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IANNIS XENAKIS KASSANDRA 2-ZEILIG IANNIS XENAKIS KASSANDRA 30. NOVEMBER 2019 ELBPHILHARMONIE KLEINER SAAL

IANNIS XENAKIS KASSANDRA 2-ZEILIG KASSANDRA · 2019-11-22 · Iannis Xenakis Schon in seiner Jugend hatte Xenakis von einer Karriere als Musiker geträumt. Bis der Autodidakt aber

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IANNIS XENAKISKASSANDRA

2-ZEILIG

30. NOVEMBER 2019LAEISZHALLEGROSSER SAAL

IANNIS XENAKISKASSANDRA

30. NOVEMBER 2019ELBPHILHARMONIEKLEINER SAAL

Abbildung zeigt Sonderausstattungen.

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Samstag, 30. November 2019 | 17 Uhr | Elbphilharmonie Kleiner Saal

SCHWERPUNKT IANNIS XENAKIS

ALEXANDROS GIOVANOS SCHLAGWERK MARTIN GERKE BARITON, PSALTERIUM

ERMIS THEODORAKIS CEMBALO

Iannis Xenakis (1922–2001) Rebonds / für Schlagwerk solo (1988) Rebonds A Rebonds B

ca. 15 Min.

Komboï / für Cembalo und Schlagwerk (1981) ca. 20 Min.

Pause

Kassandra / für Bariton, Psalter und Schlagwerk (1987) ca. 20 Min.

Psappha / für Schlagwerk solo (1976) ca. 15 Min.

Es ist nicht gestattet, während des Konzerts zu filmen

oder zu fotografieren.

Mehr Infos unter:hawesko.de/elphi

Es ist das Besondere, das Wellen schlägt.

Der offizielle Weinpartner der Elbphilharmonie

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Kein Komponist hat sich im 20. Jahrhundert so umfassend und revolutionär um das Percussion- Repertoire verdient gemacht wie der Grieche Iannis Xenakis. Grund genug, seinen geistreichen Schlag-Werken während des aktuellen Schwer-punkts in der Elbphilharmonie ein eigenes Kon-zert zu widmen. Im Zentrum steht, wirbelt und trommelt der Athener und Wahl-Berliner Alexandros Giovanos. Anfang und Ende gestal-tet er mit zwei haarsträubend virtuosen Solo- Stücken. Für die beiden Werke dazwischen hat er sich jeweils Verstärkung in Person des Cem-balisten Ermis Theodorakis beziehungsweise des Sängers Martin Gerke geholt.

WILLKOMMEN

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BEGEHBARE KLÄNGE

Der Komponist Iannis Xenakis

»Der Hörer muss gepackt werden und, ob er will oder nicht, in die Flugbahn des Klangs gezogen werden, ohne dass dazu eine besondere Vorbildung nötig wäre. Der sinnliche Schock muss ebenso eindringlich werden wie beim Hören des Donners oder beim Blick in den bodenlosen Abgrund.« Als die Besucher der Donau eschinger Musiktage am 16. Oktober 1955 das Programmheft auf-schlugen und diese Zeilen lasen, hätten sie eigentlich ahnen können, was auf sie zukommen würde.

Doch dieser kleine Einführungstext des bis dahin kaum bekannten Kom-ponisten Iannis Xenakis konnte nicht die heftigen bis wilden Reaktionen ab -federn, die sein Orchesterwerk Metastaseis auslöste. Urgewaltige, scheinbar konturlose Klangbögen waren da über das Publikum hinweggesaust, dass ihm Hören und Sehen verging. Und auch dem Kritiker der Frankfurter Allge-meinen Zeitung steckte dieser »sinnliche Schock« derart in den Knochen, dass er Xenakis’ erstes großes Opus mit »Entwarnungsheultönen der Luftschutz-sirenen« verglich. Der 1922 in Rumänien geborene Grieche mit Wohnsitz Paris war zwar nun in aller Munde. Trotzdem blieb er mit seiner archaisch anmu-

tenden, geräuschhaften und schonungslos pulsierenden Klangsprache, die dem damals angesagten Stil völlig wider-sprach, ein Außenseiter in der Neuen-Musik-Szene.

Noch bis 1960 musste Xenakis deswegen seinem eigent-lichen Brotberuf als Architekt und Ingenieur nachgehen, als Assistent des französischen Beton- Gurus Le Corbusier. Doch auch in dieser Rolle gelang ihm Epochales: 1958 entwarf er für die Brüsseler Weltausstellung den Philips- Pavillon. Der sah nicht nur aus wie ein riesiges, futuristisches Indianer-Tipi. Der Innenraum war mit über 350 Lautsprechern bestückt, sodass Musik die Besucher von allen Seiten einhüllte. Der Klangar-chitekt Xenakis war fest überzeugt: »Es gibt kein Argument dafür, dass der Klang nur aus einer Richtung kommen sollte. Der normale Konzert betrieb, bei dem die Musik von vorn kommt, ist nur eine Möglichkeit unter vielen.«

DIE MUSIK

Xenakis’ Philips-Pavillon auf der Expo 1958 in Brüssel

Iannis Xenakis

Schon in seiner Jugend hatte Xenakis von einer Karriere als Musiker geträumt. Bis der Autodidakt aber 1950 endlich in Paris in die Kompositionsklasse des großen Olivier Messiaen aufgenommen wurde, war sein Lebensweg mehr als nur steinig verlaufen. In den frühen 1940er Jahren kämpfte Xenakis als Mitglied der kommunistischen griechischen Widerstandsbewegung gegen die deutsche Besatzung. Im folgenden Bürgerkrieg wurde er durch eine britische Panzer-granate schwer im Gesicht verletzt und später in Abwesenheit zum Tode ver-urteilt. Mit einem gefälschten Pass unter dem Namen Konstantin Kastrounis floh er über Italien nach Paris, wo er bis zu seinem Tod am 4. Februar 2001 lebte und arbeitete.

Rund 150 Werke hat Iannis Xenakis geschrieben. Und wenngleich er später zu den Mitbegründern des Pariser IRCAM-Instituts gehörte, das sich auf die elek-tronische Musik spezialisierte, bilden Kompositionen für akustische Besetzung den Schwerpunkt in seinem Schaffen. Nahezu alle Stücke tragen griechische Titel und verweisen damit auf Xenakis’ Wurzeln, auf die er zeit seines Lebens stolz gewesen ist.

Das Bemerkenswerte bei fast allen Partituren ist, dass man ihnen ihr streng mathematisch-wissenschaftliches Fundament nie anhört, mit dem der studierte Bauingenieur zu Werke ging. Vielmehr leben sie trotz der zugrundeliegenden Berechnungen, für die Xenakis auch eigens Computerprogramme entwickelte, von einer überwältigenden und packenden Unmittelbarkeit des Sinnlichen. Jede Form einer im rein Intellektuellen versteinerten Musik war ihm zutiefst fremd. »Das musikalische Werk muss ein lebendiger Organismus sein«, sagte Xenakis einmal. »Es muss Kopf und Arme haben.«

Rebonds / Komboï / Kassandra / Psappha Bereits in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts kam es zu rhythmischen Erschütterungen, die die Musik erbeben ließen. Igor Strawinsky setzte seine Ballettmusik Le sacre du printemps mit einer kolossalen Schlagzeuggruppe in Bewegung. Béla Bartóks Sonate für zwei Klaviere und zwei Schlagzeuge erwies sich ebenso als urwüchsige Rhythmus-Feier. Und Edgard Varèse schrieb 1931 mit Ionisation für 13 Schlagzeuger das erste große Ensemblestück. Doch kein zweiter Komponist der Moderne hat die Schlagzeugmusik so umfassend bedacht und gleichzeitig ihr Vokabular derart revolutioniert wie Iannis Xenakis. Für den amerikanischen Neue-Musik-Perkussionisten und Xenakis-Spezialisten Steven Schick steht daher auch fest, dass dessen Werke für das Schlagzeugrepertoire von ähnlicher Bedeutung sind wie Bachs Solo-Suiten für die Cello-Zunft und der späte Beethoven für die Streichquartett-Musik.

Mit Persephassa komponierte Xenakis erst recht spät, 1969, sein erstes bahn-brechendes Stück für Schlagzeug-Sextett – zu hören morgen Nachmittag um 17 Uhr im Konzert des Rundfunk-Sinfonieorchesters Berlin. Sechs Jahre später läu-tete Xenakis mit Psappha sein Solo-Schaffen ein, dem er Ende der 1980er Jahre

Ausschnitt aus der Partitur von »Psappha«: Jede horizontale Linie steht für eine Trommel

die zweiteilige Komposition Rebonds (Rückpraller) folgen ließ. In beiden Abschnitten (A und B), die nahtlos ineinander überge-hen, aber in der Reihenfolge nicht festgelegt sind, herrscht ein treibender Rhythmus. Während der für Fell instrumente kompo-nierte A-Teil sich mit seiner irregulären Struktur zu einem fort-während vorwärtsdrängenden Satz entwickelt, durchmisst der für Holzblöcke gesetzte, archaisch wirkende Teil B dynamische Weiten bis zum dreifachen Fortissimo.

Noch ungewöhnlichere Klangwelten tun sich mit Komboï auf. Immerhin hatte Xenakis 1981 dafür die nicht unbedingt alltäg-liche Besetzung Cembalo und Schlagzeug gewählt. »Die Dia-lektik des feinen, aber scharfen, durchdringenden Cembalo- Klanges gegen das große Volumen des Schlagzeugapparates stellte mich vor eine faszinierende Aufgabe«, so der Komponist. »Cembalo und Schlagzeug verhalten sich wie zwei Menschen, zwei Persönlichkeiten.«

Xenakis schrieb dieses Duo für zwei Musiker, mit denen ihn eine besonders enge künstlerische Freundschaft verband und denen er 1989 mit Oophaa noch ein zweites Werk widmete: einerseits der Perkussionist Sylvio Gualda, mit dem der Kom-ponist sogar einmal die Baustelle des Pariser Centre Pompidou nach schlagzeug kompatiblen Metallstücken abgesucht hatte. Den Cembalo-Part übernahm bei der Uraufführung 1981 Eli-sabeth Chojnacka, für die Xenakis mit Khoaï-Xoai und Naama zwei der wohl teuflisch schwersten Cembalo-Werke jüngeren Datums komponierte.

DIE MUSIK

Architekt der Klänge

Mehr über Iannis Xenakis lesen Sie auf dem Elbphilharmonie-Blog unter elphi.me/xenakis

Der Name Komboï (Knoten) meint die Synthese unterschiedlicher Klangfarben und Rhythmen. Und aus diesen »Verknotungen« ent wickelt sich eine musika-lische Abenteuerreise, die sogar in fernöstliche und speziell javanische Klang-kulturen entführt.

Einer der legendärsten Frauengestalten in der griechischen Mythologie widmete Xenakis 1987 eine Musiktheater-Szene en miniature. Es ist die Sehe-rin Kassandra, die mit ihren Prophezeiungen bei den Männern von Troja auf taube Ohren stieß, als sie die Eroberung der Stadt durch die Griechen voraus-sagte. Die Entstehungsgeschichte von Kassandra für Bariton, Psalter und

Die Seherin Kassandra sagt den Untergang Trojas voraus. Links der trojanische König Priamos mit Paris (der den schicksalsträchtigen Apfel hält), rechts der Krieger Ajax. Römisches Fresko aus Pompeji, ca. 25 v. Chr.

Schlagwerk geht bis in die 1960er Jahre zurück. 1966 hatte Xenakis eine Bühnenmusik für die Aufführung der Orestie von Aischylos für ein Festival in Michigan geschrieben. (Statt in einem dafür geplanten Nachbau eines griechischen Thea-ters fand die Aufführung allerdings auf einem Baseball-Platz statt.) Aus der Musik zu den Hauptszenen stellte Xena-kis dann eine Konzertsuite zusammen und fügte ihr 1987 auf Einladung des auf Sizilien stattfindenden Oresteiada-Festivals den Kassandra-Teil hinzu. Zur oftmals ohrenbetäubenden Per-kussion schlüpft ein Bariton gleichzeitig in die Rolle der Seherin und des Männerchors und begleitet sich dabei – in Anlehnung an die antike Lyra – auf einem Psalter.

Um eine andere Lichtgestalt aus der griechischen Antike dreht sich schließlich Psappha für Schlagzeug solo, das eine einzige Metamorphose einer rhythmischen Ur-Zelle ist. Immer und immer wieder wird sie wiederholt, während sich ihre Perio-dizität kontinuierlich auflöst – sei es durch die Veränderung der Lautstärke, der Klangfarbe oder durch Pausen, die den Prozess perforieren.

Mit diesen zunehmenden Verunsicherungen nimmt Xenakis Bezug auf die rhythmischen Unregelmäßigkeiten, die er in den Gedichten der berühmten griechischen Lyrikerin Sappho (alt-griechisch »Psappha«) entdeckt hatte, die um 600 v. Chr. lebte. Doch so sehr Xenakis das rhythmische Gewebe einerseits bis an den Rand des Stillstands bringt, so beschleunigt und poten-ziert er andererseits den Hergang. Dafür sieht er gleich sechs Schlagzeug-Spuren vor (siehe Partitur auf der vorigen Seite). Drei sind mit Holz- und Felltrommeln besetzt, drei mit Metall-instrumenten. Und an ihnen muss der Solo-Schlagzeuger akro-batisch zu Werke gehen, wenn er 25 Schläge pro Sekunde auf einer Gruppe von weit entfernt stehenden Instrumenten spie-len muss. Xenakis hat zwar in seiner Partitur bestimmte Klang-familien vorgeschrieben. Die genauen Details der Instrumen-tation sind aber dem Schlagzeuger überlassen. An gesichts der stets individuell gewählten Klangfarben gilt daher für Psappha: Man hört nie zweimal dasselbe Stück. GUIDO FISCHER

Xenakis in seinem Pariser Studio

DIE MUSIK

Den Stier halte fern von der Kuh; arglistig fängt den Schwarzgehörnten sie, und schlägt ihn wund; er fällt tot in der Wanne Flut! Wehe, o dass ein Schwur, ein festgeknüpftes Seelenband, Heilmittel bieten könnte! Staunend hör ich dich: Jenseits des Meers erwachsen, sprichst du dergestalt von fremder Stadt, als ob du selbst zugegen warst. Der weise Phoibos weihte mich dem Seheramt. Entbrannt von Liebessehnen wohl, obschon ein Gott? Bis jetzt hielt, das auszusprechen, Scham mich ab.

Zu zart und furchtsam ist der Liebende. In Anmut rang der Gott um meine Gunst. Vollzogt ihr auch des Ehelagers heilig Fest? Zusage gab ich, aber täuschte Loxias.

Doch ließ des hohen Phoibos Zorn dich ungestraft? Mir glaubte niemand nimmer, seit ich dies verbrach! O Schmerz, o Schmerz! Ach, ach, o Leid! In neuem Wirbel fasst mich, unter wildem Gruß und wirrem Angstlaut, grause Pein des Seherflugs!

Erblickt ihr jene Kleinen dort am Königstor gelagert, gleich Gestalten nächtigen Traumgesichts? Zwei tote Knaben seh ich, durch Blutsfreundesfaust, so scheint΄s, gemordet,

IANNIS XENAKIS

KassandraText aus Aischylos’ »Orestie«

O Jammer! Ach, o Erdenreich! Apollon! Apollon! Was rufst du jammernd den Loxias? Er ist der Gott nicht, welchem Klaggesang gebührt. O Jammer! Ach, o Erdenreich!

Apollon! Apollon! Sie ruft mit Wehlaut abermals zu jenem Gott, dem nicht gemäß ist, Leidbedrängten beizustehn. Götterverhasstes Haus, von zahllosem Blut und Gräuel zeugend! Strangeskluft! Der Männer Schlachtbank! Mordgetünchter, nasser Grund! Scharfwitternd scheint die Fremde, gleich dem Jägerhund: Sie spürt des Mordes Fährten nach im Herrscherhaus. Ach! Ach!

Zeichen erblick ich schon, gewichtvoll und klar: Die Kinder schluchzen dort, gewürgt, zum Mahl gebraten und dem Vater vorgesetzt! Amen.

0 Götter! Welch΄ Übel ersinnt sie jetzt? Welches neue grause Leid ersinnt sie drinnen, welches Weh, an Trauer schwer, was jetzt sie weissagt, unerklärlich ist es mir. O freches Weib, wirst du vollenden dies, noch nicht begreif ich΄s; ach, ach! O schau, o schau!

GESANGSTEXT

Unselige, schließe deinen unheilvollen Mund! Kein Retter wendet gnadenreich das schlimme Wort. Wofern es Tat ward; nimmermehr jedoch gescheh΄s! Du flehst um Abwehr; jene sinnen auf den Mord! Durch welchen Mann wird dieser Frevel ausgeführt?

Du hast den Sinn meiner Sprüche verfehlt. Verborgen blieb mir, wer der Tat Vollbringer. Und doch versteh ich Hellas΄ Sprache meisterlich! Auch Phoibos; gleichwohl spricht er stets geheimnisvoll.

0 Grauen! Welch ein Feuer steigt im Busen auf! O Schmerz! O lykischer Phoibos, weh, wehe mir! Die menschenfüßige Löwin dort, die sich dem Wolf gesellte bei des edeln Leun Abwesenheit, will, ach, mich Arme morden; denn sie mischt zum Groll, gleichsam ein Gift bereitend, auch die Rach΄ an mir, und rühmt sich frech, das Eisen wetzend ihrem Mann, den Tod verdien΄ er, weil er mich ins Haus geführt.

Was trag ich diese Zeichen noch, mir selbst zum Spott, das Szepter und die Seherkränze meiner Stirn? Zerbrich, o Szepter, eh mich selbst der Tod erfasst! Hinweg mit euch! Verderbet!

ihre Hand gefüllt vom Mahl des eignen Fleisches, haltend eine grause Last.

Ihr Herz und Eingeweide, die der Vater aß. Der stolze Heerfürst und Zerstörer Ilions ahnt nicht das Schicksal, welches ihm der schwatzenden, schamlosen Hündin Zunge, voll von Gleißnerei, der hinterlistigen Ate gleich, bereiten wird. So große Schandtat wagt ein Weib: des Mannes Blut vergießt sie. Welchen Ungeheuers Name ziemt der Schnöden?

Heiß ich Drachen, heiß ich Skylla sie? Die tief in Klippenschlünden haust, der Schiffer Pest, wahntrunkne Hadesmutter, unsühnbaren Fluch Blutsfreunden schnaubend?

Überlaut frohlockte sie, die Alleswagende, wie im Siegestanz der Schlacht! Bezweifle meine Worte, wer da will! Was tut΄s? Es tagt die Zukunft! Selber schaust du baldigst es, nennst mich jammernd allzuwahre Seherin.

Mit Schaudern hört ich und verstand, was du gesagt vom blutigen Mahl Thyestes’; deine Schilderung, so wahr und treffend, füllt das Herz mit Furcht. Allein was du hinzufügst, schleudert mich auf irre Bahn. Agamemnons Tod, verkünd ich, wird dein Auge schaun.

Nehmt den Gegenlohn! Beschenkt mit jammerreichem Fluch ein andres Weib! Schau her, Apollon, wie du selbst des Seherschmucks mich jetzt beraubst!

Mit eignen Augen sahst du schon, wie auch in dieser hehren Tracht das Hohngezisch der törichten Freunde feindlich mich und bitter traf! Denn bettelhaft frechzüngig, wüste Gauklerin, toll, hungersüchtig, musst ich mich gescholten sehn.

Und endlich trieb der Seher, der zur Seherin erst erschuf, in solches Todeslos mich fort! Denn statt des Heimatherdes harrt auf mich der Block, den purpurrot mein heißes Opferblut benetzt.

Doch mächtig rächen unsern Tod die Himmlischen! Es folgt ein neuer Rächer uns mit starker Hand, ein Vaterblutvergelter, der die Mutter würgt: Ein irrer Flüchtling kehrt er aus der Ferne heim, und setzt den Schlussstein allen Götterfluchs dem Stamm. Geschworen von den Ewigen ward ein hoher Eid: Wodurch ergriffen wendest du dich scheu zurück?

Weh, weh! Was stöhnst du Wehruf? Was erbebst und schauderst du? Des Hauses Mauern hauchen bluttriefenden Mord! Kann so der Weihrauch duften auf dem Opferherd?

Es steigen Moderdünste wie aus Gräbern auf! Du rühmst dem Haus nicht syrischer Salben Wohlgeruch! Ich tret ins Haus denn, mein und Agamemnons Los auch drinnen noch zu weinen. Sei΄s genug gelebt! Weh, Fremdlinge!

Doch flieg ich nicht, ein banger Vogel, um den Hain mit leerem Ruf. Bezeuget mir, der Toten, dass, wenn einst ein Weib für mich, das Weib gemordet fällt, und für den tief verrat’nen Mann ein Mann erliegt!

Weh dir, o Menschenleben! Lächelt ihm das Glück, so stürzt es leicht ein Schatten; steht es unbeglückt, dann tilgt im Flug ein wasserfeuchter Schwamm das Bild. Was gibt΄s Beklagenswerteres als das Letztere?

© Durand / Salabert / Eschig

GESANGSTEXTE

DIE KÜNSTLER

ALEXANDROS GIOVANOS SCHLAGWERK

»Man wusste nicht, was man an ihm mehr bewundern sollte: seine Körper-beherrschung oder seine musikalische Durchdringung«, schreibt Kulturradio Berlin über den Schlagzeuger Alexandros Giovanos. Als Absolvent der Berliner Hochschule »Hanns Eisler« sowie als Gastmusiker der Karajan-Akademie der Berliner Philharmoniker arbeitete der Athener mit zahlreichen in und um Ber-lin ansässigen Orchestern: mit der Staatskapelle Berlin, der Berliner Camerata und den Berliner Symphonikern, mit der Neubrandenburger Philharmonie und der Kammer akademie Potsdam. Am Pult standen dabei Dirigenten wie Sir Simon Rattle, Vladimir Jurowski, Craig Leon und David Robert Coleman.

Auch bei einer Vielzahl Neuer-Musik-Festivals war Alexandros Giovanos zu Gast, darunter Ultraschall Berlin, Klangwerkstatt, Berlin Atonal, Kontakte, Athens & Epidaurus Festival, Israel Festival, das Kalamata International Festival und das Delphi Festival. Zudem stand er auf den Bühnen des Megaro Mousikis in Athen und Thessaloniki sowie des ebenfalls in seiner Heimatstadt ansässigen Onassis Cultural Center. Mit dem Programm des heutigen Abends war er bereits 2018 zum Festival für neues Musiktheater »Infektion!« der Berliner Staatsoper Unter den Linden eingeladen.

Alexandros Giovanos ist Gründungsmitglied des Ensembles Opera Lab Berlin, das sich modernem Musiktheater verschrieben hat, sowie des Leondari Ensem-bles. Gemeinsam mit ensemble unitedberlin, KNM Berlin und anderen Musikern war er mehrfach an CD-Einspielungen beteiligt. Er gewann zahlreiche Wett-bewerbe und ist Stipendiat der Onassis Foundation.

MARTIN GERKE BARITON UND PSALTERIUM

Bereits als Kind sang Martin Gerke im Knabenchor seiner Heimatstadt Hildes-heim, später folgte ein Studium bei Thomas Quasthoff in Detmold sowie in Ber-lin an der Hochschule für Musik »Hanns Eisler«.

Opernengagements führten den Bariton an zahlreiche große Häuser, da runter die Staatsoper und die Deutsche Oper Berlin, das Theater Chur und das inter-nationale Kunstzentrum de Singel in Antwerpen. Noch an der Hochschule wirkte er in einem Mozart-Pasticcio mit, inszeniert von Vera Nemirova; in Stuttgart gab er den Escamillo in Georges Bizets Carmen.

Auch bei Festivals wie dem Holland Festival, den Operadagen Rotterdam und dem hiesigen Internationalen Sommerfestival auf Kampnagel ist Mar-tin Gerke ein gern gesehener Gast. Von 2009 bis 2011 trat er solistisch in drei Inszenierungen des Intendanten Willy Decker bei der Ruhrtriennale auf, darunter Arnold Schönbergs Moses und Aron und Richard Wagners Tristan und Isolde unter der musikalischen Leitung von Kirill Petrenko, wo Gerke die Partie des Steuer-manns übernahm. Er sang beim Internationalen Opernfestival Miskolc in Ungarn in Franz Liszts einziger Oper Don Sanche ou Le château d’amour und gastierte mit dem Opernprojekt Die Jaffa-Orangen des Richard W. – ein israelisches Rheingold am Radialsystem Berlin, am Theater Chur und bei den Operadagen Rotterdam.

In den letzten Jahren widmete sich Martin Gerke verstärkt zeitgenössischer Musik und arbeitet mit Komponisten wie Lucia Ronchetti, Samir Odeh-Tamimi, Gordon Kampe und Genoël von Lilienstern.

ERMIS THEODORAKIS CEMBALO

Ermis Theodorakis studierte Klavier, Komposition und Musik-wissenschaft in seiner Heimatstadt Athen sowie in Amster-dam und Leipzig. Seit Beginn seiner pianistischen Laufbahn im Jahr 1994 hegt er eine große Leidenschaft für zeitgenössische Werke und arbeitete mit zahlreichen bedeutenden Komponis-ten wie Iannis Xenakis, Brian Ferneyhough, Mark Andre und Claus-Steffen Mahnkopf. Regelmäßig führen ihn Klavierabende durch Europa, in die USA und nach Kanada. Etliche Stücke wur-den eigens für ihn komponiert.

Acht Solo-Alben gab Ermis Theodorakis bisher heraus. Sie umfassen das gesamte Klavierschaffen von Iannis Xenakis und anderen modernen Komponisten; weitere Einzelaufnahmen wie Xenakis΄ Synaphaï erschienen in CD-Sammlungen mit zeitge-nössischer Musik. Für seine Arbeit als Pianist erhielt er eine Vielzahl an Preisen, darunter der Unesco-Preis und ein Stipen-dium der Alexander-Onassis-Stiftung.

Ermis Theodorakis ist zudem selbst ein aktiver Komponist: Seit 1996 entstanden über 20 Werke für Soloinstrumente und verschiedene kammermusikalische Besetzungen. Er gibt Semi-nare zur Aufführungspraxis zeitgenössischer Musik und ist seit 2017 Lehrbeauftragter für Gegenwartsmusik an der Hochschule für Musik und Theater Leipzig.

DIE KÜNSTLER

XENAKIS-AUSSTELLUNG IM KAISTUDIOBevor Sie gleich nach dem Konzert zur U-Bahn verschwinden oder das Auto aus dem Parkhaus holen, sollten Sie einen klei-nen Umweg über das Kaistudio der Elbphilharmonie nehmen. Dort ist heute und morgen noch bis 20 Uhr die Ausstellung »Sound Forms Space« zu sehen: Architektur studierende der HafenCity Universität Hamburg haben sich mit Xenakis’ Werk »Persephassa« befasst und seine musikalischen Strukturen in neuartige Raumkonzepte überführt. Zu sehen sind Modelle und Videos. Der Eintritt ist frei.

Zum Kaistudio, gelegen im 2. Stock der Elbphilharmonie, gelangen Sie über die Aufzüge zum Parkhaus – von der Plaza aus direkt am Plaza-Shop, vom Erd geschoss aus hinter den Konzertkassen

Es ist nicht gestattet, während des Konzerts zu filmen oder zu fotografieren.

IMPRESSUMHerausgeber: HamburgMusik gGmbHGeschäftsführung: Christoph Lieben-Seutter (Generalintendant), Jochen MargedantRedaktion: Clemens Matuschek, Simon Chlosta, François Kremer, Laura EtspülerLektorat: Reinhard HellingGestaltung: breeder typo – alatur, musialczyk, reitemeyerDruck: Flyer-Druck.de

Anzeigen: Antje Sievert, +49 40 450 698 03, [email protected]

BILDNACHWEISPhilips-Pavillon auf der Expo 1958 (Wouter Hagens); Iannis Xenakis (Ulf Andersen / Getty Images); Ausschnitt aus »Psappha« (Editions Salabert); Kassandra-Fresko aus Pompeji (Archäologisches Nationalmuseum Neapel); Xenakis in seinem Pariser Studio, ca. 1987 (Les amis de Iannis Xenakis / iannis-xenakis.org); Alexandros Giovanos (Konstantinos Theodoropoulos); Martin Gerke (Vincent Stefan); Ermis Theodorakis (Susanne Stark und Susen Heyder); Xenakis-Ausstellung (Larissa Rollmann)

TIPP

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FÖRDERSTIFTUNGENKühne-StiftungKörber-StiftungHans-Otto und Engelke Schümann StiftungHaspa Musik StiftungHubertus Wald StiftungG. u. L. Powalla Bunny’s StiftungCommerzbank-StiftungCyril & Jutta A. Palmer StiftungMara & Holger Cassens StiftungProgramm Kreatives Europa der Europäischen Union

Stiftung Elbphilharmonie

Freundeskreis Elbphilharmonie + Laeiszhalle e.V.

PRODUCT SPONSORSCoca-ColaHaweskoLavazzaMeßmerRicolaRuinartStörtebeker

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