurde deswegen sehrscharf angegangen. Wahrscheinlich liebten die anwesenden Damen ihren Siegfried zu sehr um etwas aufihn kommen zu lassen. Andererseits gab es konservative Stimmen, die überhaupt Kritik ... als zersetzendempfinden. Gabriel Laub mit seinem wirkungsvollen Aphorismus provoziert gern die Frauen, vermutlichweil er sie liebt und gern kämpferisch hat ... Rühmkorf war mal wieder der Star mit seinem Essay überdas Reimen und seinen Gedichten ...“Beiliegend eine sign. Portraitpostkarte.

233 KERNER, Justinus, 1786 – 1862. E. Schriftstück m. U. (Weinsberg) 13.II.1831. 1 S.schmal-8o. (250.—)

Ärztliches Rezept. – Auf der Rückseite ein Brieffragment m. U. „Peter Bebel“, wohl eines Patienten Ker-ners.

234* — E. Schriftstück m. U. „D. Just. Kerner“. O.O. 19.III.1835. 1 S. schmal-8o. Etwas fleckig. (300.—)

Ärztliches Rezept über 7 Medikamente für Andreas Weick mit der Verordnung, „alle Stunde 1 Eslöff[el]voll“ einzunehmen.

235 — E. Briefgedicht m. U. und k l e c k s o g r a p h i e r t e r B o r d ü r e . Weinsberg 4.VII.1856(?). 1 S. gr.-4o. Rosa Papier. Etwas beschnitten, am linken Rand alt montiert. (1.200.—)

An einen Freund bei Übersendung eines Blumenstraußes.

Siehe die Abbildung auf Seite 113. – Kerners Frau, das geliebte „Rickele“, war am 4.IV.1854 gestorben.

„Dieses Strauses, theurer Freund! Dich freue!Blüthen sind es von der FrauentreueFrauentreue hat dem Männerleben! –Duftge Blüthen immerdar gegeben.Einen Wunsch laß heut mich wagen:

Kann ich ohne Thränen schier(Du wirst fühlen wohl warum) kaum sagen;Nie hör’ deren Herz dir auf zu schlagenWelche Duft u. Farben dirSchon so lang in’s Leben hat getragen!“

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I. LITERATUR

236 — E. Albumblatt m. U. Weinsberg 22.XI.1859. 1 S. quer-gr.-8o. Schwach fleckig.(500.—)

„Weiß nicht woher ich bin gekommen,Weiß nicht, wohin ich werd genommen,Doch weiß ich fest: daß ob mir istEine Liebe, die mich nicht vergißt!

Mit blinden Augen geschrieben / Justinus Kerner.“

237 KERR, Alfred, Pseudonym für Alfred Kempner, 1867– 1948. E. Br. m. U. Berlin 6.III.1904. 2 S. quer-kl.-8o (Briefkarte). (200.—)

An den Schriftsteller Franz S e r v a e s (1862 – 1947), dem er für ein „litterarisches Lob“ dankt.„... ich möchte Ihnen danken für Ihren Brief. Er gab mir etwas, weil er ein Stück menschlicher Teilnah-me enthielt und ein Stück Offenheit entgegenbrachte. Welcher Macht hat von uns beiden, – darauf kommtes schließlich nicht an. Sondern auf die schöne Tatsache, daß von zwei Leuten, die räumlich getrennt sindund niemals eindringlicher mit einander gesprochen haben, der eine den andren über Meilen hin in einerSache des Glücks zu überzeugen sucht. Ich bin heut in einer Stimmung voller Neben und unhörbaremTönen oder Rauschen, da ich seit einer Woche immer erst am Morgen nach Haus gekommen bin (auchdie leisen seelischen Zahnschmerzen einer beginnenden albernen Liebe spüre); aber in so einer etwas ver-glasten Weltbesoffenheit weiß man um so sicherer, daß solch ein menschliches Hinüberwinken des Einenzum Andern das Wertvollste ist ...“Beiliegend eine e. Ansichtskarte Kerrs an Otto Friedrichs (Quimper o. J.).

238 — 1 e. Br. m. U. und 6 e. Ansichtskarten m. U. „A.“ (Marseille), Oran, (Blida), Algier,(Granada), Sevilla und Toledo (4.IV.) bis 30.IV.1905. 4 S. gr.-8o und die Karten. Mit 1 Umschlag(Briefmarke entfernt). (350.—)

Von einer Reise nach Algerien an seine Freundin Anna Wendt in Berlin.Oran 8. April. „... ich bin nach 60stündiger Seefahrt heut früh in Algerien angekommen. Der Tisch, andem ich schreibe, tanzt unter meinen Händen u. Augen. Und es erhob sich gestern ein großes Gekotz,Eimer flogen ... Hier spüre ich plötzlich das afrikanische Klima ...“(Blida 10.IV.1905.) „... kleines Landstädtchen, wunderbar abendlich duftend nach acanthus niletica; daswächst hier in Algerien anscheinend wild ... Ich wünschte, ich hätte Dich hier.“Algier 12. April (der Brief). „... Wir haben uns entschlossen durch Spanien bloß kurz durchzurasen undlieber noch ein paar Tage an dieser Küste zu sitzen. Die Balearen sind endgiltig aufgegeben ... alles lachthier in strahlenden Farben, ich sehe: eine weiße Stadt, ein waschblaues Meer und am Abhang unsrer Ter-rasse eine grünschwarze Cypresse. Ich habe in wenigen Tagen vieles gesehn und das Schönste, nämlichden Frühling gefühlt ... Das Schönste bisher war Blida, eine kleine friedvolle Araberstadt, mit vielen Pal-men und die Luft schwer und reich von Orangenblütenströmen ...“Sevilla (Datum unleserlich). „... heut sah ich ein Stiergefecht. Eine große Blutschweinerei. 6 Stiere u. 18Pferde wurden getötet ...“(Granada 26. April.) „... Hier fand ich Deinen Brief. Sei nicht so traurig! Dieses alte Maurenschloß mitdem Blick auf ein Schneegebirge, die Sierra Nevada, ist höchst seltsam ... Ich bin bald in Berlin.“

I. LITERATUR

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239 (—) 28 an ihn gerichtete Autographen, meist e. Br. m. U. (500.—)

Richard Beer-Hofmann (Wien 1912), Carl Clewing (e. Postkarte m. U., Berlin 1920), Elisabeth Förster-Nietzsche (Weimar 1912), Mechtilde Fürstin Lichnowsky (London o. D.), Paul Lindau (1918), Gustav Mey-rink (Starnberg 1911), Jeanne von Puttkamer (9, Ledecz und Berlin 1899 – 1905), Joseph Ruederer (Ober-ammergau 1906), Ossip Schubin (Berlin 1909) und Jakob Wassermann (Alt-Aussee o. D.).Ferner beiliegend die Durchschläge von 3 Briefen Kerrs, o.O. 1917, an die Verleger Verleger Kurt Wolff(2) und Samuel Fischer (1), sowie ein Brief des Kurt Wolff Verlags an Kerr (Leipzig 1917).

240 KIPLING, Rudyard, 1865 – 1936. E. Br. m. U. „R.K.“ Burwash 3.VI.1935. 1 S. kl.-8o.Mit gedrucktem Briefkopf. Etwas gebräunt, leichte Randläsuren. (250.—)

An Bischof Walter Creighton, der erkrankt war.„... We were afraid it was something of that kind, as we haven’t seen anything of your activities for solong ...“

„meine Goethe-Sammlung“

241 KIPPENBERG, Anton, Verleger, 1874 – 1950. 2 Br. m. U. Marburg 27.XII.1945 undLeipzig 17.V.1946. 3 S. folio und quer-gr.-8o. Ein Brief mit gedrucktem Kopf. Etwas gebräunt,gelocht. (200.—)

An Dr. Kraemer in Hungen.1945. „... Meine Frau und ich sind durch einen Zufall nach Marburg verschlagen, wohin ich aus zehn weitverstreuten Kellern meine Goethe-Sammlung gebracht hatte, und werden den Winter hier in Marburgzubringen, um im Frühjahr nach Leipzig zurückzukehren ... Leider kann ich Ihnen von Leipzig aus ...nur die gesammelten Werke Rilkes oder das eine oder andere Rilke-Bändchen zur Verfügung stellen. Allesandere, darunter die Gesamtausgabe und die Briefausgabe sind beim Untergang des Inselhauses vor zweiJahren vernichtet worden ...“1946. „... Ihr Schreiben ... ist mir nach Leipzig nachgesandt worden, wo ich seit einigen Wochen im Ver-lage wieder tätig bin. Ich werde voraussichtlich im Juni wieder in Marburg sein ... Aus unserem Zusam-mensein wird also in der nächsten Zeit leider nichts werden ...“

242 KISHON, Ephraim, 1924 – 2005. Eigenh. Manuskript (Fragment). 1 S. gr.-4o, eng be -schrieben. Hebräisch. Bleistift. Mit vielen Korrekturen. Klammerspur. – Dazu ein Br. m. U.,(Tel Aviv) 7.VI.1963, 3⁄4 S. quer-gr.-8o. (150.—)

Ein Blatt aus einer Prosa-Arbeit – „one page of my transcript, which is written of course in Hebrew let-ters, and with a pencil as I never use a pen or typewriter ...“ (aus dem Begleitbrief).

(Alfred Kerr)

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I. LITERATUR

243 KLABUND, Pseudonym für Alfred Henschke, 1890 – 1928. E. Albumblatt m. U. (Berlin6.III.1922.) 1 S. quer-8o (auf einer gelaufenen Postkarte). Etwas gebräunt. (250.—)

„N a c h H a f i s

In welcher Sprache ich auch schmiede:Persisch und türkisch gilt mir gleich.Ein Himmel wölbt sich über jedem Reich,Und Liebe reimt sich überall auf Liebe.“

Für den Buchhändler Robert Steurer in Linz geschrieben.

244 — E. Br. m. U. Berlin o. D. 1 S. gr.-4o. Kopierstift. Oberrand perforiert. (200.—)

An den Schriftsteller George Scheffauer (1878 – 1927), der ihn um Premierenkarten gebeten hatte.„... ich konnte keine mehr bekommen. Die Première war überausverkauft.Ich hatte ... so entsetzlich viel zu tun durch die Proben, die oft bis 4, 5 nachts dauerten ... Jetzt hab ichetwas Zeit und bitte Sie, mir Ihr Drama zu schicken, damit ich es durchsehe. Soll ich, wenn ich es für nötighalte, stilistische Änderungen anbringen? ...“

245 KLINGER, Friedrich Maximilian von, 1752 – 1831. E. Br. m. U. St. Petersburg 24.XII.1809. 21⁄2 S. 4o. Mit Siegelrest und Adresse. An der Siegelstelle ohne Beeinträchtigung des Tex-tes leicht beschädigt. (800.—)

An den Schriftsteller Friedrich Karl Julius S c h ü t z in Berlin, der sich um eine Professur in Dorpatbeworben hatte.„... Mit Bedauern muß ich auf Ihren Wunsch, wegen der Professur ... antworten, daß dieselbe, vor derAnkunft Ihres geehrten Schreibens, durch die Wahl des U[niversitäts] Cons[iliums] ... schon besezt war.Wegen der Zukunft belieben Sie sich ... an dieses Conseil zu wenden, welches nach den Statuten das Wahlrecht hat, in welches ich mich um so weniger mischen kan, da es für seine Wahl verantwortlich ist. WegenMitau belieben Sie sich an das Gymnasium illustre daselbst zu wenden, welches gleichfalls das Wahl Rechthat ... Findet sich eine Stelle in Mitau, so haben Sie um so mehr Mittel, in Zukunft zu einer Professur beyeiner U[niversität] zu gelangen. Und Dorpat ist Ihnen dann ganz nahe ...“ Seit 1803 war Klinger Kura-tor des Schulbezirks Dorpat.

246* KÖRNER, Theodor, 1791 – 1813. Eigenh. Gedichtmanuskript. 1 S. 4o. Etwas gebräunt,leichte Randläsuren, Tinte etwas durchschlagend. (400.—)

Vier Gedichte: „Der Dichter an die Spauspielerinnen“, „An Henriette P.“, „An Frl R...“ und „An Fräu-lein Marie“.Das sechszeilige erste beginnt mit Goethes Zweizeiler (Xenien, 33. „Manso von den Grazien“): „Hexen las-sen sich wohl durch schlechte Sprüche zitieren, Aber die Grazie kommt nur auf der Grazie Ruf.“

I. LITERATUR

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247* — E. Br. m. U. (Wien) 26.IX.(1812). 1⁄2 S. 4o. Mit Siegelspur und Adresse. Etwas gebräunt,Randschaden (durch Siegelöffnung) alt hinterlegt, leicht knittrig. (200.—)

An seine Eltern in Dresden. – Seit einem Jahr hielt sich Körner in Wien auf, wo er sich mit der Schau-spielerin Antonie Adamberger verlobte und freundschaftlich u. a. mit Wilhelm von Humboldt verkehrte.„Ihr Lieben. / Ich schreibe nur in’s Couvert zu Toni’s Brief. Das Wetter ist schlecht, aber wir sind alle frischund gesund. Ich werde wohl noch heut mit der Hedwig fertig. – Humbolds und alle Freunde grüßen. Lebtwohl. / Euer Theodor.“ – Sein Drama „Hedwig“ erschien in Wien 1815 in den „Dramatischen Beyträgen“,Band 2.Aus der Sammlung Künzel.

248 KOLB, Annette, 1870 – 1967. 4 e. Br. m. U. Paris, München und o.O. 16.XI.1953 bis20.IV.1961. 9 S. gr.-8o und 8o. Ein Brief gelocht. (300.—)

An Herbert Hohenemser, den Feuilletonchef des „Münchner Merkurs“ bzw. Kulturreferent der StadtMünchen.Paris 16.XI.1953. „... Sie waren so freundlich mich ... zu fragen wo das Honorar für meinen Beitrag imMünchner Merkur geschickt werden sollte ... wäre es möglich es mir hieher überweisen zu lassen? ...“„Hotel Continental“ 16.VIII.1958. „... anbei ein vergriffener Roman, der bei S. Fischer wieder erschei-nen soll ...“Paris 20.IV.1961, wegen einer „Büste von K o l b e “. „... Die Büste ist bei mir und zieht mit mir nach Mün-chen im Sommer. Dort wird sie zu Ihrer Verfügung stehen, sie ist wunderbar. Kolbe stand doch sehr ein-zig da ...“

249 KROLOW, Karl, 1915 – 1999. 4 e. Br. m. U. Darmstadt 14.III.1975 bis 24.VI.1990. 4 S.folio und gr.-8o. Mit gedrucktem Briefkopf. Mit 1 Umschlag. 2 Briefe schwach gebräunt.

(350.—)

An den Lehrer Volker Sigismund und dessen Ehefrau, die Schriftstellerin Ursula geb. Oehler in Darmstadt.14.III.1975. Dank für Geschenke zu seinem 60. Geburtstag (am 11. März). „... ich kann nun ein (hochsensibles) Musik-Festival allein mit Ihren Platten bestreiten: tausend Dank ... ‘In der Menge’ haben wiruns aus den Augen verloren; aber ich meine, wir sehen uns in Ruhe und nicht nur beim Himbeerpflückenbesser, solider, menschlicher ...“24.VI.1990. Dank für Volker Sigismunds Aufsatz über Prinz Constantin von Sachsen-Weimar, den Bru-der des Großherzogs Carl August. „... Respekt: was Sie über den ‘unbehausten’ Prinzen Constantingeschrieben haben, habe ich nicht nur gestern sogleich aufmerksam gelesen – es hat mich – soll ich sagen– gefesselt, was Sie zusammengetragen und wie Sie’s schrieben. Spannend für Leute, die mit und für Lite-ratur leben ...“Ursula Sigismund war die Tochter von Max Oehler, dem Vetter Friedrich Nietzsches und Leiter des Nietz-sche-Archivs.

(Theodor Körner)

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I. LITERATUR

Nr. 252 Else Lasker-Schüler

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„Wie lange noch?“

250 KURZ, Isolde, 1853 – 1944. Eigenh. Manuskript m. U. München 26.II.1916. 10 S. kl.-4o.Klammerspuren. (200.—)

„Brief an einen Landwehrmann“; beginnt:„Seit Sie mir zuletzt schrieben, ist ein böser Nachwinter eingetreten der uns Daheimlebenden stündlichund mehr als je die Drangsale und Opfer unsrer Krieger im Feindesland vor die Seele führt. Freilich dieJugend ist überall glücklich, auch im Kriege. Sie locken Abenteuer und Auszeichnungen. Aber anders ste-hen die Familienväter da, die nun endlich die Ihren wiedersehen, ihre zurückgelassenen Geschäfte wie-der aufnehmen möchten, von denen mancher ein während des Krieges geborenes Kind noch nicht begrüßthat. Da ist es denn kein Wunder, daß es allmälig aus den tapferen Briefen, die wir vom Felde zu erhal-ten gewohnt sind, doch immer stärker und stärker herausklingt: ‘Wie lange noch?’ ...“

251* LAMARTINE, Alphonse de, 1790 – 1869. E. Br. m. U. „Lamartine“. Mâcon 29.VII.1839.3 S. gr.-4o. Kleine Schäden (ausgebessert), etwas knittrig, leicht fleckig. (400.—)

Vertraulicher Brief an „Mon cher ami“, den er beauftragt, mit seinem Verleger wegen seiner „Oeuvrescomplètes“ über einen neuen Vertrag zu verhandeln.„... Pour tout cela je ne demande que 140,000 f. ... / Il me semble avec évidence qu’aucun Capital ne peutêtre plus certainement productif pour votre ami puisque en se croisant les bras il est sûr que ces 140000 fvaudront trois ou quatre cent Mille dans dix ans. 16 Volumes de moi en propriété pour 15 ans à cetteépoque ne peuvent pas representer moins de trois cent Mille francs au Moins ...“

„meine Schwärmerei hört nie auf“

252 LASKER-SCHÜLER, Else, 1869 – 1945. E. Br. m. U. „Else Lasker-Schüler“ und zweiF e d e r z e i c h n u n g e n . Berlin, „Humboldtstr. 13 II ... bei Enderlein“ (Ende 1912). 3 S. 8o,auf der vierten Seite der eigenh. Absender. (1.600.—)

An Fritz Engel, Theaterkritiker des „Berliner Tageblatts“, dem sie für seine Unterstützung dankt. DieFederzeichnung am Kopf : Ansicht von „Theben“.„... Die Fürstin ist hier und wird vielleicht selbst zu Frau Mosse gehn. Ich bin so herunter vom Kampf,ich kann nicht mehr. Ich habe erzählt wie sehr nett Sie und Herr Paul Bloch zu mir sind, aber ich glau-be doch, daß die Leser, viele Leser gerade vom Berliner Tageblatt doch von Kunst verstehn. Damals alsmein St. P e t e r H i l l e -essay im Zeitgeist stand ... bekam ich geradezu reizende Briefe und Karten. Wiepersönlich war doch der Essay! Natürlich kann ich nicht anders schreiben wie meine Feder gewachsen ist, wie mein Puls geht; (er gehtschnell und sicher, rennt sogar oft.) Wär ich nur wieder gesund und hätte keine Herzbeschwerden mehr.Ich will ja viel lieber verdienen als Räuber sein ... Und was meinen Sie zu St. Peter Hilles Briefen an mich?Sie sind merkwürdig? Aber wie Sie meinen! Ich hoffe Sie haben mein neues Buch, m e i n H e r z bekom-men? Die norw. Briefe? Gern möchte ich Briefe schreiben fürs Berliner Tageblatt. Ich hab mich noch langnicht ausgesprochen, meine Schwärmerei hört nie auf und das geht so nett“ (Daneben eine kleine Zeich-nung: Mond und ein Stern in herzförmiger Kartusche) „und die Leute schrieben immer wenn ich nichtschriebe, der Prinz von Theben soll weiter schreiben.So ein armer, schäbiger Prinz von Theben, nicht? ...“ – Am Kopf ein Sammlervermerk in Rot- und Blaustift.Siehe die Abbildung auf Seite 119.

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Anfang September 1912 hatte Else Lasker-Schüler ein Zimmer in der Humboldtstraße 13 in Berlin-Gru-newald bezogen. Seit ihrer Trennung von Herwarth Walden (geschieden wurde die Ehe am 1.XI.1912) wardie Dichterin dringend auf Einkünfte angewiesen; Anfang 1913 veröffentlichte Karl Kraus in der „Fackel“einen Spendenaufruf, um ihre materielle Not zu lindern. – Die zwischen September 1911 und Februar 1912im „Sturm“ gedruckten „Briefe nach Norwegen“ erschienen im Herbst 1912 in Buchform unter dem Titel„Mein Herz. Ein Liebesroman mit Bildern und wirklich lebenden Menschen“.

253 — E. Postkarte m. U. Poststempel: Berlin 7.I.1916(?). Beidseitig beschrieben. Leichtgebräunt. (300.—)

An den Arzt Edmund Mayer in Berlin, „Potsdamerstr. 27“, der sich nach ihrem Gedichtband „MeineWunder“ erkundigt hatte.„Werter Herr Meyer. Die Wunder können Sie Verlag: Weiße Bücher Leipzig ... haben und in der Ausstel-lung meiner Bilder: Pariserplatz 7 Berlin W. Graphikausstellung ...“Von Dezember 1915 bis Januar 1916 fand in der Kunsthandlung Haas-Heye eine Ausstellung mit Bildernvon Else Lasker-Schüler statt.

254* LAVATER, Johann Kaspar, 1741 – 1801. E. Br. m. U. Zürich 4.XI.1786. 1 S. kl.-4o. Leichtgebräunt. (500.—)

An Ludwig Timotheus Freiherrn von Spittler (1752 – 1810) in Göttingen wegen seines Sohnes Heinrich, derdort seit dem Sommer Medizin studierte.„Lieber, edler, weiser, meines Sohnes väterlicher Freund! / Immer war und ist mein Herz voll innigerDankbarkeit gegen Sie, und ich habe Ihnen noch kein einziges Wort gesagt. Je voller oft das Herz ist, destoweniger mag man sprechen. Herzlich dank’ ich Gott und Ihnen, daß mein Sohn in Ihrem Hause ist. Ichmag ihn nicht empfehlen; Sie nicht bitten, Ihn immer auf seinen Hauptzweck, der Ihm gewiß am Herzenligt, aufmerksam zu machen – und Ihm, wo Er’s nöthig hat, leicht verstehbare winke zu geben, die Ihnvor Ausgleitungen verwahren.Jetzt bitt’ ich Sie nur, lieber Spittler, Ihm, am 15. November, als meinem Geburtstag, einligenden Brief –bey dem Mittagessen zuübergeben, oder unter seine Serviette zulegen ...“

Beiliegend eine getuschte Silhouette Lavaters.

255 LENZ, Hermann, 1913 – 1998. E. Br. m. U. Stuttgart 27.II.1963. 2 S. gr.-8o, eng beschrie-ben. (150.—)

An den Übersetzer Helmut M. Braem (1922 – 1977), dem er für einen „Geburtstagsgruß“ dankt.„... Ja, so schreitet man vorwärts; Pegasus winselt und will auf zum Parnaß, auch wenn sich da und dor-ten einige Läuse in seinen Schwingen und blutsaugerische Zecken in seinem Fell eingenistet und festge-setzt haben. Um diese Läuse und Zecken kennenzulernen, muß man halt lustig oder unlustig weiter publi-zieren, was als Frischfünfziger mit jahrelanger Schreibpraxis gar nicht mal so leicht ist wie es denAnschein haben mag ...“

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„Vergessen Sie alles Vergangne und bleiben mein Freund“

256* LENZ, Jakob Michael Reinhold, 1751 – 1792. E. Br. m. U. (We i m a r, Ende Mai 1776.)2 S. 4o. Am rechten Rand geringe Montagereste. Leicht fleckig. (8.000.—)

A n B o i e in Hannover, der sich (in seinem Brief vom 19.V.1776) den Ton verbeten hatte, in dem er vonLenz aufgefordert worden war, das Verbrennen des Manuskripts und aller Exemplare von dessen Komö-die „ Wo l k e n “ zu besorgen.Boie hatte es auf sich genommen, die gegen Wieland gerichtete Komödie und die rasch nachfolgende „Ver-theidigung des Herrn W. gegen die Wolken von dem Verfasser der Wolken“ bei dem Verleger ChristianFriedrich Helwing in Lemgo unterzubringen und, um die Anonymität des Verfassers zu wahren, die Kor-respondenz mit dem Verleger (der Goethe als Autor vermutete) zu führen. Nach seinem im Frühjahr 1776gefaßten Entschluß, sich in Weimar niederzulassen, war Lenz aufs Äußerste bestrebt, die beiden kom-promittierenden Schriften aus der Welt zu schaffen – was im Fall der restlos vernichteten „Wolken“ auchgelang.

„Ihre Empfindlichkeit über meinen letzten Brief ist mir ein schätzbares Zeichen Ihrer Freundschaft, ichmußte aber Ihrem Freunde Hellwig dem er bestimmt war ernstlich weisen wie nahe mir die Sache lag.Sie werden mir einen Gefallen thun, wenn Sie mir die noch hoffentlich nicht verkauften Exemplare derVertheidigung zuschicken, die Exemplare der Wolken aber in Zimmermanns Gegenwart verbrennen.Dafür verspreche ich Ihnen einige Beiträge in ihr Musäum unentgeldlich und habe auch Schlosserngeschrieben Ihnen ein Drama von mir ‘ d e r E n g e l l ä n d e r ’ das hier sehr goutirt worden, für 4Louisd’or zu überlassen. Weniger fodern kann ich nicht, da ich in Hamburg für die Vorstellung allein 100Thaler erhalten ...Ich verlange nichts für den S t r e p h o n als den Pack (nebst einer Zulage der erbethenen Nachrichten,um die ich nochmals sehr bitte) den Sie nur a n G o e t h e a d r e s s i r e n , da ich bald von hier aufs Landgehe. Vergessen Sie alles Vergangne und bleiben mein Freund

Lenz.

Empfehlen Sie mich doch Zimmermann bestens und geben ihm unbeschwert doch gegenwärtiges Gedichtvon Lindau, das ich aber sonst sehr geheim zu halten bitte ...Auch bitt ich Zimmermann sehr, im Fall die mir vom Buchhändler noch zukommenden Exemplare derS o l d a t e n noch nicht nach Strasburg abgegangen eins davon einzupacken und u n s e r m l i e b e nF r i t z S t o l l b e r g zuzuschicken mit der Nachricht daß ich hier und sehr wohl sey ...Sagen Sie Hellwiegen doch, daß er ein sehr braver Mann ist. Nur soll er bedenken, daß auch er e i n e nM a n n w i e Wi e l a n d zu menagiren habe, über den man nicht anders als deräsonniren kann, solangman ihn nicht gesehen.“

„Zimmermann“: sein väterlicher Freund, der Arzt und Schriftsteller Johann Georg Z. (1728 – 1795). –„Schlossern“: Goethes Schwager Johann Georg Schlosser (1739 – 1799), bei dem Lenz nach seinem Hinaus-wurf aus Weimar Zuflucht fand. – „Lindau“: Heinrich Julius von L. (1754 – 1776); Lenz hatte den eben-falls von Unruhe gepackten jungen Mann – er ging in diesem Jahr als hessischer Soldat nach Amerika undfiel bei der Erstürmung von Fort Washington – bei Lavater kennengelernt.Freye / Stammler Nr. 177. – Vo n g r ö ß t e r S e l t e n h e i t .

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I. LITERATUR

Nr. 256 Jakob Michael Reinhold Lenz

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257 LENZ, Siegfried, geb. 1926. Eigenh. Manuskript. 1 S. folio, eng beschrieben. Mit Kor-rekturen. Gelocht. – Dazu ein Begleitbrief m. U., Leböllykke 19.IX.1976, 1⁄2 S. folio. LiniertesPapier. (250.—)

Ein Blatt („183“) aus dem Manuskript seines Romans „Heimatmuseum“, der 1978 bei Hoffmann & Campein Hamburg erschien. Beginnt:„Ja, und bis hierher konnte Toni Lettkow durchaus gelassen zuhören, aber nun ließ mein Großvater diekranke Frau auftreten – also Tonis Mutter –, ließ sie zu einem ihrer jährlichen Besuche nach Lucknaukommen, wo sie ... erst einmal die ehemaligen Kameraden ihres Mannes empfing, der bei einem Hinder-nisrennen verunglückt war. Sie setzten sich zusammen zu einem zeremoniellen Gedächtnisessen, bei demein Stuhl und ein Gedeck ausdrücklich für den Verunglückten reserviert wurden, und angesichts seinerstark vergrößerten Photographie assen sie das Lieblingsgericht des toten Obersts sammt allen von ihmgeliebten Vor- und Nachspeisen, und dazu tranken sie seine Lieblingsgetränke, erzählten seine Lieb-lingswitze ... und amüsierten sich auf die gleiche karge und anspruchslose Art, auf die er sich einst amü-siert hatte ...“Beliegend ein weiteres e. Manuskript von Lenz, 1 S. folio, eng beschrieben; Rezension des Romans „Gio-vannis Zimmer“ von James Baldwin.

258 LEONHARD, Rudolf, 1889 – 1953. Eigenh. Manuskript. 21⁄3 S. gr.-4o. Kleiner Einriss,Klammerspur, leicht gebräunt. – Dazu ein e. Begleitbrief m. U., Clamart 31.I.1929, 2⁄3 S. gr.-4o,Klammerspur. (200.—)

Exposé zu seinem Hörspiel „ O r p h e u s “ , das am 15. Februar in Köln uraufgeführt wurde. Beginnt:„Wer überzeugt ist, dass die Entwicklung des Hörspiels nur am Mikrophon selbst geschehn kann, dassman nicht Bühnenstücke bearbeiten, sondern von Anfang an ‘funkisch’ erfinden soll, dem muss die altegriechische Legende von Orpheus als ein besonders geeigneter Hörspielstoff erscheinen: geschieht dochin dieser Handlung alles, was geschieht, im Wort, durch die Stimme! ...“

259 LIE, Jonas Laurits Idemil, 1833 – 1908. E. Br. m. U. Paris 25.X.1897. 2 S. gr.-8o. Leichtfleckig. (250.—)

An den Übersetzer und Herausgeber Ernst Brausewetter mit Dank für Zahlungen und über neue Arbei-ten, wie „en Samling ‘Trold’“, die er „maaske allerede neste Aar“ anbieten könne.

260* LILIENCRON, Detlev Freiherr von, 1844 – 1909. E. Albumblatt m. U. Alt-Rahlstedt 1.I.1906. 1 S. quer-gr.-8o. Leicht gebräunt, beschnitten, etwas knittrig. (180.—)

„Das Genie äußert sich immer in verschiedener Weise: Mozart schüttelte Alles aus dem Ärmel, Beethoventrug Stein auf Stein (Zettel auf Zettel) langsam zusammen.“

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261 — E. Br. m. U. Berlin 23.X.1907. 23⁄4 S. gr.-8o. Leicht gebräunt. (150.—)

Wohl an seinen Anwalt in einem Urheberrechtsprozess.„... Auf die Frage des Richters, ob ich (der Kläger) geneigt wäre, die Klage zurückzuziehen, antworte-te ich, daß dies unter folgenden Bedingungen geschehen könnte: Der Beklagte zahlt an die Geschäftsstelledes Kartells lyrischer Autoren ein Honorar von 9,50 M., ferner eine Buße für Zuwiderhandlung gegenPar. 9 und 18 des Urhebergesetzes (Nachdruck und Verstümmelung des Gedichtes) von 30 M., endlichHinterlegung von 50 M. zur Deckung der Gerichtskosten ...“

262 — E. Gedicht m. U. 1 S. quer-gr.-8o. Kariertes Papier. Kleiner Faltenriss, am Oberrandgelocht. (300.—)

„‘Die Anbetung der heiligen drei Könige.’

Im Saale vor mir Veroneses Bild,Als Nachbarin die schönste aller Frauen,In Sicht ein gut zerstücktes Hummerschild,Um mich Gelächter, Glasgeklirr und Kauen.Die alte Gräfin, sonst so engelmild,Wie will sie jenen Trüffelberg verdauen.Inzwischen hallt Musik, verschallt und schwillt,Und aus dem Garten schrillt der Schrei des Pfauen.“

Aus seinem ersten Gedichtband „Adjutantenritte und andere Gedichte“, 1883.

„ich bin DDR-Papierbürger“

263 LOEST, Erich, geb. 1926. Eigenh. Manuskript. 2 S. folio, durchstrichen. KariertesPapier, gelocht. (250.—)

Reise-Aufzeichnungen. – Verso eine e. Widmung m. U., o.O. 2.XI.1984: „... diese Seite notierte ich in USA,die Rückseite in Kopenhagen, ich war für GEO und das Goethe-Institut unterwegs. Herzlichst / ErichLoest“.Auf der Rückseite: „... Wie überall muß ich haarklein erklären, wie das nun mit meiner Staatsbürger-schaft ist: Ich reiste aus im März 81 mit einem Visum auf drei Jahre, das mir einmalige Aus- und Einreisezubilligte. Als es ablief, schrieb ich an die St. V. der DDR in Bonn und bat um Verlängerung, als notori-scher Bösewicht, ich war keiner Antwort würdig. Nun bin ich immer noch DDR-Bürger mit leichtem Ver-gehen gegen Visa-Bestimmungen, mein Paß gilt bis 1991, und auch dann ist das letzte Wort nicht gespro-chen. Das ganze freilich ist Spitzfindigkeit, ich bin DDR-Papierbürger ...“

264 LONGFELLOW, Henry Wadsworth, 1807– 1882. E. Br. m. U. Cambridge, Mass. 24.II.1878. 11⁄2 S. 8o. (400.—)

An einen Herrn, der ihn auf eine Kritik aufmerksam gemacht hatte.„... I am much obliged to you for your note in reference to the criticism on my use of the word ‘water-shed’.The criticism itself I have not seen; but, as you say, the critic is clearly in the wrong, and he would havefound out his error if he had looked into Webster or Worcester ...“

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265 LUDWIG, Emil, 1881 – 1948. Eigenh. Manuskript. (1923.) 41⁄4 S. gr.-4o. Bleistift. DreiBlätter durchtrennt (hinterlegt). Leicht gebräunt. (250.—)

„ H a r d e n s Z e i t g e d a n k e n “ . Satzvorlage eines Beitrags über Maximilian Harden und sein in diesemJahr in Berlin erschienenes Werk „Deutschland, Frankreich, England“.Beginnt: „Ein König ohne Land – so etwa sitzt er seit Jahr und Tag in der Verbannung, obwohl er Landund Stadt nicht gewechselt hat. Seit Harden an den Folgen des Ueberfalls monatelang laborierte und seineZeitschrift aufgeben musste, fehlt ihm das Instrument, auf dem er 30 Jahre spielt, nicht anders wie einemdeutschen General sein Regiment ...Dass er in voller Frische denkt, dass die Eisenstange der noch immer unbestraften Mörder diesem mal-traitierten Kopf nichts rauben konnte, zeigt ein neues Buch, das den etwas stolprigen Titel ‘Deutschland,Frankreich, England’ ... führt ... Was seine Arbeit immer belebte: dies momentane, schlagende, dieseKunst, das einzelne geistige heut, das heutige morgen in allgemeine Bilder einzureihen: dieses sichereGefühl des symbolischen Geschehens wird in dieser Darstellung um einen Teil seiner Wirkung gebracht,die eben nur Aktualität verleiht ...“Kurz nach der Ermordung des mit Harden befreundeten deutschen Außenministers Walther Rathenau am24. Juni 1922 war auch auf ihn ein Attentat verübt worden, das er schwer verletzt überlebt hatte. Darauf-hin hatte er seine Zeitschrift „Die Zukunft“ eingestellt.

„sotto-voce sneers of a sour-minded man“

266 — E. Br. m. U. „Ludwig“. Moscia 2.VII.1934. 2 S. 4o. Mit frankiertem Umschlag. BlauesPapier. (200.—)

An die Schriftstellerin Catherine Carswell (1879 – 1946) in London über einen englischen Publizisten, derihn mit Schmähungen verfolge.„... I am afraid, I shall not follow, also not in another occasion, to see Mr. Nicholson. Amongst the manyreviews that have come to me from all continents in so many languages, there were none – excepted someGerman political enemies – that were written in so unfair a manner as that with which Mr. Nicolson – inspite of his former personal and literary appreciation – has been for years persecuted my writings andmy motion. I have been used to ... criticism for 30 years, and I look for those clearer and objective,because I learn from that more than from conventional praisings; but these sotto-voce sneers of a sour-minded man lay a shadow on the estimation I shall always feel for the gentlemanly way the English treattheir opponents ...“

267 MAASS, Edgar, 1896 – 1964. Typoskript (Durchschlag), nachträglich am Kopf bezeich-net. Titelblatt und 151⁄3 S. gr.-4o. – Dazu ein Begleitbrief m. U., o.O. 25.V.1963, 1 S. gr.-4o.

(120.—)

„Teil des Kapitels: ‘Seeschlacht vor Helgoland“‘ aus dem Typoskript seiner Sage „Die Bunte Kuh vonFlandern“.Beginnt: „... Madonna Angelina sass auf den Planken des Decks, in einen schwarzen Umhang gehüllt,dessen Kapuze sie zurückgeworfen hatte, sodass ihre dunklen Locken frei über ihre Schultern fielen.Gödeke Michel, der neben ihr lag, stützte sie, seine grosse Hand um ihre rechte feine Schultergespannt ...“„Das Buch, das eine Sage von der See aus dem Mittelalter behandelt, ... ist in der Deutschen Urfassungin Deutschland niemals erschienen“ (aus dem Begleitbrief).

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268 MAETERLINCK, Maurice, 1862 – 1949. E. Br. m. U. Gruchet-St.-Siméon (2.VII.1904).21⁄2 S. 8o. Etwas gebräunt. Mit Umschlag. (150.—)

An seinen Verleger Pierre Dauze in Paris, wohl eine Preisverleihung betreffend. „... Je suis extrêmement sensible au grand honneur qu’a bien voulu me faire le comité des XX et je n’aipas besoin de vous dire que je suis tout à sa disposition ...“

269 — E. Br. m. U. Nizza 26.VIII.1916. 11⁄2 S. 8o. Ein schwacher Fleck und ein minimaler Ein-riss am linken Rand. (120.—)

An den Verleger (Giulio Ricordi), einen Vertrag betreffend.„... J’ai bien reçu le chêque de 5000 frc – dont mille remerciements – et les deux exemplaires du traité. /La Suisse étant pays de perception de la Société des Auteurs. Je me suis permis de réparer en marge l’ou-bli qu’on en avait fait ...“

„Dollars für die Spanienkämpfer“

270 MANN, Erika, älteste Tochter Thomas Manns, 1905 – 1969. Br. m. U. mit dreizeiligem e.Zusatz. Montgomery, Alabama 18.XI. (um 1940/41). 1 S. gr.-4o. Mit Briefkopf „Jefferson DavisHotel“. (150.—)

An (Oskar Maria) G r a f wegen der Hilfe für Hans Kahle, einen deutschen Kommunisten und Bürger-kriegskämpfer in Spanien, der in Großbritannien interniert war.Ihr sei es leider „aus vielen Gründen im Augenblick völlig unmöglich, eine ‘Campagne’ zu starten. Ers-tens, weil ich dermassen ‘unterwegs’ bin, ... zweitens aber, weil ich vor wenigen Tagen eine ‘Campagne’abgeschlossen habe, in deren Verlauf all meine Möglichkeiten und Geldquellen erschöpft worden sind. Wirhaben 4500 Dollars für die internierten deutschen und oesterreichischen Schriftsteller in Frankreich auf-getrieben und können nun zunächst weiter nichts tun.Ich schicke aus eigener Tasche und um meinen guten Willen zu beweisen hundert Dollars nach Londonan Hans Kahle ...“Handschriftlich fügt sie am Rand hinzu: „P.S. Im vorigen Winter, – das wissen Sie sicher habe ich über1500 Dollars für die Spanienkämpfer zusammengebracht.“

271 MANN, Heinrich, 1871 – 1950. E. Postkarte m. U. München 18.XI.1917. Leicht ge -bräunt. (250.—)

An den Schriftsteller Wolf Przygode (1895 – 1926) in München.„... über die Einrichtung der Bibliographie soweit sie mich angeht, würde ich gern mit Ihnen sprechen... Ich werde mich freuen, Sie wiederzusehen ...“Im nächsten Jahr erschien die erste Folge von Przygodes expressionistischer Zeitschrift „Die Dichtung“.

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272 — E. Zusatz auf einem an ihn gerichteten Schreiben (Typoskript). O.O. Eingangsstem-pel: 16.XII.1932. 1 S. quer-gr.-8o. Bleistift. (120.—)

Auf die Bitte der Lexikon-Redaktion des „Großen Herder“ um Photographien („... Es kommen für unshauptsächlich Bilder in Frage, auf denen der Kopf möglichst eindrucksvoll und charakteristisch in dieErscheinung tritt“), antwortet Heinrich Mann am Unterrand: „In der nächsten Zeit werden neue Auf-nahmen erhältlich sein bei der Transocean G.m.b.H Friedrich Ebert Str 9 / Berlin W 9 / Heinrich Mann“.

273 MANN, Klaus, ältester Sohn Thomas Manns, 1906 – 1949. E. Br. m. U. München 11.XII.1926. 3⁄4 S. gr.-4o. Leicht gebräunt, gelocht. (250.—)

An Walter Zadek, Redakteur des „Uhu“ in Berlin.„... W[ilhelm] E[manuel] Süskind möchte gerne für Sie eine ‘Begenung mit Heinrich Mann’ schreiben –und wir können doch sicher sein, daß er das besonders hübsch macht. / Also: hoffentlich kommt das Ganzenun doch bald zustande ...“Der Journalist und Literaturkritiker W.E. Süskind war ein Jugendfreund von Klaus und Erika Mann; erwar der Vater von Patrick Süskind.

„eine Art Weltuntergang“

274 MANN, Monika, zweitälteste Tochter Thomas Manns, 1910 – 1992. 68 Autographen:56 e.Br. m. U. (2 mit kleinen Federzeichnungen), 1 e. Gedicht, 7 Typoskripte und 4 e. Ansichts-karten m. U. (meist „Monika“ und „Moni“). Kilchberg, Funes, Capri, Rappersbichl u. a. Orte1.VII.1954 bis 1.X.1965. 82 S. meist gr.-4o und die Karten. Vereinzelt kleine Randläsuren,2 Briefe etwas fleckig. Mit 35 Umschlägen und 3 Photographien. (5.000.—)

Umfangreiche Brieffolge an ihren „Mentor“, den Maler, Schriftsteller und Übersetzer Rolf S c h o t t , inRom, mit persönlichen Nachrichten, vielfach über ihre literarischen Arbeiten sowie mit Einblicken in dieGeschicke der Familie Mann, in der „das Mönle“ immer abseits stand. – 1956 erschien ihre von Mutterund Schwester Erika gleichermaßen abgelehnte Autobiographie „Vergangenes und Gegenwärtiges“.Funes 3.IX.1954. „... Mein Vater hat den Hang zu den Adornos, weil er das Gegenteil von ihnen ist. Waswissen denn Sie von meiner ‘Karoline’? (Mich lesen ständig Leute, und ich weiß nicht wo ...) Mein Buch?Liegt herum – bei Verlegern, die sich totschweigen. Wo erscheint Ihr ‘uneigenes’? Ich ‘dichte’ eben eineKleinigkeit über Stifter ...“Capri 3.II.1955. „... meine Eltern haben am elften Februar Goldene Hochzeit, falls es Sie interessiert. DieVilla Monacone ist immer noch unter ‘costruzione’ ... Bisher wohnt hier nur ein greiser Engländer. Aberaufs Frühjahr werden wohl die Gäste strömen. Meine Wohnung ist sehr schön – zwei Zimmer, Küche, Bad,Terrasse ... Ich koche heftig – esse nie ‘in piazza’, denn dort ist es teuer und eher melancholisch. Mein‘Umgang’ beschränkt sich auf Antonio 1 und Antonio 2. Einer ist reich, der andere arm. Den reichen habeich sitzen lassen. Der arme gefällt mir viel besser ...“ – Auf Capri lebte Monika Mann mit dem FischerAntonio Spadaro in der „Villa Monacone“.

(Heinrich Mann)

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Aus Nr. 274 Monika Mann

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Funes 14.IX.1955, nach Thomas Manns Tod (am 12. August) . „... Damals brachte meine Mutter mir IhrenBrief ... Damals waren meine Augen immerzu voll Tränen, daß ich nicht recht lesen konnte ... Jetzt sinddie Tränen getrocknet. Das ‘Naturereignis’ – denn mit solcher Wucht berührte es mich – ist vorüber. Vorü-ber – – – Es hat die Welt verwandelt ...“Capri 30.XI.1955. „... Schilleressay habe ich selbst nicht. Bitten Sie meine Mutter darum! Ich selbstscheue solche Bitten seit eh und je – kenne daher diesen Essay nicht einmal!! ...“Capri 24.V.1956. „... Das hat ja mit ‘Ihnen wohlgesinnt’ nichts zu tun, unsere ‘Theorien und Geschmä-cker’ betreffs ‘Schreiben’ – man kann ja schließlich ‘dischkutieren’! Meine ‘Gedichte’ aus dem Spiel gelas-sen – die im übrigen innerhalb eines Ganzen, in dem sie entstanden sind, etwas, in ihrer Isolation gar-nichts aussagen mögen ... Mit der Sprache macht man, was man will. Blasphemie – warum? Mit Gottmacht man auch, was man will. Daß Picasso, Benn und Dallapiccola mit Gott nicht umzugehen wissen,kommt nicht daher, daß sie ihn nicht ‘gelernt’ haben, studiert und goutiert haben, sondern weil ihr Wille– nämlich ihr Ausdruckswille Ihm nicht genügt. Sie finden, das Gedicht sei die literarische Kunstform.Sie ist es – bis aufs äußerste, aufs halsbrecherisch-äußerste! ...“O. O. u. D. „... Sind wir nicht Fäuste und Adrians? Gibt es nicht nur die Wahl ‘leben oder schaffen’,‘Künstler oder Mensch’, und ist nicht jede Versöhnung bloßes Manövrieren, um nicht zu sagen, Schein?Willst du Mensch sein, o Künstler, mußt du die Kunst verleugnen! Willst du, daß es mit rechten Dingenzugeht, dreh’ deiner Kunst den Rücken, weil’s da nicht mit rechten Dingen zugeht...“Capri 12.XII.1956. „...Welche Rolle spielt Christus in der Weltgeschichte? Ich meine, in der realenGeschichte, bei den Historikern. Ist er und wie ist er da verzeichnet? ... Wenn nicht, wie kann ein 2000Jahre langes Menschendasein auf etwas Tatsächlich-Unerwähntem beruhen? ...“Capri 15.I.1962. „... Habe wiedermal La Mer laufen lassen. Bravo! Wie groß und unterhaltend! Mir fälltein – wenn Strauß ein Franzose gewesen wäre, hätte er vielleicht desgleichen hingebracht. – Wenn Wag-ner nicht gelebt hätte, wäre Debussy ein Engel gewesen. Aber Strauß wäre Emigrant geworden und hätteDvorshac übertroffen ... Was halten Sie von Moravia? Ich finde ihn genial ...“O.O. 22.XI.1962. „... Daß sie mir Ihre Zugetanheit immer so herausstreichen, bezeugt oder spricht dafür,daß Sie dieselbe erzwingen müssen. Ja, es zeugt davon, daß Sie die verschiedenen Anti-Gefühle mit einemgnädigen Pro und Plus krönen. Dafür danke ich ...“Capri 16.VI.1962. „... Thomas Wolfe, der einzige Amerikaner von wirklichem Wert. Er war chaotisch, krank,isoliert, aber ein immenses Talent. Seine Romane – alles vulkanische und tief beseelte Ausbrüche mit lyrischenBlättern würden sehr fehlen, wenn sie nicht geschrieben worden wären – in dieser ‘armen’ Zeit ...“Capri 13.II.1964. „...Kapitel Grass – zu ihm noch ein Punkt. Ich kenne ihn nicht, abgesehen von einerkleinen Sache über Schnee – ziemlich abstrakt und nicht unstark. – Was Sie sein im Dreckwühlen nen-nen, wird ihm wohl als Pazifismus ausgelegt ...Sie finden den Zauberberg bei Tag zauberhaft und bei Nacht scheußlich. Das kann ich irgendwie verste-hen, ohne ihn je recht gelesen zu haben (Schand!) ...“Colle-Renon 3.VII.1964. „... Seit gestern bin ich hier ... Hauptgrund: Meine Mutter hat mich grundlos ver-flucht ... ich empfing vor wenigen Tagen den mir völlig unbegreiflichen ‘Brief’ des Inhalts, daß mein Besuchin Kilchberg unerwünscht sei ... Ich stelle mir vor, daß die Mutter durch E[rika] so viel Gram und Gift insich hat und sinnlos mir einen Stein an den Kopf wirft ... Es ist schließlich eine Art Weltuntergang, so eineAbsage. Es ist fast komisch, wie groß meine innere Abhängigkeit oder Anhänglichkeit ist an das ‘Nest’ ... Viel habe ich mit meiner Mutter nicht zu reden. Sie ist – wie mein kleiner Bruder“ (Golo) „sagt – eine hun-dertprozentige Rationalistin, und wie es im ‘Welsungenblut’ (ungefähr) heißt – die Pringsheims bewun-dern nicht, sie erkennen an. Im Grund meiner Natur entgegen. Freilich – dennoch verbunden – ein reli-giöses und animalisches Band. Dazu: das Haus repräsentiert den Vater, das Ganze, die Herkunft, meineExistenz. Man kann mir dort nicht schlichthin die Türe weisen! (Vielleicht hat E. irgendwie etwas schänd-liches intrigiert ...“Das e. Gedicht: „Madonna“, 11-zeilig; die Typoskripte: Kurzerzählungen, Betrachtungen (u. a. „Ein ima-ginaerer Brief“, ihren Bruder Klaus betreffend) und Gedichte, je 1 S. gr.-4° bzw. gr.-8°.

(Monika Mann)

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Nr. 277 Thomas Mann

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275 MANN, Thomas, 1875 – 1955. E. Albumblatt m. U. Prag 10.XII.1905. 1⁄4 S. 4o (unter demDruck einer Portraitphotographie). Karton. Leicht fleckig. (400.—)

„Man ist stolz, zu einer solchen Sammlung sein Schärflein beizutragen ...“

276 — E. Portraitpostkarte m. U. Bad Tölz 11.XII.1913 (Poststempel). (600.—)

An Lilly Frankl in Budapest „zur Erinnerung an den Pester Vortragsabend 6.XII.1913.“ – Zu Beginn desJahres hatte sich Thomas Mann zu einer Vortragsreise in Budapest aufgehalten. Umseitig die bekannteAufnahme von Thomas Mann, die ihn vor einem geöffneten Buch am Schreibtisch sitzend zeigt, den Kopfin die rechte Hand gestützt.

277 — E. Br. m. U. Bad Tölz 20.I.1915. 11⁄2 S. gr.-8o. Leicht gebräunt. (1.200.—)

An J u l i u s B a b , zu dessen Vortrag in München er nicht erscheinen könne.„...Ich dachte, am 21. wieder in München zu sein, aber wir haben unseren Aufenthalt hier verlängert,aus Gesundheitsgründen, die namentlich auch für mich gelten, – meine Nerven lagen recht darnieder undthun es noch ... Ich muß mich noch ruhig halten, wirklich. Ihren Vortrag hoffe ich, in der Stille zu lesen – denn ich nehme doch an, daß Sie ihn werden im Druckerscheinen lassen. In der Neuen Rundschau?Seien Sie also von hier aus herzlich willkommen geheißen in München ....“Siehe die Abbildung auf Seite 131.

278 — E. Postkarte m. U. München 15.I.1916. Etwas gebräunt. (300.—)

An die Buchhandlung Axel Juncker in Berlin. „... Ich habe die Bilder mit großem Interesse betrachtet,darf aber bei den schlechten Zeiten nicht daran denken, sie zu kaufen. Ich sende die Mappe zurück ...“

„Schnitzer“ in den Buddenbrooks

279 — Br. m. U. mit e. Korrekturen. München 23.V.1931. 1 S. gr.-4o. Mit gedrucktem Brief-kopf. Kleinere Randeinrisse. (1.200.—)

An den niederländischen Studienrat (M.G. Stokvis in Leiden), der ihn auf einen Fehler in den „Budden-brooks“ hingewiesen hatte.„... Was jenen Schnitzer ... betrifft, so wundert es mich weniger, dass ich ihn damals begehen konnte, alsdass mich lange Zeit niemand darauf aufmerksam gemacht hat. Der Erste, der es tat, war mein franzö-sischer Übersetzer. Es steht aber bei mir so, dass ich sehr ungern an ältere Arbeiten irgend wie die Handlege und sie mit ihren Fehlern lieber so bestehen lasse, wie sie zu ihrer Zeit nun einmal wurden, als dassich aus einem späteren Lebensstande heraus daran änderte. In den ‘Buddenbrooks’ ist der von Ihnenmonierte nicht der einzige Fehler. Zum Beispiel läuft dort irgendwo ein Schiff vom Stapel, um sofortdahindampfend seine Probefahrt anzutreten, was doch ganz falsch ist, da ein Schiff niemals fahrbereitist, wenn es vom Stapel läuft. Das habe ich sogar nicht lange nach Erscheinen des Buches erfahren, aberich habe es auch durch alle Auflagen bewusst stehen lassen. Möge der Roman mit all seinen Schnitzernnur weiter seine Lebenskraft bewähren ...“

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280 — E. Postkarte m. U., doppelseitig beschrieben. München 16.IX.1932. Mit gedruckterAbsenderangabe am Kopf. (500.—)

An den Verleger Adolf Spemann in Stuttgart, der ihm wohl den Roman „Adler und Schlange“ des mexi-kanischen Revolutionsschriftstellers Martin Luis Guzmán übersandt hatte.„... Ich habe gestern Abend lange darin gelesen und war sehr gefesselt. Der Roman – wenn man dieseErinnerungen und Schilderungen so nennen soll – hat eine so direkte und lebendige Art, den Leser mitdieser abenteuerlich revolutionären Welt in Kontakt zu setzen, daß er gewiß gerade bei uns ein interes-siertes Publikum haben wird ...“

„Man gewinnt nicht jeden“

281 — E. Br. m. U. Pacific Palisades 20.X.1945. 11⁄3 S. gr.-8o. Mit gedrucktem Briefkopf.Leicht fleckig. Mit Umschlag (Aufdruck „Library of Congress / Washington“). (1.200.—)

An Ernst Marx in Tel Aviv, einen begeisterten Leser seiner Josephs-Romane.„... Ich beglückwünsche uns beide, dass Sie sich schliesslich doch entschlossen, mir zu schreiben und michwissen zu lassen, dass Sie Freude an meinen Büchern gehabt haben. Man gewinnt nicht jeden. ‘Allen zugefallen ist unmöglich’, wie eine alte Lübecker Häuserinschrift sagte. Man stösst an, erregt sogar Hass.Aber im Ganzen überwiegt doch die Sympathie – als Erwiderung derjenigen, die man selber dem Lebenund den Menschen entgegenbringt. ‘Wohlwollen unsrer Zeitgenossen’, meinte Goethe, ‘das bleibt zuletzterprobtes Glück.’Die schwedischen Ausgaben leiden unter Druckfehlern, sind aber sonst schmuck und erfreulich. Es bleibtzu wünschen, dass der Verlag sie bald nach Deutschland einführen und sich selbst dort wieder etablie-ren kann ...“

282 — Br. m. U. Noordwijk 27.VIII.1947. 2⁄3 S. kl.-folio. Mit Umschlag. (400.—)

An den Studienrat M.G. Stokvis in Leiden, von einem kurzen Erholungsaufenthalt in Noordwijk, mit demdas Ehepaar Mann seine erste Europareise seit dem Krieg beschloss; einen Besuch Deutschlands hatteMann vermieden.„... ich ... danke bestens für Ihr Gedenken. Es wird mir aber leider unmöglich sein, Sie zu sehen, da wirschon übermorgen früh zur Rückreise auf der ‘Westerdam’ hier aufbrechen, und bis dahin jede Minutebesetzt ist ...“

283 — E. Postkarte m. U. Bern 8.VI.1949. Tinte stellenweise etwas verwischt. Kleiner Fleckam Unterrand. (400.—)

An den Schriftsteller Hans Mueller-Einigen, einen der meistgespielten Dramatiker der Vorkriegszeit, derihm wohl anläßlich Thomas Manns bevorstehenden ersten Deutschland-Aufenthaltes nach dem Krieggeschrieben hatte.„... haben Sie herzlichen Dank für Ihre guten Worte! Meine Frau und Erika haben sich mit mir darübergefreut. Mit Kummer freilich hören wir von Ihrem Leiden. Möge Ihre Natur, aus der soviel Starkes, dieMenschen Bewegendes kam, es bald gänzlich überwinden ...“

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284 MARCUSE, Ludwig, 1894 – 1971. Br. m. U. und zwei e. Einfügungen. München 4.I.1961.2⁄3 S. folio. Roter Kugelschreiber. Gelocht. (150.—)

An den Münchner Kulturreferenten Herbert Hohenemser wegen eines Kongressberichts. Marcuse machtdarauf aufmerksam, „... dass ich auf Bitten der ‘Welt’ mein Koreferat zu der Rede Bruno E. Werners“(der Germanist und Diplomat Bruno Erich W.) „aufgeschrieben habe ... Ich bitte also den Redakteur desKongress-Berichts davon zu unterrichten, dass ich bereit bin, ihm dies Manuskript einzusenden ...“

„humorists in Germany“

285* MARK TWAIN, Pseudonym für Samuel Langhorne Clemens, 1835 – 1910. E. Br. m. U.„Mark“. Heidelberg 28.VI.(1878). 2 S. 8o. Bleistift. Leichte Randläsuren, etwas fleckig.

(1.600.—)

An William A. Seaver, dem er eine Anekdote aus einer Mannheimer Zeitung mitteilt.„... There be humorists in Germany. With infinite difficulty I have translated the following from a Mann-heim paper:A thirsty man called for beer. Just as the foaming mug was placed before him, some one sent in for him. Theplace was crowded. – Could he trust his beer there? A bright idea flashes through his brain. He writes ona card, ‘I have expectorated in this beer’ – fastens the card to the mug & retires with triumph in his eye tosee what is wanted. He returns presently & finds his card reversed & this written on it: ‘Ich auch’ ...“

286 MATTHISSON, Friedrich, 1761 – 1831. E. Br. m. U. Dessau 29.XII.(1797). 31⁄2 S. 8o. Mini-male Randschäden. (600.—)

An seinen Freund K l a m e r S c h m i d t in Halberstadt mit Nachrichten aus dem Freundeskreis, bei Über-sendung eines Beitrags für die Literaturzeitschrift „Ruhestunden für Frohsinn und häusliches Glück“.„Habe innigen Dank, mein geliebter Schmidt, für Deine herzlichen Zeilen. Unsere Freundschaft bestehtewig und unwandelbar, das sagt mir jedes Wort, das ich von Dir lese, das sagt mir jeder Blick den ich inmein eigenes Herz thue.Leider waren die Tage unseres lezten Beisammenlebens durch meinen kränkelnden Zustand sehr getrübt.Manche goldene Stunde ging verloren ... Ich habe mein stilles Wörlitz auf einige Wochen mit der Stadtvertauscht, weil die Fürstin“ (Luise von Anhalt-Dessau, deren Vorleser er war) „hereingezogen ist.E l i s a “ (von der Recke) „ist auch hier und wird den ganzen Winter bei uns zubringen ... Va t e r G l e i mu. den lieben Nichten empfiehl mich aufs angelegentlichste. Gestern haben die drei anhältischen Fürstenum das Zerbsterland geloost u. dem unsrigen ist die Stadt Zerbst zugefallen. Deiner Wisa“ (Luise Schmidt,geb. Abel) „meine herzlichsten freundschaftlichsten Grüße u. nochmals meinen Dank für die Freund-lichkeit mit der sie mich Murrkopf neulich aufnahm. Auch der trefliche Ti e d g e ist brüderlich von mirgegrüßt. Mein Portrait von Langs Taschenbuche hat, wie jedermann sagt, keinen Zug von mir ... Neu-becks Gesundbrunnen“ (ein Gedicht des Arztes und Dichters Valerius Wilhelm N.) „habe ich schon zwei-mal gelesen. Auch ich ziehe diesen Nektarbrunnen allen Wasserbrunnen der Erde vor. Wüßte ich wo Neu-beck lebte, ich würde ihm danken. Ein[en] so reinen Genuß hat mir lange kein Gedicht gewährt ...“

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287 — E. Br. m. U. „Ihr Matthisson“. W(örlitz) 24.IX.1811. 2 S. 8o. Schwach gebräunt. Mon-tageschäden im zweiten, unbeschriebenen Blatt. (300.—)

An einen befreundeten Zeichner, der ein Portrait der Herzogin Luise von Anhalt-Dessau angefertigt hatte,in deren Diensten Matthisson seit 1795 stand.„... Vortrefflich ist die Zeichnung ausgefallen, zur großen Freude der nun gottlob! gesunden Frau Her-zogin. Aber, mein edler Freund, Sie haben das Honorar viel zu geringe angesetzt. Ich bin Ihnen daherdoppelten Dank schuldig. – Ich bitte doch recht um einen Abdruck des Titelkupfers u. der Vignette zumzweiten Theil der Gedichte. Ich bin sehr begierig darauf ...“ – Gemeint ist die im selben Jahr erschiene-ne zweiteilige Ausgabe seiner Gedichte.

288 MAY, Karl, 1842 – 1912. E. Ansichtskarte m. U. Niagara Falls 19.VIII.1908 (Poststempel).Leicht gebräunt. Briefmarke entfernt. (300.—)

Von seiner ersten Amerikareise an Lina Held in Eschersheim (Adresse von der Hand seiner Frau Klara),mit einem „Gruß aus Amerika! / Karl May.“Die farbige Abbildung zeigt die „Horse Shoe Falls from Canada“.

289 MELL, Max, 1882 – 1971. Eigenh. Manuskript. 4 S. 8o. Leicht gebräunt. Erstes Blatt mitKlammerspur. Auf den Rückseiten von hektographierten Blättern. (200.—)

„ E i n Wo r t v o m Z u f a l l “ . – Vollständiges kleines Essay über das moderne Theater, beginnt:„Ein wenig erinnert es an die Austreibung des Hanswurstes, die zu Beginn unseres Klassischen Theatersdie schönen Geister des achtzehnten Jahrhunderts versuchten, wenn die eben verflossene Zeit aus demDrama, um in ihm desto gewisser ein Erfüllen von Gesetzen, ein Geschehen von unentrinnbaren Not-wendigkeiten sichtbar zu machen, den Zufall hinwegräumen wollte und ihn geradezu verfehmt hat. DieAuffassung von der Bühne, die sich darin ausspricht, ist nüchtern und ohne Perspektive. Denn eine unwi-derstehliche Beglaubigung hat das Ereignis, wie immer es eintrifft, und das ist die, daß es ist. Was ich imLeben Zufall nenne, der mir begegnet, er mag sein wie er immer will, ist ein Maßstab für mein Verknüp-fen mit der Welt ...“Am Oberrand von fremder Hand bezeichnet: „Miscellen von Heft III.“

290 MEYER, Alfred Richard, Pseudonym „Munkepunke“, 1882 – 1952. E. Br. m. U. Berlin3.IV.1919. 1 S. gr.-4o. Auf seinem Briefpapier. (200.—)

Wohl an den Dichter Karl Otten, der ihm eigene Arbeiten sowie ein Exemplar der „Aktion“, deren Mit-arbeiter er war, übersandt hatte.„... Recht gern komme ich ... Ihrer Einladung nach, etwas für Ihre Zeitschrift beizusteuern, die kennenzu lernen mich sehr interessierte. Auch aus Ihren Gedichten sprach manch Starkes zu mir, besonders ausIhren Versen vor Tag ... Meine Genter Verse“ (Arbeiten aus seinem erstmals 1915 erschienenen Gedicht-band „Ein Landsturmmann geht seinen Weg durch Gent“) „sollen im Herbst neu erstehen. In vergrößer-ter Auswahl. Von meiner Seite soll gern alles Mögliche geschehen, um unseren ersten Kontakt zu einemdauernden zu gestalten ...“

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291* MEYER, Conrad Ferdinand, 1825 – 1898. E. Billett m. U. auf der Rückseite seiner Visi-tenkarte. Kilchberg 2.I.1888. 1 S. quer-32o. (250.—)

An den Pianisten und Komponisten Ernst und den Violinisten Karl Markees mit Neujahrswünschen.„Den Brüdern Markees erwiedert ihre Wünsche für 1888 aufs herzlichste u. freut sich auf fröhliches Wie-dersehen, so Gott will / cfm.“

292 MEYRINK, Gustav, 1868 – 1932. Br. m. U. (Bleistift). Starnberg 5.III.1926. 3⁄4 S. gr.-4o.Auf seinem maisgelben Briefpapier. Kleiner Faltenriss (hinterlegt), schwache Klammerspur.Gelocht. (250.—)

Wohl an Walter Zadek, Redakteur des „Uhu“ in Berlin, der „okkultistische Bilder“ im Zusammenhangmit dem Betrüger Leo Taxil suchte.„... Ich kann aus der Sache nicht klug werden und weiss nicht, was Sie wünschen. Leo Taxil war ein fran-zösischer Hochstapler, der vor etwa 30 Jahren ... dem damaligen Papst vorlog, er habe die Beweise inHänden, dass die Freimaurer den Teufel anbeten. Der Papst fiel komischerweise darauf herein und Taxilverkaufte ihm gegen schweres Geld einen Löwenschwanz, den eine Miss Vaughan ... dem Teufel selbstabgeschnitten haben wollte ... Wenn Sie also irgend etwas über Okkultismus bringen wollen, so stehe ichzur Verfügung ...“

„wer kann es ihnen verdenken, dass sie wild werden“

293 MEYSENBUG, Malvida von, 1816 – 1903. 4 e. Br. m. U. und 2 e.Postkarten m. U. „Mal-wida“ und „M. M.“ Versailles, Rom und Gardone 18.X.(1891) bis 6.XI.1902. 18 S. (kl.-)8o unddie Karten. (1.200.—)

An Blandine Gräfin Gravina (1863 – 1941), Cosima Wagners Tochter aus der Ehe mit Hans von Bülow, mitderen Familie sie freundschaftlich verkehrte.Versailles 18.X.(1891). „... Hoffentlich seid Ihr nun Alle ausgeruht und gestärkt zurückgekehrt und hatDir Franzensbad die Gesundheit zurückgegeben. Der römische Plan ist leider wohl aufgegeben da Mamawieder in B. ist? ...Es ist ... ein schwerer Entschluss die guten Kinder hier zu verlassen da das Wiedersehen doch jedes Jahrungewisser wird und die Umgebung liebender Wesen dem Alter doch eine Wohlthat ist, besonders wennman wie ich an den Augen leidet. Sonst, wenn man diese ohne Sorge gebrauchen kann, und dadurch fähigist den Umgang grosser Geister in voller Freiheit zu geniessen, dann hat die Einsamkeit im Alter nichtsTrauriges ...Ich werde L o h e n g r i n erst am nächsten Mittwoch hören wo ich meine zwei Jüngsten hinein führe. DieÄltesten waren in der ersten Aufführung in der gütig von Mama gegebnen Loge. Die Kleinen haben diegrösste Sehnsucht danach ... Ich freue mich darauf. Es ist ein so vollständiger Sieg wie man sich nur den-ken kann und ich bin überzeugt es wird in Frankreich ernste Früchte bringen, denn dieses Land ist ineinem Werdeprozess begriffen von dem man sich im Ausland keinen rechten Begriff machen kann ...“

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Rom 21.XII.(1891). „... Ich bin erst seit 14 Tagen wieder hier ... Ich ... hatte eine wunderbar schöne Reisedurch lauter Zaubergärten der Armida, voll Rosen, Palmen, Aloën etc. mit den malerischen Windungender Küste ... Ich denke nun ernstlich daran den letzten grossen Akt der Resignation zu vollziehen, mirmein letztes Nest hier bauen, aus dem ich nicht mehr weiche und wo ich die Sonne untergehen sehen kann.Vorahnend habe ich deshalb auch noch einmal Bayreuth genossen u. die Klänge des P a r s i f a l so inmich aufgenommen, dass sie mir hoffentlich beim grossen Abschied tönen werden ...“Gardone 20.IX.(1894) „... Ich bin wahrhaft glücklich bei der lieben Daniela u. ihrem Mann“ (HenryThode) „den ich jetzt erst ganz kennen und schätzen lerne. Und dann in diesem Zauberort mit dem herr-lichsten Wetter – wie sollte man nicht mit Göthe sagen: ‘wie es auch sei das Leben, es ist gut’ ...“Rom 11.V. o. J. „... ich habe so viel an den Augen gelitten und hatte so unsinnig viele Briefe zu schreiben.Dabei nahmen doch natürlich Monod’s“ (der Historiker Gabriel Monod und seine Frau Olga geb. Herzen,ihre Ziehtochter) „meine Zeit sehr in Anspruch und widmete ich sie ihnen so viel es meine Gesundheitzuliess da sie doch nur meinetwegen hier waren. Nun sind sie fort, aber Natalie H.“ (Olgas Schwester)„ist hier ... Du wirst besorgte Tage gehabt haben in Florenz und auch wegen Manfred in Prato, doch isthoffentlich Dir u. den Deinen kein Leid geschehen. Aber welche Zustände in ganz Italien! Es ist schreck-lich und welche Verantwortung für die, welche das Schicksal des armen Landes in Händen haben u.haben es so weit kommen lassen. Wenn die Menschen Hungers sterben, wer kann es ihnen verdenken, dasssie wild werden u. Abscheuliches begehen. Natürlich müssen es nun wieder die armen Soldaten mit ihrenFlinten in Ordnung bringen, weiter wissen die Machthaber ja nichts ...“ – Blandines Sohn Manfredi dien-te seit August 1900 in der italienischen Marine.Rom 6.XI.1902. „... Seit ich zurück bin in Rom, bin ich so leidend, dass ich nichts thun kann, nicht lesen,nicht schreiben, sonst hättest Du längst etwas gehört. Jetzt ist die gute Olga gekommen mich zu pflegen,aber dieser letzte Lebensabschnitt ist hart ...“ – Malwida von Meysenburg starb am 26. April des nächs-ten Jahres.

294 MILLER, Henry, 1891 – 1980. E. Br. m. U. Big Sur 24.I.1951 (irrtümlich: 1950). 3⁄4 S. kl.-folio (Luftpostfaltbrief). Am Oberrand leicht gebräunt. Gelocht. (250.—)

Verärgerter Brief an den Verleger Louis Groselande in Pully, der ihm Geld schuldete.„... Albert Mermoud“ (Herausgeber des Schweizer Verlags Guild du Livre) „was kind enough to get intouch with you for me. He says you had sent me the Rimbaud-Léger book and the money would follow.No sign of either yet.It’s really distressing to be put in such a situation, and further, to hear that you had been waiting for a‘confirmation’ from me ... I can understand a man failing, or being striken by paralysis – but to makenot the slightest attempt to inform the other of his plight, is beyond my comprehension ...“

295 MOMBERT, Alfred, 1872 – 1942. E. Br. m. U. Heidelberg 7.XI.1928. 1 S. gr.-8o. (200.—)

An eine Dame wegen der Unterstützung für einen Dichter (Otto zur Linde), der sich hilfesuchend an ihngewandt hatte.„... Schreiben solcher Art sind um so erschütternder, als man selber durchaus nicht in der Lage ist, vonsich aus helfen zu können.Der Minister ist grade in der letzten Zeit durch die Sektion für Dichtkunst bei der Akademie über dieSituation bei den wirklichen Dichtern eingehend unterrichtet worden ...“

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296* — E. Br. m. U. Heidelberg 28.X.1936. 12⁄3 S. gr.-4o. Leichte Randläsuren. (200.—)

An den Verleger Reinhard P i p e r, dem er seine Photographie sendet.„... Als Sie uns diesen Sommer besuchten, war das gerade eine höchst kritische Stunde in meiner kör-perlichen Existenz. Aber diese Zeit liegt jetzt hinter mir, & ich kann Ihnen heute für Ihr freundlichesSchreiben ... danken. Auf Ihren Wunsch sende ich Ihnen anbei ein Lichtbild von mir (aus dem Jahr 1932).Ihr Almanach 1935 ist eingetroffen. Ich gestehe offen: der zweite Teil (das Bücherverzeichnis) fesseltemich erheblich mehr als der erste (es geht heute mit allen Almanachen so: die Zeit der schönen Literatur-Almanache ist vorüber). Da Sie so liebenswürdig waren, es mir anzubieten, so erbitte ich mir aus den‘Atlanten zur Kunst’ ... ‘Romanische Bildnerei’ ...“

297 MONTHERLANT, Henry de, 1896 – 1972. Br. m. U. Paris 22.VIII.1930. Schwach ge -bräunt. Gelocht. (150.—)

An einen Redakteur, bei Übersendung seines Buches „Pour une Vierge Noir“.„... On me communique deux Notes sur ce livre ... Croyez-vous que l’une des deux pourrait convenir à laRevue de Genève? ... André Pommier est le pseudonyme d’une jeune fille, docteur-ès-lettres, future agré-gée. C’est d’accord avec elle que j’ai fait des coupures dans cet article, qui me semblait trop long ...“

„from Poets down to Peers“

298 MOORE, Thomas, 1779 – 1852. E. Br. m. U. Slopertone Cottage bei Bromham 19.VI.1828. 12⁄3 S. 8o. (300.—)

An eine Dame, bei der er sich für sein langes Schweigen entschuldigt.„... you have already, unluckily, had a specimen of my ‘grand talent pour le silence’ as far as letter-writ-ing goes ... and I must again throw myself on your mercy for forgiveness. I am not, I assure you, ungrate-ful for the great kindness you have shown me in attending so promptly & efficiently to the enquiries withwhich I troubled you ... I did not omit to mention to M u r r a y the circumstances which you stated, andthough he is notorious for not deigning to answer any one, from Poets down to Peers, yet I rather thinkyou will find him more attentive, if you will condescend again to try him ...“John Murray (1778 – 1843) war Byrons Verleger und gab bei Thomas Moore dessen Biographie in Auftrag;in seinem Haus fand die Verbrennung von Byrons Memoiren statt.

„Was für seltsame Formen“

299 MORGENSTERN, Christian, 1871 – 1914. E. Br. m. U. Berlin 13.IV.1896. 12⁄3 S. gr.-8o.Kariertes Papier. (500.—)

Wohl an den Schriftsteller Friedrich S p i e l h a g e n .„... Würden Sie vielleicht mir mitteilen wollen, wann ich Sie zuhause antreffen könnte, oder einen drit-ten Ort zu einem Zusammentreffen bestimmen? Zwischen meiner ersten Inanspruchnahme durch HerrnDirektor Lehmann und Ihrem freundlichen Besuch liegt nämlich eine Korrespondenz, in der sich HerrLehmann als so höflicher Kavalier erwies, dass ich ihm meine Absage schickte. Ich habe ja noch immerkeine Antwort auf Anfragen von Ende Februar. Was für seltsame Formen sind das! ...“

(Mombert)

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Beiliegend ein e. Br. m. U. Friedrich Spielhagens, Charlottenburg 21.IV.1896 (Bleistift, mit frankiertemUmschlag), an Kerr, das Schreiben Morgensterns betreffend: „... Worauf sich seine Klage über unfreund-liche Behandlung bezieht, weiß ich nicht; nur daß sie von mir nicht ausgeht ...“

300 — E. Br. m. U. Arosa 6.II.1913. 1 S. gr.-8o. Rautiertes Papier. Leicht gebräunt. KleineEinrisse hinterlegt. (300.—)

An einen Redakteur.„... vielleicht haben Sie für das beifolgende Gedicht Verwendung und geben mir dafür die vier (so viele warenes wol), die noch in Ihren Händen sind, zurück. Ich werde sie jetzt bald für die Ausgabe brauchen ...“1914 erschien sein letztes zu Lebzeiten erschienes Werk „Wir fanden einen Pfad. Neue Gedichte“.

301* — KAYSSLER, Friedrich, Schauspieler; Freund Morgensterns, 1874 – 1945. E. Br. m. U.München 7.XII.1937. 11⁄3 S. gr.-4o. Mit gedrucktem Briefkopf. Klammerspuren, leichte Rand-läsuren. (200.—)

An den Verleger Reinhard P i p e r, der die bei Bruno Cassirer verlegten „Galgenlieder“ Christian Mor-gensterns in seinen Verlag übernehmen wollte. – Cassirer hatte seinen Verlag aufgeben und aus Deutsch-land emigrieren müssen.„... Frau Morgenstern teilte mir mit, daß Sie Interesse daran hätten, die Galgenlieder von Cassirer zuübernehmen. Wir haben die Sache gemeinsam reiflich durchgedacht und mit der zuständigen Stelle in derReichsschrifttumskammer gründlich beraten. Der Rat, der uns dort gegeben wurde, stimmte völlig mitunser Beider Ansicht überein: Daß es im Interesse des Gesamtwerkes von Christian Morgenstern das Rich-tige sei, die Galgenlieder einem anderen Verlag in einer anderen Stadt zu übergeben, so daß auf dieseWeise neue Kreise herangezogen und gewonnen werden können ...“ Morgensterns Witwe Margareta schloss den Vertrag mit dem Insel Verlag ab.

„die Notwendigkeit des Lebensunterhalts“

302 MUSIL, Robert, 1880 – 1942. E. Br. m. U. Wien 30.I.1919. 1⁄2 S. kl.-folio. (600.—)

Wohl an einen Verleger, der für sein Theaterstück „ D i e S c h w ä r m e r “ Interesse bekundet hatte. „... Soweit ich mein Arbeitstempo voraussagen kann, hatte ich damit gerechnet, das Manuskript derSchwärmer spätestens im März druckfertig zu bekommen. Nun hat mich aber die Notwendigkeit desLebensunterhalts inzwischen gezwungen, eine Stellung im politischen Dienst anzunehmen und ich kannbis auf weiteres nicht eine Zeile schreiben ...“Musil war 1918/19 Chef des Bildungsamtes im Heeresministerium. Ab 1920 suchte er für das inzwischenfertiggestellte Werk einen deutschen Verlag. Es erschien schließlich 1921 im Dresdner Sibyllen- Verlag alssein erstes Werk seit Kriegsende.

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303 — E. Postkarte m. U. (Wien) 7.VII.1919. (350.—)

An Kurt H i l l e r in Berlin, dem er für „Auskünfte“ dankt.„... ich wäre sehr gerne gekommen und hatte auch große Lust zu sprechen, aber konnte mich von mei-ner Arbeit nicht los machen. (Diese meine geplante Berliner Reise ist schon die reinste Seeschlange.) Binnun sehr neugierig durch Müller zu hören, wie der Kongreß verlaufen ist ...“Vom 15. bis 22.VI.1919 hatte in Berlin der von Hiller initiierte „Aktivisten-Kongress“ des Bundes der Kul-turrevolutionäre stattgefunden; unter den Teilnehmern war auch der mit Musil befreundete österrei-chische Schriftsteller Robert Müller (1887– 1924).

304 NEUMANN, Alfred, 1895 – 1952. Eigenh. Manuskript mit Namen auf dem Titel. Mün-chen 8.V. – 22.VII.1926. Titel + 20 in kleiner Schrift eng beschriebene S. gr.-4o. Bleistift. Leer-blatt mit gedruckten Initialen vorgeheftet. Minimale Randläsuren. In eigenh. beschrifteterMappe. (300.—)

„D e r P a t r i o t / Drama in fünf Akten / Begonnen am 8. Mai 1926 in München / Beendet am 22. Juli inMünchen“. – Vollständige überarbeitete Reinschrift mit zahlreichen Einschüben auf den (sonst leeren)Rückseiten.Beiliegend die erste Nachkriegsausgabe: München, Kurt Desch (1946).

305 — E. Br. m. U. München 4.XII.1926. 12⁄3 S. kl.-4o. Auf seinem Briefpapier. Gebräunt.(180.—)

An den Publizisten Efraim F r i s c h .„... Im letzten Jahr, zumal in den letzten Monaten habe ich viel, sehr viel Glück gehabt. Sie werden viel-leicht davon gehört haben. Sie werden vielleicht auch ... gelesen haben ..., daß ich Georg Müller“ (derVerleger, in dessen Verlag Neumann als Lektor arbeitete, war sein Schwiegervater) „und Sie als meine Men-toren und Lehrer niemals vergessen will ...“1926 hatte Neumann den Kleist-Preis für seinen Roman „Der Teufel“ erhalten.

307 NOSSACK, Hans Erich, 1901 – 1977. Eigenh. Manuskript. 3⁄4 S. 4o, eng beschrieben.(150.—)

„ D i e A n k u n f t . “ Beginnt:„‘Mein armer Frank’, sagte meine Schwiegermutter und umarmte mich. Etwas sehr Weiches streifte meinGesicht, ihre Locken, ihr Schal oder der Kragen ihres Pelzmantels. Ich nehme wenigstens an, daß sieeinen Pelzmantel trug. Vermutlich Persianer, schon deshalb weil sie Trauer hatte. Dafür weiß ich genau,wie sie roch, d.h. ihre Locken, ihr Schal und der Mantel. So sauber und unverbindlich. Eine angenehmeSache ...“ – Das mit „1.“ bezeichnete Blatt trägt keinerlei Korrekturen.Beiliegend ein e. Begleit-Billett m. U., wohl an einen Autographensammler.

(Musil)

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308* PANNWITZ, Rudolf, 1881 – 1969. E. Br. m. U. Fürberg bei St. Gilgen 24.II.1917. 2 S. 4o.Tinte etwas durchschlagend, kleine Rand- und Faltenschäden. (250.—)

An den Verleger (Hans Carl in Nürnberg) wegen der Herausgabe seiner Werke.„... dann ist ja das werk gar nicht so trümmerhaft wie ich gefürchtet hatte! ich bin Ihnen sehr dankbardass Sie mir so schön die kenntnis der andern bände vermitteln wollen ...Erlauben Sie mir noch eine anregung. ich glaube Ihnen mit bestimmtheit versichern zu können – gemäszdem fortgang der orientalischen kultureinflüsse bei uns und unserer eigenen sprachkultur: dass das Neu-mannsche werk einmal die bedeutung einer Schlegelschen Shakespeare-übertragung ... bei uns gewinnenmuss und wird. wenn ich recht habe so ists doch ein unsinn wenn es über drei verlage zerstreut ist. Wür-den Sie nicht bei Ihrem persönlichen verständnis und der kultur Ihres verlags es an sich bringen eh esdazu zu spät ist oder Ihnen riesige kosten macht? ... Von meinem eigenen werke wovon ja est ein bandheraus ist werde ich wohl schon ende dieses jahres fünf bände auf einmal bringen können und darin gele-genheit zu entscheidender würdigung finden. vor allem aber in dem was nächstes jahr folgen soll habeich entscheidungvolles zu den orientalischen religionen zu sagen und da wird der alte kosmos und derneue so stelle für stelle in einander verankert werden ...“

309 — E. Br. m. U. Kolocep 23.II.1932. 2 S. kl.-4o. Auf seinem Briefpapier. (200.—)

An eine Dame, die sich wohl in einer ehelichen Krise hilfesuchend an ihn gewandt hatte.„... Das entscheidende scheint mir doch dieses: dass Sie in allem[,] seiens dogmen oder meinungen dochimmer den lebensgrund empfinden und in dem äusserlich widersprechenden das gemeinsame all-menschliche. es sind nur bilder voll geheimnis und das herz fühlt schon das rechte dabei wenn es nichtan ihnen herumrätselt zwischen ihnen herum streitet und sucht sondern ihren tiefsten praktischen gehaltins konkrete leben übersetzt. für Sie ist Ihr glaube vollkommen ausreichend – ausreichend ist immer diewahrheit von der aus man rein und stark und in güte und liebe leben kann. für Ihren Mann erschloss sichdas in seiner Psychoanalyse ...“

310 PASTERNAK, Boris, 1890 – 1960. E. Br. m. U. (Moskau) 12.I.1959. 2⁄3 S. gr.-4o. VioletteTinte. Mit e. adressiertem Umschlag (Briefmarke herausgerissen). (400.—)

An einen Verehrer in Kanada (Cornelius N. Reynen in Revelstoke), der ihn wohl gebeten hatte, einenBuchumschlag zu signieren.„... your sheet came folded twofold, I am forced to redouble the folding according to the size of my enve-lope, excuse me kindly. I wish you much health and good luck in the beginning year and doubt if the inkof the incription will stand out against the dark background of the cover / Yours sincerely / B Pasternak“.Ein Jahr nach Verleihung des Nobelpreises, den er aus politischen Gründen nicht annehmen durfte.

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„unter Lorbeern“

312* PLATEN, August Graf von, 1796 – 1835. E. Br. m. U. „Dein Freund Platen“. Montchoisibei Lausanne 27.IX.1825. 3 S kl.-4o. Mit Siegelrest und Adresse. (1.600.—)

Von seiner zweiten Schweizer Reise an den Jurastudenten J.M. Reichenberger in Grötschenreuth, demer seine Reiseeindrücke schildert.„Dein Brief kam später nach Genf als ich, u wurde mir hieher nachgeschickt. Ich befinde mich seit einerWoche auf einem sehr schönen Landgute am Ufer des Sees, dessen östliche Hälfte bei weitem malerischerist, als die Seite, an welcher Genf liegt. Meine Reise ging von Lindau aus durch Vorarlberg, das Fürsten -thum Lichtenstein nach Graubünden, über den Bernhardin in den Canton Tessin, durch das Piemontesi-sche über den Simplon nach Wallis, über Martigny nach Savoyen ins Chamonixthal u von da nach Genf, umit dem Dampfboot hieher. Uebermorgen gehe ich über Milden u Murten nach Bern. Ich wünsche, daß dumir nach Empfang dieses nach Stuttgardt ... schreibst, wo ich in der letzten Hälfte Oktober seyn werde ...Die Vorhersagung wenige Tage vor meiner Abreise von Erlangen, daß ich in 14 Tagen unter Lorbeernwandeln würde, ist buchstäblich eingetroffen, denn es war am zehnten dieses Monats, als ich zuerst imGarten eines Franziskanerklosters zu Locarno in eine Lorbeerlaube trat, welche die Aussicht auf denLago maggiore darbietet.Kunstwerke darf man in der Schweiz nicht suchen. Es befindet sich eine Gemäldesammlung auf Isolabella, die aber bis auf sehr Weniges, keineswegs an Italien erinnert. Der Dom von Lausanne ist merk-würdig, so wie auch die Architektur der alten Veste Chillon, am östlichsten Ende des Genfersees.Statt von der Reise nach Rom zu träumen, wünschte ich eher, daß du sie möglich machst, u mit den dei-nigen darüber Rücksprache nimmst. Das Studium des Italiänischen empfehle ich angelegentlich ... FürEinen vollends, der wie du nach einer dichterischen Bildung strebt, ist die Kenntniß dieser wie andererSprachen durchaus nothwendig, wenn er sich einen Begriff von der poetischen Entwicklung der Natio-nen des neuern Europa’s verschaffen will ...“Bei Bornstein n i c h t g e d r u c k t .

313* — E. Schriftstück. O. O. u. D. 3⁄4 S. schmal-gr.-folio. Etwas unfrisch. (500.—)

Verzeichnis von Künstlern und ihren Werken:„Carlo Dolce. / Ein Sankt Sebastian.Gian Bellin / Eine Madonna mit dem Kind u zweien Heiligen.Tizian. / Ein auferstandner Christus.Rubens. / Eine Mutter mit 4 Kindern. / Die Stadt Köln u MerkuriusDominichino. / Midas, Apoll und Pan.Hannibal Caracci. / Der Segen Isaaks. / Die Verhandlung der Erstgeburt.Paolo Veronese. / Die triumphierende Kirche.Giorgione. / Eine Gruppe von drei Köpfen.Van der Wer. / Nymphe und Faun.Rembrand. / Eine Klavierspielerin. / Paulus im Kerker / Die Hexe von EndorAlbani / Venus und Adonis.Gerhard Douw / Ein Mädchen, das einen Brief bekomt / Ein Fischhändler ...“

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Nr. 312 August Graf von Platen

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314 PLIEVIER, Theodor, 1892 – 1955. Teilweise eigenh. Manuskript (Fragment). 1 S. folio(paginiert „5“). Links unten die Federzeichnung eines Frauenkopfes im Profil. Kleine Randlä-suren. (120.—)

Wohl aus den Vorabeiten zu seinem 1930 erschienen Buch „Des Kaisers Kulis. Roman der deutschenKriegsflotte“.Beginnt: „... Es kam auch die Reihe an mich und ich stieg das Fallreep zu dem kleinen Kreuzer hoch undfand die Kammer des Gerichtsoffiziers. Es war schon ungewoehnlich, dass dieser Oberleutnant im wol-lenen Jumper an seinem kleinen Schreibtisch sass, und noch außerordentlicher war es, dass er nach einerReihe von Fragen, die nur die Person des Befragten ... betrafen, in seinem Verhoer einhielt ... und ...sagte: ... ‘Nun erzaehlen Sie mal, was bei Ihnen auf dem Schiff eigentlich los ist!’ / Ich erzählte ...“

315 RAABE, Wilhelm, 1831 – 1910. E. Br. m. U. Braunschweig 6.I.1888. 1 S. gr.-8o. Karier-tes Papier. Gelocht, leicht staubfleckig. (250.—)

An einen Verleger, dem er seinen Roman „ D a s O d f e l d “ angeboten hatte.„... da sämmtliche Feiertage nun endlich glücklich hinter uns liegen und die Welt im neuen Jahr ihrenArbeitsschurz wieder um gethan hat, bitte auch ich freundlich um Ihre Ansicht und Absichten in Betreffdes ‘Odfelds’ und, im Fall Sie sich nicht damit zu befassen wünschen um gütige rasche Rücksendung desManuscripts ...“„Das Odfeld“ erschien im nächsten Jahr bei Elischer in Leipzig.

„für die gerechte Sache“

316 RAMLER, Karl Wilhelm, 1725 – 1798. E. Br. m. U. Berlin 26.XI.1756. 32⁄3 S. gr.-4o. Etwasgebräunt. Leicht fleckig und gebräunt. Kleine Rand- und Faltenschäden. Anstreichungen vonalter Hand. (600.—)

Euphorischer Brief aus der Anfangszeit des Siebenjährigen Krieges an Ewald Christian von K l e i s t , dermit seinem Regiment im Winterlager in Zittau lag.„... Ich bin jetzt gegen nichts gleichgültig was diesen Krieg angeht; ich bekümmre mich um alles, ich lese alles,ich erzähle alles, ich widerrufe alles: das habe ich in meinem Leben sonst nicht gethan. Verse konte ich wolmachen, aber keine Zeitungen lesen. Jetzt ist es völlig umgekehrt. ich kan keinen Vers machen, weil ich nichtweiß bey welchem Ende ich anfangen soll; ich bin des Stoffes allzu voll, den meine Muse singen soll ...In der That ich und alle Berliner, die ich spreche, sind so zärtlich gegen den König“ (Friedrich der Große)„gesinnt, daß sie bey seiner Widerkunft ihn gern über ihre untergelegten Hände in sein Schloß möchtengehen laßen ...Ich freue mich, daß unser G l e i m der Geschichtschreiber dieses allergerechtesten Krieges werden will,eines Krieges, von dem ich fürchte, er möchte noch nicht so bald geendigt werden, weil die Gegenpart-hey durch eine glückliche Schlacht vielleicht die Schande den Krieg angesponnen zu haben, erst auslö-schen will. O Schutzgott Preußens, o Brandenburgs Genius beschützt mir meinen Friederich! O Freund-schaft, o Liebe! beschützt mir meinen theuersten Kleist.“ – Kleist starb am 27. August 1759 an seinen inder Schlacht von Kunersdorf erlittenen Wunden.„Unsre Civilbediente sind jetzt alle so kriegerisch gesinnt, daß sie gern für die gerechte Sache mit fech-ten wolten. Ich selbst, der sein Feuer bisher nur zur Liebe und zur Dichtkunst angewandt hat, ich selbstwünschte vor zehn Jahren einer von ihnen gewesen zu seyn; damit ich jetzt zum wenigsten Ihr Lieutenantseyn möchte. Dulce et decorum est pro patria mori! ...Unter unsre größten Patrioten gehört jetzt unser Krause“ (der Jurist und Komponist Christian GottfriedK., 1719 – 1770) „und S u l z e r. Ich höre niemand lieber von den Umständen des Krieges sprechen, als

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diesen Schlesier und diesen Schweitzer ... Tausend Grüße von Ihren und meinen Freunden und Freun-dinnen, worunter Mad. Denstädt die vornehmste ist, die oft zuerst ihr Glas auf Ihren Sieg und Ihr Wohl-ergehen anstößt und austrinckt. Legen Sie doch in Gleims Brief immer ein Kleinoctavblatt an mich ein,damit ich erfahre, daß Sie leben ...“Nach Ausbruch des Krieges und „voll Bewunderung für den tapferen und weisen Friedrich, fordert Kleistvon Ramler Oden auf den König, von Gleim eine Beschreibung des Krieges und sendet ihm zu diesem Zwecke detaillirte Schlachtberichte: Gleim dichtet ‘seinem lieben Major zu Liebe’ die ‘Preußischen Kriegs-lieder von einem Grenadier’“ (ADB).

317* REMARQUE, Erich Maria, 1898 – 1970. Br. m. U. New York 8.II.1947. 3⁄4 S. folio. Mitillustriertem Briefkopf „The Ambassador“. (300.—)

An „Lieber Herr Breuer“, dem er für eine Rezension seines Romans „Arc de Triomphe“ dankt.„.... Sie haben einen der schoensten, aufmerksamsten und eingehendsten Artikel ueber mein letztes Buchgeschrieben und ich bin Ihnen ausserordentlich dankbar dafuer. Man sieht so viele oberflaechliche Kri-tiken, dass es einem wirklich gut tut, einmal jemanden zu sehen, der sich mit dem Buche so beschaeftigt,wie der Author es sich immer wuenscht ...“

318 RENAN, Joseph Ernest, 1823 – 1892. E. Br. m. U. Paris 19.X.1879. 4 S. 8o. Etwas ge -bräunt. Kleine Nadelspuren in der rechten oberen Ecke. (250.—)

An einen Herrn, über Vorträge in England, den Einfluß Roms auf die frühchristliche Kirche betreffend,die ihm die „MM. les trustees de la fondation Hibbert“ angeboten hatten.„... Je serais bien aise de savoir au juste l’entendue que MM. les trustees donnent au sujet. S’agit-il uni-quement de l’influence que Rome et ses institutions exercèrent sur le christianisme naissant, au second siè-cle, au troisième, au quatrième? Ou bien, dans l’esprit des trustees, le sujet s’étend-il à l’influence de laRome ecclésiastique, de la papauté, du catholicisme sur l’ensemble de la chrétienté. Je crois qu’il seraitconvenable de traiter avec développement la première partie et d’indiquer en traits rapides la seconde ...“

„Die Tage sind blau“

319 RICHTER, Jean Paul Friedrich, 1763 – 1825. E. Br. o. U. (München) „Donnerstag d. 29.Jun“ (1820). 1 S. kl.-4o. Ein wenig fleckig und minimal beschnitten. (800.—)

Vom Ende eines Besuchs bei seinem Sohn Max an seine Fraue Karoline geb. Mayer. Max studierte seiteinem halben Jahr in München.„Meine Karoline! Gestern erwartete ich irrig eine Antwort auf den Sonnabends Brief; denn sie kann erstmorgen ankommen, wie ich später berechnete. Daher kannst Du mir auch auf den gestrigen letzten keinevor meiner Abreise zukommen lassen. – Die Tage sind blau. Meine Zerstreuungen u. Besuche nehmen zu.Den Stahrenberger See u. die Königin werd’ ich noch sehen. Aber ich sehne mich, je schöner der Himmelwird, desto mehr nach Hause u nach Dir, Du Gute. Grüße Otto, Emanuel, die Welden u. die Kinder.“ – Am7. Juli begegnete Richter Königin Caroline von Bayern geb. Prinzessin von Baden und deren Töchtern.Auf der Rückseite ein e. Br. m. U. seines Sohnes Max (1803 – 1821): „Beste Mutter! / Nun noch ein Wort,um den beiliegenden Brief an gehöriger Stelle zu bringen. Er wurde nähmlich gestern nicht eingeschlos-sen. Es kommen daher nur Blättchen, wie Du siehst ... Meinen kleinen Koffer geb ich dem Vater ... FrageEmanuel, ob er Bestellung hat ...“Bei Berend n i c h t g e d r u c k t .

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320 RILKE, Rainer Maria, 1875 – 1926. E. Br. m. U. „RainerMariaRilke“. Berlin-Wilmersdorf,„im Rheingau 8/III“ 15.X.1897. 3⁄4 S. gr.-8o. Schwach gebräunt, minimal fleckig. (1.200.—)

An einen Grafen, dem er ein Exemplar seiner in diesem Jahr erschienenen Gedichtsammlung „ Tr a u m -g e k r ö n t “ ankündigt.„... da ich selbst kein einziges Exemplar meines Gedichtbuches ‘Traumgekrönt’ mehr besitze, habe ich denVerleger in Bendorf beauftragt, Ihnen ein solches zu senden. Und ich bitte Sie nun, dieses kleine Zeichenmeines Dankes und meiner Verehrung gütigst annehmen zu wollen ...“Anfang Oktober hatte Rilke München verlassen und eine Wohnung in Berlin bezogen.

321 — E. Br. m. U. Bad Rippoldsau 6.VII.(1913). 2⁄3 S. kl.-4o. Grünliches Papier. Minimal fleckig. (800.—)

An Hugo S a l u s , der ihm wohl zu einer finanziellen Unterstützung (durch die Schillergesellschaft?) ver-holfen hatte.„... Ist [sic] stehe ganz unter dem Eindruck der endgültig guten Nachricht (die eben auch schon in einemSchreiben der ‘Gesellschaft’ eintrifft) und drücke Ihnen für Wort und That warm die Hand. / Ihr / Rilke“.

322* — E. Br. m. U. „Rainer-Maria“. O.O.u.J. „Sonntag“ (Poststempel: München 3.XI.1918). 21⁄2 S. 4o. Mit gesiegeltem Umschlag (Briefmarke ausgerissen). (3.000.—)

An die Schauspielerin Else Hotop (Künstlername Elya Nevat) in München.„Gestern war ich verhindert, Dir, Elya, wie ich wollte zu schreiben; ich würde Dich gebeten haben, mirdas Buch mit Deinen Aufzeichnungen zu schicken – , aber sieh: als ich, spät nachts, nachhause kam, dalag es auf meinem Tische ... Und wie geläufig Dir in unserem Verkehr schon die Sprache der Siegel ist:Du herzlich Aufmerksame.Noch hab ich Dein Buch nicht aufgeschlagen und werde heut und morgen kaum zu ihm kommen; vielleichtDienstag. Und Mittwoch bist Du’s schon wieder selbst, in der ich lesen darf. Eine Weile dachte ich daran,auch Dienstag in das Conzert der Frau Hoffmann – Onegin zu gehen, aber seit vielen Abenden war ichjeden auswärts bis weit in die Nacht hinein ... auch mag ich, da noch Birgit Engell in mir nachwirkt, nichtso bald eine andere Sängerin aufnehmen ...Wenn Du nicht darauf bestehst, sie an beiden Abenden zu hören, bleibst Du vielleicht den Mittwoch wie-der über das Abendessen bei mir? ...“

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Nr. 322 Rainer Maria Rilke

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Joachim Ringelnatz, Hans Bötticher „und der Seemann Kuttel Daddeldu“

323 RINGELNATZ, Joachim, Pseudonym für Hans Bötticher, 1883 – 1934. Eigenh. Manu-skript mit Namen auf dem Titel und am Schluss. Titel + 13 S. gr.-8o, einseitig beschriebene Blät-ter. In mit Kleisterpapier bezogenem Pappband der Zeit. Kayser / des Coudres 17. (2.500.—)

„Joachim Ringelnatz / Ta s c h e n - K r ü m e l / Original-Manuskript“. – 12 Gedichte und Bagatellen,darunter: „Ein niedliches Eichhörnchen / Lutschte am kleinen Zehchen. / Dort hatte es ein Wehwehchen/ Wahrscheinlich ein Leichdörnchen.“„Es begab sich eine Diarrhoe / in den Herzog Richelieu. / Haferschleim und Rotweinessenz / Empfingenden Kardinal in Audienz.“„Heute fand ich 14 Geköpfte. / (Streichhölzer waren es, ohne Kuppe) / 7 Fleischklößchen schöpfte / Lonagestern in meine Suppe. / Und nun habe ich Grimm im Herzen, / Habe ein Grimmen im Leibe. / Fürch-terliche Bauchschmerzen: / Gift von meinem Weibe.“„Spuk mit Rümmel und Kum. // Der fliegende Holländer / Verlor seine Strumpfbänder. / Ein Fischer hatdem zugesehn; / Der konnte nicht mehr gerade stehn.“„Einen Lustmord in Ehren / Kann niemand verwehren.“„Aus dem Paket entglitt ein Räucheraal / Und fiel ins Wasser und trieb fort gen Süden. // ‘Bitte nachIhnen‘, sagte am Kanal / Ein Lebensmüder einer Lebensmüden. // Ausgeglittener Aal – – / AusgelitteneQual – – / Ha ha!“

Auf dem Schlussblatt der eigenhändige Vermerk: „Dieses bisher unveröffentlichte Original-Manuskriptwurde vom Verfasser August 1922 eigenhändig geschrieben. Als Zeugen waren Hans Bötticher und derSeemann Kuttel Daddeldu zugegen. / Joachim Ringelnatz“.

324 — E. Br. m. U. München 17.X.1924. 1 S. gr.-8o. Klebestreifen am Oberrand durchge-schlagen; gelocht. (250.—)

An eine Redaktion.„... Anbei sende ich Ihnen einen neuen Reisebrief und bitte Sie im Annahmefalle um ein Honorar von M.40.– ...“Beiliegend ein e. Albumblatt m. U. und einer Z e i c h n u n g (Selbstkarikatur), 12.XI.1931, kl.-8o, sowieein Br. m. U., o.O.u.D., „... Ich habe eine Freundin Baronin v. Hadding zu Besuch ...“

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I. LITERATUR

„für parodistisches ganz unbefähigt“

325 — 2 Br. m. U. „Joachim Ringelnatz“ und „Ringelnatz“. München 5.VII. und 26.VIII.1926. 2 S. gr.-4o. Etwas gebräunt. Ein Brief mit kleineren Randeinrissen (hinterlegt). Gelocht.

(350.—)An Walter Z a d e k , damals Redakteur beim Berliner Tageblatt.6. Juli. „... Ich ... werde über die Idee nachdenken, und wenn ich etwas finde, Ihnen einen Beitrag sen-den. Ich kann aber diesbezüglich keine Zusage machen. / Darf ich Sie daran erinnern, dass Sie noch zweiChansons von mir haben, für die ich noch kein Honorar habe ...“26. August. „... Ich habe den Kitsch nicht vergessen, aber es gelingt mir nichts. Ich bin wohl überhauptfür parodistisches ganz unbefähigt. Rechnen Sie lieber nicht mit einem Beitrag von mir für dieses und dasandere Thema ‘Künstlerische Doppelbegabungen’ ...“

326 RODA RODA, Alexander, Pseudonym für Sandór Friedrich Rosenfeld, 1872 – 1945. E.Br. m. U. Dresden 6.XI.1910. 2 S. gr.-8o. Mit gedrucktem Briefkopf des „Hotel Bellevue Dres-den“. Schwach gebräunt. Zwei kleine Faltenrisse. (200.—)

Von einer Lesereise an eine befreundete Dame in Prag, deren Einladung er aus Termingründen aus-schlagen müsse.„... Ich lese am 6. Nov. (heute) in Dresden vor, am 7. in Brüx, am 8. in Saaz, am 9. in Prag, am 10. inErfurt, am 11. in Eisenach, am 12. in Berlin. Malen Sie sich aus, wie amüsant ich am 13. bin. Und dasgeht nun schon seit Mitte Oktober. Ich schäme mich, in meinem reisezerschlissenen Bettlerkleid unter Men-schen zu gehen. Mit meinen (durch böhmische Lokalbahnen) zerrütteten Ganglien ...“

„une ère nouvelle“

327 ROLLAND, Romain, 1866 – 1944. E. Br. m. U. Villeneuve 29.VII.1936. 11⁄2 S. gr.-8o.(250.—)

An Jacques Chabannes über die von der Volksfront-Regierung veranlasste Festaufführung seines Revo-lutionsdramas „Le 14 Juillet“ im Théâtre de l’Alhambra anläßlich seines 70. Geburtstags.„... Ma soeur vient de rentrer. Elle a trouvé le spectacle, ‘extraordinaire’. Elle a eu le sentiment que c’étaitvraiment le début d’une ère nouvelle du théâtre, en France. Nous nous promettons d’arriver Vendredi soir,ma femme et moi ... Voulez-vous nous retenir des places. – Jusqu’au dernier moment, il y aura toujoursune incertitude, à cause des aléas de ma misérable santé ...“

328 ROSEGGER, Peter, 1843 – 1918. E. Gedicht m. U. „Am Sonnwendtag, 1872“. 1 S. gr.-8o. Schwach fleckig, rechter Rand unregelmäßig beschnitten. (200.—)

„Was wäre wol mein letzter Wunsch,Wenn ich dereinst zur Grube fahr’?Ein Gräblein, tief geborgen wolAuf einsam stiller Bergeshöh’.Auf jener Höh’, wo ich als KindDen ersten Schmetterling gesehn ...“

Im ganzen 20 Zeilen. – In stark veränderter und erweiterter Fassung unter dem Titel „Letzter Wunsch“in der Sammlung „Mein Lied“ (1911) gedruckt.

I. LITERATUR

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329 — E. Postkarte m. U. Graz 26.IV.1882. Etwas gebräunt, kleiner Randeinriss; gelocht.(150.—)

An Gustav Klötzsch in Leipzig, der ihn um einen Kalenderbeitrag gebeten hatte.„... Es ist mir wegen Arbeitsüberbürdung leider nicht möglich, ... etwas zu schreiben. Sollte Ihnen jedochetwas in Österreich schon Gedrucktes conveniren, so würde ich Ihnen ... etwas Passendes liefern können ...“Beiliegend 2 Portraitpostkarten an den Heimatdichter Waldemar Klinghammer in Rudolstadt, 1899 („Wir sindMenschen – seien wir’s doch“; deutliche Knickspuren) und 1905 (Glückwünsche; Oberrand beschnitten).

„deutsch und klar“

330 — E. Br. m. U. Graz 3.XII.1913. 21⁄3 S. gr.-8o. Auf seinem Briefpapier. Mit Umschlag (Blei-stift). (200.—)

(An J.L. Haase, Regierungsrat in Graz), dem er „für die freundliche Anteilnahme in dieser merkwürdi-gen Affäre“ dankt. – 1913 war Rosegger der große Favorit für den Literaturnobelpreis, der ihm jedochwegen seiner Nähe zur deutsch-nationalen Politik nicht zuerkannt wurde.„... Seit Wochen werden mir Zeitungspolemiken gegen die Schwedische Akademie zugeschickt, die fast nieden Nagel auf den Kopf treffen, dabei oft noch ungezogen sind“, ausgenommen sei der Aufsatz eines Pro-fessor Hiersche, denn dieser sei „ganz ausgezeichnet u. sagt mit ruhigem Ernst ohne zu beleidigen deutschu. klar, was von den Zeitungen ... hätte gesagt werden können. Ich rede nicht von der vielleicht zu unbe-dingten Anerkennung meiner Leistungen, ich rede von der Wahrheit u. von dem Takt, womit er die unsin bewußter Angelegenheit bekanntgewordenen Dinge bespricht ...“

331 ROTH, Eugen, 1895 – 1976. E. Gedicht m. U. 3⁄4 S. 4o. (120.—)

„Warnung

Ein Mensch verführt von blindem Zorn,Bläst in das nächste beste Horn.un merkt er, nach dem ersten Rasen,Dass er ins falsche Horn geblasen.

Zu spät! Der unerwünschte TonIst laut in alle Welt entflohn.Wenn schon Moral, dann wär es diese:Dass man am besten gar nicht bliese!“

Beiliegend ein e. adressierter Briefumschlag Roths, München 1964.

(Rosegger)

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I. LITERATUR

Nr. 337 Antoine de Saint-Exupéry

I. LITERATUR

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„Halten Sie sich lieber an Jehovah“

332 ROTH, Joseph, 1894 – 1939. E. Br. m. U. Nizza 11.VIII.1934. 1 S. gr.-8o, in kleinerSchrift eng beschrieben. Rautiertes Papier. Leicht fleckig, ein Eckchen abgerissen, ein zweitesetwas verfärbt. (2.500.—)

Aus der Emigration an eine jüdische Dame, die sich noch immer zur Loyalität gegen ihr deutsches Vater-land verpflichtet fühlte.„... Die Angst der Juden, man könnte an ihrer Treue zu ihren Vaterländern zweifeln, wird allmählichlächerlich in den Augen aller wirklich freien Christen jeder Nation. Diese fortwährende, unerbetene Versicherung jüdischer Menschen, sie seien patriotisch, degradiert dieJuden.Ich könnte Ihnen 10 gute Namen ‘echter’ Deutscher aus den führenden Familien Preußens, Bayerns, desRheinlands nennen, die sich von Deutschland losgesagt haben, weil es das Dritte Reich geworden ist. Waseinem Grafen K. und einem Baron M. und so vielen anderen recht ist, sollte den Juden billig sein.Die aufgeklärten Juden haben eine zu lockere Beziehung zu ihrem Gott. Deshalb ersetzen sie ihn durchirdische Idole, ähnlich den Protestanten.Die Juden sollten spüren, daß ihre betonte Treue zum Vaterland den Christen ebenso als eine Zudring-lichkeit erscheint, wie die Frechheit jener kleinen jüdischen Literaten, die das Vaterland beschimpfen –wenn es keinen Schimpf verdient.Unsere lieben Juden wissen eben selten, Maß zu halten. Sie lieben zu laut, sie hassen zu laut – und beideszu unrechter Zeit.Wenn man Juden den blutigen Schimpf antut, der ihnen jetzt in Deutschland zugefügt wird, darf keinJude ‘verzeihen’.Halten Sie Sich lieber an Jehovah, gnädige Frau, nicht an Martin Luther ...“

333* ROUSSEAU, Jean Jacques, 1712 – 1778. Eigenh. Manuskript. 1⁄4 S. 4o, halbspaltigbeschrieben. Linker Rand etwas feuchfleckig. (1.600.—)

Exzerpt über Amazonen: „Les Amazones ne se marioient point qu’elles n’eussent tué un Ennemi dans lecombat. Elles se marioient donc.“Am Kopf bezeichnet „T. 6. p. 214“; nach Angaben eines Vorbesitzers wohl aus einem Werk des Paläogra-phen Bernard de Montfaucon.

334* RÜCKERT, Friedrich, 1788 – 1866. E. Gedicht. 1 S. quer-schmal-kl.-8o. Beschnitten,verso Montagespuren. (300.—)

„Vergissest du es stets, wenn ich nicht mahn’ ausdrücklich?Du bist unendlich reich, du bist unendlich glücklich.Du bist es, ob es dir mag anders scheinen oft,Viel mehr als du’s verdient, viel mehr als du’s gehofft.“

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I. LITERATUR

Nr. 332 Joseph Roth

I. LITERATUR

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335* — E. Gedicht. 1 S. quer-kl.-8o. Am linken Rand montiert. (350.—)

„Das Bißchen Dichterruhm, die späte Spätherbstaster,Wär’ ein unnützes Kraut und unwirksames Pflaster,

Wenn eine eigne Kraft nicht selber wohnte beiDer Poesie, zu seyn des Herzens Arzenei.

In großer Trübsal hab’ ich dis Hausmittl’ erprobt,nd wenig kümmert mich, ob es ein Kritler lobt.“

336 — E. Gedicht. 1 S. quer-8o. Minimal fleckig. Am linken Rand montiert. (600.—)

„Wol mag es dir Verdruß erwecken oder Bangen,Wenn Irrthum so sich gibt für Wahrheit unbefangen.

Denn wie erkennst Du, daß Dich lauter Wahrheit säugtWenn auch der Irrthum von sich selbst ist überzeugt?

Gewis wird euern Streit einmal die Zeit entscheiden;Allein zu jener Zeit, wo seid ihr dann, ihr beiden?

Doch wenn die Wahrheit Dir mehr gilt als Recht zu haben,So tröste Dich und stirb! Denn sie wird nicht begraben.“

337* SAINT-EXUPÉRY, Antoine de, 1900 – 1944. Eigenh. F e d e r z e i c h n u n g . Ca. 22�7 cm. Blattgröße: 28,2�21,5 cm. US-amerikanisches Luftpostpapier. Linker Rand gelocht, klei-ne weitere Randdefekte. (1.200.—)

Wohl ein Selbstportrait in ganzer Figur, aus erhöhter Perspektive betrachtet, bezeichnet „Au dessus demoi vu debout“. Rechts oben beziffert „69“.Siehe die Abbildung auf Seite 151.

338 SALTEN, Felix, Pseudonym für Siegmund Salzmann, 1869 – 1945. E. Br. m. U. „Jagd-haus Unterzögersdorf“ 16.I.1920. 21⁄2 S. kl.-4o, eng beschrieben. Seite 1 etwas fleckig.(200.—)

An den Schauspieler Leopold Kramer, Leiter des Deutschen Landestheaters in Prag, wegen ihrer Diffe-renzen über die Aufführungsmöglichkeiten für seine Stücke.„... Darf ich Ihrer Ansicht die meinige gegenüberstellen ..., dann möchte ich sagen, dass mein Stück jemehr Aussicht auf Wirkung hat ..., je mehr die Zeit vergeht, und je mehr damit (auch oder gerade fürdas Prager deutsche Publikum) der Rückblick frei wird auf das zerbrochene Österreich und auf das ver-lorene Wien ... Auf die Aufführung des ‘Gemeinen’ in Prag habe ich schon ... verzichtet ...... Dass Sie in den drei Stücken, sei es nun ‘Der Ernst des Lebens’, – ‘Der Graf’ – ‘Auferstehung’ oder‘Lebensgefährten’ – in jeder Gruppierung Erfolg haben werden, bezweifle ich keinen Moment ... Kei-neswegs jedoch möchte ich es ‘riskieren’ ... nach Prag zu kommen, – das kann ich weder materiell nochsonst ...“

(Rückert)

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I. LITERATUR

Aus Nr. 340 Jean-Paul Sartre

I. LITERATUR

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339* — Br. m. U. Wien 28.XI.1932. 3⁄4 S. gr.-4o. Mit geprägtem Namenszug am Kopf. (180.—)

Freundschaftlicher Brief an die Schriftstellerin Jo van Ammers-Küller (1884 – 1966), der er sein „neuer-schienenes Buch“ sendet, wohl seinen in diesem Jahr erschienenen Novellenband „Mizzi“.„... Ihr Brief ist reizend und hat mir sehr viel Freude gemacht wie alles, was direkt von Ihnen zu mirkommt. Die Zartheit Ihres Empfindens ist so gross, dass Ihre sonst so kristallklare Einsicht diesmal dochdavon ein wenig verwirrt wurde. Wenn ich Ihnen damals in Budapest in jener Unterredung, die ich nichtvergessen werde, gesagt habe, dass ich einen höheren Wert auf unsere Freundschaft als auf unsere lite-rarischen Beziehungen lege, so habe ich doch gemeint ..., dass unsere literarischen Beziehungen zwar eineGrundlage bilden, eine Prämisse, dass aber die Freundschaft zwischen Ihnen und mir doch darüberhinaus geht und mir natürlich mehr bedeutet. Eine Freundschaft kann ich mir nun gar nicht denken,wenn sie sich nicht auf das Lebhafteste für die Arbeit des Freundes interessiert ... Ich arbeite mehr als jeund bin weniger denn jemals glücklich ...“

„une aventure singulière“

340 SARTRE, Jean-Paul, 1905 – 1980. Eigenh. Manuskript. 161 S. gr.-4o, überwiegend nichtvoll beschrieben, mit vielen eigenh. Streichungen. Kariertes Papier. Einige kleine Randdefek-te, etwas gebräunt. In Leinenkassette und brauner Lederkassette mit goldgeprägtem Rücken-titel „J.-P. Sartre / Cuba“. (8.000.—)

Aufzeichnungen über K u b a u n d d i e K u b a n i s c h e R e v o l u t i o n . Enthalten sind Äußerungen überdie politischen, wirtschaftlichen und sozialen Verhältnisse des Landes unter der Regierung von Fidel Cas-tro, aber auch Eindrücke vom Land und seinen Menschen, vor allem aber von der Landreform und dendamit verbundenen Hoffnungen der Jugend auf eine bessere Zukunft. – Sartre hatte Kuba ein Jahr nachder siegreichen Revolution über die Batista-Diktatur in Begleitung von Simone de Beauvoir vom 22. Feb-ruar bis 20. März 1960 bereist.Beginnt: „Un exemple suffit à marquer le caractère pratique de la loi rebelle, structure et règlement tou-jours provisoire d’une action singulière et en perpétuel remaniement: la loi de la Réforme Agraire. Sansdoute, elle définit un état, à la manière des législations classiques: celui où le plus petit propriétaire fon-cier posséderait au moins 2 caballerias et le plus grand 30 (en dehors des coopératives). Mais cet étatn’existe pas encore après quatorze mois de Révolution; c’est normal: il ne faut pas ménager sa peine ni sontemps si l’on veut opérer le détail de la redistribution. Que le partage des terres soit une entreprise delongue haleine, Castro l’a montré quand il a baptisé l’an I: l’année de la Réforme Agraire. En ce sens, lesstipulations de la loi tracent les grandes lignes de l’opération. Et comme ce travail immense exige ses tra-vailleurs, ils sont engendrés la loi-même; c’est la Réforme qui crée sous le nom d’INRA l’équipe des réfor-mateurs. Ces hommes ne peuvent se comparer aux fonctionnaires d’une administration tels qu’on les trouvedans les pays ‘stabilisés’: ceux ci ont des fonctions générales et abstraites, ils contrôlent, encouragent l’ini-tiative individuelle ou privée, répartiront au mieux les crédits, stimulent la production. Les gens de l’INRAsont les produits d’une aventure singulière; une mission singulière les définit: on leur a donné l’île pourqu’ils le taillent et le recousent. Ils disposent des pouvoirs nécessités par leur action, ils manient des fondsils recrutent: n’empêche que l’individualité de leur objectif – reconstruire l’économie d’une île sans pareille– a pour effet d’individualiser l’équipe entière et chacun de ses membres. L’INRA vit; il doit plus tard chan-ger et probablement mourir: un jour viendra où grâce à lui Cuba aura reconquis.Si l’on me demandait quelle est, aujourd’hui, la relation humaine le plus fondamentale, à Cuba, je diraique c’est le bien de la jeunesse à l’enfance. Mais j’y insiste surtout parce qu’elle nous donne des indica-tions sur la pratique quotidienne du pouvoir …“ Der Schluss: „... Ils connaissent notre histoire et celle de l’Amérique latin: il ya de quoi faire peur, c’estsûr. Mais ils se reprennent vite et je connais l’ordre de leurs réactions – qui est constant. C’est d’abord laconfiance la plus entière dans leur chef: ‘Si Fidel mourait, peut être; à partir de là, rien n’est sûr. Tantqu’il vivra, jamais.’ Et puis, s’irritent un peu: ‘la Terreur pourquoi faire? Et qui la ferait? Nous n’avons

(Felix Salten)

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I. LITERATUR

pas de force ni d’appareil et nous aimons mieux mourir que déshonorer notre peuple en l’obligeant à cesignobles pratiques; La Révolution Cubaine doit, quelle que soit la situation, se poursuivre sans ter-reur ...’ ...“Siehe die Abbildung auf Seite 155.Über den Besuch bei Fidel Castro und das „neue Kuba“ berichtete Sartre in seiner Reportage „Ouragansur le sucre“, die in 16 Artikeln im „France Soir“ zwischen dem 28. Juni und 15. Juli 1960 erschien.

341 — Eigenh. Manuskript. 2 S. gr.-4o. Rautiertes Papier. Leicht gebräunt. Kleiner Rand-schaden. (300.—)

Zwei Blätter aus einem Essay über die französische Dichtung des 19. Jahrhunderts.„... Les aînés avaient écrit pour jouir de leur magnificence; ils semaient leurs vers aux quatre vents; laPoésie devint une des formes les plus exquises de la générosité; le lait que repandait sa mamelle intaris-sable était apprécié pour son abondance plus encore que pour sa qualité. A partir du coup d’Etat, toutchange ...“

342 — Eigenh. Manuskript. 1 S. gr.-4o. Rautiertes Papier. (500.—)

Ein Blatt aus dem Entwurf zu seinem Schauspiel „Le Diable et le Bon Dieu“ („Der Teufel und der liebeGott“). – Dialog zwischen „Goetz“ und „le vieillard“, beginnt:„[Goetz] pardon? Crois-tu qu’il soit si misérable qu’il lui faille hypothèque son jugement dernier? Jeconnais la chanson ... Conrad et l’Archevêque se sont fait la guerre; le banquier Foucre finançait son Emi-nence. Aujourd’hui Foucre veut rentrer dans ses fonds et l’Archevêque rend les indulgences pour le rem-bourser. La guerre, c’est vous qui allez la payer.le vieillard / puisque tout le monde y trouve son compte ...“

343 SCHAUKAL, Richard von, 1874 – 1942. Eigenh. Manuskript. Nach 1931. 4 S. gr.-4o.Leicht gebräunt. Kleine Randläsuren. Gelocht. (250.—)

Literarischer Lebenslauf.„... 1903 erschien mein erstes Buch ‘Gedichte’, ‘Verse’, 1896, machten mich bekannt, ‘Meine Gärten’, 1897und ‘Sehnsucht’ (1900) als Lyriker berühmt ... ‘Großmutter’, 1904, hatte die Wende bezeichnet von lau-nenhafter, einfallsreicher, sinnlicher nur selbstgefälliger Kunst zu besinnlicher Einfachheit ... In ‘Gedan-ken’, 1931, den Gedichten seit ‘Jahresringen’, 1921, den Essays seit ‘Erlebten Gedanken’, 1917, gipfeltmeine Leistung, gerechter, strenger, klarer Ausdruck eines wahrhaftigen, unabhängigen und unbefan-genen Geistes ...“ – Mit mehreren Korrekturen.

344 SCHEERBART, Paul, 1863 – 1915. E. Postkarte m. U. Berlin 17.VI.1905. Leicht ge -bräunt. An die Redaktion des Prager Tagblatts. (180.—)

„... Anbei sende ich 3 Feuilletons zum Nachdruck à 10 M – alle drei zusammen für 20 M. Für Zusendungdes Honorars resp. Rücksendung der Drucksache werde ich sehr dankbar sein ...“ Scheerbart, der zeit-lebens in finanziellen Schwierigkeiten war, hatte ein Jahr zuvor beschlossen, seinen Lebensunterhalt mit„Feuilletons“ zu bestreiten.

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345 SCHEFER, Leopold, 1784 – 1862. E. Gedicht. 1 S. quer-schmal-8o (Abschnitt eines grö-ßeren Blattes). Leicht gebräunt. Unregelmässig beschnitten. Tinte etwas durchschlagend.

(200.—)„Das größte Notabene.

Verso der Anfang eines weiteren Gedichts, überschrieben: „Das Amulet. / Aus der Griechischen Reise.“Beginnt: „Willst Du hinab in die Vorwelt steigen, die finstre, die hohle, / Thu’ es mit Rath und Halt! ...“Schefers Versepos „Griechische Reise“ erschien im „Berliner Musenalmanach für das Jahr 1831“ ohne diebeiden genannten Gedichte.

346 SCHEFFEL, Joseph Viktor von, 1826 – 1886. E. Albumblatt m. U. Kissingen 21.VI.1877.1 S. gr.-8o. Leicht gebräunt, kleine Randläsuren. (180.—)

„Autograph“ über die R a k o c z y - Q u e l l e in Kissingen: „Die des Rakoczy Sprudel schlürfen, / WederKörper noch Geist anstrengen dürfen. / Drum ersinn’ ich heut keinen neuen Spruch, / Und schreib’, wasmich lehrte ein altes Buch: / ‘Aus Nichts wird Nichts – das merk Dir wohl / Wenn Etwas aus dir werden soll!“‘Beiliegend ein weiteres e. Albumblatt m. U., Kissingen 17.VI.1877 („Gedenkspruch“ aus den „Jambeneines greisen Ghibellinen“), eine e. Postkarte m. U., Kissingen 26.V.1884, und ein von Scheffel gesiegel-ter Umschlag.

„Hier schicke den Tell“

347 SCHILLER, Friedrich von, 1759 – 1805. E. Br. m. U. „S.“ Weimar 11.X.1804. 3 S. 8o. –Dazu der Antwortbrief Körners: Dresden 17.X.1804, 11⁄2 S. 4o, mit Siegel und Adresse („An /Herrn Hofrath von Schiller / in Weimar“). Schwach gebräunt. (16.000.—)

An seinen Freund Christian Gottfried K ö r n e r bei Übersendung des „ Wi l h e l m Te l l “ , seines letz-ten Dramas, das am 17. März in Weimar uraufgeführt worden und soeben bei Cotta in Tübingen erschie-nen war. – Geschrieben gut ein halbes Jahr vor seinem Tod. Die erste Hälfte des Mai 1804 hatte Schillerumfeiert in Berlin verbracht. König Friedrich Wilhelm III. und Königin Luise hatten eine Übersiedlungangeregt, worauf Schiller um Bedenkzeit gebeten hatte. Nach seiner Rückkehr nach Weimar hatte er sichEnde Juli bei einer abendlichen Ausfahrt eine Erkältung zugezogen, die seine ohnehin angegriffeneGesundheit monatelang beeinträchtigte.„Nach und nach fange ich an, mich wieder zu erhohlen und einen Glauben an meine Genesung zu bekom-men, den ich seit 8 Wochen beinahe ganz verloren hatte. Auch zur Thätigkeit finden sich wieder Neigungund Kräfte, und diese, hoffe ich, wird das gute Werk vollenden, denn wenn ich mich beschäftigen kann,so ist mir wohl. Was ich eigentlich zunächst treiben werde, weiß ich selbst noch nicht, weil ich immer nochzwischen zwey Planen“ (die Dramen „Die Prinzessin von Celle“ und „Demetrius“) „unschlüßig schwan-ke, und einen um den andern durchdenke, bis ich mich entscheide. Der Attila ist ein abgeschmackter Ein-fall, der mir nie in den Sinn gekommen.“ – In literarischen Zeitungen hatte es geheißen, Schiller arbeitean diesem Stoff.„Von Berlin habe ich noch nichts weiter vernommen. Vermuthlich will man die Sache fallen lassen, weilich auf einen fixen Aufenthalt in Weimar und der Fortdauer meiner hiesigen Verhältnisse bestanden habe.Ohnehin hätte ich jedes Engagement in meinen jetzigen Umständen ausschlagen müssen, da ich meinerGesundheit gar nicht viel zutrauen kann. Auch kann ich mit meinen gegenwärtigen hiesigen Verhältnis-sen recht wohl zufrieden seyn, und es ist nicht unmöglich daß sie sich noch weiter verbessern, da unsere

Das Alles, was der Mensch ertragen muss,Das fährt kein Schiff fort auf dem Höllenfluss –– Ich weine!

Und Alles, was er dumm erträgt – mir graut –Das geht auf keine Eselshaut – – Als seine!“

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Nr. 347 Friedrich von Schiller

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Erbprinzessin, wie ich höre, gute Gesinnungen für mich mitbringt.“ – Am 9. November fand der feierli-che Einzug des Erbprinzen Karl Friedrich und seiner Gemahlin Maria Paulowna statt, zuvor hatte CarlAugust eine Verdoppelung von Schillers Bezügen bewilligt und eine weitere Erhöhung derselben in Aus-sicht gestellt.„Hier schicke den Tell und wünsche daß er euch jezt, mit Muße wieder gelesen, einiges Vergnügen machenmöge.Alles ist wohl und grüßt auch schönstens. Laß bald etwas von Dir hören / Dein / S.“Nationalausgabe Band 32 Nr. 189.Aus dem Antwortbrief Körners: „Nach einer ganz beruhigenden Nachricht von dir hatten wir uns längstgesehnt, Du kannst also denken, wie sehr uns dein letzter Brief erfreute ... Für deine Aussichten in Ber-lin habe ich mich nie recht interessiren können ... Das geistige Clima in Berlin hat mir nie gefallen wollen.Für den Tell sind wir alle sehr dankbar ...Hast du denn einen Tell von Le Mierre gesehn, der 1766 in Paris aufgeführt worden ist. Lies ihn doch Spa-ßes halber. Es ist gar ein ärmliches Werklein ... Gestern hörte ich, daß der hiesige Theater Director denGedanken noch gar nicht aufgiebt, den Tell einmal hier aufzuführen ... Er hat mehr Muth als alle seineVorgänger ...“Beiliegend ein Brief von Emil Peschel, Direktor des Körnermuseums in Dresden, beide Briefe betreffend(Dresden 1912) u. a.

348 (—) H e r r e n w e s t e aus Schillers persönlichem Besitz. Vorderteile aus elfenbeinfar-bener Seide mit verschiedenfarbigen Seidenstickereien, 2 Taschen mit Taschenpatten sowie 11seidenbezogenen und bestickten Knöpfen, Rücken aus naturfarbenem Leinen mit variablemSchnürverschluß; ganz mit Leinen gefüttert. Um 1790– 1800. Mäßige Tragspuren, stellenweiseleicht fleckig. Beiliegend 3 Ersatzknöpfe. (35.000.—)

Wie Ende des 18. Jahrhunderts üblich handelt es sich um eine Schneiderarbeit aus einem vorgefertigtenHalbfabrikat vermutlich französischer Herkunft.Provenienz: Direkte Erbfolge nach Schillers Tochter Emilie v. Gleichen-Rußwurm (1804– 1872), derenSohn Ludwig v. Gleichen-Rußwurm (1836-1901) und dessen Sohn Alexander v. Gleichen-Rußwurm(1865– 1947). – Ludwig v. G.-R. stiftete 1880 die meisten der auf ihn gekommenen Hinterlassenschaften Schil-lers an das Goethe-Archiv in Weimar, so daß das Haus 1889 die Bezeichnung „Goethe- und Schiller-Archiv“erhielt. Alexander v. G.-R. gab 1938 die noch verbliebenen Erinnerungsstücke an das Schiller-National-museum in Marbach sowie an das Mainfränkische Museum in Würzburg. Die vorliegende Weste wurde in derFamilie behalten.Der Familienüberlieferung zufolge erhielt Schiller die Weste von seiner Frau Charlotte zum Geschenk, siesoll Teil seiner Hoftracht gewesen sein.

(Schiller)

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Nr. 348 Weste aus Schillers Besitz

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349 — SCHILLER, Charlotte von, geb. von Lengefeld, seine Frau, 1766 – 1826. Eigenh. Blei-stiftzeichnung (8,3�11,9 cm), auf ein Albumblatt (quer-8o) montiert und dort datiert „Rudol-stadt den 11ten Juli 1785. Charlotte von Lengefeld.“ Die Zeichnung mit goldenem Schmuck-rähmchen, das Albumblatt mit vierseitigem Goldschnitt. Linker Rand mit Montagespur,minimal staubfleckig. – Verso: E. Albumblatt m. U. ihrer Mutter Luise von Lengefeld, geb. vonWurmb (1743 – 1823), Rudolstadt 10.VI.1785. (1.200.—)

Dargestellt ist ein traufenständiges, umzäuntes Haus zwischen Bäumen, vor dem zwei Soldaten Wache stehen.Der Albumblatteintrag von Luise von Lengefeld: „Sie sehen und lieben wart bey mir eins theure Freun-din: und nun soll ich Sie nie wieder an mein Herz drücken – doch ich will nicht klagen, dancken will ichder Vorsehung die mir wenige aber theure unvergeßliche stunden Ihres Umganges schenckte, mir Ihrefreundschafft gönnet, so daß mich der gedancke bey frohen und trüben Tagen meiner Wanderschaffthinieden begleitet, es giebt eine gute Sele mehr in der Welt die an deinen Geschick antheil nimt, den dasthun Sie gewiß; die Gesinnungen meines Herzens bürgen mir für die Ihrigen ...“Charlottes Vater, der Rudolstädter Oberlandjägermeister Karl Christian von Lengefeld, war 1775 gestor-ben, so daß ihre Mutter sie und ihre Schwester Caroline (seit 1784 verh. von Beulwitz, in zweiter Ehe mitWilhelm von Wolzogen verheiratet) alleine aufgezogen hatte. Schiller lernte die Schwestern zweieinhalbJahre später, im Dezember 1787, während der Durchreise von Bauerbach nach Weimar kennen, als ihnsein Freund Wilhelm von Wolzogen, ein Vetter der Lengefeld-Schwestern, um einen Besuch gebeten hatte.

350 — LENGEFELD, Karl Christian, Oberlandjägermeister in Rudolstadt, sein Schwieger-vater, 1715 – 1775. Abgeschnittener Schluss eines amtlichen Schreibens m. U. „CvLengefeld“.Rudolstadt 17.III.1769. Ca. 12,5�19,5 cm. Leicht gebräunt. (150.—)

S e h r s e l t e n . – Beiliegend ein Autograph von Schillers Tochter Caroline verh. Junot: E. Namenszug„Caroline von Schiller“ auf einem ausgelösten Buchtitel (Bibliothek deutscher Canzel-Beredsamkeit, Ers-ter Band, Gotha und New York 1827).

351* — WOLZOGEN, Caroline Freifrau von, geb. von Lengefeld, gesch. von Beulwitz, Schil-lers Schwägerin, 1763 – 1847. E. Br. m. U. Jena 5.I.1839. 22⁄3 S. gr.-8o. Mit Trauersiegel undAdresse. Ausschnitt an der Siegelstelle. (400.—)

Freundschaftlicher Brief an Minna K ö r n e r geb. Stock (1762 – 1843), die Witwe von Schillers FreundChristian Gottfried K. in Berlin.„So lang, meine theure Freundin, hörte ich nichts von Ihnen, seit meine junge Freundin Hedemann“(Adelheid von H., Tochter von Wilhelm von Humboldt, Gemahlin des preußischen Generals August vonH.), „wie ich glauben muß, nicht mehr in Berlin ist. Doch immer bleibt es mir ein Herzensbedürfnis zuwißen wie Sie leben ... In diesen Tagen dachte ich so lebhaft der Weihnachtstage die wir einmal zusamenverlebten in dem Kreis der Lieben von denen so viel geschieden sind ... Ein mir sehr liebes Wesen, A l v i -n e F r o m m a n n , jezt im Hause des Ministers von Altenstein“ (des Kultusministers Karl Frhrn. vomStein zum A.) „wünschte ich Ihnen bekannt wenns Entfernung u. ihre gebundne Lage erlauben, würdesie Sie aufsuchen. Sie war hier mein liebster weiblicher Umgang, u. fehlt mir sehr. Eine sehr ernste Krank-heit meiner treuen Schwendler“ (Henriette von Sch., Gattin des Präsidenten der Weimarer Landesdi-rection) „machte mich seit Monaten sehr besorgt. Doch geht’s nun zur Beßerung. Der milde Winter thutmir sehr wohl, ich war lange nicht so gesund u. thätig. Ein äußres sehr gleichförmiges Leben ist mirBedürfnis. Die Aufstellung von S c h i l l e r s S t a t u e “ (von Bertel Thorvaldsen) „wird mich wohl nachStuttgard ziehen. Die Kinder sind wohl, jedes nach seiner Art glücklich ...“

(Schiller)

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I. LITERATUR

Nr. 349 Charlotte von Schiller

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„in einem Wirbel angenehmer Zerstreuungen“

352 SCHLEGEL, August Wilhelm von, 1767– 1845. E. Br. m. U. Berlin 16.VI.1798. 4 S. 8o.Etwas gebräunt. (800.—)

An (Gottlieb H u f e l a n d ) in Jena, den Mitherausgeber der „Allgemeinen Literaturzeitung“, über seinenAufenthalt in Berlin, wo er auch Ludwig Tieck persönlich kennengelent hatte.„Ich lebe hier in einem solchen Wirbel angenehmer Zerstreuungen, daß ich mein Versprechen, Ihnen flei-ßig Nachricht von mir zu geben, noch nicht recht in Ausführung bringen kann ... Die gestern empfange-ne Antikritik erfolgt hiebey mit einer kurzen Antwort wieder zurück. Der arme Mensch giebt sich vielMühe um einer großen Kleinigkeit willen.Sie werden einen Brief von mir aus Leipzig empfangen haben, worin ich mich zu der Beurtheilung vonVo s s e n s Ovid erbot. Jetzt sind mir noch zwei Erscheinungen der letzten Messe vorgekommen zu denenich wohl Lust hätte: Butlers Hudibras ... und Franz Sternbalds Wanderungen von Ti e c k ...Der 3te Band des S h a k s [ p e a r e ] wird nun wohl nicht vor der Michaelismesse erscheinen, ob er gleichbeynah fertig gedruckt ist. Ich bringe jedoch in Erinnerung, was ich wegen der Beurtheilung desselbendurch Tieck neulich geschrieben ...Das 2te St. des A t h e n ä u m s sollen Sie wie ich hoffe in Kurzem empfangen. Schütz sprach beym Abschie-de davon, bald eine Anzeige zu besorgen ...Empfehlen Sie mich dem Hofr. Schütz bestens, u. sagen Sie ihm, daß Gedike sich sehr angelegentlicherkundigt hat, ob er noch diesen Sommer nach Berlin kommen würde. Von Mlle. Meyer habe ich dieErwiederung Ihrer Empfehlungen an sie zu bestellen. Ich habe sie oft gesehen und eine sehr anziehendeBekanntschaft an ihr gemacht ...“Mit einer Nachschrift: „M e i n B r u d e r läßt sich bestens empfehlen ...“S e h r s e l t e n so früh.

Schnitzler an Kerr

353 SCHNITZLER, Arthur, 1862 – 1931. 48 Autographen: 28 e. Br. m. U. und 20 e. (Bild-)Postkarten m. U. („Arthur Schnitzler“, „Arth. Sch.“ und „A. S.“). Berlin, Wien, Reichenau,Vahrn, Alt-Aussee, Ischl, Rom, St. Gilgen und (Taormina) 7.II.1896 bis 5.VII.1918 und o. D.79 S. gr.-4o bis quer-kl.-8o und die Karten; teilweise Bleistift. Mit 13 Umschlägen. (12.000.—)

Bedeutende, weitgehend unpublizierte Brieffolge an den Literatur- und Theaterkritiker Alfred K e r r(1867– 1948) in Berlin. Schnitzler hatte Kerr während seines Aufenthalts in Berlin Anfang Februar 1896anlässlich der Aufführung seines Schauspiels „Liebelei“ kennengelernt. Er schätzte Kerrs Kritikerfähig-keiten und verkehrte freundschaftlich mit ihm.Berlin 7.II.1896. „... Sonnabend bin ich 1) bei der Sorma 2) auf dem Presseball 3) auf dem Lindenball.Sonntag werde ich voraussichtlich spät aufstehen. Sagen Sie mir Ihre Zeiteintheilung für den Sonntag;ich werde Sie zu finden wissen ...“ – Drei Tage zuvor war sein Schauspiel „Liebelei“ zum ersten Mal amDeutschen Theater aufgeführt worden; Agnes Sorma hatte in der Rolle der Christine zum großen Erfolgdes Stückes beigetragen. Wien 19.II.1896. „... Sie können sich denken, mit welcher Freude ich Ihren Artikel in der N[euen]D[eu]tsch[en] R[und]sch[au] gelesen habe. Was Sie in demselben schreiben, hat mir klargemacht, dassnicht ausschließlich Beziehungen zwischen Ihrem kritischen und meinem künstlerischen Bestreben regesind, sondern dass zwischen uns offenbar rein menschliche Beziehungen bestehen, zu deren Wachwerdenauch anderswie irgend ein Anlass hätte kommen können. Müssen lässt sich schwer sagen – denn Sie lebenin Berlin und ich in Wien. Mir aber thät es wahrhaftig leid, wenn sich nichts andres zwischen uns beidenentwickeln sollte, als das Verhältnis zwischen Autor und Kritiker – da wir ja wohl beide noch etwas mehr

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Aus Nr. 353 Arthur Schnitzler

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zu geben haben ... Es ist u.a. wunderbar dass Sie herausgespürt haben, was Humor für mich bedeutetund dass Sie die kleine Komödie nicht besonders leiden können. Auch Ihre Abneigung gegen das Pointirtefühl ich mit. Manches gute von mir überschätzen Sie deutlich – aber das verstimmt mich bei Ihnen fastgar nicht. Sie haben das, was in Ihnen höchst persönlich mitgeklungen ist, mit zu den Vorzügen meinerKunst gerechnet. Das darf ich mir gefallen lassen ...“ – Schnitzlers Erzählung „Die kleine Komödie“ warzuerst in Heft 8 vom August 1895 in der „Neuen Deutschen Rundschau“ erschienen.Wien 25.I.1897. „... heute hab ich Burckhard“ (Max B., Direktor des Burgtheaters) „gesprochen undkann Ihnen soviel über den Aufführungstermin der ‘Versunkenen“‘ („Die versunkene Glocke“ von Ger-hart Hauptmann) „sagen, als er selbst weiss. Nahezu sicher zweite Hälfte Febr. keineswegs vor dem 18.– B. ist (unter uns gesagt) sehr verstimmt, weil höhere Einflüsse auf die Besetzung Einfluss genommenhaben. Sie wissen ja wohl schon, dass Frau Reinhold das Rautendelein spielen wird. Meiner Ansicht nachist übrigens das ganze Stück in Wien unmöglich ganz entsprechend zu besetzen. – Auch das mit der Fest-lichkeit, die man Hauptmann geben will, stimmt. Und ich bin überzeugt, die Leute auf die es ankommtwerden sich sehr freuen, bei dieser Gelegenheit Sie kennen zu lernen ... So hat Ihnen der Anfang meinerNovelette in der ‘Zeit’ gefallen?“ („Die Frau des Weisen“ war im Januar des Jahres in den Nummern 118–120 erschienen) „Ich selber habe den Schluss ganz gern ...“Wien 3.IV.1898. „... hier ist die gewünschte Abschrift des Spielhagen’schen Briefes; ich danke Ihnen, dassich das Original behalten darf.“ (Dabei die Abschrift Schnitzlers von dem Brief Friedrich Spielhagens,Charlottenburg 17.VI.1896; „... Verzeihung, dass ich ‘Sterben’ so lange behalten habe! Um ein kleineswäre das Buch gar nicht wieder in Ihre gütigen Hände gelangt, sintemalen ich während der Lectüre wie-derholt selbst sterben zu müssen glaubte. Vor Abscheu! ...“)„Es ist sehr freundlich, dass Sie mich ein wenig vermisst haben; allerdings habe ich derweil zu erwidern,dass Sie den Besuch in Wien noch immer schuldig sind. Wieder ist ein Frühling da – wollen Sie sich nichtendlich entschließen? Im Herbst erschein ich wohl bei Ihnen in Berlin; Brahm hat ein neues Stück von mir,auch bring ich gleich manches andre mit ...“ Sein Schauspiel „Das Vermächtnis“ wurde am 8. Oktoberdes Jahres am Deutschen Theater in Berlin, dessen Direktor Otto Brahm war, uraufgeführt.(Wien) 15.XII.1899. „... ich muss Ihnen diesen Brief meines Freundes Goldmann doch senden – Sie wer-den so freundlich sein, ihm ... nie zu verrathen, dass ich es gethan, und senden mir ihn ... auch bald wie-der zurück. Freuen wird es Sie jedenfalls – wie man überhaupt Ehrgeiz hat, – haben soll? haben muss?– Das beste bleibt doch zu wünschen, dass andre kluge Menschen gut über uns denken. Der Ansicht G.’süber Ihr Feuilleton schließ ich mich vollkommen an – ohne seine Empfindung von ‘Zurückgeworfenseinin die Mittelmäßigkeit’ im geringsten zu finden ...“Wien 4.II.1900. „... dieser Winter scheint mir ganz endlos zu dauern, und ich habe beinah immer dasGefühl wie in einem Gefängnis zu sein. Sie werden mir allerdings sagen: Warum reisen Sie nicht fort? Inden Süden? Dem Frühling entgegen? – Aber zum Alleinreisen kann ich mich jetzt nicht haben, mir scheint,dazu gehört ... eine sehr glückliche oder eine sehr resignirte Stimmung, und ich bin gar nicht resignirt,im Gegentheil, ich bestehe darauf, noch etliche glückliche Stunden oder gar Tage zu erleben. Ja Sie habensehr Recht mit dem, was Sie vom Altwerden sagen. Und wie nah ist es mir schon; nicht das Altsein – aberdas Altwerden. Morgen kann es anfangen – wenn es nicht schon gestern angefangen hat. Meine Sehnsuchtgeliebt zu werden, ist ungeheuer – was werd ich anfangen, wenn es niemand mehr nicht einmal der Mühewerth halten wird, mir’s vorzulügen? –Haben Sie denn Paul Goldmann schon gesehn, seit er in Berlin lebt? ... Was Sie mir über mein Schreibensagen, hat mich nachdenklich gemacht. Wahrscheinlich haben Sie recht, dass mir das, was Sie meineLyrik nennen, mehr, meinetwegen liegt; aber ich will das andre, das Spielerische, nicht verschwören. Esmacht mir viel Vergnügen, und so muss es doch einen Sinn haben – wenigstens für mich – und bleibt dasnicht schließlich die Hauptsache? – Im ganzen scheint mir doch, dass ich auf einem Weg bin, an dessenEnde sich vielleicht die Notwendigkeit von beiden zeigen wird, kurz, ich fühle, dass sich in mir so etwaswie eine Verbindung von Logischem und Spielerischem vorbereitet. Etwas stupid ausgedrückt, aber Sieverstehen mich schon. In der ‘Beatrice’ scheint mir etwas von der Verbindung zu sein, noch ohne die rech-te Harmonie. Meine nächsten Sachen dürften wohl wieder im gegenwärtigen sein; doch hoff ich wird michdas Spielerische vor Sentimentalität bewahren, an der ich doch immer leide. Vielleicht wird das dann derganze Sinn gewesen sein. Im übrigen, was soll das Gerede? ...“ – Sein Schauspiel „Der Schleier der Bea-trice“ wurde am 1. Dezember des Jahres in Breslau uraufgeführt.

(Schnitzler)

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Wien 5.VIII.1902. „... Ich bin heuer nur 10 Tage fort, wirklich fort gewesen; ... hab eine mit vielfacherEisenbahn untermischte Radtour in Gesellschaft H o f m a n n s t h a l s gemacht; Salzburg – Lofer Ins-bruck, Pusterthal (Welsberg.) Die Umstände bringen es mit sich, dass ich jetzt in Wien u in der NäheWiens mich aufhalte; vielleicht fahre ich September weiter nach Tirol; es ist aber noch nicht bestimmt. Ichschreibe allerlei Kleines und beschäftige mich dabei sehr intensiv mit größern Plänen, besonders mit einemRoman – zu dem ich beinah alles in mir habe, außer den letzten Muth ihn anzufangen. Überdies wach-sen phantastische Stoffe, dramatischer Art, in die Höhe u Breite ...“ – Sein Roman „Der Weg ins Freie“erschien zuerst 1908 bei Fischer in Berlin.Wien 15.IX.1902. „... Ich habe mich in der g[an]z[en] Sache noch immer nicht entschieden. Seither istals dritter Bewerber Schall u Rauch“ (die von Max Reinhardt im Vorjahr gegründete Kleinkunstbühne)„an mich herangetreten, die mir alle möglichen Garantien geben wollen. Es ist meine Absicht Mitte Okto-ber nach Berlin zu kommen und mir alles selbst zu besehen. Indess schreib ich an was neuem.Parsifal kenn ich nur aus den sehr guten Klavierstücken, die Humperdinck daraus gemacht hat; – u Bay-reuth kenn ich noch gar nicht.... Ich glaube nicht, dass ich in meinem Leben schon drei Tage hindurch wahrhaft gesammelt war. Zer-streutheit im höchsten Sinne ... ist der schwerste Mangel in meinem Sein und Wesen ...“Wien 27.II.1904. „... so abgelehnt zu werden, wie es wiedermal von Ihnen passirt, das kann man sichgefallen lassen. Sie sagen mir bei dieser Gelegenheit wieder so schönes, dass ich mich im Grunde gefreuthabe. Immerhin würden Sie sagen – u ich sage es auch .... immerhin, nicht über das Stück, sondern übermanches was nicht herausgekommen zu sein scheint, um über das beste an dem ganzen, den 5. Akt, sollich noch einmal, ganz losgelöst vom theatralischen im literarischen mit Ihnen reden zu dürfen ...“ – Am13. Februar war sein Schauspiel „Der einsame Weg“ im Deutschen Theater in Berlin uraufgeführt wor-den.Wien 7.IV.1904, über eine Kritik Kerrs seines Schauspiels „Der einsame Weg“, die im April-Heft der„Neuen Rundschau“ erschienen war. „... wahrhaftig Sie sind kein schlechter Kerl. Besseres kannüberdas, was Sie das schiefe Profil der C. W. nennen, kaum gesagt werden ... Vielleicht ... liegt der Grundfür das Misglücken diesmal weniger in Talentmangeln, als in der Entstehung des Stücks – was natürlichkeine Entschuldigung, sondern eine ... Erklärung ist ... manches erfuhr ich sozusagen im Laufe der 2Jahre, da ich mich so und so mit dem Stück beschäftigte – mit manchen von den Leuten wurde ich erstallmälig bekannt, zu manchen wechselte das Verhältnis, – persönliche Sympathien und Antipathien gegenmeine Figuren spielten mit einem menschlichen Gerechtigkeits- und (was dasselbe) künstlerischen Objek-tivitätsbedürfnis .... kurz ich benahm mich wie ein Mensch unter Menschen – statt wie ein ‘Schöpfer’ unterseinen Geschöpfen und als es ans Abschließen ging, war es zu spät, meine Stellung gegenüber den Leutenwiederzugewinnen ...“Wien 15.XII.1904. „... heute früh kam Ihr Buch, ich habe nur erst so drin herumgeblättert, das aller-meiste kenne ich wohl, und ich freue mich sehr, es in diesen Tagen von Anfang bis zum Ende durchzule-sen ... Ich finde Ihre Art wundervoll, und es kümmert mich wenig, ob ich mit Ihnen eines Sinnes bin odernicht ...“ – In diesem Jahr war Kerrs Werk „Schauspielkunst“ in Berlin erschienen.Ischl 3.IX.1910. „... auch ich will nicht zurückstehen und fand hier meinen Beitrag zum ‘Briefwechsel’Kerr-Schnitzler, Band 16. Hoffentlich erleben im kommenden Winter auch die ‘Gespräche’ und ‘Unter-haltungen’ eine Fortsetzung ...“Wien 5.VII.1918, mit Glückwünschen zur Verlobung. „... und bitte es nicht für geschmacklos zu halten,wenn ich Ihnen bei dieser Gelegenheit erzähle, wieviel ich mich gerade in der letzten Zeit mit Ihnen beschäf-tigt habe. Ich habe neulich Ihre Schriften von Anfang bis Ende gelesen ... in einem Zug ... mit einem wahr-haftigen mir hohen Vergnügen, und war sehr froh, mich Ihnen während des Lesens ... innerlich so nah zufühlen ...“ – Kerr heiratete in diesem Jahr Ingeborg Thormählen, die Tochter eines Pfarrers.Beiliegend eine e. Postkarte m. U. Schnitzlers an Paul Goldmann in Berlin, Grundlsee 8.VII.1900, sowiedie Abschrift des Gedichtes „Nacht im Gasteinerthal“ von Schnitzler.In der Ausgabe der „Briefe“ (hrsg. v. Therese Nickl, Heinrich Schnitzler u.a., Frankfurt a.M. 1981/84)sind lediglich zwei Briefe Schnitzlers an Kerr gedruckt, darunter der hier vorliegende vom 5.VII.1918(nach einem Druck in der „Neuen Rundschau“ 68, 1957, Heft 1, S. 96f.).

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354 — E. Br. m. U. Wien 16.X.1907. 1 S. kl.-4o. Auf seinem Briefpapier. Gelocht. (300.—)

An Siegfried J a c o b s o h n . „... auch mir thut es natürlich sehr leid, daß ich nun Ihre Ansichten über den‘Weg’ nicht zu lesen bekommen soll. Jedenfalls aber freut es mich, daß Ihnen das Buch gefallen hat undich danke Ihnen für Ihre freundlichen Worte ...“ – „Der einsame Weg“ war 1904 erschienen.

355 SCHOPENHAUER, Johanna, geb. Trosiener, Schriftstellerin; die Mutter des Philoso-phen, 1766 – 1838. E. Billett m. U. O. O. u. D. 2⁄3 S. quer-gr.-8o (Abschnitt eines 4o-Blattes). MitAdresse. Gebräunt. Mit einem „Fuerst Bluecher“-Portrait als Wasserzeichen. (250.—)

An Friedrich Wilhelm R i e m e r mit der Bitte um eine Besorgung in der Bibliothek.„Sie erinnern sich wohl, lieber Riemer, daß ich Sie vor einigen Wochen um irgend ein altes unsinnigesAlchimistisches Buch bat, weil ich einige wunderliche Redensarten daraus brauche. Hätten Sie wohl dieGüte sich in diesen Tagen auf der Bibliothek nach solch einem alten Buche für mich umzusehen? …“

356 SCHRÖDER, Rudolf Alexander, 1878 – 1962. E. Br. m. U. Bergen 1.XI.1946. 11⁄2 S. gr.-4o. Kleine Randläsuren. (150.—)

An einen Herrn („Wenger“), über eine mögliche Vorlesung in Osnabrück.„Meine – vorübergehende – Ernennung zum Direktor der Bremer Kunsthalle … ist nicht dahin zu ver-stehen, dass ich meinen Wohnsitz hier oben in Bayern aufgebe. Ich werde freilich nun ... öfters mal nachBremen kommen ... Ich ... musste aber jetzt, im Oktober, den Plan, von Bremen über’s Rheinland zurückzu fahren aufgeben, weil ich mich in Hannover in einer Kirche, deren Fenster alle kaput waren, schwererkältet hatte und mir die Geschichte einfach zu viel wurde. Das ist mit bald 69 Jahren bei den sehr argenSchwierigkeiten des Reisens + Unterkommens nicht eben verwunderlich ...“

358 SECKENDORF, Christian Adolf Freiherr von, 1767– 1833. Br. m. U. und e. Zusätzen.„Zingst bey Querfurth“ 27.XI.1825. 2 S. gr.-4o. Etwas gebräunt, kleiner Randeinriß; unter Ver-lust eines Buchstabens beschnitten. (300.—)

Launiger Brief an einen Herrn in Berlin – eine „Badebekanntschaft aus Eger“ – mit der Bitte, für ihn beider Direktion des Königstädtischen Theaters vorzusprechen.„... Der Herr Justizrath Kunowsky, oder die Direction des Königstädter Theaters giebt mir seit der ers-ten Unterhaltung keine Antwort, nun weiß ich zwar, daß so ein armer Wicht von Autor ... vor der Machtder gebietenden Direktionen sich schmiegen und biegen muß; allein ich wünsche nur zu wissen, ob zweiManuscripte, der Hauskater und die Wetten angelangt, oder auf der Post verloren gegangen sind ...Zugleich frage an, ob ich zwei Manuscripte, Albina, ein Trauerspiel, und Der Abt von St. Gallen, ein Lust-spiel nach Bürger, zur Durchsicht übersenden soll ...“Die eigenhändige Nachschrift lautet: „Mein rechter Arm wird täglich schlechter, so daß ich ohne heftigeSchmerzen nicht 5 Zeilen schreiben kann. Drum nichts für ungu[t]“.Der Jurist und Naturforscher Georg Karl Friedrich Kunowski (1786 – 1846) war Syndikus des 1824 eröff-neten Königstädtischen Theaters. – S e h r s e l t e n .

(Schnitzler)

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359 SHAW, George Bernard, 1856 – 1950. Br. m. U. und eigenh. Korrekturen. (Dublin) 20.X.1918. 2 S. gr.-4o. Minimal gebräunt. Mit Umschlag. (500.—)

Aus den letzten Kriegswochen an den russisch-französischen Publizisten und Übersetzer Ely Halperine-Kaminsky, der Shaw nach seiner Meinung gefragt hatte „sur les mésures à prendre dès aujourdhui pour ladéfense des peuples alliés contre l’assaut certain de l’Allemagne sur le terrain économique après la guerre“. „... In spite of that exaggeration of German ability and enterprise by the Allies which is one of the mostridiculous paradoxes of the war, there is no reason to believe that a German trader can do anything to pushthe sale of his goods that an English trader cannot do equally well if he choses. What is called German pen-etration is nothing but British insularity and ignorance. If a foreign merchant wishes to buy goods in boxescontaining five kilos each, and to have the price stated in decimal coinage to which he is accustomed, andthe English manufacturer persists in making up his goods in bales weighing several hundredweights, andquoting the price in pounds, shillings, and pence whilst the German manufacturer takes the trouble to findout what his customer wants ... naturally he buys from the German and not from the Englishman ...... It is interesting to observe in this connection that France wages a vigorous economic war against herown Allies whilst professing an entente of extreme cordiality, and similarly the English ‘Tarif Reformers’,under cover of advocating economic war with Germany, are proposing measures, which would be in effectquite as hostile to France. I regard tarif wars as being mere brigandage, devised by rogues and voted forby dupes ...“

360 SIEBURG, Friedrich, 1893 – 1964. Eigenh. Manuskript. (1954.) 30 S. folio. Tinte. Blau-es Papier; das letzte Blatt mit leichten Randläsuren. Mit Umschlag (e. Absender); Poststempel:Gärtringen 15.I.1954. (250.—)

„Frankreich und kein Ende“. – Vollständiges Manuskript des Kapitels, um das Sieburg die Neuauflage sei-nes erstmals 1929 erschienenen Buches „ G o t t i n F r a n k r e i c h ? “ erweiterte.Beginnt: „Das Gespräch, an das ich denke, fand einige Monate vor dem Krieg statt, also jenseits einestiefen Abgrunds, der sich seitdem aufgetan hat. Und doch ist mir, als sei es gestern gewesen. Wir spra-chen über mein Buch ‘Gott in Frankreich?‘, und ich muß gestehen, daß ich diesem Buch damals viel fer-ner stand als heute. Seine Problematik, so glaubte ich, ging mich nichts mehr an ...“ – Druckvorlage, mitBlei- und Rotstift redaktionell für den Satz bearbeitet.Der Umschlag ist adressiert an Werner Wirthle von der „Frankfurter Societäts-Druckerei“, in deren Ver-lag die Neuausgabe 1954 erschien.

361 SPYRI, Johanna, geb. Heusser, 1827– 1901. E. Postkarte m. U. Zürich 22.II.1893.Schwach fingerfleckig; Knickspur. (150.—)

An Hedwig Sauppe in Göttingen, die Tochter des Altphilologen Hermann Sauppe.„... Nur einige Zeilen um Ihnen schnell zu sagen, daß es mich herzlich freuen sollte, Ihre Bekannte zuempfangen u. wenn möglich noch ein gutes Stück mit ihr zu reisen ... Natürlich habe ich sofort nach Hei-delberg geschrieben u. hoffe nun, sie vielleicht am Freitag noch ankommen zu sehen. Sagen Sie nur keineEntschuldigungen um der Sache willen, im Gegenteil, ich hätte mich ja sehr gefreut, Ihre gute Bekann-te zu empfangen u. mir allerlei von ihr erzählen zu lassen voran von gegenseitigen Freunden ...“Die Mutter der Adressatin stammte aus Zürich.

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362* STAËL-HOLSTEIN, Anne Louise Germaine Baronne de, geb. Necker, 1766 – 1817. E. Br.m. U. „Necker Stael de H“. O.O. 1. Germinal o. J. 1 S. 8o. Mit Siegelspur und Adresse. Etwasbraunfleckig, rückseitig Klebespur. (400.—)

An Staatsrat Claude Ambroise Régnier wegen des Verkaufs eines Hauses ihres Vaters Jacques Necker, desGenfer Bankiers und Finanzministers König Ludwigs XVI.„avez vous eu la bonté citoyen, de décider en faveur de mon pere la restitution de ses glaces?, il y a long-tems que j’ai eu l’honneur de vous le demander, me permettez ... pour vous parler encore de cette affairesi elle n’est pas terminée – il me semble qu’elle est parfaitement juste, mais je n’en réclame pas moins votrebienveillance pour hâter la résolution que je sollicite – on me propose d’achetter la maison de mon pèreet je ne puis la vendre si les glaces ne sont pas rendues ...“Am Kopf ein Vermerk von fremder Hand: „Le C. Regnier desire qu’il soit fait une Reponse à la C.enne Staelau nom du Ministre“. – Régnier war von 1802 bis 1813 Justizminister.

„my German blood“

363 STEINBECK, John, 1902 – 1968. Br. m. U. Pacific Grove 9.I.1940. 2⁄3 S. kl.-folio. Ge -druckter Briefkopf „Pacific Biological Laboratories“. Kleine Randläsuren. (300.—)

An K l a u s M a n n , der ihm die Ehrenmitgliedschaft in der „German American Writers Association“angetragen hatte.„... Of course I should be pleased to accept the nomination ... It is, I hope, understood that my Germanblood is watered down with about everything but Tlinkt Indian, so that my racial ties fall far behind myintellectual and emotional ones. Also I hope that the honorary definition is considered. I am doing someresearch and will soon have to leave the country on a field trip to carry it out ....“In diesem Jahr erhielt Steinbeck den Pulitzer-Preis für seinen Roman „The Grapes of Wrath“.

364 STORM, Theodor, 1817– 1888. E. Albumblatt m. U. O. O. u. D. 2⁄3 S. quer-gr.-8o. Liniier -tes Papier. (600.—)

Sein im Juli 1858 entstandener berühmter Vierzeiler:

„Der Eine fragt: was kommt danach?Der Andre fragt nur: ist es recht?Und also unterscheidet sichDer Freie von dem Knecht.“

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„nur Schatten am Horizont“

365* SUHRKAMP, Peter, 1891 – 1959. E. Br. m. U. Kampen/Sylt 29.XII.( 1 9 3 6 ) . 13⁄4 S. 4o. MitUmschlag. (600.—)

An Friedrich Herrmann in Kleinmachnow, den Herstellungsleiter des S. Fischer Verlages, mit freund-schaftlichen Wünschen zum Neuen Jahr. – Peter Suhrkamp hatte 1936 jenen Teil des S. Fischer Verlagesgekauft, der nicht von Gottfried Bermann Fischer nach Wien ins Exil hatte verbracht werden können.„... Da wir nun dran sind, das Jahr 36 hinauszugeleiten, drängt es mich, Ihnen für Ihre rückhaltlose Hilfeund Unterstützung, ohne die ich wahrhaftig nicht fertig geworden wäre, zu danken. Ich weiß, was ichgerade von Ihrem Einsatz zu halten habe, da Sie, wenn auch verschwiegen, außerdem mit körperlichenBehinderungen arbeiten mußten. Hoffentlich ist es in Zukunft, hoffentlich bald, möglich, Ihnen das auchanders als in Worten zu entgelten. Uns“ (Suhrkamp war seit 1935 in 4. Ehe mit der Schauspielerin Anne-marie Seidel verheiratet) „geht es hier gut. Wir haben stille und schöne Tage. Die Sorgen sind hier, wie dasFestland, nur Schatten am Horizont. Man kann sie nicht lange festhalten. Dazu ist hier alles viel zu sehranders. Man steht unter dem Himmel, unter Tag und Nacht, zwischen den Wassern und Gezeiten ...“

Beiliegend ein gedruckter Neujahrsgruß (18-seitiges Leporello, kl.-4o) mit Zitaten von Suhrkamp-Autorenfür das Jahr 1958; am Schluß eigenh. Grußworte Suhrkamps an F. Herrmann.

366 TAGORE, Rabindranath, 1861 – 1941. E. Br. m. U. B e r l i n 15.IX.1926. 1 S. 4o. MitSwastika-Vignette im gedrucktem Briefkopf. Schwach fleckig. (400.—)

Von seinem zweiten Deutschland-Besuch an Dr. Rattray in England.„... Owing to my uncertain movements your letter was delayed in reaching me and I hasten to thank youfor your kind invitation. But I am very doubtful whether I shall have time to go to England before I leaveEurope ... Let me assure you that I have not forgotten our meeting in Harvard and I am still grateful toyou for the help you had rendered to me on that occasion ...“

„the tortured strings of relationship“

367 — E. Albumblatt m. U. Wien 23.X.1926. 1 S. quer-gr.-4o. Karton (dreiseitiger Licht-rand). Leichte Knickspuren am Oberrand. (350.—)

„Let music drown the discordant cry of mutual hatred and din of conflict that trouble the atmosphere ofthe human world and help to tune the tortured strings of relationship between all races of man. /Rabindranath Tagore“.

I. LITERATUR

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368 THELEN, Albert Vigoleis, 1903 – 1989. E. Br. m. U. Blonay 13.IV.1962. 4 S. folio, in sei-ner großen Schrift. Mit Umschlag. (150.—)

An einen Bewunderer in Deutschland.„... ein Zitat aus der ‘ I n s e l ’ wünschen Sie sich: nehmen Sie das, was mir am kräftigsten zu zeigenscheint, wie wenig wir noch wissen, was recht und was unrecht ist – Im Zweifelsfalle entscheidet die Wahr-heit ... / Leben Sie wohl an der Weser, ich stamme nur von der Niers ...“Thelens Roman „Die Insel des zweiten Gesichts“ (erschienen 1953) gilt als sein Hauptwerk.

369 — E. Br. m. U. Blonay 21.XII.1966. 11 S. folio, in seiner großen Schrift. (200.—)

An einen Herrn, der sich Handschriftliches von ihm erbeten hatte.„... Für Freunde habe ich Stellen aus meinen Büchern, auch Unveröffentlichtes, auf Bänder aufgenom-men. / Als bibliophiler Druck erscheint demnächst: ‘Glis-Glis, eine zoo-gnostische Parabel – Entstandenals Fingerübung eines Sehgestörten’, – vielleicht können Sie den Drucker u. Herausgeber gewinnen, Ihneneine Seite des Mss. + und des handgesetzten Textes für Ihre Zwecke zur Verfügung zu stellen ...Mein Augenleiden behindert mich weiterhin auf das Übelste. Dennoch ist ein dicker Schmöker entstan-den, der erste Bd. meines Lusitanischen Memorials, die unter dem Alles überwölbenden Titel stehen:[‘]Die Gottlosigkeit Gottes / oder / Das Gesicht der zweiten Insel’ / Teil I: ‘Die geweiste Flucht’. Wenn dieAugen nicht besser werden, werden diese meine Lusiaden mich bis ans Lebensende beschäftigen ...“ – DerFragment gebliebene Text wurde nach seinem Tod vernichtet.Beiliegend ein e. Namenszug „A.V. Thelen +“ (1 S. quer-gr.-8o).

370 THIESS, Frank, 1890 – 1977. 1 e. Br. m. U. und 1 Br. m. U. Sternhude 25.VII.1931 undAscona 20.VII.1937. 5 S. gr.-4o bzw. kl.-4o. Gelocht (an der Lochung etwas braunfleckig).

(250.—)An den Schriftsteller Heinz Gollong.1931. „... ich kenne niemanden der Schriftleiter in der ‘Literarischen Welt’ persönlich, stehe sehr ‘dis-tanziert’, sehr neutral ihr gegenüber. Ohne Zweifel bemüht sie sich, objektiv zu sein, ich kann ihr nichtsSchlechtes nachsagen ... Sehr liebenswürdig ist Ihr Angebot, mir zu helfen! ... Ihre Freizeit sollen Sie bes-ser anwenden, als für mich arbeiten ...“1937. Mit Anregungen für eine Italien-Reise. „... Empfehlungen an prominente Italiener gäbe ich Ihnengern, doch sind die, welche ich kenne, zur Zeit sterngleich auseinander geweht. Borgese befindet sichwahrscheinlich noch in New York, Loria, der grösste Novellist des gegenwärtigen Italien, hat sich nachSizilien verkrochen, Marinetti war vor 14 Tagen noch in Paris und Francesco .. sehen sie, jetzt kommeich nicht mehr auf seinen Namen und habe doch 1935 stundenlang mit ihm ... über Staatskunst und ande-re Künste geschwatzt und mir von Mussolini erzählen lassen. Der Scirocco hat seinen Namen mir aus demGedächtnis gebrütet, aber er ist einer der repräsentativen Dramatiker und Lyriker des Faschismus ...“

371 — 2 Br. m. U. Bremen und Darmstadt 7.III.1950 und 2.XII.1952. Ein Brief mit gedruck-tem Briefkopf „Neue Literarische Welt / Herausgegeben von Frank Thiess“ (gelocht). (200.—)

An den Publizisten Karl Bachler.1950. Dank für einen wohlmeinenden Artikel im „Wesermarsch“ in Nordenham. „... er bestätigte mir einealte Erfahrung, dass die Kultur in Deutschland längst zugrunde gegangen wäre, wenn es nicht das gäbe,

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I. LITERATUR

was der Großstädter ‘Provinz’ nennt. Ohne die deutsche Provinz, ohne die kleinen Städte könnten wiralle betteln gehen oder in Autoreparaturwerkstätten uns nach Stellungen umschauen ...“ Erwähnt Kasi-mir Edschmid.1952. „... in Ihrem Aufsatz steht manches Gute und Lesenswerte, doch er wird dem Problem des Bösennicht gerecht. Trotzdem würde ich mich mit der Arbeit befreunden, wenn sie nicht gegen Schwachköpfewie Pongs und gegen Vietta ernsthafte Einwände erhöbe, als ob es sich hier um Arbeiten von Rehm“ (derLiteraturwissenschaftler Walther R.?) „handelte ...“ – Erwähnt Joachim Maass.

372 THOMA, Ludwig, 1867– 1921. E. Br. m. U. Riegsee 29.VIII.1907 (recte 1908?). 33⁄4 S. gr.-8o. Ein wenig knittrig und unfrisch. (300.—)

An den Bildhauer Joseph Rauch, der Entwürfe für die Ausstattung seines neuen Hauses in Tegernsee („Aufder Tuften“) angefertigt hatte.„... Wenn Sie doch schon in Altbayern sind, dann hege ich die stille Hoffnung, daß Sie Marion & mich vorIhrer Rückkehr nach Berlin besuchen.Die Gegend ist hasenrein; kein Berliner um und um. Die Luft immer klarer, der See blauer und die Bergereiner. Wenn Sie jetzt kommen und Lust zu einer leichten Bergpartie haben, gehen wir mit einander aufden Wallberg. Das gibt Ihnen eine lustige Erinnerung ins Berliner Atelier mit ...“ – Erwähnt seinen FreundIgnatius Taschner („Nazi“), für den ein Zimmer im Haus eingerichtet sei.1907 hatte Thoma die junge Tänzerin Marietta di Rigardo („Marion“) geheiratet; im Frühjahr 1908 bezogdas Paar die „Tuften“.Beiliegend ein weiterer e. Br. m. U., München 1907, auf einem Briefbogen des „Simplicissimus“.

„die Herren Göschen – Schiller und Iffland“

373 THÜMMEL, Moritz August von, 1738 – 1817. E. Br. m. U. „Tümmel“. Gotha 5.V.1797. 31⁄2 S.8o. Auf der ersten Seite Tinte etwas durchscheinend. Kleiner Einschnitt am Oberrand. (500.—)

An (den Dichter und Schriftsteller Wilhelm Gottlieb Becker, Inspektor der Antikengalerie in Dresden), dener nach dem Tod von Friedrich Wilhelm G o t t e r auf mögliche Beiträge zu Beckers „Taschenbuch zumgeselligen Vergnügen“ (1791 – 1814) in dessen literarischem Nachlass aufmerksam gemacht hatte.„... Ich wendete mich bald nach Empfang Ihrer gütigen Zuschrift, an seine liebenswürdige Nichte, ummit ihrer Tante über meinen u. Ihren Wunsch zu sprechen ... Letztere habe ich nach der Zeit, selbst ein-mal gesehen und von ihr gehört daß die Herren Göschen – Schiller und Iffland fast zu gleicher Zeit undjeder nach seiner besondern Absicht, sich um Manuscripte ihres seeligen Mannes beworben hätten – dererstere um eine Ausgabe sämtlicher Werke des Verstorbenen zu veranstalten – der andere um nach undnach seine Horen damit auszuputzen und Iffland um seine Erkenntlichkeit gegen Gottern, noch seinerWitbe zu beweisen, da er ihm seine erste Bildung für das Theater verdanke. Dieser der in seiner jetzigenLage Gelegenheit hat, neue Stücke, zum Vortheil ihrer Verfasser auf die Bühne zu bringen, hat sie freund-schafftlich gebethen vorzüglich über eine Oper (die Zauberinsel) die sein Freund fertig hinterlassen hatnicht ohne seinen Rath zu disponiren[.] Von kleinern noch ungedruckten Gedichten die für Ihr Taschen-buch am besten taugten, soll sich überhaupt, wie Madame Gotter mir sagte, wenig oder nichts gefundenhaben ... Durch Gotters Tod ist leider unser armes Gotha, für die Musen vollends Brache geworden. Icharmer Schelm würde sie gern bearbeiten wenn ich meinem Triebe folgen könnte und mir nicht äußere Ver-hältnisse die Hände bänden ...“

I. LITERATUR

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374 — E. Albumblatt m. U. Gotha 1.III.1812. 1 S. quer-gr.-8o. Vierseitiger Goldschnitt. AufKarton alt montiert. (300.—)

„Der Weg zu Ruhm und Glück ist minder steil – als breitDer Landmann und der Held, der Dichter und der WeiseHat Raum genug auf seiner LebensreiseZum nützlichen Gebrauch der Zeit.Der Ge[n]ius belohnter ThätigkeitGeb’ auch Dir Freund, in Deinem WirkungskreiseEin stetes, fröhliches, und sicheres Geleit! ...“

Es folgen 5 weitere Zeilen; darunter der Sinnspruch: „Lucan. / Nil actum reputans, si quid superessetagendum.“

375 TIECK, Ludwig, 1773 – 1853. E. Br. m. U. Berlin 8.II.1845. 1 S. gr.-4o. (400.—)

Als Berater der Königlichen Schauspiele in Berlin an den Dirigenten und Komponisten (Wilhelm Ta u -b e r t ), der die Bühnenmusik zu seinem „ B l a u b a r t “ geschrieben hatte, der am 1. Februar uraufgeführtworden war.Er habe den Text „bedeutend abgekürzt“ und bitte, mit der Musik entsprechend zu verfahren, „... da dasStück beim Aufführen fast 4 Stunden gespielt hat, welches ich bei vielfachem Vorlesen immer in zwei Stun-den geendigt habe, so daß es eigentlich kürzer ist, als viele Schauspiele. Könnte das Erste Lied im 4. Aktnicht wegbleiben, oder abgekürzt werden ... Ich überlasse Alles Ihrem Ermessen, da freilich das Stückauch länger spielt, weil Manche von den Herren langsam sprechen, und zu viele Pausen machen ...“

376 TIEDGE, Christoph August, 1752 – 1841. E. Br. m. U. O.O. 23.V.1795. 11⁄4 S. 8o. Ge -bräunt. (250.—)

(An seinen Freund K l a m e r S c h m i d t ) , Beiträge zum „Göttinger Musenalmanach“ betreffend.„Ich schicke Ihnen, Bester Schmidt, ein Mahnschreiben Reinhards“ (Karl R., der Herausgeber des Alma-nachs), „um Sie zu überzeugen, wie er mich preßt und drängt, ihm die Almanachsbeiträge zu verschaf-fen. Sie können mir sicher alles, was Sie ihm bestimmt haben, anvertrauen; denn ich sende ihm die mei-nigen so gleich nach Empfang der Ihrigen ... zu. Wegen des Gleimschen Portraits quält er mich eben so;aber da weiß ich nun schon, daß er eine Fehlbitte thut. Indessen habe ich doch an Gleim geschrieben, umdem verlegenen Reinhard wenigstens eine Antwort zusenden zu können.Wie es mit meinem Gedicht steht, davon schreibt er kein Wort. Mir ahndet daß vor Michael. ... nichtsdaraus werden wird ...“Erwähnt Friedrich von Matthisson, von dem Reinhard sich ebenfalls Beiträge erbitte.

(Thümmel)

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I. LITERATUR

377 — E. Br. m. U. „Ihr Tiedge“. Dresden, „im Jan. 1841“. 11⁄2 S. gr.-8o. Etwas gebräunt.Kleine Läsuren. (150.—)

Wohl an einen befreundeten jungen Schriftsteller, der ihm ein Werk übersandt hatte.„... Ich fing sogleich an zu lesen und begegnete Stellen die mich wirklich erfreuten und veranlaßen, Sierecht ernstlich aufzumuntern, in Ihrem Streben fortzufahren. Ich lege meinen Segen auf Ihre Bemü-hungen und werde mich stets freuen von Ihnen zu hören, und Sie einmal wieder zu sehen. Möchte dasLeben Ihnen wieder freundlich lächeln ...“ Geschrieben zwei Monate vor seinem Tod.

378 TUCHOLSKY, Kurt, 1890 – 1935. Br. m. U. „Dr. Tucholsky“. Berlin 25.IX.1920. 1 S.quer-gr.-8o. Mit gedrucktem Briefkopf. Etwas gebräunt und knittrig. (400.—)

An Karl Brunner, Referent in der Abteilung Jugendwohlfahrt und allgemeine Fürsorge im preußischenMinisterium für Volkswohlfahrt.„... von einer längeren Reise zurückgekehrt, sehe ich, dass meine Arbeit über Kinozensur, die auf Ihrengütigen Informationen beruhte, inzwischen erschienen ist. Ich erlaube mir, sie Ihnen zusammen mit dermir geliehenen Drucksache zu übersenden ...“

„absolut zuverlässig“

379 — Br. m. U. „Tucholsky“. Berlin 27.IX.1922. 1 S. quer-4o (abgeschnittener Oberteil einesgrößeren Blattes). Mit gedrucktem Briefkopf. Minimal fleckig. (500.—)

An Heinrich Z i l l e , dem er mitteilt, dass Emil J a n n i n g s ein Exemplar der „Hurengespräche“ kaufenmöchte. „Lieber Herr Zille, das Buch von Pfeifer hat einen Abnehmer gefunden. Er heisst: Emil Janningsund wohnt Charlottenburg, Reichsstr. 3 ... Wenn Sie sich mit ihm in Verbindung setzen wollen, dann tunSie es bald, weil er am 1. Oktober verreist. Er bezahlt bar ...“Als Nachschrift: „Der Mann ist absolut zuverlässig.“Um einer juristischen Verfolgung wegen Verbreitung von Pornographie auszuweichen, hatte Zille seine„Hurengespräche“ 1921 im Verlag Franz Gurlitt unter dem Pseudonym W. Pfeifer (mit der falschen Jah-resangabe 1913) erscheinen lassen.

„Schiff ahoi!“

380 — E. Ansichtskarte m. U. Poststempel: Paris 10.V.1924. Gelocht. (400.—)

An die Schauspielerin und Kabarettistin Käthe Kühl in Berlin-Wilmersdorf, für die er die „Ballade vonder Fischersfrau“ geschrieben hatte.„... Sie fehlen mir hier sehr. Paris ist eine schöne stadt – aber nie singt hier einer:Schiff ahoi! Das hat sich wohl noch nicht rumgesprochen. Wann kommen Sie zu Ihrem alten / Tiger.“In den „Ausgewählten Briefen“, 1962, auf S. 156 gedruckt.

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„zu berlinisch?“

381 — Br. m. U. „Tucholsky“. Paris 11.XII.1927. 11⁄2 S. gr.-4o. Mit gedrucktem Briefkopf „DieWeltbühne“. Kleine Einrisse, leicht gebräunt. (600.—)

An die Redaktion des „Prager Tagblatt“ („Lieber Herr Doktor“, wohl Rudolf Keller) bei Übersendungeines „Weihnachts-Artikels“.„... Bei dieser Gelegenheit eine Frage ...: Wa r u m eignen sich meine letzten Arbeiten nicht so zum Nach-druck wie die frühern? Damit wir uns recht verstehen:Literatur ist, unter anderm, auch eine Ware, und ich bin nicht empfindlich; denn was ich Ihnen für IhrBlatt wert bin, hat ja gar nichts mit künstlerischer und persönlicher Wertschätzung zu tun. Sind die Arbei-ten nicht journalistisch genug? gebe ich zu wenig Reportage? Ist es zu berlinisch? ... ganz abgesehen vonIhrem stets großen Entgegenkommen in pekuniären Dingen: ich möchte doch nicht nur in der ‘Weltbüh-ne’ wirken, sondern auch anderswo – und ganz besonders bei Ihnen, wo die Resonanz dessen, waserscheint, erstaunlich groß ist ...“

382 — MATTHIAS, Lisa, Journalistin und Verlegerin; Vorbild für Tucholskys „Lottchen“ in„Schloß Gripsholm“, 1894 – 1982. Br. m. U. Tullinge 6.IV.1961. 2⁄3 S. folio. Gestalteter Briefbo-gen. Gelocht. (120.—)

An den Übersetzer Helmut M. Braem (1922 – 1977).„... Den Besuch von Sc[h]loss Gripsholm machte ich, weil ich ... Ihnen ... noch ‘schnell’ eine bald ganzversiegende Information zukommen lassen wollte ... Ich kann mir indessen ... nicht vorstellen, dass Ihnenmein ‘Geplauder’ Spass gemacht hat ... Das ist vorbei. Eigentlich hat sich bloss Tucholsky dafür inte-ressiert (und grosse Geschäfte damit gemacht) ...... nun wollen wir mal sehn, was der PROZESS gegen Langen-Müller zeitigt. Denn einen Prozess stren-ge ich an. Ein bischen Michael Kohlhaas steckt doch noch in mir ...“Beiliegend ein Br. m. U. von Mary Tucholsky, Rottach-Egern 1963, an Herbert Hohenemser in München.

383* TURGENJEW, Iwan, 1818 – 1883. E. Br. m. U. „Iv. Tourguéneff“. Bougival 10.XI.1880.2⁄3 S. 8o. Leicht gebräunt. (3.000.—)

An Guy de M a u p a s s a n t wegen eines Treffens.„Mon cher Maupassant, / Je sais que vous êtes de retour à Paris – et il faut absolument que je vous voie.– Je suis encore ici – mais Samedi je vais à Paris. – Voulez vous venir chez moi ce jour là à 4 heures (50 kmde Douai)? – Si vous ne me faites pas de réponse, je saurai que cela vous convient ...“Maupassant widmete Turgenjew seine im folgenden Jahr erschienenen Erzählungen „Das Haus Tellier“.

(Tucholsky)

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Nr. 383 Iwan Turgenjew

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384* UHLAND, Ludwig, 1787– 1862. 3 eigenh. ausgefüllte Vordrucke (Bleistift). O. O. u. D. Je1 S. quer-32o. Am linken Rand auf ein Schmal-gr.-8o-Blatt montiert. (250.—)

Drei Stimmzettel (zweimal „Ja“ und einmal „Nein“) aus der F r a n k f u r t e r N a t i o n a l v e r s a m m-l u n g , vom Dichter eigenhändig ausgefüllt:„Name: Uhland. / Wohnort: Tübingen.“Uhland wurde 1848 für seine Heimatstadt als Abgeordneter in die Frankfurter Nationalversammlunggewählt.

385* — E. Schriftstück m. U. „Uhland“. O. O. u. D. 1 S. quer-8o. Etwas gebräunt, verso Mon-tagespuren. (200.—)

Auktions-Auftrag: „Aus dem zurückfolgenden Bücherverzeichniß von Frankfurt wünsche ich Nachste-hendes zu erhalten und habe meine höchsten Angebote beigesetzt:p. 176. Nr. 4165. John Bellenden Ker, an essay ...p. 178. Nr. 4213. Oesterreich. Volksmärchen ...p. 526. Nr. 11793. Eine Sammlung vieler alten Gedichte ...p. 530. Nr. 11867. Zwei schöne newe lustige Lieder ...p. 530. Nr. 11875. Ein Schön Lied, Von der Kriegsleut Orden ...p. 530. Nr. 11876. Der Bauernkrieg ...p. 531. Nr. 11991. Ein new lied wie es in dem frenckischen Pawernkrieg ergangen ist ...“

386 UNRUH, Fritz von, 1885 – 1970. Br. m. U. (Bleistift). Frankfurt a. M. 26.III.1920. 2⁄3 S.gr.-4o. (120.—)

An den Verleger Eugen D i e d e r i c h s , dessen Einladung nach Rothenburg er ablehnen müsse.„... ich stecke momentan zu tief in der Arbeit. Bitte grüßen Sie Goering von mir; und vor allem – erholenSie sich gründlich, damit Sie um so frischer Ihre mir sehr wertvolle und sympathische Arbeit am Wie-deraufbau unseres Volkes aufnehmen können ...“

387 — 2 e. Br. m. U. und 1 Br. m. U. (New York ) und o.O. 29.V.1950 bis 9.IV.1951. 3 S. gr.-4o. (300.—)

An F r i d e r i k e Z w e i g , Einladungen betreffend.(New York) 29.V.1950. Wegen einer Veranstaltung, an der er nicht teilnehmen könne. Es sei nicht nötiggewesen, „eine Erklärung hinzuzufügen, dass Sie an der Auswahl der Namen im Katalog nicht beteiligtseien. Erstens weiss ich, dass Sie meinem Wirken nicht feindlich gegenüber stehn, und zweitens bin ichdie Übergehung meines Namens bei allen nur möglichen Gelegenheiten schon so gewohnt, dass ich mir eineElephantenhaut zulegen musste. Wie hätte ich sonst meinen Weg weiter fortsetzen können, – der ja aufden Schlachtfeldern von Verdun begann, – wo ich dann als einer der Ersten mit Barbusse und Rollandgegen den Wahnsinn des Militarismus und Totalitarismus in meinen Reden und in über 30 Bücherngekämpft habe ...“Die beiden kurzen eigenhändigen Briefe ebenfalls mit Absagen.

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388 VALÉRY, Paul, 1871 – 1945. 3 Br. m. U. Paris und o.O. 1.X. und 15.X.1929 sowie 2.IV.1931. 21⁄2 S. gr.-4o bzw. 4o. Teilweise mit Randläsuren und leichten Knickspuren. (400.—)

An (Eduard Titus), der in der Zeitschrift „This Quarter“ Arbeiten von Valéry veröffentlichen wollte.1.X.1929. „Mes Notes sur la Poésie doivent être traduites en anglais par Miss S y l v i a B e a c h “ (dieberühmte Verlegerin von James Joyce’s „Ulysses“ und Inhaberin der Buchhandlung) „(Shakespeare &Co Rue de l’Odéon). Je ne puis que vous engager à vous adresser à elle en vue de la publication ...Quant à mon opinion sur la traduction des Poèmes je n’ai pas le moindre temps ... pour songe[r] à la rédi-ger en quelques pages. Elle tiendrait d’ailleurs en six lignes ...“15.X.1929. „... je vous autorise à traduire pour votre Revue, mais exclusivement pour elle, mon étudesur Stendhal. Je désire toutefois que la traduction soit mise sous mes yeux avant tirage.Mais cette étude va paraître dans mon volume Variété III à la N.R.F.“ (La Nouvelle Revue Française)„dans trois semaines. De plus, un contrat pour la traduction de ce volume et son édition en Amérique aété conclu par la N.R.F. et moi-même avec la maison Harcourt & Brace. Dans ces conditions, mon auto-risation est insuffisante et vous devez obtenir aussi celle de M. Gallimard ...“

389* — E. Albumblatt m. U. O. O. u. D. 1 S. 4o. Karton. (300.—)

„La paix véritable sera – quand l’idée même de la guerre ne pourra même plus se présenter aux esprits.On ne songe plus à immoler Iphigénie pour obtenir qu’une épidémie cesse son ravage. C’est à quoi il fautpenser, (sans négliger le présent).“

„Die wiederbeginnende Lebhaftigkeit Berlins“

390* VARNHAGEN VON ENSE, Karl August, 1785 – 1858. E. Br. m. U. Berlin 22.X.1842. 4 S.gr.-8o. (400.—)

Wohl an die Schriftstellerin Luise Gräfin zu Stolberg-Stolberg.„... Innigst erfreut und bewegt mich, was Sie von Ihrer theuren Mutter“ (Marianne geb. Gräfin von derMark, natürliche Tochter König Friedrich Wilhelms II. und der Gräfin Lichtenau) „so schön und über-zeugend aussagen, und es ist mir eine liebliche Befriedigung, durch jene Erwähnung den Anlaß dazu gege-ben zu haben. Möchten Sie die Schätze Ihrer beseelten Erinnerung in dieser Weise dem Lichte zuwenden!Unvergeßlich ist mir der Inhalt und Eindruck der hohen Werte, die Sie mir einst über die Mutter IhrerMutter“ (Wilhelmine Encke, Gräfin von Lichtenau) „gesagt. – Ich habe diese letzte Zeit größtentheils auchin Erinnerungen hingelebt, indem ich meine Jugendjahre geschildert – zum Behuf einer neuen Ausgabemeiner Denkwürdigkeiten, die jetzt gedruckt wird ...Meine Nichten sind seit vierzehn Tagen bei mir, und erfreuen mich durch ihre Gegenwart; ich kann lei-der wenig für ihre Unterhaltung thun, aber sie scheinen auch so sehr zufrieden. Die Hauptsache ist, daßwir uns keinen Zwang auferlegen, ihre Jugend muß frei sein, und mein Alter ...Die wiederbeginnende Lebhaftigkeit Berlins ist mir doch angenehm, und es wäre undenkbar, den Gewinn,den ich von ihr im Stillen ziehe, zu verleugnen. Es entsteht immer Neues, es bildet sich manches Gute. ImAllgemeinen herrscht freilich die scheidende, die zersetzende Macht über die verbindende, gestaltende vor,und selbst die von oben her bezweckten Versuche, zu fügen und zu gründen, wirken in der Anwendungauf das Leben meist nur zerrüttend. Das ist ein trauriges Mißgeschick! Der reinste gute Willen, die edels-ten Antriebe, bleiben auf diese Weise nicht nur ohne Nutzen, nein, sie wirken schädlich. Die Wissenschaft,die Kunst, die Kirche und der Staat, alles, was bisher fest schien, fängt an zu schwanken, und wenn dieDinge so fortgehen, kann eine allgemeine Zerrüttung nicht ausbleiben ...“

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391 VERNE, Jules, 1828 – 1905. E. Br. m. U. Amiens 19.I.1886. 1 S. kl.-8o. Schwach gebräunt,verso Montagerest. (400.—)

An einen Herrn, der ihn auf einen (geographischen) Fehler in seinem im Vorjahr erschienenen Roman„ M a t h i a s S a n d o r f “ hingewiesen hatte.„... Je regrette bien d’avoir commis ces quelques erreurs, surtout si elles ont pu etre desagreables à lapopulation italienne de Trieste. Cela preuve que l’un est exposé à en commettre, quelque soin que l’onprenne des les eviter, J’avais pris mes renseignements dans les livres les plus serieux, meme dans nosguides Joanne ...“Beiliegend ein e. adressierter Umschlag (1902).

392 VOSS, Johann Heinrich, 1751 – 1826. E. Albumblatt m. U. „Voß“. O. O. u. D. 1 S. quer– 12o. Minimal fleckig. Kleiner Einriss. (350.—)

„Verdeutschung eines ovidischen Distichons, aus dem Briefe der Sappho an Phaon (Her. XV, 39): welchesDryden für unübersezlich erklärte.Si, nihi quae forma poterit te digna videri, / Nulla futura tua est; nulla futura tua est. Wenn, wo nichtdein würdig an holder Gestalt sie erscheinet, / keine gewinnet dein Herz; keine gewinnet dein Herz.“

Der erste Entwurf der „Räubergeschichte“

393 WAGGERL, Karl Heinrich, 1897– 1973. Eigenh. Manuskript. 4 S. quer-gr.-8o (einseitigeng mit Bleistift beschrieben, leicht fleckig). Mit e. Begleitbrief (Wagrain o. D.). (400.—)

Aus dem Begleitbrief: „... die beiliegenden Blätter sind ein Beispiel dafür, wie ich eine Geschichte (in die-sem Fall die ‘ R ä u b e r g e s c h i c h t e ‘ ) im ersten noch flüchtigen Entwurf festhalte ...“Beiliegend das eigenh. Gedicht „An den Tod“. Beginnt: „Mein dunkler Freund, rufst Du mich aus demTraum? / Ich sah dein beinern Haupt im vollem Schauen ...“ Es folgen 8 weitere Zeilen. Ebenfalls mit e.Begleitbrief (o.O.u.D.).

Aus Waiblingers Bibliothek

394* WAIBLINGER, Wilhelm, 1804 – 1830. Eigenh. Beisitzeintrag „Waiblinger. / Tübingen1822“ auf dem fliegenden Vorsatz von „OMHPOY E∏H. Homeri et Homeridarum opera et reli-quiae. Ex recensione Frid. Aug. Wolfii“, Band III, Leipzig, Göschen 1807. (4.000.—)

Vollständiges Exemplar der vierbändigen Ausgabe. Die Bände I und II (Ilias) 1817, die Bände III und IV(Odyssee und „Reliquiae“) in der Erstausgabe von 1807. 8o. Halblederbände der Zeit mit Rotschnitt,Rückenvergoldung und goldgeprägten Rückenschildchen (leicht berieben, leichter Wurmfraß im Vorder-deckel von Bd. II). Mit 6 Kupfern (u. a. von Schnorr v. Carolsfeld). Stellenweise ein wenig fleckig, 3 Rissealt repariert.

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I. LITERATUR

Waiblinger hatte Homer schon im Knabenalter gelesen, und zeitlebens ist Homer ihm das „Muster allerMuster“ in der Dichtkunst, wie er an seinem 17. Geburtstag am 21.XI.1821 in sein Tagebuch schreibt (Wil-helm Waiblinger: Tagebücher. 1821 – 1826, hrsg. von Hans Königer, S. 370). Einige Tage später führt erdort aus: „Ich halte Homer für den größten Dichter, größer als Aschylus, Sophokles, Shakespeare, Dante,Calderon und Goethe. Er hat mich in meinem zehnten Jahre so unendlich angezogen, dergestalt alle meineLebensgeister in Anregung gebracht, daß ich um jene Zeit mir alle Umgebung nur mit Homerschen Hel-den belebte und anfüllte, daß ich sogar homerisch anschauen lernte, daß ich gänzlich in seiner Weltschwebte und wirkte.“ (4.XII.1821; a.a.O., S. 400). Und nach seinem Übertritt vom Stuttgarter Ober-gymnasium ans Tübinger Stift notiert er „Es wird eine Zeit kommen, und ich sehne mich sehr nach ihr,wo ich nichts mehr lesen werde, nichts mehr von allem was geschrieben worden und wird, als den einzi-gen Homer. Das wäre die Zeit der vollendeten Harmonie meines Wesens“ (22.XI.1822; a.a.O., S. 838).Um diese Zeit, kurz vor oder nach seinem Eintritt ins Stift (im Oktober 1822), muß Wolfs Homer-Edition„in usum scholarum“ in Waiblingers Besitz gekommen sein. – Im 11. Gesang der Odyssee sind 5 Zeilen (vonW.s Hand?) zart unterstrichen.Auf den Vorsätzen der Bände umfangreiche, großenteils blattfüllende Eintragungen von verschiedenenHänden des früheren 19. Jahrhunderts (deutsch und französisch) – Homer betreffende Zitate, Kommen-tare, Übersetzungen etc.Autographen Waiblingers sind im Handel in jeder Form v o n g r ö ß t e r S e l t e n h e i t .

„The time is night ...“

395 WALLACE, Edgar, 1875 – 1932. Eigenh. Manuskript. 30 S. zum größten Teil 4o (paginiert1– 30; die S. 13 u. 14 auf einem Blatt). Lochspuren in der linken oberen Ecke, kleiner Wasser-fleck in der rechten unteren Ecke. Mit Agenturstempel („Brandt & Brandt, N.Y.“) auf demTitelblatt (schwach gebräunt, kleine Randeinrisse). (1.000.—)

Der vollständige erste Akt seines Kriminalstücks „ T h e S q u e a k e r “ (Der Zinker); beginnt mit der Ein-führung in „Scene I.“:„... A corner of the Sub Editors Room on the ‘Post Courier’ / Four Sub Editors are sitting at small deskswriting rapidly or reading + correcting copies. At a large desk is the chief Sub Editor his table littered withpaper ...R[ight] is a swing door through which messengers come + go. On one wall is a collection of placards the topone reading ‘New Moove to End Strike’ ... There is a clock showing the hour 11.10. The time is night ...“Verso auf der letzten Seite ein Verzeichnis der handelnden Personen.„The Squeaker“ erschien 1927 als Kriminalroman und wurde ein Jahr später in London als Bühnenstückuraufgeführt.

396* — E. Br. m. U. London 4.IX.1926. 2 S. quer-kl.-8o (Briefkarte). Mit gedrucktem Brief-kopf und Stempel („71, Clarence Gate / Gardens, N.W. 1“). (200.—)

An „Dear Miss Ferrers“, die sich wohl eine Rolle erbeten hatte.„... There are only two women parts in ‘The Equator’. The walking on parts are very limited – The under-studies will play those ...“

I. LITERATUR

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397 — Schriftstück (Typoskript) mit zweimaligem e. Namenszug. (London) 5.VII.1929. 91⁄2 S.folio. Mit grünem Band geheftet. (400.—)

„Agreement“ über die Nutzung von „Wyndham’s Theatre“ zwischen Edgar Wallace und dem Theaterdi-rektor Leon M. Lion. – Wallace mietet das Theater für ein Jahr, „fifty two weeks“, beginnend im Sep-tember 1929. Gegeben werden in dieser Zeit seine Stücke „The Ringer“ und „The Calendar“.

398 WALSER, Martin, geb. 1927. Eigenh. Manuskript 12⁄3 S. gr.-folio (auf den Rückseiten vonHektographien seines 1964 erschienen Stückes „Der schwarze Schwan“). Kugelschreiber.

(300.—)

„ D i e L a n d b e v ö l k e r u n g “ . – Vollständiger Text zum „Blatt 4“ des 1968 gemeinsam mit Carlo Schel-lemann im Frankfurter Röderberg Verlag veröffentlichten Bilderzyklus’ „Stationen Vietnams“. Beginnt:„Nach 45 hatten die Großgrundbesitzer keine gute Zeit. Der Großgrundbesitzer braucht ja einen, der ihnschützt, er selbst ist ein schutzloses Wesen. Zuerst vertrieben die Japaner die Franzosen dann war es mitden Japanern Schluß. Diese Wirren nutzten die Bauern. Mit Hilfe der Viet-Minh-Organisation verteiltensie das Land unter sich. Aber das Land gehörte den Franzosen und einigen Landsleuten, die in Saigonlebten oder in Paris oder an der Riviera, wie Bao Dai der von Frankreich gewählte Kaiser aller Vietna-mesen ...“

399 WASSERMANN, Jakob, 1873 – 1934. E. Br. m. U. Altaussee 26.IX.1922. 1⁄2 S. gr.-4o.(150.—)

An einen Herrn, der ihm einen unpassenden Termin für einen Vortrag über „Humanität“ angeboten hatte.„... Ich nehme zur Kenntniss, dass Sie mir den 9. März ... reserviert haben. Wenn es nicht anders geht,will ich natürlich zur Stelle sein, doch wäre mir, aus inneren privaten Gründen (ich werde nämlich am10. März 50 Jahre alt und möchte mich an diesem Tage gerade nicht den meinen entziehen) ein Terminvorher oder nachher lieber. Aber wie gesagt ...“

400 WEBER, Karl Julius, 1767– 1832. E. Br. m. U. Künzelsau 24.VIII.1825. 2⁄3 S. kl.-4o. Mitschönem Siegel und Adresse. (150.—)

„An die Herren Antiquare / Wimpfen u. Goldschmidt“ in Frankfurt a. M., bei denen er bestellte Bücherbezahlen und abholen lässt.„... aber wo sind Köppens“ (Johann Heinrich Justus K.) „Anmerk[ungen] zu Homer geblieben? Siebegreifen, daß mir zu Ablangung der Bücher keine frühere Gelegenheit geworden ist, u. der kleine Pakwird Sie wenig im Raume genirt haben, von deßen Reichhaltigkeit ich mich künftiges Jahr selbst zu über-zeugen hoffe.Leben Sie recht wohl, gesund u. vergnügt / Ihr ergebenster Dr. CJWeber“.Nachdem Weber wenige Jahre zuvor seine Anstellung beim Grafen von Isenburg-Büdingen verloren hatte,lebte er bis zu seinem Tod bei seiner Schwester, u. a. in Künzelsau.

(Wallace)

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I. LITERATUR

401 WEDEKIND, Frank, 1864 – 1918. E. Br. m. U. (München) 11.II.1908. 1 S. gr.-8o. (300.—)

An einen Feuilletonredakteur, dem er einen Aufsatz anbietet.„... Sollte Ihnen der Aufsatz nicht zusagen, dann darf ich evt., in dem ich das Porto beilege, um baldigeRücksendung bitten. Sind Sie aber mit dem Abdruck einverstanden, dann werden Sie meinen Wunsch ver-stehen, daß ich den Aufsatz in unveränderter Form gedruckt sehen möchte ...“Beiliegend eine gedruckte Dankeskarte für Glückwünsche zu seinem 50. Geburtstag mit eigenh. einge-fügten Grußworten (München 1914, mit Umschlag).

402* — E. Br. m. U. (Berlin) 5.VIII.1908. 2 S. gr.-8o. Bläuliches Papier. Kleine Faltenschädenhinterlegt (Klebefilm). (300.—)

An „Sehr geehrter Herr Goldschmidt“ wegen eines Vortrags.„... Leider ist es mir ... ganz unmöglich, Ihnen für 6. Oktober zuzusagen. Ende September – Anfang Okto-ber siedle ich von hier nach München über und habe direkt daran anschließend ein Gastspiel in Wien zuabsolvieren, das sich bin in den November hineinziehen kann. Ich würde Sie bitten den Vortrag nach dem1. Dezember stattfinden zu lassen. Ob es mir möglich sein wird, über ein theoretisches Thema zu sprechenweiß ich nicht, auf jeden Fall würde ich ersuchen einen derartigen Vortrag nicht anzukündigen ...“

403 — E. Br. m. U. O.O. 2.III.1911. 1 S. gr.-8o. (180.—)

An den Berliner Theateragenten Emil Gutmann.„... Mit bestem Dank empfangen Sie die beiden Kritiken zurück nebst einem Check zur Begleichung mei-ner Schuldigkeit. Für Samstag Abend werde ich mir gestatten, Ihnen zwei Plätze zuzusenden ...“

„des san schon solche Sachen“

404 WEINHEBER, Josef, 1892 – 1945. E. Postkarte m. U. Inzersdorf 14.III.1940. (200.—)

An den Literatur-Übersetzer Oberstleutnant Karl Anton K l a m m e r in Wien über seinen beiliegendenZeitungsartikel („Ein Anonymus aus Tibris“), in dem Weinheber sich an einen anonymen Kritiker seinesBuches „Wien wörtlich“ gewandt hatte; der Kritiker hatte gemeint, es müsse „wortlich“ heißen.„... Ich habe viele zustimmende und einige scharf-ablehnende Zuschriften auf meinen Artikel hin bekom-men. Die letzteren waren genau so anonym wie der Brief ... Ihr Aufsatz hat mir große Freude gemacht,weil darin in grossen Zügen fast alles Wesentliche über unsere geliebte Stadt zusammengetragen ist; kurzund gut. Ich glaube, es ist kein Grund vorhanden, sich über die feigen Burschen aufzuregen. Diese wort-lichen Wortler sind bestimmt keine Wiener. Übrigens existiert das Wort ‘wortlich’ im deutschen Sprach-schatz nicht. Da kann ma halt nix machen, des san schon solche Sachen! ...“

I. LITERATUR

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Aus dem „Weltfreund“

405 WERFEL, Franz, 1890 – 1945. E. Gedicht. 1 S. gr.-4o. Kariertes Papier, winziges Loch.(1.200.—)

„ S o l o e i n e s z a r t e n L u m p e n “ .

„Nun wieder eine Nacht durchjohlt,Ist rings der Stadtpark aufgewacht.Allee, der Wasserfall, ein Vogelzwitschern ohne Mühe ...In der durchsichtigen Frühe,Nach falsch bekränzter Nacht,hast du mich eingeholt.

Wie ich dich gestern sah!Bewegte Straße glittDein Gang. Wer dürfte frevelnd sagen,Daß unter Röcken und Jackett, so leicht getragen,Sich mehr verbarg, als Atemzug und Schritt,du Schlanke, fern und nah?

Gefühl, geheimer SinnUnd ein Gedanke kam.Elysisch aufgeregt blick ich zum leichten Himmel hin, zur leichten Erden.Heirathen wirst du du wirst Mutter werden.Warum zerschmilzt mich Scham,Was reißt mich Wonne hin? ...“

Es folgen drei weitere Strophen; mit einer Korrektur.Verso eine Echtheitsbestätigung von Kurt H i l l e r : „Ich versichere, dass die umstehende Niederschriftdes Franz Werfel’schen Gedichtes ‘Solo eines zarten Lumpen’ (aus dem ‘Weltfreund’) vom Dichter Wer-fel selbst herrührt. Und zwar aus dem Jahre 1912 oder einem füheren. / Berlin, 6. Oktober 1916“. – Wer-fels erster Gedichtband war im Dezember 1911 bei Axel Juncker in Berlin erschienen.S e h r s e l t e n so früh.

406 — E. Br. m. U. O. O. u. D. 13⁄4 S. 8o. Bleistift. Leicht gebräunt. (150.—)

An „Sehr verehrter Herr Direktor“.„... Verzeihen Sie bitte, dass ich in aller Eile nur mit dem Bleistift schreibe. Da ich selbst bei den Probender ‘Tr[oerinnen]’ nicht dabei sein kann, bitte ich Sie herzlich meinen Freund Herrn Ernst Pollak, mitden betreffenden Herren Regisseuren in Verbindung zu bringen, damit er bei den Proben mich vertritt ...“Erwähnt Victor Barnowsky, von 1913 bis 1924 Leiter des Lessing-Theaters, in welchem die Uraufführungseines Dramas am 22. April 1916 stattfand.

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I. LITERATUR

Nr. 405 Franz Werfel

I. LITERATUR

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407 WIDMANN, Joseph Viktor, 1842 – 1911. E. Br. m. U. Bern 17.VI.1890. 3 S. gr.-4o. MitBriefkopf der „Literarischen Redaction des Bund“. Gebräunt. Kleine Rand- und Faltenrisse(teilweise hinterlegt). (200.—)

An eine Schriftstellerin, der er deutlich erklärt, warum er ihre Werke im „Bund“ nicht abdrucken könne.„... Sie haben überhaupt den Tik, Ihre schriftstellerischen Arbeiten hauptsächlich einer gewissen sozia-len Idee zu Liebe zu formen ... statt das poetische Gebilde aus seinem eigenen poetischen Wesen herauszu einem einheitlichen Ganzen wachsen zu lassen ... Aber realistische Probleme sentimental weinerlichbehandeln und darüber den wirklichen guten poetischen Keim, der in einem Motiv steckt, unkünstlerischverkümmern lassen, das ist nicht realistische Schriftstellerei, sondern unsicherer Dilettantismus. Letz-terer ist der Grund Ihres relativen Mißerfolges mit Ihren Arbeiten ...“

408 WIECHERT, Ernst, 1887– 1950. 1 e. Br. m. U., 1 Br. m. U. und 1 Postkarte m. U. Rüti-hof 31.VIII., 7.IX. und 27.XII.1948. 2 S. quer-gr.-8o und die Karte. Gelocht. (150.—)

An Frau Burri-Dietler in Luzern, Lesungen betreffend.31. August. „... Die Ankündigung kann so erfolgen, wie Sie schreiben, und da die Vorlesung ja eigentlichnur für diejenigen gedacht ist, die damals keinen Platz mehr fanden, werde ich wohl auch dasselbe Pro-gramm haben.Ich lebe im tiefen Frieden und bin in die Korrekturbogen zu meinem neuen Buch“ (wohl „Der Richter“)„versunken ...“7. September. „... Es war nicht so gedacht dass ich für die Besucher des ersten Abends noch einmal lesensollte ... Ich weiss im Augenblick nicht, was ich nun lesen soll, wahrscheinlich aus dem neuen Buch, aberes ist mir nicht angenehm. Verschiebungen sind immer bedenklich, und ich muss nun sehen, wie ich ohneSchaden herauskomme ...“

„in dem vertraulichen Umgang mit den Griechischen und Römischen Musen“

409 WIELAND, Christoph Martin, 1733 – 1813. E. Br. m. U. „Wieland“. Oßmannstedt 28.III.1801. 3 S. 4o (untere Hälfte beschrieben). Heftspuren in der Bugfalte. (3.000.—)

An (Georg August von Breitenbauch, sachsen-weimarischen Kammerherrn und Schriftsteller), der ihmsein Werk „Vorstellung der Schauplätze berühmter Begebenheiten aus der Geschichte der vornehmstenVölker des Alterthums“ übersandt hatte, wofür Wieland sich verspätet bedankt.„... So erheblich und ruhmwürdig das Verdienst ist, welches Ew. Hwgb. [Hochwohlgeboren] Sich durchdieses mit so vielem Fleiß ausgearbeitete, nützliche und interessante Werk um die Liebhaber des Alter -thums, und ganz besonders um die jungen Anbauer des Classischen Bodens erworben haben, so glück-lich preise ich Sie Selbst, daß Sie in dem vertraulichen Umgang mit den Griechischen und RömischenMusen und in den ernsten und mühsamen Erforschungen der alten Geschichte, Zeit- und Erdbeschrei-bung, u.s.w. ein Vergnügen und eine Unterhaltung finden, die den Meisten Ihres Standes in Deutschlandunbekannt ist, aber von jedem, der diese unerschöpflichen Quellen der edelsten Befriedigungen nicht bloßsummis labiis degustiert, sondern wie Ew. Hochwohlgebohren mit tiefen und starken Zügen darausgeschöpft hat, gewiß allen andern Vergnügungen unendlich vorgezogen wird. Wie sehr ich gewünschthätte, Ew. Hochwohlgeb. meine Verehrung und Erkenntlichkeit mit einem bedeutendern litterarischenGegengeschenk zeigen zu können, so blieb mir doch, in Ermanglung eines bessern, nichts übrig als Ihnenmit der beygelegten neuesten Frucht meiner Ossmanstättischen Muße aufzuwarten ...“U n v e r ö f f e n t l i c h t ; im Briefwechsel Band 15.1 unter Nr. 392 lediglich registriert („Verbleib unbe-kannt“).

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I. LITERATUR

Nr. 409 Christoph Martin Wieland

I. LITERATUR

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„ultra-modern music“

410 WILDER, Thornton, 1897– 1975. E. Br. m. U. Peterborough, NH 2.VII.1940. 2 S. 4o. Mitgedrucktem Briefkopf. (250.—)

An Lucy Tal geb. Traub (1896 – 1995), seine aus Österreich emigrierte frühere Verlegerin in Hollywood.„... Deeply relieved about the affidavit for your sister. May the next steps follow through as well. Thanksfor letting me see the Bartsch material. I enclose a Rascher communication ... I wish one could have agood long talk on what’s going on and what might be! ...“Auf der Rückseite eine Nachschrift mit der Bitte, sich für die aus Italien emigrierte Sängerin Anna Valle,eine Schülerin von Luisa Tetrazzini, einzusetzen. „... glorious voice, but a slight paralysis on one side ofher face keeps her from the opera & concert stage ... but being both German and Italian, an artist in bothlied and belcanto and ultra-modern music. Delighted S c h ö n b e r g with his own songs ...“Im Wiener Verlag E.P. Tal waren deutsche Ausgaben von Wilders Werken erschienen.

411 WOLFSKEHL, Karl, 1869 – 1948. Br. m. U. München 26.II.1930. 3⁄4 S. gr.-4o. Minimal fleckig. Kleine Faltenrisse. (200.—)

An den Schriftsteller Hans Roger Madol (Pseudonym für Gerhard Salomon) über dessen Buch „Der Schat-tenkönig“, das die Echtheit des als Dauphin („Ludwig XVII.“) aufgetretenen Spandauer Uhrmachers KarlWilhelm Naundorff nachzuweisen suchte.„... Es wird Sie vielleicht interessieren, das ich von einem hiesigen, zum Familienkreis der Westermanngehördenden Herrn erfahren habe, in der Familie W. bestände die Überlieferung von Westermanns Betei-ligung bei der Rettung des Dauphin ununterbrochen fort ...Lassen Sie mich Ihnen ... meine herzliche Anerkennung für Ihr so schönes, alles Material so wohl beden-kendes Buch aussprechen, das meines Erachtens alle Zweifel zerstreuen muss ...“Beiliegend ein Brief (Sofia 1931) des dortigen deutschen Gesandten Eugen Rumelin an Madol, mit Dankfür die Übersendung des oben erwähnten Werkes.

412* ZEDLITZ, Joseph Christian Freiherr von, 1790 – 1862. E. Br. m. U. Ischl 11.I.1849. 1 S.gr.-8o. (120.—)

An einen Freund wegen seines in diesem Jahr erscheinenden „Soldatenbüchleins“.„... Alles was Sie gethan haben ist wohl gethan, alles was Sie noch thun werden ist wohl gethan, Alles wasSie gegenwärtig thun ist wohlgethan! – Hiermit werden Sie hoffentlich keinen Anstand nehmen ohne michzu fragen ferner über mein Büchlein zu verfügen, wie Sie es ... für gut erachten. Wenn Gerold mir gleichvom Anfang irgend annehmbare Propositionen gemacht, und nicht 40% gefordert hätte, die hohenDruckkosten abgerechnet, so würde ich mich gern mit ihm geeinigt haben. Für alle künftigen Auflagen,wenn das Heft noch welche erlebt, zahle er mir ein Honorar von 300 f. ... Was die 600 Exemplare an dieItalienische Armée betrifft, so schreibe ich heute an G[eneral] Welden und ersuche ihn sie zu übernehmen,und nach Italien zu befördern ...“

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I. LITERATUR

413* — E. Gedicht m. U. 32⁄3 S. gr.-8o. Etwas gebräunt, Tinte leicht durchschlagend, kleine Fal-tenrisse. (200.—)

Seine Ballade „ D a s G e i s t e r s c h i f f “ :„Es rauschen die Winde, die Nebel ziehn,

Der Himmel ist sternenleer;Hoch über die schäumenden Wogen hinSteigt ein Seegel im Meer. –Das Schiff ist gesteuert durch GeisterhandIm unaufhaltsamen Lauf,Ihm schadet kein Sturm, kein KlippenstrandKein Lebender weilet drauf.

Weit über der See, wo die Welle schweigtEin Eiland verborgen liegt,Ein einsamer Fels zum Himmel steigt,Die Wolke sein Haupt umfliegt.Dort blühet kein Halm, dort grünet kein BaumKein Vogel sein Nest dort baut,Nur der Adler allein aus der Lüfte RaumDie starrende Oede beschaut. –“

Es folgen sieben weitere Strophen.

Nr. 414 Philipp von Zesen________________________________________

I. LITERATUR

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„die Edle Rosenzunft“

414* ZESEN, Philipp von, „Der Wohlsetzende“ der „Fruchtbringenden Gesellschaft“ undGründer („Der Färtige“) der „Rosenzunft oder teutschgesinnten Genossenschaft“ in Hamburg,1619 – 1689. E. Stammbuchblatt m. U. „Der Färtige“. O.O. (Amsterdam?), „den 31 ärntmohn-des / im 1682 jahre“ (31.VIII.1682). 1 S. quer-8o. Am Unterrand Spuren alter Heftung.

(3.000.—)

G e d i c h t „Auf des / Herrn Kreutzverliebten / Zunftnahmen, Zunftzeichen und Zunftspruch.“ Fünf Jahrezuvor war der Herforder Dichter und Philologe Heinrich F o p p e (1643 – 1716) als „Der Kreuzverlieb-te“ in die Zunft aufgenommen worden.

„Dem Kreutzverliebten wir die Rosenkrohne reichen;dem Kreutzverliebten giebt das weisse Kreutz zum Zeichendie Edle Rosenzunft. Sein Wort in Jesus heist:weil Er in Jesus sich zu leben stähts befleist.Wohl dem, der also lebt! Wohl dem, der also liebet!Wohl dem, dem auf sein Kreutz die Krohne Jesus giebet!

eil- und reise-färtig verfärtige diesesDer Färtige.“

Philipp von Zesen führte ein rast- und ruheloses Leben. Er gilt als der erste deutsche Schriftsteller, derausschließlich von literarischen Erträgnissen lebte.Siehe die Abbildung auf Seite 189. – Vo n g r ö ß t e r S e l t e n h e i t .

„Mon credo“

415 ZOLA, Émile, 1840 – 1902. Eigenh. Manuskript m. U. (März 1884?) 2 S. gr.-8o. Leicht fleckig, kleine Läsuren. (800.—)

„Philosophiquement, les romantiques s’arrêtent au déisme; ils gardent un absolu et un idéal; ce ne sontplus les dogmes rigides du catholicisme, c’est une hérésie vague, l’héresie lyrique d ’ H u g o et de R e n a n ,qui mettent Dieu partout et nulle part. Les naturalistes, au contraire, vont jusqu’à la science; ils nienttout absolu, et l’idéal n’est pour eux que l’inconnu qu’ils ont le devoir d’étudier et de connaître; en un mot,loin de refuser Dieu, loin de l’admoindrir, ils le réservent comme la dernière solution qui soit au fond desproblèmes humains. La bataille est là.Mon credo est que le naturalisme, j’entends le retour à la nature, l’esprit scientifique porté dans toutesnos connaissances, est l’agent même du dix-neuvième siècle. Et j’ajoute que le romantisme, la premièrepériode, affolée et lyrique, doit nécessairement conduire au naturalisme, la seconde période, nette et posi-tive ...“

„au milieu des débats de l’Affaire Dreyfus“

416 — E. Br. m. U. Médan 22.X.1883. 1 S. 8o. Leicht gebräunt. (600.—)

An einen Schriftsteller, eine Verabredung betreffend.„... Comme je veux vous éviter le voyage de Médan, très pénible en cette saison de pluies, le mieux seraitque vous venir me serrer la main samedi prochain, 27, à mon domicile de Paris, où je serai en passant.Venez à dix heures du matin ...“

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I. LITERATUR

Beiliegend ein Brief seiner Ehefrau Alexandrine (o.O. 1899); zur Zeit der D r e y f u s - A f f ä r e im NamenZolas geschrieben, die Veröffentlichung der Übersetzung der „Fécondité“, des ersten Bandes der „VierEvangelien“, betreffend. Als ursprünglicher Veröffentlichungstermin war der 12. Mai festgelegt worden:„... Mais il arrive que cette date serait ... désastreuse, tombant au milieu des débats de l’Affaire Drey-fus, lorsque les journaux seront remplis par les comptes-rendus du procès, et que toute l’attention publiquesera prise par le Rénouement de ce grand drame ... et c’est pourquoi mon mari vous prie vivement deconsentir à ne publier ‘Fécondité’ dans votre journal qu’à partir du 18 Mai. / Il s’adresse à toute votreobligeance, il vous sera infinement reconnaissant, si vous voulez bien l’aider à se tirer du gros embarrasdans lequel il se trouve ...“ – Zola, von Dreyfus’ Unschuld überzeugt, hatte ein Jahr zuvor durch seineSchrift „J’accuse“ die Nation gespalten.

417* ZUCKMAYER, Carl, 1896 – 1977. Br. m. U. Saas-Fee 22.III.1974. 2⁄3 S. folio. Mit gedruck-tem Briefkopf. (250.—)

An den Schriftsteller Adolf Opel in Wien, der eine Anthologie über österreichische Literatur vorbereitete.„... Ich darf Sie für Ihre Zwecke auf die englische Uebersetzung meiner Autobiographie ‘Als wär’s einStück von mir’ hinweisen, die unter dem Titel ‘A part of myself’ in London beim Verlag Simon & Schus-ter, in New York bei Harcourt Brace & Jovanovic erschienen ist. Gerade in den ersten Kapiteln wird darinOesterreich, vorzüglich die Salzburger Gegend, ausführlich behandelt, später auch die Besetzung Wiensdurch Hitler im Jahr 1938 und meine eigene Flucht aus Oesterreich in die Schweiz.Vermutlich werden Sie dort Geeignetes für die geplante PEN-Anthologie finden. Ich bitte gegebenenfallseine Angabe Ihrer Auswahl ...“Beiliegend ein Br. m. U. seiner Sekretärin Erika Heuberger: „Bitte, den Brief vom 22. ds. an Sie zu ver-nichten ...“

418 ZWEIG, Arnold, 1887– 1968. E. Br. m. U. Berlin 15.IX.1926. 1 S. 4o. Mit Eingangsstem-pel der „Ullstein-Post-Zentrale“. Gelocht. (200.—)

An Friedrich Kroner, Chefredakteur in der „Redaktion des ‘Uhu’“, wohl Beiträge betreffend.„... Ich freue mich darauf, Sie bald aufzusuchen ... Vielleicht zeigen Sie mir dann die zu kürzenden Stel-len, die ich mir ja zwar denken kann – der General, nicht wahr? – die ich aber doch auch mit Ihnen gernbespräche, obwohl ich in Ihre Fürsorglichkeit alles Vertrauen setze ...“

419 — Br. m. U. Berlin 16.II.1961. 1 S. folio. Luftpostpapier. Mit gedrucktem Briefkopf.Gelocht. (200.—)

An den Spinozaforscher Siegfried Hessing (in Sydney) wegen eines Exemplars seiner „Spinoza-Festschrift“(Heidelberg 1933).„... Ich hatte ... völlig vergessen, daß ich im Jahre 32 an einer Spinoza-Festschrift mitgearbeitet habe –so sehr vergessen, daß ich mich nicht einmal daran erinnerte, als ich 1936 in der Sammlung LIVINGTHOUGHTS eine Spinoza-Mitarbeit übernahm ... Daß ich ein Exemplar der damaligen Festschrift besit-zen könnte, kann man nur in Australien vermuten, in Europa ist bekannt, daß mir im Jahre 1933 meinegesamte Bibliothek nebst dem größten Teil des Inhalts meiner Manuskripttruhe von der Gestapo beschlag-nahmt und vernichtet worden ist ...“

I. LITERATUR

192

420* ZWEIG, Stefan, 1881 – 1942. E. Br. m. U. Wien 2.II.1912. 1 S. gr.-4o. Mit gedrucktemBriefkopf. Mit e. adressierten, frankiertem Umschlag. (400.—)

An Franz Strunz (1877– 1953), den Leiter der „Urania“ in Wien, wegen des 100. Geburtstags von CharlesD i c k e n s .„... ich möchte Sie aufrichtigst bitten, von meinem Vortrag über Dickens lieber Abstand nehmen zu wol-len. Er war eigentlich als Festrede für den 7. Februar gedacht ... und am 12. Februar, wenn das Publi-cum durch zehntausend Artikel und Bilder abgehetzt ist, kommt er wirklich post festum und würde sicher-lich auch einen materiellen Misserfolg bedeuten. Dazu kommt noch bei mir eine momentane Depression,die mich fürchten lässt, sehr unzulänglich zu sein – bitte, lassen wir es lieber bewenden! Muss ein Dickens-Vortrag gehalten sein, so ist Professor Kellner sicherlich der Berufenere. Mir war es lediglich um eine ArtFestrede zu tun ...“

421 — E. Br. m. U. Wien (um 1912). 1 S. gr.-4o. Auf seinem Briefpapier. Leicht knittrig. Klei-ner Einriss in der Unterschrift. (300.—)

An einen Theaterintendanten, der wohl sein 1907 erschienenes Drama „Tersites“ aufgeführt hatte.„... Erlauben Sie nun, dass ich Ihnen heute mein neues Stück ‘Das Haus am Meer’ im Manuscript vorlege.Es ist ungleich interessanter für ein Publicum, schon durch die Zeit (amerikanischer Freiheitskrieg) leichtzu spielen und erfordert wenig Decor. Ich glaube durch meine literarische Stellung, immerhin das Anrechtzu haben, um eine etwas raschere Erledigung als den langsamen Weg der Instanzen bitten zu können ...“

422 — Br. m. U. Salzburg 23.VII.1923. 11⁄3 S. gr.-4o. Kleine Einrisse (zum Teil hinterlegt).(300.—)

An eine Dame, die sein Drama „Jeremias“ ins Russische übersetzen wollte.„... Es war zweimal die Rede von Uebertragungen für Theaterzwecke, da sich ein Regisseur in Russlandsehr dafür interessiert, es kam aber zu keiner bindenden Abmachung, so dass ich über das Uebesetzungs-recht frei verfügen kann. Meine Bedingungen kann ich Ihnen ganz klar mitteilen insoweit es die Buchaus-gabe betrifft. Ich halte es da ebenso wie bei den andern Uebersetzungen (der Jeremias erschien schon in Eng-lisch und erscheint eben jetzt polnisch, italienisch und französisch,) nämlich, dass ich, um die Einführungnicht zu verhindern, für die erste Auflage bis zu 2000 Exemplaren der Uebersetzung gar keine Ansprüchestelle, sondern wünsche, dass dafür das entsprechende Honorar dem Uebersetzer ganz zufällt ...Gleichzeitig möchte ich Ihnen sagen, dass ich an einigen Stellen des Stückes heute manchmal gewisse Wie-derholungen und Weitschweifigkeiten empfinde und Ihnen volle Ermächtigung gebe nach Ihrem eigenenEmpfinden den Text zu verkürzen ...“Auf Vermittlung Maxim Gorkis erschien 1928 bis 1930 die erste russische Gesamtausgabe von Zweigs Werken.

193

I. LITERATUR

423 — 1 Br. m. U. und 1 Postkarte m. U. und e. Adressangabe (Bleistift). Salzburg 3.V.1927und 6.VII.1928. Auf seinem Briefpapier. (200.—)

A u t o g r a p h e n b e s t e l l u n g e n .Der Brief, an einen Händler. „... Ich danke Ihnen vielmals für Ihr freundliches Angebot, von dem mir eini-ge Stücke bereits direct bekannt und wegen der hohen Preise, an denen Sie keine Schuld tragen, nichtverlockend genug waren. Wegen eines Stückes von Tallien kann ich mich noch nicht entscheiden, weil ichmich gerade um ein ähnliches bemüht habe ...“ Die Postkarte, an das Antiquariat David Salomon in Berlin. „... Aus Ihrem Katalog 34 bitte ich, mir / Nr.10870, Alois Fuchs / Nr. 10872, Franz Joseph Gall und / Nr. 11249, Sainte Beuve zu senden ...“

„Publicistik verdirbt Alles“

424 — 1 e. Br. m. U. „St. Z.“ und 1 e. Postkarte m. U. (ebenso). Poststempel: Salzburg 18.I.1933 und (Januar 1933). 2 S. quer-gr.-8o und die Karte. Tinte und Bleistift (die Karte). Mitgedrucktem Briefkopf. (800.—)

An Oscar Kurz in Wien über seinen B r i e f a n M u s s o l i n i , bei dem er sich erfolgreich für den aus poli-tischen Gründen zu Zuchthaus verurteilten Arzt Giuseppe Germani (1896 – 1978) eingesetzt hatte. – Beidem Versuch, die in Italien gefährdeten Kinder des ermordeten sozialistischen Politikers Giacomo Mat-teotti in Sicherheit zu bringen, war Germani verhaftet und, wegen angeblicher Beteiligung an einemgeplanten Attentat auf Mussolini, zu zehn Jahren Zuchthaus verurteilt worden.(Januar 1933.) „... Ich habe (schweren Herzens) direct an M. geschrieben und erst nachdem ich aufUmwegen die Einwilligung Frau G.s dazu hatte; der glückliche Umstand, dass er alle meine Bücher, ichweiss nicht wieso, genau kennt gab mir den Mut. Heute bekam ich die Antwort, indem er den WienerGesandten Auriti beauftragte, mir mitzuteilen, dass er meiner Bitte entsprechend die residuale pena (dieZuchthausstrafe) in Verbannung (confino) umgewandelt habe (so dass Frau G. ihn begleiten kann) et che,passate qualche tempo, egli considera la possibilità di lui completa liberazione. (Dass er nach einiger Fristdie völlige Infreiheitsetzung ins Auge fasst.) Das ist mehr, viel mehr als ich erhoffte. Wenn Sie ... Frau G.sehen, so würde ich raten, dass sie (auch ihr wird es schwer fallen) an ihn einen Dankbrief schreibt, daswürde die gute Stimmung fördern und immerhin – man mag politisch denken wie man will, es zeigt docheine grosse menschliche Haltung wenn man als der angestrengteste Mann Europas auf einen Privatbriefeines Ausländers so spontan reagiert.Nochmals aber die dringendste Bitte, dass meine Action ganz unbekannt bleibt. Publicistik verdirbtAlles ...“ Die kurz zuvor geschriebene Postkarte in gleicher Angelegenheit.In seinen Erinnerungen „Die Welt von Gestern“ gibt Zweig eine Darstellung der Umstände seiner Inter-vention – „Kein Brief in meinem Leben hat mir mehr Freude und Genugtuung gebracht, und wenn je einesliterarischen Erfolges, so denke ich dieses mit besonderer Dankbarkeit“.