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Nachrichten und Meinungen aus der evangelischen Welt www.ideaschweiz.ch Einzelverkaufspreis: CHF 4.– 6 8. Februar 2012 Reklame 7 Erbschaftssteuer: Heiner Studer im Clinch mit Hans-Ulrich Bigler 9 Pro Israel: 1000 bekunden in Bern ihre Liebe zum auserwählten Volk 12 Preisbindung: Der christliche Buchhandel hofft auf den 11. März 13 Pilgerwanderung: EMK-Pastor lädt zum Pilgern durch den Jura 22 Washington: Auch Barack Obama am 60. Nationalen Gebetsfrühstück 28 Grubenunglück: 70 Tage unter der Erde – ein Augenzeuge berichtet Was heisst denn Sonntagsheiligung? Der Sonntag ist zum Sport- und Eventtag geworden. Doch nötig hätten wir Ruhe und Besinnung Seite 4 inspirierend. www.meinseminarhotel.ch

Idea Spektrum Schweiz 06/2012

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Nachrichten und Meinungen aus der evangelischen Welt mit Fokus auf die Schweiz und Deutschland.

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Nachrichten und Meinungen aus der evangelischen Welt www.ideaschweiz.ch Einzelverkaufspreis: CHF 4.–

6 8. Februar 2012

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7 Erbschaftssteuer: Heiner Studer im Clinch mit Hans-Ulrich Bigler

9 Pro Israel: 1000 bekunden in Bern ihre Liebe zum auserwählten Volk

12 Preisbindung: Der christliche Buchhandel hofft auf den 11. März

13 Pilgerwanderung: EMK-Pastor lädt zum Pilgern durch den Jura

22 Washington: Auch Barack Obama am 60. Nationalen Gebetsfrühstück

28 Grubenunglück: 70 Tage unter der Erde – ein Augenzeuge berichtet

Was heisst denn Sonntagsheiligung?

Der Sonntag ist zum Sport- und Eventtag geworden. Doch nötig hätten wir Ruhe und Besinnung Seite 4

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idea Spektrum 06.2012

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GRÜ E ZI 3

BIBLISCH Ein Lieblingsbibelwort von Stefan Broder, Co-Präsident Cevi Schweiz, Erlinsbach AG:

«Und das sollt ihr wissen: Ich bin im-mer bei euch, jeden Tag, bis zum Ende der Welt.» (Matthäus 28,20)

«Das Versprechen von Jesus Christus an seine Jünger im Matthäus-Evangelium begleitet mich schon lange. Es ist eine Zusage, dass Jesus an meiner Seite ist – mich begleitet, sich mit mir freut und jubelt, mich leidenschaftlich anfeu-ert, mich tröstend in den Arm nimmt und mich in meinen schwersten Lebensstunden ein Stück meines Weges trägt. Diese vorbehaltlose Treue und Hingabe von Jesus ist für mich immer wieder aufs Neue in der Ehe, in der Familie, im Beruf, im Cevi oder in anderen Bereichen des Lebens spür-bar.»

«Als ich auf der Autobahn unterwegs war und in Gedanken noch bei einer sehr schwierigen Situation war, über-holte mich ein Auto und fuhr vor mich. Als ich es wahrnahm, flog mir förmlich der Satz entgegen, der auf der Heck-scheibe des Autos stand: ‹Jesus liebt mich›. Eine Liebeserklärung des leben-digen Gottes. Mitten auf der Autobahn zeigt mir der liebende Gott, dass er mich liebt.»Christine Bürk, Pfarrerin der evangelisch-reformierten Landeskirche in Rupperswil AG, im «Berner Oberländer» (BO).

So umstritten die Präambel «Im Namen Gottes des Allmächti-gen!» in unserer Bundesverfas-sung auch ist, so zeigt sie doch eines: Unser Wertesystem ist immer noch christlich geprägt. Auf dieser Basis schreibt das Schweizerische Zivilgesetzbuch ein grundsätzliches Arbeitsver-bot an Sonntagen vor. Ausnah-men gelten für Personen, die im Dienst des öffentlichen Verkehrs, in Pflegeberufen, in kirchlichen Ämtern oder in andern Dienst-leistungsbetrieben arbeiten. Obwohl bei einem Grossteil der Bevölkerung die Kirche, Gott oder ein persönlicher Glaube kaum aktuell ist, stellen sich nur wenige gegen diesen gesetzlich vorgeschriebenen Ruhetag.

So ruhig ist dieser Tag allerdings bei den wenigsten Zeitgenossen. Der Sonntag ist zum Event-, Mobilitäts- und Konsumtag verkommen. Da ist fast alles erlaubt! Einzig der Detail-handel hat es schwer. Obwohl liberale Kräfte immer wieder an den Ladenöffnungszeiten rütteln, bleiben Herr und Frau Schweizer standhaft. Seit 2006 sind in der Schweiz neun von zehn Liberalisierungsvorlagen gescheitert.

Doch schauen wir uns einmal in Bahnhofshops und Tankstel-lenshops um. Sie sind sonntags meist proppenvoll mit kauffreu-digen Menschen. Die Einkaufs-wagen bergen weit mehr als nur eine vergessene Tüte Milch. Man stimmt Nein und tut es doch… Oder waren Sie etwa noch nie am Sonntag einkaufen? Und wie steht es mit Internet-shopping? Dort kann man rund um die Uhr einkaufen.

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Denken Sie etwa ans Sonntags-gebot, wenn Sie surfen, finden und bestellen? Wo bleibt da die Konsequenz?

Es ist kompliziert geworden! Doch denken Sie nicht, das sei eine neue Erscheinung. In unserm «Brennpunkt» verweist Pfarrer Alfred Aeppli auf ein Jesaja-Wort, aus dem klar her-vorgeht, dass es damals schon ein Kampf war um die Sabbatruhe. (Seite 4) Doch gerade heute tut eine ehrliche, persönliche Auslege-ordnung zur Sonntagsheiligung Not. Ist mein Sonntag zum Event-, Konsum- oder gar zum Arbeitstag geworden? Bin ich etwa deshalb so müde? Gehöre ich darum zu denen, die nach mehr Ferien rufen? Ich lade Sie zu einer kleinen Gedankenreise ein: Zu Beginn eines neuen Jahres stehen jeder Arbeitnehmerin und jedem Arbeitnehmer je nach Alter 20, 25 oder gar 30 neue Ferientage zur Verfügung. Ein grossarti-ges Gefühl, über so viele freie Tage verfügen zu können! Nur schade, dass diese Tage so rasch aufgebraucht sind und man noch mehr Erholungsbedarf hätte. Man stelle sich vor, dass da einer käme und uns 52 zusätzliche Tage schenken würde. Jede Woche einen Tag. Traumhaft!

Und nun die frohe Kunde: Diese 52 Tage sind alles andere als ein Traum. Sie sind eine Tatsache, seit Erschaffung dieser Welt. Der Schöpfer selbst hat uns diesen einen freien Tag pro Woche geschenkt. Wir müssten dieses

Geschenk nur neu ergreifen und gemäss seinen Weisungen nutzen. Und wir würden Wunder erleben!ESTHER REUTIMANN

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Wie halten Sie es als Pfarrer mit der Sonntagsheiligung?Alfred Aeppli: Zum Pfarramt ge-hört selbstverständlich auch die Arbeit am Sonntag. Gegenüber den ungezählten Frauen und Männern in den Dienstleistungs-berufen, die am Sonntag arbei-ten müssen, habe ich jedoch ein grosses Privileg. Mein Einsatz findet im Gemeindegottesdienst und beim Kirchenkaffee mit der feiernden Gemeinde zusammen statt. Auch wenn die Leitung der Feier und die Predigt viel Kraft erfordern, hat dieser Tag doch einen besonderen Glanz. Ich wer-de oft reich beschenkt durch die Gemeinschaft mit den vielen mit-wirkenden und teilnehmenden Gemeindegliedern.

Ein Gottesdienst mit Kirchenkaffee kann an gewissen Sonntagen gut und gerne drei Stunden bean­spruchen. Wo bleibt da die Ruhe?Gegenfrage: Wo bleibt die Ge-meinschaft, wenn wir die Gelegen-heiten zur Begegnung am Sonntag

nicht wahrnehmen? Neutesta-mentliche Studien zeigen, dass die frühen Gemeinden wesentlich durch das gemeinsame Essen auf-erbaut und gestärkt wurden. Am gemeinsamen Tisch und beim Kaffee lernen wir einander auch heute kennen, wir erzählen von erfreulichen Erfahrungen und hören von den Sorgen der andern. Das sind Grundbausteine einer gesunden Gemeindeentwicklung.

Was versagen Sie sich und was gönnen Sie sich am Sonntag?Die Zeit, die nicht durch die Ge-meinde belegt ist, verbringe ich zu einem grossen Teil draussen in der Natur. Am besten erhole ich mich auf ausgedehnten Wande-rungen mit meiner Frau oder im Sommer beim Schwimmen oder Velofahren. Auch in der Gemein-schaft im Familienkreis und mit Freunden zusammen lebt meine Seele auf. Internet und Mail je-doch sind tabu. Der Sonntag ist mein Offline-Tag!

Gibt es einen freien Wochentag, der zu Ihrem persönlichen Sonn­tag wird?Normalerweise ist der Montag mein «Pfarrersonntag». Ich halte ihn frei von Verpflichtungen in der Gemeinde und nehme mir viel Zeit für Bibelstudium, Gebet und private Erholung. Ich schöp-fe am Montag viel Kraft für das Vollprogramm von Dienstag bis Samstag.

Was hat sich Gott wohl gedacht, als er das Gebot der Sonntags­heiligung aussprach?Woher sollte ich wissen, was sich Gott gedacht hat? Die Work-Life-Balance-Experten lehren uns, wie wichtig regelmässige Entspan-nung und Erholung sind. Diese Einsicht hat schon von Anfang an zu den biblischen Richtlinien gehört. Am Gebot der Sonntags-heiligung zeigt sich wie an vielen anderen Beispielen auch, wie le-

bensdienlich die biblischen Wei-sungen sind.

Gibt es einen Unterschied zwischen Sonntagsheiligung im Alten Testament und im Neuen Testament?Auf einer Studienreise in Israel referierte der bekannte Religions-wissenschaftler Schalom Ben-Chorin über messianische Hoff-nungen in jüdischer Sicht. Er erklärte uns, wie die Juden nach wie vor auf ihren Messias warten. Wir fragten ihn, wann seiner Mei-nung nach der Messias erscheinen würde. Seine Antwort: «Sobald der Sabbat wirklich geheiligt wird!» Im Alten Testament ist das Sabbatgebot mit einer Verheis-sung verknüpft. Für uns Chris-ten ist diese Verheissung schon erfüllt. Wenn wir den «Tag des Herrn» feiern, so denken wir an die frohe Gemeinschaft mit dem Auferstandenen.

Welches könnten – persönlich und gesellschaftlich – die Früchte sein, wenn der Sonntag vermehrt geheiligt wird?Wir brauchen in unserer hek-tischen Zeit vermehrt Oasen der Besinnung. Es herrscht zu viel Betriebsamkeit ohne klare Zielsetzung. Auch wer mit Voll-dampf fährt, kommt nicht ans Ziel, wenn er den falschen Kurs gewählt hat. Stille und Gebet sind für meinen persönlichen Lebens-weg absolut notwendig zur Orien-tierung. Hier empfange ich meine

Für Pfarrer Alfred Aeppli hat der Sonntag seinen besonderen Glanz.

Bild: Hedy Züger

SONNTAGSHEILIGUNG Christen sollten die eigenen Prioritäten im Umgang mit dem Sonntag überprüfen. Dies meint Pfar-rer Alfred Aeppli, Präsident des Landeskirchen-Forums. Auch am Gebot der Sonntagsheiligung zeige sich, wie lebens-dienlich die biblischen Weisungen sind. Heute ist der Sonntag zum Konsum- und Eventtag verkommen – mit Folgen.

«Internet und Mail jedoch sind am Sonntag tabu»

Zur PersonAlfred Aeppli, 60, ist reformierter Pfarrer in Jegenstorf BE und Präsi-dent des Landeskirchen-Forums. Er ist Mitglied im Arbeitskreis Theolo-gie der Reformierten Kirchen Bern-Jura-Solothurn und wirkt regelmäs-sig mit bei den Besinnungen im Bundeshaus. Früher arbeitete er als promovierter Ingenieur Agronom ETH in der landwirtschaftlichen Forschung. Er ist verheiratet mit Verena und Vater von vier erwach-senen Kindern.

«Meine Betriebe sollen sonntags nicht laufen»Daniel Schöni, 40, Unternehmer /Inhaber einer Firmengruppe in der Transport-branche, verhei-ratet, 3 Kinder im

Alter von 16, 11 und 6 Jahren, wohn-haft in Oberbipp:«Der Sonntag hat bei uns seit jeher als Ruhetag gegolten. In christlichen Elternhäusern aufgewachsen, ha-ben meine Frau und ich mitbekom-men, wie unsere Eltern den Sonntag wirklich geheiligt haben. Es war bei uns auch nie die Rede, ob wir nun in die Kirche gehen oder nicht. Es war einfach klar, wie Atmen und Essen.Nun merke ich heute als Familien-vater und Unternehmer, wie gut diese Erziehung, aber auch wie gut Gottes Plan ist! Arbeit gäbe es im-mer genug, und man könnte prob-lemlos sieben Tage durcharbeiten. Aber eben, der Sonntag gibt einem die innere Ruhe, nicht arbeiten zu

müssen. Am Morgen in der Kirche auftanken, mit der Familie Zeit verbringen, und oft gehört auch ein Nachmittagsschläfchen zum Sonntag.Ich glaube, der Sonntag als das, was Gott mit ihm beabsichtigt, gibt je-dem Menschen Elan für das Leben. Wer hingegen permanent am Werk ist, wird müde und stumpf. Ich bin froh, dass unsere Betriebe am sieb-ten Tage nicht laufen und eigentlich all unsere Mitarbeiter die Möglich-keit haben, den Sonntag als freien Tag zu begehen. Bemerke ich, dass Kaderleute am Sonntag arbeiten, ermahne ich sie, das bleiben zu las-sen. Wir versuchen auch bei unseren Kindern darauf zu achten, dass die Schulaufgaben nicht am Sonntag erledigt werden müssen. All dies ohne Krampf! Meine Frau und ich haben es als Kinder als Selbstver-ständlichkeit mit auf den Weg be-kommen. Diesen Schatz möchten wir daher auch weitergeben.»

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eigenen Prioritäten im Umgang mit dem Sonntag überprüft und die gewonnen Einsichten tatsäch-lich umsetzt.

Das Gebot der Sabbatheiligung stellt uns in die Pflicht, auch un­sere Nächsten zur sonntäglichen Ruhe anzuhalten. Wie könnten Christen hierzu aktiv wirken? Christen, die ihre Überzeugung konsequent leben, können mit ihrem Beispiel auch andere zum Nachdenken und zur Nachah-mung herausfordern. Darüber hinaus sollten sich die Christen politisch auf der Ebene der Ge-setzgebung einmischen, wenn der Sonntag immer mehr zu einem Event-, Konsum- und Arbeitstag wird.

Welches sind Ihre drei wich­tigsten Empfehlungen zur Sonn­tagsheiligung? Die Sonntagsheiligung kann nicht vom christlichen Lebens-wandel im Alltag getrennt wer-den. Darum beginne ich grund-sätzlich bei der Gottesbeziehung: Lege erstens dein Leben in die grosse Hand des dreieinigen Got-tes und suche eine lebendige Be-ziehung zum Vater im Himmel. Nimm dir zweitens Zeit zur Stille und zum Gebet und setze deine Prioritäten aus der persönlichen Besinnung heraus. Suche drittens am Sonntag eine besondere Zeit für die Begegnung mit Gott und mit den Menschen in der christli-chen Gemeinde. Interview: ESTHER REUTIMANN

wegleitenden Einsichten. Auch im öffentlichen Zusammenleben werden weise Entscheidungen eher aus der Ruhe heraus geboren als in jener Hektik, wo alles nur grösser und besser und schneller werden soll.

Was bringt den Sonntag heute unter solch enormen Druck? Es sind die gleichen Mechanis-men, welche die Menschen schon immer von gesunden Prioritäten abgelenkt haben. Der Prophet Jesaja hat vor 2700 Jahren ge-schrieben: «Der Herr, der heilige Gott Israels, hat zu euch gesagt: Wenn ihr zu mir umkehrt und stillhaltet, dann werdet ihr geret-tet. Wenn ihr gelassen abwartet und mir vertraut, dann seid ihr stark. Aber ihr wollt ja nicht. Ihr sagt: Nein, auf Pferden wollen wir dahinfliegen!» (Jesaja 30,15) Offenbar waren schon damals die schnellen Pferde wichtiger als die Besinnung. Heute sind es die Eventkultur und der Konsu-mismus, welche nicht Halt ma-chen vor dem Ruhetag. Darüber hinaus leben wir in einer Gesell-schaft, in der zu viele Werte ein-seitig materiell gemessen werden. Die Folge ist eine Entwertung der nichtmateriellen Werte. Wie wol-len wir den Wert von guten Be-ziehungen in der Familie und im Freundeskreis beziffern, den Wert einer guten Gesundheit, den Wert von gepflegten Wanderwegen? Wie schon alle Generationen vor uns müssen auch wir lernen, die richtigen Prioritäten zu setzen.

Wie kann die Kirche dem Sonntag wieder zum richtigen Stellenwert verhelfen?Indem jedes Gemeindeglied die

«Wir arbeiten fast immer an den Wochenenden»

Thomas und Brigitte Brauchli, 52 und 53, Gastgeber des Hotels Crea in Adelboden, 4 erwachsene Kinder: «Viel lieber würden wir an dieser Stelle berichten, wie vorbildlich wir es mit dem von Gott gedach-ten Ruhetag halten! Dem ist nicht so, weil wir fast immer an den Wo-chenenden arbeiten. Wir könnten ja unter der Woche freinehmen, denn schliesslich sind wir selbstständig. Das ist aber gerade der Haken. Für einen Angestellten sind die Tage geregelt, und meist weiss er lan-ge im Voraus, wann er frei hat. Im Gastgewerbe kommt so viel Unvor-hergesehenes, dass ein geregeltes

Leben schwierig ist, besonders für einen Kleinbetrieb. Und Personal auf Vorrat anstellen, rentiert nicht. So reduzieren sich die Frei-Tage oft-mals auf halbe Frei-Tage oder fallen ganz aus. Manche freie Tage müssen für Kommissionen oder Schneeräu-mungsarbeiten herhalten. Gut, dass wir in den Bergen eine Sommer- und eine Wintersaison haben. Zwischen diesen Saisonzei-ten haben wir eine Pause, in der wir für ein paar Wochen den Betrieb schlies sen. Das empfinden wir dann als nachgeholte Sonntage, wo wir die Batterien aufladen können. Ein auch nur ansatzweise geregeltes Gemeindeleben liegt leider nicht drin. Aber wir wissen, dass alles sei-ne Zeit hat. Wir glauben, dass für uns wieder eine Zeit kommen wird, in der wir ein aktives Gemeindeleben erfahren und mitgestalten dürfen. Darauf freuen wir uns.»

«Ich sehe meine Tätigkeit am Sonntag durch Jesu Wort legitimiert»Bruno Hütten-moser, 53, Chi-rurg am Kan-

tonsspital Schaff-hausen, verhei-ratet, zwei Kin-der, Winterthur:

«Am siebten Tag hatte Gott sein Schöpfungswerk vollendet und ruhte von seiner Arbeit aus. Deshalb segnete er den siebten Tag und er-klärte: Dieser Tag ist heilig, er gehört mir.» (1. Mose 2,2) «Am siebten Tage sollst du ruhen.» (Viertes Gebot in 2. Mose 20,8-11) «Wer am siebten Tag

irgendeine Arbeit tut und ihn da-durch entweiht, hat sein Leben ver-wirkt und muss aus seinem Volk aus-gestossen werden.» (2. Mose 31,15) «Jesus fragte die Gesetzeslehrer: Ist es nach dem Gesetz erlaubt, am Sabbat Kranke zu heilen? Sie gaben ihm keine Antwort. Darauf berührte Jesus den Kranken und heilte ihn.» (Lukas 14,3)In diesem Spannungsfeld bewege ich mich als Arzt, wenn ich sonntags arbeite. Ich habe es im Vergleich zu anderen Berufsleuten noch verhält-nismässig einfach, da ich für die Kran-

ken da bin und somit meine Tätigkeit durch Jesu Wort legitimiert sehe.Ich gebe aber zu, dass nicht jede Tätigkeit, die ich sonntags beruflich ausübe, auch an diesem Tag ge-macht werden müsste, zum Beispiel Bürotätigkeit. Es ist auch für mich als Arzt und Christ immer wieder eine Herausforderung, dem vierten Ge-bot gerecht zu werden. Denn dass der Sonntag heilig sein soll, wird an mehreren Stellen in der Bibel immer wieder klar formuliert und durch die Tatsache, dass es eines der zehn Ge-bote ist, unterstrichen.»

Raum zum LebenUnlängst verkündeten es die Medi-en schweizweit: Der Wakkerpreis 2012 geht an Köniz. Als langjäh-rige Gemeinderätin dieser grossen Gemeinde freue ich mich riesig über die Auszeichnung. Sie wird vom Schweizer Heimatschutz vergeben und ist im Fall von Köniz ein Auf-ruf an alle Agglomerationsgemein-den, ihre Entwicklung sorgfältig zu planen, um als Wohn- und Arbeitsort attraktiv zu bleiben.

Für die Gesamtbeurteilung mass -ge bend sind Landschafts- und Um -gebungsschutz, Nachhaltigkeit, Verkehrsplanung und Wohnquali-tät. Insbesondere achtet die Jury auf die sichtbare, qualitative Weiter-entwicklung und Aufwertung des Ortsbildes unter zeitgenössischen Gesichtspunkten. Nun gehört also «meine Gemeinde» offiziell zu jenen Orten, wo Menschen gerne woh-nen. Während Jahrzehnten wurde die Raumplanung geschickt den aktuellen Bedürfnissen angepasst.

Räume planen und errichten ist das eine. Mit Leben erfüllt, werden sie zu Biosphären, wo Menschen, Tiere und Pflanzen gedeihen. Bei aller Freude über diese Erfolgs-geschichte stieg in mir die Frage auf: «Wem gebe ich Raum in meinem Leben? Wer alles soll und darf in mir, mit mir wohnen?» Sicher mein geliebter Ehemann, meine wunderbaren Kinder, meine allerliebste Enkelin. Aber auch kostbare Menschen, die mich freundschaftlich begleiten oder die meine Hilfe brauchen, Menschen, mit denen ich in irgendeiner Form zusammenarbeite. Ihnen allen soll es mit mir zusammen wohl sein in meinen Räumen. Gibts dafür auch eine Art Wakkerpreis? Ja! Über-reicht wird er im Namen Gottes von Paulus in 1. Korinther 6,19: «Euer Leib ist ein Tempel des Hei-ligen Geistes.» Deshalb: «Komm,

Heil’ger Geist, kehr bei uns ein, und lass uns deine Wohnung sein!» MARIANNE

STREIFF

Die Autorin ist Nationalrätin der EVP und wohnt in Köniz.

PODIUM

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6 I nser at e | st ellen

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«Ohne Preisbindung müssen gut sortierte (z.B. christliche) Buchhandlungen schliessen. Übrig bleiben viele Discounter und wenige Beststeller.»Marianne Streiff-Feller, Nationalrätin EVP, Kanton Bern

«Die Preisbindung sichert die kulturelle Vielfalt. Und sie kostet den Staat im Gegensatz zu Subventionen keinen Steuerfranken.»Maja Ingold, Nationalrätin EVP, Kanton Zürich

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POLI T I K 7

HEINER STUDERPräsident EVP Schweiz, alt Nationalrat

Jesus sagt, man solle dem Kaiser geben, was dem Kaiser gehört. Dass für die Bedürfnisse des Staa-tes Steuern zu bezahlen sind, ist in der Bibel eine Selbstverständ-lichkeit. Dass dies nach wirt-schaftlicher Leistungsfähigkeit geschehen soll, ist naheliegend. Bereits im Alten Testament gibt es starke Warnungen davor, den eigenen Besitz im grossen Stil zu vermehren. Ein Beispiel finden wir im 3. Mosebuch mit dem dort beschriebenen Erlassjahr. Der Prophet Jesaja warnt im Kapitel 5,8: «Wehe denen, die Haus an Haus reihen…»

Erinnerung an Kaspar VilligerDie Erbschaftssteuer sei die ge-rechteste Steuer, sagte unser dama-liger freisinniger Finanzminister Kaspar Villiger bereits im Jahre 2003. Er überlegte sich, die Schaf-fung einer eidgenössischen Steu-er vorzuschlagen. Nachdem dies nicht geschah, reichte ich damals im Nationalrat eine parlamen-tarische Initiative ein; sie wurde abgelehnt. Bei der Volksinitiati-ve handelt es sich nun um eine Erbschaftssteuerreform. Viele Kantone kannten die Erbschafts-steuer schon früher. Bereits recht bescheidene Erbschaften wurden besteuert. Erst als viele Wohlha-bende im Alter ihren Wohnsitz in Kantone verlegten, welche die höchsten Einkommen privile-giert behandeln, reduzierten viele andere Kantone aus Konkurrenz-gründen diese sinnvolle Steuer.Die Kompetenz, eine Erbschafts- und Schenkungssteuer zu erhe-ben, soll nun von den Kantonen an den Bund gehen. Als Entgelt dafür erhalten die Kantone einen Drittel des Ertrages, was rund ei-ner Milliarde Franken entspricht, etwas mehr als die Kantone heute insgesamt einnehmen. Zwei Drit-tel des Ertrages gehen an die AHV. Damit erhält unser wichtigstes

HANS-ULRICH BIGLER Direktor des Schweizerischen Gewerbeverbandes

Bis heute liegt die Steuerkom-petenz für Erbschaften mangels einer Bundeslösung bei den Kan-tonen. Eine unheilige Allianz von Linksparteien, Gewerkschaften und EVP will dies ändern: Erb-schaften über zwei Millionen Franken sollen neu eidgenössisch besteuert werden und die Erträge den Kantonen und der AHV zugu-te kommen – rückwirkend auf An-fang 2012. Der Präsident der EVP spricht stolz von «der gerechtesten Steuer», verweist auf christliche Werte, mehr Solidarität zwischen Reich und Arm und argumentiert mit höherer Verteilungsgerechtig-keit. Diese staatsgläubige Haltung übersieht, dass in diesen Fragen zunächst die individuelle Glau-benshaltung zählt.

Appell an NeidreflexeDer bewusste Appell an Neidre-flexe - «Millionen-Erbschaften be-steuern» – und das Operieren mit falschen Zahlen erscheint wenig «gerecht». Bloss die reichsten zwei Prozent der Schweizer würden zur Kasse gebeten, heisst es. Dies ist kaum zutreffend, bedenkt man,

Sozialwerk eine neue, nachhaltige Mitfinanzierungsquelle. Für die Zukunft bestünde sonst das Ri-siko, dass die Lohnnebenkosten steigen, das heisst dass Arbeitge-ber und Arbeitnehmer höhere Abgaben bezahlen müssten, dass die Mehrwertsteuer – was alle treffen würde – erhöht werden müsste oder dass die Leistungen der AHV etwas abgebaut würden. All dies würde die Menschen mit tiefen und mittleren Einkommen besonders treffen.

Ohne eigene LeistungAls Christ ist mir wichtig, dass es sich um eine gerechte Steuer handelt. Durch Arbeitsleistung verdientes Geld muss versteuert werden. Erbschaften, besonders Millionenerbschaften, sind «ar-beitslose Einkommen». Sie fallen den Erben ohne eigene Leistung zu. Die hohen Einkommen und Vermögen sind in der Hand we-niger Personen konzentriert. Dies ist staatspolitisch problematisch. Erbschaften fallen infolge der höheren Lebenserwartung in sehr vielen Fällen erst im Rentenalter an. Um die AHV langfristig zu sichern und die aktive, prämien-zahlende Generation zu entlasten, sollen auch die Wohlhabenden unter den Rentnern solidarisch zur Finanzierung beitragen. Dar-um empfehle ich, unsere Initiati-ve zu unterschreiben.

dass zum Beispiel Liegenschaften in den Steuererklärungen zum amtlichen Wert erfasst sind, neu aber zum viel höheren Verkehrs-wert besteuert werden sollen. Auch die Sozialversicherungen wurden nicht berücksichtigt: Guthaben aus der Dritten Säule – der Al-tersvorsorge – gehörten zum steu-erbaren Vermögen. Die Zahl der Betroffenen dürfte damit weit in den Mittelstand reichen. Unfair ist auch die Ausgestaltung. Wer als Einzelkind eine Million erbt, geht steuerfrei aus, währenddem vier Nachkommen eines Nachlasses von vier Millionen je 10 Prozent abliefern müssten. Nebenbei sei erwähnt, dass der Nachlass vor-gängig als Einkommen, Vermögen und Wertsteigerung schon min-destens dreifach besteuert wurde…

Grosse Belastung der KMUBedenklich ist angesichts der un-gewissen Konjunktur auch das fehlende ökonomische Fingerspit-zengefühl. Die Initianten nehmen eine übermässige Belastung na-mentlich der KMU in Kauf und setzen so Arbeitsplätze aufs Spiel. Gerade Nachfolgeregelungen von KMU dürfen nicht durch neue fiskalische Hürden erschwert wer-den. Der Verkehrswert von Unter-nehmen und Aktien liegt meistens deutlich höher als der Steuerwert. Eine Erbschaftssteuer kann des-halb zu ernsthaften Liquiditäts-problemen führen und als Hebel zur Betriebsliquidation wirken. Schliesslich scheint es den Initi-anten auch keine Rolle zu spielen, dass zwei elementare Rechtsgrund-sätze verletzt werden: die Garantie der Rechtssicherheit mit der Rück-wirkungsklausel sowie die Einheit der Materie mit der Zweckbin-dung der Steuer für die AHV.Noch während die Familie trau-ert, wird der Bundessteuerkom-missär die Vermögenswerte schät-zen, eine unsägliche Bürokratie die Abwicklung besorgen und werden Rechtskonflikte mit der Steuerverwaltung vorprogram-miert sein. Diese enorme Ver-mögens-Umverteilung, die den Willen des Souveräns sträflich missachtet, sollte deshalb nicht unterstützt werden.

Die Erbschaftssteuer ist die gerechteste Steuer

Mit der Trauer kommt auch die Staatsbürokratie

PRO KONTRA

Erbschaftssteuer-Initiative: Worum geht es?Derzeit läuft eine – auch unter christ-lichen Politikern - stark umstrittene Volksinitiative «Millionen-Erbschaf-ten besteuern für unsere AHV». Sie wurde unter der Leitung der EVP gemeinsam mit SP, Grünen, Gewerk-schaftsbund und weiteren Organi-sationen lanciert. Darum geht es laut Initiativkomitee im Wesentlichen:Die Kompetenz, Erbschaftssteuern zu erheben, geht von den Kantonen an den Bund. Die Kantone erhalten einen Drittel des Ertrages, die AHV zwei Drittel. Besteuert wird der Nachlass von natürlichen Personen. Die Schenkungssteuer wird beim Schenkgeber erhoben. Die ersten 2 Millionen Franken werden nicht

besteuert. Nachlässe und Geschen-ke zugunsten der Ehegattin/des Ehegatten sind steuerfrei. Gelegen-heitsgeschenke bis 20 000 Franken pro Jahr und beschenkte Personen sind steuerfrei. Zuwendungen an steuerbefreite juristische Personen (Hilfswerke, Missionswerke) sind steuerfrei. Die Steuer wird mit ei-nem einheitlichen Satz von 20 Pro-zent bei Nachlässen von über 2 Mil-lionen Franken festgelegt. Gehört zum Nachlass oder zur Schenkung ein Unternehmen oder ein Land-wirtschaftsbetrieb, werden erhebli-che Erleichterungen gewährt.

www.erbschaftssteuerreform.ch

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Bilder: zvg

MARRIAGE-WEEK Die Weltweite Evangelische Allianz lädt dazu ein, am 12. Februar einen «Sonntag für die Ehe» zu begehen. Davor gibt es zahlreiche Anlässe.

Die Ehe-Woche belebt auch Kirchen

«Ehen erhalten oft nur in Krisen-zeiten die dringend nötige Auf-merksamkeit. Mit der ‹Marriage-Week› kann das anders werden», sagt Wilf Gasser. Der Paar- und Sexualtherapeut ist Koordinator für die Deutschschweiz. Er ist überzeugt: «Die ‹MarriageWeek› bietet Chancen, sich mit dem ei-genen Lebensstil in der Ehe ausei-nanderzusetzen und positive Ver-stärkungen herbeizuführen, etwa in der Kommunikation. ‹Marri-ageWeek› will Paare ermutigen, über diese Woche hinaus in ihre Beziehung zu investieren, denn viele haben kein Konzept für die langfristige Pflege ihrer Ehe.» Die «MarriageWeek» sei deshalb nicht die Lösung von Eheproblemen, sondern vielmehr eine gute Mög-lichkeit zur Prävention.Bis Redaktionsschluss waren 120 Angebote aufgeschaltet. Die Or-ganisatoren rechnen mit rund

200 Aktivitäten, was einer Steige-rung um rund 30 Prozent gegen-über 2011 entspricht.

Events für alle SinneEinige Rosinen: «Liebe… Welche Sprache sprechen Sie?» So heisst das Input-Referat von Christoph Monsch, Präsident von «Marria-geWeek» Schweiz, am 9. Februar in der Thomaskirche Basel ([email protected]).Auf dem Dorfplatz Allschwil BL (Kirchentreppe; Endstation Tram Nr. 6) treffen sich am 10. Februar Paare zu einer Fackelwanderung; Abschluss bei Feuer und Punsch ([email protected]).Zum Musik- und Lesevergnügen lädt das Brunnen-BibelPanorama Biel am 11. Februar ein. Mit dem «MarriageWeek»-Flyer gibt es zehn Prozent Rabatt aufs Buch- und Musiksortiment ([email protected]).

Machte Mut zum Start bei Null: Robert MacNaughton.

Dort wirken, wo es keine Kirchen gibt

Meldungen aus «no church»-Zo-nen zeigen auf, dass der christliche Glaube nicht an Landesgrenzen gebunden ist. «Jeder Mensch, und damit auch jeder Muslim, soll das Recht haben, von Jesus Christus zu hören!», lautete der Grund-tenor des Anlasses in Rorschach. Gesucht sind «Pioniere mit Visi-on», die bereit sind, «church» ans Ende der Welt zu exportieren und Gemeinde zu bauen.

Zu Hoffnungsträgern werden«Wenn Gott dich in ein islami-sches Land ruft, wirst du gute Erfahrungen machen und Gott in Aktion erleben. Ich habe Din-ge erlebt, die die Region während 1400 Jahren nicht gesehen hat», sagte Robert MacNaughton. Der Schotte wirkte 13 Jahre lang als Direktor der Englischschule der saudiarabischen Marine. Er hat erlebt, was es heisst, bei Null zu beginnen. MacNaughtons Fazit:

«Christen müssen Hoffnungs-träger bleiben – auch wenn die äusseren Umstände nicht dazu einladen.»

Auf Gottes Logik bauen«Wir wollen das Evangelium dort verkündigen, wo es noch keine Gemeinde gibt, so wie dies bereits der Apostel Paulus getan hat», er-klärt Röbi Bühler, einer der Leiter von Frontiers Schweiz. Anhand einiger Gleichnisse aus Matthäus 13 zeigte er auf, dass Gottes Logik eine grundlegend andere sei als die der Menschen. So bestünde sein Reich aus der Kraft der Liebe und nicht aufgrund militärischer, politischer oder wirtschaftlicher Überlegenheit. Bühler ermutig-te: «Lasst uns Nachfolger Jesu sein und die Grenzen unserer menschlichen Logik in Gottes Geist überwinden. Für Gott ist nichts unmöglich – auch wenn es etwas länger dauert, als erwar-

HOFFNUNGSTRÄGER «No hope, no future, no church»: Das gilt nicht für die mehr als 80 Personen, die an der Interessenten-Tagung «Zoom’12» von Frontiers teilnahmen.

Die Evangelische Kirche in Buchs SG bietet am 14. Februar, 20 Uhr, einen speziellen Trauversprechen-Erneuerungs-Gottesdienst an (www.evangkirchebuchs.ch). In der Region St. Gallen läuft die Aktion «Ein Abend mit Freun-den» (www.frischer-wind.ch). Da-neben sind Frühstückstreffen, Candlelight-Dinners, Filmabende geplant. Eine Liste aller Angebote ist auf der Website aufgeschaltet.

Immer wieder Neues entdeckenEinmal im Jahr steht die Ehe im Zentrum – mit fröhlichen, feierli-chen, inspirierenden und hilfrei-chen Angeboten. Als besondere Form der Zweisamkeit benötigt sie viel Aufmerksamkeit und will immer wieder entdeckt werden, sind die Organisatoren überzeugt.THOMAS FEUZ

www.marriageweek.ch

tet, oder eine Entwicklung nicht gerade unseren Vorstellungen ent-spricht. Er hat versprochen, dass er seine Gemeinde bauen wird.» «Solche positiven News aus der arabischen Welt motivieren mich, weiterhin für Muslime zu beten», meinte eine Teilnehmerin.THOMAS FEUZ

www.frontiers.ch

JOURNALMüller wird Heimpfarrer

Nach zehn Jahren verlässt Markus Mül ler als Direktor der Pilgermission St. Chrischona den «Berg». Der 56-Jäh-rige wird am 1. Ap-

ril eine neue Arbeit als Heimpfarrer in der Heimstätte Rämismühle bei Winterthur annehmen. Nachfolger von Müller wird René Winkler (wir berichteten). (idea)

Ein «Umdenker»Andreas Wahlen, evangelisch-re -formierter Pfarrer aus Oberentfelden AG, ist einer der sechs Kandidaten fürs Volvo-E-Team.

Diese stellen sich in einem Online-Voting dem Publikum. Angemeldet hatten sich 2000 Personen. (idea) www.e-team.ch

Jenni verlässt den RatDer Solarpionier Josef Jenni trat auf Ende der Januar-session aus dem Berner Grossen Rat zurück. Der Spagat zwischen seiner

Tätigkeit als Umwelt-Unternehmer und dem Grossratsmandat sei zu gross geworden. Die EVP bedauert den Rücktritt des «ausgewiesenen Fachmanns in Energiefragen und Solarpioniers der ersten Stunde». Jenni wird ersetzt durch Martin Aeschlimann aus Burgdorf. (idea)

Prügel von etlichen Medien«Erstaunlich, wie leicht eine Stel-lungnahme mit weltanschaulicher Kritik an der Marketingaktion eines Grossverteilers zur undifferenzier-ten Freikirchen- und Evangelika-lenschelte wird. Im vorliegenden Fall wurden die Freikirchler als jene gescholten, die auch gegen die Evolution, die Schwulen und die Abtreibung sind. Leute von gestern, die Intoleranten schlecht-hin.» Das schreibt die Agentur kipa mit Bezug auf die Kritik des Freikir-chenverbands VFG zu «Animan-ca». Dass die Migros-Aktion Eltern unter Druck ihrer Kinder setzen würde, blieb unerwähnt. Die Kon-sumentenorganisationen schwie-gen diesbezüglich. (idea)

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Geld und MoralSeit Monaten beherrschen Geld und Moral die öffentliche Diskus-sion. Es stechen riesige Unterschiede bei Einkommen und Vermögen ins Auge, ebenso immense Schuldenber-ge, die darauf hinweisen, dass hier eine (westliche) Gesellschaft über ihre Verhältnisse lebt. Das Thema regt zum Nachdenken an. Welche Kernaussagen macht eigentlich die Bibel zum Thema Geld? Sie sagt nicht pauschal, Geld und Reichtum seien einfach schlecht oder gut. Eine zentrale Aussage von Jesus steht in Matthäus 6: «Denn wo dein Schatz ist, da ist auch dein Herz … Niemand kann zwei Her-ren dienen. Ihr könnt nicht Gott dienen und dem Mammon.»

Auch wenn Jesus hier provozierend Gott und Mammon einander ausschliessend gegenüber stellt, wird Reichtum und Wohlstand nicht einfach verurteilt. Jesus weist aber auf die korrumpierende Macht des Geldes hin, wenn es zum wichtigs-ten Faktor im Leben geworden ist. Das muss uns beunruhigen: Hat mich das Geld so sehr im Griff, dass es meine ethischen Überzeu-gungen beeinflusst, ja über den Haufen wirft? Oder bewahre ich meine moralische Unabhängigkeit auch dann, wenn mir grosse Geld-gewinne möglich wären?

Nachdem bisher öffentlich vor allem darüber gestritten wurde, ob solche moralischen Massstäbe von Führungskräften mit grosser Verantwortung erwartet werden dürfen, möchte ich Herrn und Frau «Evangelikal» mit diesem Anspruch konfrontieren: Prüfen wir unsere Motive im Alltag? Bin ich in meinen Gedanken und Entscheidungen primär von finan-ziellen Faktoren beeinflusst? Oder ordne ich Anreize zu mehr Vermö-gen letztlich Gottes Geboten unter,

die mich dazu verpflichten, das Gemeinwohl höher zu gewich-ten als mein Privatkonto?MARC JOST

Zentral über der Bühne hängt die Fahne Jerusalems, flankiert von zwei Israelfahnen. Bruno Werth-müller, Leiter der Vereinigung Pro Israel, stellt die Verheissungen aus Amos 9 ins Zentrum: «Ich will sie in ihr Land pflanzen, dass sie nicht mehr aus ihrem Land ausgerottet werde.» Auch ältere Menschen klatschen im Takt, als die Evangelische Brass Band Interlaken «Hevenu Shalom, alechem» spielt. Die Formation begeistert mit einfühlsamen und beschwingten Melodien, insbe-sondere die Solisten am Cornet und am Euphonium.

Statt Frühling neue EiszeitDer 1955 in Tunesien geborene Shalom Cohen war bis 2010 Bot-schafter in Ägypten. Aktuell wirkt er als Geschäftsträger ad interim an der israelischen Botschaft in Bern. Er zeigte sich über die Prä-senz der Israelfreunde erfreut. «Sie müssen sehr verliebt sein in Israel, um an einem so kalten Tag hier-her zu kommen!»Nach dem emotionalen Einstieg wechselte er in einen für Diploma-ten eher ungewohnten Klartext: «Israel geht durch eine schwierige Zeit. Wir erleben von überall her Hass, Feindschaft und Angrif-fe.» Experten zufolge seien rund 200 000 Cruise-Missiles-Raketen auf Israel gerichtet. Der Arabische Frühling – «eine Bewegung, um Diktatoren zu stürzen und die De-mokratie einzuführen» – schlug ins Gegenteil um. «Wir stellen fest, dass die Muslimbrüderschaft ihren Einfluss ausbauen kann. Die Regimes in Tunesien, Libyen,

Ägypten, Jemen oder dem Irak sind entschlossen, die Scharia ein-zuführen.» Die Botschaft dieser Staaten laute: «Tötet die Juden!» Ziel sei es, Jerusalem zu besetzen und das Land in Besitz zu neh-men.» Jedoch: «Der Hass gegen Israel geht nicht nur von der Regi-on aus. In Afrika, Asien und und sogar in der Schweiz gibt es immer mehr Leute, die gegen Israel sind. Warum? Sie bekommen falsche Informationen und werden ma-nipuliert.» Viele Menschen seien in ihrer Haltung festgefahren und wollten eine andere Meinung gar nicht mehr hören. «Die Feinde Is-raels tun ihr Möglichstes, um das Land zu demoralisieren und die Menschen und Organisationen in Europa für sie einzuspannen.» Es sei unverständlich, dass eine Organisation wie die Hamas vor der UNO-Menschenrechtskom-mission und in den Hörsälen der Universität Genf ein Podium bekämen und «Vorträge voller Lügen, Hass, Manipulationen» halten könnten.

Garant für Frieden in NahostIsrael brauche deshalb Verbün-dete und Freunde. «Ihre Freund-schaft mit Israel war noch nie so nötig wie heute. Wir brauchen Menschen, die die Wahrheit sa-gen, die die Welle des antiisraeli-schen Denkens in Europa stop-pen», meinte der Geschäftsträger. Denn: «Ein blühendes Israel ist eine Garantie für einen friedvol-

len Nahen Osten – gegen den Radikalismus und fundamenta-listischen Drang der islamischen Kräfte.» Die Anwesenden applau-dierten und standen auf, als die Brass Band die Israelische Natio-nalhymne intonierte.

Israels Weg in die ZukunftDas Ehepaar John und Judy Bex leitet seit 1984 die Jugendher-berge «Shelter» in Eilat und eine jüdisch-messianische Gemeinde von 80 Personen. Obwohl die Ar-beit teils von der Stadtverwaltung erschwert wird, ist das hollän-disch-amerikanische Paar von der Wichtigkeit seines Aufklärungs-dienstes überzeugt. «Warum diese Anti Israel-Haltung?», fragte John Bex. Für ihn ist klar: «Da gibt es einen Feind, der Israel psychisch und physisch zerstören will.» Der Geist des Antisemitismus komme aus der Hölle. «Der Teufel hasst Israel. Und er weiss, dass er nicht mehr viel Zeit hat. Da bleibt nur eins: Gebet, Gebet, Gebet.» Gott werde sein Volk nicht verlassen.Erez Soref, Direktor des «Israel College of the Bible» in Netanya, hob die Bewegung der an Jesus Christus gläubigen Juden her-vor. Ihnen komme «eine spezielle Rolle» zu. Er teilte die Ansicht, dass der Antisemitismus nicht ein menschliches Konstrukt, son-dern geistlich motiviert sei. «Das Problem liegt nicht beim Volk Israel, sondern beim Gott Israels. Letztlich lehnen sich Menschen und Staaten gegen diesen Gott auf», ist er überzeugt. Ausgehend von Sacharja 12 stellte er die Vor-gänge in einen weiteren (end-)zeitlichen Zusammenhang. Spe-zielles Gewicht gab er der Aussage «An jenem Tag»: «Gott wird sein Volk nicht einfach retten. Er wird zuerst den Geist der Busse aus-giessen. Das ist der Auftakt zum letzten grossen Kapitel der Welt-geschichte.» Soref machte Mut, den Verheissungen der Bibel zu vertrauen. «Wir brauchen nicht ängstlich zu sein, denn wir ken-nen das Ende der Bibel!», brachte es John Bex auf den Punkt.THOMAS FEUZ

Der Autor ist Geschäftsführer des Hilfs-werkverbandes «Interaction» und Berner Grossrat. Er wohnt in Thun.

Bilder: idea/tf, zvg

ISRAEL-TAGUNG Fast 1000 Personen haben am Sonntag den Anlass von Pro Israel in Bern besucht. «Israel braucht Menschen, welche die Welle des antiisraelischen Denkens in Europa stoppen», betonte der Botschafts-Geschäftsträger Shalom Cohen.

Israel braucht Freunde und viel Gebet ÄXGÜSI

Vorträge und ReisenDie Vereinigung Pro Israel, Thun, proklamiert die Freundschaft und Liebe Israel gegenüber. Sie orga-nisiert Freizeiten in der Schweiz und Reisen nach Israel. Im Herbst ist eine weitere Vortragstournee geplant. Die nächste nationale Ta-gung findet am 3. Februar 2013 in Bern statt.

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Erez Soref mit Übersetzerin.

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8 „schön&buch“: Die Winterthurer Buch-Zukunft ist auch sehr sozial

9 Entwicklungshilfe: Daniel Gerster hat Nordkorea ins Herz geschlossen

12 Finanzen: «Crown Life» verhilft zur finanziellen Unabhängigkeit

23 Lebenshilfe: Lieben kann man lernen! Tipps von einem Praktiker

26 Willow Creek: Gründer sind von Wirkung in Deutschland enttäuscht

Die grosse Dankbarkeit der Familie Hassu4 F E li ti Wi 12 Fi C Lif hilf

Die kurdische Flüchtlingsfamilie hat wieder Hoffnung und ein neues Heim gefunden Seite 4

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FORU M 11

Liebe schafft neue SynergienDie Kolumne «Synergie» ist aus einer Kooperation von «idea Spektrum» und CGS (Christliche Geschäftsleute Schweiz) entstanden. Anstatt dass zwei Körperschaften das gleiche tun, nämlich ein Magazin herausgeben, spannte man zu-sammen, und die CGS-Zeitschrift «Synergie» wurde eingestellt.

Sind wir Menschen nicht extrem synergetische Wesen? Was da alles zusammenspielen musste, damit wir geworden sind, wie wir sind: ein

SYNERGIE wahrhaftiges Schöpfungswunder! Jesus vergleicht die Vielfalt der Funk-tionen und das Zusammenspiel des Körpers mit seiner Gemeinde als Leib. Ob wir von der Gesellschaft als solchen erkannt werden? Ansatzwei-se sicher schon. Aber da liegt noch ein riesiges Potenzial brach! Wir neigen dazu, das, was wir haben, als Schatz zu vergraben, anstatt es zu multipli-zieren. So, wie es Jesus im Gleichnis erzählt. Als der Herr die Verwalter zur Rechenschaft zog, da fürchtete sich der Dritte. Er war ein Verlierer in seiner Grundhaltung und ver-steckte, was er hatte, aus Angst, etwas zu verlieren.

Gerade in der heutigen Wirtschafts-lage, wenn Gewitterwolken in Sicht sind, ein Wetteralarm mit

Sturm sich ankündigt, gilt es, sich auf das zu konzentrieren, was wir haben. Jesus sagte als Résumée seines Statements: «Wer da hat, dem wird gegeben werden; von dem aber, der nicht hat (glaubt nichts zu haben), wird auch das genommen werden, was er hat.» Wir sollen vorwärtsschauen und die Häupter erheben, wenn Stürme auffahren. Diese Grundhaltung öffnet unsere Herzen nach mehr von oben, nach mehr Synergie, nach dem Glauben, der Berge versetzt. Sie macht uns frei, das Synergiepotenzial im Leib Christi zu entdecken. Schliesslich haben wir immer noch den gleichen Auftrag, nämlich Salz und Licht zu sein, die beste Botschaft hinauszu-tragen, wie es Paulus sagt: zur Zeit und zur Unzeit.

Das ist mein Wunsch für die nächsten Jahre: dass den Leuten um mich herum die Augen geöffnet werden und sie den Leib Christi erkennen. So sagte es Je-sus: «An eurer Liebe füreinander wird die Welt erkennen, dass ihr meine Jünger seid!» Wenn diese Liebe in uns ist, erge-ben sich göttliche Synergien, die

uns Christen stark machen, um in der Gesellschaft auf vielfältigste Art präsent zu sein.BRUNO JORDI

Der Autor ist Leiter des Jordi Medienhau-ses in Belp und Präsident der Christlichen Geschäftsleute Schweiz (CGS). [email protected]

Nette Geschichten«idea Spektrum» Nr. 4 – «Wie kommt die Kirche zu einer neuen Autorität?»Man meint heute, die christliche Bot-schaft sei so zu vermitteln, wie sie in unserer Zeit der Aufklärung noch ver-standen werden könne. Dabei hören wir nette Geschichten und beson-ders auf das allgemeine Menschen-recht ausgerichtete Predigten, in vorwiegend bester rhetorischer Ver-fassung. Auffällig ist auch oftmals ein Darumherum-Reden über die Aufer-stehung, die Gebote, die Bergpredigt und das Gericht. Man hört wenig Klartext, so wie das Evangelium über Jahrhunderte hinweg verstanden und ausgelegt wurde. Leider ist das Evangelium immer wieder dem Zeitgeist angepasst worden. Schon Paulus musste wiederholt feststellen, dass nach einiger Zeit innerhalb der von ihm gegründeten Gemeinden unterschiedliche Auffassungen dem eigentlichen Sinn des Evangeliums entgegen standen. Sie führten zu kontroversen Meinungen, die immer wieder ein gewisses Durcheinander innerhalb der Gemeindeglieder aus-lösten und die Umsetzung der christ-lichen Werte im Alltag erschwerten. In meiner mehrjährigen Kirchenarbeit als Präsident einer Kirchenvorsteher-schaft hatte ich es mit Menschen un-terschiedlichster beruflicher und ge-sellschaftlicher Herkunft zu tun und sie in ihren vielfältigen Aufgaben auch auf das Fundament unseres Glaubens auszurichten. Dabei ergaben sich oft Reibungspunkte. Natürlich kann es innerhalb der Textteile des Alten und des Neuen Testamentes unterschied-liche Ansichten geben. Allerdings

sollten die Verantwortlichen sich in den fundamentalen Aussagen der Bi-bel doch einig sein und sie zu erklären vermögen.Trotz grosser Fortschritte überall sind wir sterblich geblieben, haben mit Krankheiten zu tun, sehnen uns nach Glück, Frieden und Freiheit. Darum sollten klare Aussagen vom Wort her mit Überzeugung und frohem Mut verkündet werden, damit das Evan-gelium wieder zum Leuchten kommt und Eingang zu den Herzen finden kann. Jesus sagt auch: «Wenn ihr mich nicht annehmen und glauben könnt wie die Kinder …» Sehen wir auch auf unsere «Leuchtfackeln der Verkündigung», die das Evangelium wohl von verschiedenen Seiten her beleuchteten und doch im Grunde alle dasselbe auszusagen hatten. Se-hen wir auf Theologen wie Karl Barth, Bonhoeffer, den Prediger Wolfgang Wegert (Arche Hamburg), Theo Leh-mann, Peter Hahne oder auf die Aus-sagen des verstorbenen deutschen Bundespräsidenten Johannes Rau (Bruder Johannes). Theologen mit klaren Aussagen, getreu dem Wort und dem Sinn des Wortes Gottes. In der verständlichen Einfachheit des Wortes ist letztlich auch die Autorität der Kirche und die Autorität christli-cher Gemeinden festgemacht. Dazu gehört natürlich die Aufforderung an die Pfarrpersonen und an alle Gläu-bigen: Bleibt beharrlich im Gebet, danket, betet um Wahrheit und Er-kenntnis und erbittet die Gnade un-seres Herrn! Ich bin davon überzeugt, dass in diesem Sinn ein neuer Auf-schwung und eine neue Autorität der Kirche geschaffen werden können. RUEDI HAYN, Arbon

Sehr gefährlich«idea Spektrum» Nr. 3 – «ACE: Wende gegen Kernenergie kam zu schnell»Das naive Nachbeten der Atomlob-by-PR erachte ich als sehr gefähr-lich und verantwortungslos. Herr Burckhard stört es wohl nicht, wenn die Axpo im russischen Majak und Severskatomar verseuchte Erde und eine erhöhte Krebsrate hinterlässt und dies hier verschleiert. Unsere Kin-der brauchen Arbeitsplätze in erneu-erbarer Technologie, nicht Atommüll und kostspieligen Rückbau unserer AKWs. Der Stromverbrauch nimmt nicht ab, weil kein Wille dafür da ist und die Atomlobby den Umstieg verhindert. Ein heutiger Fernseher braucht zum Beispiel nur noch zehn Prozent der Energie wie vor zwölf Jahren. Wenn das aktiv überall durch-gesetzt würde und der Atomstrom einen echten, nicht subventionier-ten Preis hätte (AKWs haben keine deckende Haftpflichtversicherung, im Strompreis ist kein Rückbau ent-halten, ebenso keine Entsorgung),  würde alles sehr schnell gehen. Christen sollten nicht Angst vor der Zukunft haben, sondern Perspekti-ven entwickeln und der Atom-Dik-

tatur zugunsten von Arbeitsplätzen widerstehen.  Das Potenzial in Ent-wicklung, Herstellung und Unterhalt lokaler Anlagen wäre enorm. Aber genau das stört die Atomlobby, weil man dann nicht mehr von wenigen Orten für Wenige viel abkassieren kann. Oder warum kann Deutsch-land acht AKWs abstellen und hat keinen Engpass? Wir sollten unsere Energie in Entwicklung und Fort-schritt zugunsten unserer Enkel in-vestieren, nicht in die Verteidigung überholter, höchst problematischer Systeme.Beat Schmid-Moser, Zürich

Welche Werte?«idea Spektrum» Nr. 5 – «No Compli-ance» von Nationalrat Eric Nussbaumer«No Compliance» ist ein Ausdruck, den ich in der Schweiz bisher noch nie gehört habe. Deshalb las ich den Artikel aufmerksam und kam zum Schluss, dass der Autor, obwohl er diesen Ausdruck nicht mag, ihn elf Mal in seiner Kolumne verwendet hat. Nussbaumer weist darauf hin, dass statt «Compliance» die klassi-sche Lehre von Aristoteles «Zuerst kommt die Ethik, dann die Politik und dann die Ökonomie» zu verwenden sei. Ich erlaube mir zu fragen, ob das gut herauskommt, wenn die christli-chen Werte durch antike griechische Werte ersetzt werden. Zudem habe ich eher den Eindruck, dass bei den Entscheiden unserer Parlamente sehr egoistische Motive massgebend sind – zum Beispiel Erhöhung der Sit-zungsgelder in einer wirtschaftlich schwierigen Zeit.ADOLF MEIER, Wermatswil ZH

AKW Mühleberg: Leser Beat Schmid wünscht sich neue Perspektiven.

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Bild: zvg

ABSTIMMUNGSVORLAGE Nach erfolgreichem Referendum wird am 11. März über das Gesetz zur Buchpreisbindung abgestimmt. Worum geht es in der Gesetzesvorlage genau und welche Auswirkungen hätte sie auf den relativ kleinen christlichen Büchermarkt? Die betroffenen Händler und Verleger sind sich in ihrer Meinung grundsätzlich einig.

Die Rettung für den christlichen Buchhandel?

Seit knapp fünf Jahren gibt es in der deutschsprachigen Schweiz keine verbindlichen Bücherprei-se mehr. Bis Mai 2007 wurden die Buchhändler von den Verla-gen vertraglich verpflichtet, die Preise einzuhalten. Ein langer Rechtsstreit führte schliesslich zum Verbot dieser brancheninter-nen Absprache. Mit gravierenden Folgen, wie EVP-Nationalrätin Marianne Streiff erklärt: Bereits 13 Prozent der Buchhandlungen hätten schliessen müssen. Eine Preisbindung verhindere, dass nur Bestseller billig verkauft wer-den, während alle anderen Bücher teurer würden. Für den Kampag-nenleiter gegen die Preisbindung, Matthias Leitner (FDP), funktio-niert der Buchmarkt dagegen pro-blemlos. Der Staat müsse schon sehr gute Gründe haben, um in

den Markt einzugreifen. Doch genau das soll jetzt geschehen. Mit dem «Bundesgesetz über die Buchpreisbindung» vom 18. März 2011 soll der Buchpreis staatlich kontrolliert werden. Das Referen-dum gegen die Vorlage liess nicht lange auf sich warten. Die Migros sammelte als treibende Kraft die meisten Unterschriften.

Hohe Mieten, kleine Gewinne Lars Lepphoff, Geschäftsleiter des Blaukreuz-Verlages, bestätigt die Beobachtung, dass schon ei-nige kleinere Buchhandlungen verschwunden seien. Besonders treffe dies für ländliche Regionen zu. «Die Leute sind heute mobil. Sie kaufen dort ein, wo es billiger ist, oder beziehen die Bücher über den Online-Handel.» Aufgrund des hart umkämpften Marktes gebe es nur noch wenige unab-hängige Schweizer Verlage. Im christlichen Bereich habe die Viel-falt der Verlage und Händler deut-lich abgenommen. Das hängt für Lepphoff jedoch nicht nur mit der fehlenden Preisbindung zusammen. Mit Büchern kön-ne man grundsätzlich nicht viel Geld verdienen. Die Mieten seien hoch, die Gewinnmargen klein. Wie jeder Verlag müsse auch Blau-kreuz unpopuläre Bücher über die Topseller subventionieren. Die Buchpreisbindung würde er aber begrüssen: «Feste Preise geben dem Kunden eine gewisse Sicherheit.» Es käme dann nicht mehr darauf an, wo das Buch letztlich gekauft würde.

Beratung beim FachhändlerAuch Esther Blumenthal, Leiterin «Haus der Bibel» in Basel, denkt, dass der christliche Buchhandel von der Buchpreisbindung profi-tieren würde. «Kleine Läden kön-nen eben nicht die grosse Masse einkaufen und den Preis auf diese Weise senken.» Um ihre Stamm-kundschaft macht sie sich keine Sorgen. «Menschen, die bewusst Bücher lesen, wollen meistens auch Beratung und kommen da-rum zum Fachhändler.» Aber die Situation ist auch für Blumenthal

nicht einfach. «Durch die neuen Medien ist das Buch grundsätz-lich nicht mehr so stark gefragt wie früher.»

Es geht ums ÜberlebenDer Brunnen Verlag mit seinen angeschlossenen Bibelpanorama-Buchhandlungen ist der unan-gefochtene Marktführer in der christlichen Szene. Seit dem Fall der Preisbindung habe man im-mer wieder versucht, den Kunden attraktive Angebote zu machen, erklärt Thomas Morhard, Leiter von Bibelpanorama. Die eigene Stellung habe man aber nicht unnötig ausgenutzt und auf har-ten Preiskampf verzichtet. Der Brunnen Verlag sei Ansprechpart-ner für alle christlichen Buch-handlungen in der Schweiz. Das grösste Problem sei, dass deren Sortiment auch im säkularen Handel bezogen wird – besonders über das Internet. Einzelne Arti-kel werden hier dauerhaft bis zu 30 Prozent günstiger angeboten. Da könne man natürlich nicht mithalten. «Für den christlichen

Buchhandel mit seiner vergleichs-weise kleinen Zielgruppe geht es ums Überleben», meint Morhard.

Die Zukunft ist ungewissIn den nächsten Jahren werde es gravierende Veränderungen geben. Die digitale Revolution macht auch vor der Buchbranche nicht halt. Morhard ist erstaunt, wie viele Menschen, ob jung oder alt, im Zug sitzen und Bücher oder Zeitschriften über das iPad lesen. «Früher oder später wird die Veränderung kommen. Man muss sich einfach darauf einstel-len.» Dass das eventuell nicht ganz einfach wird, zeigt das Mu-sikgeschäft. Hier sind die Umsät-ze in den letzten Jahren um bis zu 25 Prozent eingebrochen.In der Buchpreisbindung sieht aber auch Thomas Morhard eine Hilfe. Allerdings hat er die Be-fürchtung, dass die Preisüberwa-cher dann versuchen werden, den Buchpreis in der Schweiz mög-lichst tief zu halten. Der allgemeine Tenor zeigt aber: Ein fester Buchpreis kann ein gewisses Mass an Stabilität be-wirken. Das Ausbleiben des Preis-kampfes dürfte besonders kleinen Läden helfen und die Vielfalt des Angebots günstig beeinflussen. CHRISTOF BAUERNFEIND

BuchpreisbindungGrundzüge der Gesetzesvorlage:Der Verlag oder der Importeur legt den Buchpreis fest; Preisüberwa-cher haben die Möglichkeit der Intervention, wenn es eine miss-bräuchliche Preisüberhöhung gibt;gewisse Rabatte auf den Fixpreis werden möglich sein; die Preisbin-dung läuft nach einer bestimmten Mindestdauer aus .Der Gesetzestext sorgt jedoch für Verwirrung, ob auch der Online-handel von der Preisbindung be-troffen ist. Explizit werden nur «ge-werbsmässig» eingeführte Bücher aus dem Ausland erwähnt. Private Einkäufe, etwa bei Amazon, wür-den dann nicht unter das Gesetz fallen.

Christlicher Buchladen: «Das Buch ist grundsätzlich nicht mehr so stark gefragt wie früher.»

Impressum Idea SchweizHerausgeber: Idea Information AG, 4410 LiestalVerwaltungsrat: Heiner Henny, Präsident; Sam Moser, Stellvertreter; Paul Beyeler, Hans Lendi, Hansjörg Leutwyler, Hanspeter SchmutzIdeelle Trägerschaft: Schweizerische Evange-lische Allianz (SEA), Verband Evangelischer Freikirchen und Gemeinden (VFG), Arbeits-gemeinschaft Evangelischer Missionen (AEM)Redaktion: Aemmenmattstr. 22, 3123 Belp,Tel. 031 818 01 44, Fax 031 819 71 60E-Mail: [email protected]: www.ideaschweiz.chChefredaktor: Andrea VonlanthenBüro: Bahnhofstr. 65, 9320 ArbonTel. 071 446 70 02, Fax 071 446 74 88E-Mail: [email protected]: Thomas FeuzErweitertes Team: Esther Reutimann, Christian Bachmann, Mirjam Fisch-KöhlerPraktikum: Christof BauernfeindInserateservice: Jordi AG – das Medienhaus, Roland Rösti, Aemmenmattstr. 22, 3123 Belp, Tel. 031 818 01 25, Fax 031 819 38 54E-Mail: [email protected]: Jordi AG – das Medienhaus,Ursula Seifried Jordi, Aemmenmattstr. 22, 3123 Belp, Tel. 031 818 01 20, Fax 031 819 38 54E-Mail: [email protected]: Jahresabo Fr. 145.–, Seniorenabo Fr. 117.–, Halbjahresabo Fr. 77.–. Das Abo ist unter Einhaltung einer vierwöchigen Frist jeweils zum Bezugsende kündbar.Konto: PC-Konto 40-788586-4Idea Information AG, 4410 LiestalLayout/Druck/Versand:Jordi AG – das Medienhaus,Aemmenmattstr. 22, 3123 Belpwww.jordibelp.ch

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Bilder: zvg

Die Autorin ist Nationalrätin der EVP und wohnt in Winterthur.

EVANGELISATION Was hat das Forum für Evangelisation ausgelöst? Eine Woche nach der Konferenz der Schweizerischen Evangelischen Allianz (SEA) in Oberägeri berichten vier Teilnehmer über ihre Erfahrungen und ihre nächsten Schritte.

«Wir wollen auf Dinge anstossen, die gut waren»

Welche Erwartungen hatten Sie an das Forum?

Michael Matter, 29, Winterthur: Ich wollte mit Men-schen in Kontakt kommen und freute mich, die Projekte

des Bibellesebunds vorzustellen. Schade, waren nicht so viele Teil-nehmer gekommen. Die Inputs haben mir sehr gut getan.

Kati Rechsteiner, 40, Dörflingen: Der Slogan hat mich angesprochen. Was ist Gottes Anliegen? Wie kann ich das

herunterbrechen auf meine Situa-tion, den Ort, wo ich stehe?Samuel Schmid, 41, Oberstamm-heim: Ich wollte hauptsächlich neu angezündet werden für das Anliegen der Evangelisation. Das hat sich voll erfüllt.Wilhelm Zurbrügg, 50, Frutigen: Das Thema «Den Kopf im Him-mel, die Füsse am Boden» hat mich

fasziniert. Wir sind ja alle ein biss-chen mit dem Kopf im Himmel.

Was bleibt Ihnen besonders in Erinnerung?Michael Matter: Mir ist vor allem geblieben, was Dieter Kühlein ge-sagt hat: Es ist wichtig, aktiv hin-zuschauen, sich im Alltag für die Menschen zu interessieren. Auch seine Beschreibung des Garten Eden hat mich beeindruckt. Die Prinzipien, die Gott dort aufge-stellt hat, gelten heute noch. Kati Rechsteiner: Die Stimmung hat mir gefallen. Der Allianzge-danke stand im Vordergrund. Es wurde deutlich, dass wir alle für einen weltumspannenden Glau-ben einstehen. Und doch ist jeder Ort wieder anders. Das wurde mir speziell in den Workshops bewusst. Samuel Schmid: Die Tatsache, dass Evangelisation keine Frage von Anlässen ist, sondern eine Herzensangelegenheit. Nicht die Methode zählt, sondern die Art

und Weise, wie ich meine Mit-menschen sehe.

Wilhelm Zurbrügg: Ich bin sehr ermu-tigt nach Hause ge-gangen. Mir gefiel die Praxisnähe, vor allem, was Susanna

Rychiger über gelebtes Christsein im Alltag berichtet hat. Auch das Gemeinschaftserlebnis war schön, man fühlte sich wie eine Familie. Der Austausch war sehr wertvoll.

Was möchten Sie konkret im Alltag umsetzen?Michael Matter: Wir sind kürzlich umgezogen. Ich möchte bewusst Begegnungen mit den Menschen im Haus suchen. Insgesamt möchte ich mein Christsein offen im Alltag leben. In meiner Arbeit beim Bibellesebund will ich über das ewige Leben reden. Das ist es ja, was Gott uns «bieten» will.Kati Rechsteiner: Mit der refor-mierten Gemeinde, wo ich als

Die erste Etappe: Pilger finden sich im Basler Münster ein.

Pilgern in Etappen: Von Basel ins Dreiseenland

«Wenn ich mich mit meinem gan-zen Körper bewege, ist die Chance gross, dass auch geistlich etwas in Bewegung kommt.» Walter Wil-helm, Pfarrer der Evangelisch-Me-thodistischen Kirche (EMK) in Birsfelden, hat das selbst so erlebt. Zwischen zwei Pfarrstellen ging er zusammen mit seiner Frau auf den Jakobsweg. Nach der fünften Woche merkte er, wie er innerlich für seine neue Aufgabe bereit wur-de. Solche oder ähnliche Erfah-rungen suchen viele Menschen. Ob das geistliche Auszeiten, die Verarbeitung von schwierigen Le-benssituationen, Veränderungen oder einfach Ruhe und Erholung sind: Das Pilgern ist längst keine «katholische» Domäne mehr.Es muss jedoch nicht immer gleich eine mehrwöchige Reise sein. Wal-ter Wilhelm entschloss sich, seine

Begeisterung für das Pilgern auch mit Menschen zu teilen, die weni-ger Zeit und Ausdauer haben. In eintägigen Etappen geht es vom Basler Münster bis nach Payer-ne im Dreiseenland. Einmal im Monat, jeweils an einem Samstag, wird gepilgert. Am 28. Januar ging es los, mit der ersten Strecke nach Aesch im Baselland. Walter

Wilhelm leitete die elf Pilger zum Thema «Aufbrechen» durch den Tag. Kurze Themenimpulse un-terbrachen die Wegabschnitte, auf denen jeweils eine halbe Stunde schweigend marschiert wurde. Das bietet Zeit, mit den Gedan-ken innerlich unterwegs zu sein. Dazwischen besteht natürlich auch Gelegenheit zum gegensei-tigen Austausch. Der Abschluss erfolgte in der katholischen Kirche Aesch mit einem Lied.

Etappen in sich abgeschlossenDie gesamte Route führt durch den Jura und endet im Novem-ber mit der Etappe von Avenches nach Payerne im Dreiseenland. Von hier aus könnte theoretisch gleich weitergepilgert werden. In Payerne kommt man auf den aus-geschilderten Jakobsweg, der die

PILGERWANDERTAGE «Ich bin dann mal weg!» Mit seinem Bestseller über den Jakobsweg löste der TV-Mann Hape Kerkeling eine wahre Pilgerwelle aus. Wer nicht so viel Zeit hat, dem bietet sich eine Alternative in der Schweiz an.

Pfarrerin tätig bin, wollen wir bewusster am Ort präsent sein. Schön wäre es, wenn sich Christen verschiedener Gemeinden mehr treffen würden. Und: Wir wollen bewusst auf Dinge anstossen, die gut gegangen sind – nicht nur sehen, was schlecht war oder was noch ansteht.

Samuel Schmid: Ich bete konkret, dass Gott mir die Augen gibt, zu sehen, was ihm auf dem Her-zen ist. Das heisst

die Not meiner Mitmenschen zu sehen. Darin möchte ich als Leiter einer Chrischonagemeinde vor-ausgehen und nicht nur darüber predigen.Wilhelm Zurbrügg: Ich bin in vie-le Projekte involviert, wie zum Beispiel dem «Treffpunkt Gipfel-kreuz». Hier war das Forum für mich vor allem eine Bestätigung, dran zu bleiben und den Weg wei-terzugehen.CHRISTOF BAUERNFEIND

Schweiz vom Bodensee bis zum Genfersee durchquert. Die Pilger-wandertage werden von den EMK Basel-Bethesda, Biel und Birsfel-den organisiert. Jede Etappe ist in sich abgeschlossen und eine voll-ständige Wanderung. Interessierte können sich jederzeit einklinken, unabhängig von ihrer kirchlichen Zugehörigkeit.CHRISTOF BAUERNFEIND

Schweigend wandernDie nächste Etappe führt am 25. Februar von Aesch nach Laufen. Treffpunkt: 9.30 Uhr bei der Tram-Endstation Aesch (Nr. 11). Anmel-dung bis zwei Tage vorher.

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30. März bis 1. April, Lebensmitte – Weichenstellung? Impulsweekend mit Marcel Dürst und Team. Anmeldung:www.aem.ch/veranstaltungen

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15. – 20 April, TanzwocheKurs in Montmirail mit Don Camillo und Astrid Künzler-BüchterInfo: www.doncamillo.ch

28. April, Tag der o� enen Türe - Impuls- und Spieltag für die ganze Familie, SCM bvMedia, 3232 Ins11 bis 17 Uhr. www.bvmedia.ch

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7. – 9. Mai, Warum lässt der gute Gott uns leiden? Kurs in zwei Teilen in Mont-mirail mit Pfr. Heiner Schubert, Pfr. Niklaus Schubert, MS Patient und Gerdi Schirl, Ärz-tin für Psychiatrie. Info: www.doncamillo.ch

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29. – 31. Oktober, Warum lässt der gute Gott uns leiden? Kurs in zwei Teilen in Montmirail mit Pfr. Heiner Schubert, Pfr. Niklaus Schubert, MS Patient und Gerdi Schirl, Ärztin für Psychiatrie. Info: www.doncamillo.ch

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NOTIERTMuslimische Extremisten in England: Leugnung des HolocaustsWegen geplanter terroristischer Anschläge müssen sich neun muslimische Extre-misten derzeit vor einem Londoner Gericht verantworten. Als Ziele ihrer Bombenat-tentate hatten die aus Bangladesch und Pakistan stammenden Männer Londoner Wahrzeichen wie das Parlamentsgebäude, den Glockenturm Big Ben und die Börse. Ferner wollten sie Briefbomben mit der Weihnachtspost verschicken und Granaten in Kneipen während eines Fußballspiels zünden. Die Bomben wollten sie nach An-leitungen des El-Kaida-Magazins „Inspire“ bauen. Extrem antisemitische Äußerungen wurden in Gesprächen der Angeklag-ten abgehört: Muslime hätten für Hitler gekämpft, weil Juden gefährlich seien. Außerdem hätten die Nationalsozialisten nicht sechs Millionen, sondern weniger als 100.000 Juden umgebracht. Vor dem Gericht bekannten sich die 20- bis 30-jäh-rigen Angeklagten teilweise schuldig, um mildere Strafen zu erreichen, berichtet die Londoner Zeitung „The Times“.

England: Ausweis für KatholikenKatholiken in England erhalten demnächst einen Glaubensausweis. Die Karte im Scheckkartenformat soll den Kirchenmit-gliedern „Mut machen, ihren Glauben zu bekennen und zu teilen“, gab die englisch-walisische Bischofskonferenz bekannt. Eine Million Exemplare sollen an Gläubige in 24 Bistümern verteilt werden. Der Text auf der Glaubenskarte lautet: „Als Katholik bin ich (Namen einfügen) aufgerufen: mit anderen die Freude zu teilen, Jesus Chris-tus zu kennen, zu beten, die Sakramente regelmäßig zu empfangen, meinen Nächs-ten zu lieben wie mich selbst, die Gaben, die ich bekommen habe, weise zu benut-zen, zu vergeben, wie mir vergeben wor-den ist.“ Nach Worten von Bischof Kieran Conry, Vorsitzender der Kommission für Evangelisierung in der Bischofskonferenz, tragen Menschen eine Reihe von Karten bei sich, die etwas über ihre Identität aus-sagen: „Die Glaubenskarte mitzuführen, erfordert Mut. Sie signalisiert anderen jederzeit, dass man an Gott glaubt und die Absicht hat, seinen Nächsten zu lieben. Wir hoffen, dass Katholiken die Karte nut-zen, um zu ihrem Glauben zu stehen.“

W enn Kleinkinder viel Zuwendung von ihrer Mutter erhalten, wirkt sich das

positiv auf die Hirnentwicklung aus. Das haben Forscher der Washington Universi-tät in St. Louis (US-Bundesstaat Missouri) herausgefunden. Durch die mütterliche Unterstützung wächst der Hippocampus schneller – eine Hirnregion, die einen wesentlichen Einfluss auf Gedächtnis, Emotionen und Stressbewältigung hat. Keinen besonderen Einfluss haben dage-gen Faktoren wie das Alter oder die sozi-ale Stellung der Eltern. Über ihre Erkennt-nisse berichteten die Psychiatrieprofes-sorin Joan Luby und ihre Kollegen in der Zeitschrift der Nationalen Akademie der Wissenschaften. Für die Studie hatten die Wissenschaftler 92 Kinder im Alter von drei bis sechs Jahren zahlreichen psycho-logischen Tests unterzogen und dabei auch die mütterliche Zuwendung be-rücksichtigt. Nach durchschnittlich drei Jahren maßen sie mit Hilfe der Magnetre-sonanztomographie (MRT) die Größe der Hirnregion. Dabei entdeckten die For-scher einen starken statistischen Zusam-menhang mit einem „Zuwendungs-In-dex“, der zuvor bei den psychologischen Tests ermittelt worden war.

Evangelische Allianz fordert Umdenken der PolitikFamilienexperten sehen sich durch die US-Studie in ihren Bedenken gegen ei-ne außerfamiliäre Betreuung von Klein-kindern bestätigt. Hartmut Steeb (Stutt-gart), Generalsekretär der Deutschen Evangelischen Allianz – sie befasst sich intensiv mit Fragen der Familie –, fordert angesichts der Studie ein Umdenken in der Politik. Sie wirbt seit Jahren für eine Betreuung von unter Dreijährigen in Krip-pen, damit mehr Mütter einer Erwerbstä-tigkeit nachgehen können. Steeb zu idea: „Jetzt ist die Politik gefragt, ob die Ideo-logie wichtiger ist oder die Vernunft und ob das Wohl des Kindes oder das Wohl der Wirtschaft Vorrang hat.“

Ein Weckruf für die PolitikSteeb verlangt, die „zukunftsträchtige Mut-ter-Tätigkeit zu Hause“ mindestens ebenso zu fördern wie die außerfamiliäre Berufsar-beit. Außerdem müsse Schluss sein mit den Diskriminierungen von Eltern, die ihre Kin-der selbst betreuen wollen. Dazu gehöre der Begriff „Herdprämie“ für das geplante Betreuungsgeld und die Unterstellung von „Bildungsferne“. Steeb wünscht sich, „dass die Studie zu einem familienpolitischen Weckruf in unserem Land wird“.

Psychologen wissen es langeFür den Leiter des Heidelberger Büros für Familienfragen und Soziale Sicherheit, Kos tas Petropulos, bestätigt die US-Studie nur, was Psychologen und Pädagogen schon lange wüssten: „Kinder entwickeln sich am besten mit verlässlicher Zuwen-dung und kompetenter Unterstützung beim Weg ins Leben durch einen sie lie-benden Menschen.“ Das könnten nicht nur Mütter sein, sondern auch Väter, Groß-väter oder -mütter. Die zentrale Frage an unsere westlichen Gesellschaften laute da-her: „Wollen wir Eltern nicht die (bezahlte) Zeit geben, ihre Kinder in den entschei-denden Entwicklungsjahren als wichtigste Lebenshelfer zu begleiten?” Für Vernunft und Herz gebe es nur eine klare Antwort.

Vater und Mutter unersetzbarFür die Vorsitzende des Familiennetzwerks, die Kinderärztin Maria Steuer (Stade), zeigt das Ergebnis: „Mutter und Vater sind eben einzigartig, und Kinder sehnen sich nach liebevoller Zuwendung und Anerkennung durch diese unersetzbaren Menschen.“ Laut Steuer verdient ein Aspekt der Studie besondere Beachtung, nämlich dass die Gehirnentwicklung unabhängig sei vom sozialen Status der Eltern. Das bedeute: „Die Krippe kann soziale Benachteiligung nicht ändern. Emotionale Verwahrlosung kommt in allen Schichten vor, und der gilt es entgegenzuwirken.“ Das erfordere ein radikales Umdenken. P

Je mehr sich Mütter um Kinder kümmern . . .ERZIEHUNG Kritiker einer Krippenerziehung sehen sich durch eine neue US-Studie bestätigt. Sie fordern auch eine Änderung der Politik.

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I n den meisten EU-Staaten wird man bisher nur bestraft, wenn man den

Holocaust leugnet. In mehreren Staaten, die unter kommunistischer Herrschaft gelitten haben, ist dagegen auch die Verharmlosung sowjetischer Verbrechen strafbar. In der Tschechischen Republik ist gesetzlich geregelt: Wer die Massen-morde von Nationalsozialisten und Kom-munisten „öffentlich verneint, in Zweifel zieht, billigt oder zu rechtfertigen ver-sucht“, wird mit einer Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren bestraft. Im ungarischen Strafgesetzbuch heißt es: „Wer vom kom-munistischen System begangenen Völ-kermord oder andere Verbrechen gegen die Menschlichkeit leugnet, in Zweifel zieht oder in ihrer Bedeutung herabmin-dert, wird mit einer Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren belegt.“

Außenminister: Stalin brachte noch mehr umVor einem Jahr hatten sich die Außen-minister Litauens, Lettlands, Ungarns, Bulgariens, Rumäniens und der Tsche-chischen Republik an die EU gewandt, EU-weit die Leugnung kommunistischer Verbrechen zu bestrafen. Sie wollen sich nicht damit abfinden, dass nur die Leugnung des Holocaust geahndet wird. Der tschechische Außenminister Karel Schwarzenberg erklärte dazu gegenüber Radio Prag, Stalin habe sogar noch mehr Menschen umgebracht als Hitler, beide

seien „Massenmörder“. Bisher hat die EU den Wunsch der ehemaligen Ostblock-staaten abgelehnt.

Frankreich: Leugnung der Ermordung der Armenier strafbarGroßes Aufsehen erregte jetzt, dass die Nationalversammlung in Frankreich ein Gesetz beschloss, das die Billigung jeglicher Verbrechen gegen die Menschlichkeit unter Strafe stellt – nicht nur die des Holocaust. Konkret wurde auch die Leugnung des Völ-kermordes an 1,5 Millionen (christlichen) Armeniern 1915 durch türkische Moslems verboten. Darüber hinaus ist z. B. die Ukraine bemüht, dass die durch Josef Stalin herbei-geführte Hungersnot 1932/33, bei der sie-ben Millionen Ukrainer ums Leben kamen, weltweit als Völkermord missbilligt wird. In-zwischen haben zahlreiche Staaten, darun-ter Polen, Spanien, der Vatikan und die USA den sogenannten Holodomor (auf Deutsch: durch Hunger sterben lassen) als Genozid (Völkermord) anerkannt. Das Europäische Parlament stufte ihn als Verbrechen gegen die Menschlichkeit ein. Die Ahndung von sogenannten „Wortverbrechen“ begann in Deutschland 1994. Eine letzte Verschärfung trat am 1. April 2005 in Kraft, nach der auch die Billigung oder Verherrlichung der natio-nalsozialistischen Gewalt- und Willkürherr-schaft unter Strafe steht. Dagegen können die Verbrechen des SED-Staates, Stalins, Lenins oder Maos in Deutschland weiterhin ohne Folgen relativiert werden. P

Osteuropa: Bestraft werden soll auch die Leugnung kommunis tischer VerbrechenVÖLKERMORDE Immer mehr Staaten in Europa verlangen, dass nicht nur die Leugnung des Holocaust bestraft wird, sondern auch der ähnlich brutalen kommunistischen oder islamischen Verbrechen.

Porträts von Lenin und Stalin waren am 15. Januar in Berlin bei einer Demonstration zum Ge-denken an Rosa Luxemburg zu sehen. Die Demo wurde vor allem von der Linkspartei bestimmt. Während das Zeigen von werbenden Fotos von Hitler in Deutschland bestraft wird, sind sie von anderen Massenmördern erlaubt – im Gegensatz zur Lage in immer mehr Ländern in Osteuropa.

D ie Klägerin Cheryl Jones hatte die „Christliche Gemeinde der Jünger-

gemeinschaft“ in St. Louis (Missouri) besucht. Während des Lobpreises verlor eine andere Besucherin die Kontrolle über sich und stürzte nach hinten. Sie riss mehrere Kirchgänger um und lan-dete auf der Klägerin. Als Folge verlor sie das Bewusstsein und zog sich Ver-letzungen an Kopf, Hals und Rücken zu. Nun verlangt sie Schadensersatz für die Kosten der medizinischen Behandlung in Höhe von 38.000 Euro. Nach Anga-ben ihres Anwalts, Brian Millikan, hat die Gemeinde fahrlässig gehandelt, weil sie keine „Auffänger“ für umfallende Got-tesdienstbesucher bereitgestellt habe. Das berichten US-Medien wie ABCNews und der Online-Informationsdienst Courthousenews.com.

Das Phänomen: „Ruhen im Geist“ und die BibelDas Phänomen des sogenannten „Fallens“ oder „Ruhens im Geist“ ist in manchen charismatischen und pfingstkirchlichen Gemeinden anzu-treffen. Demzufolge geben sich Got-tesdienstbesucher dabei so sehr dem Wirken des Heiligen Geistes hin, dass sie die Kontrolle über sich verlieren und nach hinten umkippen. Meist ste-hen Helfer bereit, die sie auffangen. Kritiker halten diese Praxis für unbi-blisch, da die Heilige Schrift davon be-richte, dass Anbetende vor Gott „auf ihr Angesicht“ fallen, aber nicht auf den Rücken. Hingegen sei aus heid-nischen Religionen das Umfallen nach hinten bekannt. P

Verletzt durch den „Heiligen Geist“?KLAGE IN DEN USA Weil sie im Gottesdienst durch eine um-fallende Besucherin zu Boden gerissen wurde und sich Ver-letzungen zuzog, verklagt eine US-Kirchgängerin eine Gemein-de auf Schadensersatz.

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In Mexiko ist ein US-amerikanisches Mis-sionarsehepaar ausgeraubt und umge-

bracht worden. Als Täter werden Mitglieder eines Drogenkartells verdächtigt. Der 76-jährige Baptistenpastor John Casias und seine Frau Wanda (67) wurden am 31. Januar in ihrem Anwesen im nordme-xikanischen Monterrey erdrosselt aufge-funden. Die Missionare – die seit fast 30 Jahren in Mexiko tätig waren – wurden mit Elektrokabeln erwürgt. Die Täter nahmen zwei Computer, einen Flachbildfernseher und einen Tresor mit, der aus der Wand ge-meißelt worden war. Alle Überwachungs-kameras waren deaktiviert. Außerdem ist das Auto der Missionare verschwunden. Das Paar leitete eine Baptistengemeinde im nahegelegenen Santiago. Nach Anga-ben ihrer Heimatgemeinde in Lewisville (Texas) – die sie nach Mexiko entsandt hat-te – waren sich die Missionare der Gefahr durch Drogenkartelle bewusst; sie wollten jedoch die ihnen anvertrauten Menschen nicht im Stich lassen. Bereits im Januar 2011 waren US-Missionare in der Nähe der mexi-kanischen Grenzstadt Reynosa beschossen worden. Dabei erlag die 59-jährige Nancy

Davies ihren Kopfverletzungen, während ihr Ehemann Sam überlebte.

Morde sind an der TagesordnungNach Angaben des in Mexiko tätigen Mis-sionswerks E3 Partners (Texas) machen Kämpfe zwischen Drogenkartellen die Ar-beit besonders in Nordmexiko fast unmög-lich. Morde seien dort an der Tagesordnung, berichtete der Mitarbeiter Todd Szalkowski aus der Gegend um Reynosa. Fast jede Fa-milie sei betroffen. Aus Angst vor Überfäl-len hätten es evangelikale Fra uengruppen nicht gewagt, zu einer Glaubenskonferenz in Guadalajara zu reisen. Doch seien die Ver-breitung des Evangeliums und die dadurch hervorgerufene innere Veränderung von Menschen das einzige dauerhaft wirksame Mittel gegen die grassierende Gewalt. P

MexikoEinwohner: 110,6 Millionen

Kirchenmitglieder: 95,0 % Katholiken: 87,6 % Protestanten: 7,4 %Konfessionslose: 3,6 %

Mexiko: Missionarsehepaar wurde ermordetKRIMINALITÄT Drogenkartelle machen ganze Regionen unsicher und bedrohen christliche Arbeit.

Ägypten kommt auch ein Jahr nach dem Volksaufstand mit dem Rücktritt des Al-

leinherrschers Hosni Mubarak nicht zur Ru-he. Inzwischen demonstrieren wieder Zehn-tausende gegen den regierenden Militärrat. Den Sicherheitskräften wird nach Krawallen mit 74 Toten bei einem Fußballspiel in Port Said Versagen vorgeworfen. Auch die An-griffe islamischer Extremisten auf Christen reißen nicht ab. Am 28. Januar überfielen mehr als 3.000 Muslime orthodoxe Kopten im nordägyptischen Dorf Kobry el Sharbat (Gouvernement Alexandria). Sie plünderten Häuser und Läden und setzten sie in Brand. Zwei Kopten und ein Muslim wurden ver-letzt. Wie der assyrische Informationsdienst

Aina berichtet, kamen Sicherheitskräfte zu spät, um die Brandschatzung und die Ver-treibung christlicher Familien zu verhindern. Muslime hätten die Feuerwehr gehindert, die Brände zu löschen. Die Unruhen seien durch ein Gerücht ausgelöst worden, dass ein Kopte angeblich mit seinem Handy ein intimes Foto von einer muslimischen Frau aufgenommen habe. Doch der koptische Priester Boktor Nashed vermutet, dass ei-ne geplante Versammlung von Muslimen und Christen in dem Dorf verhindert wer-den sollte. Manche Beobachter befürchten, dass Kopten und liberale Muslime das Land verlassen könnten, wenn radikal-islamische Kräfte die Oberhand gewinnen. Bei den Par-

lamentswahlen bekamen die als gemäßigt geltenden Muslim-Bruderschaften 45,7 % der Stimmen; die radikal-islamischen Par-teien kamen auf 24,6 %. Liberale Parteien schnitten schlechter ab: Die Wafd-Partei erhielt 8,4 %, die Ägyptische Allianz 6,6 %. Insgesamt sind 15 Parteien im Parlament vertreten. 10 Abgeordnete gehören der christlichen Minderheit an. P

ÄgyptenEinwohner: 84,5 Millionen

Muslime: 86,7 %Christen: 12,8 %Nicht-Religiöse: 0,5 %

Ägypten: Mehr als 3.000 Muslime überfielen Christen in einem DorfUNRUHEN Islamische Extremisten stecken Häuser und Geschäfte von Christen in Brand.

USA

GUATEMALA

BELIZE

M E X I KO Karibik

Pazifik

MEXIKOSTADT

Monterrey

Ermordet: Das Missionarsehepaar Casias

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ZITIERT» Ich bete, wenn es mir ein Herzens-anliegen ist; und natürlich im Gottesdienst. Nach dem Tod eines Menschen empfi nde ich es als sehr tröstlich, dreimal einen Rosenkranz zu beten. Das ist ja in der katholi-schen Kirche Sitte, und auf dem Dorf machen wir das auch noch. Dieses murmelnde Gebet bringt mich Gott näher, es ist eine Verbindung zwischen dem Einzelnen, der Gemeinschaft und Gott. «

Die Generalsekretärin der SPD, Andrea Nahles (Berlin), im EKD-Magazin „Chrismon“

» Nach dem Krieg wurden die mit dem Tode bestraft, die im großen Umfang in nationalsozialistischer Zeit Euthanasie betrieben haben. Heute wird in immer mehr Staaten Euthanasie ermöglicht, und dagegen sollten wir protestieren. «

Der Vorsitzende der Europäischen Senioren-Union, Staatssekretär a. D. Bernhard Worms (Brüssel), bei der Tagung des Arbeitskreises Christlicher Publizisten (ACP) in Kassel

» Seit die ethisch-moralische Erziehung im Elternhaus von Schwindsucht heimgesucht, der Einfl uss der großen Kirchen margi-nalisiert und der gesamtgesellschaft-liche Ethik-Pegel gesunken ist, entstand ein beträchtliches Vakuum an verbindlicher Orientierung. «

Der Pädagoge Joachim Kutschke in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung

» Die Diskussion um den politischen Standort des deutschen Nationalsozialismus ist nie gründlich geführt worden. Klar ist jedenfalls: Zeit seines Bestehens hatte er mehr mit dem Totalitarismus Stalins gemein als mit dem Faschismus Musso-linis. Manche Gründe sprechen dafür, dass der Nationalsozialismus politisch eher auf die linke als auf die rechte Seite gehört. «

Der Hitler-Biograf und frühere Herausgeber der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, Joachim Fest, unter der Überschrift „War Adolf Hitler ein Linker?“ in der grün-alternativen „tageszeitung“ (taz, Berlin) vom 27. September 2003 und jetzt wieder zitiert in der gegenwärtigen Nazidebatte.

S charfe Kritik an anonymen hämischen Kommentaren im Internet hat der han-

noversche Landesbischof Ralf Meister ge-übt. Vor dem Hintergrund der öffentlichen Auseinandersetzungen um Bundespräsi-dent Christian Wulff sagte er, es mache ihn zornig, wenn Menschen „überhaupt nicht mehr zu ihren Worten stehen, weil sie die-se anonym produzieren und im Schutz des Verborgenen alles ausschütten können“. Auch früher seien solche Meinungen etwa am Stammtisch oder im Freundeskreis ge-äußert worden; doch sei es persönlich und nicht anonym geschehen. Jeder müsse für seine Kritik geradestehen, betonte der Landesbischof in einem Interview mit der Neuen Osnabrücker Zeitung.

Kultur der permanenten AnklageIm Zusammenhang mit der Finanz- und Medienaffäre um Wulff beklagte Meister „eine Kultur der permanenten Anschul-digung und Anklage“, die teilweise auch von den Medien verfolgt werde. Eine Gesellschaft könne nur dann zusammen-gehalten werden, wenn es auch so etwas wie ein „Bußsakrament“ gebe, das eine Form der öffentlichen Vergebung mög-lich mache.

„Wir können öffentlich anklagen, aber nicht öffentlich vergeben.“Das gebe es heute nicht mehr: „Wir können öffentlich anklagen, aber nicht öffentlich vergeben.“ An manche Per-sonen des öffentlichen Lebens würden hohe moralische Erwartungen gestellt. Viele wünschten sich Menschen, die sich vorbildlicher verhalten als sie selbst. Die

Debatte um Bundespräsident Wulff ge-be Anlass, darüber tiefer nachzudenken. Meister: „Was mutet man diesen Vorbil-dern zu, und was kann man realistischer-weise erwarten?“

Jetzt auch Spitzenpolitiker von SPD und Grünen in der KritikNun sind auch Spitzenpolitiker der Par-teien, aus denen Rufe nach einem Rück-tritt des Bundespräsidenten kommen, von öffentlichen Vorwürfen betroffen. So wurde bekannt, dass der rheinland-pfälzische Ministerpräsident Kurt Beck (Mainz) 2008 als damaliger SPD-Bun-desvorsitzender auf Kosten des Event-managers Manfred Schmidt mit einem

Privatjet von Ber-lin nach Hamburg geflogen sei. Der Vorsitzende der Grünen, Cem Öz-d e m i r ( B e r l i n) , musste zugeben, von Schmidt zu e i n e m g r o ß e n

Fußballspiel nach Barcelona eingeladen worden zu sein. Das veranlasste CDU-Generalsekretär Hermann Gröhe (Berlin) dazu, der Opposition vorzuwerfen, un-glaubwürdig mit ihrer Kritik an Bundes-präsident Wulff zu sein. P

b www.landesbischof-hannovers.de

Hannoverscher Bischof: Die anonyme Häme im Internet gegen Wulff macht mich zornigRALF MEISTER Wir brauchen öffentliche Buße und Vergebung

Bischof Meister Kurt Beck (SPD) Cem Özdemir (Grüne)

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l idea Fernseh- und Hörfunk-Tipps 11. Februar – 17. FebruarFE R NSE H E N

Sonntag, 12. Februar Montag, 13. Februar Donnerstag, 16. Februar

9.30–10.15 ZDFEvang. Gottesdienst aus Gunzenhausen/Bayern mit Pfarrerin Susanne Thorwart

10.00–10.30 SF 1Bei der Ökumene nicht auf die Fusskranken warten. Der Theologe Fulbert Steffensky im Gespräch

10.15–11.00 Jesus heilt. Wenn die Seele am Tropf hängt. Dokumen-tation über Krankenhaus-seelsorge in Nürnberg

11.00–12.00 ERF 1Gottesdienst aus der Ev.-Freik. Gemeinde Wetzlar mit Christopher Rinke

17.45–18.15 Bruno Maurer hilft bei der Suche nach Verschütteten. 2010 wurde er in Japan selbst zum Opfer

18.30–19.00Für den Glauben mehrfach verhaftet: Der chinesische Pastor Bruder Yun

22.45–23.30 Facebook. Milliardenge-schäft Freundschaft: Privat-sphäre unerwünscht? Dokumentation über das Soziale Netzwerk

21.00–21.30 ERF 1Ehe: Romantik ade? Mit Grace und Erich Käthler

20.15–21.00 Ludwig Hofacker: Berufen, Christus zu predigen. Dokumentation

21.00–22.00Butterkinder – Überleben nach dem Krieg. Ehemalige Betroffene erzählen. Dokumentation

H Ö R FU N K

Sonntag, 12. Februar Donnerstag, 16. Februar

7.05–7.30 Wenn Mund zu Mund sich finden. Vom Küssen und anderen schönen Dingen, von Liebesbeweisen und Ritualen

8.30–9.00 Perspektiven: Vom Bankräuber zum Anti-Aggressivitäts-Trainer

8.35–8.50 Sehen und gesehen wer-den – der Regenbogen. Eckhard von Hirschhausen

8.40–9.00 Lob der Lauheit

9.04–9.30 Von Mönchen und Müll-sammlern. Koptisches Le-ben im neuen Ägypten

10.00–11.00 (auch WDR 5 & NDR Info)Gottesdienst der Deutsch-sprachigen Evangelischen Gemeinde Barcelona mit Pfarrer Jeremias Treu

10.00–11.00 Ev.-meth. Gottesdienst aus Treuen, Predigt: Theologie-studentin Sarah Schulz

10.04–11.00Evangelischer Gottesdienst aus Neunkirchen-Furpach

12.05–12.30 Zehn Jahre Prostitutionsge-setz in Deutschland

17.05–17.30 Samba, Tango, Armut. Der Kampf ums Überleben in Lateinamerika

ERF Plus20.00–21.00Bilanz: Wenn „Weichen“ ge-stellt werden. Gunter Kiene, langjähriger Hausvater und Verkündiger in der „Kloster-mühle“ sowie Personalleiter bei Christliche Fachkräfte In-ternational, im Gespräch mit Pastor Horst Marquardt

Wer reagieren möchte, kann dies unter folgenden Rufnummern tun: ARD: 089/5900-3344 | Bibel.TV: 040/4450660 | Das Vierte: 0180/5843783Deutschlandfunk und Deutschlandradio: 0221/345-1831 | DRS 2: (0)848/808080 | ERF: 06441/957-0 | HR (TV): 069/1555111 | Kabel 1: 0180/5011150KiKa: 0180/2151514 | Luth. Stunde: 04264/2436 | MDR: 0341/300-5401 | NDR: 0511/988-2393 | Phoenix: 0180/28213 | RBB: 030/97993-2171SF 2: (0)62/2059050 | SR 2: (0)681/6022222 | SWR: 07221/929-0 | WDR (Radio): 0221/5678-333 | WDR (TV): 0221/5678888 | ZDF: 06131/7012164

Das Hi-Tech-Unternehmen Apple (Kalifornien) will mit seinem Minicomputer iPad den Schulbuchmarkt aufmi-

schen. Wenn es nach Unternehmenschef Tim Cook geht, kom-men Schüler zukünftig statt mit schweren Büchern im Ranzen nur noch mit dem handlichen Lesegerät zur Schule. Apple wirbt da-mit, dass sich das iPad optimal zum Lernen eignet. Außerdem sei die Bedienung im wahrsten Sinne des Wortes kinderleicht. Diese Eigenschaften machen sich jetzt auch Verlage von Kinderbibeln zu eigen. In Apples „App-Store“ – dem Online-Laden für die Mini-Programme – finden sich verschiedene Bibel-Apps speziell für Kinder. So bietet die Deutsche Bibelgesellschaft ihre App „Meine ersten Bibelgeschichten“ schon für Sprösslinge ab drei Jahre an. Das Unternehmen Barcelona Multimedia liefert „Die Kinderbibel“ auf Basis der „Gute Nachricht Bibel“. Die Programme machen Kin-dern mit Hilfe von Comics, kurzen Filmen und Bildgeschichten die Heilige Schrift zugänglich. Bunte Illustrationen und eine verständ-liche Sprache sorgen für eine kindgerechte Aufbereitung. Bevor Eltern ihren Kindern ein iPad in die Hand geben, ist ein Test der entsprechenden Programme ratsam. Eine Kinder-App sollte die

Geschicklichkeit fördern und anspruchsvolle Beschäftigung bie-ten. Eltern sollten bei der Auswahl der Kinderbibel darauf ach-ten, dass die Inhalte dem Alter entsprechen. Trotz eines spiele-rischen Ansatzes sollte es den Lernprozess fördern. Oft helfen die Kommentare anderer Benutzer im „App-Store“ bei der Ent-scheidung. Dennis Pfeifer

INTERNET

Die Bibel spielerisch entdeckenTECHNIK Wie Bibel-Apps Kinder begeistern

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Liebe Leserin, lieber Leser,wie eine Bombe eingeschlagen ist das in der ver-gangenen Woche erschienene Buch, in dem der „Manager, Macher, Macho“ (so die „Bild“-Zeitung) Rudi Assauer beschreibt, dass er an Alzheimer lei-det. Die Krankheit des ehemaligen Fußballstars – er hatte mit Borussia Dortmund 1966 als erster deutscher Mannschaft den Europapokal gewon-nen – erregt die Gemüter. „Alzheimer ist zu einem Synonym geworden für die Urangst, das Letzte zu verlieren, was uns im Leben bleibt: das eigene Ich“, schrieb passend die „Süddeutsche Zeitung“.

In der Tat: Während früher Krebs als schlimmst-mögliche Erkrankung gefürchtet war, ist dies heute die Demenz – nicht zuletzt, weil die Heilungschan-cen bei Krebs inzwischen bei rund 50 % liegen. Be-sonders Alzheimer, die häufi gste Ursache für De-menz-Erkrankungen, ist zum Inbegriff geworden für den zunehmenden Verlust der Selbstständigkeit mit geistigem und körperlichem Verfall. Die Krank-heit ist nach wie vor medizinisch unheilbar. Schät-zungsweise 700.000 Menschen in Deutschland sind an Alzheimer erkrankt, insgesamt leiden rund 1,3 Millionen an Demenz – und die Tendenz ist deut-lich steigend. Medizinische Forschung sowie Sozi-al- und Pfl egeprojekte werden intensiv gefördert, um dieser Herausforderung zu begegnen.

Wir bleiben stets ein Ebenbild GottesGibt christlicher Glaube einen besonderen Halt in der Konfrontation mit Demenz? Ja! Denn Leis-tungsfähigkeit und Unabhängigkeit sind nicht das höchste Gut des christlichen Lebens, sondern die Erfahrung, in unserer Schwachheit von Gott ange-nommen und gehalten zu sein. Es stimmt: Alzhei-mer verändert unsere Persönlichkeit – zuweilen in erschreckendem Ausmaß. Aber unser Person-Sein,

unsere Würde als einzigartiger Mensch kann sie nicht nehmen. Im Person-Sein des Menschen ist die Ebenbildlichkeit Gottes benannt – „personare“ be-deutet im Lateinischen so viel wie „hindurchtö-nen“. In uns bleibt trotz aller möglichen Entstellun-gen eine Dimension des „wahren Selbst“, der „Per-sonmitte“, in der unser Geist für den Geist Gottes ansprechbar ist, wo nach biblischem Zeugnis sogar Gott selber „wohnen“ möchte – ob demenzkrank oder nicht. In unserer extrem auf Denken und Ver-stehen fi xierten, leistungs- und erlebnisorientierten Gesellschaft mag eine fast prophetische Mahnung anklingen, wenn Christen dies einbringen.

Wir können etwas für uns und andere tun!Das heißt aber auch: Wir müssen Verantwortung übernehmen für unsere Gesundheit „in guten Ta-gen“ durch einen gesundheitsfördernden Lebens-stil (genügend Bewegung, gesunde Ernährung, intellektuelle und kreative Tätigkeiten, aktive Ge-staltung tragfähiger Beziehungen zu Mitmen-schen und Gott). Wir sollten bereit sein, frühzeitig professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen, wenn unsere Denkleistung auffällig nachlässt (Hausarzt, Beratungsstellen, Pfl egedienste, Geri-atrien und Spezialeinrichtungen). Wir dürfen mit-wirken an „demenzfreundlicher“ Gemeindege-staltung (Seniorenarbeiten, Besuchsdienste, Seel-sorgeangebote, Gottesdienste für Demenzkranke und Angehörige, Mehrgenerationenprojekte). Und nicht zuletzt: Wir müssen unsere eigene Bedürftigkeit frühzeitig annehmen, in der Gott seine Zuwendung erfahrbar machen will. Wie treffend passt hierzu die Jahreslosung 2012: „Meine Kraft ist in den Schwachen mächtig“!

Es grüßt Sie herzlich Ihr

Müssen wir Angst vor Alzheimer haben?

Rund 700.000 Deutsche sind an Alzheimer erkrankt. Haben wir als Christen hierzu eine besondere Botschaft?

Dr. Georg Schiffner ist Chefarzt „Geriatriezentrum und Palliativbereich“ des Krankenhauses „Groß-Sand“ in Hamburg und Vorsitzender des Vereins „Christen im Gesundheitswesen“.

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„Dittrick Bonnhofer?“ Viele der über 3.000 Gäste des diesjährigen Nationalen Gebetsfrühstücks aus rund 140 Staaten schienen diesen für angel-

sächsische Zungen nur schwer auszusprechenden Namen zuvor noch nie gehört zu haben. Doch eines war schnell klar: Es muss ein besonderer Mann gewesen sein, den der Redakteur der New York Times – Eric Metaxas – in seiner Ansprache als „Vorbild für wirklichen Glauben“ beschrieb. Denn es herrschte gespannte Ruhe, als der Bestseller-Autor von dem Mann sprach, der in Zeiten, in denen Deutschland weithin im Gleichschritt marschierte, auf der Basis seines Glaubens Zivilcourage zeigte; der aus dem sicheren Exil in den USA nach Deutschland zurückkehrte, weil er seine Geschwister im Glauben nicht alleinlassen wollte und konnte; und der Sätze gesagt hatte wie: „Wer nicht für die Juden schreit, darf auch nicht gregorianisch singen.“

US-Präsident Obama bekommt „Bonhoeffer“Dietrich Bonhoeffer, der für seinen Widerstand gegen das Dritte Reich im April 1945 von den Nationalsozialisten im Konzentrationslager Flossenbürg hingerichtet wurde, habe aus seinem Glauben an Jesus Christus heraus gehandelt. Das sei etwas anderes als „schlichte Religiosität“, betonte Metaxas, Sohn einer deutschen Mutter und eines griechi-schen Vaters. Auch heute brauche es Menschen, die sich von Jesus leiten ließen und das, was sie glauben, auch le-ben. Nicht wenige der Gebetsfrühstücksteilnehmer dürf-ten sich Metaxas‘ Bestseller („Bonhoeffer – Pastor, Agent, Märtyrer und Prophet“) seither gekauft haben – und das nicht nur, weil Metaxas Präsident Obama ein Exemplar mit einem Augenzwinkern und den Worten überreichte: „Der

frühere Präsident George W. Bush hat es schon gelesen – aber ich möchte keinen Druck ausüben …“

Mit seiner lockeren und humorvollen Art stahl Metaxas dem Präsidenten ein wenig die Show. Der stellte gleich zu Beginn seiner Rede klar: „Ich werde nicht so witzig sein wie Eric Metaxas.“ Überhaupt wirkte Barack Obama, der zum vierten Mal als Präsident am Nationalen Gebetsfrüh-stück teilnahm, in diesem Jahr eher nachdenklich. Er be-kannte, dass Glaubenswerte für ihn nicht nur im privaten Leben (er bete jeden Morgen und nehme sich Zeit, um in der Bibel zu lesen), sondern auch in der Politik eine ent-scheidende Rolle spielen. „Wir sind die Hüter unserer Brü-der und Schwestern“, rief er den Teilnehmern zu. „Wir sol-len Täter des Wortes und nicht Hörer allein sein.“ Das be-deute, auch praktisch für die Schwachen einzustehen. Als Beispiel nannte Obama die von ihm angestrebten Ände-rungen des Steuerrechts und eine stärkere Belastung Gut-verdienender: „Wem viel gegeben ist, von dem wird man auch viel fordern.“ Sein Glaube helfe ihm zudem, auch nach Rückschlägen weiterzumachen, bekannte der Präsi-dent. Auf den Wahlkampf und die Siegesserie des repub-likanischen Kandidaten Mitt Romney, der ihn höchstwahr-scheinlich am 6. November herausfordern dürfte, ging der Demokrat Obama beim Gebetsfrühstück nicht ein.

Bisher kam jeder Präsident zum GebetsfrühstückDie Geschichte des Nationalen Gebetsfrühstücks reicht zu-rück bis in die Zeit des Zweiten Weltkriegs. Als damals die Frage im Raum stand, ob die Vereinigten Staaten in den Krieg eintreten sollten, trafen sich unter dem damaligen Präsidenten Franklin D. Roosevelt (1882–1945) einige Ab-

Eine Erfolgsgeschichte wird 60NATIONALES GEBETSFRÜHSTÜCK Bisher hat jeder US-Präsident seit Dwight D. Eisenhower (1890–1969) daran teilgenommen: Die Rede ist vom Nationalen Gebetsfrühstück, das seit 1953 traditionell am ersten Donnerstag im Februar in Washington stattfindet. Zum 60. Geburtstag dieses jährlichen Treffens stand ein deutscher Theologe im Mittelpunkt. idea-Redakteur Matthias Pankau war dabei.

Barack Obama nahm in diesem Jahr zum 4. Mal als US-Präsident am Nationalen Gebetsfrühstück teil. Neben ihm, v.l.: der Senator des US-Bundesstaates Arkansas, Mark Pryor, US-Vizepräsident Joe Biden und New-York-Times-Journalist und Bonhoeffer-Biograf Eric Metaxas

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geordnete immer wieder zum gemeinsamen Gebet. Seit 1953 fi ndet das Gebetsfrühstück jedes Jahr am ersten Don-nerstag im Februar statt. Und seitdem hat jeder US-Präsi-dent daran teilgenommen. Ziel des Gebetsfrühstücks, zu dem Abgeordnete des Repräsentantenhauses und des Se-nats einladen, ist es, Menschen mit unterschiedlichem ge-sellschaftlichen, kulturellen und religiösen Hintergrund zusammenzubringen. „Wir fragen nicht: Bist du katholisch oder evangelisch? Bist du Moslem oder Hindu? Wir fragen: Interessierst du dich für Jesus?“, erklärt Douglas Coe (84), beratender Begleiter des Nationalen Gebetsfrühstücks in den USA, das Konzept. Und so ist das Publikum an den Zehner-Tischen im Ballsaal des Hilton-Hotels an diesem Morgen bunt gemischt – Christen, Juden, Moslems, Hindus und Atheisten. Sie tauschen sich aus, suchen nach Verbin-dendem und beten im Namen Jesu. „Wer wie Jesus redet und wie Jesus handelt, kann mit Menschen überall auf der Welt kommunizieren – mit Königen und mit Bettlern, mit Gläubigen und mit Atheisten“, sagt Douglas Coe.

Ist Jesus nur ein Vorbild?Nicht jeder kann da so ohne weiteres mitgehen. Der Bevoll-mächtigte des Rates der EKD bei der Bundesrepublik Deutschland und der Europäischen Union, Prälat Bern-hard Felmberg (Berlin), etwa, der in diesem Jahr erstmals die deutsche Delegation nach Washington begleitete, geriet sichtlich an seine Grenzen, wenn es immer wieder hieß, Jesus von Nazareth sei die verbindende Brücke zwischen allen Religionen. Eine „jesuanische Religion der Liebe“ als kleinster gemeinsamer Nenner und einigendes Band sei zu wenig, fi ndet er. Von Jesus als dem Christus, dem Gottessohn und Erretter, sei hingegen kaum die Rede gewesen. Da habe er als evangelischer Theologe Schwierigkeiten. Eine ähnliche Beobach-tung machte der CDU-Bundestagsabge-ordnete Volkmar Klein (Siegen): Jesus als persönliches Vorbild stehe sehr stark im Fokus, während die Erlöserrolle Christi nur am Rande vorkomme. Und dennoch sei das Ziel, Brücken zu bauen, genau das, was die Welt gegenwärtig brauche.

Felmberg und Klein waren Teil der ins-gesamt 24-köpfi gen deutschen Delegation um den früheren CDU-Landtagsabgeord-neten Rudolf Decker (Böblingen). Decker, der seit über 30 Jahren am Nationalen Ge-betsfrühstück teilnimmt, ist der Mitbe-gründer der Gebetsfrühstücksbewegung in Deutschland. Douglas Coe selbst hatte ihm bei seinem ersten Besuch in Washing-ton 1979 gesagt, die Amerikaner hätten da-für gebetet, dass in Deutschland etwas ähnliches entsteht. Zusammen mit dem

Verleger Friedrich Hänssler (Holzgerlingen bei Stuttgart) griff Decker die Idee auf. Die Offenheit, die das Gebets-frühstück in Washington prägt, ist auch dem deutschen Politiker wichtig. Er möchte Brücken bauen. Schließlich seien die Jünger Jesu auch nicht alle von Anfang an bekehr-te Apostel gewesen, erklärt er und verweist auf Thomas oder Philippus: „Wenn es selbst Jünger gab, die es nach Jahren noch nicht begriffen hatten, dann sollten auch wir die Geduld nicht aufgeben – und hoffen, dass der Heilige Geist seine Hausaufgaben macht und den Menschen Gott und Jesus offenbart.“

Deutsches Pendant: Internationale Berliner BegegnungEs scheint, als täte er das immer wieder. Heute gibt es be-reits in neun deutschen Landtagen – Hamburg, Schleswig-Holstein, Hessen, Niedersachsen, Rheinland-Pfalz, Baden-Württemberg, Bayern, Sachsen und Sachsen-Anhalt – Früh-stückstreffen. Im Bundestag fi ndet in den Sitzungswochen jeden Freitag ein Gebetsfrühstück statt, das regelmäßig bis zu 40 Abgeordnete aus allen Fraktionen und mit unter-schiedlichem geistlichen Hintergrund besuchen. Außer-dem gibt es einmal im Jahr die Internationale Berliner Be-gegnung – eine dem Gebetsfrühstück in Washington ver-gleichbare, wenn auch deutlich kleinere Veranstaltung. Ziel ist es dort unter anderem, politische Gegner oder Vertreter verfeindeter Volksgruppen aus Afrika oder Südamerika an einen Tisch zu bringen. Auch weltweit hat das Modell der Gebetsfrühstücke Schule gemacht und kann durchaus als Erfolgsgeschichte bezeichnet werden. In mehr als 180 Staa-ten gibt es sie inzwischen. Und in vielen Ländern haben sie

sich zu einem wichtigen Faktor für das po-litische Miteinander entwickelt.

Doch zurück zu Dietrich Bonhoeffer, der dem diesjährigen Nationalen Gebets-frühstück eine besondere theologische Tiefe verlieh. Mittelpunkt seiner Theolo-gie sei Jesus Christus gewesen, so sein Biograf Metaxas. Von dieser Mitte her hätten sich bei ihm theologisches Nach-denken, spirituelle Tiefe und ethisches Verantwortungsbewusstsein ergänzt. Da-mit sei Bonhoeffer Ausnahmetheologe und Vorbild gewesen. Abschließend warnte der Biograf vor einer Überheblich-keit gegenüber den Deutschen: „Denkt nicht, ihr wäret in dieser Zeit besser ge-wesen“, rief er den Gästen aus aller Welt zu. „Ihr wäret nicht besser gewesen!“ Denn von sich aus sei der Mensch nicht gut. Erst wenn er sich von Jesus Christus anrühren lasse, könne er Liebe üben und auf andere Menschen zugehen. Eine star-ke Botschaft für die Jubiläumsveranstal-tung des Nationalen Gebetsfrühstücks.

Ein „Vater“ der Gebetsfrühstücks-bewegung in Deutschland, Rudolf Decker, überreichte dem deutschen Botschafter in den USA, Peter Ammon, bei einer Begegnung ein Herrnhuter Losungsbuch.

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Stimmen aus der deutschen Delegation:Beeindruckend, dass Bonhoeffer im Zentrum standBesonders beeindruckt hat mich, dass ausgerechnet beim Jubiläums-Gebetsfrühstück – dem 60. – der deutsche Theo-loge Dietrich Bonhoeffer im Zentrum stand. Denn er ist wirklich ein politisches und theologisches Vorbild. Das hat auch viele amerikanische Freunde neugierig gemacht, habe ich an den Tischen beobachten können. Darüber hinaus habe ich neu gespürt, dass das Gebet die stärkste politische Kraft ist, die wir in dieser Welt haben. Dafür bin ich dankbar, denn auch ich möchte als Abgeordneter durch das Gebet getragen werden. Und auch ich möchte mit anderen über Parteigren-zen hinweg beten. Dazu wurde man hier ermutigt. Überrascht hat mich der eher nachdenklich wirkende Präsident Barack Obama. Das war ein starker Kontrast zu der impulsiven Rede Metaxas’.Patrick Meinhardt (Bretten bei Karlsruhe), Bundestagsabgeordneter, Kirchenexperte und bildungspolitischer Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion

Eine Religion der Liebe als einigendes Band ist zu wenigMein Gesamteindruck ist, dass sich Menschen bemühen, über religiöse Prägungen und Unterschiede hinweg mitein-ander ins Gespräch zu kommen. Das ist ehrenwert. An der einen oder anderen Stelle hatte ich aber den Eindruck, dass mit aller Macht versucht wird, ein gemeinsames Band zu fi n-den – auch indem Jesus auf sein Menschsein reduziert wird. Aus christlicher Sicht wird damit etwas Entscheidendes weg-gebrochen. Um nicht missverstanden zu werden: Den Ver-such, Verständigung zu ermöglichen, begrüße ich. Ob man Juden, Muslime, Hindus, Christen und Menschen anderer Religionen allerdings wirklich zusammenbekommt, indem man quasi eine „jesuanische Religion der Liebe“ proklamiert, wage ich als evange-lischer Theologe zu bezweifeln. Jesus ist viel mehr als ein gutes Vorbild. Hier er-lebe ich als Christ eine Reduzierung Jesu, die ich nicht mittragen kann.Bernhard Felmberg (Berlin), Bevollmächtig-ter des Rates der EKD bei der Bundesrepu-blik Deutschland und der EU

Brücken bauen ist das, was unsere Welt brauchtDas bewegt und motiviert mich: Gott danken und ohne Bedingungen oder Vorbehalte über alle Grenzen hinweg auf Menschen zugehen. Diese Vorgabe Jesu ist der Kern des Nationalen Gebetsfrühstücks. Über zwei Tage wird das in unzähligen Veranstaltungen und Treffen von Verant-wortlichen aus 140 Ländern, allen Religionen und Völkern gelebt. Miteinander reden, Freundschaften schließen und Brücken bauen ist genau das, was unsere Welt braucht. Für diesen guten Zweck wird amerikanisch-pragmatisch Jesus von Nazareth als persönliches Vorbild sehr stark in den Mittelpunkt gestellt und Jesus Christus als Erlöser eher am Rande erwähnt. Fas-zinierend und ermutigend finde ich dennoch jedes Mal das weltweite Netz persönlicher Verbindung und Wert-schätzung jenseits aller politischen Ge-gensätze.Volkmar Klein (Burbach bei Siegen), Bun-destagsabgeordneter (CDU)

Eine Atmosphäre der Offenheit und ToleranzBei meinem ersten Besuch des Nationalen Gebetsfrühstücks vor zwei Jahren war ich so beeindruckt von der Offenheit, der Warmherzigkeit und der Toleranz, die dieses Ereignis prägt, dass ich gern wiedergekommen bin. Das Prayer Breakfast ist nicht auf eine bestimmte Religion oder Glau-bensgemeinschaft fi xiert. So gab es bei einem Treffen vier Reden – und zwar von einem Christen, einem Juden, einem Moslem und einem Buddhisten. Jeder schilderte auf sehr persönliche Weise seinen eigenen Zugang zum Glauben. Und trotzdem merkte man, dass diese Menschen viel mehr verbindet als sie trennt. In meinen Au-gen kann das National Prayer Breakfast den Dialog zwischen den Religionen stärken. In erster Linie aber stärkt es den Austausch zwischen Menschen mit ganz unterschiedlichen Hintergründen. Und das hat mir auch in diesem Jahr wieder besonders gefallen.

Schweiz: Christliche Besinnung statt GebetsfrühstückIn der Schweiz gibt es kein Gebetsfrühstück; stattdessen findet während der Beratungen der Bundesversamm-lung in Bern jede Woche eine Christliche Besinnung statt. Daran nimmt etwa jeder sechste der 200 National-räte und 46 Ständeräte teil. Am Nationalen Gebetsfrüh-stück in Washington nahm diesmal keine Politikerdele-gation aus der Schweiz teil. Als Grund dafür nannte der Präsident der Evangelischen Volkspartei, Heiner Studer, die Tatsache, dass in der Schweiz im Oktober gewählt worden sei, die Anmeldung für eine Teilnahme am Ge-betsfrühstück aber bereits am 1. No-vember hätte vorliegen müssen. Das sei zu knapp gewesen. Im nächsten Jahr würden aber wieder Schweizer Parlamentarier nach Washington rei-sen, so Studer, der bereits viermal am Nationalen Gebetsfrühstück teil-nahm. Aus Österreich war in diesem Jahr Altnationalrat Josef Höchtl (ÖVP) vertreten. P

Die deutsche Delegation kam auch zu einem Gespräch mit dem deutschen Botschafter in den USA, Peter Ammon (9. v. l.).

Im Hilton-Hotel in Washington findet das Nationale Gebetsfrühstück der USA traditionell am ersten Donnerstag im Februar statt.

Patrick Meinhardt

Raju SharmaBernhard Felmberg

Volkmar Klein

Heiner Studer

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Muss man bei Facebook jetzt aussteigen?SOZIALES NETZWERK Menschen sollen ihr ganzes Leben im Netz erzählen. Dazu führt Facebook neue Profile, genannt Chronik, ein. Sie werden für alle 800 Millionen Mitglieder Pflicht. Daten-schützer wähnen die Privatsphäre am Ende. Muss man deshalb aussteigen? Ein Pro und Kontra.

PRO Nun ist es vorbei; ich habe Facebook verlassen. Das Abmelden war umständlicher als der Ein-

stieg. Und dass meine Daten nicht gelöscht werden, ist mir auch klar. Trotzdem ist dieses „soziale Netzwerk“ nicht mehr mein Ort. Vor zwei Jahren hatten junge Freunde mich veranlasst, dort Mitglied zu werden. Seitdem freute ich mich arglos, wenn einer mitteilte, seit wann er mit wem zusammen war. Nun werden diese Mitteilungen zu Teilen einer Chronik, die sich nicht mehr löschen lässt. Mit der zwangsweisen Einführung von „Timeline“ wird jede der-artige Freundschaft dauerhaft dokumentiert, auch falls sie auseinandergehen sollte. Das heikle und wichtige Ge-spräch über frühere Freundschaften wird sofort in der Chronik von Facebook nachgeprüft. Die Verfügungsgewalt über die einmal in Facebook eingestellten Daten geht für alle Zeit an den Internetkonzern über. Es ist Zeit einzuse-hen, dass die Menschenrechte nicht nur ein Bollwerk gegen

Freiheitseingriffe von Staaten, sondern auch von mächti-gen Konzernen sind. Facebook ist ein solcher Konzern. Kein Zufall, dass die Einführung von „Timeline“ und der Börsengang des Internet-Giganten zeitlich zusammentref-fen. Denn jetzt wird Facebook noch gezielter werben kön-nen; das steigert den Aktienkurs.

Facebook ist einer der vier SupermächteViele werden das hinnehmen, weil ihnen die Vorteile von Facebook wichtiger sind. Doch im persönlichen Miteinan-der würde man ein solches Vorgehen als „übergriffi g“ be-zeichnen. Aber es geht um mehr: Es handelt sich um einen gravierenden Eingriff in die Persönlichkeitsrechte der Be-teiligten. Und dieser Eingriff kommt nicht von irgendwem. Unter den vier Supermächten, die ein amerikanischer Ad-miral unlängst aufzählte, waren China, Indien, die USA – und Facebook. P

KONTRA Facebook ist von Anfang an für einen la-xen Umgang mit persönlichen Daten be-

kannt – und seine Nutzer auch: 1987 protestierten unzähli-ge Bürger gegen die staatliche Volkszählung; heute vertrau-en wir Facebook mehr persönliche Daten an, als der deut-sche Staat jemals erfassen wollte. Das Geschäftsmodell von Facebook ist einfach: 1. Bilde das soziale Gefüge der Gesell-schaft auf einer Plattform im Internet ab. 2. Verkaufe den Zugang zu dieser Plattform an Werbetreibende. Der Um-gang mit der Privatsphäre darf Facebook-Nutzer also nicht verwundern, schließlich sind sie nicht die Kunden, sondern das verkaufte Produkt. Ich fi nde es richtig, wenn Christen kritisch dazu beitragen, dass wir in der Informationsgesell-schaft bewusster mit unserer Privatsphäre umgehen. Bei der Frage nach dem „Facebook-Ausstieg“ steht aber weit mehr auf dem Spiel als die christliche Privatsphäre. Denn die eigentliche Frage ist eine andere: Wenn 22 Millionen

Deutsche einen Teil ihrer sozialen Kommunikation über Facebook abwickeln – wollen Christen sich davon abschot-ten? Stellen wir uns vor, diese 22 Millionen lebten in einer Mega-City mitten in Deutschland – würden Christen dazu aufrufen, dort keine Kirche zu gründen? Dorthin keine Missionare zu entsenden? Dort keine „Rechenschaft abzu-legen über die Hoffnung, die in uns ist“?

Christen müssen nicht bei Facebook mitmachen, aber …Christen müssen nicht bei Facebook mitmachen. Aber sie müssen wissen, dass nicht nur ihre persönliche Privatsphä-re auf dem Spiel steht. Sondern die Chance, 22 Millionen Menschen auf einem Weg zu erreichen, der für viele zu ih-rem Alltag gehört. Ein medienwirksamer Ausstieg von Christen wird Facebook nicht ändern – aber die Chance vertun, dort Salz und Licht zu sein, wo 22 Millionen Deut-sche ihr virtuelles Zuhause haben. P

» Es steht weit mehr auf dem Spiel als die christliche Privatsphäre. «

» Es handelt sich um einen gravierenden Eingriff in die

Persönlichkeitsrechte. «

Prof. Dr. Wolfgang Huber (Berlin) war bis 2009 Ratsvorsitzender der EKD und Bischof der Evangelischen Kirche Berlin-Branden-burg-schlesische Oberlausitz

Dr. Jörg Dechert (Wetzlar) ist Leiter des Internetdienstes von ERF Medien (früher Evangeliums-Rundfunk)

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netFORUM FÜR JUNGE CHRISTEN

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Die Sonne brennt heiß, aber die Luft schmeckt nach Schnee. Der Wind trägt den herben Duft von Eukalyptus herüber, und in der Ferne leuchten die Gipfel der Anden. Frieden liegt über dem eindrucksvollen Bergmassiv und den Häusern im Tal. Dort in der Tiefe leuchten rote Dächer inmitten brauner und grüner Felder, auf denen Mais und Anis wachsen. Es ist mein erster Blick auf „Diospi Suyana“, wo ich zwei Monate lang arbeiten werde. Ein Krankenhaus in einer Idylle oben in den Bergen Perus, in der alles leicht und einfach scheint.

Neuer Lebensmut für AntrofernoNach wenigen Tagen im Krankenhaus bin ich schon zum ersten Mal bei einem Au-ßeneinsatz dabei. Im Bett mir gegenüber liegt Antroferno. Er lächelt und antwortet schüchtern auf die Fragen der Ärztin. Der Quechua-Indianer kann sich nicht bewe-gen. Wegen einer missglückten Wirbel-säulenoperation vor vielen Jahren ist er querschnittsgelähmt. Lange hauste er im Dunkeln, Geschwüre übersäten seinen Körper, er wartete auf den Tod – doch der kam nicht. Stattdessen brachte ihn seine Tante zu „Diospi Suyana“. Dort pflegte man seinen gelähmten Körper. Und noch mehr: Man brachte Antroferno Lesen und Schreiben bei und gab ihm neuen Le-bensmut.

Das Krankenhaus mit dem schönen Na-men aus der Quechua-Sprache liegt au-ßerhalb des Städtchens Curahuasi direkt an der „Panamerikana“, der Straße, die von Ecuador nach Feuerland mitten durch den südamerikanischen Kontinent führt. In Curahuasi ist die „Panamerikana“ nur eine schmale Landstraße. Sie schlängelt sich durch die Andenlandschaft und durch die Dörfer der ärmsten Bewohner Perus, der Quechua-Indianer. Sie lassen heute kaum noch etwas von dem Stolz ihrer Vorfahren – der Inka – erkennen. Ihr Leben ist von Armut und Krankheit gezeichnet. Gewalt, Missbrauch und Alkoholismus zerrütten viele Familien.

Vor acht Jahren kam der Arzt Klaus-Die-ter John aus Wiesbaden nach Curahuasi. Er war auf der Suche nach dem richtigen Ort, um ein Vorhaben zu erfüllen, das ihn und seine Frau Martina seit ihrer Schulzeit umtrieb: Sie wollten ein Krankenhaus bau-en – irgendwo in einem armen Land –, um Bedürftigen zu helfen.

Firmen leisteten die größten Spenden ihrer GeschichteUnd hier in Peru schien er diesen Ort ge-funden zu haben. Und so fassten die bei-den Ärzte einen verrückten Plan: Ohne jegliches Startkapital und mit dem Vor-satz, keine Schulden zu machen, sammel-

ten sie auf einer 18-mo-natigen Reise durch die ganze Welt rund 7,5 Millionen Euro in Geld- und Sachspenden, um eines der modernsten Krankenhäuser Süd-a m e r i k a s f ü r d i e ärmsten Einwohner Pe-rus zu bauen. Insgesamt haben bis heu-te rund 40.000 Privatper-sonen und 180 Firmen rund 10,5 Millionen Euro gespendet. Was sich so leicht in einem Satz schreiben lässt, ist das Ergebnis jahrelanger Arbeit – und vor allem unzähliger Gebete. Denn immer wieder wusste Klaus-Dieter John nicht weiter, immer wieder rief er zu Gott, und immer wieder öffneten sich kurz darauf Türen, Hände und Herzen: So leisteten manche Firmen beispielsweise die größ-ten Spenden ihrer Geschichte.

Und weil die Johns wissen, wem sie den Erfolg ihres Riesenprojekts zu verdanken haben, beginnt auch jeder Arbeitstag in Diospi Suyana mit einer Andacht in der Ka-pelle des Krankenhauses. Hier sitzen Que-chua-Indianer aus abgelegenen Bergdör-fern neben wohlhabenden Patienten aus Cusco (der nächst größeren Stadt, die rund 125 km entfernt liegt) oder gar aus

Ein Krankenhaus voller GottvertrauenDiospi Suyana

PERU Als „modernes Wunder“ gilt dieses Krankenhaus: „Diospi Suyana“ („Wir vertrauen auf Gott“). Mitten in Lateinamerika hilft es den ärmsten Bewohnern der Quechua-Indianer in Peru. Aufgebaut haben es zwei evangelische Ärzte aus Deutschland. Helfer aus aller Welt stehen ihnen bei. Auch die Studentin Anja Reumschüssel (27) arbeitete zwei Monate lang im „Krankenhaus der Hoffnung“ mit. Hier ihr Bericht.

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der rund 1.000 km entfernten Hauptstadt Lima. Die einen kommen, weil sie auf die günstige oder auch kostenlose Behand-lung angewiesen sind, die anderen, weil das Krankenhaus mittlerweile weit über seine Umgebung hinaus hoch angesehen ist. Dazwischen sitzen die Mitarbeiter, vor-

wiegend aus Deutschland, aber auch aus der Schweiz, Österreich und

den USA. Für kurze Zeit ge-höre auch ich mit dazu. In

meiner Gemeinde hatte ich einen Artikel über die Arbeit der Johns gelesen. Und da ich so-wieso in den Semester-ferien nach Südamerika reisen wollte, fragte ich

bei Diospi Suyana an, ob ich nicht mitarbeiten kön-

ne. Einen Fragebogen für Kurzzeitmitarbeiter musste

ich noch ausfüllen, dann waren die Formalitäten schon erledigt und

ich konnte meinen Flug buchen.

In Peru bin ich die „Doctorita“In Deutschland habe ich neben dem Studi-um als Sanitäterin im Rettungsdienst und auf einer Intensivstation gearbeitet. In Pe-ru bin ich für die Patienten die „Doctorita“ - im Gegensatz zu den echten „Doctoras“. Ich nehme ängstlichen Peruanern Blut ab, dokumentiere nach einer Operation im Aufwachraum Herzfrequenz und Blut-druck oder halte auch mal einem kleinen Jungen die Hand, der nach einer Narkose langsam wieder erwacht.

Aber auf meiner Schlüsselkarte steht meine eigentliche Bezeichnung: „Ayu-dante General“ – Helfer für alles. Denn neben den medizinischen Kenntnissen, die ich als Rettungssanitäterin mitbringe,

sind im Krankenhaus auch meine anderen Fähigkeiten gefragt. Immer wieder muss in „Diospi Suyana“ improvisiert werden. Denn man versucht aus finanziellen Grün-den, alles selbst zu machen, was nicht un-bedingt angeschafft werden muss. So sind meine handwerklichen Fähigkeiten zum Beispiel gefragt, um aus Draht und Mull-binden Schienen für gebrochene Gliedma-ßen zu basteln.

Einmal in der Woche wird für die vielen deutschen Langzeitmitarbeiter, die sich nach heimischem Essen sehnen, Vollkorn-brot gebacken. Da bin ich Bäckereigehil-fin. Und wenn am Abend in Curahuasi die wöchentlichen Kinderclubs stattfinden – mit Liedern, Geschichten und Bastelei – helfe ich mit meinem lückenhaften Spa-nisch bei der Kinderbetreuung. Für viele der kleinen Quechua ist es die seltene Ge-legenheit, dass sich einmal Erwachsene mit ihnen beschäftigen, sie ernst nehmen und fördern. Auch diese „Sozialarbeit“ gehört zu den Aufgaben, die sich „Diospi Suyana“ gesetzt hat.

Da der Rettungsdienst in Peru selbst in den großen Städten noch kaum ausgebaut ist, kommt meine eigentliche Ausbildung selten zum Einsatz. Nur der Krankenwagen wird hin und wieder gebraucht, wenn ein Patient über steile Serpentinen in die nächs te Stadt verlegt werden muss. Dann kann ich tatsächlich einmal Rettungssanitäterin sein.

Wohnen unter den EinheimischenWer in „Diospi Suyana“ mitarbeitet, kann auf dem Gelände des Krankenhauses in einem Gästezimmer unterkommen. Ich habe mich aber dafür entschieden, in Curahuasi zu wohnen – näher am Leben der Einheimischen. Zwar gibt die Dusche

immer wieder nur kaltes Wasser, doch ich werde morgens vom Krähen eines Hahns geweckt, die Kinder auf der Straße lachen mich neugierig an, wenn ich von der Arbeit nach Hause komme, und die Nachbarn haben mir schon ihre vielen Meerschweinchen gezeigt, die in Peru als Delikatesse gelten.

100 Patienten täglichWas mich am meisten beeindruckt, ist der Glaube, der „Diospi Suyana“ trägt. Täglich stehen rund 100 Patienten vor den Türen des Krankenhauses, das seit acht Jahren durch Spenden finanziert wird. Die Johns hatten kein dickes Sparbuch oder persön-liche Kontakte zu willigen Sponsoren. Sie hatten nur einen Traum und ihr Vertrauen auf Gott. „Diospi Suyana“ ist damit für mich ein modernes Wunder: ein Zeichen dafür, dass Gott noch immer Menschen beruft und denen hilft, die in seinem Namen an-deren helfen wollen. P

b www.diospi-suyana.org

Über sein Leben, die Entstehung von „Diospi Suyana“ und all die un-erklärlichen Zufälle und Fügungen, die den Bau des

Krankenhauses begleiteten, erzählt Klaus-Dieter John in seinem Buch „Ich habe Gott gesehen“ • Brunnen Verlag 272 S. • 14,95 € / 22,40 SFr.

ISBN 9783765517570

PeruEinwohner: 29,8 Mio.Katholisch: 81,3 %Evangelisch: 12,5 %

LIMAHAUPTSTADT

BRASILIEN

KOLUMBIEN

ECUADOR

P E R U

PazifischerOzean

BOLI

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Curahuasi(Standort der Klinik)

Cusco

Anja Reumschüsselbeim Blutdruck-messen

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Wie konnte es zu dieser Katastrophe kommen? Dazu muss man wissen, wie und wo wir arbeiten! Die Mine San José liegt etwa 45 Kilometer von der

Stadt Copiapó entfernt in der Atacama-Wüste, dem trockens-ten Ort der Welt. Ich arbeitete seit sieben Monaten dort und bediente einen riesigen Bohrer, der auf einem hydraulischen Fahrwerk saß. Mein normaler Arbeitsablauf bestand darin, eine Bohrung vorzunehmen und dann den Schutt abzuräu-men. Jeder Bohrvorgang dauerte etwa zwei Stunden. Wenn ich mit dem Bohren fertig war, kam der nächste Arbeiter, platzierte Sprengkörper im Bohrbereich und ließ sie detonie-ren. Der Schutt türmte sich dort auf, bis die Frontlader ka-men, ihn aufsammelten und zu den Lastwagen hinaustrans-portierten. Dies hört sich alles sehr einfach an, aber es war eine gefährliche Arbeit.

San José war eigentlich eine Kupfermine, wurde jedoch als Goldmine betrieben. Denn das Kupfer, das aus der Mine gewonnen wurde, war von minderwertiger Qualität. Aber das dort gefundene Gold schien zu rechtfertigen, dass die Mine weiter betrieben wurde. Und so kam es zu einer völlig unangemessenen Ausschachtung. Ihre Ursache liegt rein in der menschlichen Gier.

Dies war nicht die einzige Gefährdung. Wir bohrten in einer Tiefe von 500 bis 700 Metern unter Tage. Darüber oder darunter gab es nichts mehr zu holen, weil dort bereits al-les ausgeschöpft war. Dazu kam, dass die Mine zu wenige Belüftungsschächte besaß. Die Hitze der Motoren der Last-wagen und Maschinen verstärkt die Wirkung des Kohlen-monoxids, das von den Maschinen ausgestoßen wird. Bei den hohen Temperaturen von um die 34 Grad entsteht ein gefährliches Gasgemisch in der Luft. Ich habe selbst zwei Unfälle durch die Ansammlung von Stickoxiden und Koh-lenmonoxid erlebt. Beide Male war ich mindestens 40 Mi-nuten bewusstlos.

Wir erlebten schon einige Warnungen der Natur. Wir hör-ten ungewöhnliche Geräusche und ein Rumpeln von Ge-stein innerhalb des Berges. In den Biegungen und auch an anderen Stellen hatte es kleine Gesteinsexplosionen gege-ben. Wir teilten es unserem Chef mit. Auch der Geologe unseres Bergwerks hatte uns gewarnt, dass die Mine ein-stürzen könnte, die Rampe werde jedoch intakt bleiben. So schickte der Chef uns wieder an die Arbeit und forderte uns auf, Ruhe zu bewahren. Im Blick auf die Sicherheit wurde jedoch nichts unternommen.

Explosion in der MineAm 5. August 2010 gegen 14 Uhr wurden wir von einem Fel-sendonnern aufgeschreckt. Die Gesteinsexplosion kam wie eine heranrollende Welle auf uns zu und überzog uns mit einer Schmutzschicht. Eine dichte Staubwolke hüllte uns ein. Es dauerte vier Stunden, bis sie sich wieder gelegt hatte. Wir befanden uns an verschiedenen Orten innerhalb der Mine, und es schien uns am besten, den Schutzraum aufzusuchen. Nach und nach kam ein Kumpel nach dem anderen herein. Der Schutzraum war etwa 5 x 15 Meter groß und mit einem Vorrat an Sauerstoff, Wasser und Nahrungsmitteln für Kri-sensituationen ausgestattet. Nachdem die Explosionen und der Bergrutsch vorbei waren und die Staubwolke sich gelegt hatte, waren 33 von uns versammelt. Einer nach dem ande-ren bestätigte, dass er keine Verletzung erlitten hatte. Allein das war ein Grund zum Feiern und gab uns das Gefühl, ein Wunder zu erleben.

Warten auf RettungNachdem der Staub und der Rauch sich so weit gelegt hatten, dass wir uns aus dem Schutzraum hinauswagen konnten, begannen wir, unsere Situation zu begreifen. Der Zu-gangstunnel war durch eine riesige Masse Felsen und Schutt blockiert. Wir führten mehrere Erkundungsgänge durch, um einen Fluchtweg zu fi nden. Zuerst versuchten wir, durch die Belüftungsschächte zu entkommen, doch das erwies sich als unmöglich. Uns fehlte die Ausrüstung (Leitern oder Seile), um senkrecht nach oben zu gelangen. Außerdem waren un-sere Laternen beschädigt. Wenn wir weiter nach einer Flucht-möglichkeit suchten, würden wir uns zusätzlichen Gefahren aussetzen. So gaben wir schon am ersten Tag jede Hoffnung

70 Tage unter der ErdeGRUBENUNGLÜCK Es war die Rettung nach einer Katastrophe, die die ganze Welt in Atem hielt: Am 13. Oktober 2010 wurden 33 Bergleute aus dem chilenischen Bergwerk San José gerettet. Sie hatten 70 Tage lang in einer Mine 700 Meter unter der Erde überlebt. Einer von ihnen war der Bergmann José Henriquez. In seinem Buch „70 Tage unter der Erde“, das demnächst im Brunnen-Verlag erscheint, beschreibt er die dramatische Rettungsaktion. idea druckt vorab Auszüge.

Der Autor dieses Beitrages – José Hen-riquez – wurde als 24. von 33 Kumpeln gerettet. Der 56-Jährige ist verheiratet und Vater von zwei Töchtern. Während der 70-tägigen Gefangenschaft unter Tage wurde der evangelikale Christ von seinen Kameraden zum „geistlichen Leiter“ bestimmt.

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auf ein Entkommen auf. Wenn wir überleben wollten, mussten wir auf eine Rettungsmannschaft von außen hof-fen. Wir hatten keine Ahnung, wie lange das dauern könn-te. So begann unser Kampf ums Überleben.

Unsere einzige HoffnungIm schattenhaften Dunkel der Mine wurde uns schnell klar, dass Gott unsere einzige Hoffnung und unsere einzige Kraft-quelle war. Schon ganz am Anfang äußerte ich meinen Freunden gegenüber diesen Gedanken. Sie sagten mir: „José, wir möchten, dass du uns im Gebet anleitest.“ Es bestand kein Zweifel, dass wir die Hilfe des Himmels brauchten. Und so kam es, dass ich außer den praktischen Aufgaben auch eine geistliche Aufgabe zugewiesen bekam. So begann mei-ne Aufgabe als Gebetsleiter. Meine Kollegen wünschten sich, dass ich Gebetszeiten einrichtete, bei denen wir alle gemein-sam den Herrn um unsere Befreiung bitten würden.

In den folgenden Tagen beteten wir gemeinsam, und ich verkündete das Wort Gottes. In meinen Predigten stellte ich ihnen Christus vor, und dann beteten wir zusammen ohne Rücksicht auf unsere Konfessionen oder religiösen Vorlieben; wir beteten einfach in der Hoffnung, eine Ant-wort vom Herrn zu erhalten. Das Gebet wurde zu unserer wichtigsten Kraftquelle. Das Interesse an unseren Gebets-zeiten wuchs im Lauf der Zeit und die Beteiligung wurde intensiver. Wir begannen, auch persönliche Gebete zu spre-chen, sodass jeder von uns mit eigenen Worten teilnahm. Unsere Gebete hatten eines gemeinsam: Wir baten Gott, die ganze Situation in seine Hand zu nehmen, denn es war sonst niemand da, der uns hören konnte.

„Bergmann Nr. 34”Als wir verschüttet wurden, hatten wir keine Bibel. Doch als ich mit meinen Kollegen über den Herrn sprach, merkte ich, wie viele Bibelverse und geistliche Gedanken, die ich früher gelernt hatte, wieder in mein Gedächtnis zurückkehrten. Je-der Abschnitt aus Gottes Wort, den ich weitergab, und jedes Gleichnis unseres Herrn, das ich erzählte, war zuerst in mei-nem eigenen Herzen ausgesät worden. Dabei erinnerte ich

mich an die Gebetstreffen, an denen ich als Kind teilgenom-men hatte: Dort hatten die Menschen immer die Gelegenheit erhalten, Gott zu loben und ihm zu danken.

Das Gebet spielte in unserer Geschichte die allerwichtigs-te Rolle. Aus menschlicher Sicht konnten wir überhaupt nichts tun. Wir hatten keine Ahnung, was außerhalb der Mine vor sich ging, und die Rettungsmannschaft wiederum hatte keine Ahnung, was in der Mine vor sich ging. Doch beim Be-ten fühlten wir uns von der Gegenwart des Herrn umgeben. Er war sozusagen „Bergmann Nr. 34”. Wir konnten seine Ge-genwart spüren, und wir sprachen täglich mit ihm. So konn-ten wir durchhalten, während wir sehnsüchtig auf Hilfe war-teten. Denn wir wussten nicht, ob man überhaupt noch nach uns suchte oder ob man uns schon für tot erklärt hatte.

Irgendwann hörten wir endlich Bohrgeräusche in den Felsen. Sie benutzten also einen Sondierungsbohrer, um uns zu fi nden! Dies war ein ermutigendes Zeichen. Doch während wir lauschten, merkten wir plötzlich, dass die Bohrgeräusche nicht mehr von oben kamen. Stattdessen hörten wir sie unter uns. Der Bohrer hatte sein Ziel ver-fehlt! Er hatte unseren Schutzraum nicht erreicht, sondern war in einiger Entfernung an uns vorbeigegangen. Damit schwand für viele von uns die Hoffnung.

Der Bohrer bricht durchNach 17 Tagen des Wartens kam endlich eine zweite Sondie-rungsbohrung und erreichte tatsächlich unseren Schutz-raum. Als der Bohrer durchbrach, machten wir uns dadurch bemerkbar, dass wir mit einem Hammer auf die eiserne Bohrstange schlugen, damit sie bis nach oben vibrierte. Die Männer oben fühlten die Vibration und stoppten die Maschi-ne. Das verschaffte uns Zeit, die Botschaften anzubringen, die wir vorbereitet hatten. Ein Kollege hatte mit dickem Filz-stift geschrieben: „Es geht uns gut im Schutzraum. Die 33.“

Die Titelzeile der Tageszeitung „Die Welt” (Berlin) am 14. Oktober 2010

„Danke Gott”: Jeder der geretteten Bergmänner, hier Alex Vega, trug ein T-Shirt mit dieser Aufschrift in Spanisch und Englisch.

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So begann unsere Kommunikation mit der Außenwelt. Nachdem das Rettungsteam be-gonnen hatte, uns Lebensmittel zu schicken, erhielten wir auch viele Geschenke. Eines da-von war eine Bibel, und zwar für jeden der 33 Männer, die in der Mine eingeschlossen wa-ren. Wir waren sehr überrascht, dass die chile-nische Bibelgesellschaft den Namen des jewei-ligen Kumpels auf die Bibel aufgeprägt hatte sowie die Worte: „Gute Bücher sollten in guten Händen sein.“ Es war ein großer Segen für jeden von uns, dass wir das Wort Gottes zum Lesen hat-ten. Außerdem bekam jeder von uns die Bibel als Hörbuch, in dem die Geschichten wie Theaterstücke aufbereitet waren. So wurde das Wort Gottes für uns viel leichter verständlich.

Was die Atmosphäre verdarbAuch andere Dinge wurden in die Mine heruntergeschickt, darunter solche, die wir besser nie bekommen hätten. Die Leu-te versorgten uns mit Pornozeitschriften und mit anderem Le-sematerial voll schmutziger Witze. Sie meinten, das sei gut für uns und würde die Stimmung der Männer heben. Doch kei-ner von uns hatte darum gebeten, und es war nicht gut für uns. In Wahrheit verdarb es nur die Atmosphäre. Diese Dinge be-zeugten nur das oberfl ächliche Glück, das die Welt uns bietet.

Ein Ruf zur Umkehr tief unter der ErdeDas Rettungsteam kam enorm gut voran. Tag und Nacht hämmerte es in den Felsen. Es war nicht leicht, mit dem stän-digen Lärm zu leben. Eines Tages wurden wir noch einmal von einer großen Staubwolke eingehüllt. Aber wir beklagten uns nicht. Die Alternative wäre ja gewesen, dass sie mit dem Bohren aufhörten, und so wollten wir lieber bis zum Ende durchhalten. Nun würde es nicht mehr lange dauern, bis wir die Mine verlassen konnten. In mir verstärkte sich der Ein-druck, ich sollte die Männer dazu aufrufen, den Herrn anzu-nehmen. Wochenlang hatten wir das Evangelium gepredigt. Wir waren Zeugen all dessen geworden, was der Herr für uns getan hatte. Wir hatten für die Kranken gebetet und so-gar Gebetsanliegen von draußen aufgenommen. Was wir da abhielten, waren keine einfachen Gebetstreffen mehr, son-dern Gottesdienste. Die jungen Männer trauten sich, zu beten und auch zu singen. Das Einzige, was sie nun noch tun muss-

ten, war, den Gott in ihr Herz einzula-den, der die ganze Zeit über bei ihnen gewesen war. Natürlich hätte ich einen solchen Gottesdienst auch selbst durch-

führen können, doch ich hielt es für einen guten Gedanken, wenn ein Pastor aus der Gegend per Videokonferenz teilnahm. So nahm ich Kontakt zu einem Pastor aus Co-piapó auf, der nächstgelegenen Stadt, in der die meisten der Männer wohnten. Die-ser Pastor würde die Kumpel weiter be-treuen, wenn wir draußen waren.

„Ja, ich nehme Christus an”An einem Sonntagmittag – während des Gottesdienstes – sagte der Pastor ein paar

Worte und wir sangen Loblieder. Dann sprach er ein Gebet, das einen Aufruf zur Umkehr mit einschloss. 22 von den 33 Bergleuten, die in der Mine gefangen waren, gaben ihr Leben dem Herrn und sagten: „Ja, ich nehme Christus an.“

„Danke, Herr!“In den letzten Tagen, bevor die Rettungskapsel zum ersten Mal zu uns herunterkam, informierte uns das Team draußen über die Idee eines Missionars. Er hatte vorgeschlagen, dass jeder Kumpel beim Verlassen der Mine ein T-Shirt tragen sollte mit der Aufschrift: „Danke, Herr!“ Dies würde ein außergewöhn-liches Zeichen sein. Wenn man bedachte, dass die Fernsehka-meras der ganzen Welt in diesem Moment jedes Detail auf-zeichnen würden, so wäre es eine einzigartige Gelegenheit, der Welt zu zeigen, dass die in der Mine eingeschlossenen Männer Gott persönlich kennengelernt hatten. Wir konnten so unsere Dankbarkeit gegenüber Gott zum Ausdruck bringen und den ganzen Planeten wissen lassen, dass Gott die Gebete derer erhört, die zu ihm rufen. Wenn wir diese T-Shirts trugen, brauchten wir noch nicht einmal den Mund aufzumachen. Das Motto auf unserer Brust –„Danke, Herr!“ – würde auf Spanisch und Englisch zu lesen sein. Auf der Rückseite der Shirts sollte ein Bibelvers stehen: „In seiner Hand liegen die Tiefen der Erde und die Gipfel der hohen Berge“ (Psalm 95,4). Keiner in der Gruppe hatte etwas gegen den Vorschlag einzuwenden, und so schickte man uns ein paar Tage später die T-Shirts.

Am 13. Oktober traf die Rettungskapsel schließlich ein. Bevor wir einer nach dem anderen nach oben gefahren wur-den, sprach ich noch einmal zur Gruppe: „Der Herr hat un-ser Gebet beantwortet, darum soll niemand diesen Ort ver-lassen, bevor wir zusammen gebetet und dem Herrn ge-dankt haben, dass er die Rettungsarbeiten gesegnet hat.“ Dann beteten wir mehrere Minuten lang. Um 17.59 Uhr war ich der 24. Mann, der die Mine verließ. Mit der Rettungskap-sel Phoenix II wurde ich an die Erdoberfl äche befördert. Die

Fahrt dauerte neun Minuten, und die ganze Zeit über lobte ich Gott und dankte ihm. Der Herr hatte unsere Gebete erhört. Da-für danke ich Gott und gelobe, ihm für den Rest meines Lebens zu dienen. P

Chile16,8 Mio. Einwohner

Katholiken 70,0 %

Protestanten 15,0 %

Nicht-Religiöse 8,3 %

Anhänger von Naturreligionen 6,7 %

José Henriquez: 70 Tage unter der Erde.„Ich habe nie aufgehört, an ein Wunder Gottes zu glauben” • Brunnen Verlag 152 Seiten • gebunden • mit 8 FotoseitenISBN: 978-3-7655-1187-512,99 € / 19.50 SFrErscheinungsdatum: 16. Februar

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Gutes Buch in guten Händen: die Bibel von José Henriquez

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DIE KLEINE K A NZEL ZU R LOSU NG DES NÄCHST EN K IRCHEN TAGES 31

Papi weiss einfach mehr. Er liest idea Spektrum.

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Dr. Hans-Georg Wünch (Altenkirchen/Westerwald) ist Studienleiter und Dozent für Altes Testament am Theologischen Seminar Rheinland (früher: Neues Leben-Seminar).

» Jeder hatte gesammelt, soviel er zum Essen brauchte. «

Aus dem 2. Buch Mose 16,18b

In der letzten Woche wurde die Losung des nächs-ten Deutschen Evangelischen Kirchentages be-kanntgegeben, der 2013 in Hamburg stattfi ndet:

„Soviel du brauchst“. Das Motto bezieht sich auf einen Vers aus dem zweiten Buch Mose. Nach eineinhalb Monaten Wüstenwanderung waren den Israeliten die aus Ägypten mitgebrachten Vorräte zur Neige gegangen. Das Volk hatte Hunger. Und es fi ng an zu klagen. Die Israeliten fragten sich: Warum hat uns Mose eigentlich in diese Wüste gebracht?

In diese Situation hinein handelte Gott und gab seinem Volk zu essen: Manna, das vom Himmel geschenkte Brot. Jeden Morgen lag es da, die Israeliten mussten es nur ein-sammeln. Vierzig Jahre lang versorgte Gott sie damit. An diesem ersten Morgen sammelten die Israeliten das Manna ein. Jeder sollte pro Person in seinem Haushalt einen Krug voll sammeln. Der eine (mit einem kleinen Haushalt) sam-melte daher wenig, der andere (mit einem großen Haus-

halt) viel. Beim Nachmessen passte es bei jedem genau zur Größe seiner Familie: „Jeder hatte gesammelt, soviel er zum Essen brauchte.“

Durch dieses Wunder am ersten Morgen verspricht Gott seinem Volk, dass er es versorgen wird. Es wird immer ge-nügend zu essen da sein. In diesem Sinne ist die Kirchen-tagslosung gut getroffen. Aber Vorsicht! Schon für Israel galt: Gott versorgt seine Menschen mit dem, was sie brau-chen – und nicht mit dem, was sie wollen! Zudem ist zu be-achten: Gott versorgte sein Volk, weil es mit ihm unterwegs war. Auch Jesus hat das deutlich gemacht: Wir brauchen uns um nichts zu sorgen, wenn wir Gott und sein Reich an die erste Stelle setzen (Matthäus 6,33). Wenn wir unterwegs sind auf Gottes Wegen und in seiner Nachfolge leben, wenn Gott und sein Reich bei uns den ersten Platz einnehmen, dann gilt auch uns diese Zusage. Dann werden wir erleben, dass wir immer haben, soviel wir brauchen. P

Gott versorgt uns – wenn wir ihm nachfolgen

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PORTRÄT

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DAS WORT DER WOCHE » Wenn Sie morgens im Badezimmer vor dem Spiegel stehen, sagen Sie zu sich selbst: ‚Das

Beste, was heute anderen passieren kann, ist, mich zu treffen. Als Gott mich schuf, wollte er angeben!’ Wenn Sie nicht dieser Meinung sind, bleiben Sie bitte im Bad. «

Der Komödiant Johannes Warth (Berlin) beim 2. Christlichen Medienkongress in Schwäbisch Gmünd

Bitterkalte Temperaturen bis zu minus 34 Grad setzen derzeit den Menschen in

Deutschland und Osteuropa zu. Euro-paweit sind bisher rund 300 Kältetote zu beklagen, vor allem Obdachlose. Auch in Deutschland hat die extreme Kälte bereits einige Opfer gefordert. Für viele der schätzungsweise 4.000 wohnungslosen Menschen in Berlin hat die Hoffnung indes einen Namen: Jutta Herbst-Oehme. Während der Wintermonate kümmert sich die Ärz-tin nachts um obdachlose Menschen und versorgt sie medizinisch. Geld nimmt sie dafür nicht. Vielmehr möchte die bekennende Christin mit ihrem Ehrenamt einen „kleinen Bei-trag zum Gemeinwohl leisten“, wie sie es bescheiden formuliert.

Abends beginnt der zweite ArbeitstagWenn andere nach einem langen Ar-beitstag beginnen, den Feierabend zu genießen, packt Jutta Herbst-Oehme ih-ren Arztkoffer und macht sich aus dem gutbürgerlichen Ortsteil Dahlem – wo sie tagsüber Privat- und Kassenpatien-ten behandelt – auf den Weg zum Hauptbahnhof in Berlin-Mitte. Dort be-fi ndet sich das größte Notquartier der Hauptstadt für Obdachlose: das der Berliner Stadtmission. Wenn es drau-ßen dunkel wird und die Temperatu-

ren empfi ndlich zurückgehen, wird es hier – wie in anderen Notunterkünften auch – voll. Wegen der Kälte übersteigt die Nachfrage derzeit häufi g das Ange-bot. Im Januar suchten in Berlin jeden Tag zwischen 350 und 450 Menschen diese Einrichtungen auf. Die einen ha-ben Hunger, andere suchen einen war-men Schlafplatz, und wieder andere brauchen medizinische Versorgung, würden aber nie in eine Arztpraxis ge-hen – weil sie gar nicht versichert sind.

Aber Jutta Herbst-Oehme fragt nicht nach Krankenkassen-Karten oder Zu-zahlungen. Sie behandelt die Men-schen einfach – Platzwunden ebenso wie Kopfschmerzen oder leichte Erfrie-rungen. Bis zu 30 Patienten sind es während einer Schicht zwischen 21 und 1 Uhr nachts. Berührungsängste hat die 55-Jährige dabei nicht: „Ich be-handle Menschen und unterscheide nicht zwischen Arm und Reich.“ Schließlich habe Gott jeden Menschen nach seinem Ebenbild geschaffen. Wo-rüber sich die engagierte Ärztin indes freut, sind Helfer. So würden gut aus-gebildete Krankenschwestern immer gebraucht. Auch sprachbegabte Unter-stützer seien nötig, denn die Zahl der aus Osteuropa stammenden Patienten habe in den vergangenen Jahren zuge-nommen. Und die Sprachbarriere er-schwere eine Behandlung natürlich.

Selbst das Preisgeld spendete sieSeit mittlerweile acht Jahren engagiert sich die Ärztin, die auch in der „Berli-ner Kantorei“ singt, für die Kältehilfe der Berliner Stadtmission. 2003 war sie über eine Spendenaktion der Evangeli-schen Gemeinde Grunewald auf das Projekt aufmerksam geworden. Wie viele Menschen sie seitdem behandelt hat, kann sie nicht sagen – aber das spiele auch gar keine Rolle, da es um je-den Einzelnen gehe. Für ihr ehrenamt-liches Engagement wurde die außerge-wöhnliche Medizinerin im vergange-nen Jahr mit der Bundesverdienstme-daille ausgezeichnet. Im Dezember er-hielt sie zudem die Helene-Medaille der Stiftung Oskar-Helene-Heim, die damit besonderes ehrenamtliches En-gagement auf medizinisch-sozialem Gebiet ehrt. Die damit verbundenen 10.000 Euro spendete Frau Herbst-Oeh-me sofort: an das Obdachlosenprojekt der Berliner Stadtmission. Davon wer-den Medikamente und Verbandsmate-rial gekauft – damit weiteren Bedürfti-gen geholfen werden kann. P

b www.berliner-stadtmission.de

KÄLTEWELLE Tagsüber arbeitet die Ärztin Jutta Herbst-Oehme in einer Praxis, nachts versorgt sie Obdachlose medizinisch – ehrenamtlich und ohne einen Cent dafür zu nehmen. idea-Redakteur Matthias Pankau hat mit ihr gesprochen.

Ein Engel in Berlin-Mitte