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Untersuchungen zur Reaktion der Alkoholdehydrogenasen mit Tritium-markierten Substraten III. Primäre aliphatische Alkohole und Aldehyde als Substrate der Alkoholdehydrogenase aus Leber 112 DIETER PALM, TANKRED FIEDLER und DOROTHEA RUHRSEITZ Organisch-chemisches Institut der Technischen Hochschule, München, Arcisstraße 21 (Z. Naturforsch. 23 b, 623—628 [1968]; eingegangen am 21. August 1967) [1,1-T]-ethanol, ;I ,l-T]-propanol and [l ,L-T]-butanol exhibit small isotope effects (&h/ At=1.3-1.8) in the liver alcohol dehydrogenase catalyzed reaction NAD® + alcohol ^ aldehyde + NADH + H®. Presence of semicarbazide (with [1,1-T]-ethanol) or substrat inhibition (with [1,1-T]-butanol, 2-10 _2 -m.) raises the isotope effect (up to 4.1 at 25 °C) by introducing partial irreversibility to the interconversion step of the ternary complexes. This is in agreement with the Theorell- Chance mechanism as extended by DALZIEL. Thus, isotope effect determinations confirm both, the presence of ternary complexes and their kinetic insignificance for lower aliphatic substrates. The results are markedly different from analogous kinetics with the yeast enzyme. Die Untersuchung NAD-abhängiger * Dehydro- genasen mit Substraten, die in der übertragbaren Wasserstoffstellung Deuterium- oder Tritium-mar- kiert sind, bietet nicht nur die Möglichkeit nach klassischen Prinzipien den Mechanismus zu überprü- fen, sondern gibt im besonderen Aufschluß über den Weg des Wasserstoffs und seiner Beteiligung an den Geschwindigkeits-kontrollierenden Schritten der Reaktion 3 ' 4 . SHINER, MAHLER und BAKER 5-8 geben bei der Untersuchung der L-ADH an, wie der Reaktions- mechanismus des Enzyms mit Kriterien geprüft wer- den kann, die allein aus den theoretisch erwarteten Beziehungen für die IE der einzelnen Teilschritte stammen. An dem Beispiel der L-ADH konnte dann aber DALZIEL 9 zeigen, daß die Zuordnung der IE auf einer falschen Annahme über den Mechanismus beruht, und daher nicht beweisend für den Reak- tionsablauf sein kann. Im folgenden können wir zeigen, daß die Ergeb- nisse von /^-Messungen an der L-ADH mit verschie- denen Tritium-markierten Alkoholen und [A-4-T]- 1 II. Mitt.: D.PALM, Z. Naturforsdig. 21b, 547 [1966]. 2 Auszugsweise vorgetragen auf der Tagung der Gesellschaft für Physiologische Chemie, Oktober 1966, Marburg/Lahn. * Abkürzungen: L-ADH = Alkoholdehydrogenase aus Leber; H-ADH = Alkoholdehydrogenase aus Hefe; NAD, NADH = Nicotinamid-adenindinucleotid und seine reduzierte Form; E = Enzym; S T = Coenzym; S T * = reduziertes Co- enzym; S., = Alkohol; S 2 * = Aldehyd; / £ = Isotopeneffekt. 3 H. SIMON " u. D. PALM, Angew. Chem. 78, 993 [1966]; Angew. Chem. internat. Edit. 5, 920 [1966], NADH tatsächlich in guter Ubereinstimmung mit den Befunden von DALZIEL an den gleichen Substra- ten und dem daraus abgeleiteten Mechanismus 9 stehen. Die bei der Verwendung von Tritium-mar- kierten Substraten bedingte kompetitive Meßmetho- dik vermeidet dabei teilweise Einflüsse bei Einzel- messungen, die bei der unabhängigen Messung zweier isotoper Substrate die Vergleichbarkeit stö- ren 3 . Gleichzeitig erlaubt die einfache Meßmethodik mit geringem experimentellem Aufwand verschie- dene Abhängigkeiten, wie Konzentration, Tempera- tur, Lösungsmittel und pH zu messen. Wir können damit auch zeigen, unter welchen Bedingungen ter- näre Komplexe der L-ADH kinetisch signifikant sind, und wie Substrathemmung sich durch die Mes- sung des IE nachweisen läßt. In unseren systematischen Untersuchungen über den Zusammenhang zwischen IE Tritium-markier- ter Substrate in enzymatischen Reaktionen erscheint uns der Vergleich der hier untersuchten L-ADH mit der früher untersuchten H-ADH 1110 besonders ge- eignet. 4 J . F . THOMSON , Modern Trends in Physiological Sciences, Vol. 19, Biological Effects of Deuterium, Pergamon Press, Oxford 1963. 5 V. J . SHINER, JR., H . R . MAHLER, R . H . BAKER, JR ., and R. R. HIATT, A n n . N.Y. Acad. Sei. 84, 583 [I960]. 6 R . H . BAKER, JR . and H . R. MAHLER, Biochemistry 1, 35 [1962], 7 R . H . BAKER, JR., Biochemistry 1 , 4 1 [1962], 8 H . R . MAHLER, R . II. BAKER, JR., and V. J . SHINER, JR ., Bio- chemistry 1, 47 [1962]. 9 K . DALZIEL and F . M . DICKINSON, Biochem. J. 100, 34 [1966]. 10 D. PALM, Z. Naturforschg. 21b, 540 [1966]. This work has been digitalized and published in 2013 by Verlag Zeitschrift für Naturforschung in cooperation with the Max Planck Society for the Advancement of Science under a Creative Commons Attribution-NoDerivs 3.0 Germany License. On 01.01.2015 it is planned to change the License Conditions (the removal of the Creative Commons License condition “no derivative works”). This is to allow reuse in the area of future scientific usage. Dieses Werk wurde im Jahr 2013 vom Verlag Zeitschrift für Naturforschung in Zusammenarbeit mit der Max-Planck-Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaften e.V. digitalisiert und unter folgender Lizenz veröffentlicht: Creative Commons Namensnennung-Keine Bearbeitung 3.0 Deutschland Lizenz. Zum 01.01.2015 ist eine Anpassung der Lizenzbedingungen (Entfall der Creative Commons Lizenzbedingung „Keine Bearbeitung“) beabsichtigt, um eine Nachnutzung auch im Rahmen zukünftiger wissenschaftlicher Nutzungsformen zu ermöglichen.

III. Primäre aliphatische Alkohole und Aldehyde als ...zfn.mpdl.mpg.de/data/Reihe_B/23/ZNB-1968-23b-0623.pdf · für Butyraldehyd als Zweitsubstrat der IE von 1,59 auf 1,32. Diskussion

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Untersuchungen zur Reaktion der Alkoholdehydrogenasen mit Tritium-markierten Substraten

III. Primäre aliphatische Alkohole und Aldehyde als Substrate der Alkoholdehydrogenase aus Leber112

D I E T E R P A L M , T A N K R E D F I E D L E R u n d D O R O T H E A R U H R S E I T Z

Organisch-chemisches Institut der Technischen Hochschule, München, Arcisstraße 21

(Z. Naturforsch. 23 b, 623—628 [1968]; eingegangen am 21. August 1967)

[1,1-T]-ethanol, ;I,l-T]-propanol and [l,L-T]-butanol exhibit small isotope effects (&h/At=1.3-1.8) in the liver alcohol dehydrogenase catalyzed reaction NAD® + alcohol ^ aldehyde + NADH + H®. Presence of semicarbazide (with [1,1-T]-ethanol) or substrat inhibition (with [1,1-T]-butanol, 2-10_2-m.) raises the isotope effect (up to 4.1 at 25 °C) by introducing partial irreversibility to the interconversion step of the ternary complexes. This is in agreement with the T h e o r e l l -C h a n c e mechanism as extended by DALZIEL. Thus, isotope effect determinations confirm both, the presence of ternary complexes and their kinetic insignificance for lower aliphatic substrates.

The results are markedly different from analogous kinetics with the yeast enzyme.

Die Untersuchung NAD-abhängiger * Dehydro-genasen mit Substraten, die in der übertragbaren Wasserstoffstellung Deuterium- oder Tritium-mar-kiert sind, bietet nicht nur die Möglichkeit nach klassischen Prinzipien den Mechanismus zu überprü-fen, sondern gibt im besonderen Aufschluß über den Weg des Wasserstoffs und seiner Beteiligung an den Geschwindigkeits-kontrollierenden Schritten der Reaktion 3' 4.

S H I N E R , M A H L E R und B A K E R 5 - 8 geben bei der Untersuchung der L-ADH an, wie der Reaktions-mechanismus des Enzyms mit Kriterien geprüft wer-den kann, die allein aus den theoretisch erwarteten Beziehungen für die IE der einzelnen Teilschritte stammen. An dem Beispiel der L-ADH konnte dann aber D A L Z I E L 9 zeigen, daß die Zuordnung der IE auf einer falschen Annahme über den Mechanismus beruht, und daher nicht beweisend für den Reak-tionsablauf sein kann.

Im folgenden können wir zeigen, daß die Ergeb-nisse von /^-Messungen an der L-ADH mit verschie-denen Tritium-markierten Alkoholen und [A-4-T]-

1 II. Mitt.: D.PALM, Z. Naturforsdig. 21b, 547 [1966]. 2 Auszugsweise vorgetragen auf der Tagung der Gesellschaft

für Physiologische Chemie, Oktober 1966, Marburg/Lahn. * Abkürzungen: L-ADH = Alkoholdehydrogenase aus Leber;

H-ADH = Alkoholdehydrogenase aus Hefe; NAD, NADH = Nicotinamid-adenindinucleotid und seine reduzierte Form; E = Enzym; ST = Coenzym; ST* = reduziertes Co-enzym; S., = Alkohol; S2* = Aldehyd; / £ = Isotopeneffekt.

3 H. SIMON" u. D. PALM, Angew. Chem. 78, 993 [1966]; Angew. Chem. internat. Edit. 5, 920 [1966],

NADH tatsächlich in guter Ubereinstimmung mit den Befunden von D A L Z I E L an den gleichen Substra-ten und dem daraus abgeleiteten Mechanismus9

stehen. Die bei der Verwendung von Tritium-mar-kierten Substraten bedingte kompetitive Meßmetho-dik vermeidet dabei teilweise Einflüsse bei Einzel-messungen, die bei der unabhängigen Messung zweier isotoper Substrate die Vergleichbarkeit stö-ren 3. Gleichzeitig erlaubt die einfache Meßmethodik mit geringem experimentellem Aufwand verschie-dene Abhängigkeiten, wie Konzentration, Tempera-tur, Lösungsmittel und pH zu messen. Wir können damit auch zeigen, unter welchen Bedingungen ter-näre Komplexe der L-ADH kinetisch signifikant sind, und wie Substrathemmung sich durch die Mes-sung des IE nachweisen läßt.

In unseren systematischen Untersuchungen über den Zusammenhang zwischen IE Tritium-markier-ter Substrate in enzymatischen Reaktionen erscheint uns der Vergleich der hier untersuchten L-ADH mit der früher untersuchten H-ADH 1 1 1 0 besonders ge-eignet.

4 J . F. THOMSON, Modern Trends in Physiological Sciences, Vol. 19, Biological Effects of Deuterium, Pergamon Press, Oxford 1963.

5 V . J . SHINER, J R . , H . R . MAHLER, R . H . BAKER, JR . , a n d R . R . HIATT, A n n . N . Y . A c a d . S e i . 8 4 , 5 8 3 [ I 9 6 0 ] .

6 R . H . BAKER, JR . a n d H . R . MAHLER, B i o c h e m i s t r y 1 , 3 5 [ 1 9 6 2 ] ,

7 R . H . BAKER, JR . , B i o c h e m i s t r y 1 , 4 1 [ 1 9 6 2 ] , 8 H . R . MAHLER, R . I I . BAKER, JR . , a n d V . J . SHINER, JR . , B i o -

chemistry 1, 47 [ 1 9 6 2 ] . 9 K . DALZIEL a n d F . M . DICKINSON, B i o c h e m . J . 1 0 0 , 3 4 [ 1 9 6 6 ] .

1 0 D . PALM, Z . N a t u r f o r s c h g . 2 1 b , 5 4 0 [ 1 9 6 6 ] .

This work has been digitalized and published in 2013 by Verlag Zeitschrift für Naturforschung in cooperation with the Max Planck Society for the Advancement of Science under a Creative Commons Attribution-NoDerivs 3.0 Germany License.

On 01.01.2015 it is planned to change the License Conditions (the removal of the Creative Commons License condition “no derivative works”). This is to allow reuse in the area of future scientific usage.

Dieses Werk wurde im Jahr 2013 vom Verlag Zeitschrift für Naturforschungin Zusammenarbeit mit der Max-Planck-Gesellschaft zur Förderung derWissenschaften e.V. digitalisiert und unter folgender Lizenz veröffentlicht:Creative Commons Namensnennung-Keine Bearbeitung 3.0 DeutschlandLizenz.

Zum 01.01.2015 ist eine Anpassung der Lizenzbedingungen (Entfall der Creative Commons Lizenzbedingung „Keine Bearbeitung“) beabsichtigt, um eine Nachnutzung auch im Rahmen zukünftiger wissenschaftlicher Nutzungsformen zu ermöglichen.

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Methodik und Ergebnisse

Reagenzien und Methoden

Alkoholdehydrogenase (EC 1.1.1.1.) aus Pferde-leber wurde von C. F. Boehringer & Soehne bezogen. Die äthanolhaltige Kristallsuspension wird nach Abzen-trifugieren durch Gelchromatographie an Sephadex G-25 (1-20 —40 cm) gereinigt und in Phosphatpuffer 0,1-m., pH 7,0 überführt7. Die Restkonzentration an Äthanol entspricht einer Konzentration von l,5-10~6-m. im kinetischen Ansatz. Über den Anteil einer steroid-aktiven Alkoholdehydrogenase-Komponente s. 1. c. n ' 1 2 .

Die Darstellung und Reinigung der verwendeten Tritium-markierten Alkohole, des [A-4-T] -NADH (spez. Radioaktivitäten 1 — 2 • 106 ipm/^Mol) sowie die Isolierung der Reaktionsprodukte und ihre Radioaktivi-täts-Messung ist in den vorausgehenden Arbeiten 10

beschrieben. Die kinetischen Messungen wurden in 3-ml-Küvetten

in einem thermostatisierbaren Eppendorf bei 366 m/u verfolgt. Die Pufferlösung bestand aus 0,05-m. Glycyl-glycin, 0 — 0,4-m. Semicarbazid und pH wie in den Abbn. und Tabn. angegeben. Coenzym und Substrate wurden als Aliquots wäßriger Lösungen bekannten Ge-halts zugegeben. Nach Temperaturausgleich wurde durch Zugabe des Enzyms die Reaktion gestartet. Nach einem Umsatz von 0,03 bis 0,1 ^Mol/ml wurde mit HgCl2 (Endkonzentration l,5-10_5-m.) inhibiert.

Zur Ermittlung des IE werden die spezifische Radio-aktivität des markierten Reaktanden, des markierten Produkts und der prozentuale Umsatz benötigt. Die Auswertung erfolgt im allgemeinen nach Nomogram-men 10' 13. Angegebene Fehler beziehen sich auf die mittleren Fehler des Mittelwerts von Mehrfachbestim-mungen.

Ergebnisse

Dehydrierung primärer, aliphatischer Alkohole

Wir untersuchten den IE folgender Alkohole: [1.1-T]-Äthanol, [l.l-T]-Propanol und [1.1-T]-Bu-tanol. Die Abhängigkeit von der Konzentration, Temperatur, pH-Wert und Zusammensetzung des Puffers ist in den folgenden Abbn. und Tabn. wie-dergegeben.

Die Temperaturabhängigkeit des IE von [ 1.1-T]-Äthanol (Abb. 1) zeigt den erwarteten Verlauf für die Temperaturabhängigkeit eines kinetischen IE3.

In Abb. 2 wird die unter sonst gleichen Bedingun-gen gemessene Temperaturabhängigkeit des IE in Gegenwart eines Aldehydfängers wiedergegeben.

1 1 H . THEORELL, S . TANIGUCHI, A . AKESON, a n d L . SKURSKY, B i o -chem. biophysic. Res. Commun. 24, 603 [1966].

1 2 R . PIETRUSZKO, A . CLARK, J . M . H . GRAVES, a n d H . J . RIN-GOLD, Biochem. biophysic. Res. Commun. 23, 526 [1966].

t 1 O)"1 c Ol

10 20 30 40 Temperatur [°CJ —»-

Abb. 1. Temperaturabhängigkeit des IE von [1.1-T]-Äthanol als Substrat der L-ADH. Messungen in Glycyl-glycin 0,05-m., pH 8,6; [Äthanol]: 6 - 1 0 - 3 - m . ; [NAD]: 6 -10~ 4 -m. ; [L-

ADH] : 8 - 1 3 - 1 0 - 8 - n o r m a l .

Abb. 2. Temperaturabhängigkeit des IE von [1.1-T]-Äthanol als Substrat der L-ADH. Messungen in Glycyl-glycin 0,05-m., Semicarbazid-HCl 0,01-m., pH 8,6. Übrige Bedingungen wie

Abb. 1.

4.5

i 4,0 t c Ol CL o

3 2,0

10 0 0,0005 0,005 0,01 0,02

Semicarbazid ' HCL [Mol/1] —

Abb. 3. Abhängigkeit des IE von [1.1-T]-Äthanol und [1.1-T] -Propanol von der Semicarbazid-Konzentration. Messungen in Glycyl-glycin 0,05-m.; [Äthanol]: 6-10~ 3 -m. bei pH 8,6 • • [Propanol] : l - 1 0 ~ 2 - m . bei pH 9,5 O O ;

Temperatur 25 °C.

13 C. J. COLLINS, in: V. GOLD, Advances in Physical Organic Chemistry, Vol. 2, p. 60, Academic Press, London 1964.

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Die Abhängigkeit des IE von [1.1-T]-Äthanol von einem Aldehydfänger zeigt sich deutlich bei der Variation der Konzentration von Semicarbazid (Abb. 3). Dagegen ist für den IE von [l.l-T]-Pro-panol nur eine geringfügige, wenn überhaupt signi-fikante Abhängigkeit zu beobachten. Diese Messun-gen wurden ebenfalls in Abb. 3 eingetragen.

Eine vergleichende Darstellung der /^-Messungen der untersuchten homologen Alkohole wird in Tab. 1 gegeben.

[1.1-T]-Alkohol Puffer Temperatur Isotopeneffekt [10- ; •m.] [pH] [°C] [ka/hr]

Äthanol 6,0 a) 8,6 25 1,41 ±0 ,05 a) 8,6 25 1,75

Propanol 3 - 1 0 , 0 a) 8,6 25 1,30 ±0 ,07 Butanol 20,0 a) 8,6 25 1,85 ±0 ,16

Äthanol 6,0 b) 8,6 25 3,3 ±0 ,05 Propanol 3 - 1 0 , 0 b) 8,6 25 1,45 Butanol 20,0 b) 8,6 25 1,89 ±0 ,08 Äthanol 6,0 a) 10,0 25 1,72 Propanol 3 - 1 0 , 0 a) 9,5 25 1,45

Tab. 1. Isotopeneffekte [1.1-T]-markierter Alkohol als Sub-strate der L-ADH. Bedingungen: a) Glycylglycin 0,05-m. b) Glycyl-glycin 0,05-m., Semicarbazid• HCl 0,01-m.; [NAD] :

6• 10—4-m. L-ADH]: 5 -15 -10 - 8 -normal .

Reduktion homologer aliphatischer Aldehyde mit [A-4-TJ-NADH

Die Lage des Gleichgewichts der untersuchten Re-doxreaktion auf Seiten der reduzierten Substrate

t <b

%2.0 c <D CL O

s -O

10 20 30 40 Temperatur [°C] —*•

Abb. 4. Temperaturabhängigkeit des IE von [A-4-T]-NADH in Gegenwart von Acetaldehyd als Substrate der L-ADH. Messungen in Glycyl-glycin 0,05-m., pH 8,6; [Acetaldehyd] : 6-10 _ 4 -m.; [NADH]: l ,2 -10- 4 -m. ; [L-ADH]: 1,3-lO"8-

normal.

1 4 H . S U N D a n d H . THEORELL, i n : P . D . BOYER, H . LARDY, a n d K. MYRBÄCK, The Enzymes, Vol. 7, p. 25, Academic Press, New York 1963.

15 H. THEORELL, Experientia [Basel] 21, 553 [1965]. 1 6 H . THEORELL, A . EHRENBERG, a n d C . DE ZALENSKI, B i o c h e m .

biophysic. Res. Commun. 27, 309 [1967]. 1 7 C . C . WRATTEN a n d W . W . CLELAND, B i o c h e m i s t r y 2 , 9 3 5

[1963].

macht die Verwendung einer Abfangreaktion für die Produkte nicht notwendig. Alle Untersuchungen der Rüdereaktion wurden daher in Glycylglycinpuffer durchgeführt.

In der übertragbaren Wasserstoffstellung spezi-fisch markiertes NADH wurde mit Acetaldehyd, Propionaldehyd und Butyraldehyd umgesetzt. Dabei wurde für Acetaldehyd die Temperaturabhängigkeit des IE (Abb. 4) untersucht, während die anderen Untersuchungen in Tab. 2 zusammengefaßt sind.

Aldehyd Temperatur Isotopeneffekt [10-4-m.] [°C] [kn/krr]

Acetaldehyd 2,5 25 1,20 6,0 25 1,20 ±0 ,06

10,0 25 1,09 Propionaldehyd 6,0 25 1,30 ±0,01 Butyraldehyd 6,0 25 1,59 ±0 ,03

Tab. 2. Isotopeneffekte von [A-4-T] -NADH bei der Reaktion der L-ADH in Abhängigkeit von den homologen Aldehyden.

Alle Messungen bei pH 8,6.

Bei Erniedrigung des pH von 8,6 auf 7,6 sinkt für Butyraldehyd als Zweitsubstrat der IE von 1,59 auf 1,32.

Diskussion

Wirkungsweise und Mechanismus der L-ADH, an denen wir die auftretenden IE der Tritium-markier-ten Substrate diskutieren möchten, gehen aus den Untersuchungen von T H E O R E L L 1 4 _ 1 6 , C L E L A N D 1 7 , 1 8

und D A L Z I E L 9 ' 1 9 hervor. Der in dem nachfolgenden Schema wiedergegebene Mechanismus schließt dabei insbesondere Untersuchungen über homologe pri-märe, aliphatische Alkohole ein 9.

Das Reaktionsschema stellt eine Erweiterung des für die L-ADH ursprünglich vorgeschlagenen T h e o r e l l - C h a n c e - Mechanismus 20 dar, in dem die Effekte der Substrathemmung 9- 21 berücksichtigt sind. Das Fehlen ternärer Komplexe im ursprüng-lichen T h e o r e l l - C h a n c e - Mechanismus schloß nicht ihr intermediäres Auftreten, sondern nur ihre kinetische Signifikanz aus.

18 C. C. WRATTEN and W. W . CLELAND, Biochemistry 4, 2 4 4 2 [1965].

1 9 K . DALZIEL a n d F . M . DICKINSON, B i o c h e m . J . 1 0 0 , 4 9 1 [1966],

20 H. THEORELL and B. CHANCE, Acta chem. scand. 5, 1127 [1951].

21 J. D. SHORE and H. THEORELL, Arch. Biochem. Biophysics 117, 375 [1966].

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Im Rahmen dieses Schemas für den Mechanismus der L-ADH lassen sich die aufgefundenen Isotopen-Diskriminierungen deuten.

Die Untersuchung der Hin-Reaktion (Äthanol + NAD®) ergibt für Tritium-Markierung des über-tragbaren Wasserstoffs einen IE von 1,41 bei 25 °C. Dieser Effekt, und der der homologen Alkohole, unterscheidet sich deutlich genug von der Größe, die bei anderen Dehydrogenase-Reaktionen dem primä-ren IE der Hydridübertragung3 '1 0 zugeordnet wurde. Er steht in Übereinstimmung mit einem se-kundären IE für die Geschwindigkeits-bestimmende NADH-Dissoziation, denn das gebildete NADH übernimmt die Wasserstoff-Markierung. Die nor-male Temperaturabhängigkeit22 des IE zwischen 5 — 35 °C deutet auf die vorwiegende Beteiligung nur eines Isotopen-diskriminierenden Schrittes für den erhaltenen kinetischen IE hin. Wir finden somit eine Bestätigung der Geschwindigkeits-bestimmen-den NADH-Dissoziation aus dem produktbinären Komplex ESA*, der durch den lE = h - K H ) A - I ( T )

ausgedrückt werden kann. Mit Messungen deuterierter Substrate durch

B A K E R 7' 8 können wir nur dann eine Übereinstim-mung feststellen, wenn wir die in dieser Arbeit ge-messenen ^-Werte der DALziEL-Gleichung23 durch den T h e o r e l l - C h a n c e - Mechanismus interpre-tieren. Dann entspricht = = 1,32. Nach Umrechnung auf Tritium2 4 erhält man einen Wert von 1,41 für die Dissoziations-Geschwindig-keit von NADH zu [A-4-T] -NADH.

Der Geschwindigkeits-bestimmenden NADH-Dis-soziation vorausgehende Teilschritte gäben, falls sie kinetisch signifikant sind, einen Beitrag zum experi-

mentellen IE in Form eines Faktors aus Geschwindig-keitskonstanten und M i c h a e l i s - Konstanten 2 5: n hiW/kim •i7£mj(T)/£mj(H) • Da der gefundene IE

• j und seine Temperaturabhängigkeit bereits vollstän-dig durch den einen Schritt der NADH-Dissoziation gedeutet werden, wird die kinetische Signifikanz ter-närer Komplexe ausgeschlossen.

Von D A L Z I E L 9 und C L E L A N D 18 konnte gezeigt wer-den, daß entsprechend den Forderungen des T h e o -r e l l - C h a n c e - Mechanismus die homologen Sub-strate Äthanol bis Butanol keinen Einfluß auf die Dissoziations-Geschwindigkeit des NADH haben. Dies spiegelt sich auch in den nur geringfügig ver-schiedenen IE der Tritium-markierten Alkohole wi-der (Tab. 1 ) .

Aus dem in Abb. 5 gezeigten Schema ist ersicht-lich, daß durch Abfangen der Produkte S2* oder ESj* die Teilreaktion ESXS2 ^ ES 1 *S 2 * praktisch irreversibel gemacht werden kann. Da sie unter Be-teiligung des markierten Substrats S2 abläuft, könnte sich damit ein IE = k^ky ergeben, der als primärer IE größer als der bisher gezeigte IE der NADH-Dis-soziation sein sollte. Die erwähnte Abfangreaktion kann durch einen Aldehydfänger (Semicarbazid), aber auch bei Substrathemmung verwirklicht werden.

Bei der Bestimmung des IE von [1.1-T]-Äthanol in Gegenwart von Semicarbazid ergibt sich eine Er-höhung des IE auf 4,1 bei der maximal verwende-ten Aldehydfänger-Konzentration (Abb. 3) . Bei Pro-panol und Butanol zeigt sich dagegen nur eine ge-ringfügige Abhängigkeit von Semicarbazid, die dar-auf hinweist, daß kein neuer Schritt Geschwindig-keits-bestimmend wurde, und daß die competitive

I ESi 1 k + 1 // + S ! fi-' V '

Si E ES1S2 ESIS2 T S2+ES? » S, + E

FC » " * " _ * ES?S2 SJ*ES2

I I I 1

Abb. 5. Schema: Mechanismus der Dehydrierung aliphatischer primärer Alkohole durch L-ADH9.

2 2 L. MELANDER, Isotope Effects on Reaction Rates, Ronald 24 C. G. SWAIN, E. C. STIVERS, J. F. REUWER, JR., and L. J. Press, New York 1960. SCHAAD, J. Amer. chem. Soc. 80, 5885 [1958].

23 K. DALZIEL, Acta chem. scand. 11, 706 [1957]. 25 L. KAPLAN, J. Amer. chem. Soc. 77, 5469 [1955].

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Technik hier zu keiner kinetischen Signifikanz eines weiteren Reaktionsschritts geführt hat3' 22.

Für Äthanol wird aber die Umwandlung der ter-nären Komplexe und damit die Wasserstoffübertra-gung kinetisch signifikant. Dies bedeutet nicht, daß dieser Schritt nun Geschwindigkeits-bestimmend für die Gesamtreaktion wurde, es bedeutet vielmehr, daß die Bedingung

Ä + 7 [ E S 1 * S 2 * ] [Sernic.] > Ä , [ E S 1 # S 2 * ]

erfüllt ist, und daß dieser irreversible Schritt gemäß dem weiter oben angeführten Produkt der IE aller Teilschritte zum experimentellen Gesamt-/^ beiträgt. Die in Abb. 2 gezeigte Temperaturabhängigkeit des IE unter diesen Bedingungen deutet durch ihren anomalen Verlauf ebenfalls auf einen komplex zu-sammengesetzten IE hin. Durch die Messung der Temperaturabhängigkeit der Aktivierungsenergie (vgl. I.e.2 6) in Gegenwart .von Semicarbazid konnte von uns eine Zunahme des Anteils der Semicarbazid-abhängigen Reaktion an der Gesamtreaktion bestä-tigt werden.

Berechnet man das dem experimentellen Tritium-IE entsprechende Produkt der kinetischen Konstan-ten von deuteriertem Äthanol, in dem man die Werte von B A K E R 7> 8 durch den T h e o r e l l - C h a n c e -Mechanismus deutet, so findet man folgende Uber-einstimmung: #0(D) #2(d)/3>o(H) #2(H) = 1,32-2,06 = 2,75, was zu 4,3 für Tritium führt.

Suibstrathemmung der L-ADH ist nach D A L Z I E L 9

bei Konzentrationen von Äthanol >8'10~3-ra., Pro-panol >2-10 _ 3 -m. und Butanol > l ' 1 0 _ 3 - m . zu er-warten. Die zunehmende Hemmung in der Reihe der homologen Substrate wird durch die erhöhte lipo-phile Bindung der wachsenden Kohlenwasserstoff-kette gedeutet. In der gleichen Reihenfolge wächst aber auch die Geschwindigkeit der Umwandlung der ternären Komplexe9 (Propanol 3 —4-mal, Butanol 15 —20-mal schneller als Äthanol). Während die Bildung des ternären Enzym-Coenzym-Substrat-Komplexes ESX*S2 9 ' 2 1 eine Abfangreaktion dar-stellt, die wie Semicarbazid zu einer Erhöhung des IE führen könnte, hebt die höhere Umsatzgeschwin-digkeit die Irreversibilität des Umwandlungsschrit-tes wieder teilweise auf. Daher wird für Propanol nur ein geringfügiger Einfluß des Semicarbazids oder der Erhöhung der Substratkonzentration auf den IE bemerkt. Bei Butanol, das besonders stark

2 6 K . DALZIEL, A c t a . c h e m . s c a n d . 1 7 , S u p p l . 2 7 [ 1 9 6 3 ] .

der Substrathemmung unterliegt, zeigt sich gegen-über Äthanol die erwartete Erhöhung des IE.

Bei der kinetischen Untersuchung der Rückreak-tion erwartet man keinen IE falls die Coenzymdisso-ziation ebenfalls Geschwindigkeits-bestimmend ist (das Schema in Abb. 5 veranschaulicht die Rückreak-tion, wenn die Größen S i , S2 mit Sx*, S2* ver-tauscht werden). Tatsächlich ist der IE sehr klein und nur in geringerem Maße von der Art des ali-phatischen Aldehyds abhängig.

In nicht mehr zu vernachlässigendem Maße zeigt sich bei Butyraldehyd ein kinetischer IE (Tab. 2). Von den hier verwendeten Aldehyden wurde nur für Butyraldehyd eine gewisse Substrathemmung beob-achtet 9. Dies könnte wie bei der Hinreaktion ausge-führt, zu einer kinetischen Signifikanz der Hydrid-übertragung führen, da als Ursache der Hemmung ein absortiver Komplex Enzym — NAD® — Aldehyd anzunehmen ist.

Vergleich von L-ADH zu H-ADH bei der Umsetzung Tritium-markierter Alkohole und [A-4-TJ-NADH

Bei der Alkoholdehydrierung durch H-ADH tre-ten bei Verwendung [1-T]-markierter aliphatischer Alkohole große IE (bis 6,8) auf, die eine Folge der Geschwindigkeits-bestimmenden Hydridübertragung innerhalb der ternären Komplexe sind 10. Die Natur des nicht markierten Reaktionspartners im ternären Komplex (NAD ersetzt durch Coenzymanaloge) be-einflußt die Größe des IE 27. In gleicher Weise ergibt sich bei der Rückreaktion (Aldehydreduktion) eine Abhängigkeit des IE von [A-4-T]-NADH von dem nicht markierten Aldehyd. — Die kleinen, und von der Natur des Alkohols oder Coenzyms weitgehend unabhängigen IE bei der Alkoholdehydrierung durch L-ADH (77?= 1,3 — 1,8) entsprechen dagegen der stets gleichbleibenden Geschwindigkeits-bestim-menden Dissoziation des markierten NADH. Die Temperaturabhängigkeit des IE ist für L-ADH nor-mal, für H-ADH dagegen ergibt sich ein Anstieg mit steigender Temperatur, entsprechend einem Wechsel im Geschwindigkeits-bestimmenden Schritt.

Durch Semicarbazid läßt sich bei L-ADH für das Substrat Äthanol der der NADH-Dissoziation vorausgehende Schritt irreversibel machen, was zu einer bedeutenden Erhöhung des IE führt. Dadurch lassen sich auch für L-ADH ternäre Komplexe kine-tisch nachweisen, die mit Inhibitoren direkt gefun-

27 D. PALM, Habilitationsschrift, T. H., München 1967.

Page 6: III. Primäre aliphatische Alkohole und Aldehyde als ...zfn.mpdl.mpg.de/data/Reihe_B/23/ZNB-1968-23b-0623.pdf · für Butyraldehyd als Zweitsubstrat der IE von 1,59 auf 1,32. Diskussion

den werden können 28. Dagegen wurde für die höhe-ren Homologen des Äthanols gefunden, daß die ter-nären Komplexe kinetisch insignifikant sind, da der IE unter allen Umständen nur geringfügig von einem Aldehydfänger abhängig ist. Bei H-ADH zeigt sich keine Abhängigkeit <von Semicarbazid, weil die nach dem Geschwindigkeits-bestimmenden Schritt erfolgende Aldehyddissoziation keinen Einfluß auf die Kinetik nimmt.

28 A. D. WINER and H. THEORELL, Acta chem. scand. 13, 1038 [ 1 9 5 9 ] ; 1 4 , 1 7 2 9 [ I 9 6 0 ] .

Bei der H-ADH korrespondiert die Größe des IE der Alkoholdehydrierung mit der Wasserstoffüber-tragung von [A-4-T]-NADH auf die entsprechenden Aldehyde. Bei L-ADH zeigt die Rüdereaktion nahezu keinen IE, erst unter Substrathemmung (Butyralde-hyd) ergibt sich ein kleiner IE.

Für Stipendien zur Förderung dieser Arbeiten dan-ken wir der Deutschen Forschungsgemeinschaft und dem Stipendienfond des Verbandes der Chemischen In-dustrie. Die Badische Anilin- und Sodafabrik unter-stützte diese Arbeit durch ihre Jubiläumsspende.

Zum Verhalten 5-Ring-N-heterocyclischer Spiropyrane C . S C H I E L E u n d G . A R N O L D

AEG-TELEFUNKEN Forschungsinstitut Ulm/Donau

(Z. Naturforsch. 23 b, 628—637 [1968]; eingegangen am 5. Jul i 1967)

IR- und UV/VIS-spektroskopische Untersuchungen an höher anellierten Trimethylindolinopyranen und substituierten Trimethylindolinobenzopyranen führten zu erweiterten Kenntnissen bezüglich des Verhaltens solcher S-Ring-Ä-heterocyclischer Systeme. Aus den IR-spektroskopischen Untersuchungen ging dabei hervor, daß alle bei den hier untersuchten Systemen zu beobachtenden Absorptionen durch die in Diagramm 1 skizzierten Strukturen wesentlich differenzierter beschrieben werden können als es für ein nichtprotoniertes System aus der üblichen hybriden Formulierung heraus möglich ist. Als Normalverhalten solcher Systeme beim Auftreten farbiger Formen ist die bereits von DILTHEY et al. 19> 20 formulierte ionoide Dissoziation anzusehen. Das Auftreten chinoider Struk-turen entspricht dagegen nicht dem Normalverhalten.

Bei Untersuchungen an Spiropyranen 1 - 1 2 mußten wir feststellen, daß ein Teil unserer Beobachtungen mit der derzeitigen Interpretation der bei dieser Verbindungsklasse zu beobachtenden Phänomene der Photo-, Solvato- und Thermochromie schwer in Über-einstimmung zu bringen war. Mit den deshalb von uns in einer ersten Arbeit zum Verhalten von Spiro-pyranen betrachteten Trimethylindolinospiropyranen

1 C . SCHIELE, G . ARNOLD U. H . KWASNY, Z . N a t u r f o r s c h g . 2 1 b , 294 [1966].

2 H . P . VOLLMER, G . KRUSE U. C . SCHIELE, Z . N a t u r f o r s c h g . 21b, 1001 [1966].

3 C. SCHIELE U. H . O. KALINOWSKI, Angew. Chem. 78 , 389 [1966].

4 C . SCHIELE, D . HENDRIKS U. M . RUCH, T e t r a h e d r o n L e t t e r s [London] 37, 4409 [1966].

5 C. SCHIELE U. M. RUCH, Tetrahedron Letters, 37, 4 4 1 3 [1966],

6 G . ARNOLD, Z . N a t u r f o r s c h g . 2 1 b , 2 9 1 [ 1 9 6 6 ] . 7 C . SCHIELE, H . O . KALINOWSKI U. A . WILHELM, Z . N a t u r f o r s c h g .

21b, 292 [1966], 8 C. SCHIELE U. G. ARNOLD, Z. Naturforschg. 2 1 b , 901 [1966] . 9 C. SCHIELE, G . ARNOLD U. A . WILHELM, T e t r a h e d r o n L e t t e r s

[London] 46, 5775 [1966]. 1 0 C . SCHIELE, M . RUCH U. D . HENDRIKS, T e t r a h e d r o n [ L o n -

don] 23, 3733 [1967]. 1 1 G . ARNOLD, A . WILHELM U. C . SCHIELE, T e t r a h e d r o n L e t t e r s

22, 2105 [1967].

befassen sich bereits eine ganze Reihe von Veröffent-lichungen 13~22, die diese Phänomene zu klären ver-suchen; im Gegensatz zur Ansicht von D I L T H E Y

et al. 1 9 , 20, die das Entstehen der farbigen Form bei Solvato- und Thermochromie allein auf eine ionoide Dissoziation zurückführen, wird in ihnen das Vor-liegen einer Mesomerie zwischen einer ionoiden und einer chinoiden Grenzstruktur postuliert. Seinen Ur-

12 C. SCHIELE U. G. ARNOLD, Tetrahedron Letters [London] 13, 1 1 9 1 [ 1 9 6 7 ] .

13 E. FISCHER U. Y. HIRSHBERG, J . chem. Soc. [London] 1 9 5 2 , 4 5 2 2 .

1 4 Y . HIRSHBERG, E . H . FREI U. E . FISCHER, J . c h e m . S o c . [London] 1953, 2184.

1 5 O . CHAUDE, C a h . p h y s . 5 0 , 1 7 ; 5 1 , 6 ; 5 2 , 3 [ 1 9 5 4 ] . 16 Y. HIRSHBERG U. E. FISCHER, J . chem. Soc. [London] 1 9 5 4 ,

2 9 7 , 3 1 2 9 . 1 7 R . HEILIGMAN-RIM, Y . HIRSHBERG U. E . FISCHER, J . c h e m .

Soc. [London] 1961, 156. 1 8 Y . HIRSHBERG, J . A m e r . c h e m . S o c . 7 8 , 2 3 0 4 [ 1 9 5 6 ] . 1 9 W . DILTHEY, C . BERRES, E . HÖLTERHOFF U. H . WÜBKEN, J .

prakt. Chem. 114, 179 [1926]. 2 0 W . DILTHEY U. R . WIZINGER, C h e m . B e r . 5 9 , 1 8 5 6 [ 1 9 2 6 ] . 2 1 R . HEILIGMAN-RIM, Y . HIRSHBERG U. E . FISCHER, J . p h y s i c .

C h e m . 6 6 , 2 4 6 5 [ 1 9 6 2 ] . 22 G. KORTÜM U. G. BAYER, Z. physik. Chem. [Frankfurt] 33 ,

2 5 4 [ 1 9 6 2 ] .