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Einzelne Nummer 100 Neks. i Erscheint jeden Sonntag und Donnerstag, c Einzelne Nummer 100 Reis. Anzeigen werden bis Mittwoch und Samstag Mittag angenommen und kostet die 3-spaltige Korpuszeile oder deren Raum 100 Reis. II. Jahrg. Abonnementspreis: 3nlanb * jährlich • • • 68000 ) halbjährlich . 38000 Ausland l jährlich . ■ - 88000 Uuslanö ^ halbjährlich . 48000 Lurityba, Sonntag den 4. Oktober 1903. Staat Paraná — Brasilien. Redaktion und Verlag: Praya da Republica Nr. 3. (Gatia do Correio Nr. 32.) Nr. 28. Nachklänge zur Papstwahl. (Aus dem „Jornal bo Commercio" in Rio.) (Fortsetzung.) Unleugbar haben die Kardinäle einen glänzenden Beweis ihrer echt christlichen Gesinnung gegeben, in dem sie zu ihrem König, Herrn und Hohenpriester den erwählten, der der Niedrigste von allen war; einer von ihnen, ein sehr berühmter, sagte vor kur zem in der Unterhaltung auf die Huldigungszeremo nie anspielend, die das Sacrum Collegium am Tage der Krönung dem Papste zu erweisen hat: das ist das Wenigste; der große und furchtbare Akt ist so fort nach der Wahl, wenn einer aus unserer Mitte, der gekleidet war wie wir, der uns gleich war, in die Sixtinische Kapelle geht und wenige Augenblicke danach wieder erscheint mit den weißen päpstlichen Gewändern angetan, nicht mehr uns gleich, sondern über uns stehend und gleich einem Diadem seinen neuen Herrschernamen tragend, vor welchem wir eher denn alle andern Katholiken unser Haupt neigen müssen; und wenn er auf dem Throne sitzt, gehen wir zu ihm hin, der vorher unser Kollege war und jetzt unser Haupt geworden ist, und küssen ihm als Zeichen der tiefsten Unterwerfung den Fuß, die Hand und das Antlitz. . . I n der Tat, ich glaube, es gibt in der ganzen großen W elt keine größere Umwandlung, denn der Papst, abgesehen davon, daß er nicht wie die Erbprinzen unter den Thronhimmeln des Adels geboren ist, ist durch die Ausdehnung und den reli giösen Charakter seiner Gewalt ein Monarch, der unvergleichlich höher steht, als alle Staatsoberhäupter der W elt; nur er regiert mit fast göttlicher Auktori- tät ohne Einschränkung, ohne konstitutionelle Fiktio nen; sein W ort allein wird wie ein Orakel in allen Teilen der Welt aufgenommen und dringt in M illio nen von Gewissen ein und macht sie sich willfährig nicht durch die Gewalt, sondern durch die Liebe. In der Stunde, in welcher man ihn bekleidet mit den weißen symbolischen Papstgewändern, könnte der Neuerwählte mit mehr Recht als jener sterbende rö mische Kaiser in die Worte ausbrechen: Sentio me fieri divum. . . Und doch, anstatt stolz zu werden, wird der neue Papst gewöhnlich bleich, er zittert vor Furcht und — w eint; so geschah es mit Mastai-Feretti und Pecci, so geschah es auch mit Kardinal Sarto in dem erschütternden Augenblick, in welchem er den Namen Pius X. annahm. Denn wenn auch die Autorität gewaltig und allgemein, so ist doch nicht minder furchtbar die Verantwortlichkeit; das Herz eines jeden Ehrenmannes wird sich erschreckt fühlen, wenn es zum ersten M ale eine solche Bürde auf sich nehmen soll. W as Pius X. anbelangt, so hat er sich bis jetzt noch kaum erholt von der Aufregung, die ihn befallen; es ist ja bekannt, daß er die Tiara nicht nur nicht verlangte, sondern daß er alle mög lichen Anstrengungen machte und alle Kraft der Be redsamkeit aufbot, um sie von seiner Stirne fern zu halten. . . . Trotzdem ist er jetzt zu einer wahr scheinlich lebenslänglichen Klausur verurteilt, und in einer Umgebung, die nicht die seinige ist, zwischen dem Pomp einer komplizierten und beengenden Prag matik, die seinem Temperament und seinen Gewöhn heilen nicht zusagt, denkt er mit inniger Sehnsucht an seine liebe St. Markusstadt zurück, an jene lan gen mit melancholischen Palästen umsäumten Kanäle, jene ausgedehnten Lagunen, und die einsam-schönen Pappelalleen des Lido; allda war die priesterliche Würde und Bürde weniger drückend für seine Seele. Daselbst hatte er manche einsame und manche freie Stunde, und es kamen nicht die Völker der ganzen Erde, um ihn aufzusuchen uud aus seinem Munde das erste W ort zu vernehmen in den Leiden eines unruhigen konvulsiven Jahrhunderts . . . . Rom ist gewiß nicht weniger schön als Venedig und nicht weniger ruhmreich; aber was wird er von Rom sehen? Die große, weite Perspektive zu seinen Füßen sich hinstreckend. Die Schritte des Pontifex, an welche sich immer das vielfache Echo der Hellebardenträger, der Nobelgarde und der zum päpstlichen Gefolge ge hörenden Prälaten wird anschließen, werden wohl jeden Tag tiefere Spuren im heiligen Boden des Vatikans zurücklassen; aber sie werden nicht den nicht weniger heiligen Staub des alten und modernen Roms auswerfen, dieses Noms, wo die neuen Ge nerationen die Monumente von heute und morgen aufrichten an der Seite der Denkmäler des grauesten Altertums. Pius X. wird hervorragende Männer sehen, die angezogen von dem Glanz seines Thrones sich ihm nähern werden; die Monarchen und die Mächtigen der Erde werden zu ihm kommen; große Scharen von Pilgern, Reiche und Arme von nah und fern werden zu ihm hinwallen, um vor ihm knieend sei nen Segen zu empfangen, und er wird zu ihnen reden und wird sie anhören, er wird ihre Bitten und ihre Huldigungen in allen Idiomen hören, er wird die kennen lernen, welche herrschen und die, welche ge horchen, die, welche singen und die, welche weinen, die, welche in gebildeter und vollkommener Sprache reife Ideen vorbringen und die, welche in einfachen, unförmlichen Ausdrücken kindliche Begriffe hervor stammeln werden. Er wird mit einem Worte Hun derte und Tausende aufnehmen, alle, die zu ihm kom men und ihn aufsuchen, aber er wird sie nicht selbst aufsuchen können. . . . D as ist der furchtbare Un terschied, daß er nicht mehr tun kann, w as er als Pfarrer, als Bischof, als Patriarch getan hat — fein Haus in der Stille verlassen mit den Händen voll Gaben unter seinem Priestergewande, um Hunger und Durst zu stillen und zu lindern den Schmerz der Unglücklichen, deren Klagen vergebens verhallten im | Geräusch der Welt und um welche die Glücklichen j der Erde sich nicht kümmerten — das wird Pius X. als Papst nicht mehr tun können, und für einen M ann, der in der Ausübung der christlichen Näch stenliebe seine Zeit und seine Kraft verwandte, wirb das zweifelsohne ein hartes Opfer sein. (Fortsetzung folgt.) In den Tropen von Brasilien. (Fortsetzung.) In der Zwischenzeit war die große „Sala", der Salon, in brasilianischen Häusern gewöhnlich der vorderste, nach der Straße gewendete Raum, für den Tanz vorbereitet worden, doch kam es nicht zu dem fröhlichen Verkehr zwischen den beiden Geschlechtern, der in unseren Ländern herrscht. Die Damen nahmen auf den längs der W and aufgestellten Sitzen in langen, steifen, schüchternen Reihen Platz, die Herren standen an den Eingängen oder erfrischten sich in der „Schwein- me" unten mit Bier und Champagner. Der Klavier künstler hämmerte mit Enthusiasmus auf die Tasten, kein Mensch ließ sich zum Tanze verleiten. D as R ät sel hatte seine Lösung. M an wartete noch auf den Standesbeamten, der nach geraumer Zeit auch ein traf, ein Notar, wie im Barbier von Sevilla, im langen schwarzen Talar, weißer steifer Halskrau se, ein hohes Barett auf dem pfiffigen Kopfe. Kaum war der lange Talar wieder aus der Haustüre her aus, so begann der Tanz, gemessener, ruhiger als bei uns, aber doch reizvoll, wie es bei den geschmei digen Mädchengestalten auch gar nicht anders mög lich war. Dazwischen wurden allerhand Getränke und Süßigkeiten umhergereicht, monumentale Torten uud Berge von Ananas-, Kokosnuß- und Guyavakuchen, die vorzüglich mundeten, eine Spezialität von Bahia. Lange dauerte der Tanz nicht, denn noch vor M itter nacht brach die ganze Gesellschaft auf, um das B raut paar in sein neues Heim zu begleiten. Glücklicher weise lag dieses nur ein paar Steinwürfe weit ent fernt, sonst hätte man zu Wagendorthin fahren müssen, und das kostet in Bahia ein Heidengeld. Droschken wie bei uns gibt es keine; man muß die Wagen aus der Remise bestellen, und die kleinste Fahrt kostet dann 20000 Reis bis 30000 Reis, ein Wagen für den Tag gemietet aber sicher 80000 Reis! M an darf über diese scheinbaren Unsummen Geldes nicht erschrecken, denn nach dem heutigen Stande gehen tausend Reis auf eine Mark. Immerhin sind 80 Mark für einen W o gen pro Tag so viel, daß sich nur die allerweuig-

II. Jahrg. Lurityba, Sonntag den 4. Oktober 1903. Nr. 28 ... · Lurityba, Sonntag den 4. Oktober 1903. Staat Paraná — Brasilien. Redaktion und Verlag: Praya da Republica Nr. 3

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Einzelne Nummer 100 Neks. i Erscheint jeden S onntag und D onnerstag, c Einzelne Nummer 100 Reis.Anzeigen werden bis Mittwoch und Sam stag M ittag angenommen und kostet die 3-spaltige Korpuszeile oder deren Raum 100 Reis.

II. Jah rg .Abonnem entspreis:

3nlanb * jährlich • • • 68000 ) halbjährlich . 38000

Ausland l jährlich . ■ - 88000 Uuslanö halbjährlich . 48000

Lurityba, Sonntag den 4. Oktober 1903. S ta a t P a ra n á — Brasilien.

Redaktion und Verlag: P ray a da Republica Nr. 3. (Gatia do Correio Nr. 32.)

Nr. 28 .

Nachklänge zur Papstwahl.(A u s dem „ J o r n a l bo Comm ercio" in R io .)

(Fortsetzung.)U nleugbar haben die K ard inäle einen glänzenden

B ew eis ihrer echt christlichen G esinnung gegeben, in ­dem sie zu ihrem K önig , H errn und H ohenpriester den erwählten, der der Niedrigste von allen w a r ; einer von ihnen, ein sehr berühm ter, sagte vor kur­zem in der U nterhaltung au f die H uldigungszerem o nie anspielend, die d as S a c ru m Collegium am T age der K rönung dem P apste zu erweisen h a t: d as ist d as W enigste; der große und furchtbare Akt ist so­fort nach der W ahl, w enn einer a u s unserer M itte, der gekleidet w ar wie w ir, der u n s gleich w ar, in die Sixtinische K apelle geht und wenige Augenblicke danach wieder erscheint mit den weißen päpstlichen G ew ändern angetan, nicht m ehr u n s gleich, sondern über u n s stehend und gleich einem D iadem seinen neuen Herrschernamen tragend, vor welchem w ir eher denn alle andern Katholiken unser H au p t neigen müssen; und w enn er au f dem T h ron e sitzt, gehen w ir zu ihm hin, der vorher unser Kollege w a r und jetzt unser H au p t geworden ist, und küssen ihm a ls Zeichen der tiefsten U nterw erfung den F u ß , die H an d und d as Antlitz. . . I n der T a t, ich glaube, es gibt in der ganzen großen W elt keine größere U m w andlung, denn der P ap st, abgesehen davon, daß er nicht wie die Erbprinzen u n te r den T hronhim m eln des A dels geboren ist, ist durch die A usd eh nu ng und den reli­giösen Charakter seiner G ew alt ein M onarch, der unvergleichlich höher steht, a ls alle S taa tso b erh äu p te r der W elt; n u r er regiert mit fast göttlicher Auktori- tä t ohne Einschränkung, ohne konstitutionelle Fiktio­nen ; sein W o rt allein w ird wie ein O rakel in allen Teilen der W elt aufgenom m en und d ring t in M illio ­nen von Gewissen ein u nd macht sie sich w illfährig nicht durch die G ew alt, s o n d e r n d u r c h d ie L i e b e . I n der S tu n d e , in welcher m an ihn bekleidet mit den weißen symbolischen P apstgew ändern , könnte der N euerwählte mit m ehr Recht a ls jener sterbende rö­mische Kaiser in die W o rte ausbrechen: S e n t io m e f ie r i d iv u m . . .

U nd doch, anstatt stolz zu werden, w ird der neue P ap st gewöhnlich bleich, er zittert vo r Furcht und — w e i n t ; so geschah es mit M asta i-F eretti und Pecci, so geschah es auch mit K ard in a l S a r to in dem erschütternden Augenblick, in welchem er den Nam en P i u s X . annahm . D en n w enn auch die A utoritä t gewaltig und allgem ein, so ist doch nicht minder furchtbar die V erantwortlichkeit; d as Herz eines jeden E h ren m ann es w ird sich erschreckt fühlen, wenn es zum ersten M a le eine solche B ü rd e a u f sich nehmen soll. W a s P i u s X . anbelangt, so hat er sich bis jetzt noch kaum erholt von der A ufregung ,

die ihn befallen; es ist ja bekannt, daß er die T ia ra nicht n u r nicht verlangte, sondern daß er alle m ög­lichen A nstrengungen machte und alle K raft der B e ­redsamkeit aufbot, um sie von seiner S t irn e fern zu halten. . . . Trotzdem ist er jetzt zu einer w ah r­scheinlich lebenslänglichen K lausur verurteilt, und in einer Um gebung, die nicht die seinige ist, zwischen dem P o m p einer komplizierten und beengenden P ra g matik, die seinem Tem peram ent und seinen G ew öhn heilen nicht zusagt, denkt er mit inniger Sehnsucht an seine liebe S t . M arkusstad t zurück, an jene lan ­gen mit melancholischen P a lästen um säum ten K anäle, jene ausgedehnten L agunen, und die einsam-schönen Pappelalleen des L id o ; a llda w ar die priesterliche W ü rde und B ü rd e w eniger drückend fü r seine Seele. Daselbst hatte er manche einsame und manche freie S tu n d e , und es kamen nicht die Völker der ganzen Erde, um ihn aufzusuchen uud a u s seinem M u n d e d as erste W o rt zu vernehmen in den Leiden eines unruhigen konvulsiven Ja h rh u n d e r ts . . . . R o m ist gewiß nicht w eniger schön a ls V enedig und nicht w eniger ruhm reich; aber w a s w ird er von R om sehen? D ie große, weite Perspektive zu seinen F ü ß e n sich hinstreckend. D ie Schritte des Pontifex , an welche sich im m er d as vielfache Echo der H ellebardenträger, der N obelgarde und der zum päpstlichen Gefolge ge­hörenden P rä la te n w ird anschließen, werden wohl jeden T a g tiefere S p u re n im heiligen B o den des V atikans zurücklassen; aber sie werden nicht den nicht w eniger heiligen S ta u b des alten und m odernen R o m s ausw erfen, dieses N om s, wo die neuen G e­nerationen die M onum ente von heute und m orgen aufrichten an der S e ite der D enkm äler des grauesten A ltertum s.

P i u s X . w ird hervorragende M ä n n e r sehen, die angezogen von dem G lanz seines T h ro n es sich ihm n ähern w erden; die M onarchen und die M ächtigen der E rde werden zu ihm kommen; große Scharen von P ilg e rn , Reiche und A rm e von nah u nd fern w erden zu ihm h inw allen, um vor ihm knieend sei­nen S e g en zu empfangen, und er w ird zu ihnen reden und w ird sie anhören, er w ird ihre B itten und ihre H uldigungen in allen Id io m en hören, er w ird die kennen lernen, welche herrschen und die, welche ge­horchen, die, welche singen und die, welche w einen, die, welche in gebildeter und vollkommener Sprache reife Id e e n vorbringen und die, welche in einfachen, unförmlichen A usdrücken kindliche B egriffe hervor­stammeln werden. E r w ird mit einem W o rte H u n ­derte und Tausende aufnehm en, alle, die zu ihm kom­men und ihn aufsuchen, aber er w ird sie nicht selbst aufsuchen können. . . . D a s ist der furchtbare U n ­terschied, d aß er nicht m ehr tu n kann, w a s er a ls P fa rre r , a ls Bischof, a ls P a tria rch getan hat — fein H a u s in der S tille verlassen mit den H änden voll

G aben unter seinem Priestergew ande, um H un ger u nd D urst zu stillen und zu lindern den Schmerz der Unglücklichen, deren K lagen vergebens verhallten im

| Geräusch der W elt und um welche die Glücklichen j der E rde sich nicht kümmerten — d as w ird P i u s X .

a ls P a p st nicht m ehr tu n können, und fü r einen M a n n , der in der A u sü b u n g der christlichen Näch­stenliebe seine Z eit und seine K ra ft verw andte, w irb d as zweifelsohne ein hartes O p fe r sein.

(Fortsetzung folgt.)

I n den Tropen von Brasilien.(Fortsetzung.)

I n der Zwischenzeit w a r die große „ S a la " , der S a lo n , in brasilianischen H äusern gewöhnlich der vorderste, nach der S tra ß e gewendete R aum , fü r den T anz vorbereitet w orden, doch kam es nicht zu dem fröhlichen Verkehr zwischen den beiden Geschlechtern, der in unseren L ändern herrscht. D ie D am en nahm en auf den läng s der W a n d aufgestellten S itzen in langen, steifen, schüchternen R eihen P latz , die H erren standen an den E ingängen oder erfrischten sich in der „Schw ein- m e" unten mit B ie r und C ham pagner. D e r K lavier­künstler häm merte m it E n thu siasm us au f die Tasten, kein Mensch ließ sich zum Tanze verleiten. D a s R ä t­sel hatte seine Lösung. M a n w artete noch auf den S tan desbeam ten , der nach geraum er Z e it auch ein­traf, ein N o tar, wie im B a rb ie r von S e v illa , im langen schwarzen T a la r , w eißer steifer H alsk rau ­se, ein hohes B a re tt a u f dem pfiffigen Kopfe. K au m w ar der lange T a la r wieder a u s der H au stü re her­au s , so begann der Tanz, gemessener, ruhiger a ls bei u n s , aber doch reizvoll, wie es bei den geschmei­digen M ädchengestalten auch g ar nicht and ers m ög­lich w ar. Dazwischen w urden allerhand G etränke und Süßigkeiten umhergereicht, m onum entale T o rten uud B erge von A n a n a s - , K okosnuß- u nd Guyavakuchen, die vorzüglich m undeten, eine S p ezia litä t von B a h ia . L ange dauerte der T a n z nicht, denn noch vor M itte r ­nacht brach die ganze Gesellschaft auf, um d as B r a u t­p aa r in sein neues Heim zu begleiten. Glücklicher­weise lag dieses n u r ein p aa r S te in w ü rfe w eit ent­fernt, sonst hätte m an zu W agend orth in fahren müssen, und d as kostet in B a h ia ein H eidengeld. Droschken wie bei u n s gibt es keine; m an m uß die W agen a u s der Remise bestellen, u nd die kleinste F a h r t kostet dann 2 0 0 0 0 R e is b is 3 0 0 0 0 R e is , ein W a g e n fü r den T ag gemietet aber sicher 8 0 0 0 0 R e is! M a n d arf über diese scheinbaren U nsum m en G eldes nicht erschrecken, denn nach dem heutigen S ta n d e gehen tausend R e is auf eine M ark . Im m e rh in sind 8 0 M a rk fü r einen W o ­gen pro T a g so viel, d aß sich n u r die allerweuig-

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2 Der Kompaß

sten Bahianer den Lwcus von Wagenfahren leisten.Im Hause des jungen Brautpaares wurde zu­

nächst Umschau durch alle Räume gehalten, und wie heimelte es mich an, daß die ganze Ausstattung von der Gala an der Straße bis zum Speisesaal am hinteren ©arten aus — Deutschland stammte! Das ist der Unterschied zwischen dem Deutschen in Nord- und jenem in Südamerika^ daß der erstere seine Na­tionalität in den meisten Fällen vollständig aufgibt und amerikanischer wird als der Amerikaner selbst, während der letztere sich wohl die Landessprache an­eignet, wohl auch in Familien des Landes einheira­tet, aber im Herzen ein guter Deutscher bleibt, der mit Leib und Seele am alten Vaterlande hängt und dies bei jeder Gelegenheit zum Ausdruck bringt.

Das Haus war, wie gesagt, vollständig neu ein­gerichtet und in allen Teilen restauriert worden, als ich aber in das Speisezimmer trat, um bei Champag­ner die Festrede eines Oheims auf das Brautpaar mit anzuhören, lief eine daumenlange Barata über den Weg. Diese Beraten sind eine Landplage in Brasilien, riesige dunkelrote „Schwaben" oder „Rus­sen", ekelhafte, freche Bestien, die zeitweise auch flie­gen und in jedem Hause, besonders in Küche und Speiseraum, massenhaft zu finden sind, ohne daß es ein Mittel gäbe, sie daraus zu vertreiben. Nur wenn die Wanderameisen mit ihren Millionenscharen in in ein Haus eindringen, werden sie aus ihren Schlupfwinkeln gescheucht, denn die Ameisen machen auf sie Jagd und vereinigen sich dabei gerade so zu einem wohlgeplanten, gemeinschaftlichen Angriff, wie Piraten auf ein Schiff.

Natürlich blieb die Hochzeitsgesellschaft, die wohl an sechzig Personen umfaßt haben mochte, nicht lan­ge in dem Hause. Dafür gab es an den zwei fol­gende Tagen Tanz, der lange über Mitternacht hin­aus wahrte. (Fortsetzung folgt.)

So sollten's alle Eltern machen.„ W e n n D u es getan hast, so gesteh' es ein. E s soll bann

jede S tra fe D i r nachgelassen w erden," sagte V a te r T h o m a s m it Ernst und Nachdruck zu seinem ältesten Töchterchen, einem M ädchen von elf J a h re n . „ D e r N achbar S re u n ig sagt, daß D u v o r v ie r W ochen das P fu n d Zucker bei ihm geholt und nicht bezahlt hast. E r wisse es ganz genau, und ebenso gewiß kann die M u t te r sich erinnern, daß sie Dich noch niem als ohne G eld fortgeschickt oder nicht wenigstens bei nächster G elegen­heit es D i r mitgegeben hat H ast D u das G e ld fü r Dich behalten, so gestehe es jetzt ein, es soll, wenn D u gestehst, D ir S traflos igkeit g ew äh rt w erden."

„N e in , V a te r , gewiß nicht. Ic h hab ' das G e ld nicht be­h alten . Ic h weiß garnicht, w as der K a u fm a n n w ill. Ic h weiß ganz gew iß, daß ich das P fu n d Zucker bezahlt habe," brachte das M ädchen heraus, w ährend ihm die Hellen T rä n e n zum Zeichen der ihm angetanen K ränkung über die W a n g e n liefen. „Ich hab 's gewiß nicht getan ." .

„ D a m ag doch der Kuckuck jetzt klar w erden," meinte V a te r T h o m a s zu seiner F r a u . „Unser N achbar S re u n ig ist doch äußerst gewissenhaft und genau in seinem Geschäft, daß m an ihm einen I r r t u m kaum zutrauen kann. U n d doch kann m an auch nicht recht annehm en, daß unsere Rosa uns an lü g t, denn so sich verstellen und doch lügen, das w äre die Heuchelei und Verstellung au f die Spitze getrieben." Noch einm al schluchzte es vom Fenster her: „ Ic h h ab 's gewiß nicht getan."

„ N u n , es ist ja alles möglich au f der W e lt und es kann auch dem besten Geschäftsm ann e inm al passieren, daß er sich täuscht. — D a ß unsere Rosa uns a n lü g t, g laub ich nicht. D u siehst, w ie weh es ih r tu t, daß der schlimme Verdacht aus sie gefallen ist." — U n d ein neuer S to ß des Schluchzens bekräftigte das w ohlm einende W o r t der M u t te r . D ie Sache blieb fü r's erste unaufgeklärt. K a u fm a n n S re u n ig blieb bei seiner S c« Häuptling bestehen, aber auch die E lte rn verließen sich au f das Z e u g n is ihres K in d es . U n d schließlich, um ein P fu n d Zucker V erlu st lä u ft m an bei einein ständigen guten K unden kaum zum G erichtsvollzieher.

E s vergingen mehrere T a g e . D e n alteingesessenen hoch­angesehenen K a u fm a n n ärgerte es doch, daß er da, w o er seiner Sache so sicher w a r , sich a ls im I r r t u m befangen h in­stellen lassen sollte. E r überlegte und sann und sann. E s w a r ihm noch dunkel in der E rin n eru n g , daß m it dem M ä d ­chen gleichzeitig eine andere F r a u im L aden anwesend gewesen w a r . V ielleicht konnte sich diese noch daraus erinnern. A b er w er w a r es gewesen? E r sann nach; er gab Obacht, w er in den nächsten T a g e n in feinen L aden kam und betrachtete sie sich genau. E r hatte doch sonst ein gutes Gedächtnis. D a au f ein m al fu h r es ihm , a ls w ieder eine F r a u in den L aden ein­tra t , durch den S i n n : H a lt , die w a r es. Sogleich begann er, nachdem sie ihren E in kau f abgewickelt hatte, sie an den T a g — er w ußte ihn noch genau — za erinnern und frag te sie, ob sie nicht m ehr wüßte, ob d am als noch jem and im Lad en ge­wesen sei. „ 3 a , " begann die F r a u ganz arg lo s , „ich kann mich jetzt ganz gut noch erinnern. Ic h komme selten herein. D a m a ls w a r Euerem N achbar fein Töchterlein, die Rosa auch im L a b e n ." — „ W iß t I h r noch, h a t dieselbe d am als bezahlt ober nicht bezahlt?“ — „ A u f dieses kann Ich mich auch noch g an z gut e rinnern ," w a r die A n tw o rt sogleich; sie hatc g fagt,

sie könne diesm al nicht bezahlen, ihre M u t te r ^ "g c h’ stens m itbezahlen." — „ W iß t I h r bas ganz g 6 3 ^weiß es ganz gewiß gerade a ls ob ich c® IeÖ J } bjc' auchhab ' m ir ogar noch dabei gedacht. U lf p M ädcken gcgen-manches M a l ." - „ S e id I h r bereit, °»ch dem M a d c h e n ^ g e ^ ^

übet m ir zu bezeugen, w as I h r soeben g c ^ g h • b a l | t a l5net m ir nämlich rundweg aus dem ®e[icht, o l l I *das G eld schuldig geblieben sei. - „ W a r u m nicht, w as w a y r

Í f t © írabca mng der N achbar T h o m a s außen arn Laden vo r- bei. I h n sehen und rufen, w a r ein W erk . „ N u r a ^ ein W o r t , N ach b ar," redete ihn bet K a u fm a n n an . „ | n sch 9 daß ich Euch hereingerufen habe. D ie Sache m jner[Cj ts hat m ir keine R uhe gelassen. Ic h w a r [? M ) m a b rb aftiq wie nur möglich. Aus die p a a r P fe n n ig . s t . n u r w a h r s t . 9 nicht m ehr angekommen. A b er nachdem Eue s und steif bei ihrer Aussage geblieben '!>> trotzdem ich übetzeugt w a r, daß sie die U n w ah rh e it spreche, bin . au fnachgegangen. Ic h habe mich be in n e n u n d besonnen, da au j

fä llt m irs ganz deutlich ein: die > s t \ d i e dam als im L a o dabei w a r. D a s andere kann sie Euch selber sagen. 1® I besser, I h r seht jetzt den schlimmen F eh ler der R o a und Ion ihn bessern, a ls daß er m it ih r aufwächst und spater vielleich

ih r V erderben w ird ." . . m w * . , . , mdsU n d die F ra u M e rz berichtete nun m kurzen W o rte n , w as

sie d am als selbst gesehen und gehört hatte.D e m N achbar stieg freilich das V lu t zu K o p f; er muß

sich seines K indes v o r den anderen Leuten schämen, -über c hatte das H erz a u f dem rechten Fleck. E r reichte i«n em Wad)- b ar die H a n d hin und bedankte sich bei ihm . „3ch &tn ® ch D a n k schuldig, N achbar," sagte er. „denn ,etzt - nachdem ich w eiß, daß ih r ganzes G ebühren Lüge w a r — sehe ich, daß der F eh ler bei ih r tief sitzt und sie nicht zum erstenmal solch ein Stücklein au fgeführt h a t."

S e in W e g fü h rte ihn nach Hause. A l . Rosa, nichtsahnend, nachm ittags aus der Schule heimkam, w urde sie! so­gleich v o r den V a te r gerufen. E r stand am Tisch, au f diesem lag die bekannte R u te . „Rosa, komm zu nu r, sagte er D a s M ädchen wußte nicht, um w as es sich handle, ttusdein letzten F a l l g laubte sie sich herausgelogen zu haben. „R osa, schau mich an . Ic h w ill Dich nicht erst w ieder fragen, w eil D u mich doch w ieder anlügst." U n d der SSatet setzte ab, und b lu tro t schoß es dem Töchterchen in_ die Schlafen, umqleich w ieder einem tiefen Erbleichen und ängstlichen Z it te rn P la tz zu machen. „R osa, D u hast mich letzthin angelogen. Ic h hatte D i r angeboten, D u solltest straffrei bleiben, wenn D u gestehst. Heute sollst D u D eine S tra fe haben. U n d m it kräftiger H a n d ließ ih r der V a te r die verdiente Züchtigung

zuteil werden. . rRosa w a r w ie vernichtet. N icht T ro tz und Z o r n , w ie sonst,

sondern Scham v o r sich selbst und v o r dem V a te r ließen die T rä n e n fast nicht m ehr versiegen.

A Is sie nach S tu n d e n sich ausgew eint hatte, rie f sie ih r V a te r noch einm al v o r. „ S o , jetzt w ollen w ir die erste P r o ­be a u f W a h rh a ftig k e it machen. Ic h w ill hoffen, daß ich nicht mehr der Lüge wegen D ich zu züchtigen brauche. W o zu hast D u das G eld , welches D i r d am als die M u t te r gegeben, ver­wendet?" Z a g e n d nnb unter einem neuen T ränenstrom kam es über die L ip p e n : „ Ic h habe es vernascht." — „H ast D nschon ö fter das D i r mitgegebene G e ld , wenn auch n u r zum kleinen T e il, zum Naschen verw endet?" — E in neuer S tro m , ein heftiges Schluchzen, endlich kam es über die L ip p e n : „ 3 a ." — „ S o ," meinte der V a te r , „ w ir werden uns danach zu richten wissen. W ills t D u in Z u k u n ft uns noch e inm al a n ­lügen?" — N eue T rä n e n , und „nein" kam es über die L ippen . — „ Ic h w ill es hoffen, w ir werden O bacht geben. A b e r zum Nachbarn gehst D u m orgen m itta g hinüber und bittest ihn um Verzeihung, daß D u ihm durch D eine L üge U n zu ­trä g lic h s te n bereitet hast." — Rosa ta t es m it schwerem H e r­zen. D a s w a r eine demütigende und gründliche, aber heil­same K u r fü r sie. S ie fruchtete fü r ’s ganze Leben.

W e n n es nur alle V ä te r und M ü t te r ebenso ernst bei der Kindererziehung nehmen w ü rd e n !

Ausland.Deutschland. Die Jubiläumsversammlung der

Katholiken Deutschlands in Köln nahm von Anfang bis zu Ende den erhebendsten Verlauf. Mehr als jede frühere war diese Generalversammlung ein Ab­bild der Universalität der Kirche. Bischöfe und An­gehörige fremder Nationen waren noch nie in so großer Zahl auf einer Versammlung. Die Anwesen­heit des Kardinal-Erzbischofs Ferrari von Mailand, der wiederholt das Wort ergriff, gab der Jubiläums­versammlung einen ganz besonderen Glanz. Daß kein verletzendes Wort gegen andere Konfessionen fiel, versteht sich ganz von selbst. Die gegnerische Presse ist vielfach bemüht, an der Versammlung zu mäkeln, aber ein Wort, das Andersgläubige kränken dürfte, hat sie nicht entdecken können. Von unbefan­genen, nicht-katholischen Blättern, wieder„Kreuzztg.", wird der Versammlung denn auch volle Anerkennung gezollt. Auch die „Nordd. Allg. Ztg." hat sich lo­bend ausgesprochen. Darüber sind nun die Gegner erst recht in Zorn geraten. Sie jammern über die konservativ-klerikale Verbrüderung und über die Re­gierung, die sich der Herrschaft des Zentrums unter­werfe. Die Versammlung soll ein neuer Beweis für die wachsende „ultramontane Gefahr" sein; worin

, Gefahr besteht, danach frägt man nein;,aber d '^ ^ f a y r ' ^ e r den stolzen und | j5e,,S' b e r in Köln geherrscht habe. $

“ E h r t -t» Sßenn es den Segnen gelänge, 5 S i i ? S am m lung fertig ;n dringen, f, w -U ähnlich pr ftoher reden. Und hat man denn j« Ne noch viel s Z ufib „jcht auch gearbeitet? S àl?ch m ü s s e n auch die Gegner trotz allem Nörgelt ^ „iüüllr, haft die Kölner Versammlung ihnen in,.

ann?/rt hat a l s großartige Kundgebung katholische S e n s t b aVglänienbe Bewährung ihrer v U

“ ^°"°Das neueÄchnckgepA welche- dem Stafe

auf dem Uebnng-pl-tze bei Alkngrcbnwn non ei,« fianptmann de- 1. ©arWfcgtmenls «gesich 2 3 besteht aus einem wa, erdichten braunen Ce- Ä 5 t » Rucksack, der statt des Iorni|te die fUr diesen bisher bestimmten äusrujtnngs a* bis manne-, wie Masche, ein Paar Schuhe D à reua Putzzeug etc., aufnimmt. An Stelle des Iot= A r s tritt ein starker, mit Riemen verschnürtet, gut h ä r t e r Lederrahmen, der zur Aufnahme des Rucksackes und zum Tragen desselben an den ge­wöhnlichen bisherigen Tragenemen dient. Die ver­schiedenen Ausrüstungsgegenstande des Mannes be­finden sich im Rucksack tu verschiedenen Beuteln. Der Vorteil des Rucksackes besteht dann, daß sein Leber- aeitell den Mann weniger drückt wie der Tornister, und daß er wasserdicht ist und leicht dem Tragegestell entnommen und wieder eingefügt werden kann, sowie daß Ausrüstungsstücke des Mannes, ohne das Le- derqestell abhängen zu müssen, ihm rasch und leicht entnommen und ebenso wieder beigefügt werben können. Allein ungeachtet dieser Vorteile findet bas neue Rucksackgepäck, welches nicht nur beim 1. Garbe- regiment, sondern bei zahlreichen Truppenteilen im Versuch ist, wie wir vernehmen, wenig Anklang, ba es vieles Schnüren veranlaßt und sich, aus zwei Teilen bestehend, auch in anderer Hinsicht nicht recht praktisch erweisen soll.

Oesterreich-Angarn. Ein Konflikt der Stabt St. Pölten, richtiger des Bürgermeisters Herrn Bölkl, mit dem niederösterreichischen Landesausschusse wirbelt zur Zeit ganze Wolken von Staub auf. Dieser Kon­flikt, der rein lokaler und kommunaler Natur ist, wird natürlich politisch ausgeschlachtet, weil St. Pölten die einzige größere freisinnige Stadt Niederösterreichs ist, und ihr Bürgermeister Völkl sich an die Spitze der vereinigten antichristlichsozialen Parteien bei bin Landtagswahlen gestellt hat und überhaupt den libe­ralen und deutschnationalen Lueger spielen möchte. So wird das Vorgehen des Landesausschusses ge­gen die Gemeinde St. Pölten als politischer Rache­akt und Einschüchterungsversuch gedeutet. Hier die einfachen Tatsachen. Die Finanzen der Stadt find ziemlich schlecht. Trotzdem ging sie daran, ein Elektri­zitätswerk zu bauen, wobei gleich anfangs Hebet- schreitungen der Gemeindezuständigkeit vorkamen. Die Rentabilitätsberechnung und die Baupläne schienen nun dem Landesausschusse unzulänglich, und als bie Gemeinde um eine Anleihe von 700 000 Kronen bei ihm einkam, verweigerte er dieselbe. Trotzbein führte Völkl das Werk durch, und zwar indem er selbst das Geld dafür vorstreckte (natürlich von an­dern Leuten erborgtes Geld) „auf eigene Rechnung und Gefahr," wofür ihm die Gemeinde, falls bas Anlehen später doch bewilligt würde, 41/» W 03en Zinsen und das Kapital zurückerstatten sollte. In­zwischen hatte man aber bereits Gelder für den Bau aus denl Darlehen für Kanalisierun^szwecke verwen­det, und jetzt noch zahlte man Baurechnungen aus der Gemeindekasse aus, schloß Verträge ab usw., a» handelte es sich nach wie vor um e i n Werk der Stadl und nicht um den Bau, den Völkl als Privatperion auf fremdem Grund und Boden aufführte. Mau umging also einfach den Landesausschuß, um Bölw Kopf durchzusetzen. Ja, man erweiterte noch den Plan durch einen weiteren Bau, der im lleberschwenj' mungsgebiete der Traiser lag und so schlecht durv ?efühY war, daß die Stadt Entschädigungen F ueoeffchnjcmmungsschabcn zahlen muh. Dazu be­durfte man neuer 300 000 Mk., ein KostenvorM. der übrigens als viel zu gering anzusehen ist. **n nun begehrte die Stadt eine M illion Kronen «* Darlehen vom Landesausschuß. Dieser lehnte % mais ab und verwarnte die Stadtvertretung, enF* die Stadt für alle weiteren finanziellen Folgen

Page 3: II. Jahrg. Lurityba, Sonntag den 4. Oktober 1903. Nr. 28 ... · Lurityba, Sonntag den 4. Oktober 1903. Staat Paraná — Brasilien. Redaktion und Verlag: Praya da Republica Nr. 3

5 .y 28

i* nicht h a f tb a r, legte alle H a f tu n g den G em eindever- \ tretern a u f u n d d roh te der G em einde , ih r e inen V er-

iv . m ö g e n -v e rm alte r seitens d es L a n d e s zu bestellen ^ D a rü b e r n u n heller L ä rm in der ganzen fre isinn igen > Presse, a l s hätte der L an d e sau ssch u ft die G em einde- : t a u t 'n o in ie verletzt. V ö lk l selbst h a t d a rü b e r eine i- B ra n d re d e gehalten . I n seiner Leidenschaftlichkeit

g ing er angeblich soweit, a u s z u r u f e n : „ U n te r keinen à U m ständen v.'ollen w ir weichen, d a m öge eher a lle s fc andere in T rü m m e r g e h e n ! W e n n in O esterreich w irk- 1 lich so fürchterliches U nrecht geschehen kann, d a n n

m uft w oh l a lle s au fg e b o ten w erden , daft e in so kor- ^ ru p tes Reich jäm m erlich zu G ru n d e gehe, u n d da

«nützten m ir D eutsche UNS u m ein a n d e re s V a te r la n d n , um sehen." D ie H e rre n m ögen sich die F o lg e n selbst v ; zuschreiben I m L a n d ta g kennt m a n keinen S p a tz ^ u n d lätzi m it Beschlüssen keinen S p o t t treiben .

F ra n k re ic h . A u s L o u rd e s . D ie 3 1 . N a tio n a l- i Í W a llfa h r t ist am 2 2 . u n d 2 3 . A u g u s t h ie r eingetros- t , ? fen u n d w ird d ie Z a h l d er P i lg e r a u f 3 5 — 4 0 0 0 0 t \ geschätzt, eine Z a h l , die b ish e r in zwei T a g e n noch 1 nie erreicht w u rd e . T ro tz d es sich im m er noch stri­t t geraden Z u d ra n g e s zu den F elsen v o n M a sab ie lle Bi herrscht u n te r d e r u n g eh e u ren M e n g e nicht n u r die n.:, g röß te m ustergiltigste O r d n u n g sondern auch w ah re ,

tiefe A ndacht, e s ist a b e r auch d a s P rä s id iu m in den rü H än d e n des schon la n g e e rp ro b ten M o n s ig n o re de to P o te ra t . U n te r den zahlreichen kirchlichen W ü rd e n - T trä g e m seien n u r der K a r d in a l N etto , der P a tr ia rc h ; , v on L issabon, M o n s ig n o re de V e u illo t, S e . E m in e n z

L der Erzbischof v o n T r a v a u n d der apostolische P ro to - n o ta r M o n s ig n o re L a rso g e n a n n t. M o n s ig n o re S ch ö p - fer, der B ischof v o n T a r b e s , leitet die geistlichen A n -

jj* dach tsübungen . A m A b e n d d es 2 2 . fan d , vom J® herrlichsten W e tte r begünstig t, die erste herkömm liche

; Lichterprozession statt, welche a l le s in m agischem Lichte , erstrah len lieft u n d einen ü b erw ä ltig e n d en , unvergetz- i1 lichen E indruck machte. B e so n d e rs erg re ifen d ist auch

heuer w iede r d er Anblick so v ie ler K ra n k e n u n d B resthasten m it K rücken u n d R o l lw a g e n u n d d er

6 K rebskranken , S chw indsüch tigen u n d A ussä tz igen , 58 welche a u s T ra g b a h r e n herbeigeschleppt w ero en . S i e M beten m it he ißer I n b r u n s t in a llen m öglichen A n lie g en Ä u n te r T r ä n e n u n d tiefen, v o m S chm erze au sg ep re ft-

r i ten S e u fz e rn . G leich nach der Lichterprozession sSÄ u n d auch im L a u fe d e s 2 3 . w u rd e n zahlreiche tri w u n d e rb a re H e ilu n g e n gem eldet; w ir verzeichnen h ier £[5 n u r die bedeutendsten u n d dutzendfach v o n u n p a r te i- álf schen A erzten b e s tä tig te n : F rä u le in H o rten se I r l e ,1 6 von K in d h eit a n beiden F ü ß e n gelähm t, konntep lö tz- nti lich ohne Z u h ilfe n a h m e e in er Krücke o d er selbst e in es ; i S tockes gehen, so auch ein F rä u le in A lt* M o n t i r Ri von B e n y (D e p a r te m e n t N ic v re ) , d a s m it dem glei- t > chen U ebel behaftet w a r . D ie am m eisten A ufsehen t erregende H e ilu n g ist d ie jen ige e in er gew issen A n to n ie

gè P e r re t , bei welcher die S chw indsuch t den höchsten [I* G ra d erreicht h a tte u n d die m e h r to t a l s lebendig

zu r G ro tte geschleppt w u rd e . S i e ist n u n gesund UH u n d m u n te r w ie d er Fisch im W asse r. A u ß e rd e m j5> w ären heute v o n den glücklichen w u n d e r b a r G ehe ilten0 noch zu e r w ä h n e n : F rä u le in A dele F le u r y v o n M a n s

(H ü s te n lä h m u n g ) , F rä u le in A n to n ie tte C u ffa y v on A bbeville, seit fü n fzeh n Z ä h r e n v o lls tän d ig stum m ,

, fand m it einem m ale den G eb rau c h d e r S p ra c h e w ie-

i-i Wer?:n? (E in e Kriminalgeschichte.)

II.1 _ F o rtse tzung .< . .A b er die neue G esellschaftsdam e w a r erst e inen'T a g h ie r," sagte die K öchin, „ w a s kann sie v c ra n -

la ß t haben — "\ « S in d keine W ertsachen v e rsc h w u n d en ? " u n te r-^ b f a c h sie der G ä r tn e r . M a n durchsuchte die Z im m e r ;^ n ic h ts fehlte. D ie go ldene N e p e tie ru h r d e r E rm o rd e ­t e n lag a u f dem Tische, auch die B ö r s e ; kein S ch ran k , ^ l e i n S e k re tä r w a r e rb rochen ; d er M ö r d e r o d er die r M ö rd e r in hatte e s a u f d a s G e ld d e r T u te n also E nicht abgesehen.

, ,.2ch vermisse n ich ts ," versetzte H enrie tte , die inl d em Z im m e r am besten B escheid w usste. W e s h a lb « 'so ll die G esellschafterin d en n den M o r d b e g a n g en * h a b e n ? "

« H a t n ie m an d e inen S c h re i gehö rt, n ie m a n d die ^ P e r s o n am A b e n d g eseh e n ?" f t D ie F ra g e w u rd e m it dem B e m e rk e n v ern e in t,

Der Kompaß= = « * * ■ ■ ih m I • I ■ I I « ' ~ - r i n i i IIIII IM II ~

der, F r a u L a u re D e lb o s a u s P a r i s . R u e B u d 6 5, w u rd e plötzlich von einem a l s u n h e i lb a r erk lärten Rückenm arckleiden b e f re it ; F rä u le in J o i n d o t v on O r le a n s , seit v ie len J a h r e n a n H ü fte n lä h m u n g d a r ­niederliegend , kann n u n ohne jegliche U n terstü tzung w ieder lau fen . I n dem neben den B ä d e r n b efind ­lichen, e ig en s errichteten K a b in e tt nehm en beeidigte G erich tspersonen die zahlreichen w u n d e rb a re n H e ilu n ­gen protokollarisch a u f. M a n zäh lt n ah e a n 1 0 0 Aerzte, die im K o n s ta tie ru n g sb u re a u u n te r dem P r ä s i ­d iu m d es D o k to r B o issa rie versam m elt sind. J e d e s v on der U ntersuchungskom m ission bestätigte W u n d e r w u rd e in d er K irche feierlich verkündet u n d h ie ra u f von den A nw esenden erg reifend u n d begeistert d a s M a g n ifik a t gesungen . M i t Rücksicht a u f diese u n le u g ­b are n W u n d e r h ab en auch w ied e r zahlreiche B e k eh ­ru n g e n v o n F re id en k e rn u n d U n g lä u b ig e n s ta ttge fun ­den. M a n sieht, L o u rd e s ist im m er noch, einem C o m b es zum T ro tze , die W e lts tad t der W u n d e r fü r unse re w underscheue Z e it. D e r eben erschienene „ P a - tr io te d es P p r é n é e s " konstatiert den g ro ß en E rfo lg der W a llf a h r t 1 9 0 3 m it fo lgenden W o r te n : D ie 3 1 . R a tio n a l- W a llf a h r t ü b e r tr if f t a lle die gehegten kühnen E rw a r tu n g e n . M a n schätzt die M e n g e a u f m eh r a l s 4 0 0 0 0 P e rso n e n . S c h o n bei der ersten L ich terpro­zession n a h m e n m indestens 1 5 0 0 0 P i lg e r teil, e in f ü r den v o n der F e rn e Z u seh e n d en b ez aubernder Anblick.

Inland.C urityba. Franziskus-Hocham t. — N eue zw ei­

stimm ige M esse. — A m heu tigen S o n n ta g f in d et v o rm itta g s 9 ‘/ 2 U h r zu E h re n d e s hl. F ra n z is k u s v o n Assisi in der K irche B o m J e s u s ( P r a ç a d a R e p u b lic a ) ein feierliches L ev iten -H ocham t statt. B e i dieser G elegenhe it w ird zum ersten M a le die „ M issa in h o n o rem S a n c t i F ra n c is c i" , f ü r zwei S in g s tim m e n m it O rg e lb e g le itu n g v o n H e r rn L eh re r S c h u m a n n kom poniert, u n te r dessen L e itu n g gesungen . D a s F ra n z isk u s -O ffe rto riu m , eb e n fa lls v o n H e r rn L e h re r S c h u m a n n kom poniert (3 S in g s tim m e n , O rg e l- u n d G eig e n b eg le itu n g ), w u rd e schon im v o rig en J a h r e am 4. O k to b er g e s u n g e n ; in diesem J a h r e w ird d ie G e ig e n b eg le itu n g v o n d re i K n a b e n (S c h ü le rn der S c h u le der F ra n z is k a n e r ) a u s g e fü h rt . D e r S ä n g e r ­chor besteht a u s e tw a 2 0 D a m e n u n d M ä d ch e n u n d circa 3 0 K n a b e n a u s der g en a n n te n S ch u le . D ie S c h ü le rz a h l d e r letzteren ist, w ie w ir b e iläu fig e r ­w ä h n e n w o llen , a u f b e in ah e 2 0 0 ( n u r K n a b e n !) angew achsen.

— Gesucht w ird vom K aiserlich D eutschen K o n ­su la t die S ch u h m a ch e rfrau M a r i a n n a W asie lew sk i, gebo rene G ib a s , verehelicht gew esene R z ask a , im J a h ­re 1 9 0 2 in der C o lo n ie D . A u g u s ta bei C u r ity b a aufhältlich gew esen ; ebenso die am 6. J u n i 1 8 6 3 zu M ile ro te n bei N e u e n b u rg , W estp r., gebo rene A n g elica K urrek , zuletzt in d er K o lo n ie S . J g n a c io bei C u ­r ity b a w o h n h a f t u n d angeblich m it einem D o k to r v e rh e ira te t; endlich der ehem alige C a n d id a t d er M e ­dizin F ra n z M a r i a R u m p , zuletzt in S . J o s é - d o s P in h a e s .

— Besuch A m letzten M ittw o ch besuchte d e r D i ­rektor d e s staatlichen S c h u lw e s e n s , D r . V ic to r A m a -

datz die g n äd ig e F r a u sich m it d er G esellschafterin gegen 7 U h r in ih re Z im m e r begeben habe . „ W o h e r ist d a s F rä u le in g ek o m m en ? " f ra g te d ie s o h in .

K e in e r w u ß te è s ; n u r soviel s ta n d fe s t, d a ß M a r ­th a S c h rö d e r m it dem S ch n e llzu g v o n C . am vorgest­r ig en A b e n d eingetro ffen w a r u n d v o n F ritz am B a h n h o f ab g e h o lt w o rd e n .

„ K a n n d en n nicht ein a n d e re r d a s V erb rechen be­g an g e n h a b e n ? " m ein te d er G ä r tn e r J o s e p h ; „ e s scheint m ir kaum glaublich , d a ß ein M ä d ch e n die g n ä d ig e F r a u in so ro h e r W eise e rw ü rg t h ab e n soll. W ä r e sie v erg ifte t w o rd e n — "

„ A b e r w e r so ll 's sonst g e tan h a b e n ? " h ieß es von a llen S e i te n . „ U n d w e sh a lb ist d ie S c h rö d e r a u f u n d d a v o n g e g a n g e n ? K o n n te sie nicht b le ib e n ? "

„ D a ß die G esellschafterin d a s H a u s v e rlie f t," v e r­setzte J o s e p h , „scheint m ir leicht erklärlich zu sein. S i e w a r kaum v ie ru n d z w an z ig S tu n d e n h ier, d a f in ­det sie die D a m e , zu deren P f le g e sie h ie rh e r gekom ­m en, to t. S i e mochte m it d e r T o te n nicht a lle in sein, sie w cu noch eine vö llig F re m d e im H ause , w eder durch In te res se , noch durch L iebe oder G e w o h n h e it

3

ra l, die S c h u le der F ra n z isk a n e r . D ie deutschen K in ­der, welche u m 1 U h r die S c h u le verlassen, w a re n nicht m eh r anw esend . D e r H e r r D irek to r t r a t in alle v ie r S c h u lsä le u n d w a r vo ll d e s L o b e s ü b e r die praktische u n d hygienische B eschaffenheit d e r S ch u le . I n den beiden K lassen, welche zu r Z e i t des B esuches noch fu nk tion ie rten , w o h n te er dem U n te r ­richt f ü r e in ige Z e i t bei u n d w a r überrasch t ü b e r die E rfo lg e , welche die S c h u le trotz der kurzen Z e i t ih re s B e s te h e n s schon erzielt hätte . E r h än d ig te dem D irek to r d e r S c h u le noch e in ige (Exem plare seiner neuesten B ro sch ü re « H e r v a M a t e o u C h á d o P a r a n á » ein u n h verlieft ü b e r a u s befried ig t die S ch u le . A m letzten F re i ta g schickte H e r r D r . ' V ic to r A m a r a l ein H eft a l s Geschenk f ü r die S c h u le m it fo lgendem V erm e rk : I c h h a tte heu te die F re u d e , die S c h u le d e r F ra n z is k a n e r in dieser S t a d t zu besuchen. S i e ist g u t eingerichtet u n d besteht a u s 4 g ro ­ßen U n terrich tssä len , in w elchen a lle V orschriften d er H y g ien e berücksichtigt sind. I c h w o h n te dem U n te r ­richte zw eier K lassen bei, welche z u r Z e i t m e in es B esuches fu n k tio n ie rten , u n d ich w a r au ß ero rd en tlich befried ig t ü b e r die ausgezeichnete U nterrich tsm ethode, welche d o r t beobachtet w ird u n d welche schon gu te R e su lta te erzielt hat.

D ie Z a h l d er S c h ü le r ist schon a u f 2 0 0 gestiegen, t 'v tzdem die S c h u le erst v o r w en ig en M o n a te n e r ­ö ffne t w u rd e .

C u r ity b a , den 3 0 . S e p te m b e r 1 9 0 3 .D r . V ic to r F e r re ir a do A m a ra l,

D i r e c t o r G e r a l d a I n s t r u c ç ã o P u b l i c a .— Sociedade Am paro á s F a m ilia s . D e r V o r ­

s tand dieser nützlichen G esellschaft te ilt u n s m it, daft alle V o rs ta n d sm itg lie d e r w ied e rg ew äh lt w o rd e n sind u n d b e re its ih r A m t f ü r d a s n eu e V e re in s ja h r a n ­getre ten haben . P rä s id e n t ist: A m elio H o ra c io d a S i l v a ; V izep räsid en t: H o ra c io F a g u n d e s d o s R e i s ; E rs te r S e k r e tä r : A n to n io de F r e i ta s S a l d a n h a ; Z w e ite r S e k r e tä r : H e rm o g e n e s F e lix R o m a n o ; E rs te r K ass ierer: Z e fe r in o J o s e do R o s a r io ; Z w e ite r K a s ­sierer J o s e F e r re ir a B o r g e s . D e r C onselho F isca l ist zusam m engesetzt a u s fo lgenden H e r r e n : C icero G o n ç a lv e s M a r q u e s , J o s e R ic a rd o P e r e i r a P i t t a u n d E d g a r S te ll fe ld .

F ü r die freundliche U eb e rsen d u n g d es R e la to r iu m s sagen w ir unse ren herzlichen D an k .

— Festnahm e. D ie hiesige P o liz e i h a t einen O b e rs tle u tn a n t d es österreichischen H ee re s n a m e n s S ig is m u n d H ekaitto , der, nachdem er im A p r i l dieses J a h r e s eine g ro ß e S u m m e G e ld e s a u s d e r M i l i tä r ­kasse unterschlagen hatte, geflohen w a r , in e inem h ie­sigen H o te l a u s f in d ig gem acht u n d festgenom m en. E r h a tte sich e inen russischen P a ß zu verschaffen ge­w u ß t u n d reiste u n te r dem N a m e n C a r lo s W e b e r . D ie österreichische G esandtschaft h a tte a n die K o n su ln in B ra s il ie n die n ö tig e n W e isu n g e n gegeben u n d im Besitze d e r P erso n alb e ze ic h n u n g en d e s flüchtigen O f f i ­z iers ge lan g e s d e r hiesigen P o lize i, ihn e in zu fan g e n . S ig i s m u n d H ekaitto h a tte sein ges toh lenes G e ld in d e r englischen B a n k in R io liegen u n d erh ie lt v o n dieser B a ftk durch V e rm it tlu n g e in e r hiesigen F i rm a reg e lm ä ß ig eine bestim m te S u m m e zugeschickt. D e r G e fa n g e n e legte v o r dem österreichischen K o n su l ein o ffe n es G e s tä n d n is a b u n d b a t u m seine A u s lie fe -

g e b u n d e n ; ih re S a c h e n w a re n noch nicht e in g e tro ffe n , u n d d a w a r e s natü rlich , daft sie den O r t , w o sie n ichts m ehr zu tu n hatte, a n dem sie n u r einen T a g gew eilt, w ied e r verlieft. H ä tte sie a h n e n können, d a ß ein V erbrechen v o rlag , so w ä re sie vielleicht geb lieben , u m n äh e re A u s k u n f t zu geben u n d dem V erdach te begegnen zu können.

„ A b e r w e sh a lb machte sie n ie m a n d A nze ige v o n dem T o d e ? " f ra g te der Kutscher. „H o ffen tlich g e lin g t e s der P o lize i, d a s F rä u le in zu e rm itte ln , d a s den M o r d b eg a n g en h ab e n m u ß . W e r soll e s sonst ge­ta n h a b e n ? V ielleicht e iner v o n u n s ? K e in F re m ­d e r w a r im H a u se ."

„ I c h h ab e so m eine eigenen G e d a n k e n ," fu h r d e r G ä r tn e r nach e iner W e ile fo rt, „ e s könnte doch ein a n d e re r e s ge tan h a b e n ."

„ o o ? W e r d en n e tw a ? "A lle r A u g e n richteten sich fast v o r w u r f s v o l l a u f

den M a n n , d e r e s w ag te , irg en d e inen d e r H a u s ­a n g e h ö r ig e n d e s M o r d e s zu beschuldigen.

„ V o n a llen , d ie h ie r stehen, is t 's w o h l keiner," sagte J o s e p h ; „ a l s ich a b e r gestern ab e n d nach acht

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rung. Der Polizeichcf benachrichtigte den Minister' des Aeußern in Rio von dem Vorfall und erwartet von ihm weitere Befehle.

— Der Ausfuhrzoll für Herva Mate im Hafen von Paranaguá brachte im Monat September 54:9788335, in Antonina 82:7648000 ein.

— Die Munizrpalkammer von Ponta Grossa hat ihren Präfekten bevollmächtigt, eine Summe von 1:5008000für die hier stattfindende Ausstellung zu verausgaben.

— Wunderdok to r . In den letzten Tagen hat ein Mulatte von 43 Jahren die Aufmerksamkeit der hiesigen Bevölkerung auf sich gelenkt. Er kuriert durch Klotzes Ausströmenlassen einer heilenden Kraft aus seinem Körper die Kranken jeglicher Art. W ir glauben nicht, datz wir es mit einem raffinierten Schwindler zu tun haben, vielmehr macht der Mann durch seine Bescheidenheit einen guten Eindruck. Er glaubt in seiner Dummheit von Gott zum Heile der Kranken geschickt und mit besonderer Kraft ausge­rüstet zu sein. Gleichwohl warnen wir alle ohne Ausnahme vor dem Wunderdoktor!

— Wer über einen gewissen Joseph Schmidt aus Amberg Auskunft geben kann, wird gebeten, dem Kaiserlich Deutschen Konsulat in Curityda davon Mitteilung zu machen.

S. Bento. (Staat: Sta. Catharina.) Hier er­hängte sich die junge Frau des Fuhrmanns Joäo Kollbeck. Motiv zur schrecklichen Tat soll Eisersucht gewesen sein. Das junge Ehepaar war nur gericht­lich getraut gewesen. So ganz unrecht wird die Be­hauptung mancher nicht sein, die da sagen: „Das ist die Frucht eines Familienlebens ohne Gott und Re­ligion." Es ist dies jetzt der zweite Fall in kurzer Zeit. Vor einigen Wochen erhängte sich hier die Frau des Fuhrmanns Karl ®ruber, die eine Schar kleiner Kinder hinterließ.

Vielleicht nirgends wie hier sind die schlechten Ele­mente so sehr darauf bedacht, die Jugend ohne Reli­gion zu erziehen, was ihnen aber dank des christlichen Bewußtseins der Mehrzahl der Bevölkerung nicht gelingt. Die Kämpfe gegen die kath. Pfarrschule in S. Bento waren erfolglos und werden es bleiben. Rio Vermelho hat ebenfalls seit einem Jahre eine katholische Schule. ^ ____

Eingesandt.Aus unserem Leserkreise. (Vom Amazonas.)

Du darfst hier schon so manches wagen, Darfst offen Deine Meinung sagen,Darfst jederzeit „Kompäßliche;"Tarieren als 'was Gräßliches,Darfst immerdar aus nicht'gen Gründen Den „Kompaß" unausstehlich finden,Darfst offen sagen, ohn' Beschwer' „Langweilig ist der Heinze sehr!"Doch — wer den „ Kompaß " ungeniert Zu loben wagt, wi rd boykottiert.

Letzte Uchrichten.Rio. Die Regierung verweigerte dem General

Olympia da Silveira die Erlaubnis, den * Bericht über seine Tätigkeit im Acregebiet zu veröffentlichen.

— In der Deputiertenkammer wurde die Diskussion geschlossen über das Projekt, den Bischöfen die Güter

Uhr den Garten verließ und nach den Stallungen ging, sah ich den Verwalter in verdächtiger Weise auf das Gewächshaus zuschreiten; er wollte offenbar nicht gesehen sein, denn er suchte sich meinen Augen zu entziehen. Sein Benehmen war mir sofort aufge­fallen."

„Herr Jochem?" riefen alle und schüttelten die Köpfe. „Unmöglich!"

„Was hatte aber der Verwalter zu so spater Stun de hier zu tun?" fuhr der Gärtner fort. „Sonst geht er um 6 Uhr in die Stadt, was er auch ge­stern tat, wie ich gesehen; um 8 Uhr war er wieder hier, und warum wollte er nicht von mir gesehen sein?"

„Das ist nicht möglich," verseht entschieden die Köchin, „Herr Jochem hats nicht getan, er ist viel zu reell und brav." .

„Hat denn jemand den Verwalter am Abend im Hau e gesehen?" fragte Henriette. Niemand konnte die Frage bejahen: t ^ i r , ,

Ich aber sah ihn." erklärte jetzt der Kutscher, „auf dem Wege nach der Sladt; er grüßte mich und such-

________ Der Kompaß

zurückzugeben, welche ihnen °or der Trennung des Staates von der Kirche gehörten. ^

— De, itslliernjche D-pnii--I. , “nc Sun'dem Verkehrsminister, Dr. Laura Mutter,ferenz über die Herstellung einer S chW risI.n , zwischen Italien und den Südstaaten Brasiliens

— Der Hauptmann Guilherme Silva, welcher wegen schlechter Behandlung der ©efchng -Direktor der Korrektionskolome Dous Rws entlaßworden ist, verlangt vom Minister des Innern ein Abschrift der Anklagen, welche seine Absetzung

" '" - ‘ ‘ Ä l t weniger Tage I-Ilder Sontra« veröffentlicht werden, welcher den Streit Msche Brasilien und Bolivien endgültig und zwar zur j u - friedendenheit beider Länder beendigen sott.

— Hier starb der Chef der in der Kammer an­gestellten Stenographen, Herr Caetano Silva.

— Die Bewohner von Recife haben eine Bitt­schrift an den Bundespräsidenten mit 4000 Unte r­schriften eingereicht, in welcher sie ver angen datz der Hafen von Recife möchte ^gebessert werden. Der frühere Vizepräsident von Brasilien, Dr. R Ie Silva, ein geborener Pernambukaner, ging |etv,i zum Bundespräsidenten und legte ihm die Notwen­digkeit der Hafenausbesserungsarbeiten auseinander

— In Bahia macht man Propaganda für me Erhebung des Barons Rio Branco zum Bundes­präsidenten. . ...

— Man spricht davon, daß der Flnanznumster, Dr Leopoldo de Bulhões, seine Stelle verlassen wrtt. Er soll durch Dr. Custodio Coelho ersetzt werden.

— Die Polizei hat wieder einmal einen Kampsgegen das Spielen eröffnet. Verschiedene Hauserwurden besetzt und viele Spieler gefangen genommen.

— Der Vetreter der Firma Walker & Comp., welcher den Kontrakt die Hafenausbesserungsarbeiten betreffend unterschrieben hat, ist nach London abge­reist.

Rom. In Livorno kamen ernstliche Konflikte zwischen den Arbeitern und den Mitgliedern der Ge­sellschaft „20 Sept." vor.

— Der König Viktor Emanuel schickte die Sum­me von 9000 Lire der Wohltätigkeitsgesellschaft m Racconigi. , .

— Die Königin Margarethe, die sich augenblick­lich in Marburg aufhält, nahm die Parade des 11. preußischen Jägerregiments ab, welches ihren Namen trägt.

— Telegramme aus Florenz bringen die Nachricht, v„ß sich der Bankier Sertini in Gegenwart seines Sohnes aus unbekannten Gründen vergiftete. Die Tat hat große Aufregung hervorgebracht.

— Der Kreuzer „Nautilus" wird von Genua aus eine Instruktionsfahrt unternehmen, auf welcher er auch Rio de Janeiro berühren wird.

London. Telegramme aus Sofia melden, oiele Revolutionäre mit den von Rußland und Oesterreich vorgeschlagenen Reformen nicht inver­standen sind, sie verlangen eine endgültige Entklei­dung.

— Die Türken verübten ungeheure Grausamkeiten, sie steckten 1120 Hänser in den Dörfern rings um Monastir in Brand.

__ Herr Balfour, der Chef, des Kabinetts. [ub * M ilner ein. in das Ministerium einzutreten ffrrhitm Montag werden die Namen der neuen Ajj- . Ä a n n U e U i werben. Man ist g ,^ 1,a u f in^Seiamtm ^ 9 Schieß

. . . „ J Z „„genommen für alle Streitigkeiten. mçl„ ch? zwischen den Republiken Chile und Argentinien

entstehe können o p e i wirb berietet, daß die Türken das Dorf Raslog zerstörtem Sie raubten undS e r i e n und ermordeten eine große Zahl Christen Die Revolutionäre. griffen das Dorf Rachfon uni) trieben die Türken in die Flucht.

Der Aufstand nimmt einen schreckenerregenden Umfang an Der Sultan rief 50 000 Resewesn,- d à zu den Waffen. Die englische Regierung sch ckte eine energische Note an den Sultan, in wel­cher sie sofortige Bestrafung der Urheber der Grau­samkeiten verlangt, welche gegen englische Untertanen in Rumelten verübt worden sind. , ,

— Der Standard" behauptet in einem Aufsehen erregenden Artikel, daß Rußland die Revolutionäre auf dem Balkan unterstütze, indem es ihnen Waffen

liefere.^n ^burg spricht man davon, daß derZar in Verbindung mit dem Kaiser Franz Joseph à energische Note an den Sultan lnbetreff Maze­doniens schicken wird. '

Madrid. Hier kam Herr Combcs, der französische Ministerpräsident (incognito) an.

Berlin Der berühmte Astronom ^alb, der durch seine Prophezeiung des Weltunterganges (13. Nov. 1900) viele einfältige Leute zur Verzweiflung brachte, ist jetzt gestorben. (Vor dem hat nun die W e l t Ruhe!) .

— Das Volk drückte m Versammlungen seinen Unwillen über die Soldatenmißhandlungen aus.

— Die Festlichkeiten anläßlich der Inauguration des Wagner"denkmals waren großartig.

Wien. Der Zar von Rußland, der zum Besuch hier angekommen ist, wurde festlich empfangen. Der Kaiser veranstaltete ihm zu Ehren ein Festessen.

New-York. Die Panama-Kanalfrage scheint ei­ner guten Lösung zwischen den Ver. Staaten Nordameri­kas und Kolumbien entgegen zu gehen.

Paris. Die Zeitung „Libre Parole" berickdaß Herr Pichon seine Stelle als Regent vonTunis aufgegeben hat, weil er an der _ Ausführung des Gesetzes gegen die religiösen Genossenschaft nicht mitwirken will.

Buenos-Ayres. Hier spricht man von einer be­vorstehenden Revolution, weil der Senat das vonder Deputiertenkammer angenommene Projekt, wel­ches den Offizieren erlaubt, an der Politik sich zu be­teiligen, verworfen hat. Der Kriegsminister und der Marineminister erließen Zirkulare, durch welche sie den Truppen-Kommandanten absolutes Fernbleiben von der Politik empfehlen. Man versichert, daß d:e Kommandanten um ihre Entlassung bitten werden.

Lissabon. Auf den Kap-Verdischen Inseln herrscht große Not. Der Hunger vernichtet die Bevölkerung.

- Kurs: 12; d. i. 1 M a rt 06981; 1 Frank 0$791 1 Dollar 4SI 19 ;1 Pfund Sterling 208000"

te ein Paket, so groß etwa wie ein Menschenkopf, das in Papier gewickelt war auf dem Rücken zu verbergen. Böses dachte ich nicht dabei."

„Was machen wir jetzt?" fragte die Köchin unter Tränen.

„W ir lassen hier alles so liegen, wie es ist, auch die Tote," erklärte der Gärtner, „und du, Fritz, fährst sofort in die Stadt, machst Anzeige bei der Polizei und bringst die Beamten hierher."

Fünf Minuten später jagte der Kutscher davon, die Nachricht von dem furchtbaren Verbrechen aus dem stillen Tale in die Welt tragend. Wie ein Lauf­feuer verbreitete sich die Kunde in der Stadt und Umgegend, und alle, die sie vernahmen, waren eben­so erstaunt wie empört. Bei jedem Verbrechen sind ln der Regel die Motive, wenn auch nicht immer der Täter, sofort bekannt, und die Volksstimme, die der gerichtlichen Untersuchung vorauseilt, ahnt instink­tiv das Richtige und irrt selten. Hier aber stand man vor einem Rätsel: ein Raubmord lag nicht vor, ein solcher hätte den Beweggrund erraten lassen: Haß oder Rache noch weniger, denn die alte Dame war

allgemein, bei hoch und nieder so geachtet unb_ be­liebt, daß man das Verbrechen kaum für möglich hielt; was aber bei der Untat am meisten empörn war der Gedanke an die körperliche Hilflosigkeit d« Ermordeten, ihr hohes Alter und die Blindheit.

Der Polizei-Kommissar, dem der Kutscher zw Anzeige erstattete, begab sich sofort zum Untersuchung richtet und zu einem Arzte. ¥

„Also die neue Gesellschaftsdame ist verschwunden, fragte der Richter den Kutscher, „und der Berw ter, Jochem, wurde zur Zeit, in welcher das brechen begangen worden, in der Nähe des H E gesehen? Möglich, daß beide zusammen den Aiorö begangen haben. Wo wohnt Herr Jochem?"

..Altstraße 23."„Fahren wir hin!" befahl der UntersuchungsbE

te. Dieser war ein ältlicher Herr mit einem wähl Inquisitorblick.

(Fortsetzung folgt.)

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Der KompaßAllerlei.

Restitution. Dem S taatschatz in P aris is t eine besondere E innahm e gew orden 3203 Frcs., die ihm durch Abbé Legend übergeben w urden im A ufträge eines D rit teil. Also ein Beichtkind, dem der Beicht v a te r diese Sühne au ferleg t hatte . Das A m tsblatt verzeichnet üb rigens oft genug solche E rsta ttungen , m eist von bescheide nen, un ter 100 Frcs. be tragenden Summen Sie rühren wohl m eist von kleinen Be amten her, die sich in der Not an den ihnen an vertrau ten Geldern vergriffen oder von Leuten, welche kleine A rbeiten fü r den S taa t au sgefüh rt haben.

Zwei Zwergeisenbahnen w erden in ­nerhalb der W eltausstellung in St. Louis 1904 zur P e rsonenbefö rderung verw endet werden. Die eine M iniaturbahn beso rg t den T ran sp o rt in d e r Ebene, die andere über die H ügel des A usstellungsgebietes. Die Bahn in der E bene ha t eine Spurw eite von n u r 15 englischen Zoll, die Lokom otive wiegt n u r 20 Centner. Die «Berg* bahn h a t eine Spurw eite von 22 Zoll und ihre Lokom otiven wiegen je 60 Centner. Jed e r Zug kann 100 erw achsene P assag ie re be­fördern. D as F ah rg e ld b e träg t fü r alle E ntfernungen 10 Cents. D er B au begann am l. Septem ber dieses Jah res . Beide S trek- ken w erden m it allen H ilfsm itteln m oder­ner E isenbahnen : S ignalhäusern , Sem apho­ren und mit V orrichtungen zu r W asseren t­nahm e w ährend d e r F ah rt, ausges ta tte t sein.

erfasste ihn der S tier von hinten, bohrte die beiden H örner in den Rücken des unglücklichen Mannes, riss ihn heru n te r und tram pelte dann m it den Füssen auf dem K örper seines O pfers herum . Auf die Schreckensrufe der Z uschauer eilten sofort m ehrere andere W ärte r herbei und schlu­gen von aussen mit Stöcken auf den Stier los. A ber von einer R ettung des U nglück liehen konnte keine R ede m ehr s e in ; er w ar bereits eine Leiche. D er B isonstier ist so leicht erreg b ar, dass er, wenn ihn jem and längere Zeit anblickt, fu rch tbar zu keuchen und zu schnauben beginnt. Die T ierärzte, die das T ier beobachteten, g laubten anfangs, es sei lungenleidend, und das schwere, dum pfe K euchen sei ein Sym ptom der K rankheit, bis man erkannte , dass es ein A usbruch der W ut sei. In ruhigem Z ustande atm et der S tier ganz regelm ässig

Ein Hirsch für’# Franziskanerklos- ter D er Tölzer K urier e rzäh lt einen hüb ­schen Z ug vom jüngsten Jag d au fen h a lt des P rinzregen ten von B ayern in d e r V order­riss. Zwei T ö 'zer F ran z isk an e r ha tten den R egenten aufgesucht. Zu ih re r H eim kehr liess der R egen t ein F loss zusam m enstellen und einen H irsch bringen, den er dem Klo­ste r schenkte. D er A bfahrt der beiden Mön­che w ohnte der R egent in der N ähe der Isa rb rü ck e persönlich bei.

Antonio Friggi. Aus M ailand wird b e rich te t: An der K üste von Motta-Visconti kennt jed e r einen alten Mann, der m it dem Spitznam en «Der Lom barde» bezeichnet wird und dessen w ah rer Name A ntonio F rigg i i s t W enn m an ihn au frech t m it e r­hobenem Kopfe m arschieren sieh t und sein üppiges H aar, das fa s t schw arz is t bew undert, w ürde m an nicht g lauben, dass or über 60 Ja h re a lt is t; dabei h a t e r d ie­ser Tage seinen hu n d erts ten G eburts tag im Kreise zah lre icher F reu n d e gefeiert. E r ist seit m ehr als 60 Ja h re n C horsänger und fehlt bei ke iner Messe und bei keinem B egräbnis; auch auf den F eldern arbe ite t e r noch. Im vorigen Ja h re w urde e r dem K ardinal F e rra ri von M ailand vorgestellt, und dieser v ersp rach ihm, dass e r selbst den G ottesdienst bei seinem L eichenbegän­gnis halten w ürde, falls er, wie e r hoffe, über h u ndert J a h re a lt w erden w ürde.

ln der Nchönbrnn ner Menagerie zu Wien ereignete sich am 18. Aug. m orgens, als bereits zahlreiche B esucher anw esend waren, ein fu rch tb a re r Vorfall. Seit etw a einem halben Ja h re befindet sich in der Schönbrunner M enagerie ein B isonpaar, ein Stier und eine K u h ; die T iere sind ein Geschenk des russischen K aisers. D er S tier w urde gleich von A nfang an als ein seh r wildes und gefährliches T ier erkannt, und den W ärte rn w ar die W eisung erteilt worden, seh r vorsichtig zu sein. M orgens befanden sich die beiden Bisons in der vor dem Stalle angebrach ten grossen E infriedung , die von einem starken und hohen B alkengeländer um geben ist. E iner der W ärte r begab sich nun in die E infriedung, um den Boden zu rein igen und zu kehren, obw ohl den W ärtern vorgeschrieben ist, den Stall oder die E in friedung n u r zu betre ten , wenn sich die T iere n icht in dem betreffenden R aum e befinden. P lötzlich bem erkte er, dass der Stier in grosse A ufregung gera ten w ar und mit gesenkten H örnern auf ihn losging. Der W ärter e rkann te nun die G efahr. E r lief zu d e r nächsten Seite d e r E in friedung und wollte dieselbe überk le ttern . A ber der wütende S tier rann te ihm nach. Schon hatte der W ärter den obersten B alken erreicht, d a •

(inbei

L&ohStlit!©.(Xu viel des Guten.] L andonkel

einem städtischen H ote l): »W ann wird Ihnen zur Tafel ge läu te t?« — K ellner:

G ar n ic h t! W ir haben F rühstück von 6— 11 Uhr, M ittagessen von 12 — 6 und A bendessen

on 6 — 11!« — L an d o n k el: »Potz Blitz!Da b leib t einem ja g a r keine Zeit, die S tad t zu b e se h e n !«

[Ehrenerklärung.] Die gegen H errn K aufm ann Itz ig M eyer ausgestossene Beleidi­gung, dass dem selben zu einem Pinsel n u r noch die H aare fehlen, nehm e ich h ierm it reu ig zurück und erk läre , »dass dem selben zu einem P insel nichts m ehr fehlt!» A. K ränkheim .

[Schlimme# Einverständnis.] B e­such: »W eshalb stre iten doch Ih re K inder in einem fo rt?« — M utter: »Weil sie ha lt ein H erz und ein Sinn sind!« - B esu ch :

D as ist ab e r ein toller W id e rsp ru ch !« — M utter: »Im G egenteil! W issen Sie, was das eine will — will eben das andere im mer auch!«

(Geographisches Exam en.) L e h re r : W elche V eränderungen bem erken Sie an

der K arte von E u ropa in den letzten zehn Jah ren ?« — Schüler : » Sie ist zweimal frisch lack iert worden.«

[Beim Zahnarzt.) Z ah n arz t (zu einem H errn , dem er einen Zahn herausziehen w ill): »Wissen Sie, wenn Sie etw a lachen müssen, tun Sie’s n u r ungeniert!»

Allerseelen.Da der A llerseelentag schon h e ran n ah t, so b ringe ich bei d ieser G elegenheit

m eine Bildhauerei- und Marmorwerk­stätte für alle einschlägigen Arbeiten

in empfehlende Erinnerung und bitte meine w erten K unden, ihre ge­schätzten A ufträge rech tze itig aufgeben zu wollen, dam it dieselben m it der gew ünschten Pünk tlichkeit e rled ig t w erden können.

Mit vorzüglicher HochachtungWtw. Carlos Hübel Hna da Liberdade N. 5.

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Dienstag, den 6. Oktober 1903,A bends 8 U hr im Salão «Tivoly»

Monats versammlnng. Tagesordnung:

1. V orlesung d e r Protokolle,2. » des K assenberichtes,3. A n träge und B eratungen!

Da seh r w ichtige B eratungen vorliegen, w erden die H erren M itglieder, sowie die­

jenigen Personen, welche dem V ereine bei­tre ten wollen, höflichst ersucht, rech t zahl­reich und pünktlich zu erscheinen,

L isten zum E in tragen , sowie M ietskon­trak te liegen aus bei den H erren E rn s t Kopsch, B ernhard Amhof, Adolf W eigert, A nton Bedene, Adolf K abitschke und F rie ­drich G rötzner.M ietskontrakte w erden n u r f ü r M it­g lieder verabfolgt.

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