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Im Dialog mit den Digital Natives: Social-Media-Strategien für Unternehmen

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Page 1: Im Dialog mit den Digital Natives: Social-Media-Strategien für Unternehmen

Im Dialog mit den Digital Natives: Social-Media-Strategien für UnternehmenWie man sich als Unternehmen richtig in sozialen Netzwerken bewegt, welche Re-geln man dabei einhalten sollte und wie man den Erfolg seiner Aktivitäten optimal misst, haben Maurizio Singh und Gunter Reiff in internationalen Praxiszeitschriften recherchiert und für Sie hier zusammengefasst.

Maurizio Singh/Gunter Reiff

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„Die Digital Natives kommen!“, stellte im Jahr 2001 der Pädagoge Marc Prensky in einem viel zitierten Beitrag fest und forderte Universitäten und Unternehmen auf, sich auf die Ankunft der Digital Natives vorzubereiten. Die Digital Natives bilden, nach Ansicht von Prensky, die Angehörigen der Generation ab dem Geburtsjahrgang 1980, die seit ihrer Kindheit mit Com-putern aufgewachsen sind und den Umgang mit neuen Technologien seit frühester Jugend gelernt haben. Inzwischen sind über 10 Jahre vergangen und die Digital Natives sind erwachsen und für Unternehmen zu einer wich-tigen Kundengruppe geworden. Das Internet bietet den Digital Natives – natürlich auch den älteren Digital Immigrants – inzwischen Kommunika-tionsmöglichkeiten, die Prensky damals nur erahnen konnte. Diese neuen Kommunikationsmittel werden häufig unter dem Stichwort Social Media zusammengefasst. Nachfolgend werden zwei Studien aus internationalen Praxiszeitschriften vorgestellt, in denen einerseits Empfehlungen für den Umgang mit Social Media durch Unternehmen gegeben und andererseits Konzepte für die Erfolgsmessung des Social-Media-Einsatzes entwickelt werden.

Charakteristika von Social-Media-InstrumentenUnter den Begriff Social Media werden regelmäßige unterschiedliche in-ternetbasierte Anwendungen, wie beispielsweise Blogs, Soziale Netzwerke, Gemeinschaftsprojekte (z. B. Wikipedia), Content Communities (z. B. You-Tube) oder Spielewelten (z. B. Second Life oder World of Warcraft) subsu-miert. Das gemeinsame Merkmal dieser Anwendungen besteht darin, dass sie die Kreation und den Austausch von „User Generated Content“ (UGC) ermöglichen. UGC wird nach Kaplan und Haenlein durch drei Merkmale charakterisiert:•Informationen werden entweder der Allgemeinheit oder einer bestimm-

ten Gruppe von Personen zugänglich gemacht.•Es handelt sich um selbst geschaffene Informationen und nicht um die

bloße Weitergabe von Informationen, die von Dritten stammen.•Die Informationen werden von Privatleuten veröffentlicht, die damit kein

unmittelbares wirtschaftliches Interesse verfolgen.Ein wesentlicher Aspekt von Social Media ist somit die Tatsache, dass Infor-mationen von Privatleuten – Konsumenten – veröffentlicht werden. Damit verlieren Unternehmen die bislang bestehende Informationshoheit. In Zei-ten von Social Media ist nicht mehr die Homepage einer Hotelgruppe die Hauptinformationsquelle über die jeweiligen Hotels, sondern Bewertungs-portale wie beispielsweise Tripadvisor.

Wenn Unternehmen Social-Media-Instrumente einsetzen wollen, so kann darin zunächst ein Widerspruch zu der soeben dargestellten Definition ge-sehen werden, da Unternehmen in Kommunikationssphären eindringen, die primär nicht für sie geschaffen worden sind. Allerdings können Unterneh-men auch im Social-Media-Umfeld positive Resonanz bei der von ihnen adressierten Öffentlichkeit erzeugen, wenn sie die jeweiligen Spielregeln akzeptieren und sich entsprechend verhalten.

„Ein wesentlicher Aspekt von Social Media ist somit die Tatsache, dass Informa-tionen von Privatleuten –Konsumenten – veröffent-licht werden.“

Für Sie aufbereitet und zusammengefasstvon Dipl.-Kfm. Maurizio Singh M.A., WHU – Otto Beisheim School of Ma-nagement, und Dr. Gunther Reiff, RP Asset Finance Treuhand, München:•Kaplan, A. M./Haenlein, M.: Users of the world, unite! The challenges and opportunities of Social Media. In: Busi-ness Horizons, 53. Jg. (2010), Heft 1, S. 59-68•Murdough, C.: Social Media Meas-urement: It’s not impossible. In: Journal of Interactive Advertising, 10. Jg. (2009), Heft 1, S. 94-99.

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Die fünf Verhaltensgrundregeln für Social-Media-Aktivitäten von UnternehmenKaplan und Haenlein nennen fünf Verhaltensgrundregeln, die Unterneh-men beim Einsatz von Social Media beachten müssen.

1. Sei aktiv!Social Media lebt durch die Beiträge der Nutzer. Wer in einem Social- Media-Umfeld Aufmerksamkeit erregen möchte, muss daher regelmäßig neue Informationen veröffentlichen. Dabei hängt die Häufigkeit der Veröffent-lichungen von dem gewählten Instrument ab. Die Leser eines fundierten und ausführlichen Blogs erwarten nicht täglich Blogbeiträge durch die Au-toren. Follower bei Twitter werden dagegen monatliche Tweets nur wenig registrieren. Bei der Entscheidung für ein Social-Media-Instrument muss ein Unternehmen daher analysieren, wie häufig Informationen sinnvoller-weise in diesem Instrument veröffentlicht werden und bereit sein, diese Ver-öffentlichungshäufigkeit konsequent einzuhalten.

2. Sei interessant!Nicht alles, was ein Unternehmen interessant findet, muss zwangsläufig auch die Öffentlichkeit spannend und unterhaltsam finden. Dementsprechend soll-te ein Unternehmen bei der Themenauswahl die Erwartungshaltung der Emp-fänger berücksichtigen und überlegen, welche Inhalte mit Interesse zur Kennt-nis genommen werden. Häufig können auch scheinbar uninteressante Themen mit etwas Kreativität interessant gestaltet werden, indem sie etwa aus einer un-gewöhnlichen Erzählperspektive aufbereitet werden. Besonders großes Inter-esse und Glaubwürdigkeit wird erzeugt, wenn das Unternehmen einen aktiven Dialog mit den Empfängern fördert und bereit ist, die User des von ihm ge-wählten Social-Media-Instruments mit einzubeziehen. Entsprechend wird ein Blog uninteressant für die Leser, wenn beispielsweise eine Kommentarfunk tion fehlt oder auf Kommentare keine Reaktionen durch die Autoren erfolgen.

3. Sei bescheiden!Die Spielregeln der Social-Media-Instrumente werden nicht von Unter nehmen gemacht, sondern existieren bereits. Daher sollten Unternehmen nicht ver-suchen, die Spielregeln zu ändern oder zu brechen. Wenn ein Unternehmen – entgegen den Nutzungsbestimmungen von Wikipedia – den eigenen Wikipe-dia-Eintrag verändert oder in einem Bewertungsportal eigene Bewertungen einstellt, so dürfte der Imageverlust bei der Aufdeckung dieser Verhaltens weise größer sein als der mögliche Imagegewinn durch die positiven Beiträge. Positiv dürfte dagegen von der Öffentlichkeit registriert werden, wenn ein Unter-nehmen auf Kritik in einem Bewertungsportal offiziell als Unternehmen ant-wortet und dadurch zeigt, dass es die nega tiven Beiträge ernst nimmt.

4. Sei nicht zu perfekt!Die meisten Social-Media-Inhalte werden von Privatleuten in ihrer Freizeit erstellt. Daher erwartet niemand, dass diese Inhalte stets die höchste tech-

KernthesenSocial Media Code of Conduct für Un-ternehmen:•Sei aktiv!•Sei interessant!•Sei bescheiden!•Sei nicht zu perfekt!•Sei ehrlich!

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nische Perfektion oder gestalterische Qualität besitzen. Auch Unterneh-mensbeiträge im Social-Media-Umfeld müssen nicht perfekt sein. Wenn ein brillant geschriebener Blog-Beitrag eines Journalisten als das Werk eines Entwicklungsingenieurs eines Autobauers ausgegeben wird, so erzeugt dies weit weniger Glaubwürdigkeit als ein Beitrag, der tatsächlich von dem In-genieur stammt und vielleicht sprachlich etwas ungeschickter ist.

5. Sei ehrlich!Da gerade Social-Media-Inhalte von Unternehmen durch die Öffentlichkeit kritisch beobachtet und kommentiert werden, ist ein ehrliches und transpa-rentes Verhalten zwingend notwendig. Glaubwürdigkeit ist der höchste Wert, der in einem Social-Media-Umfeld erlangt werden kann. Ein Verlust der Glaubwürdigkeit durch Unehrlichkeit kann nur sehr schwer und in lan-gen Zeiträumen wieder rückgängig gemacht werden.

Die Social-Media-Strategie und ihre ErfolgsmessungSofern ein Unternehmen bereit ist, die beschriebenen Verhaltensregeln zu beachten, besteht eine große Wahrscheinlichkeit, dass seine Social-Media-Aktivitäten erfolgreich sein werden. Vielen Unternehmen ist jedoch unklar, wie der Erfolg von Social-Media-Aktivitäten gemessen werden kann. Murdough stellt in seinem Beitrag ein Konzept für die Entwicklung von So-cial-Media-Strategien und ihrer Erfolgsmessung vor.

Zunächst ist es notwendig, dass ein Unternehmen die Ziele definiert, die mit dem Social-Media-Engagement erreicht werden sollen. Dabei dürften drei Ziele besonders häufig verfolgt werden:1. Aufbau und Vertiefung der Beziehungen zu bestehenden und zukünf-

tigen Kunden2. Erkennen von Kundenwünschen3. Erhöhung der konkreten Nachfrage nach ProduktenDaraufhin müssen die unterschiedlichen Social-Media-Instrumente (wie z. B. Twitter oder Blogs) analysiert werden, in welchem Umfang sie geeig-net sind, die definierten Ziele zu verwirklichen. Da die meisten Social-Me-dia-Instrumente in einem gewissen Umfang sämtliche Ziele unterstützen können, erscheint eine Kombination verschiedener Instrumente grundsätz-lich ratsam. Sofern die Kapazitäten des Unternehmens für sein Social- Media-Engagement beschränkt sind, sollte eine Konzentration auf einige ausgewählte Instrumente erfolgen.

Für jedes Social-Media-Instrument müssen sodann individuelle Er folgs-pa ra meter definiert werden. Beispielhaft nennt Murdough folgende Parameter:1. Anzahl der Freunde oder Follower2. Anzahl der Kommentare zu Veröffentlichungen des Unternehmens3. Häufigkeit der Nennung des Unternehmens oder seiner Produkte in

relevanten Foren, Blogs oder Bewertungsportalen 4. Verhältnis der positiven und negativen Beiträge zu dem Unternehmen

oder seinen Produkten in Foren, Blogs oder Bewertungsportalen

Handlungsempfehlungen Schritte zum Erfolg in Social Media:•Ziele definieren•geeignete Instrumente auswählen•Erfolgsparameter definieren•Erfolgsparamenter beobachten •Strategie optimieren

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5. Anzahl der Verweise auf die Unternehmenshomepage in Social-Me-dia-Instrumenten und Anzahl über die Verweise der generierten Be-sucher

Durch die Beobachtung dieser Parameter kann ein Unternehmen erkennen, welches Image und welche Bedeutung es in dem jeweiligen Social-Media-Umfeld hat. Gleichzeitig kann es Maßnahmen ergreifen, um Korrekturen an seinem Image einzuleiten oder um seine Bedeutung zu erhöhen. So kann beispielsweise ein als Unternehmensvertreter ersichtlicher Forumsteilneh-mer Stellung zu kritischen Beiträgen beziehen.

Sollte sich herausstellen, dass der Social-Media-Einsatz keine erwünsch-te Entwicklung der Parameter bewirkt, muss die jeweilige Social-Media- Strategie hinterfragt und möglicherweise optimiert werden.

FazitDie Digital Natives sind anspruchsvoll. Wer mit ihnen auf Augenhöhe kommuni zie ren will, muss ihre Spielregeln akzeptieren und sein eigenes Verhalten regelmä ßig kritisch hinterfragen. Wesentlich für den Erfolg der Social-Media- Aktivitäten sind daher die klare Definition der angestreb-ten Ziele und der Einsatz von adä qua ten Kennzahlen, um die Zielerrei-chung messen zu können. Zusätzlich sind Ausdauer und Geduld erfor-derlich, denn der Aufbau von stabilen und glaubwür digen Beziehungen zu Social-Media-Nutzern erfordert Zeit, worauf Murdough abschließend in seinem Beitrag hinweist. Erfolgreiche Unternehmensakteure im Soci-al-Media-Bereich werden jedoch mit treuen Kunden oder positiv ge-stimmten Interessenten belohnt, die langfristig den Unternehmenserfolg sichern.

QuellenPrensky, M.: Digital Natives, Digital Immigrants. In: On the Horizon, 9. Jg. (2001), Heft 5, S. 1 – 6.

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„Glaubwürdigkeit ist der höchste Wert, der in einem Social-Media-Umfeld erlangt werden kann.“

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