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Ideen für den Unterricht in Klasse 9-12 Ein Projekt der mit freundlicher Unterstützung von Universal Pictures International Germany GmbH Filmstart: 6.11.2014

Ideen für den Unterricht in Klasse 9-12 · DES SCHWEIGENS, Prädikat ... von links nach rechts Roman Osin, Uli Putz, Alexander Fehling, ... vergleichbare Funktionen in der Hitler-Regierung

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  • Ideen fr den Unterricht in Klasse 9-12

    Ein Projekt der mit freundlicher Untersttzung von Universal Pictures International Germany GmbH

    Filmstart: 6.11.2014

  • Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen,

    die Verbrechen von Auschwitz sind fester Bestandteil unseres kollektivenGedchtnisses. Aus heutiger Sicht erscheint es geradezu unvorstellbar, dassdie dort verbten Grueltaten nach Kriegsende zum blinden Fleck wurdenund die Auseinandersetzung mit der jngsten Vergangenheit bis zu Beginnder 1960er Jahre von der Mehrheit der Deutschen konsequent vermiedenwurde. Konrad Adenauers Doktrin, einen Schlussstrich unter die Vergangen-heit zu ziehen, entsprach der Sehnsucht vieler Deutscher nach der Rckkehrzur Normalitt. Unbehelligt lebten viele hochrangige Nationalsozialistenund Tter aus den Vernichtungslagern mitten in der Gesellschaft und hattenmitunter sogar erneut hohe mter inne.Erst mit den Frankfurter Auschwitz-Prozessen setzte ab 1963 die Auseinan-dersetzung mit den Verbrechen in der breiten Bevlkerung ein. Die Bedeu-tung des von Generalstaatsanwalt Fritz Bauer geleiteten Verfahrens ist frdie Vergangenheitsbewltigung und die demokratische EntwicklungDeutschlands beispiellos. Doch bis es zum Prozessauftakt kommen konnte,hatten die Staatsanwlte rund um Bauer ein Dickicht an Schweigen, Wider-stnden und Vertuschung zu durchbrechen. Der am 6. November 2014 in unseren Kinos startende Film IM LABYRINTHDES SCHWEIGENS, Prdikat besonders wertvoll, zeigt, wie es zu denAuschwitz-Prozessen kam und bietet spannende Anknpfungspunkte frIhren Unterricht. Gemeinsam mit unserem Partner Universal Pictures Interna-tional Germany nehmen wir den Filmstart zum Anlass, Ihnen Impulse fr denfcherbergreifenden Unterricht in Klasse 9-12 zur Verfgung zu stellen.Eine ausfhrliche Liste mit weiterfhrenden Lese- und Linktipps steht Ihnenunter www.derlehrerclub.de/imlabyrinthdesschweigens zur Verfgung.

    Wir wnschen Ihnen und Ihren Schlerinnen und Schlern interessante undbewegende Unterrichtsstunden.

    Ihre Stiftung Lesen

    Sondervorfhrungen frSchulen

    Mchten Sie mit Ihrer Klasse denFilm besuchen? Fragen Sie abFilmstart (6.11.2014) direkt imKino Ihres Ortes nach der Mg-lichkeit von Vormittags- oderSchulvorstellungen. Bei der Organisation von Sondervor -stellungen helfen auch gerne:

    Irmgard Kring,[email protected], Tel.: 030 - 210 19 333, Fax: 030 - 210 19 199(Bayern, Berlin, Brandenburg,Bremen, Hamburg, Mecklen-burg-Vorpommern, Niedersach-sen, Sachsen, Sachsen-Anhalt,Schleswig Holstein, Thringen)

    Maike Linhof, [email protected], Tel.: 069 - 22 22 82 145, Fax: 069 - 66 66 509 (Baden-Wrttemberg, Hessen,Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Saarland)

    Impressum: Herausgeber und Verleger:

    Stiftung Lesen, Rmerwall 40,

    55131 Mainz, www.stiftunglesen.de;

    Verantwortlich: Dr. Jrg F. Maas;

    Programme und Projekte:

    Sabine Uehlein;

    Redaktion: Miriam Holstein;

    Fachautor: Reiner Engelmann;

    Bildnachweis: Alle Filmbilder: CWP Film /

    Universal Pictures / Heike Ulrich;

    S. 3: 2013 cwp film / naked eye filmpro-

    duction / Universal Pictures International;

    S. 8: Gunter Schindler (Schindler-Foto-

    Report); S. 9: Laika-Verlag;

    S. 10: Stefan Moses, Mnchen;

    S. 12: Institut fr Stadtgeschichte,

    Frankfurt am Main, Foto Kurt Weiner;

    S. 14: Landesarchiv Baden-Wrttemberg

    Ludwigsburg.

    Gestaltung: Harald Walitzek,

    Plugin Design, Undenheim;

    Irrtmer und Preisnderungen

    vorbehalten.

    Stiftung Lesen, Mainz 2014.

    Anknpfungspunkte fr den Unterricht:

    Geschichte / Gemeinschaftskunde / Sozialkunde / Politikwissen -schaften:Deutschland in den 1950er Jahren, Tter und Opfer nach 1945, Auschwitz-Prozesse, Recht und Gerechtigkeit, Zivilcourage

    Philosophie / Ethik / Religion:Schuld, Recht und Gerechtigkeit, Zivilcourage, Verantwortung

    Deutsch / Kunst: Motive, Erzhlstruktur, Dramaturgie

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    InhaltsverzeichnisDer Film und seine Hintergrnde 3Deutschland in den 1950er Jahren 5Weiterleben nach Kriegsende Tter und Opfer 7Die Auschwitz-Prozesse 10

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    Die Auschwitz-Prozesse sind imGegensatz zu den

    Nrnberger Prozessenden meisten Menschen

    heutzutage nichtbekannt. Insofernarbeiten wir mit

    unserem Film wider dasVergessen aber ebennicht mit einer brav

    bebilderten Geschichts-stunde, sondern mit

    einer unterhaltsamen,spannenden Helden-

    reise.(Jakob Claussen, Produzent

    IM LABYRINTH DES SCHWEIGENS)

    Der Film und seine Hintergrnde

    Die StoryDeutschland 1958: Wiederaufbau, Wirtschaftswunder. Johann Radmann,dargestellt von Alexander Fehling (GOETHE, 13 SEMESTER), ist ein jungerStaatsanwalt, der sich zu Beginn seiner Laufbahn um wenig interessanteVerkehrsdelikte kmmern muss. Als eines Tages der Journalist ThomasGnielka im Gerichtsgebude fr Aufruhr sorgt, wird er hellhrig: Ein FreundGnielkas hat einen Lehrer als ehemaligen Auschwitz-Aufseher erkannt, dochniemand will seine Anzeige aufnehmen. Gegen den Willen seiner direktenVorgesetzten beginnt Radmann, sich mit dem Fall zu beschftigen undstt auf ein Geflecht aus Verdrngung, Verleugnung und Verklrung. VonAuschwitz haben die einen in diesen Jahren nie gehrt, und die anderenwollen es so schnell wie mglich vergessen. Nur Generalstaatsanwalt FritzBauer, dargestellt von Gert Voss (ZETTL, MITTE ENDE AUGUST), untersttztRadmanns Neugier. Er selbst mchte die dort begangenen Verbrechen seitLangem an die ffentlichkeit bringen, fr eine Anklage fehlt ihm jedoch diejuristische Handhabe. Als Radmann und Gnielka Unterlagen finden, die zuden Ttern fhren, erkennt Bauer sofort deren Brisanz und beauftragtRadmann offiziell mit der Leitung weiterer Ermittlungen. Der strzt sich inseine neue Aufgabe, berschreitet dabei Kompetenzen, berwirft sich mitFreunden, Kollegen und Verbndeten und gert auf seiner Suche nach derWahrheit immer tiefer in ein Labyrinth aus Schuld und Lgen ...

    IM LABYRINTH DES SCHWEIGENS Drehstart, von links nach rechts Roman Osin, Uli Putz, Alexander Fehling, Friederike Becht,

    Sabine Lamby, Jakob Claussen, Giulio Ricciarelli

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    Das Fritz Bauer Institut (www.fritz-bauer-institut.de)Das Fritz Bauer Institut ist eine unabhngige Forschungs-, Dokumen-tations- und Bildungseinrichtung zur Geschichte der nationalsozialis-tischen Massenverbrechen insbesondere des Holocaust und derenWirkung bis in die Gegenwart. Auf der Website www.auschwitz-prozess.de stellt das Institut in Kooperation mit dem StaatlichenMuseum Auschwitz-Birkenau, dem Hessischen Hauptstaatsarchiv unddem Deutschen Rundfunkarchiv die Abschriften des 430-stndigenMitschnitts des 1. Auschwitz-Prozesses sowie 100 Stunden Tonmit-schnitte ausgewhlter Vernehmungen zur Verfgung.

    Ich fand die Geschichteunglaublich. Vor allem

    konnte ich nichtglauben, dass vieleDeutsche Ende der

    1950er Jahre noch nieetwas von Auschwitz

    gehrt hatten. (Giulio Ricciarelli, Regisseur

    IM LABYRINTH DES SCHWEIGENS)

    Die HintergrndeVor dem Hintergrund wahrer Begebenheiten thematisiert die fiktive Ge-schichte um Johann Radmann ein weitestgehend unbekanntes Kapitel derdeutschen Geschichte. Die Drehbuchautorin Elisabeth Bartel stie in einemZeitungsartikel auf die Auschwitz-Prozesse und erkannte gemeinsam mit derPro duzentin Sabine Lamby das Potenzial dieser im Kino noch nicht erzhltenEreignisse. Gemeinsam mit Giulio Ricciarelli als Co-Autor entwickelten siedie Geschichte, die schlielich die erste Regiearbeit von Ricciarelli werdensollte. Die Entscheidung, die historischen Begebenheiten in eine fiktive Ge-schichte einzubetten, begrndete Produzentin Uli Putz so: Whrend es denGeneralstaatsanwalt Fritz Bauer und den Journalisten Thomas Gnielka wirk-lich gab, ist unser Protagonist, der junge Staatsanwalt Johann, eine erfun-dene Figur, verdichtet aus den drei Staatsanwlten, die damals tatschlichdie Ermittlungen fhrten. Die grte Herausforderung bei der Entwicklungdes Drehbuchs war es, die einzelnen Elemente auszubalancieren: Wir woll-ten einerseits die entscheidenden Tatsachen beibehalten, andererseits dasGeschehen aber auch emotionalisieren. Zum Verhltnis zwischen Faktenund Fiktion merkt Regisseur Ricciarelli an, dass es das groe Ziel gewesen sei,die historischen Wirklichkeiten so korrekt wie mglich darzustellen, dabei je-doch das Innenleben der Figuren erzhlerisch frei auszugestal- ten, um denZuschauern statt einer Geschichtsstunde ein ergreifendes Kinoerlebnis zubieten. Um den historischen Fakten gerecht zur werden, entstand das Dreh-buch in enger Zusammenarbeit mit dem Historiker Werner Renz vom FritzBauer Institut. Seine Einschtzung zur fertigen Version: Meines Erachtensnach ist das Drehbuch sehr authentisch es bertreibt nichts, es verzerrtnichts, es stellt das Ermittlungsverfahren korrekt dar.

    http://auschwitz-prozess.dehttp://auschwitz-prozess.de

  • 5

    Deutschland in den 1950er JahrenNach dem Ende des Zweiten Welt-

    kriegs wurde erst einmal jahrelangso gut wie nichts aufgearbeitet

    und stattdessen versucht, die dunkleVergangenheit totzuschweigen. berdieses Kapitel wurde einfach nicht

    gesprochen. Von den Ttern nichtund von den Opfern auch nicht. Na-trlich gab es auch Leute, die ber

    Auschwitz Bescheid wussten, aber dieMehrheit der Deutschen eben nicht.

    (Giulio Ricciarelli,

    Regisseur IM LABYRINTH DES SCHWEIGENS)

    Nach 1945 wurde Deutschland politisch neu organisiertund sollte auf Betreiben der Besatzungsmchte demo-kratisiert, entnazifiziert und entmilitarisiert werden.Seitens der deutschen Bevlkerung wurde das Vorgehender Alliierten jedoch weniger als Beitrag zur Befreiungvom Nationalsozialismus wahrgenommen, sondern viel-mehr als eine Politik der Sieger. Ein Groteil der Bevlke-rung sah sich eher in der Opferrolle, ohne zu begreifenoder begreifen zu wollen, welche Verbrechen whrendder Zeit des Nationalsozialismus verbt worden waren.Das von Deutschen angerichtete Leid wurde hufigverdrngt oder ignoriert. Die von den westlichen Be -satzungsmchten initiierten Filmvorfhrungen berNS-Konzentrationslager stieen auf breite Ablehnungund bereits wenige Jahre nach Kriegsende wurde dieForderung nach einem Schlussstrich laut. Die Schuldigen,so empfand man es, wurden in den Nrnberger Prozes-sen (1945-1949), bestraft und damit war die Nazizeitbeendet.

    In der Nachkriegsregierung von 1949-1953 tauchten imKabinett von Konrad Adenauer die Namen von Diplo -maten und Beamten auf, die whrend der Nazidiktaturvergleichbare Funktionen in der Hitler-Regierung hat-ten. Adenauer rechtfertigte die Besetzung dieser Stellendamit, dass man in der Politik erfahrene Mnner brau-che, um das Land neu aufzubauen: Ich meine, mansollte jetzt mal mit der Naziriecherei Schluss machen!Und gegenber Journalisten setzte er hinzu: Manschttet kein schmutziges Wasser aus, solange man keinsauberes hat. Ehemalige Nazifunktionre saen, ohnesich zu ihrer Schuld aus jener Zeit zu bekennen, an wich-tigen Regierungsstellen. Auch an den Gerichten und beider Polizei wurden Menschen (weiter-)beschftigt, dieeine Nazivergangenheit hatten.

    In weiten Kreisen der Bevlkerung indes wuchs die Hoff-nung, dass man die Vergangenheit hinter sich lassenknne. Die Wirtschaft florierte, die Menschen konntensich nach den Jahren des Krieges und der ersten Nach-kriegsjahre wieder etwas leisten. Wir sind wieder wer! dieses Gefhl wurde nach allen Seiten hin offen darge-stellt. In der Politik durch den wirtschaftlichen Aufstiegund die Ausshnung mit dem Westen, besonders mitFrankreich, im privaten Bereich dadurch, dass der Wohl-stand nicht nur durch Konsumgter, die man jetzt ber-all bekam, sondern auch durch einen gestiegenenLebensstandard offenkundig gezeigt wurde. Die Texteder damals populren Schlager oder die Heimatfilmeverdeutlichen, wie gro das Bedrfnis war, sich in eineheile Welt zu flchten.

  • 6

    Arbeitsauftrge:

    Machen Sie sich ein Bild ber die Lebenssituation der Menschen in den 1950er Jahren. Notieren Sie sich Details aus dem Film, die Ihnen auffallen, zu Aspekten wie Familienleben, Konsum, Urlaub,

    Wirtschaft, Musik, Filme, Fortbewegung aber auch zu Sprache, Rollenbildern, gesellschaftlichem Umgang u. . Besuchen Sie z. B. folgende Internetseiten: www.wirtschaftswundermuseum.de; www.bpb.de/izpb/10122/deutschland-in-den-50er-jahren; www.planet-wissen.de/wissen_interaktiv/die_50er_jahre.jsp Benutzen Sie fr Ihre Recherche auch Bcher aus der Bibliothek, z. B. So rollten die Fnfziger von Alexan-

    der Storz (Paul-Pietsch-Verlag, Kln 2012), Wirtschaftswunder von Josef Heinrich Darchinger (TASCHENVerlag, Kln 2013) oder Endlich wieder leben von Helga Hirsch (Siedler Verlag, Mnchen 2012), s. auchLiteraturliste unter www.derlehrerclub.de/imlabyrinthdesschweigens.

    Whlen Sie in Kleingruppen einen der oben genannten Aspekte aus, den Sie erarbeiten und Ihren Mitschle-rinnen und Mitschlern z. B. in einer PowerPoint-Prsentation vorstellen.

    Befragen Sie Ihre (Ur-)Groeltern oder ltere Men-schen in Ihrem Bekanntenkreis, die in den 1950erJahren schon junge Erwachsene waren, ber ihreEr innerungen an diese Zeit. Erarbeiten Sie zuvorgemeinsam in der Klasse einen Gesprchsleitfadenmit Aspekten, zu denen Sie Informationen bekom-men mchten, z. B. der Alltag in den 1950er Jahren,die Freizeitbeschftigungen, den Kenntnisstandber die Verbrechen der Nazizeit usw. Falls Ihre Ge-sprchspartner einverstanden sind, knnen Sie dieGesprche auch aufzeichnen und in der Klasse ab-spielen. Stellen Sie sich gegenseitig Ihre Interviewsvor!

    In Konrad Adenauers Regierung arbeiteten Diplo-maten und Staatsbeamte, die bereits whrend derNS-Zeit hnliche Funktionen hatten. Er rechtfer-tigte dies damit, dass man in der Politik erfahreneMnner von frher brauche. Recherchieren Sie bei-spielhaft die Biografien folgender Diplomaten, die

    sowohl unter Hitler als auch unter Adenauer ge-dient haben: Franz Roman Nlein, Otto Bruti-gam, Hans Globke, Herbert Blankenhorn, FranzKrampf, Gerhart Feine. Erarbeiten Sie zunchst inder Klasse interessante Kriterien fr Steckbriefe dereinzelnen Personen, wie z. B. Geburtsdaten, Auf -gaben in den verschiedenen Regierungen, Amts -zeiten. In Kleingruppen erstellen Sie dann gemder erarbeiteten Kriterien den Steckbrief fr eineder genannten Personen.

    In Kurz referaten stellen Sie sich die Streckbriefe ge-genseitig vor. Diskutieren Sie, welche Unterschiedeund Gemeinsamkeiten es gibt und wie Sie den As-pekt der Aufarbeitung der NS-Verbrechen bewer-ten. Erstellen Sie abschlieend eine Zeitleiste vonder Zeit der NS-Diktatur bis in die Mitte der 1960erJahre. Tragen Sie die Zeitrume ein, in denen diejeweiligen Personen in beiden Regierungen IhrenDienst verrichteten.

    http://www.wirtschaftswundermuseum.de

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    Weiterleben nach Kriegsende Tter und OpferIch hatte immer Angst, meine Wohnung zu verlassen, weil ich mich davorfrchtete, im Bus, in der Straenbahn oder an der Kasse in einem Geschftauf einen meiner Peiniger aus dem Konzentrationslager zu treffen. Sieliefen ja noch alle frei herum! (ehemaliger KZ-Hftling)

    Tter

    Der Bundeskanzler empfing mich mit einer Herzlichkeitund Aufgeschlossenheit, die sofort alle Bedenken zer-streute. (Reinhard Gehlen)

    Nach Kriegsende flchteten viele NS-Tter, die sich einerVerurteilung durch die Siegermchte entziehen wollten,aus Deutschland. Vielfach geschah dies unter Mithilfevon Mitgliedern der ehemaligen NSDAP und ihren raschgegrndeten Helferorganisationen, aber auch durch Un-tersttzung der Kirche. Zielorte waren z. B. Lnder imNahen Osten oder in Sd- und Lateinamerika. In Chile,Argentinien und Paraguay herrschten zu jener Zeit Mili-trdiktaturen, und Gleichgesinnte aus Deutschlandwurden gerne aufgenommen. Hier waren die Tter rela-tiv sicher vor dem israelischen Geheimdienst Mossad, derweltweit Nazis aufspren und zur Verantwortung ziehenwollte. Viele ehemalige SS-Angehrige fanden in diesenLndern Anstellungen als Berater in der Justiz, der Poli-zei oder beim Militr. Aber auch zivile Aufgaben wurdenvon ihnen wahrgenommen.

    Arbeitsauftrge:

    Finden Sie sich in Teams zusammen und zeichnenSie einen der Lebenswege der folgenden Perso-nen nach: Aribert Heim, Alois Brunner, ErichPriebke, Walther Rauff, Albert Ganzenmller,Eduard Roschmann. Recherchieren Sie, welcheFunktionen sie whrend der Nazizeit in Deutsch-land hatten und beschreiben Sie ihr Leben in denZufluchtslndern nach 1945. Finden Sie heraus,wer sie bei ihrer Flucht untersttzt hat. Recher-chieren Sie auch, ob gegen sie Gerichtsverfahrenliefen und sie verurteilt wurden.

    Eine Fluchthelferorganisation in jener Zeit wardie Organisation Gehlen, bezeichnet nachihrem Grnder, dem SS-Mann Reinhard Gehlen.Wer war Reinhard Gehlen? Welche Funktionenhatte er whrend der Nazi-Herrschaft und wel-che in der Bundesrepublik Deutschland? Wie hatseine Organisation ehemaligen SS-Angehrigenzur Flucht verholfen? Fertigen Sie dazu einSchaubild an! Welche weiteren Organisationenehemaliger SS-Angehriger gab es, die ihren Mit-gliedern zur Flucht verhalfen?

    Finden Sie heraus, wie sich die Kirche als Flucht-helfer bettigte. Was bedeutet in diesem Zusam-menhang der Begriff Klosterweg?

    Halten Sie alle erarbeiteten Ergebnisse auf einerInfowand fest, sodass Sie diese spter weiterenErgebnissen der Projektarbeit ( z. B. zu den Op-fern) gegenberstellen knnen.

  • Nicht alle ehemaligen Nazitter konnten oder wolltenins Ausland flchten. Viele waren in Deutschland sozialeingebunden und hatten hier Beruf und Familie, zu dersie zurckkehrten. Andere bauten sich unter falschem

    Arbeitsauftrge:

    Recherchieren Sie in Kleingruppen die Lebenswegefolgender ehemaliger SS-Angehriger:

    Wilhelm Messerschmitt, Franz Rademacher, OswaldKaduk und Bruno Streckenbach. Finden Sie heraus,was sie whrend der Kriegszeit getan haben und wieihr Leben nach 1945 verlaufen ist. Verfassen Sie inKleingruppen jeweils zwei fiktive Tagebuchaufzeich-nungen: eine aus der Zeit des Krieges und eine ausder Zeit nach 1945. Fertigen Sie dann ein Wand plakatan mit einer Kurzvita und den beiden Tagebuchein-trgen. Diese Plakate ergnzen die Infowand im Klas-senzimmer.

    Was erfahren Sie im Film IM LAYBYRINTH DESSCHWEIGENS ber das Leben der Tter? Welche NS-Tter begegnen Ihnen im Film und wie wird ihr Lebennach 1945 dargestellt? Fertigen Sie Kurzportts an!

    Informieren Sie sich im Internet ber die Methode desWorld-Cafs und diskutieren Sie nach dieser Methodegemeinsam in der Klasse folgende Fragen:

    - Wre es angebracht gewesen, in den 1950er Jahrenganz offiziell einen Schlussstrich unter die Vergan-genheit zu ziehen, damit man sich ausschlielichder Zukunft zuwenden kann? Zitat des Bundes-

    kanzlers Konrad Adenauer aus dem Jahr 1952: Ichmeine, man sollte jetzt mal mit der NaziriechereiSchluss machen. Zitat Franz-Josef Strau aus demJahr 1969 als er Bundesminister der Finanzen war:Ein Volk, das diese wirtschaftlichen Leistungenvollbracht hat, hat ein Recht darauf, von Auschwitznichts mehr hren zu wollen.

    - War es richtig, nach dem Nrnberger Prozess, beidem die Hauptkriegsverbrecher zur Verantwortunggezogen wurden, zumindest einen kleinen Teil derunteren Garden von Ttern im Frankfurter Ausch-witz-Prozess anzuklagen und zu verurteilen?

    - Soll der Staat auch heute noch, fast siebzig Jahrenach dem Ende des Nationalsozialismus, Tter ver-folgen und vor Gericht stellen? Folgende Argu-mente werden mitunter in der ffentlichenDiskussion vorgebracht: Das sind doch heute alteMnner und Frauen. Man soll sie in Ruhe lassen.Die Zeit erledigt das Problem von selbst.

    Niemand, der sich solcher Verbrechen schuldig ge-macht hat, soll sicher sein. Verbrechen gegen dieMenschlichkeit haben keine Verjhrungsfristen.Deshalb mssen sie, auch im hohen Alter, noch zurRechenschaft gezogen werden.

    Namen eine neue Identitt auf. Schuldig fhlten sie sichnicht. Es war Krieg, so argumentierten viele spter, undsie htten lediglich im Sinne der Einhaltung von Befeh-len ihren Dienst getan.

    Die Angeklagten Victor Capesius, Oswald Kaduk und Anwlte wahrend einer Prozesspause im Auschwitzprozess 8

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    Arbeitsauftrge:

    Ich habe vielGlck in meinemLeben gehabt, einganz groes Glck,ein unheimlichesGlck. sagt EstherBejarano. Siemusste whrendihrer Inhaftierungin Auschwitz imLagerorchesterspielen. Recher-

    chieren Sie ihre Lebensgeschichte und finden Sieheraus, welche Bedeutung der Begriff Glck fr siehat. Vergleichen Sie ihn auch mit Ihrem eigenenGlcksbegriff. Wie geht Esther Bejarano heute mitihrem Schicksal um? Sehen Sie dazu auch:www.youtube.com/watch?v=4aotQBSdT9I.

    Erna de Vries berlebte die KonzentrationslagerAuschwitz und Ravensbrck. Informieren Sie sichber ihr Leben und das ihres Mannes. Sehen Siediesen Film ber sie: www.projektzeitlupe.de/de/er-nadevries/film. Obgleich auch ihre Mutter in Ausch-witz ermordet wurde, sagte Erna de Vries, sie habenie Hass empfunden. Machen Sie ein Brainstormingund tragen Sie Ihre Argumente pro und contra Hasszusammen. Vergleichen Sie Ihre Argumente mitdenen von Erna de Vries, die sie in ihrem BuchDer Auftrag meiner Mutter (Metropol Verlag,

    Berlin 2011), in dem Kapitel Leben im Land derTter beschreibt (s. auch Literaturliste unterwww.derlehrerclub.de/imlabyrinthdesschweigens).

    Philomena Franz, Zigeunerin vom Stamme derSinti, wie sie sich selbst bezeichnete, hat das LagerAuschwitz-Birkenau berlebt, hat nach dem Krieggeheiratet und fnf Kinder zur Welt gebracht.Unter www.youtube.com/watch?v=B1aOycDmLQ0knnen Sie einen Eindruck von ihr bekommen. IhrMann starb schon sehr frh und sie war auf staat -liche Entschdigungszahlungen angewiesen. Da-durch geriet sie in einen Konflikt mit der damaligenAdenauer-Regierung. Finden Sie heraus, worin die-ser Konflikt bestand. Beschreiben Sie das Leben vonPhilomena Franz nach ihrer Befreiung aus demKon zentrationslager.

    Erstellen Sie Steckbriefe der genannten Personen.Wenn Sie ihre Lebenswege nach 1945 verfolgen,werden Sie Parallelen feststellen. Worin bestehensie und welche Erklrungen knnte es dafrgeben? Dokumentieren Sie alle Rechercheergeb-nisse zu den Opfern auch auf der Infowand.

    Was erfahren Sie im Film IM LABYRINTH DESSCHWEI GENS ber das Leben der Opfer? Sehen Siesich vor allem die Figur Simon Kirsch an. Was hat ervor 1945 erlebt? Wie geht er mit seinen Erlebnissenum worin besteht sein innerer Konflikt?

    Opfer

    Es war fr mich das Schwierigste in Deutschland zubleiben, weil die Tter davonkamen. (Ralph Giordano, Publizist)

    Die Geschichte des Holocaust ist mit dem Ende des Krie-ges und des Nationalsozialismus 1945 nicht abgeschlos-sen. Durch die Erzhlungen der berlebenden knnenwir heute noch ein Verstndnis dafr entwickeln, dassdiese Zeit sich bis in die Gegenwart auswirkt.

    Die USA, Sdamerika, Australien und vor allem Israelwaren Lnder, in die viele berlebende des Holocaustschon in der ersten Zeit nach ihrer Befreiung auswander-ten. Viele sahen in einer Auswanderung die einzigeChance, nicht mehr im Land der Tter leben zu mssen,nicht mehr deren Sprache hren zu mssen, nicht mehr

    an das erinnert zu werden, was ihnen von den Deut-schen angetan wurde. Vielfach wurden diese Hoffnun-gen, unabhngig von dem Land, fr das man sich ent-schieden hatte, enttuscht. Nach auen hin versuchtendie Opfer hufig, ein normales Leben aufzubauen, siegrndeten Familien, sie arbeiteten, sie lebten mitten ineiner Gesellschaft, die oft nichts von ihrem Schicksalwusste oder wissen wollte. Vergleichbare Erfahrungenmachten auch diejenigen, die nach 1945 im Land derTter strandeten. In sogenannten DP-Lagern der Alliier-ten (DP = Displaced Persons) wurden Menschen aus ganzEuropa, die durch den Holocaust heimatlos gewordenwaren, untergebracht. Eine nicht genau zu bezifferndeAnzahl wanderte spter noch aus, die anderen bliebenfr immer in Deutschland. Und wieder andere kehrten oft nach Jahren nach Deutschland zurck.

    http:/www.projektzeitlupe.de/de/ernadevries/filmhttp:/www.projektzeitlupe.de/de/ernadevries/film

  • 10

    Die Auschwitz-ProzesseUnser Ziel war es vor allem, den Ideen von Fritz Bauer gerecht zu werdenund seine zentralen Anliegen herauszuarbeiten. Er hat ja die FrankfurterProzesse initiiert und seinen Mitarbeitern gegen massive Anfeindungen denRcken freigehalten. Das Tolle daran: Er war eben kein Rcher, dem es umBestrafung der Nazi-Verbrecher ging, sondern ein wahrer Humanist, derein neues Deutschland aufbauen wollte. Er verstand den ganzen Prozess alsgroe pdagogische Aktion und war berzeugt davon, dass die Leute sich demstellen und begreifen mssen, was da passiert ist. Ich halte ihn fr einengroen Deutschen. (Uli Putz, Produzentin von Im Labyrinth des Schweigens)

    Fritz Bauer Niemand hat das Recht darauf, gehorsam zu sein.Mit Furchtlosigkeit und Beharrungsvermgen, mitKampfesmut und einer schier unerschpflichen Aus-dauer stellte Fritz Bauer sein Leben in der Dienst derHumanitt, schreibt sein Biograf Ronen Steinke berden Generalstaatsanwalt Fritz Bauer, der mit dem Frank-furter Auschwitz-Prozess nicht nur die deutsche Justiz,sondern auch die ffentlichkeit zum Hinschauen aufdie begangenen Verbrechen zwang. Die Grueltatenvon Auschwitz sollten strafrechtlich verfolgt und damitffentlich gemacht werden.

    Arbeitsauftrge:

    In Fritz Bauers Leben vereinen sich viele Aspekteder deutsch-jdischen Geschichte des 20. Jahr-hunderts. Recherchieren Sie wichtige Stationenseines Lebens von seiner Kindheit in einer jdi-schen Familie in Schwaben bis zu den Auschwitz-Prozessen. Stellen Sie heraus, welche aus IhrerSicht prgend fr ihn waren und warum?

    Schauen Sie sich Gesprche, Interviews oderReden von Fritz Bauer an: entweder im Internet(z. B. www.auschwitz-prozess-frankfurt.de/index.php?id=23, oder auf der vom Fritz BauerInstitut herausgegebenen DVD Fritz Bauer:Gesprche, Interviews und Reden aus den Fern-seharchiven 1961 -1968 (absolut medien). berwelche Inhalte redete er? Bereiten Sie in Klein-gruppen jeweils ein Thema in einer Prsentationfr die Klasse auf.

    Klren Sie folgende Begriffe, die die BiografieFritz Bauers betreffen: Republikanischer Richter-bund; Reichsbanner Schwarz-Rot-Gold.

    Vergleichen Sie das, was Sie ber Fritz Bauer he-rausgefunden haben, mit seiner Darstellung imFilm IM LABYRINTH DES SCHWEIGENS. Diskutie-ren Sie die Herausforderungen, die es mit sichbringt, eine historische Figur im Film darzustellenund ob dies aus Ihrer Sicht gut gelungen ist. Wel-che Facetten seiner realen Vita und Persnlich-keit knnen Sie erkennen?

    Fgen Sie die Ergebnisse Ihrer Recherchen berFritz Bauer der Infowand im Klassenraum hinzu.

    http://auschwitz-prozess-frankfurt.de/ index.php?id=23http://auschwitz-prozess-frankfurt.de/ index.php?id=23

  • Der ehemalige Auschwitz-Hftling Adolf Rgner hatteherausgefunden, dass Wilhelm Boger, ein ehemaligerSS-Mann und einer seiner Peiniger in Auschwitz, unbe-helligt mit seiner Familie in der Nhe von Stuttgartlebte. Er erstattete Strafanzeige bei der Staatsanwalt-schaft Stuttgart und informierte gleichzeitig das Ausch-witz-Komitee in Wien, ein Zusammenschluss ehemaligerAuschwitz-Hftlinge, ber seinen Schritt. Von dort botman der Staatsanwaltschaft weitere Beweise und Zeu-gen gegen Boger an, die schlielich zu seiner Verhaf-tung fhrten. In der Zwischenzeit wurde in Ludwigsburgeine Zentralstelle zur Aufklrung nationalsozialistischerVerbrechen eingerichtet. Ihre Aufgabe war es, Ermittlun-gen zu Verbrechen, die auerhalb der Bundesrepublikbegangen wurden, vorzubereiten und zu koordinieren.

    Anfang 1959 gelangte der Frankfurter Journalist ThomasGnielka an eine Liste mit Namen von angeblich in Ausch -witz auf der Flucht erschossenen Hftlingen samt derNamen der Mrder. Gnielka bergab diese Liste demFrankfurter Generalstaatsanwalt Fritz Bauer. Der wie-derum beantragte beim Bundesgerichtshof, dass dieZustndigkeit fr die Verfolgung aller in Auschwitzbegangenen Verbrechen bei einem Gericht festgelegtwrde. Bis dahin hatte sich bundesweit keine Staatsan-waltschaft und kein Gericht ernsthaft mit der Verfol-gung dieser Verbrechen befasst. Der Bundesgerichtshofentschied 1959, die Zustndigkeit der Frankfurter Staats-anwaltschaft zu bertragen. Fritz Bauer beauftragteseine junge Garde, wie er sie nannte, die Staatsan-wlte Joachim Kgler, Gerhard Wiese und Georg Fried-rich Vogel, die Ermittlungen zu bernehmen.

    Im Dezember 1963 wurde der erste Frankfurter Ausch-witz-Prozess erffnet. Zweiundzwanzig ehemaligeSS-Angehrige wurden wegen der von ihnen verbtenVerbrechen in einem deutschen Konzentrationslagerangeklagt. 360 Zeugen wurden vernommen, davon211 Auschwitz-berlebende. In einem bis dahin nichtgekannten Ausma wurde die bundesdeutsche Bevl -kerung mit der NS-Vergangenheit konfrontiert.

    Arbeitsauftrge:

    Im Film IM LABYRINTH DES SCHWEIGENS wirddargestellt, wie mhsam der Weg zu den Ausch-witz-Prozessen war und welche besondereHerausforderung es fr die beteiligten Staatsan-wlte darstellte, die Tter zu finden und ihnenkonkrete Taten nachzuweisen. Erstellen Sie einePrsentation ber die historischen Ereignisse vomJahr 1959, als der Frankfurter Staatsanwalt dieZustndigkeit bertragen wurde, bis zur Prozess-erffnung. Portrtieren Sie in Gruppen dieStaatsanwlte Joachim Kgler, Gerhard Wieseund Georg Friedrich Vogel. Vergleichen Sie siemit der Figur des Johann Radmann im Film.

    Recherchieren Sie exemplarisch nach den Ankla-geschriften von drei Beschuldigten im Frankfur-ter Auschwitz-Prozess. Hren Sie sich dieZeugenaussagen an, die die Vorwrfe gegen dieAngeklagten untersttzen. Sie finden Sie auf derSeite des Fritz Bauer Instituts unter www.ausch-witz-prozess.de, wo Ihnen alle Audiomitschnittedes Prozesses zur Verfgung stehen.

    Die Ehefrau vom Wilhelm Boger machte eineAussage ber das Leben mit ihrem Mann:www.hr-online.de/website/static/spezial/auschwitzprozess/popup.html. Schreiben Sieeinen fiktiven Brief an Frau Boger, in dem Siezu ihrer Aussage Stellung beziehen.

    Hren Sie sich Schlermeinungen zum Ausch-witz-Prozess von frher und heute an:www.youtube.com/watch?v=07_gbFmrFDA.Welche Position beziehen Sie?

    Schauen Sie sich Zeitungsartikel ber den Frank-furter Auschwitz-Prozess an. Wie berichteten po-litische Wochenzeitschriften/-zeitungen wie DerSpiegel / Stern / Die Zeit ber den Prozess?Vergleichen Sie: Wie wurde 50 Jahre spter berdie Prozesse berichtet?

    Die Tter von damals vor Gericht zu bringen, istein Anliegen, dass auch heutige Staatsanwltenoch verfolgen. Beschftigen Sie sich mit Staats-anwalt Kurt Schrimm, Leiter der Zentralen Stelleder Landesjustizverwaltungen zur Aufklrungnationalsozialistischer Verbrechen in Ludwigs-burg. Skizzieren Sie sein berufliches Ttigkeits-feld und einige Flle seiner Ermittlungsarbeit.

    11

    Gerd Voss als Fritz Bauer

    http://auschwitz-prozess.dehttp://auschwitz-prozess.dehttp://www.hr-online.de/website/static/spezial/auschwitzprozess/popup.htmlhttp://www.hr-online.de/website/static/spezial/auschwitzprozess/popup.html

  • 12

    AuschwitzAuschwitz ist zu dem schrecklichsten Symbol fr dasTerrorsystem der NS-Konzentrationslager geworden.Juden aus vielen europischen Lndern, die im Macht-bereich der Nazis waren, Polen, Russen, Sinti undRoma, Zeugen Jehovas, Homosexuelle und viele an-dere fielen dem Vernichtungswahn der Nationalsozia-listen zum Opfer. Mit deutscher Grndlichkeit fhrteman Buch ber all das, was sich in den Lagern ereig-nete. So wurde zum Beispiel die Zahl der ankommen-den Hftlinge dokumentiert, man hielt fest, wie vielevon ihnen arbeiten mussten und wie viele am gleichenTag noch in den Gaskammern ermordet wurden. ImStammlager Auschwitz wurden Karteikarten ber dieHftlinge angelegt, die alle wichtigen persnlichenDaten enthielten sowie ein Foto und Fingerabdrcke.

    Nehmen Sie das Buch Kalendarium der Ereignisseim Konzentrationslager Auschwitz-Birkenau 1939 1945 (Rowohlt Verlag, Reinbek 1989) zur Hilfe undsuchen Sie Eintrge ber Ereignisse, an denen An-geklagte der Auschwitz Prozesse beteiligt waren.Hier ist ein Beispiel: www.auschwitz-prozess-frank-furt.de/index.php?id=151

    Im Auschwitz-Prozess ist immer wieder von ver-schiedenen Orten die Rede, an denen sich Verbre-chen ereignet haben. Um den Anklagepunktenfolgen zu knnen, klren Sie was hinter den fol-genden Begriffen steckt: Rampe, Selektion, Todes-wand, Hftlingskrankenbau, Arbeitskommando,Effektenkammer, Stehzelle, Block 11, Phenolinjek-tion, Strafkompanie, Kapo, Politische Abteilung,Muselmnner, Hasenjagd, Boger-Schaukel,Bunkerleerung. Falls Ihnen weitere Begriffe begeg-nen, die unklar sind, klren Sie auch diese. LegenSie ein Glossar mit allen im Rahmen dieses Projektsrelevanten Begriffen und fgen Sie es der Doku-mentationswand hinzu.

    Arbeitsauftrag:

    Fertigen Sie eine Gesamtschau ber den Auschwitz-Prozess an. Verwenden Sie dafr sowohl beispiel-hafte Zeitungsartikel, Fotos, Ton- und Filmsequen -zen, auf die Sie whrend Ihrer Recherche gestoensind und die fr Sie beispielhaft sind. Stellen Sie dieErgebnisse Ihres Projekts sowohl anderen Klassen,aber auch Eltern, Lehrern, der ffentlichkeit vor.Geben Sie zu den einzelnen Teilen Ihrer Prsenta-tion kurze Erluterungen / Statements / Kurzrefe-rate. Versuchen Sie, selbst kurze Texte / Gedichte zuverfassen, die Sie vortragen oder whlen Sie pas-sende Gedichte aus, z. B. von Lilly Brett, deren El-tern Auschwitz berlebt haben. Prfen Sie auch, obSie passende Musik dazu finden, entweder hand-made oder aus der Konserve. Beachten Sie diesbe-zglich die Urheberrechte bei ffentlichen Auffh-rungen. Prparieren Sie sich mit Argumenten frFragen, die mglicherweise gestellt werden.

    Prozessbeginn des Auschwitzprozesses im Frankfurter Romer

    1963

    Auschwitz war ein weier Fleck imGedchtnis der Deutschen und erstder Frankfurter Prozess schuf einBewusstsein von den Verbrechen, er-zeugte ein Wissen von dem Massen-mord in Auschwitz. (Werner Renz, Mitarbeiter des Fritz Bauer Instituts)

    http://www.auschwitz-prozess-frankfurt.de/index.php?id=151http://www.auschwitz-prozess-frankfurt.de/index.php?id=151

  • Recht vs. Gerechtigkeit Schuld vs. Unschuld

    Auschwitz wurde nicht nur durch Anordnungen aus denReihen der Regierung mglich. Es bedurfte vieler aktiverTter, Befehlsempfnger, Mitlufer und jenen, die es ein-fach geduldet haben. Die nachgewiesene Existenz vonAuschwitz hat im Grunde allen Deutschen ein morali-sches Schuldurteil zugewiesen.

    Wie weit geht die Weisungsgebunden-heit? Befreit sie dich von deinerPflicht, auf dein eigenes Gewissenzu hren? Inwieweit musst du selbstdie Verantwortung fr dein Handelnbernehmen? Diese Fragen stellensich immer.(Uli Putz, Produzentin von

    IM LABYRINTH DES SCHWEIGENS)

    Arbeitsauftrge:

    Setzen Sie sich mit dem Begriff Schuld auseinan-der. Unterscheiden Sie dabei: Kriminelle Schuld,Politische Schuld und Moralische Schuld.

    Welche Schuld haben die Tter in Auschwitz aufsich geladen? Wie begrnden die Angeklagten inihren abschlieenden Stellungnahmen ihre Un-schuld? Beziehen Sie dazu eigene Positionen!

    Angeklagte, aber auch Teile der ffentlichkeit ar-gumentierten, in jener Zeit nach Recht und Gesetzgehandelt zu haben und begrndeten damit ihreberzeugung unschuldig zu sein. Hinzu kommt,dass sich Angeklagte auf einen Befehlsnotstandberufen. Informieren Sie sich ber den BegriffBefehlsnotstand. Hat er seine Berechtigung odergibt es eine individuelle Verantwortung?

    Stellen SIe heraus, welche Argumentationen imFilm IM LABYRINTH DES SCHWEIGENS zu Schuldoder Unschuld der NS-Tter hervorgebracht wer-den.

    Diskutieren Sie: Welche gesellschaftliche Schuldgibt es? Wre sie vermeidbar gewesen? Ist dieSchuld der Tter auf kommende Generationenvererbbar?

    Welche unumstlichen ethischen, moralischen undpolitischen Grundlagen sind mageblich fr einenRechtsstaat? Benennen Sie sie und diskutieren Siedann: War der NS-Staat ein Rechtsstaat? Worin un-terscheidet er sich von einem demokratischenRechtsstaat? Machen Sie die Unterschiede an ein-zelnen Beispielen deutlich!

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  • Zivilcourage

    Zivilcourage ist eine der wichtigsten menschlichenTugenden. Es ist wichtig, sich das bewusst zu machenund gerade auch in Alltagssituationen Zivilcourageeinzuben. Fritz Bauer war ein Mann, der in seinemLeben sehr hufig danach gehandelt hat. Zivilcouragewar ein prgendes Kennzeichen seiner Persnlichkeit.

    Nehmen Sie sich noch einmal die Biografie von FritzBauer vor, die Sie recherchiert haben und suchenSie darin Beispiele fr Zivilcourage. Heben Sie siehervor, stellen Sie sie in der Gruppe / Klasse darund diskutieren Sie darber. Was ist das Besondere?Was unterschied Fritz Bauer von anderen Staats -anwlten seiner Zeit?

    Gibt es heute vergleichbare Personen wie FritzBauer, die durch ihre Arbeit, ihre Ideen, ihr Engage-ment gegen den Strom schwimmen? Finden SieBeispiele und stellen Sie das Engagement dieserMenschen dar.

    Wie kann Zivilcourage im Alltag aussehen? Wokann sie stattfinden? Benennen Sie Beispiele ausder eigenen Erfahrung oder dem eigenen Lebens-umfeld!

    Zivilcourage kann man lernen und frdern. Inwie-fern ist Schule dazu ein geeigneter Ort? Tragen Siezusammen, wo es an Ihrer Schule Anstze gibt, wassich ggf. ndern muss und wie jede/r konkret dazubeitragen kann.

    Was muss, was sollte jede/r einzelne tun, damitZivilcourage nicht gefhrdet sondern im Alltagselbstverstndlich wird? Stellen Sie einen Werte-und Verhaltenskodex fr Ihre Klasse / Gruppe auf.Diskutieren Sie diesen auch im Rahmen eine Schul-konferenz / Schlervollversammlung. Versuchen Sie,gltige Verabredungen fr die ganze Schule zu fin-den. Eventuell gibt es diese an Ihrer Schule bereits?Beobachten Sie, inwieweit der Kodex sich im Schul-alltag niederschlgt. Seien Sie Vorbild, schauen Siehin, nehmen Sie Stellung und mischen Sie sich ein!

    Von uns ist heute eine gewisseDemut gefordert. Es wre billig, aus

    unserer warmen Wohnung herausber unsere Vter und Grovter dieNase zu rmpfen. Wir haben vielmehrdie Aufgabe, dafr zu sorgen, dass so

    etwas wie in Auschwitz nicht nocheinmal passiert. Das ist die Haltung,

    die unser Film einnimmt. berallauf der Welt brechen Systeme zusammen denken Sie nur an

    gypten oder an Syrien. Ich kenneFreunde in Tunesien, die tglich aufder Strae irgendwelchen Leuten ausdem alten System begegnen. Das wirft

    jedes Mal die Frage auf: Wie sollman sich gegenber diesen Menschen

    verhalten? Und da schliet sichauch fr unseren Film der Kreis

    zur heutigen Geschichte.(Jakob Claussen,

    Produzent Im LABYRINTH DES SCHWEIGENS)

    Benachrichtigung zur Entlassung Fritz Bauers als Amts-

    richter in Stuttgart gem dem Gesetz zur Wieder -

    herstellung des Berufsbeamtentums 1933

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    Der Film und seine HintergrundeDeutschland in den 1950er JahrenWeiterleben nach Kriegsende Tter und OpferDie Auschwitz-Prozesse