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209 III. Ueber die chemische Zersetzung urul T/e,.- birulung mittelst Contactsubstanzen; von E. Mitscherlich. (Fortselzung der Abhandlung tiber die chernische Verwandtschaftskraf]. Annal. Rd. LUI S.95. - Aus den Monatsbcrichten der K. Academie der Wissenschaften" December 1841.). Wie lange man auch ein Gemenge von Sauerstoff- und Wasserstoffgas stehen lassen mag, man hemerkt keine Verbindung beider Substanzen; auch wenn man eine Saure oder Basis, die grofse Verwandtschaft zum Wasser hat, z, B. Schwefelsaure oder Kalioder Kalkerde in das Ge- mengehineinbringt, so hewirkt die pradisponirende Ver- wandtschaft derselben keine Verhindung. Bringt man dagegen Platin mit reiner metallischer Oberflache hinein, so findet die Verhindung an der Oberflache desselben sogleich statt. Da man heide Gasarten in dem Verhalt- nifs mengen kann, in welchem sie sich zu Wasser ver- bind en , und sic sich , wie aIle Gasarten, naeh kurzer Zeit innig gemengt haben, so dafs die einzelnen Atome von Wasserstoff und Sauerstoff neben einander liegen; da , wie es hei gasformigen Korpern der" Fall ist, die einzelnen Atome den hochsten Grad del' Bewegliehkeit gegen einandcr haben, also nieht durch Cohasionskraft, wie es hei den fliissigen und festen Korpern der .Fall ist , verhindert werden sich zu vereinigen, uhd da im Wasser Wasserstoff und Sauerstoff durch eine Verwandt- schaft, die dem Druck von vielen taus end Atmospharen gleich zu setzcn ist, verbunden sind: so IDUfs aufser den Ursachen, denen man cs zuschreibt, .defs eiuecbemische Verbindung nicht stattfmdet, noch cine andere vorhan- den welehe bewirkt, dafs die ehemischeVerwandt- schaftskraft, welche zwischen Wasserstoff und Sauerstoff

III. Ueber die chemische Zersetzung und Verbindung mittelst Contactsubstanzen

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Page 1: III. Ueber die chemische Zersetzung und Verbindung mittelst Contactsubstanzen

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III. Ueber die chemische Zersetzung urul T/e,.­birulung mittelst Contactsubstanzen;

von E. Mitscherlich.(Fortselzung der Abhandlung tiber die chernische Verwandtschaftskraf].

Annal. Rd. LUI S.95. - Aus den Monatsbcrichten der K. Academieder Wissenschaften " December 1841.).

Wie lange man auch ein Gemenge von Sauerstoff­und Wasserstoffgas stehen lassen mag, man hemerkt keineVerbindung beider Substanzen; auch wenn man eine Saureoder Basis, die grofse Verwandtschaft zum Wasser hat,z, B. Schwefelsaure oder Kalioder Kalkerde in das Ge­mengehineinbringt, so hewirkt die pradisponirende Ver­wandtschaft derselben keine Verhindung. Bringt mandagegen Platin mit reiner metallischer Oberflache hinein,so findet die Verhindung an der Oberflache desselbensogleich statt. Da man heide Gasarten in dem Verhalt­nifs mengen kann, in welchem sie sich zu Wasser ver­binden , und sic sich , wie aIle Gasarten, naeh kurzerZeit innig gemengt haben, so dafs die einzelnen Atomevon Wasserstoff und Sauerstoff neben einander liegen;da , wie es hei gasformigen Korpern der" Fall ist, dieeinzelnen Atome den hochsten Grad del' Bewegliehkeitgegen einandcr haben, also nieht durch Cohasionskraft,wie es hei den fliissigen und festen Korpern der .Fallist , verhindert werden sich zu vereinigen , uhd da imWasser Wasserstoff und Sauerstoff durch eine Verwandt­schaft , die dem Druck von vielen tausend Atmospharengleich zu setzcn ist, verbunden sind: so IDUfs aufser denUrsachen, denen man cs zuschreibt, .defs eiuecbemischeVerbindung nicht stattfmdet, noch cine andere vorhan­den seyn~ welehe bewirkt, dafs die ehemischeVerwandt­schaftskraft, welche zwischen Wasserstoff und Sauerstoff

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stattfindet, nicht in Thatigkeit kommen, also nicht wirk­sam werden kann.

Aueh aufgeloste Korper zeigen ein abnliches Ver­halten zu einander, wie Wasserstoff und Sauerstoff zumPlatin. Eine Au£losung von Rohrzucker kann man langeZeit stehen lassen, ohne dafs er sich verandert , setztman ein wenig verdiinnte Schwefelsaure hinzu, so an­dert er sich sehr schnell, ohne dafs er eine Verbindungmit der Schwefelsaure eingeht, indem er Wasser auf­nimmt, in eine Zuekerart urn. Die Zersetzung des Am­moniakgases vermitteIst gliihenden Kupfers ist eins vonden wenigen Beispielen, dafs luftformige Kerper durchBeriihrung mit festen zersetzt werden; viele Beispielekommen dagegen hei den fliissigen Verbindungen vor,z, B. hei dem Wasserstoffsuperoxyd, dem schmelzendenchlorsauren Kali durch Kupferoxyd und andere feste Ba­sen dieser Art, .die bei diesem Zersetzungsprocesse keineVerbindungen eingehen und sich nieht verandern. Urndie Ursache, wefswegen durch blofse Beriihrung mit an­dern Korpern , die chemisch indifferent bleiben, Verbin­dungen und Trennungen bewirkt werden, zu studiren,mufs man zuerst untersuchen, wie die Korper, wenn siein unmittelbare Beriihrung mit einander kommen, ahersich nicht chemisch mit einander verbinden, sich gegeneinander verhalten. ~

Die Anziehung, welche ein fester Korper auf einengasformigen ausiiht, kann man leicht nachweisen, wennman jenen so anwendet, dafs er in einem kleinen Raumeine grofse Oberflache darbietet, entweder als eine zu­sammenhangende ,. von vielen Zwischenwarrden dnrch­schnittene Masse oder im pulverformigen Zustand.DieKohle und mehrere andere schwer schmelzbare Substan­zen, z. B. Platin, welche man in eincm hochst porosenoder fein zertheilten Zustand erhalten kanu, eignen sichbesonders zu diesen Versuchen. Der·Verf. hat in derersten Auflage seines Lehrbuchs eine Berechnung ange-

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stellt, wie grofs die Oherflache der Zellen eines Kubik­zolls ist, den man mit so vielen, perpendicular gegeneinander gerichteten Wanden durehzogen hat, dafs [edeSeite einer Zelle :F:l\sTf Zoll lang ist, Sie hetragt, wennman die. Dicke der Zellwande nicht beriicksichtigt, 100Quadratfufs. Stellt man eine Substanz sO' dar, dafs dasPulver dersclben aus den Atomen der Substanz selbsthesteht , oder aus solchen Theilen, von denen wir ange­hen konnen , wie klein sie wenigstens seyn mussen, sokann man die Grofse der Obertlache, die dieseTheilewenigstens haben mussen, gleichfalls angehen. Der grofsteDurchmesser, welchen 1 Atom einer chemischen Verhin­dung hahen kann, Iafst sich , wenn man sie in dtinneBlattchen zerspalten oder zu dunnen Blasen ausblasenkann, aus den Farhen, die diese zeigen, hestimmen; soz. B. kann der Durchmesser cines Atoms Wasser hoch­sterrs T'UU1>\rU1T1r Zoll helragen, wie dieses aus der Farbedes dunnsteu Theils der Wand einer Seifenblase folgt.Reducirt man Platinchlorid aus einer verdanntenwafsri­gen Auflosuug mit kohlensaurem Natron und Ameisen­saure , oder VVeiustcinsaure , oder schwefelsaures .Platin­oxyd aus einer verdiinnten '\vafsrigen Losung mit sehrverdtinntem Weingeist, so nimmt man von jedem Theil­chen (Atom) Platinchlorid das Chlor oder von jedemTheilchen Platinoxyd den Sauerstoff weg; und das Theil­chen Platin kann sich mit dem nacbstliegendeu , wovoues durch V\Tasser getreuul ist, nicht Zit einer zusammen­hangendcn Masse verhiudeu: in dem ausgeschiedenen Pul­ver liegt daher ein .Atom neben dem' andern. .Denktman sich einen Raum von 1 Kubikzoll, del' einfaohenR.echnung wegen mit Kugeln V911 Tl1lJ"Olcr-rr'tT1T ZolbDurch..messer so ausgefullt , dafs die Linien , welche dnrch dieMittelpunkte der Kugeln geheo, einauder parallel) oderperpendicular sind, so wird die Oherflache diese~~\Kiigeln

218166 Quadratfufs betragen; .In jeder andern Lage; wennsie sich heruhren, wurde die Qbedlacbe .n~ gr~fser

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seyn; erne so grok.c Oberflache mag das Platinschwarzdarhietcn.

Die Holzkohle ist 'das beste Mittel, um das Verhal­ten cines Iuftformigen Korpers zu einer grofsen Flachekennen zu Iernen , und die Versuche von Saussuresind in dieser Hinsieht von grofser Wichtigkeit. DieHolzfaser besitzt die Eigenschaft, dafs sie, wenn sie vor­sichtig erhitzt wird, nicht schmilzt, so dafs die Kohleganz in der Form der Holzfaser zuriickbleibt; wovonman sich leicht iibcrzeugen kann, ;enn man einen Quer­schnitt eines verkohlten Astes, welcher nur die Dickeeiner Zelle hat 1), unter dem Mikroskop untersucht; manerkennt j ede Zelle der PIlanze wieder, und man siehtganz deutlich, dafs die Gestalt der Wande der Zellenunverandert gebliehen ist. Die Zellen einer Buxbaum­kohle mogeu im Durehschnitt einen Durchmesser von"f}:-.irnr Zoll haben; ihre Oberflache wtirde, wenn die Kohleselbst keinen Raum einnahme , also ungefahr 100 Qua...dratfufs betragen. Eine Buxbaumkohle, die der Verf.sieh bereitete , wog 0,9565 Grammen, im Wasser eineZeit lang gekocht und auf der Oherflache abgetrocknet2,2585 und im Wasser 0,110 Gramm; der Raum, in wel­chen das Wasser eingedrungen war, und in welchen,wenn das Wasser ausgetreten war, Gasarten eindringenkonnten, betrug demnach t vom Volumen der Holzkohle;bringt man die Masse der Koble bei der Bestimmung derGrofse der Oherflache noch in Rechnung, so betragt die-Oherflache alsdann nur 73 Quadratfufs. Saussurc randnun, dafs hei 12° und 26,895 Zoll Barometerstand dieBuxbaumkohle 35 Maafs Kohlensauregas absorbirt, diesebefinden sich demnach in einen Raum, der ~ von dem

I) Diese Querschniue verfertigt man, indem man zuerst ein gl'ofseres

Stiick mit der- Sage ahs5gt, dann es so weir als moglich mit ocrFcilc ahfcilt, darauf es zuerst mit der Hand und dann vermittelsteines Pinsels auf Bimstein abschleifr, oder indem man dlinne Schnittevon' frischem Holz heim Abschlufs der Luft verkohlt.

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Rauin der Kohle hetragt, also 56 Mal kleiuer ist, alsder , den die Kohlensaure vorher einnahm. Nach dem"'\Tersucbe von Add ami wird die Kohlensaure hei 12°durch einen Druck von 36,7 Atmospharen tropfbar Ilus-.siz: von der Kohlensaure , welche yon der Kahle ahsor-, ~,

birt 'worden ist, 1St demnach mehr als ein Drittel an denWanden der Zellen dutch ihre Anzichungskraft im tropf­bar flussigen Zustand. Werden 35 Kubikzoll Kohlen­saure von einem Kuhikzoll Kohle vermittelst einer Fhl­che von 73 Quadratfufs oder 10512 Quadratzoll vcrdich­tet, so .kann die Dicke der Schicht VOll fliissiger Koh­[ensaure , womit die Oberflache del' ZclIen bedeckt ist,0,000002 Zoll hetragen. Beim gasformigen Ammoniak,bei der gasformigen Chlorwasserstoffsaure und der schwef­ligen Saure , welche zu ihrer Condensation einen weitgCl:ingeren Druck hedurfen , und die in viel grofserenMengen absorbirt werden , ist diese Schicht viel dicker.AIle porose Kerper zeigen, weil sieeiue grorsere Oher­flacbe darbieten , dasselbe Verhalten wie die Kohle, undaus diesem Verhalten folgt, dafs die Gasarten, 'lVO siefeste Korper heruhren, sich in einem ganz arideren Zu­stand befinden, als in ciniger Eutfernung von .denselben;ferner dafs, da die Schicht von eincr bestimmtenDickeist, die Auziehung sich nicht unmittelbar auf die Theileerstreekt, womit der feste Korper in Beruhrung ist, 50n­

dern auch auf eiuen gro[seren oder geringcren Abstand,Rei den, porosen Ktirpern ist jedoch nieht allein die Ober­flache 'lvil'k~ln, deun danu mtifste die Absorption yer­schiedencr Gasarten von den verschiedenen Substanzennach einem und demselbeu Verhaltnifs stattfinden, wel­ches jedoch nicht der Fall ist, denn nach Se usaur eabsorbirt Holz verhaltnifsmafsig von den verschiedeaenGasarten weit mehr Kohlensaure als Kohlerebeaso ver­dichten Ashest, Meerschaum, wollene und seidene Zeuge

, die Gasarten in' eiuem andern VerbaItnifs~ als die..Bux­baumkohle. Das A~s9rp.tionsve(mogeJ.l~,. pqlverforn)h

Poggendorff's Annal. Bd. LV. . ] 5

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gen Korper ist noch wenig studirt ; das Platinscbwarz,nach D a v y"'s Methode hereitet, tihertrifft bei weitemaIle iibrige; 10 Gran verdichtcn (),550 Kuhikzoll , oder1 Kubikz. 253,440 Kubikz. Sauerstoffgas (D 0 b ere inc r :Zur Chemie des Platins, S. 6-1); welchen Raum das Pla­tin aber mit dem verdichteten Sauerstoff einnimmt, kannman, da es pulverformig ist, nieht genau bestimmen.Aueh bei' andern Korpern , z. B. bei del' Kieselsaure,konnen wir aus del' Kraft, womit sie Wasser aus del'Luft aufnehmen, auf ihre Fahigkeit , Gasarten zu con-densiren, schliefsen. .

Auf dieselbe Weise, wie Luftarten von der Oher­flache fester Kerper angezogen werden, ist dieses auchmit den festcn und tliissigen Korpern der Fall: Fuselol,welches in Alkobol aufgelost ist, kann man ibm, wiehekannt, durch Kohle eutziehen , und wenn man dieKahle mit Wasser destillirt, so geht es unverandert mitdem Wasser libel'; farbende feste Substanzen, welche-in Fliissigkeit aufgelost sind, werden durch die Kobledurch diese Kraft der Flussigkeit entzogen. Bei einigenNiedcrschlagen wird ein Theil eines in der Fliissigkeitgel6sten Salzes so angezogen, dafs er sich mit dem Nie­derschlag ausscheidet, durch vieles Wasser abel' wiederaufgelost uud getrennt werden kann. Der Verf. lostc(Lehrhuch der Chemie, I. Aun. I. Bd. S. 383) salpeter­saure Baryterde in 10 Th, Wasser auf, fallte ungefahrdie Halfte mit Schwefelsaure und Iiefs die schwefelsaureBaryterde sich absetzen , die klare FJiissigkeit wurde ab­gegossen, eingedampft, und die darin enthaltene salpe­tersaure Baryterde bestimmt. Dann wurde der Nieder­schlag und die dabei gebliebene Fliissigkeit gewogen, undnun das Gewicht des Niederschlags, welcher filtrirt, aus­gewaschen und gegluht wurde, nnd aus reiner schwefel­saurer Baryterde hestand, bestimmt. Die Fliissigkeit,welche durch Filtriren und Auswaschen des Niederschlagserhalten worden war, wurde abgedampft, und die da-

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dureh erhaltene salpetersaure Baryterde gewogen. Wirddas Gewicht dieser salpetersauren Baryterde und del'schwefelsauren Baryterde von dem Gewicht des Nieder­schlags und der dabei gehliebenen Flfissigkeit abgezogen,so erhalt man das Gewicht des Wassers, welches in derFJiissigkeit vorhanden war. Berechnet man aus diesenVersuchen, wie viel salpetersaure Baryterde in dem Was­ser der Fliissigkeit, welche uber dem Niederschlag stand,und daraus, wie viel in dem Wasser der FIUssigkeit, diedem Niederschlag beigemengt war, enthalten war, so fin­det man, dafs dieses nur i- von der salpetersauren Ba­ryterde aufgelost enthielt, die man durch Abdampfen desAuswasch,vassers erhielt, so dafs also i- davon, durch dieF'lachenanziehung der schwefelsauren Baryterde zur sal­petersauren Baryterde, an der schwefelsauren Baryterdehaftetc. Fallt Ulan auf dieselbe V\Teise Chlorbarium mitSchwefelsaure , so fallt mit der sehwefelsauren Baryterdekein Chlorbarium nieder, Fallt man dagegen eine Aaf­losuDg von salpetersaurem und sehwefelsaurem Natronmit salpetersaurer Baryterde, und wascht den Nieder­schlag sa lange aus, his ein Tropfen auf Platinblech beimVerdampfen keiuen Buckstand hinterlafst, so enthalt dieschwefelsaure Baryterde his zu 2 Proc. salpetersauresNatron; gliiht man sie, so wird das salpetersaure Natronzersetzt , und man kann es alsdann mit Wasser. auszie-

,hen. Zum Chlorharium hat demnach die schwef'eIsameBaryterde eine so schwache Anziehung, dafs sie der wafs­rigen Auflosung desselben es nicht zn entziehen vermag,zur salpetersauren Baryterde schon eine so grofse, dafses viel Wasser bedarf, urn sie wegzunehmen, zom sal­petersauren Natron jedoch eine so grolse,. tiars das Was­ser durch sein Auflosungsverm6gen, welches gegelldassalpetersaure Natron sehr grofs ist, es nidJt·da~ tr__nen kann. Wie grofs die AdhasioD fester Km,er gegeueinander ist, davon kannman aus ·dem V~ten desLeims ge~en Helz und GIas· aIa-.besteD 8Mb uerzeogeB;

15 •

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beklcbt man ein Glas mit Blase, lafst sie trocknen uudreifst sic nachher wiederum ab , so reifst man StiickeGlas ab , so dafs die Anziehung des Glases zur Blasegrofser ist, als die vom Glase zum Glase; Ialst man je­doch das mit Blase beklebte Glas cine Zeit lang in ko­chendem Wasser liegen, so kann man die Blase leichtvom Glase trennen , indem der Leim sich auflost. Ob­gleich diese Anziehung sehr grofs ist, so ist sie dochnoch kleiner als die des salpetersauren Natrons zur schwe­felsauren Baryterde.

Die Anziehung fester Korper auf fliissige und festeKerper findet, wie die auf luftformige, nicht allein heider unmittelharen Beriihrung, sondern auf hestimmhareEntfernungen statt. Man kann zwei Glas - oder Quarz­platten mit vollkommen ebenen Flachen , urn dieses zuheweisen , anwenden; die eine hangt man auf und dieandere versieht man mit einer Vorrichtung zum Anhan­gen von Gewichten. Der Verf. hat die Platten zuerstvollkommen von Feuchtigkeit befreit; eine dunne Schichtwtirde sich sogleich durch die New ton 'schen Farben­ringe haben erkennen lassen; dannhat er die Plattenan einander gedruckt, his die Farhen der New ton' ­schen Ringe erschienen, wodurch die Entfernung der ·hei­den Flachen von einander hestimmt werden konnte.Schon heim zweiten Ringe trug die eine Platte die an-

o dere , welche 14 Gnn. wog, und bei einer Beriihrungs­flache von einem QuadratzolI; wenn sie einander so nahegebracht warden, dafs der grofste Theil der Beriihrungs­flnche das Schwarz des ersten Ringes zeigte , so konnteman mehrere Pfund anhangen, ohne dafs ein Abreifsenstattfand. Der Apparat wurde unter die Luftpumpe ge...hracht und lange Zeit darunter gelassen, die' Platte rifsnicht ah; der Druck der Luft ist also nicht die Ursache,dafs die Platten an einander haften.

Diese Anziehung fester Korper gegen andere ist, wiebekannt, besonders bei der Krystallisatioa thatig. An-ei..

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nen Bindfaden oder cinen Stab setzt sich der in einerFliissigkeit aufgeloste Kerper fruher an, ehe er sich ausder freien Flfissigkeit aussondert; au einen schon gebil­deten Krystall setzt sicb, wenn die Loslichkeit einer Flus­sigkeit, z. B. durch Erkalten, vermindert wird, was sichaussondern mufs , vollstandig ah, wenn alle einzelnenTheile der Fliissigkeit mit dem Krystall in hinreichendlanger Zeit in Beriihrung kommen konnen. Das Losungs­vermogen des Wassers ist also in der Nahe des Kry­stalls geringer, als etwas davon entfernt.

Wie diese Kraft, womit feste Kerper auf luftfor­mige und flussige wirken, chemische Zersetzungen undVerbindungen- bewirken kann, Iafst sich in einigen Fal­len leicht einsehen, in andern ist die Erklarung schwie­riger. Bei gasformigen Substanzen maK in einigen Fal­len hlofs die Verdichtung die Ursache seyn. So kanndie Detonation, welche 'I'h en a r d heobachtete, wenn erin ein Gemenge von Schwefelwasserstoff- und Sauerstoff­gas Koble hineinbrachte, durch die chemische Einwirkungder heiden Gasarten auf einander, welche durch die Ver­dichtung in den Zellen der Kahle stattfand, hewirkt wor­den seyn, und wenn Platiumohr, der Sauerstoffgas ver­dichtet hat, mit Salzsaure , wie Dobereiner es gefun­den hat, Platinchloriir und Platinchlorid giebt, so kanndel' Saucrstoff, wei! er im verdichteten Zustande mitdem Chlorwasserstoff in Beriihrung kommt, sich mit demWasserstoff desselhen verhiuden , obgleich hiehei auchnoch die Verwandtschaft des Platins zum Chlor hinzu­kommt, so wie die Verwandtschaft des Goldes zum Chlorbewirkt, dafs der Chlorwasserstoff die Salpetersaure zer­setzt, wenn man Blattgold in kaltes Konlgswasser , wel­ches erst, wenn es erwarmt wird oder langere Zeit stebt,freies Chlor enthalt, eintragt.. Aus derselben- Ursachemogefi sich viele Verbindungen hilden., wenn, ewe. Suh-.stauz mit einer. andern .im Ausscheiduagsraoment in Be­riihrung konnnt.. wel~be SOnsD gasformig·entweichen wurde,

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Sind also schwache chemische Verwandtschaftskrafte nurwirksam, 80 kann die Verdichtung von gasformigen Kor­pern die Kraft, womit sie gasfOrllligen Zustand anzuneh­men streben , so aufheben, dafs sie chemische Verhiu­dungen eingehen konnen. Doell mufs es zweifelhaft er­scheinen, ob hei zwei Substauzen , die so grofse Ver-,wandtschaft zu einander haben, wie Wasserstoff undSauerstoff, die Ursache, wefswegen sie sich verbinden,hlofs einer solchen Condensation zuzusehreiben sey, ob­gleich wir berechtigt sind anzunehmen, dafs, in welchemZustande wir das Platin anwenden , auf seiner Oberfla­che eine Verdichtung stattfinden kann. Bekanntlich wirktPlatin sowohl als Mohr, wie Schwamm, wie in Blechenund Drahten , wenn es nur cine reine metallische Oher­flache hat; die Verbindung findet aher auch urn so lang­samer statt, je kleiner die Oherflache ist, womit dasGemenge in Bertihrung kommt. Platinschwamm und Pla­tinblech verdichten zwar keine hemerkbare Menge Sauer­stoff; vergleicht man jedoch die Obcrflache cines Platin­hlechs mit der des Platinmohrs , so kaun die V erdich­tung nicht bedeutend seyn, und der Platinschwamm, derhei einer Temperatur dargeslellt wird, wobci schon einZusammensintern stattfindet , und wobei das Platin ausChlorplatin -Natrium reducirt wird, wenn es sich durchMitwirkung von schmelzendem Chloruatrium in metalli­schen Blattchen aussondert, bietet unstreilig auch keineso grofse Oberflache dar, dafs eine. Verdiehtung hemerk­bar worden kon.nt.e. Ein Versuch , der zuerst von F u ..s i n i e r i angeslellt worden ist, und den man leicht wie­derholen kann, zeigt, dafs an der Oherflache von Glas Luftund Wasser verdichtet sind. Giefst man namlich in einleeres Glasrohr ausgekochtes Queeksilher, das man un­ter der Glocke der Luftpumpe hat erkalten lassen, da­mit es keine Luft hat aufnehmen konnen, so bemerktman, dafs, wenn man auch jede mit dem Mikroskopzu entdeckende Blase weggeschaft hat, dennoch vom Glase

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heim Auskochen Luftblasen sich entwickeln. Hat mandagegen ein solches mit Quecksilber gefiilltes Rohr aus­gekocht und giefst durch einen Trichter, dessen Spitzeso 'aug ist, d~fs sie auf den Boden des Rohrs geht,Quecksilber hinein, welches mit Wasser und Luft ge­schiittelt und nur an der Luft getrocknct war, so findet,wenn man den unteren Theil des Rohrs, worin das hin­eingegossene Quecksilher befindIich ist, erhitzt , keineEntwicklung von Luftblasen statt ; die Entwicklung vonLuftblasen heim ersten Kochen rtihrte demnach von Was­ser nod Luft her, welche an den Wanden des Glasessich verdichtet haben. Diese Menge Luft und Wasserist aber so gering, dafs man sie nur durch einen Ver­such von solcher Art nachweisen kann. Beim Platin­blech wiirde man eine solche Menge, ja nicht einmal,wenn sich so viel einer Gasart an der Oherflache des­selhen verdichtete, wie an der Oberflache der Zellen derKohle an Kohlensaure, nieht nachweisen ·konnen.

Gegen Alkohol und Sauerstoff verhalt sieh das Pla­tin wie gegen Wasserstoff und Sauerstoff, Alkohol, con­centrirt oder sehr mit Wasser verdunnt , verbindet sichnicht mit Sauerstoff', Platinmohr hewirkt diese Verbin­dung auf ahnliehe 'Weise wie die des Wasserstoffs undSauerstoffs; aher . auch andere Substanzen bewirken sie,Man bat lange geglaubt, dafs dazu sogenannte F ermentellothig sind, bis Duf'l o s gefunden hat, dafs Holzspane,mit Essig gctriinkt, auf dieselbe Weise, wie das Platin,diese Verhindung bewirken. Man konnte glauben, dafsmit dem Essig sich von dem Ferment in die Spane hin­eingezogen babe; allein diese Fermente werden naeh ei­niger Zeit durch den Sauerstoff der Luft zersetzt, undDuflos hat durch blofse Hobelspane mehrere Monatehindurch Essigbildung bewirken konnen. Stellt man Essigdar, indem man Bier oder gegohrene Flii~$ten die­ser Art der Luft aussetzt, so triibensich diese Fliissig­keiten , und die. ausgesehiedenen festen Substanzen, die

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~rofstentheils organischcr Natur sind, bcwirken die Ver~

hindung des Sauerstoffs mit dem Alkohol, so dafs alsosolche Kerper die Stelle des Platins vertreten konnen,Auch von diesen schwammigen Gebildeu kann Sauerstoff­gas condensirt werden und dieser sich dann mit dem AI­kohol verbinden.

Mehr Aufklarung erhalt man tiber die Wirkung derContactsubstanzen , wenn sie zersetzend wirken, Leitetman Ammoniakgas tiber gliihende Kupfer- oder Eisen­spline, so zersetzt es sich vollsUindig in Stickstoff undWasserstoff , wahreud es sich nur unbedeutend zerlegt,wenn man es bei derselben Temperatur 'tiber Platinspaneoder Glasstuekchen leitet. Sehr wicbtig ist die Zersetzungdes Wasserstoffsuperoxyds: auch hei dieser findet nachder Grofse der Oberflache der festen Kerper und nuran derselben die Zersetzung statt, aber Basen .und Sau­ren wirken verschieden , diese hewirken , dafs die Ver­bindung fester wird, jene, dafs sie sich zersetzen. Ebenso wichtig ist die Zerlegung des chlorsauren Kalis ver­mittelst Kupferoxyds , l\1angansuperoxyds und andererOxyde dieser Art (siehe den ersten .Theil dieser Ab­handlung); erhitzt man cblorsaures. Kali, so entwickeltsich etwas tiber dem Sehmclzpunkt desselben Sauerstoff­gas, indem Chlorkalium und iiberchlorsaures Kali sichbilden , welches bei gesteigerter "I'emperatur sich gleich­falls in Chlorkalium und Sauerstoff zerlegt. Menbrt manaher die eben gcnannten Oxyde mit dem chlorsaurenKali und erhitzt sie bis zum Schmelzen, so findet einerasche Entwicklung von Sauerstoffgas statt, Chlorkallumhleibt zuriick und ubcrchlorsaures Kali wird dabei nichtgehildct. Urn die Wirkung der Oxyde reebt deutlichzu heobachten, kann man ein Bohr mit chlorsaurem KaIiund Kupferoxyd und ein Bobr mit blofsem chlorsauren

.Kali , heide mit einem Entbindungsrohr versehen, in einMetallbad stelIen; hei einer gewissen Temperatur wirddas chlorsaure Kali vermitteIst Kupferoxyd vollstandig

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zersetzt, wahrend das hlofse chlorsaure Kali kcine SpurSauerstoffgas entwickelt. Mengt man das chlorsaure Kalimit Kieselsaure , so verhalt es sich heim Erhitzen ebenso wie hlofses chlorsaures Kali. Rei der Zerlegung deschlorsauren Kalis wird Warme frei: bei der Zerlegungdes Wasserstoffsupcroxyds findet dieses gleichfalls statt,und diese Wanne oder ihre Ursache ist es, wefswegenSilberoxyd und andere Metalloxyde den Sauerstoff, derauch durch eine erhohte Temperatur ausgetrieben wird,abgeben, wefswegen sie sich also zugleich mit dem oxy­dirten Wasser zerlegen.

Rei der Umanderung der Holzfaser und der Starkein Dextrin, des Dextrins, des Gummis und des Rohrzuk­kers in Traubenzucker ist es ein fliissiger Korper , wo­durch sie hewirkt wird. Es istbekannt, dafs, wenn manStarke mit verdiinnter Schwefelsaure kocht, sie sich schnellin Dextrin und Zucker umandert, zu welcher Zeit mandie Elussigkeit untersuchen mag, so findet man stets diezugesetzte Schwefelsaure im freien Zustande darin, undzwar stets dieselbe Menge; je mehr Schwefelsaure manzusetzt, desto schneller geschiebt die Umanderung, wo­hei ein Aufnehmen von Wasser stattfindet. Diese Um­anderung hewirkt man auch mit Salpetersaure, , bei die­ser erhalt man noch ein interessantes Zwischenproduct;ruhrt man namlich 40 Th. trockner Starke mit I} Th.Wasser an, setzt 2 Proc, vorn Gewicht der Starke Sal­petersaure hinzu, und Iafst die Masse zuerst an der Lufttrocknen und dann in einem Wasserbade, so dafs dieTemperatur nicht uher 100 0 steigt, so lost die so erhal­tene Verbindung. sich leicht in koehendem Wasser auf,wenn man aber nicht mehr als 5 Th. Wasser daza·ge.:.nommen hat, so gelatinirt die Auflosung heim -: ErkaIten,sie verhalt sich ganz so wie die Moosstarke,' die· allge...mein -verhreitet in den Flechten nn'd 'AI:gen· ~OI'k:itnimt.

Kocht man diese Aufl6stmg langere Zeit, ·ulld illleseDders

mit einem Zusatz -von' Saure;'so vet-nert sie-die Eigen-

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sehaft zu gelatinirell. Die Bildung von Dextrin undTrauhenzueker gesehieht bier nur, indem die Schwefel­saure oder die anderen Sauren die Verbindung des Was­sers bewirken. Die Umanderung der Starke in Dextrinwird gleiehfalls durch cine Temperatur von 1500 be­wirkt, so dafs also die Saure oder die Warme bier ebenso wirken , wie Platin oder Warme bei der Verbindungvon Wasserstoff- und Sauerstoffgas. Wie die Saurensieh zur Starke verhalten , so verhalt sieh auch der Kor­per, welcher im Mal7,auszug enthalten ist, zur Starke beieiner Temperatur von ungefahr 70°; da man diesen, wel­chen man Init dem Namen Diastase hezeichnet hat, nochnieht rein hat darstellen konnen, so kann man nieht sohestimmt als hei den Sauren nachweisen, dafs er sicbbei der Anwendung der Starke nieht verandere , die ge­ringe Menge, 'ffelche man jedoch von dieser Substanzselhst im unreinen Zustande bedarf, zeigt offenbar, dafssie nnr durch Beriihrung wirksam ist.

Am anffallendsten ist die Umanderung des Bohr­zuckers in Traubenzucker ; nur wenige Procente Schwe­felsaure hraucht man zu ·ciner Bohrzuckerauflosung hin­znzusetzen , und ohne dafs man sie 'erwarmt , kann manmit schwefelsaurem Kupferoxyd und Kali schon Trau­benz.ucker darin nachweisen : andere Sauren andem ibnohne Erwannung gleichfaUs Ieicht in Traubenzucker urn;auch durch Essigsaure geschieht diese Umanderung, wenner darnit gekocht wird. Dieses ~t der (;rund, wefswe­gen bei der Bohrzuekerdarstellung sogleich zu dem aus­geprefsten Saft Kalkerde hinzngesetzt werden mufs. DerSaft der Bunkelrtiben, den der Verf. hat untersuchenkonnen , reagirte vollkommen neutral, so dafs in derWurzel diese Umandernug nicht stattfinden kann; heijeder Verletzung derselben kann sieh aber Saure hilden,und dann wird der Zucker dadurch zersetzt, Den Zuk­ker , weleher sieh durch .Einwirkung von Schwefelsaareauf Rohrzuckcr bildet, hat der Verf, krystallisirt erhal-

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ten. Der Zucker, in welchen der Rohrzucker sich um­andert , wenn Inan Here zu einer Aufiosung desselbenhinzusetzt , scheint vom Traubenzucker verschieden zuseyn; der Verf. hat ihn nicht krystallisirt erhalten kon­nen, auch polarisirt er das Licht viel weniger als die­selbe Menge Traubenzucker, Seine Bildung ist sehrmerkwiirdig; es ist uamlich eine den Hefekiigelchen bei­gemengte Suhstanz, die man mit Wasser ausziehen kann,und deren klare Aullosung die Umanderung des Rohr­zuckers in diese Zuckerart hewirkt, Dieses ist auch derGrund, wefswegen, wenn man Rohrzucker mit ausge­waschener Hefe versetzt, die GahruDg viel langsamer er­folgt, als wenn man sie nicht aUSwJischt ; denn in derausgewascbenen Hefe mufs diese Substanz sich erst .hil­den. Gewobnliche Here bringt in einer Rohrzuckerauf­losung die Gfihruog eben so rasch hervor, und sie gehtdarin eben so schnell von statten, als in einer Trauben­zuckerautlosung. Von diesem Zucker ist wieder, derZucker verschieden, den man dureh Schmelzen des Rohr-,

zuckers erhalt. Bei einer Temperatur von 1600 kannman den Rohrzucker, wenn man ihn vorsichtig erhitzt,schmelzen: er zerflielst alsdann vollstandig an der Luftund lost sich in absolntem Alkobol auf, .gcht mit Fer­ment in Gahrung aber und polarisirt das Licht weit W~niger als der Bohrzucker. Geschmolzener Rohrzuckerkrystallisirt nicht wieder naeh dem Schmelzen 1 ); schmilztman dagegen den Robrzucker mit Wasser, wie es beider Verfertigung der Bonbons gescbieht, und steigert dieTemperatur nicht holler als 154 0

, so erstarrt die Fliis~

sigkeit beim Erkalten, una man erhalt eine glasige Masse,diegrofstentheils aus Rohrzucker hesteht und mechaaiseheingesehlossenes Wasser enthalt , dieses Iosrein Theil­chen Bohrzucker nach dem andern auf und .so~ert,!e5.

I) Bcrzelius ist es einmal geluogen, durch Einwirk~Dg d~'SonDen­licht; diesen Zucker in gewolmlichen'Robnucler umzu30dem. (Ars­berattelse 1846, p.44D.)

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wieder krystallinisch aus (denn ein nicht krystallisirtersogenannter amorpher Kerper ist Ieichter in Wasser 108­lich als ein krystaUisirter), bis zuletzt die ganze Massekrystalliuisch geworden ist (nbgestcrben ist). Zerbrichtman eine solche Masse, so kann man ganz deutlich inder Mitte und zwischen den Krystallen das Wasser er­kennen. Vielleicht ist mit diesem Zucker der Zuckeridentisch, welchen man erhalt , wenu man Bohrzuckerlange Zeit hei einer Temperatur von 1100

. kocht, undoernach Fensky das Licht gar nieht polarisirt; auchvielleicht ocr Zucker, denP eli got und M u Ide r . erhiel­ten, wenu sic Rohrzucker sehr lange Zeit mit verdtinn­ten Sauren kochten, und von dem sic angeben, dais ernieht krystallisirbar sey.

Ueber die Zersetzung, die Traubcnzueker und an­dere Zuekerarten hei der Gahrung erleiden, herrscht keineverschiedcne Meinung , so dafs es allgemein anerkanntist , was sich auch lcicht nachweisen lafst , dafs sich da­bei Kohlensaure und Alkohol bilden, indem ein Dritteldes Kohlenstoffs des Zuckers sich mit Sauerstoff zu Koh­lensaure , und zwci Drittel mit Wasserstoff uud Sauer­stoff zu Alkohol vcrbinden; auf ein Maafs Kohlensaure­gas hildet sich demnach ein Maafs AlkohoI; je nach derZuckerart, welche gahrt, giebt sie Wasser ab , wic derTraubenzueker, oder nimmt Wasser 'auf, wie· der in AI­10ho1 losliche Zucker. Der Korper aber.; der -diesenProcefs bewirkt, und durch den wir ihu-bishen habeuhewirken konnen, ist organischer Natur; aber selbst dieEntstchung dieser Kerper ist auch bei den organischeneine ungewobnliche, Ohne dafs man weiter auf die ver­schiedenen . Meinungen uber diesen Procefs einzugehennothig hat, kann man die Thatsachen, worauf es we...sentlich hier ankommt, durch bestimmte Versuche sichercrmitteln. Die Hefe hesteht aus runden und ovalen Kii­gel<;hcn, welche so grot's sind, dafs sie dureh feines Fil­trirpapier nicht hindurchgehen; bringt man etwas von

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dieser IIefe in ein Glasrohr, welches unten mit einer Pa­picrscheibe verschlossen ist, und stellt dieses Glasrohrin eine Zuckerauflosung, so findet wahrend mehrerer Tagenur in dem Glasrohr die Gahrung statt, der Zucker trittdurch das Papier hinein, wird dort zersetzt, und der. Al­kobo} tritt heraus und verbreitet sich in der Fliissigkeit,die Fliissigkeit sattigt sich mit Kohlensaure , gasformigeKohlensaure entweicht, jedoch nur aus dem Rohr, aberin grofser Menge; erst wenn nach langerer Zeit das Pa­pier, indem es weich wird, Hefekiigelchen dnrchlafst, he­ginnL an der Oherflache derselbeu der Gahrungsprocefs.Dieser Versuch heweist geniigend, dafs nur an der Ober­Hache der Kugelcheu die Gahrung vor sich geht. S ch wan nund aueh der Verf. haben noehandere Versuche angc­steIlt, die zu demselben Resultat fuhren , aber nicht soklar -sind.· Nie hat der Verf. eine Gahrung obne .Hefe­kUgelchen, uad nie an eiuer andern Stelleals an derOherflache derselben heobachtet. Man hedarf V9D die­sen Kugelchen nur 1 Proc, von i der .Masse .des .Zuckers:wahrend der Gahrung, wenn man ausgebildete Kiigelchennimmt, verandern sie sich nor wenig; sie horen auf dieGahrung zu hewirken, wenn sie zerstort _werden; bringtman gtihrungszerstorende Substanzen, z. B. schwefelsau­res Kupferoxyd 000- Sublimat unter dens Mikroskop zudiesen Kugelehell, so sieht man, wie sie sogleich zusam­menschrumpfen. Die Hefekugelchen verhalten sich dem­nach zurn Zucker oder zum Zucker und Wasser, die ~e

Bestandtheile enthalten , worau.s sich Alkohol undKoh­Iensaure hilden, wie das Platin zum oxydirten W.as&er•. -

Diejenigen Naturforscher, die sich mit dem S,tp<ij~

der einfachsten organischen W esen hescbaftigt -b,ahw..,,,fJ:;klaren die Hefektigelcheu Iur organische. VVes~n,. ~~I,AI;1,

der That lafst sich auch aus der Art,. Wi~ ~.s~c~.hil.~

den und .wie sie .~S(:beinen, keine .aQ4~.e, :f.qlge:rqqg .ma­chen; sie hildea sidl, ehe dafs ei.ue,p'JIJet;kharl} G:~lijJg

stattfindet, in:;len;:h~kannten in, G~U~MJns u\lergepenHCU

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Pflanzensaften. Znerst hemcrkt man ill diesen , etwanach drei Tagen, Piinktehen von der kleinsten Dimen­sion, einzeln oder wie zu Perlschntiren an einander ~e­

reiht , diese vergrofsern sieh, indcm man deutlich sieht,d~fs diese Vergrofserung von Innen aus stattfindet ; zu­Ietzt hemerkt man inwendig eine granulose Masse, um­geben mit einer hellen Huller manchmal sind sie IUng­lich , und man hemerkt zwei und drei 'granulose Kerne.Rei der Zueker~:ihrong hat der Verf., wenn er schongebildete Hefe anwan~te, keine weitere Entwicklung be­merkt, wenn man aber die Hefe eine Zeit lang stehenIafst , so beobachtet man dieselben Verastelungen , wiehei den Conferven; eine wirtelformige Verastelungbll­det sich bei den organisehen W csen, die sich in denMolken biIden; der reichliche klare Absatz, der sich in denklaren Molken innerhalh einiger W ochen bildet, so wiedie ganze Here sind von organiseher Natur uud meistmit einer unorganischcn Substanz gemengt. Nach denVersuchen mehrerer Naturforscber, nach denen vonSchulze, Schwann und Anderen, bilden sich dieseWesen nieht, wenn man keine Luft oder nur gegliihteLuft zulafst: welches gegen eine Gencratio aequivocasprechen wiirde, wahrend dagegen der Reginn eines or­ganischen Wesens aus einem der Beohachtung sich ent­ziehenden Piinktchen in ciner Flussigkcit wieder·· daftlrspricht. Eine wiehtige Frage ist, was aus diesen We­sen wird, wenn sie, statt im Wasser, an der Luft sichentwickeln , ob der gewohnlicbe Mucor daraus entsteht,wie Hr. K ii t z i n g hebauptet; Mucor, zu einer gahrungs­f;ihigen Fliissigkeit binzugesetzt, hringt diese nicht schnel­ler zur Gahrung, als es obne denselben der Fall ist, unddie Here lange Zeit auf Ieuchter Leinwand der Luft aus­gesetzt, entwickelte sich nicht zu Mucor.

Das Vorkommen ahnlicher organiseher Wesen imDannkanal der Pflanzenfresser ist interessant; nach dervom Hrn, T rom mer engegebenen Metlwde,. Tranhen-

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zucker aufzufinden, kann man sich leicht uberzeugen,dais hei vcgetabilischer Nahrung Zucker sich im Magcnund im Darinkanal his zum Dickdann findet; in dies emTheil des Darmkanals finden sich auch diese organischenWescn in osebr grofser Menge, im Dickdann dagegenverschwinden sie und in den Faeces sind sie nicht ent­halten. Durch Hrn. R em a c kist der Verf. auf ihre AD­wesenheit zuerst aufmerksam gemacht worden; von Hrn.Purkin j e , Hrn. Do h m und des Verf. Bruder sind siegIeichfalls oft beobachtet worden. Es ist im hohen Gradewahrscheinlich, dafs bei vegetabilischer Nahrung im Darm­kanal neben der Verdauung ein Gahrungsprocefs statt­findet, durch welchen Alkohol und Kohlensaure gebil­det werden; diese ist gewijhnIich die Ursache del' Bla­hungen. Vom Blut , welches den Darmkanal umspult,kann die Kohlensaure aufgelost und durch die I..nngenexhalirt werden; es ist daher nieht nothig, dafs sie aufeinem andercn '\i\Tege ausgeleert werde, Die organischenWesen im Darmkanal sind gewobnllch Ellipsoide mitzwei hellen Kernen, zuweilen enthalten sie auoh einegranuIose Masse wie die der gahrendcn Fltissigkeiten.

B 0 u t r 011 nod F rem y haben neulich gezeigt, dafsder Milchzucker der Milch sich in Bcriihrung mit Kase­stoff in Milchsaure umandere , welche sich mit dem Ka­sestoff verhindet, und dafs, wenn man letzteren von derMilchsaurc durch eiuen Zusatz '\"011 saurem kohlensauren

, Natron abscheide und frei mache , man im Stande isteine neue Menge Zucker in Milchsaure umzuandem ; dieMilchsaure ist bekanntlich so zusammengesetzt, dafs siedurch Ausscheiduug von Wasser und eine Umsetnmgder Atome aus dem Milchzucker gehildet .werden kann,Der Verf, hat auf diese Weise cine grofse Menge Milch-'zucker in Milchsaure umgeaudert, denn der Versueh ~e­

lingt sehr Ieicht, Dahierbci .eiue Verbinduug von Ka­sestoff mit der Milchsanre sich hddet; so lann der Ka­sestoff bei dieser Veraoderullg aueh durm seine chemi-

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sche Verwandtscbaft zur Milchsaure einwirken. Das Coa­guliren der Milch fur die Kasehereituug scheint aber aufeinem andern Grunde zu beruhen; man wendet dazuden sogenannten Lab an. Gewohnlich ist man der Mei­llung, es sey die innere Haut des Kalhermagens, welchedas Coagulireu bewirkt. Dieses ist jedoch nicht derFall; aller Lab, den der Verf. erhalten konnte, war be­reitet worden, indem man den Magen umkehrte, undnicht allein die Schleimhaut, sondern auch die Muskel­baut abschabte, so dafs nur das Peritoneum ubrig hlieb,auch ist es ihm gelul1gen, mit anderen _Theilen des Pe­ritoneums, z. B. mit dem Theil, welcher den. Blinddarmuberzieht , eben so gut die Coagulirung de's Kasestoffszu hewirken. Diese Coagulirung erfolgt, wenn man dieMilch ein wenig erwarmt, in einigen Stunden, man magdie Haut hineinlegen oder einen warmen wafsrigen Aus­zug der I-Iaut hineingiefsen: weder die Haut noch derAuszug reagirte sauer; auch fand in der Milch' selhst heimCoaguliren keine Saurebildung statt,

Wird eine chemische Verbindung dadurch hewirkt;dafs eine Substanz sich mit einer andern verbindet unddiese dann an eine dritte tibertragt, so findet dabeietwasAebnliches statt, wie hei der Verbindung durch cineContactsubstanz. Schweflichte Saure hat cine grofsereVerwandtschaft zum Sauerstoff als Stiekstoffoxyd, des­sen ungeachtet verhindet sich die schweflichte Saure, wennman sie mit Sauerstoffgas mengt und lange damit stehenIafst , nieht damit, wahrend Stickstoffoxyd mit Sauerstoffsogleieh salpetrichte .Saure hildet, welche an die schwef­lichte Sauro den anfgenommenen Sauerstoff sogleich ab­giebt; diesel" Sauersloff ist also, indem er sieh mit demStickstoff verband, in einen solchen Zustand versetztworden, dafs er sich mit der schweflichten Saure ver-"binden kann. In denselben Zustand wird er versetzt,wenn Ulan ihn mit porosem Platin in Beriihrung hringt,welches die Verbindung der schwellichten Saure mit demo

Sauer-

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Sauerstoff eben so hewirkt, medic des Wasserstoffsuna Sauerstoffs.

AIle diese Processe, und unter diesen am meistendie Bildung der Aetherarten und des Aethers fuhrendarauf, dafs Zersetzung und Verhindung durch die Lageder Theile gcgen einander und ihre Stellung gehindertworden konnen, dafs diese jedoch durch die Kraft, wo­durch die Theile (Atome). von Substanzen, mit denensie in Beruhrung kommen , angezogen werden, so ver­andert werden konnen.. dafs die Zersetzung oder dieVerbindung erfolgt; dafs diese Anziehung aber sehr starkund gegen Substanzen verschiedener Natur verschiedenist, zeigt das Verhalten cler ·Gasarten gegcn die Koble,und inshesondere gegen. den Platinmohr.

B e r z eli us nennt diese Kraft katalyHsche' Kraft,mit pemselben Rechte, -wie man Adhasionskraft, Ver­dunstungskraft u, s. w. sagt, und bezeichnet damit eineKraft, deren Wirkung darin besteht, chemische Verbin­dungen zu zersetzen, und die verschiedenen Substanzen,welche hei dieser Zersetzung chemisch sich nieht veran­dern, eigenthiimIich ist. Urn nur den Vorgang zu he-

. zeichnen , hat der Verf. diese Substanzen Contactsubstan­zen und den Procefs selbst eine chemische Zersetzungoder Verhindung durch Contact genannt.

IV. Beitrag zur Chemic .des Uran's; I

"on Dr. Prilhelm Defffs.

Es ist bekannt, dafs die Losung, -des Uranoxyds im koh­Iensauren Ammoniak, welche man hei der Analyse derPechblende naeh Arfvedson's Methode erhalt, beiei­nero gewissen Grade der Concentration kleine durchsich­tige , schwefelgelhe 1{rysiaUe ': taa die.' Gefafswandungen

Poggendorff's Annal. Bd. LV. . 16