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Im Fokus: Der neue Standard zur Umsatzrealisierung September 2014

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Inhalt

Überblick 4

1 Zeitpunkt des Inkrafttretens und Übergangsvorschriften 7

1.1 Zeitpunkt des Inkrafttretens 7

1.2 Übergangsregelung 8

1.3 Überlegungen zur Erstanwendung 14

2 Anwendungsbereich 17

2.1 Definition eines Kunden 18

2.2 Kooperationsvereinbarungen 19

2.3 Zusammenwirken mit anderen Standards 20

3IdentifizierungdesVertragsmitdemKunden 23

3.1 Merkmale eines Vertrags 24

3.2 Zusammenfassung von Verträgen 28

3.3 Vertragsmodifikationen 29

3.4 Vereinbarungen, die nicht der Definition eines Vertrags gemäß dem Standard entsprechen 38

4IdentifizierungderLeistungsverpflichtungendesVertrags 41

4.1 Identifizierung der vertraglich zugesagten Güter und Dienstleistungen 41

4.2 Separate Leistungsverpflichtungen 46

4.3 Nicht einzeln abgrenzbare Güter und Dienstleistungen 52

4.4 Überlegungen zur Konstellation Auftraggeber (principal) oder Vermittler (agent) 52

4.5 Lieferungen auf Kommission 58

4.6 Optionen des Kunden zum Erwerb zusätzlicher Güter oder Dienstleistungen 58

4.7 Verkauf von Produkten mit Rückgaberecht 61

5BestimmungdesTransaktionspreises 63

5.1 Variable Gegenleistung 64

5.2 Bilanzierung bestimmter Arten variabler Gegenleistungen 75

5.3 Wesentliche Finanzierungskomponenten 78

5.4 Nicht zahlungswirksame Gegenleistungen 83

5.5 An einen Kunden gezahlte oder zu zahlende Gegenleistungen 85

5.6 Nicht rückerstattungsfähige Anfangszahlungen 89

6AllokationdesTransaktionspreisesaufdieLeistungsverpflichtungen 91

6.1 Schätzung der Einzelveräußerungspreise 91

6.2 Anwendung der Methode des relativen Einzelveräußerungspreises 101

6.3 Allokation von variablen Gegenleistungen 102

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6.4 Allokation von Preisnachlässen 105

6.5 Änderungen des Transaktionspreises nach Vertragsbeginn 110

6.6 Allokation des Transaktionspreises auf Komponenten, die nicht in den

Anwendungsbereich von IFRS 15 fallen 110

7ErfüllungderLeistungsverpflichtungen 113

7.1 Leistungsverpflichtungen, die über einen bestimmten Zeitraum erfüllt werden 113

7.2 Übertragung der Verfügungsgewalt zu einem bestimmten Zeitpunkt 127

7.3 Rückkaufvereinbarungen 131

7.4 Bill-and-hold-Vereinbarungen 135

7.5 Abnahme durch den Kunden 138

7.6 Lizenzen und Nutzungsrechte 139

7.7 Umsatzerfassung, wenn ein Rückgaberecht besteht 139

7.8 Nichtinanspruchnahme von Guthaben (breakage) und Vorauszahlungen

für künftige Güter oder Dienstleistungen 140

7.9 Belastende Verträge (onerous contracts) 141

8SonstigeAnsatz-undBewertungsfragen 143

8.1 Garantien und Gewährleistungen 143

8.2 Belastende Verträge (onerous contracts) 148

8.3 Vertragskosten (contract costs) 149

8.4 Lizenzen für geistiges Eigentum 154

9DarstellungundAngaben 165

9.1 Darstellung von vertraglichen Vermögenswerten und vertraglichen Verbindlichkeiten

sowie von Umsatzerlösen 165

9.2 Zielsetzung und allgemeine Vorschriften 166

9.3 Spezifische Angabevorschriften 167

10Implementierungsüberlegungen 181

10.1 Mehr als nur die Änderung einer Rechnungslegungsmethode 181

10.2 Umsetzung von Änderungen der Rechnungslegungsmethoden 183

10.3 Analysephase 183

10.4 Die weiteren Phasen des Implementierungsprozesses 189

10.5 Kommunikation mit den wichtigsten Stakeholdern 189

Anhang 190

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Während die Implementierung des Standards bei einigen Unter-nehmen mit überschaubarem Aufwand verbunden sein dürfte, könnte seine Umsetzung anderen Unternehmen erhebliche Pro-bleme bereiten. Eine frühzeitige Auseinandersetzung mit den potenziellen Auswirkungen der erstmaligen Anwendung von IFRS 15 ist unabdingbar.

Die beiden Boards haben jeweils einen eigenen Standard veröf-fentlicht. In dieser Publikation wird aus Gründen der Einfachheit jedoch (soweit nicht ausdrücklich anders beschrieben) lediglich auf IFRS 15 Bezug genommen. Die Standards, die Bestandteil der entsprechenden Regelwerke der Boards (IFRS bzw. US-GAAP) sind, stimmen inhaltlich ganz überwiegend überein. Abweichungen gibt es lediglich bei den nachfolgend aufgeführten Regelungen:

• Nach dem Einvernehmen der Boards beschreibt der Begriff „wahrscheinlich“ (probable) das Vertrauensniveau, auf des-sen Grundlage die Einbringlichkeit von Umsatzerlösen beur-teilt und Verträge mit Kunden identifiziert werden. Das IASB setzt diesen Schwellenwert niedriger an als das FASB (siehe hierzu auch Abschnitt 3.1.5).

• Das FASB verlangt in Zwischenabschlüssen umfangreichere Angaben als das IASB.

• Das IASB erlaubt eine vorzeitige Anwendung des Standards.

• Das IASB gestattet grundsätzlich Wertaufholungen, das FASB hingegen nicht.

• Das FASB sieht Ausnahmeregelungen für nicht börsennotierte Unternehmen (gemäß der Definition in der US-GAAP-Version des Standards) im Zusammenhang mit spezifischen Angabe-vorschriften, dem Zeitpunkt des Inkrafttretens sowie den Über- gangsvorschriften vor.

Der Standard regelt die von den berichtenden Unternehmen zu beachtenden Grundsätze für die Bewertung und Erfassung von Umsatzerlösen und der zugehörigen Cashflows. Umsatzerlöse sollen grundsätzlich in Höhe der Gegenleistung erfasst werden, mit der das Unternehmen im Gegenzug für die Übertragung von Gütern oder Dienstleistungen auf einen Kunden erwartungs-gemäß rechnen kann (Kernprinzip).

Überblick

Das International Accounting Standards Board (IASB) und das US Financial Accounting Standards Board (FASB) (zusam-men „die Boards“) haben gemeinsam den neuen Standard zur Umsatz realisierung, IFRS 15 Revenue from Contracts with Customers, veröffentlicht, der die bestehenden Vorschriften zur Erfassung von Umsatzerlösen nach IFRS und nach US-GAAP vollständig ersetzen wird.

Angesichts verschiedener Kritikpunkte im Hinblick auf die bestehen-den Vorschriften zur Umsatzrealisierung sowohl nach US-GAAP als auch nach IFRS haben die Boards beschlossen, einen gemeinsamen Standard zur Umsatzrealisierung zu entwickeln, der

• die bestehenden Inkonsistenzen und Schwachstellen in den derzeitigen Regelungen zur Umsatzrealisierung beseitigt,

• ein solides Rahmenkonzept für sämtliche Teilaspekte der Ertragserfassung bietet,

• die Vergleichbarkeit der Bilanzierung von Umsatzerlösen über Branchengrenzen hinweg und zwischen Unternehmen inner-halb eines Wirtschaftszweigs sowie zwischen verschiedenen Ländern und Kapitalmärkten verbessert,

• durch Verringerung des Umfangs der relevanten Standards und Interpretationen die Anwendung der Vorschriften zur Umsatzrealisierung vereinfacht und

• durch erweiterte Angabepflichten Abschlussanwendern nütz-lichere Informationen für ihre Entscheidung zur Verfügung stellt.1

IFRS 15 bestimmt die Bilanzierung für alle Umsatzerlöse aus Verträgen mit Kunden. Der Standard ist für alle Unternehmen anzuwenden, die Verträge über die Lieferung von Gütern oder die Erbringung von Dienstleistungen an Kunden abschließen (es sei denn, die Verträge fallen in den Anwendungsbereich anderer Standards, z. B. IAS 17 Leasingverhältnisse). IFRS 15 enthält auch ein Modell für die Bewertung und die Erfassung von Gewin-nen und Verlusten aus dem Verkauf bestimmter nichtfinanzieller Vermögenswerte wie beispielsweise Sachanlagen.

Infolgedessen wird sich IFRS 15 mit hoher Wahrscheinlichkeit auf die Abschlüsse, die Geschäftsprozesse und die rechnungs-legungsbezogenen internen Kontrollen von Unternehmen auswirken.

1 Siehe IFRS 15.IN5.

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Aus den in IFRS 15 normierten Grundsätzen leiten sich die folgenden fünf Schritte ab:

1. Identifizierung des Vertrags (ggf. der Verträge) mit einem Kunden

2. Identifizierung der separaten Leistungsverpflichtungen innerhalb des Vertrags (ggf. der Verträge)

3. Bestimmung des Transaktionspreises4. Allokation des Transaktionspreises auf die vertraglich

vereinbarten separaten Leistungsverpflichtungen5. Ertragsrealisierung bei Erfüllung einzelner

Leistungsverpflichtungen

Das Unternehmen hat im Rahmen der Würdigung der vertrag-lichen Bestimmungen sowie aller Fakten und Umstände (ein-schließlich impliziter Vertragsbedingungen) Ermessensentschei-dungen vorzunehmen. Daneben hat das Unternehmen den Standard auf ähnlich ausgestaltete Verträge und in vergleichba-ren Umständen einheitlich anzuwenden (sog. sachliche Stetig-keit). Auf Anregung der interessierten Öffentlichkeit haben die Boards in den endgültigen Standard weitere Anwendungsbei-spiele zu den im Exposure Draft vom November 2011 enthalte-nen Beispielen aufgenommen. Eine vollumfassende Auflistung dieser Anwendungsbeispiele findet sich in Anhang B zu dieser Publikation.

IFRS 15 ist entweder vollumfänglich rückwirkend auf alle im Erstanwendungszeitraum dargestellten Berichtsperioden (wobei der Standard in begrenztem Umfang eine Befreiung von diesem Ansatz vorsieht) oder gemäß einem modifizierten retrospektiven Ansatz anzuwenden. IFRS-Abschlussersteller haben IFRS 15 erstmalig auf Berichtsperioden anzuwenden, die am oder nach dem 1. Januar 2017 beginnen. US-GAAP-Anwender müssen den Standard auf Berichtsperioden anwenden, die am oder nach dem 15. Dezember 2016 beginnen. IFRS-Bilanzierern ist eine vorzeitige Anwendung gestattet, während dies für nichtbörsen-notierte Unternehmen gemäß der Definition in der US-GAAP-Version des Standards für jegliche in Übereinstimmung mit den US-GAAP erstellte Abschlüsse untersagt ist.

In dieser Publikation erläutern wir ausgewählte zentrale Aspekte von IFRS 15. Wir beabsichtigen in Ergänzung dazu, Branchen-specials zu veröffentlichen, die sich ausführlicher mit den wesent-lichen Änderungen der gegenwärtigen Bilanzierungspraxis in einzelnen, von den Neuregelungen besonders betroffenen Branchen befassen.

Wichtige Fakten im Überblick

• IFRS 15 enthält einheitliche und insoweit branchenübergrei-fende Vorschriften zur Umsatzrealisierung für sämtliche Unternehmen. Der neue Standard zur Umsatzrealisierung un-terscheidet sich wesentlich von den derzeit geltenden IFRS.

• Der neue Standard gilt für die Erfassung von Umsatzerlösen aus Verträgen mit Kunden und ersetzt alle gegenwärtigen Standards und Interpretationen zur Umsatzrealisierung im IFRS-Normensystem, einschließlich IAS 11 Fertigungsaufträge, IAS 18 Umsatzerlöse, IFRIC 13 Kundenbindungsprogramme, IFRIC 15 Verträge über die Errichtung von Immo bilien, IFRIC 18 Übertragung von Vermögenswerten durch einen Kunden und SIC-31 Umsatzerlöse — Tausch von Werbedienstleistungen.

• IFRS 15 ist grundsatzbasiert und steht grundsätzlich in Ein-klang mit den derzeit geltenden Vorschriften zur Umsatzreali-sierung, enthält aber im direkten Vergleich umfangreichere Anwendungsleitlinien. Dennoch wird vor dem Hintergrund von unspezifischen Vorgaben seine Anwendung auch künftig ein hohes Maß an Ermessensentscheidungen erfordern.

• Für einige Unternehmen dürfte sich die Anwendung von IFRS 15 nicht nennenswert auswirken. Für andere hingegen, d. h. insbesondere jene, für die die derzeitigen IFRS nur in beschränktem Umfang Anwendungsleitlinien bereithalten, kann sie dagegen erhebliche Veränderungen mit sich bringen.

• IFRS 15 bestimmt darüber hinaus die Bilanzierung für bestimmte Posten, die regelmäßig nicht als Umsatzerlöse qualifizieren, z. B. Kosten, die mit der Anbahnung und Erfüllung eines Vertrags und dem Verkauf bestimmter nicht-finan zieller Vermögenswerte in Zusammenhang stehen.

Wir empfehlen Abschlusserstellern und -adressaten gleicher-maßen, die vorliegende Publikation und die Branchenspecials gründlich zu lesen, um darauf aufbauend die potenziellen Auswirkungen des neuen Standards im jeweils interessierenden Einzelfall vollumfassend identifizieren zu können.

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IFRS 15 ist erstmalig auf Berichtsperioden anzuwenden, die am oder nach dem 1. Januar 2017 beginnen. Die vorzeitige Anwen-dung des Standards ist gestattet, und zwar sowohl für Unterneh-men, die die IFRS erstmalig anwenden, als auch für Unterneh-men, die bereits nach IFRS bilanzieren. IFRS-Altanwender müssen diese Tatsache allerdings in ihrem Abschluss angeben. Unter-nehmen, die in den Anwendungsbereich der IAS-Verordnung der Europäischen Union fallen, können IFRS 15 jedoch nur dann vor-zeitig anwenden, wenn dieser im Rahmen des Endorsement-Pro-zesses in europäisches Recht übernommen wurde. Gemäß dem Endorsement Status der European Financial Reporting Advisory Group (EFRAG) vom 12. August 2014 wird derzeit mit einem Endorsement von IFRS 15 im zweiten Quartal 2015 gerechnet.

Für börsennotierte Unternehmen, die nach US-GAAP bilanzieren, tritt IFRS 15 am 15. Dezember 2016 in Kraft. Dies entspricht im Wesentlichen dem für IFRS-Anwender festgelegten Zeitpunkt. Im Gegensatz zu IFRS-Anwendern dürfen nach US-GAAP bilanzie-rende börsennotierte Unternehmen den Standard jedoch nicht vorzeitig anwenden.2

Die folgende Tabelle veranschaulicht den Zeitpunkt der Erstan-wendung der neuen Vorschriften für IFRS-Anwender mit unter-schiedlichen Abschlussstichtagen unter der Annahme, dass Unternehmen zwei Berichte pro Jahr (d. h. einen Halbjahres-abschluss und einen Abschluss für eine vollständige Jahres-periode) veröffentlichen.

1Zeitpunkt des Inkrafttretens und Übergangsvorschriften

2 Nicht börsennotierte US-Gesellschaften müssen IFRS 15 auf Berichtsperioden anwenden, die nach dem 15. Dezember 2017 beginnen. Eine frühere Anwendung ist zulässig, beschränkt sich jedoch auf Berichtsperioden, die nach dem 15. Dezember 2016 beginnen.

1.1 Zeitpunkt des Inkrafttretens

Abschlussstichtag VerbindlicherAnwendungszeitpunkt VorzeitigeAnwendung

31. Dezember Zeitpunkt des Inkrafttretens: 1. Januar 2017; erstmalige Erstellung eines Zwischen-abschlusses zum 30. Juni 2017 sowie eines Jahresabschlusses zum 31. Dezember 2017

Mögliche Anwendungszeitpunkte:• Zeitpunkt der Erstanwendung: 1. Januar 2015;

erstmalige Erstellung eines Zwischenabschlusses zum 30. Juni 2015

• Zeitpunkt der Erstanwendung: 1. Januar 2016; erstmalige Erstellung eines Zwischenabschlusses zum 30. Juni 2016

30. Juni Zeitpunkt des Inkrafttretens: 1. Juli 2017; erstmalige Erstellung eines Zwischen-abschlusses zum 31. Dezember 2017 sowie eines Jahresabschlusses zum 30. Juni 2018

Mögliche Anwendungszeitpunkte:• Zeitpunkt der Erstanwendung: 1. Juli 2014;

erstmalige Erstellung eines Zwischenabschlusses zum 31. Dezember 2014 sowie eines Jahresabschlusses zum 30. Juni 2015

• Zeitpunkt der Erstanwendung: 1. Juli 2015; erstmalige Erstellung eines Zwischenabschlusses zum 31. Dezember 2015 sowie eines Jahresabschlusses zum 30. Juni 2016

• Zeitpunkt der Erstanwendung: 1. Juli 2016; erstmalige Erstellung eines Zwischenabschlusses zum 31. Dezember 2016 sowie eines Jahresabschlusses zum 30. Juni 2017

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Übereinstimmung mit IAS 11 Fertigungsaufträge, IAS 18 Umsatzerlöse und den dazugehörigen Interpretationen identi-fiziert worden sind. Infolgedessen sind Unternehmen nicht verpflichtet, IFRS 15 auf Vereinbarungen anzuwenden, sofern sie diese vor dem Zeitpunkt der erstmaligen Anwendung erfüllt haben, auch wenn sie die Gegenleistung noch nicht erhalten haben und die Höhe dieser Gegenleistung sich noch ändern könnte.

1.2.1VollständigerückwirkendeAnwendungUnternehmen, die den vollständigen retrospektiven Ansatz wählen, müssen die Vorschriften von IFRS 15 in Übereinstimmung mit IAS 8 Rechnungslegungsmethoden, Änderungen von rech­nungslegungsbezogenen Schätzungen und Fehler auf jede im Abschluss dargestellte Berichtsperiode anwenden. Dabei kön-nen die nachstehend beschriebenen Ausnahmeregelungen in Anspruch genommen werden, die entwickelt wurden, um Unter-nehmen die Bilanzierung zu erleichtern.

AuszugausIAS8

AnwendungvonÄnderungenderRechnungslegungsmethoden

19. Gemäß Paragraph 23

(a) hat ein Unternehmen eine Änderung der Rechnungslegungsmethoden aus der erstmaligen Anwendung eines IFRS nach den ggf. bestehenden spezifischen Übergangsvorschriften für den IFRS zu bilanzieren; und

(b) sofern ein Unternehmen eine Rechnungslegungsmethode nach erstmaliger Anwendung eines IFRS ändert, der keine spezifischen Übergangsvorschriften zur entsprechenden Änderung enthält, oder aber die Rechnungs legungsmethoden freiwillig ändert, so hat es die Änderung rückwirkend anzuwenden.

20. Im Sinne dieses Standards handelt es sich bei einer früheren Anwendung eines IFRS nicht um eine freiwillige Änderung der Rechnungslegungsmethoden.

21. Bei Fehlen eines IFRS, der spezifisch auf eine oder sonstige Ereignisse oder Bedingungen zutrifft, kann das Management nach Paragraph 12 eine Rechnungslegungsmethode nach den jüngsten Verlautbarungen anderer Standardsetter anwenden, die ein ähnliches konzeptionelles Rahmenkonzept zur Entwicklung von Rechnungslegungsmethoden einsetzen. Falls das Unternehmen sich nach einer Änderung einer derartigen Verlautbarung dafür entscheidet, eine Rechnungslegungsmethode zu ändern, so ist diese Änderung entsprechend zu berücksichtigen und als freiwillige Änderung der Rechnungslegungsmethode auszuweisen.

1.2 Übergangsregelung

IFRS 15 ist rückwirkend anzuwenden („retrospektive Anwen-dung“). Die Boards gestatten entweder einen „vollständigen retrospektiven“ Ansatz, bei dem der Standard auf alle dargestell-ten Perioden anzuwenden ist, oder einen „modifizierten retro-spektiven“ Ansatz.

Die Boards präzisieren folgende Begriffe:3

• Zeitpunkt der erstmaligen Anwendung – der Beginn der Berichts-periode, in der ein Unternehmen IFRS 15 zum ersten Mal anwendet. Beispiel: Im Falle eines Unternehmens, dessen Geschäftsjahr am 30. Juni endet, ist der verbindliche Zeitpunkt der erstmaligen Anwendung der 1. Juli 2017.

• Erfüllter Vertrag – ein Vertrag, in Bezug auf den das Unter-nehmen alle Güter und Dienstleistungen übertragen hat, die in

Zeitpunkt des Inkrafttretens und Übergangsvorschriften 1

3 Siehe IFRS 15.C2.

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AuszugausIAS8Fortsetzung

Rückwirkende Anwendung

22. Wenn gemäß Paragraph 23 eine Rechnungslegungsmethode in Übereinstimmung mit Paragraph 19(a) oder (b) rückwirkend geändert wird, hat das Unternehmen den Eröffnungsbilanzwert eines jeden Bestandteils des Eigenkapitals für die früheste dargestellte Periode sowie die sonstigen vergleichenden Beträge für jede frühere dargestellte Periode so anzupassen, als ob die neue Rech-nungslegungsmethode stets angewandt worden wäre.

EinschränkungenimHinblickaufrückwirkendeAnwendung

23. Ist eine rückwirkende Anwendung nach Paragraph 19(a) oder (b) erforderlich, so ist eine Änderung der Rechnungslegungs-methode rückwirkend anzuwenden, es sei denn, dass die Ermittlung der periodenspezifischen Effekte oder der kumulierten Auswirkung der Änderung undurchführbar ist.

24. Wenn die Ermittlung der periodenspezifischen Effekte einer Änderung der Rechnungslegungsmethode bei vergleichbaren Informationen für eine oder mehrere ausgewiesene Perioden undurchführbar ist, so hat das Unternehmen die neue Rechnungslegungs-methode auf die Buchwerte der Vermögenswerte und Schulden zum Zeitpunkt der frühesten Periode, für die die rückwirkende Anwendung durchführbar ist — dies kann auch die Berichtsperiode sein — anzuwenden und die Eröffnungsbilanzwerte eines jeden betroffenen Eigenkapitalbestandteils für die entsprechende Periode entsprechend zu berichtigen.

25. Wenn die Ermittlung des kumulierten Effekts der Anwendung einer neuen Rechnungslegungsmethode auf alle früheren Perioden am Anfang der Berichtsperiode undurchführbar ist, so hat das Unternehmen die vergleichbaren Informationen dahingehend anzu-passen, dass die neue Rechnungslegungsmethode prospektiv vom frühest möglichen Zeitpunkt an angewandt wird.

26. Wenn ein Unternehmen eine neue Rechnungslegungsmethode rückwirkend anwendet, so hat es die neue Rechnungslegungs-methode auf vergleichbare Informationen für frühere Perioden, so weit zurück, wie dies durchführbar ist, anzuwenden. Die rück-wirkende Anwendung auf eine frühere Periode ist nur durchführbar, wenn die kumulierte Auswirkung auf die Beträge in sowohl der Eröffnungs- als auch der Abschlussbilanz für die entsprechende Periode ermittelt werden kann. Der Korrekturbetrag für frühere Perioden, die nicht im Abschluss dargestellt sind, wird im Eröffnungsbilanzwert jedes betroffenen Eigenkapitalbestandteils der frühesten dargestellten Periode verrechnet. Normalerweise werden die Gewinnrücklagen angepasst. Allerdings kann auch jeder andere Eigenkapitalbestandteil (beispielsweise, um einem IFRS zu entsprechen) angepasst werden. Jede andere Information, die sich auf frühere Perioden bezieht, beispielsweise Zeitreihen von Finanzkennzahlen, wird ebenfalls so weit zurück, wie dies durch-führbar ist, rückwirkend angepasst.

27. Ist die rückwirkende Anwendung einer neuen Rechnungslegungsmethode für ein Unternehmen undurchführbar, weil es die kumulierte Auswirkung der Anwendung auf alle früheren Perioden nicht ermitteln kann, so hat das Unternehmen die neue Rechnungs-legungsmethode in Übereinstimmung mit Paragraph 25 prospektiv ab Beginn der frühest möglichen Periode anzuwenden. Daher lässt das Unternehmen den Anteil der kumulierten Berichtigung der Vermögenswerte, Schulden und Eigenkapital vor dem entsprechen-den Zeitpunkt außer Acht. Die Änderung einer Rechnungslegungsmethode ist selbst dann zulässig, wenn die prospektive Anwen-dung der entsprechenden Methode für keine frühere Periode durchführbar ist. Die Paragraphen 50–53 enthalten Leitlinien dafür, wann die Anwendung einer neuen Rechnungslegungsmethode auf eine oder mehrere frühere Perioden undurchführbar ist.

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bietet zudem Abschlussadressaten entscheidungsnützliche Infor-mationen für sämtliche dargestellten Berichtsperioden.

Um potenzielle Schwierigkeiten bei der vollständigen rückwirken-den Anwendung zu verringern, haben die Boards die folgende Ausnahmeregelung vereinbart:

AuszugausIFRS15

C3. Dieser Standard ist mittels einer der beiden folgenden Methoden anzuwenden:

(a) rückwirkende Anwendung auf jede in Übereinstimmung mit IAS 8 Rechnungslegungsmethoden, Änderungen von rechnungs­legungsbezogenen Schätzungen und Fehler dargestellte frühere Berichtsperiode, vorbehaltlich der in Paragraph C5 genannten Ausnahmeregelungen; oder

(b) rückwirkende Anwendung mit einer Erfassung der kumulierten Anpassungsbeträge aus der erstmaligen Anwendung von IFRS 15 zum Zeitpunkt der Erstanwendung gemäß den Paragraphen C7–C8.

C5. Ein Unternehmen kann bei rückwirkender Anwendung dieses Standards gemäß Paragraph C3(a) eine oder mehrere der folgenden Ausnahmeregelungen in Anspruch nehmen:

(a) bei erfüllten Verträgen muss das Unternehmen Verträge, die innerhalb desselben jährlichen Berichtszeitraums beginnen und enden, nicht neu beurteilen;

(b) bei erfüllten Verträgen, die eine variable Gegenleistung beinhalten, kann das Unternehmen den Transaktionspreis zum Zeitpunkt der Vertragserfüllung ansetzen und muss nicht die Beträge der variablen Gegenleistung in den Vergleichszeiträumen schätzen; und

(c) das Unternehmen ist nicht verpflichtet, für alle vor dem Zeitpunkt der erstmaligen Anwendung dargestellten Berichtszeiträume den Betrag des Transaktionspreises, der den verbleibenden Leistungsverpflichtungen zugeordnet wurde, offenzulegen oder eine Erklärung abzugeben, wann das Unternehmen mit der Erfassung dieses Betrags als Umsatzerlös rechnet (siehe Paragraph 120).

C6. Nimmt ein Unternehmen eine der in Paragraph C5 aufgeführten Ausnahmeregelungen in Anspruch, so hat es diese in allen dar-gestellten Berichtsperioden einheitlich auf alle Verträge anzuwenden. Darüber hinaus hat das Unternehmen folgende Angaben zu machen:

(a) die in Anspruch genommenen Ausnahmeregelungen; und

(b) eine qualitative Beurteilung der erwarteten Auswirkungen, die sich aus der Inanspruchnahme der einzelnen Ausnahmeregelungen ergeben, soweit dies nach vernünftigem Ermessen möglich ist.

Unternehmen haben IFRS 15 demzufolge so anzuwenden, als ob der Standard seit Beginn aller im Abschluss dargestellten Ver-träge mit Kunden angewendet worden wäre. Während ihrer Bera-tungen schienen die Boards den vollständigen retrospektiven Ansatz zu bevorzugen, wonach sämtliche Verträge mit Kunden in allen im Abschluss dargestellten Perioden nach IFRS 15 zu erfassen und zu bewerten sind, unabhängig davon, zu welchem Zeitpunkt die Verträge abgeschlossen wurden. Dieser Ansatz

Zeitpunkt des Inkrafttretens und Übergangsvorschriften 1

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anzuwenden, müssen zusätzliche qualitative Angaben machen (z. B. welche Arten von Ausnahmeregelungen das Unternehmen angewendet hat und welche Auswirkungen sich voraussichtlich daraus ergeben werden). Ein Unternehmen, das den Standard rückwirkend anwendet, hat zudem die folgenden, gemäß IAS 8 geforderten Angaben offenzulegen:

AuszugausIAS8

Angaben

28. Wenn die erstmalige Anwendung eines IFRS Auswirkungen auf die Berichtsperiode oder irgendeine frühere Periode hat oder derartige Auswirkungen haben könnte, es sei denn, die Ermittlung des Korrekturbetrags wäre undurchführbar, oder wenn die Anwendung eventuell Auswirkungen auf künftige Perioden hätte, hat das Unternehmen Folgendes anzugeben:

(a) den Titel des IFRS;

(b) falls zutreffend, dass die Rechnungslegungsmethode in Übereinstimmung mit den Übergangsvorschriften geändert wird;

(c) die Art der Änderung der Rechnungslegungsmethoden;

(d) falls zutreffend, eine Beschreibung der Übergangsvorschriften;

(e) falls zutreffend, die Übergangsvorschriften, die eventuell eine Auswirkung auf zukünftige Perioden haben könnten;

(f) den Korrekturbetrag für die Berichtsperiode sowie, soweit durchführbar, für jede frühere dargestellte Periode: (i) für jeden einzelnen betroffenen Posten des Abschlusses; und (ii) sofern IAS 33 Ergebnis je Aktie auf das Unternehmen anwendbar ist, für das unverwässerte und das verwässerte Ergebnis

je Aktie;

(g) den Korrekturbetrag, sofern durchführbar, im Hinblick auf Perioden vor denjenigen, die ausgewiesen werden; und

(h) sofern eine rückwirkende Anwendung nach Paragraph 19(a) oder (b) für eine bestimmte frühere Periode, oder aber für Perioden, die vor den ausgewiesenen Perioden liegen, undurchführbar ist, so sind die Umstände darzustellen, die zu jenem Zustand geführt haben, unter Angabe wie und ab wann die Änderung der Rechnungslegungsmethode angewandt wurde.

In den Abschlüssen späterer Perioden müssen diese Angaben nicht wiederholt werden.

Unternehmen haben die Wahl, ob sie von diesen Ausnahmerege-lungen keinen, teilweisen oder vollständigen Gebrauch machen. Beschließt ein Unternehmen jedoch, eine dieser Regelungen in Anspruch zu nehmen, muss es diese in allen dargestellten Perio-den einheitlich auf alle Verträge anwenden. Es wäre nicht sach-gerecht, die gewählte Ausnahmeregelung nur auf einige und nicht auf alle dargestellten Perioden anzuwenden. Unternehmen, die sich dafür entscheiden, einige oder alle Ausnahmeregelungen

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• zum Zeitpunkt des Inkrafttretens von IFRS 15 für bestehende Verträge, die in der Periode der erstmaligen Anwendung des Standards noch vom Unternehmen zu erfüllen sind, eine kumu-lierte Anpassung im Eröffnungsbilanzwert der Gewinnrück-lagen zu erfassen, den aus der Anwendung von IFRS 15 resul-tierenden Anpassungsbetrag für jeden einzelnen betroffenen Abschlussposten anzugeben und die wesentlichen Änderungen zu erläutern.

Unsere Sichtweise Abhängig von den Rechnungslegungsmethoden, die ein Unter-nehmen vorher angewendet hat, kann sich die Anwendung des modifizierten retrospektiven Ansatzes schwieriger erwei-sen als erwartet. Exemplarisch seien u. a. folgende Situatio-nen aufgeführt:

• Die gemäß IFRS 15 identifizierten separaten Leistungsver-pflichtungen unterscheiden sich von den gemäß den gegen-wärtigen Vorschriften identifizierten Komponenten/Teil-leistungen.

•Die nach IFRS 15 vorgeschriebene Allokation des relativen Einzelveräußerungspreises führt dazu, dass sich die Höhe der den separaten Leistungsverpflichtungen zugeordneten Gegenleistung von den bisherigen Beträgen unterscheidet.

• Die Vereinbarung sieht eine variable Gegenleistung vor, und der Betrag der variablen Gegenleistung, der in die zu ver-teilende Gegenleistung einbezogen werden kann, unterschei-det sich von dem nach den neuen Vorschriften zu ermitteln-den Betrag.

Darüber hinaus muss ein Unternehmen nach dem modifizier-ten retrospektiven Ansatz im Jahr der Erstanwendung de facto zwei Buchführungssysteme unterhalten, um die Offen-legungsverpflichtung zu erfüllen, wonach im Anhang die im Jahr der Erstanwendung resultierenden Auswirkungen auf sämtliche Abschlussposten darzustellen sind, die sich im direkten Vergleich zu den gegenwärtigen Regelungen erge-ben haben.

Das IASB hat für diese grundsätzlich offenlegungspflichtigen Angaben im Falle der vollständig retrospektiven Anwendung zusätzliche Ausnahmeregelungen eingeführt. Danach kann das Unternehmen die gemäß IAS 8.28(f) geforderten quantitativen Informationen für andere Berichtsperioden als die Periode, die der Erstanwendung von IFRS 15 unmittelbar vorangeht (die „unmittelbar vorangehende Periode“), angeben, ist aber nicht dazu verpflichtet. 1.2.2ModifizierterückwirkendeAnwendungUnternehmen, die sich für die Anwendung des modifizierten retrospektiven Ansatzes entscheiden, müssen den Standard ledig-lich auf die jüngste im Abschluss dargestellte Berichtsperiode (d. h. die Periode, in welcher der Standard zum ersten Mal ange-wendet wird) rückwirkend anwenden. Dazu muss das Unterneh-men den kumulierten Effekt der erstmaligen Anwendung von IFRS 15 zum Zeitpunkt der Erstanwendung als Anpassung des Eröffnungsbilanzwerts der Gewinnrücklagen (oder anderer angemessener Eigenkapitalbestandteile) erfassen.

Bei diesem Ansatz wird IFRS 15 auf Verträge angewendet, die zum Zeitpunkt der erstmaligen Anwendung (z. B. 1. Januar 2017 für Unternehmen, deren Geschäftsjahr am 31. Dezember endet) noch nicht erfüllt sind. Das bedeutet, dass Verträge, die vor dem Zeitpunkt der erstmaligen Anwendung noch nicht erfüllt waren, so zu bewerten sind, als ob das Unternehmen IFRS 15 schon immer auf diese Verträge angewendet hätte. Gemäß diesem Ansatz hat ein Unternehmen

• Vergleichsperioden in Übereinstimmung mit früheren Standards zur Erfassung von Umsatzerlösen (z. B. IAS 11, IAS 18 etc.) darzustellen,

• IFRS 15 ab dem Zeitpunkt des Inkrafttretens auf neue und bestehende Verträge anzuwenden und

Zeitpunkt des Inkrafttretens und Übergangsvorschriften 1

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Das folgende Beispiel zeigt die potenziellen Auswirkungen des modifizierten retrospektiven Ansatzes:

Beispiel1-1KumulierterEffektderErstanwendungnachdemmodifiziertenretrospektivenAnsatz

Ein Softwareanbieter, dessen Geschäftsjahr am 31. Dezember endet, wendet IFRS 15 ab dem 1. Januar 2017 an. Er entscheidet sich für den modifizierten retrospektiven Ansatz.

Der Anbieter schließt regelmäßig Verträge über die Bereitstellung einer Softwarelizenz und die Erbringung von professionellen Dienstleistungen sowie von Supportleistungen nach der Lieferung an den Kunden. Bislang bilanzierte er diese Vereinbarungen nach IAS 18 unter Berücksichtigung von IAS 18.IE19. Infolgedessen wurden bisher die Umsatzerlöse für die Entwicklung der Software unter Bezugnahme auf den Fertigstellungsgrad erfasst. Dies beinhaltete auch die Erbringung der Supportleistungen nach der Liefe-rung an den Kunden. Faktisch behandelte der Softwareanbieter die Entwicklung der Software und die Supportleistungen als eine einzige Komponente.

Bei Anwendung von IFRS 15 kann der Softwareanbieter zu einer abweichenden Schlussfolgerung hinsichtlich der Anzahl der Leistungs-verpflichtungen gelangen als zuvor bei Anwendung von IAS 18, da IFRS 15 detailliertere Vorschriften für die Feststellung enthält, ob es sich bei den zugesagten Gütern und Dienstleistungen um separate Leistungsverpflichtungen handelt (siehe hierzu auch die weitergehenden Erläuterungen in Abschnitt 4.2).

Die Analyse laufender Verträge zum 1. Januar 2017 kann somit zur Folge haben, dass der Softwareanbieter andere als die bislang von ihm für die Zwecke der Umsatzrealisierung zugrunde gelegten separaten Leistungsverpflichtungen identifiziert. Im Rahmen dieser Analyse hat das Unternehmen den geschätzten Transaktionspreis auf der Grundlage der Methode des relativen Einzelver-äußerungspreises auf die neu identifizierten separaten Leistungsverpflichtungen zu verteilen (siehe hierzu auch Abschnitt 6.2).

Der Softwareanbieter hat die für jede Vereinbarung erfassten Umsatzerlöse ab dem Vertragsbeginn bis zum 31. Dezember 2016 mit dem Betrag zu vergleichen, den er erfasst hätte, wenn er seit dem Zeitpunkt des Vertragsbeginns IFRS 15 angewandt hätte. Die Differenz zwischen diesen beiden Beträgen ist zum 1. Januar 2017 als kumulierte Anpassung im Eröffnungsbilanzwert der Gewinn-rücklagen zu erfassen. Ab dem 1. Januar 2017 hat die Erfassung von Umsatzerlösen nach IFRS 15 zu erfolgen.

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• Die Schätzung variabler Gegenleistungen für alle Verträge für frühere Perioden dürfte ein beträchtliches Maß an Ermessens-ausübung erfordern. Der Standard besagt eindeutig, dass aktu-elle Kenntnisse nicht für laufende Verträge herangezogen werden dürfen, sofern der vollständige retrospektive Ansatz angewendet wird. Hingegen gibt es keinen Hinweis darauf, ob die Verwendung aktueller Kenntnisse Unternehmen, die den modifizierten retrospektiven Ansatz anwenden, gestattet ist. Die Erläuterungen der Boards in der Grundlage für Schluss-folgerungen (Basis for Conclusions) implizieren jedoch, dass es keine diesbezügliche Ausnahmeregelung bei Anwendung des modifizierten retrospektiven Ansatzes gibt.4 Da Unterneh-men, die den modifizierten retrospektiven Ansatz anwenden, lediglich laufende Verträge anpassen werden, ist vielmehr davon auszugehen, dass die Verwendung aktueller Kenntnisse gerade nicht zulässig ist. Infolgedessen dürfen Unternehmen die Schätzung variabler Gegenleistungen ausschließlich auf der Grundlage von Informationen vornehmen, die zu Vertrags-beginn verfügbar waren. Zur Untermauerung dieser Schätzung dürften zeitnahe Dokumentationen erforderlich sein, aus denen hervorgeht, welche Informationen dem Management wann zur Verfügung standen. Zusätzlich zur Schätzung variabler Gegenleistungen unter Heranziehung des Erwartungswerts oder des wahrscheinlichsten Betrags müssen Unternehmen Schlussfolgerungen darüber treffen, ob die variablen Gegen-leistungen den Begrenzungsvorschriften unterliegen (für nähere Einzelheiten siehe Abschnitt 5.1).

• Bei Anwendung des modifizierten retrospektiven Ansatzes sind Unternehmen nicht verpflichtet, die in früheren Berichtsperio-den ausgewiesenen Beträge anzupassen. Unternehmen, die diesen Ansatz gewählt haben, müssen zum Zeitpunkt der erst-maligen Anwendung jedoch die für laufende Verträge erfass-ten Umsatzerlöse so ermitteln, als ob sie IFRS 15 schon immer angewendet hätten. Dies ist notwendig, um den kumulierten Anpassungsbetrag der Erstanwendung des neuen Standards zu bestimmen. Am schwierigsten dürfte dies bei Vereinbarun-gen sein, bei denen sich die identifizierten Komponenten/Teil-leistungen oder die zu verteilende Gegenleistung infolge der Anwendung der neuen Vorschriften ändern.

1.3 Überlegungen zur ErstanwendungUngeachtet der gewählten Übergangsregelung werden viele Unternehmen den Standard auf Vereinbarungen anwenden müs-sen, die sie in früheren Berichtsperioden abgeschlossen haben. Diese Anzahl der Verträge ist bei Anwendung des vollständigen retrospektiven Ansatzes höher. Nach dem modifizierten retro-spektiven Ansatz haben Unternehmen IFRS 15 jedoch auf alle zum Zeitpunkt der erstmaligen Anwendung laufenden Verträge anzuwenden, unabhängig davon, wann die Laufzeit dieser Ver-träge begonnen hat.

Obwohl die Boards einige Ausnahmeregelungen von der vollstän-digen retrospektiven Anwendung sowie die Möglichkeit eines modifizierten retrospektiven Ansatzes geschaffen haben, gibt es dennoch eine Reihe von Anforderungen, die die Anwendung von IFRS 15 schwierig und/oder zeitaufwendig machen, z. B.:

• Bei einer vollständigen retrospektiven Anwendung werden Unternehmen wahrscheinlich eine Verteilung des Transaktions-preises aufgrund von Änderungen der identifizierten Leistungs-verpflichtungen, des Transaktionspreises oder beidem vorneh-men müssen. Hat ein Unternehmen diese Verteilung bislang auf Basis der Methode des relativen beizulegenden Zeitwerts vorgenommen, kann diese Vorgehensweise einfach sein. Dennoch muss das Unternehmen den Einzelveräußerungspreis jeder separaten Leistungsverpflichtung zum Zeitpunkt des Vertragsbeginns bestimmen. Je nachdem, wie lange der Ver-tragsbeginn bereits zurückliegt, sind diese Informationen möglicherweise nicht verfügbar, und die Preise können erheb-lich von den aktuellen Einzelveräußerungspreisen abweichen. Zwar regelt der Standard klar, wann aktuelle Kenntnisse im Hinblick auf variable Gegenleistungen verwendet werden dürfen, um den Transaktionspreis zu bestimmen (siehe hierzu auch die Erläuterungen zu variablen Gegenleistungen in Abschnitt 5.1). Allerdings fehlen Angaben dazu, ob die Ver-wendung aktueller Kenntnisse für andere Aspekte des Modells (z. B. für die Verteilung des Transaktionspreises) gestattet ist oder ob es zulässig wäre, aktuelle Preisinformationen zugrunde zu legen, wenn dies die einzig verfügbaren Informationen sind.

4 Siehe IFRS 15.BC439-BC443.

Zeitpunkt des Inkrafttretens und Übergangsvorschriften 1

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Unternehmen haben sich beim Übergang auf IFRS 15 überdies auf weitere Probleme einzustellen: So kann es bei Unternehmen, die nach den derzeitigen IFRS in erheblicher Höhe abgegrenzte Erträge ausweisen, zu „Umsatzverlusten“ in den Fällen kommen, in denen diese Beträge zum Zeitpunkt der erstmaligen Anwen-dung von IFRS 15 abgegrenzt wurden und entweder in den ange-passten früheren Berichtsperioden erfasst oder als Teil des kumu-lierten Anpassungsbetrags bei der Erstanwendung abgebildet wurden, jedoch niemals in einer laufenden Periode im Abschluss als Umsatzerlöse ausgewiesen werden.

Ein Unternehmen hat gemäß IAS 8 bei Nichtanwendung eines neuen, bereits veröffentlichten Standards, der noch nicht in Kraft getreten ist, diese Tatsache sowie bekannte bzw. einigermaßen zuverlässig einschätzbare Informationen, die zur Beurteilung der möglichen Auswirkungen einer Anwendung von IFRS 15 auf den Abschluss des Unternehmens in der Periode der erstmaligen An-wendung relevant sind, anzugeben.5 Dabei hat das Unternehmen alle nachfolgend aufgeführten Informationen zu berücksichtigen:6

• Titel des neuen IFRS,

• Art der bevorstehenden Änderung/en der Rechnungs- legungsmethoden

• Zeitpunkt, ab welchem die Anwendung des IFRS verlangt wird

• Zeitpunkt, ab welchem es die erstmalige Anwendung des IFRS beabsichtigt

• Erläuterung der Auswirkungen, die durch die erstmalige Anwen-dung des IFRS auf den Abschluss des Unternehmens erwartet werden, oder einen entsprechenden Hinweis, falls diese Auswir-kungen nicht bekannt oder nicht angemessen einschätzbar sind

Siehe hierzu auch die ausführliche Erläuterung der wichtigsten Überlegungen im Hinblick auf die Umsetzung des Standards in Abschnitt 10.

5 Siehe IAS 8.30. 6 Siehe IAS 8.31.

Unsere Sichtweise Wir gehen vorläufig davon aus, dass Unternehmen gegenwär-tig noch nicht wissen, welche Auswirkungen die Anwendung von IFRS 15 auf ihren Abschluss haben wird, bzw. dass sie noch nicht in der Lage sein werden, diese Auswirkungen ver-lässlich einzuschätzen und infolgedessen einen entsprechen-den Hinweis in ihren Abschluss aufzunehmen haben. Ein sol-cher Hinweis könnte beispielsweise wie folgt lauten:

„Im Mai 2014 hat das IASB IFRS 15 Revenue from Contracts with Customers veröffentlicht, der IAS 11 Fertigungsaufträge, IAS 18 Umsatzerlöse und die dazugehörigen Interpretationen ersetzt. IFRS 15 ist erstmals auf Berichtsperioden anzuwen-den, die am oder nach dem 1. Januar 2017 beginnen. Eine frühere Anwendung ist zulässig. Die Gesellschaft untersucht derzeit die Auswirkungen, die dieser neue Standard haben wird.“

Die Aufsichtsbehörden werden jedoch damit rechnen, dass der Umfang der von den Unternehmen diesbezüglich gemachten Angaben von Berichtsperiode zu Berichtsperiode zunimmt, da immer mehr Informationen über die unternehmensspezi-fischen Auswirkungen des neuen Standards verfügbar sein dürften.

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Der Anwendungsbereich des neuen Standards umfasst alle Ver-träge mit Kunden, welche die Lieferung von Gütern oder die Erbringung von Dienstleistungen im Rahmen der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit zum Gegenstand haben, wobei folgende Verträge explizit vom Anwendungsbereich ausgenommen sind:

• Leasingverträge, die in den Anwendungsbereich von IAS 17 Leasingverhältnisse fallen

• Versicherungsverträge, die in den Anwendungsbereich von IFRS 4 Versicherungsverträge fallen

• Finanzinstrumente und andere vertragliche Rechte oder Verpflichtungen, die in den Anwendungsbereich von IFRS 9 Finanzinstrumente oder IAS 39 Finanzinstrumente: Ansatz und Bewertung, IFRS 10 Konzernabschlüsse, IFRS 11 Gemein­same Vereinbarungen, IAS 27 Einzelabschlüsse und IAS 28 Anteile an assoziierten Unternehmen und Gemeinschaftsunter­nehmen fallen

• nichtmonetäre Tauschgeschäfte zwischen Unternehmen desselben Wirtschaftszweigs, die Veräußerungsgeschäfte mit Kunden oder potenziellen Kunden erleichtern sollen

Bei bestimmten Vereinbarungen müssen Unternehmen ihr Verhältnis zur Vertragspartei dahin gehend analysieren, ob (überhaupt) eine Verkäufer-Kunden-Beziehung vorliegt. Einige Kooperationsvereinbarungen ähneln nämlich beispielsweise eher einer Partnerschaft, während andere wiederum den Charak-ter einer Verkäufer-Kunden-Beziehung aufweisen. Lediglich Transaktionen, die mit einem Kunden abgewickelt werden, fallen in den Anwendungsbereich von IFRS 15. Siehe hierzu auch die Erläuterungen zu Kooperationsvereinbarungen in Abschnitt 2.2.

Manche Vereinbarungen beinhalten Rückkaufvereinbarungen, die entweder Teil eines Kaufvertrags oder eines separaten Ver-trags sind, der sich auf die im ursprünglichen Vertrag vereinbar-ten Güter oder auf ähnliche Güter bezieht. Ob die Vereinbarung in den Anwendungsbereich des Standards fällt, hängt von der Art der Rückkaufvereinbarung sowie davon ab, ob der Kunde die Verfügungsgewalt über den Vermögenswert erlangt. Siehe hierzu auch die Erläuterungen zu Rückkaufvereinbarungen in Abschnitt 7.3.

Möglicherweise schließen Unternehmen Geschäfte ab, die teil-weise in den Anwendungsbereich von IFRS 15 und teilweise in den Anwendungsbereich anderer Standards fallen. In diesen Fäl-len hat das Unternehmen, bevor es die spezifischen Regelungen in IFRS 15 anwendet, zuerst ggf. vorhandene Separierungs- und/oder Bewertungsvorschriften anderer Standards anzuwenden. Für weiter gehende Erläuterungen siehe Abschnitt 2.3.

2Anwendungsbereich

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Beispiel2-1IdentifizierungeinesKunden

Ein Unternehmen erbringt internetbasierte Werbedienstleistungen für gewerbliche Kunden. Im Rahmen dieser Dienstleistungen erwirbt das Unternehmen Bannerflächen auf den Websites verschiedener Betreiber. Bei bestimmten Vereinbarungen bietet das Unternehmen eine individuelle Dienstleistung an, um die Werbung nach den vorher festgelegten Kriterien des Kunden zu platzieren. Darüber hinaus erwirbt das Unternehmen auch Bannerflächen von Website-Betreibern, bevor es Werbekunden dafür gefunden hat. Angenommen, das Unternehmen schließt zutreffend, dass es in diesen Vereinbarungen als Hauptlieferant (principal) agiert (siehe auch die weiteren Erläuterungen zu dieser Thematik in Abschnitt 4.4): Aufgrund dieser Schlussfolgerung definiert das Unternehmen das werbetreibende Unternehmen als seinen Kunden und erfasst die Bruttoumsatzerlöse dann, wenn die individuellen Dienstleistungen erbracht werden.

Bei anderen Vereinbarungen bringt das Unternehmen lediglich die werbetreibenden Unternehmen mit den Website-Betreibern in seinem Portfolio zusammen, erbringt jedoch keine gezielten individuellen Werbedienstleistungen. Angenommen, das Unterneh-men schließt zutreffend, dass es in diesen Vereinbarungen (nur) als Vermittler (agent) agiert: Aufgrund dieser Schlussfolgerung bestimmt das Unternehmen, dass sein Kunde der Website-Betreiber ist und dass die Nettoumsatzerlöse dann zu erfassen sind, wenn die Vermittlungsdienste an den Betreiber erbracht werden.

7 Siehe IFRS 15 Anhang A.

Anwendungsbereich22.1DefinitioneinesKundenDer Standard definiert einen Kunden als Partei, die mit einem Unternehmen einen Vertrag über den Erhalt von Gütern oder Dienstleistungen aus der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit des Unternehmens im Tausch für eine Gegenleistung abgeschlossen hat.7 In vielen Fällen ist ein Kunde leicht zu identifizieren. Bei Transaktionen, an denen mehrere Parteien beteiligt sind, kann hingegen unklar sein, bei welchem Vertragspartner es sich um den Kunden des Unternehmens handelt. Bei einigen Verein-barungen könnten auch mehrere Parteien gleichzeitig als Kunde betrachtet werden. In anderen Vereinbarungen sind wiederum

nur einige der beteiligten Parteien Kunden des Unternehmens. Das folgende Beispiel 2-1 verdeutlicht, wie schwierig die Bestim-mung der Kunden des Unternehmens in Abhängigkeit von den spezifischen Fakten und Umständen im Einzelfall sein kann. Die Identifizierung der vertraglich vereinbarten Leistungsverpflich-tungen (näher erläutert in Abschnitt 4.1) kann die Bestimmung, welche der an der Vereinbarung beteiligten Vertragsparteien Kunde des Unternehmens ist, erheblich beeinflussen.

Der Begriff „gewöhnliche Geschäftstätigkeit“ (ordinary activities) wird in IFRS 15 nicht gesondert definiert, da er in den gegen-wärtigen IFRS bereits häufig verwendet wird.

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8 Siehe IFRS 15.BC54.

2.2KooperationsvereinbarungenIn manchen Transaktionen ist der Vertragspartner nicht notwen-digerweise ein Kunde des Unternehmens. Stattdessen kann es sich um einen Partner handeln, der die Risiken aus der Entwick-lung eines auf den Markt zu bringenden Produkts mitträgt bzw. einen Anteil an dem sich daraus ergebenden Nutzen hat. Dies ist in der Pharmaindustrie, der Biotechnologie, im Öl- und Gasge-schäft sowie im Gesundheitssektor üblich. In Abhängigkeit von den Fakten und Umständen im Einzelfall können diese Vereinba-rungen jedoch auch eine Komponente einer Verkäufer-Kunden- Beziehung enthalten. Solche Verträge könnten – zumindest teil-weise – weiterhin in den Anwendungsbereich von IFRS 15 fallen, wenn der Partner im Hinblick auf die gesamte Vereinbarung oder Teile der Vereinbarung der Definition eines Kunden entspricht.

Die Boards haben beschlossen, die bestehenden Leitlinien für die Feststellung, ob bestimmte Umsatz generierende Kooperations-verträge in den Anwendungsbereich des Standards fallen, nicht weiter zu ergänzen. In der Grundlage für Schlussfolgerungen erklären die Boards, dass es nicht möglich sei, Anwendungsleit-linien für alle Arten von Kooperationsvereinbarungen vorzuge-ben.8 Aus diesem Grund müssen die Parteien solcher Verein-barungen alle Fakten und Umstände im Einzelfall miteinbeziehen, wenn sie bestimmen, ob eine Verkäufer-Kunden-Beziehung besteht, auf die der Standard anzuwenden ist.

Die Boards sind jedoch zu dem Ergebnis gelangt, dass es unter bestimmten Umständen für ein Unternehmen angemessen sein kann, den Standard IFRS 15 auf Kooperationen oder Partner-schaften anzuwenden (z. B. wenn keine geltenden oder relevan-ten Vorschriften existieren, die angewendet werden könnten).

Unsere Sichtweise Bei Anwendung der gegenwärtigen IFRS kann sich die Identifi-zierung von Kunden als schwierig erweisen, insbesondere wenn mehrere Parteien an der Transaktion beteiligt sind. Diese Beurteilung kann ein beträchtliches Maß an Ermessensaus-übung erfordern. Der neue Standard bietet weitgehend keine zusätzlichen Faktoren, die im Rahmen der vorzunehmenden Ermessensentscheidung herangezogen werden könnten.

Des Weiteren fallen Transaktionen zwischen Partnern, die einen Kooperationsvertrag geschlossen haben, nicht in den Anwendungsbereich von IFRS 15. Daher haben sich Unter-nehmen bei der Bestimmung, ob die Transaktionen zwischen den Partnern in deren Funktion als Kooperationspartner durchgeführt werden oder ob es sich hierbei um eine Ver-käufer-Kunden-Beziehung handelt, von ihrem eigenen Urteil leiten zu lassen.

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2.3 Zusammenwirken mit anderen Standards

Der Standard enthält die folgenden Vorschriften für Vereinbarun-gen, die teilweise in den Anwendungsbereich von IFRS 15 und teilweise in den Anwendungsbereich anderer Standards fallen:

AuszugausIFRS15

7. Ein Vertrag mit einem Kunden kann teilweise in den Anwen-dungsbereich dieses Standards und teilweise in den Anwen-dungsbereich anderer Standards fallen, die in Paragraph 5 aufgeführt sind.

(a) Enthalten die anderen Standards Vorgaben hinsichtlich der Separierung und/oder der erstmaligen Bewertung eines oder mehrerer Vertragsteile, so hat das Unternehmen zuerst die Separierungs- und/oder Bewertungsvorschriften in diesen Standards anzuwenden. Ein Unternehmen hat vom Transaktionspreis den Betrag des Vertragsteils (oder der Vertragsteile) in Abzug zu bringen, der (die) erstmals gemäß anderen Standards bewertet wird (werden), und hat bei der Verteilung des (ggf.) verbleibenden Betrags des Transaktionspreises auf die einzelnen in den Anwendungs-bereich dieses Standards fallenden Leistungsverpflichtun-gen sowie auf andere gemäß Paragraph 7(b) identifizierte Vertragsteile die Paragraphen 73–86 anzuwenden.

(b) Enthalten die anderen Standards keine Vorgaben hinsicht-lich der Separierung und/oder der erstmaligen Bewertung eines oder mehrerer Vertragsteile, so hat das Unternehmen zur Separierung und/oder erstmaligen Bewertung des Ver-tragsteils bzw. der Vertragsteile IFRS 15 anzuwenden.

9 Siehe IFRIC 4.13.

Erst nachdem ein Unternehmen andere geltende Standards auf die Vereinbarung angewendet hat, darf es IFRS 15 auf die ver-bleibenden Komponenten dieser Vereinbarung anwenden. Nach-folgend sind einige Beispiele aufgeführt, bei denen die Separie-rung und/oder Verteilung durch andere IFRS geregelt wird:

• IAS 39 schreibt vor, dass ein Finanzinstrument bei seinem erstmaligen Ansatz zum beizulegenden Zeitwert zu bewerten ist. Bei Vereinbarungen, die die Ausgabe eines Finanzinstru-ments sowie Umsatzkomponenten umfassen, ist zunächst der beizulegende Zeitwert des Finanzinstruments zu ermitteln. Danach ist der verbleibende Teil der geschätzten Gegenleistung aus dem Vertrag gemäß IFRS 15 auf die übrigen Komponenten der Vereinbarung zu verteilen.

• IFRIC 4 Feststellung, ob eine Vereinbarung ein Leasingverhält­nis enthält schreibt vor, dass die Gegenleistung aus einem Vertrag auf die Leasingkomponente und die übrigen Kompo-nenten der vertraglichen Vereinbarung zu verteilen ist. Dabei ist ein Ansatz auf Basis des relativen beizulegenden Zeitwerts zu verwenden.9

Wird eine Komponente der Vereinbarung durch einen anderen Standard oder eine andere Interpretation geregelt und enthält dieser Standard bzw. diese Interpretation keine Vorgaben hin-sichtlich der Separierung und/oder erstmaligen Bewertung der betreffenden Komponente, so hat das Unternehmen IFRS 15 zur Separierung und/oder Bewertung jeder einzelnen Kompo-nente anzuwenden. So gibt es beispielsweise keine spezifischen Vorschriften für die Separierung und Bewertung der einzelnen Komponenten einer Vereinbarung, wenn ein Unternehmen einen Geschäftsbereich veräußert und gleichzeitig einen langfristigen Liefervertrag mit der anderen Partei abschließt. Weitergehende Erläuterungen zu den Auswirkungen der Allokation der Gegen-leistung aus dem Vertrag, wenn eine Vereinbarung sowohl Umsatz-komponenten als auch Nicht-Umsatzkomponenten enthält, fin-den sich in Abschnitt 6.6.

Anwendungsbereich2

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IFRS 15 regelt darüber hinaus die Bilanzierung bestimmter Kosten, z. B. die unmittelbar der Anbahnung und der Erfüllung eines Ver-trags zuzuordnenden Kosten. Der Standard besagt jedoch eindeu-tig, dass diese Vorschriften lediglich dann zur Anwendung kom-men, wenn die bestehenden IFRS keine alternativen Regelungen für diese Art von Kosten vorgeben. Siehe hierzu auch die weiteren Erläuterungen zu den im Standard enthaltenen Vorschriften für die Bilanzierung von Vertragskosten in Abschnitt 8.3.

Darüber hinaus wurden die bestehenden Vorschriften für die Erfassung von Gewinnen und Verlusten aus dem Abgang von nichtfinanziellen Vermögenswerten (z. B. Vermögenswerte, die in den Anwendungsbereich von IAS 16 Sachanlagen oder IAS 38 Immaterielle Vermögenswerte fallen) im Rahmen der durch IFRS 15 notwendig gewordenen Folgeänderungen angepasst. Die in IFRS 15 enthaltenen Ansatz- und Bewertungsvorschriften kommen dann zur Anwendung, wenn ein Unternehmen Gewinne oder Verluste aus dem Abgang solcher nichtfinanzieller Ver-mögenswerte erfasst und bewertet und der Abgang nicht im Rahmen der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit stattfindet.

Änderungen gegenüber den derzeit geltenden IFRS

Unternehmen, die Transaktionen abschließen, die in den Anwen-dungsbereich gleich mehrerer Standards fallen, müssen diese Transaktionen in Komponenten unterteilen, damit jede einzelne Komponente gemäß den relevanten Standards bilanziert wer-den kann. IFRS 15 hat keine Auswirkung auf diese Vorschriften.

Gemäß den derzeit geltenden IFRS müssen umsatzrelevante Transaktionen oftmals in Komponenten unterteilt werden, die nach unterschiedlichen Standards und/oder Interpretationen zur Umsatzrealisierung bilanziert werden (z. B. Transaktionen, die den Verkauf von Gütern und Dienstleistungen sowie Kundenbin-dungsprogramme beinhalten und daher sowohl in den Anwen-dungsbereich von IAS 18 als auch den von IFRIC 13 fallen). Nach IFRS 15 ist diese Separierung nicht mehr erforderlich, da der Standard ein einheitliches Modell zur Umsatzrealisierung vorsieht.

Derzeit werden der Ansatz und die Bewertung von Zinsen und Dividenden durch IAS 18 geregelt. Zins- und Dividendenerträge sind vom Anwendungsbereich des IFRS 15 ausgenommen. Die entsprechenden Ansatz- und Bewertungsvorschriften wurden stattdessen in IFRS 9 bzw. IAS 39 aufgenommen.

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Damit das in IFRS 15 enthaltene Modell angewendet werden kann, muss ein Unternehmen zunächst den Vertrag oder die Verträge identifizieren, in dem bzw. denen die Lieferung von Gütern oder die Erbringung von Dienstleistungen an den Kun-den geregelt ist. Jeder Vertrag, der rechtlich durchsetzbare Rechte und Verpflichtungen begründet, fällt in den Anwendungs-bereich des Standards. Dabei spielt es keine Rolle, ob es sich um eine schriftliche, mündliche oder den Geschäftsgepflogen-heiten des Unternehmens implizite Vereinbarung handelt. So kann beispielsweise das bisherige Geschäftsgebaren eines Unternehmens bei der Bestimmung, ob eine Vereinbarung die Definition eines Vertrags mit einem Kunden erfüllt, eine Rolle spielen. Ist es bei einem Unternehmen gängige Praxis, mit der Leistungserbringung auf Grundlage einer mündlichen Verein-barung mit seinen Kunden zu beginnen, kann das Unterneh-men daraus die Schlussfolgerung ziehen, dass solche münd-lichen Verträge die Definition eines Vertrags erfüllen.

In der Grundlage für Schlussfolgerungen bestätigen die Boards, dass die Festlegung, ob eine Vereinbarung rechtlich durch-setzbare Rechte begründet, eine Rechtsfrage ist und dass die Faktoren, anhand derer sich die rechtliche Durchsetzbarkeit bestimmen lässt, von Land zu Land unterschiedlich sein kön-nen.10 Die Boards stellen außerdem klar, dass die Vorausset-zung, dass ein Vertrag rechtlich durchsetzbar sein muss, nicht für Leistungsverpflichtungen gilt. Leistungsverpflichtungen innerhalb des Vertrags können auf den berechtigten Erwartun-gen des Kunden basieren, auch wenn die Zusage rechtlich (noch) nicht durchsetzbar ist.

Dies bedeutet, dass Unternehmen einen Vertrag ggf. bereits dann bilanziell zu erfassen haben, sobald die Leistungserbrin-gung beginnt. Nach der bisherigen Bilanzierungspraxis wird die Erfassung von Umsatzerlösen hingegen häufig so lange auf-geschoben, bis eine unterschriebene Vereinbarung vorliegt. Bei bestimmten Vereinbarungen kann ein schriftlicher Vertrag erforderlich sein, damit geltende gesetzliche oder handels-rechtliche Vorschriften erfüllt werden. Diese Kriterien müssen bei der Beurteilung, ob ein Vertrag besteht, berücksichtigt werden.

Beispiel3-1MündlicherVertrag

Die IT Support Co. bietet Kunden technischen Onlinesupport über das Internet. Gegen Entrichtung einer Pauschalgebühr erbringt die Gesellschaft folgende Leistungen: Sie scannt den PC eines Kunden nach Viren, optimiert die Rechnerleistung und behebt Verbindungsprobleme. Interessiert sich ein Kunde telefonisch für die Scanleistungen, beschreibt die IT Support Co. die von ihr angebotenen Dienstleistungen und gibt die für diese Leistungen berechneten Preise an. Ist der Kunde mit den vom Mitarbeiter der Gesellschaft genannten Konditionen ein-verstanden, erfolgt die Zahlung per Telefon. Die IT Support Co. stellt dem Kunden dann die Informationen zur Verfügung, die er für den Erhalt der Scanleistungen benötigt (z. B. einen Zugangscode für die Website) und führt die Leistungen durch, sobald der Kunde eine Internetverbindung aufbaut und sich auf der Website der IT Support Co. einloggt (dies kann noch am selben Tag, aber auch zu einem späteren Zeitpunkt erfolgen).

In diesem Beispiel schließen die IT Support Co. und ihr Kunde eine mündliche Vereinbarung, die in diesem Land rechtlich durch-setzbar ist. Mit dieser Vereinbarung erklärt sich die IT Support Co. bereit, Störungen am PC des Kunden zu beheben, und der Kunde erklärt sich im Gegenzug bereit, durch Angabe einer gül-tigen Kreditkartennummer und durch die telefonische Erteilung einer Einzugsermächtigung eine Gegenleistung zu entrichten. Die nachfolgend näher erläuterten Kriterien für einen Vertrag mit einem Kunden sind insgesamt erfüllt. Dieser Vertrag fällt damit zum Zeitpunkt des Telefongesprächs in den Anwendungs-bereich von IFRS 15, selbst wenn die IT Support Co. die Scan-leistungen noch nicht erbracht hat.

3IdentifizierungdesVertragsmitdemKunden

10 Siehe IFRS 15.BC32.

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3.1 Merkmale eines VertragsDamit Unternehmen einfacher bestimmen können, ob (und wann) ihre Vereinbarungen mit Kunden Verträge darstellen, die in den Anwendungsbereich des Standards fallen, haben die Boards bestimmte Merkmale festgelegt, die eine Vereinbarung in diesem Kontext aufzuweisen hat. Diese Kriterien werden zu Beginn der Laufzeit der Vereinbarung beurteilt. Sind die Kriterien zu diesem Zeitpunkt erfüllt, nimmt das Unternehmen nur dann eine erneute Beurteilung vor, wenn Hinweise auf eine wesentliche Änderung der zugrunde liegenden Fakten und Umstände vorlie-gen.11 Tritt beispielsweise eine deutliche Verschlechterung der Zahlungsfähigkeit eines Kunden ein, so müsste das Unternehmen die Wahrscheinlichkeit erneut beurteilen, dass es die Gegenleis-tung, zu der es im Tausch für die Übertragung der verbliebenen Güter und Dienstleistungen gemäß der Vereinbarung berech-tigt ist, erhalten wird. Die erneute Beurteilung ist in die Zukunft gerichtet und hat keine Auswirkung auf die Feststellungen, die im Zusammenhang mit den bereits übertragenen Gütern und Dienstleistungen getroffen wurden.

Sind die Kriterien nicht erfüllt, so gilt die Vereinbarung nicht als Vertrag, aus dem Umsatzerlöse realisiert werden können. In diesem Fall sind die in Abschnitt 3.4 erläuterten Vorschriften anzuwenden. Die Kriterien sind dennoch während der gesamten Laufzeit der Vereinbarung kontinuierlich zu beurteilen, um fest-zustellen, ob sie zu einem späteren Zeitpunkt erfüllt sind. Sobald dies der Fall ist, muss das in IFRS 15 enthaltene Modell anstelle der in Abschnitt 3.4 beschriebenen Vorschriften angewendet werden. Folgende Merkmale muss eine Vereinbarung gemäß IFRS 15 erfüllen, um vom Anwendungsbereich des Standards erfasst zu sein:

11 Siehe IFRS 15.14.

AuszugausIFRS15

9. Ein Unternehmen muss diesen Standard nur dann auf einen Vertrag mit einem Kunden anwenden, wenn sämtliche der folgen-den Kriterien erfüllt sind:

(a) die Vertragsparteien haben den Vertrag (schriftlich, mündlich oder gemäß anderen Geschäftsgepflogenheiten) angenommen und zugesagt, ihre vertraglichen Pflichten zu erfüllen;

(b) für jede Vertragspartei können die entsprechenden Rechte bezüglich der zu übertragenden Güter oder der zu erbringen-den Dienstleistungen identifiziert werden;

(c) die Zahlungsbedingungen für die zu übertragenden Güter oder die zu erbringenden Dienstleistungen können identi-fiziert werden;

(d) der Vertrag hat wirtschaftliche Substanz (d. h., das Risiko, der Zeitpunkt oder die Höhe der künftigen Cashflows des Unternehmens wird sich infolge des Vertrags voraussicht-lich ändern); und

(e) es ist wahrscheinlich, dass das Unternehmen die Gegen-leistung, auf die es im Tausch für die auf den Kunden zu übertragenden Güter oder Dienstleistungen Anspruch hat, erhalten wird. Bei der Beurteilung, ob ein Erhalt der Gegen-leistung wahrscheinlich ist, muss ein Unternehmen die Zahlungsfähigkeit und -absicht des Kunden, und zwar aus-schließlich bei Fälligkeit der Gegenleistung, einschätzen. Der Betrag, zu dem das Unternehmen berechtigt ist, kann geringer sein als der im Vertrag genannte Preis, wenn die Gegenleistung variabel ist, da das Unternehmen dem Kunden einen Preisnachlass einräumen kann (siehe Paragraph 52).

Identifizierung des Vertrags mit dem Kunden3

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12 Siehe IFRS 15.BC35. 13 Siehe IFRS 15.BC36. 14 Siehe Paragraph BC3.26 des Conceptual Framework for Financial Reporting.

3.1.1DieVertragsparteienhabendenVertragangenommenundzugesagt,ihrePflichtenausdemVertragzuerfüllenDas in IFRS 15 enthaltene Modell kann erst angewendet werden, wenn die Parteien den Vertrag angenommen haben. Wie in der Grundlage für Schlussfolgerungen angegeben, haben die Boards dieses Kriterium in den Standard aufgenommen, weil ein Vertrag möglicherweise rechtlich nicht durchsetzbar ist, sofern er nicht von beiden Vertragsparteien angenommen wurde.12 Des Weiteren haben die Boards festgelegt, dass die Form des Vertrags (d. h. mündlich, schriftlich oder durch die Geschäftsgepflogenheiten impliziert) an sich keinen Aufschluss darüber gibt, ob die Parteien den Vertrag angenommen haben und an diesen gebunden sind. Ein Unternehmen muss dagegen bei seiner Beurteilung, ob die Vertragsparteien beabsichtigen, die vertraglichen Bedingungen zu erfüllen, im Einzelfall alle relevanten Fakten und Umstände berücksichtigen. In einigen Fällen haben die Parteien eines münd-lichen oder impliziten Vertrags die Absicht und Bereitschaft, ihre jeweiligen Verpflichtungen zu erfüllen. In anderen Fällen kann es notwendig sein, einen schriftlichen Vertrag zu schließen, um zu dokumentieren, dass die Parteien die Vereinbarung angenom-men und zugesagt haben, ihre Pflichten zu erfüllen.

Nicht nur die Annahme des Vertrags, sondern auch die Zusage beider Parteien, dass sie ihre vertraglichen Verpflichtungen erfüllen werden, muss für das Unternehmen zweifelsfrei festste-hen. Dies bedeutet, dass sich das Unternehmen dazu verpflich-tet hat, die zugesagten Güter zu liefern bzw. die Dienstleistungen zu erbringen, und dass der Kunde sich im Gegenzug dazu ver-pflichtet hat, diese zugesagten Güter oder Dienstleistungen abzu-nehmen. In der Grundlage für Schlussfolgerungen weisen die Boards darauf hin, dass ein Unternehmen und ein Kunde nicht immer dazu verpflichtet sein müssen, sämtliche Rechte und Verpflichtungen aus einem Vertrag auszuüben bzw. zu erfüllen, damit diese Voraussetzung als erfüllt anzusehen ist.13 Als Bei-spiel führen die Boards einen Liefervertrag zwischen zwei Par-teien an, in dem bestimmte Mindestmengen festgelegt sind. Nicht immer nimmt der Kunde die festgelegte Mindestmenge ab, und das Unternehmen macht nicht immer sein Recht darauf geltend. Auch in solchen Fällen kann das Unternehmen jedoch zur Fest-stellung gelangen, dass hinreichende Belege dafür vorliegen, dass die Parteien weitgehend an den Vertrag gebunden sind.

Vertragskündigungsklauseln sind ein wichtiger Anhaltspunkt für die Beurteilung, ob beide Parteien zugesagt haben, ihre Verpflich-tungen aus einem Vertrag zu erfüllen, und somit ein Vertrag vor-liegt. Hat jede der Parteien das einseitige Recht, einen beiderseits noch nicht erfüllten Vertrag ohne Entschädigung des Kontrahen-ten zu kündigen, liegt gemäß IFRS 15 kein Vertrag vor, und die ent-sprechenden Bilanzierungs- und Angabepflichten sind demzufolge nicht anzuwenden. Hat hingegen nur eine Partei das Recht, einen Vertrag zu kündigen, fällt dieser Vertrag in den Anwendungsbereich von IFRS 15. Unter einem „beiderseits noch nicht erfüllten Ver-trag“ versteht man eine Vereinbarung, bei welcher der Verkäufer die festgelegten Güter noch nicht geliefert bzw. die festgelegten Dienstleistungen noch nicht erbracht hat und dieser weder die vereinbarte Gegenleistung erhalten noch einen Anspruch auf deren Erhalt hat.

Dieses Kriterium berücksichtigt indes nicht den Aspekt der Ein-bringlichkeit. Dieser ist Gegenstand eines anderen Kriteriums, auf das in Abschnitt 3.1.5 näher eingegangen wird.

Änderungen gegenüber den derzeit geltenden IFRS

In den aktuellen IFRS finden sich keine konkreten Anwendungs-leitlinien für mündliche Verträge. Unternehmen sind jedoch verpflichtet, den tatsächlichen wirtschaftlichen Gehalt einer Ver-einbarung und nicht allein ihre rechtliche Gestaltung zu berück-sichtigen. Das Conceptual Framework for Financial Reporting legt fest, dass eine rechtliche Gestaltung, die vom wirtschaftlichen Gehalt des zugrunde liegenden wirtschaftlichen Vorgangs abweicht, zu einer nicht sachgerechten Abbildung führen kann.14

Obwohl das Prinzip der wirtschaftlichen Betrachtungsweise (substance over form) in den IFRS vorherrschend ist, kann die Tatsache, dass mündliche oder implizite Vereinbarungen als Verträge ausgelegt werden, für einige Unternehmen einen signi-fikanten Umstellungseffekt hervorrufen. Möglicherweise wer-den mündliche Verträge früher als bisher erfasst, d. h., mit der Bilanzierung mündlicher Verträge wird nicht erst dann begonnen, wenn diese Verträge formal dokumentiert sind.

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3.1.2DieRechtejederVertragsparteikönnenidentifiziertwerdenDas Kriterium der Identifikation der Rechte jeder Vertragspartei ist verhältnismäßig unkompliziert anzuwenden. Können die Güter bzw. Dienstleistungen, die gemäß der Vereinbarung zu liefern bzw. zu erbringen sind, nicht identifiziert werden, so kann der Vertrag per se nicht in den Anwendungsbereich von IFRS 15 fallen. Die Boards weisen in diesem Kontext darauf hin, dass in diesem Fall auch keine Beurteilung der Übertragung der Verfü-gungsgewalt über diese Güter und Dienstleistungen möglich ist.

3.1.3DieZahlungsbedingungenkönnenidentifiziertwerdenFür die Identifizierung der Zahlungsbedingungen ist es nicht erforderlich, dass der Transaktionspreis fixiert oder in dem Ver-trag mit dem Kunden festgelegt ist. Sofern ein Rechtsanspruch auf Zahlung besteht und der Vertrag ausreichende Informationen enthält, damit das Unternehmen den Transaktionspreis schätzen kann (siehe weitere Erläuterungen in Abschnitt 5), erfüllt der Vertrag die Kriterien für eine Bilanzierung gemäß dem Standard (vorausgesetzt, alle sonstigen Kriterien gemäß IFRS 15.9 in vorstehendem Auszug sind vollumfassend erfüllt).

3.1.4WirtschaftlicheSubstanzDas Kriterium der wirtschaftlichen Substanz wurde aufgenommen, um zu verhindern, dass Unternehmen ihre Umsatzerlöse künst-lich in die Höhe treiben. Ein Vertrag, der keine wirtschaftliche Substanz hat (d. h., das Risiko, der Zeitpunkt oder die Höhe der künftigen Cashflows des Unternehmens ändern sich infolge des Vertrags voraussichtlich nicht), fällt nicht in den Anwendungs-bereich des Standards. In der Vergangenheit hatten einige Unter-nehmen aus stark wachsenden Branchen Geschäfte abgeschlos-sen, bei denen Güter und Dienstleistungen zwischen denselben Unternehmen hin- und hergeschoben wurden, um ein höheres Transaktionsvolumen und höhere Brutto-Umsatzerlöse auszu-weisen (auch als „Round-Tripping“ bezeichnet). Dieses Risiko besteht auch bei Vereinbarungen, die nicht zahlungswirksame Gegenleistungen beinhalten.

Um gemäß IFRS 15 zu bestimmen, ob ein Vertrag wirtschaftliche Substanz hat, ist ggf. ein beträchtliches Maß an Ermessensaus-übung erforderlich. Das Unternehmen muss in der Lage sein, in allen möglichen Situationen für die Art und Struktur seiner Trans - aktionen einen wesentlichen Geschäftszweck nachzuweisen.

15 IFRS 5 Anhang A.16 In den US-GAAP ist der Begriff „wahrscheinlich“ im Hauptglossar der US Accounting Standards Codification definiert als „the future event or events are likely to occur“

(das künftige Ereignis oder die künftigen Ereignisse werden wahrscheinlich eintreten).

Abweichend von den bisherigen Vorschriften in SIC-31 enthält der neue Standard keine speziellen Vorschriften für den Tausch von Werbedienstleistungen. Wir gehen davon aus, dass Unter-nehmen bei der Beurteilung dieser Art von Transaktionen das Kriterium der wirtschaftlichen Substanz sorgfältig prüfen müssen.

3.1.5 EinbringlichkeitNach IFRS 15 bezieht sich die Einbringlichkeit auf die Fähigkeit und die Absicht des Kunden, die Gegenleistung zu zahlen, zu der das Unternehmen nach seiner Erwartung berechtigt ist. Die Boards gelangten zu der Schlussfolgerung, dass die Beurteilung des Kundenausfallrisikos bei der Feststellung, ob ein Vertrag (überhaupt) besteht, eine wichtige Rolle spielt. Dieses Risiko ist nach Ansicht der Boards bei der Beurteilung, ob der Kunde die Fähigkeit und die Absicht hat, die erwartete Gegenleistung zu entrichten, von zentraler Bedeutung.

Dieses Kriterium fungiert also im Wesentlichen als Einbringlich-keitsschwelle (collectability threshold). Der Standard schreibt vor, dass ein Unternehmen zu Vertragsbeginn (und immer dann, wenn sich wesentliche Tatsachen und Umstände ändern) beur-teilen muss, ob der Erhalt der Gegenleistung, die ihm im Aus-tausch für die Übertragung von Gütern oder Dienstleistungen auf einen Kunden voraussichtlich zusteht, wahrscheinlich ist. Dies entspricht der aktuellen Regelung, wonach die Umsatzreali-sierung nur dann zulässig ist, wenn die Einbringlichkeit wahr-scheinlich ist (und alle sonstigen Kriterien für die Umsatzrealisie-rung erfüllt sind).

Zum Zweck dieser Analyse entspricht die Definition des Begriffs „wahrscheinlich“ der bestehenden Definition in den IFRS (d. h. „Es spricht mehr dafür als dagegen“).15 In den US-GAAP wird ebenfalls der Begriff „wahrscheinlich“ verwendet, wobei die Wahr-scheinlichkeitsschwelle bei den US-GAAP höher ist als bei den IFRS.16 Die Fähigkeit des Kunden, eine festgelegte Gegenleistung zu zahlen (basierend auf dem Betrag, zu dem das Unternehmen voraussichtlich berechtigt ist, und der Absicht des Kunden, die Gegenleistung bei Fälligkeit zu entrichten), wird für die unkünd-bare Laufzeit des Vertrags beurteilt. Dabei sind alle Fakten und Umstände in Betracht zu ziehen. Wenn es nicht wahrscheinlich ist, dass das Unternehmen die fälligen Beträge erhalten wird, ist das in IFRS 15 enthaltene Modell erst dann auf den Vertrag anzuwen-den, wenn die Bedenken im Hinblick auf die Einbringlichkeit besei-tigt worden sind (siehe Abschnitt 3.4 für nähere Erläuterungen).

Identifizierung des Vertrags mit dem Kunden3

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17 Siehe IAS 18. 14(b) und IAS 18. 20(b).

Grundlage für die Beurteilung der Einbringlichkeit ist die Gegen-leistung, die dem Unternehmen voraussichtlich zusteht (d. h. der Transaktionspreis), die nicht zwingend mit dem im Vertrag fest-gelegten Preis übereinstimmen muss. Der Transaktionspreis kann geringer sein als der vertraglich vereinbarte Preis, z. B. wenn ein Unternehmen beabsichtigt, einen Preisnachlass zu gewähren. Bevor ein Unternehmen feststellen kann, ob ein Vertrag mit einem Kunden vorliegt, muss es also zunächst den Transaktionspreis schätzen, um sicherzustellen, dass die entsprechenden Beträge auf ihre Einbringlichkeit hin beurteilt werden können.

Änderungen gegenüber den derzeit geltenden IFRS

Die oben dargestellte Regelung entspricht weitgehend den aktu-ellen Bestimmungen in IAS 18. Die Anwendung des Konzepts auf einen Teil des vertraglich vereinbarten Betrags statt auf den Gesamtbetrag stellt jedoch eine wesentliche Änderung dar. Nach IAS 18 werden Umsatzerlöse erst dann erfasst, wenn es wahr-scheinlich ist, dass der wirtschaftliche Nutzen aus dem Geschäft dem Unternehmen zufließt.17 In der Praxis dürften Unterneh-men dabei dazu tendieren, die gesamte vertraglich vereinbarte Gegenleistung gemäß IAS 18 zu berücksichtigen. In diesem Fall könnten die Bestimmungen in IFRS 15 zu einer früheren Erfas-sung der Umsatzerlöse aus einer Vereinbarung führen, bei der ein Teil (nicht aber der Gesamtbetrag) des vertraglich verein-barten Preises als gefährdet eingestuft wird.

Der Standard enthält das folgende Beispiel für eine Situation, in der ein impliziter Preisnachlass vorliegt und der Betrag der Gegenleistung somit nicht dem vertraglich vereinbarten Betrag entspricht:

AuszugausIFRS15

Beispiel2—Gegenleistungentsprichtnichtdem vertraglichvereinbartenPreis—impliziterPreisnachlass(IFRS15.IE7-IE9)

Ein Unternehmen verkauft an einen Kunden 1.000 Einheiten eines verschreibungspflichtigen Arzneimittels für eine zugesagte Gegenleistung von WE 1 Mio. Dies stellt den ersten Verkauf des Unternehmens an einen Kunden in einer neuen Region dar, die mit großen wirtschaftlichen Schwierigkeiten zu kämpfen hat. Das Unternehmen geht daher davon aus, dass es vom Kunden nicht den vollen Betrag der zugesagten Gegenleistung erhalten wird. Da es jedoch erwartet, dass sich die Wirtschaft in der Region in den nächsten zwei bis drei Jahren wieder erholt und die Beziehung zu dem Kunden helfen kann, Kontakte zu anderen potenziellen Kunden in der Region zu knüpfen, nimmt das Unternehmen den potenziellen Verlust in Kauf.

Bei der Beurteilung, ob das Kriterium in Paragraph 9(e) des IFRS 15 erfüllt ist, hat das Unternehmen auch die Paragraphen 47 und 52(b) des IFRS 15 zu berücksichtigen. Nach Prüfung der Fakten und Umstände kommt das Unternehmen im hier vorliegen-den Sachverhalt zu dem Ergebnis, dass es voraussichtlich einen Preisnachlass gewähren und eine geringere Gegenleistung des Kunden akzeptieren wird. Somit stellt das Unternehmen fest, dass der Transaktionspreis nicht WE 1 Mio. beträgt und die zugesagte Gegenleistung variabel ist. Das Unternehmen schätzt die variable Gegenleistung, auf die es Anspruch hat, auf WE 400.000.

Das Unternehmen prüft die Fähigkeit und Absicht des Kunden, die Gegenleistung zu entrichten, und kommt zu dem Ergebnis, dass es trotz der wirtschaftlichen Schwierigkeiten in der Region wahrscheinlich WE 400.000 von dem Kunden erhalten wird. Somit stellt das Unternehmen fest, dass das Kriterium in Para-graph 9(e) des IFRS 15 auf Basis einer Schätzung der variablen Gegenleistung von WE 400.000 erfüllt ist. Zudem kommt das Unternehmen nach einer Überprüfung der Vertragsbedingungen und sonstigen Fakten und Umstände zu dem Schluss, dass die anderen Kriterien in Paragraph 9 ebenfalls erfüllt sind. Das Unter-nehmen bilanziert den Vertrag mit dem Kunden folglich gemäß den in IFRS 15 enthaltenen Regelungen.

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Unsere Sichtweise Einigen Unternehmen kann die Anwendung des Kriteriums der Einbringlichkeit Schwierigkeiten bereiten. Nach Angaben der Boards kann eine Vereinbarung auch dann der Definition eines Vertrags entsprechen, wenn das Unternehmen davon ausgeht, dass es nur eine Teilzahlung für seine Leistung erhal-ten wird (und die ausbleibende Gegenleistung eher einem impliziten Preisnachlass entspricht; siehe ausführlich Abschnitt 5.1.1). Wir sind jedoch der Ansicht, dass diese Beurteilung ein beträchtliches Maß an Ermessensausübung erfordern wird. Insbesondere kann es schwierig sein festzu-stellen, ob eine Teilzahlung

(a) einen Vertrag mit einem impliziten Preisnachlass, (b) einen Wertminderungsaufwand oder (c) eine Vereinbarung darstellt, die keine ausreichende wirt-

schaftliche Substanz aufweist, um als Vertrag eingestuft zu werden, auf den das Modell im Standard (überhaupt) Anwendung findet.

Zudem kann es notwendig sein, dass Unternehmen ihre rech-nungslegungsbezogenen internen Kontrollen im Hinblick auf die Identifizierung von Verträgen (insbesondere das Krite-rium der Einbringlichkeit) überprüfen und aktualisieren.

18 Siehe IFRS 15.BC73.

3.2ZusammenfassungvonVerträgenIn den meisten Fällen werden Unternehmen das Modell auf ein-zelne Verträge mit einem Kunden anwenden. Der Standard schreibt jedoch vor, dass Unternehmen solche Verträge zusam-menfassen müssen, die gleichzeitig oder nahezu gleichzeitig mit demselben Kunden abgeschlossen werden, sofern ein oder mehrere der nachfolgend genannten Kriterien erfüllt sind:

AuszugausIFRS15

17. Ein Unternehmen hat zwei oder mehr Verträge, die gleichzei-tig oder nahezu gleichzeitig mit demselben Kunden (oder nahe-stehenden Unternehmen oder Personen des Kunden) abge-schlossen werden, zusammenzufassen und als einen einzigen Vertrag zu bilanzieren, wenn mindestens eines der folgenden Kriterien erfüllt ist:

(a) die Verträge werden als ein Paket mit einem einzigen wirtschaftlichen Zweck verhandelt;

(b) die Höhe einer in einem Vertrag zugesagten Gegenleistung hängt vom Preis oder der Erfüllung des anderen Vertrags ab; oder

(c) die in den Verträgen zugesagten Güter oder Dienstleistun-gen (oder einige der in den Verträgen jeweils zugesagten Güter oder Dienstleistungen) stellen eine einzige Leistungs-verpflichtung gemäß den Paragraphen 22–30 dar.

In der Grundlage für Schlussfolgerungen haben die Boards betont, dass die zeitgleiche Verhandlung mehrerer Verträge kein ausreichender Beleg dafür ist, dass die Verträge eine einzige Vereinbarung darstellen.18

Es kann Situationen geben, in denen das Unternehmen beschließt, mehrere Verträge zusammenzufassen, um die Umsatzerfassung zu vereinfachen. Der Standard sieht beispielsweise vor, dass ein Unternehmen ein Portfolio ähnlicher Verträge zusammen erfas-sen kann, wenn es davon ausgeht, dass das Ergebnis nicht

Identifizierung des Vertrags mit dem Kunden3

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19 Siehe IAS 11.9(c).

wesentlich von dem Ergebnis abweicht, das sich bei Anwendung des Standards auf die einzelnen Verträge ergeben würde. Die Boards stellen klar, dass diese Feststellung nicht bedeutet, dass Unternehmen bei Anwendung des „Portfolio-Ansatzes“ jedes mögliche Ergebnis quantitativ beurteilen müssen. Vielmehr wie-sen sie darauf hin, dass Unternehmen in der Lage sein sollten, einen geeigneten Ansatz zu wählen, um die Portfolios zu bestim-men, die für ihre Kundenstruktur angemessen sind. Außerdem sollten Unternehmen nach eigenem Ermessen über die geeig-nete Größe und Zusammensetzung des Portfolios entscheiden.

Änderungen gegenüber den derzeit geltenden IFRS

Im Vergleich zu IAS 18 enthält IFRS 15 umfangreichere Anwen-dungsleitlinien zu der Frage, wann Verträge zusammenzufassen sind. Unternehmen, die IAS 11 anwenden, haben indes bereits ähnliche Anforderungen zu erfüllen. Der Hauptunterschied zwischen IAS 11 und IFRS 15 besteht in dem in IFRS 15.17(c) normierten Kriterium, das eine Bündelung von Leistungsver-pflichtungen aus unterschiedlichen Verträgen vorsieht. IAS 11 sieht dagegen eine gleichzeitige oder gestaffelte Leistungser-bringung vor.19

Insgesamt gesehen entsprechen die Kriterien im Wesentlichen den in den bestehenden Standards zur Umsatzrealisierung ent-haltenen Prinzipien für die Zusammenfassung von Verträgen.

Im Gegensatz zu IAS 18 verlangt der neue Standard jedoch expli-zit, dass ein Unternehmen zwingend Verträge dann zusammen-zufassen hat, wenn die Kriterien aus Paragraph 17 erfüllt sind. Aus diesem Grund dürften manche Unternehmen, die Verträge bis-lang nicht zusammenfassen, gezwungen sein, dies künftig zu tun.

3.3VertragsmodifikationenHäufig einigen sich die Parteien einer Vereinbarung darauf, den Umfang und/oder den Preis ihres Vertrags nachträglich zu än-dern. In diesem Fall muss das Unternehmen entscheiden, ob die Änderung einen neuen Vertrag begründet oder ob sie als Teil des bestehenden Vertrags zu erfassen ist. In der Regel ist es klar, wann eine Vertragsmodifikation stattgefunden hat. Gelegentlich gestaltet sich diese Feststellung jedoch schwieriger.

Um Unternehmen für solche Fälle eine Hilfestellung zu geben, enthält der Standard die folgenden Erläuterungen:

AuszugausIFRS15

18. Eine Vertragsmodifikation ist eine Änderung des Vertrags-umfangs und/oder -preises, denen beide Vertragsparteien zustimmen. In einigen Branchen oder Ländern wird eine Ver-tragsmodifikation auch als Änderungsauftrag, als Variation oder Ergänzung bezeichnet. Eine Vertragsmodifikation liegt vor, wenn die Parteien eines Vertrags einer Modifikation zu-stimmen, mit der entweder neue durchsetzbare Rechte und Verpflichtungen der Vertragsparteien begründet oder die bestehenden abgeändert werden. Die Zustimmung zu einer Vertragsmodifikation kann schriftlich oder mündlich erfolgen oder implizit durch die Geschäftsgepflogenheiten des Unter-nehmens begründet sein. Wenn die Vertragsparteien der Ver-tragsmodifikation nicht zugestimmt haben, hat das Unter-nehmen diesen Standard auf den bestehenden Vertrag so lange anzuwenden, bis eine Zustimmung zu der Vertragsmodifika-tion erfolgt.

19. Eine Vertragsmodifikation kann auch dann vorliegen, wenn die Vertragsparteien sich über den Umfang und/oder Preis des geänderten Vertrags uneinig sind oder die Parteien eine Änderung des Vertragsumfangs, jedoch noch nicht die ent-sprechende Preisänderung vereinbart haben. Bei der Beurtei-lung, ob die Rechte und Verpflichtungen, die mit einer Vertrags-modifikation begründet oder geändert werden, durchsetzbar sind, hat ein Unternehmen im Einzelfall alle relevanten Fakten und Umstände (einschließlich der Vertragsbedingungen und sonstiger Nachweise) zu berücksichtigen. Haben die Parteien eines Vertrags einer Änderung des Vertragsumfangs zuge-stimmt, jedoch noch nicht die entsprechende Preisänderung festgelegt, so hat ein Unternehmen die aus der Modifikation resultierende Änderung des Transaktionspreises in Überein-stimmung mit den Paragraphen 50–54 (Schätzung der variab-len Gegenleistung) und den Paragraphen 56–58 (Begrenzung der geschätzten variablen Gegenleistung) zu schätzen.

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Wie der vorstehende Auszug verdeutlicht, lag es in der Absicht der Boards, dass diese Anforderungen nicht nur auf finalisierte Änderungen angewendet werden, sondern ein breiteres Anwen-dungsspektrum haben sollten. IFRS 15 sieht demnach die Mög-lichkeit vor, dass ein Unternehmen eine Vertragsänderung zu erfassen hat, bevor die Parteien eine endgültige Vereinbarung über Änderungen des Umfangs und/oder des Preises getroffen haben. Als Grundlage dient in IFRS 15 weniger die endgültige Festlegung einer Modifikation als die Durchsetzbarkeit der Ände-rungen an den Rechten und Pflichten in der Vereinbarung. Im Ergebnis hat das Unternehmen die Vertragsänderung dann zu erfassen, sobald es feststellt, dass die geänderten Rechte und Verpflichtungen durchsetzbar sind.

Der Standard enthält zur Veranschaulichung folgendes Beispiel:

AuszugausIFRS15

Beispiel9—NichtgenehmigteÄnderungdesUmfangsunddesPreises(IFRS15.IE42–IE43)

Ein Unternehmen schließt mit einem Kunden einen Vertrag über den Bau eines Gebäudes. Das Gebäude soll auf einem Grundstück errichtet werden, das Eigentum des Kunden ist. Vertragsgemäß soll der Kunde dem Unternehmen innerhalb von 30 Tagen nach Vertragsbeginn Zugang zu dem Grundstück gewähren. Tatsäch-lich erhält das Unternehmen jedoch aufgrund von Gewitterschä-den, die nach Vertragsbeginn eingetreten sind, erst 120 Tage nach Vertragsbeginn Zugang zu dem Grundstück. Der Vertrag sieht explizit vor, dass jede Verzögerung (einschließlich auf-grund höherer Gewalt) beim Zugang zu dem kundeneigenen Grundstück ein Ereignis darstellt, das einen Schadenersatzan-spruch des Unternehmens in Höhe der infolge der Verzögerung entstandenen tatsächlichen Kosten begründet. Das Unterneh-men kann gemäß den Vertragsbedingungen nachweisen, dass die direkten Kosten durch die Verzögerung entstanden sind, und macht einen entsprechenden Schadenersatzanspruch gel-tend. Der Kunde lehnt diesen Anspruch des Unternehmens zunächst ab.

Das Unternehmen bewertet die Rechtsgrundlage des Anspruchs und kommt dabei zu dem Ergebnis, dass es aufgrund der zu-grunde liegenden Vertragsbedingungen über durchsetzbare Rechte verfügt. Daher bilanziert es den Anspruch in Überein-stimmung mit den Paragraphen 18–21 des IFRS 15 als Vertrags-modifikation. Die Modifikation führt nicht dazu, dass dem Kun-den zusätzliche Güter und Dienstleistungen bereitgestellt werden. Zudem sind alle verbleibenden Güter und Dienstleistungen nach der Modifikation nicht voneinander abgrenzbar und Teil einer einzigen Leistungsverpflichtung. Das Unternehmen erfasst die Modifikation daher in Übereinstimmung mit Paragraph 21(b) des IFRS 15, indem es den Transaktionspreis und den Fortschritt der Leistungserfüllung aktualisiert. Bei der Schätzung des Transaktionspreises berücksichtigt das Unternehmen die Be-grenzung der geschätzten variablen Gegenleistung gemäß den Paragraphen 56–58 des IFRS 15.

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AuszugausIFRS15

20. Ein Unternehmen hat eine Vertragsmodifikation als einen separaten Vertrag zu bilanzieren, wenn beide nachfolgend aufgeführten Bedingungen vorliegen:

(a) der Vertragsumfang vergrößert sich aufgrund der Hinzufügung zugesagter Güter oder Dienstleistungen, die abgrenzbar sind (in Übereinstimmung mit den Paragraphen 26–30); und

(b) der Preis des Vertrags erhöht sich um den Betrag der Gegenleistung, der dem Einzelveräußerungspreis des Unternehmens für die zugesagten zusätzlichen Güter oder Dienstleistungen entspricht unter Berücksichtigung entsprechender Anpassungen dieses Preises aufgrund der Fakten und Umstände des jeweiligen Vertrags. Ein Unternehmen kann einem Kunden beispielsweise einen Preisnachlass für zusätzliche Güter oder Dienstleistungen gewähren und den Einzelveräußerungspreis entsprechend anpassen, weil dem Unternehmen keine vertriebsspezifischen Kosten entstehen, die beim Verkauf ähnlicher Güter oder Dienst-leistungen an einen Neukunden anfallen würden.

21. Wird eine Vertragsmodifikation nicht als separater Vertrag in Übereinstimmung mit Paragraph 20 bilanziert, so hat das Unter-nehmen die zum Zeitpunkt der Vertragsmodifikation noch nicht übertragenen zugesagten Güter oder Dienstleistungen (d. h. die verbliebenen zugesagten Güter oder Dienstleistungen) auf eine der folgenden Arten zu erfassen:

(a) Wenn die verbliebenen Güter oder Dienstleistungen von den Gütern oder Dienstleistungen abgrenzbar sind, die am oder vor dem Tag der Vertragsmodifikation übertragen worden sind, hat das Unternehmen die Vertragsmodifikation als Beendigung des bestehenden Vertrags und Begründung eines neuen Vertrags zu bilanzieren. Die Höhe der Gegenleistung, die den restlichen Leistungsverpflichtungen (oder den restlichen abgrenzbaren Gütern oder Dienstleistungen in einer einzigen Leistungsverpflich-tung gemäß Paragraph 22(b)) zugeordnet wird, ist die Summe aus: (i) der vom Kunden zugesagten Gegenleistung (einschließlich der bereits vom Kunden erhaltenen Beträge), die bei der Schät-

zung des Transaktionspreises berücksichtigt wurde und nicht als Umsatzerlöse erfasst worden ist; und (ii) der im Rahmen der Vertragsmodifikation zugesagten Gegenleistung.

(b) Wenn die verbliebenen Güter oder Dienstleistungen nicht einzeln abgrenzbar sind und daher Bestandteil einer einzigen Leistungs-verpflichtung sind, die zum Zeitpunkt der Vertragsmodifikation teilweise erfüllt ist, hat das Unternehmen die Vertragsmodifi-kation so zu erfassen, als wenn sie Bestandteil des bestehenden Vertrags wäre. Die Auswirkung, die die Vertragsmodifikation auf den Transaktionspreis und auf die Bestimmung des Fortschritts der Leistungserfüllung hat, wird als Anpassung der Umsatz-erlöse (entweder als Erhöhung oder Verringerung der Umsatzerlöse) zum Zeitpunkt der Vertragsmodifikation erfasst (d. h., die Anpassung der Umsatzerlöse erfolgt insoweit auf kumulierter Basis).

(c) Sind die restlichen Güter oder Dienstleistungen eine Kombination aus (a) und (b), hat das Unternehmen die Auswirkungen der Modifikation auf die noch nicht erfüllten (oder teilweise erfüllten) Leistungsverpflichtungen in dem modifizierten Vertrag gemäß den Zielsetzungen dieses Paragraphen zu bilanzieren.

Nachdem ein Unternehmen festgestellt hat, dass ein Vertrag modifiziert worden ist, legt es die angemessene Bilanzierungs-methode für die Änderung fest. Bestimmte Änderungen werden als separate (eigenständige) Verträge behandelt, während

andere mit dem ursprünglichen Vertrag zusammenzufassen sind. Der Standard nennt zwecks Bestimmung der ange-messenen Bilanzierungsmethode für Vertragsmodifikationen folgende Kriterien:

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Änderungen gegenüber den derzeit geltenden IFRS

Die Vorschrift, wonach bei einer Änderung der Vertragsbedin-gungen zu ermitteln ist, ob diese als eigener Vertrag oder als Modifikation eines bestehenden Vertrags zu behandeln ist, steht weitgehend im Einklang mit den in IAS 11 enthaltenen Regelun-gen zu Fertigungsaufträgen.20 IAS 18 enthält dagegen keine konkreten Anwendungsleitlinien für die Bestimmung, ob eine Änderung von Vertragsbedingungen als separater Vertrag oder als Modifikation eines bestehenden Vertrags zu behandeln ist. Deshalb könnten die Bestimmungen in IFRS 15 für einige Unter-nehmen eine Änderung ihrer Bilanzierungspraxis herbeiführen. Bei der Beurteilung, wie die Vertragsmodifikation zu bilanzieren ist, muss indes jede Veränderung zugesagter Güter oder Dienst-leistungen im Kontext der restlichen Vereinbarung betrachtet werden. Das bedeutet: Wird im Rahmen einer Vertragsmodifika-tion ein neues Gut oder eine neue Dienstleistung aufgenommen, das bzw. die in einer separaten Transaktion einzeln abgrenzbar ist, könnte diese neue Leistungsverpflichtung im Kontext der Ver-tragsmodifikation als nicht abgrenzbar zu beurteilen sein. Bei einem Renovierungsprojekt für ein Gebäude kann ein Kunde bei-spielsweise eine Vertragsmodifikation verlangen, mit der ein neuer Raum hinzugefügt wird. Das Bauunternehmen wird üblicher-weise den Bau eines neuen Raums separat anbieten, was darauf schließen lässt, dass die Dienstleistung einzeln abgrenzbar ist. Wird die Dienstleistung jedoch zu einer bestehenden Vereinba-rung hinzugefügt und hat das Unternehmen bereits entschieden, dass das gesamte Projekt eine einzige Leistungsverpflichtung darstellt, würden die zusätzlichen Güter und Dienstleistungen normalerweise mit dem bestehenden Paket von Gütern und Dienstleistungen zusammengefügt.

3.3.1VertragsmodifikationstellteinenseparatenVertragdarBestimmte Vertragsmodifikationen werden als separate Verträge behandelt. Diese Modifikationen haben keine Auswirkung auf den ursprünglichen Vertrag, und die bisher erfassten Umsatzer-löse aus dem ursprünglichen Vertrag werden nicht angepasst. Des Weiteren werden die restlichen Leistungsverpflichtungen aus dem ursprünglichen Vertrag weiterhin im Rahmen des ursprüng-lichen Vertrags erfasst.

Damit eine Modifikation als separater Vertrag behandelt werden kann, müssen zwei Voraussetzungen erfüllt sein:

20 Siehe IAS 11.13.

Die erste Voraussetzung ist, dass die in der Modifikation verein-barten zusätzlichen Güter und Dienstleistungen von den Gütern und Dienstleistungen in der ursprünglichen Vereinbarung ab-grenzbar sein müssen. Diese Beurteilung ist gemäß den allge-meinen Vorschriften in IFRS 15 zur Bestimmung, ob zugesagte Güter und Dienstleistungen abgrenzbar sind, vorzunehmen (siehe Abschnitt 4.2). Nur Modifikationen, mit denen abgrenz-bare Güter und Dienstleistungen der Vereinbarung hinzugefügt werden, können als separate Verträge behandelt werden. Ver-tragsmodifikationen, die die Anzahl der zugesagten Güter oder Dienstleistungen reduzieren oder den qualitativen Umfang der ursprünglich zugesagten Güter und Dienstleistungen ändern, können per se nicht als separate Verträge betrachtet werden. Vielmehr wären sie als Modifikationen der ursprünglichen Ver-träge (siehe Abschnitt 3.3.2) zu behandeln.

Die zweite Voraussetzung ist, dass der Betrag der Gegenleistung, der für die zusätzlichen Güter und Dienstleistungen erwartet wird, den Einzelveräußerungspreis dieser Güter oder Dienstleis-tungen widerzuspiegeln hat. Bei der Ermittlung des Einzelver-äußerungspreises ist es Unternehmen jedoch in einem gewissen Rahmen erlaubt, den Veräußerungspreis in Abhängigkeit von den bestehenden Fakten und Umständen anzupassen. Beispiels-weise kann ein Verkäufer einem Altkunden einen Nachlass auf zusätzliche Güter gewähren, weil ihm keine vertriebsspezifischen Kosten entstehen, die bei Neukunden üblicherweise anfallen. In diesem Fall kann das Unternehmen zu dem Schluss kommen, dass die zusätzliche Gegenleistung die Voraussetzung erfüllt, obwohl der reduzierte Preis geringer als der Einzelveräußerungs-preis ist, den ein Neukunde für dieses Gut oder diese Dienstleis-tung entrichten müsste. Ein weiteres Beispiel ist die Gewährung eines Mengenrabatts aufgrund zusätzlicher Käufe durch einen Kunden.

Ein Beispiel für eine Vertragsmodifikation, die einen separaten Vertrag darstellt, ist Fall A aus Beispiel 5 des Standards (siehe Abschnitt 3.3.2) zu entnehmen.

3.3.2VertragsmodifikationstelltkeinenseparatenVertragdarVertragsmodifikationen, die nicht die in Abschnitt 3.3.1 erläuter-ten Kriterien erfüllen, gelten als Änderungen am ursprünglichen Vertrag und werden nicht als separate Verträge behandelt. Hierzu zählen Vertragsänderungen, bei denen zuvor vereinbarte Güter

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und Dienstleistungen modifiziert oder gestrichen werden. Die Bilanzierung der Vertragsmodifikation hängt davon ab, welchem der drei in IFRS 15.21 (siehe Auszug in Abschnitt 3.3) beschrie-benen Szenarien die Fakten und Umstände der Modifikation am nächsten kommen:

• Sind die verbliebenen Güter und Dienstleistungen nach der Ver-tragsmodifikation von den Gütern und Dienstleistungen, die bei oder vor der Vertragsmodifikation übertragen worden sind, abgrenzbar, bilanziert das Unternehmen die Modifikation so, als ob der alte Vertrag beendet und ein neuer Vertrag abge-schlossen worden wäre. Bei diesen Modifikationen werden die bisher erfassten Umsatzerlöse aus dem ursprünglichen Ver-trag (d. h. der für erfüllte Leistungsverpflichtungen erhaltene Betrag) nicht angepasst. Der verbleibende Teil des ursprüng-lichen Vertrags und die Änderungen werden dagegen zusam-men auf prospektiver Basis bilanziert, indem die verbleibende Gegenleistung auf die verbleibenden Leistungsverpflichtungen verteilt wird. Eine Darstellung dieses Szenarios findet sich in Fall B von Beispiel 5 aus dem Standard (siehe nachstehender Auszug).

• Die verbleibenden Güter und Dienstleistungen, die nach der Vertragsmodifikation noch zu liefern oder zu erbringen sind, sind möglicherweise von den bereits gelieferten oder erbrach-ten Gütern und Dienstleistungen nicht abgrenzbar und bilden somit eine einzige Leistungsverpflichtung, die zum Zeitpunkt der Modifikation teilweise erfüllt ist. In einem solchen Fall bilan-ziert das Unternehmen die Vertragsmodifikation so, als wenn diese Bestandteil des ursprünglichen Vertrags wäre. Das Unter-nehmen passt zuvor erfasste Umsatzerlöse (nach oben oder unten) an, um die Auswirkung, die die Vertragsmodifikation auf den Transaktionspreis und die Bestimmung des Leistungs-fortschritts hat, widerzuspiegeln (d. h., die Anpassung der Umsatzerlöse erfolgt auf kumulierter Basis). Eine Darstellung dieser Art von Vertragsmodifikation findet sich in Beispiel 8 aus dem Standard (siehe nachstehender Auszug).

• Schließlich kann eine Vertragsänderung als Kombination aus beidem erfasst werden: als Modifikation des bestehenden Ver-trags und als Begründung eines neuen Vertrags. In diesem Fall passt das Unternehmen die Bilanzierung von solchen abge-schlossenen Leistungsverpflichtungen nicht an, die von den

modifizierten Gütern oder Dienstleistungen abgrenzbar sind. Das Unternehmen passt jedoch zuvor erfasste Umsatzerlöse (nach oben oder unten) an, um die Auswirkung der Vertrags-modifikation auf den geschätzten Transaktionspreis, der auf diejenigen Leistungsverpflichtungen verteilt wird, die von dem modifizierten Vertragsbestandteil nicht abgrenzbar sind, und auf die Fortschrittsmessung widerzuspiegeln.

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Der Standard enthält zur Veranschaulichung dieser Konzepte die folgenden Beispiele:

Identifizierung des Vertrags mit dem Kunden3

AuszugausIFRS15

Beispiel5—ModifikationeinesVertragsüberdieLieferungvonGütern(IFRS15.IE19–IE24)

Ein Unternehmen verpflichtet sich, 120 Produkte an einen Kunden für WE 12.000 (WE 100 pro Produkt) zu verkaufen. Die Produkte werden über einen Zeitraum von sechs Monaten an den Kunden geliefert. Das Unternehmen überträgt die Verfügungsgewalt über das jeweilige Produkt zu einem bestimmten Zeitpunkt. Nachdem das Unternehmen die Verfügungsgewalt über 60 Produkte auf den Kunden übertragen hat, wird der Vertrag um die Lieferung weiterer 30 Produkte (insgesamt 150 identische Produkte) an den Kunden erweitert. Diese 30 zusätzlichen Produkte waren nicht Bestandteil des ursprünglichen Vertrags.

Fall A – Zusätzliche Produkte für einen Preis, der dem Einzelveräußerungspreis entsprichtDer Preis der Vertragsmodifikation für die zusätzlichen 30 Produkte beträgt insgesamt WE 2.850 bzw. WE 95 pro Produkt. Der Preis der zusätzlichen Produkte entspricht dem Einzelveräußerungspreis der Produkte zum Zeitpunkt der Vertragsmodifikation. Die zusätzlichen Produkte sind von den ursprünglichen Produkten abgrenzbar (gemäß Paragraph 27 des IFRS 15).

Gemäß Paragraph 20 des IFRS 15 handelt es sich bei der Vertragserweiterung von zusätzlichen 30 Produkten um einen neuen und separaten Vertrag für künftige Produkte, der sich nicht auf die Bilanzierung des bestehenden Vertrags auswirkt. Das Unternehmen erfasst für die im ursprünglichen Vertrag vereinbarten 120 Produkte Umsatzerlöse in Höhe von WE 100 pro Produkt und für die im neuen Vertrag vereinbarten 30 Produkte Umsatzerlöse in Höhe von WE 95 pro Produkt.

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AuszugausIFRS15|Fortsetzung

Fall B – Zusätzliche Produkte für einen Preis, der nicht dem Einzelveräußerungspreis entsprichtWährend der Verhandlungen über den Kauf weiterer 30 Produkte vereinbaren die Parteien zunächst einen Preis von WE 80 pro Produkt. Der Kunde stellt jedoch fest, dass die ersten 60 Produkte, die bereits auf ihn übertragen wurden, kleinere Fehler aufweisen, die nur diese gelieferten Produkte betreffen. Das Unternehmen verpflichtet sich, dem Kunden als Entschädigung für die Qualitäts-mängel bei diesen Produkten eine Teilgutschrift in Höhe von WE 15 pro Produkt zu gewähren. Das Unternehmen und der Kunde vereinbaren, die Gutschrift in Höhe von insgesamt WE 900 (Gutschrift von WE 15 × 60 Produkte) mit dem Preis für die zusätzlichen 30 Produkte zu verrechnen. Die Vertragsmodifikation sieht somit vor, dass der Preis der zusätzlichen 30 Produkte WE 1.500 bzw. WE 50 pro Produkt beträgt. Dieser Preis ergibt sich aus dem vereinbarten Preis für die zusätzlichen 30 Produkte von WE 2.400 bzw. WE 80 pro Produkt abzüglich der Gutschrift von WE 900.

Zum Zeitpunkt der Modifikation erfasst das Unternehmen die WE 900 als Verringerung des Transaktionspreises und somit als Verminderung der Umsatzerlöse aus den bereits übertragenen 60 Produkten. Bei der Bilanzierung des Verkaufs der zusätzlichen 30 Produkte stellt das Unternehmen fest, dass der vereinbarte Preis von WE 80 pro Produkt nicht dem Einzelveräußerungspreis der zusätzlichen Produkte entspricht. Somit erfüllt die Vertragsmodifikation nicht die Bedingungen gemäß Paragraph 20 des IFRS 15 und kann nicht als separater Vertrag erfasst werden. Da die noch auszuliefernden Produkte von den bereits übertragenen Produkten abgrenzbar sind, wendet das Unternehmen die in Paragraph 21(a) des IFRS 15 dargelegten Bestimmungen an und erfasst die Modifikation als Beendigung des ursprünglichen Vertrags sowie Begründung eines neuen Vertrags.

Die Umsatzerlöse, die für jedes der restlichen Produkte erfasst werden, stellen folglich einen zusammengesetzten Preis von WE 93,33 dar {[(WE 100 × 60 noch nicht übertragene Produkte gemäß ursprünglichem Vertrag) + (WE 80 × 30 noch zu übertragende Produkte gemäß Vertragsmodifikation)] ÷ 90 verbleibende Produkte}.

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Identifizierung des Vertrags mit dem Kunden3

AuszugausIFRS15

Beispiel8—ModifikationführtzukumulierterAnpassungderUmsatzerlöse(IFRS15.IE37–IE41)

Ein Bauunternehmen schließt mit einem Kunden einen Vertrag über die Errichtung eines gewerblichen Gebäudes. Das Gebäude soll auf einem Grundstück gebaut werden, das sich im Eigentum des Kunden befindet. Die zugesagte Gegenleistung beträgt WE 1 Mio. zuzüglich einer Prämie von WE 200.000, wenn das Gebäude innerhalb von 24 Monaten fertiggestellt wird. Das Unternehmen erfasst das zugesagte Paket aus Gütern und Dienstleistungen gemäß Paragraph 35(b) des IFRS 15 als einzige Leistungsverpflichtung, die über einen bestimmten Zeitraum erfüllt wird, da der Kunde das Gebäude während der Bauphase kontrolliert. Bei Vertragsbeginn geht das Unternehmen von folgenden Daten aus:

WETransaktionspreis 1.000.000Erwartete Kosten (700.000)

Erwarteter Gewinn (30 %) 300.000

Zum Zeitpunkt des Vertragsbeginns bezieht das Unternehmen die Prämie von WE 200.000 nicht in den Transaktionspreis ein, da nicht ausgeschlossen werden kann, dass höchstwahrscheinlich eine wesentliche Stornierung der erfassten kumulierten Umsatzerlöse vorgenommen werden muss. Die Fertigstellung des Gebäudes ist stark abhängig von Faktoren, auf die das Unternehmen keinen Einfluss hat (z. B. das Wetter oder die Erteilung von Genehmigungen). Das Unternehmen verfügt zudem über nur wenige Erfahrungen mit ähnlichen Arten von Verträgen.

Das Unternehmen stellt fest, dass eine inputorientierte Bestimmung des Fertigstellungsgrades auf Basis der angefallenen Kosten im Verhältnis zu den erwarteten Gesamtkosten den Fortschritt der Leistungserfüllung am besten widerspiegelt. Am Ende des ersten Jahres hat das Unternehmen basierend auf den bis dahin angefallenen Kosten (WE 420.000) im Verhältnis zu den erwarteten Gesamtkosten (WE 700.000) 60 Prozent seiner Leistungsverpflichtung erfüllt. Das Unternehmen nimmt eine Neubeurteilung der variablen Gegenleistung vor und kommt dabei zu dem Schluss, dass der Betrag gemäß den Paragraphen 56–58 des IFRS 15 weiterhin begrenzt ist. Im ersten Jahr werden daher kumulierte Umsatzerlöse und Kosten in folgender Höhe ausgewiesen:

WEUmsatzerlöse 600.000Kosten (420.000)

Bruttogewinn 180.000

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AuszugausIFRS15|Fortsetzung

Im ersten Quartal des zweiten Jahres vereinbaren die Vertragsparteien eine Vertragsmodifikation aufgrund einer Änderung des Gebäudegrundrisses. Infolgedessen erhöhen sich die festgelegte Gegenleistung und die erwarteten Kosten um WE 150.000 bzw. WE 120.000. Die gesamte potenzielle Gegenleistung beträgt nach der Modifikation WE 1.350.000 (feste Gegenleistung von WE 1.150.000 + Fertigstellungsprämie von WE 200.000). Der zur Prämie von WE 200.000 berechtigende Fertigstellungszeitraum wird zudem um 6 Monate auf 30 Monate nach Beginn des ursprünglichen Vertrags verlängert. Zum Zeitpunkt der Modifikation kommt das Unternehmen basierend auf seiner Erfahrung in der Vergangenheit und einer Beurteilung der noch auszuführenden Arbeiten, die hauptsächlich das Gebäudeinnere betreffen und somit keinen Witterungseinflüssen unterliegen, zu dem Schluss, dass die Einbeziehung der Prämie in den Transaktionspreis höchstwahrscheinlich nicht zu einer wesentlichen Stornierung der kumulierten Umsatzerlöse führen wird, die gemäß Paragraph 56 des IFRS 15 erfasst wurden. Das Unternehmen bezieht daher die Prämie von WE 200.000 in den Transaktionspreis ein.

Bei der Beurteilung der Vertragsmodifikation unter Berücksichtigung von Paragraph 27(b) des IFRS 15 kommt das Unternehmen (auf Basis der Faktoren in Paragraph 29 des IFRS 15) zu dem Ergebnis, dass die restlichen Güter und Dienstleistungen, die gemäß dem modifizierten Vertrag noch zu liefern bzw. zu erbringen sind, von den Gütern und Dienstleistungen, die am oder vor dem Tag der Vertragsmodifikation übertragen worden sind, nicht abgrenzbar sind; d. h., der Vertrag stellt weiterhin eine einzige Leistungs-verpflichtung dar.

Das Unternehmen erfasst daher die Vertragsmodifikation so, als wenn sie Bestandteil des ursprünglichen Vertrags wäre (gemäß Paragraph 21(b) des IFRS 15). Es aktualisiert seine Fortschrittsmessung und schätzt, dass es 51,2 Prozent seiner Leistungsver-pflichtung erfüllt hat (tatsächlich angefallene Kosten von WE 420.000 ÷ erwartete Gesamtkosten von WE 820.000). Zum Zeitpunkt der Vertragsmodifikation erfasst es daher zusätzliche Umsatzerlöse i. H. v. WE 91.200 [(51,2 Prozent fertiggestellt × modifizierter Transaktionspreis i. H. v. WE 1.350.000) – bisher erfasste Umsatzerlöse i. H. v. WE 600.000] als kumulierte Anpassung.

Unsere Sichtweise Unternehmen müssen die Leistungsverpflichtungen zum Zeit-punkt der Vertragsänderung sorgfältig prüfen, um zu bestim-men, ob die restlichen zu übertragenden Güter oder Dienst-leistungen abgrenzbar sind. Dieser Vorgang ist wichtig, da die Bilanzierung je nach dem Ergebnis dieser Prüfung sehr unter-schiedlich ausfallen kann.

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3.4 Vereinbarungen, die nicht der DefinitioneinesVertragsgemäßdemStandard entsprechenEine Vereinbarung, die nicht die Kriterien erfüllt, um gemäß dem Standard als Vertrag eingestuft zu werden, muss wie folgt bilan-ziert werden:

AuszugausIFRS15

15. Wenn ein Vertrag mit einem Kunden nicht die Kriterien in Paragraph 9 erfüllt und ein Unternehmen von dem Kunden eine Gegenleistung erhält, so erfasst das Unternehmen die erhal-tene Gegenleistung nur dann als Umsatzerlöse, wenn eines der folgenden Ereignisse eingetreten ist:

(a) das Unternehmen muss dem Kunden keine ausstehenden Güter oder Dienstleistungen mehr liefern bzw. leisten, das Unternehmen hat die gesamte oder im Wesentlichen die gesamte vom Kunden zugesagte Gegenleistung bereits erhalten und diese ist unter keinen Umständen zurückzu-erstatten; oder

(b) der Vertrag wurde beendet und die vom Kunden bereits erhaltene Gegenleistung muss nicht zurückerstattet werden.

16. Ein Unternehmen hat die vom Kunden erhaltene Gegen-leistung als Verbindlichkeit zu erfassen, bis eines der in Para-graph 15 beschriebenen Ereignisse eintritt oder bis anschließend die Kriterien in Paragraph 9 erfüllt sind (siehe Paragraph 14). In Abhängigkeit von den Fakten und Umständen in Bezug auf den jeweiligen Vertrag stellt die erfasste Verbindlichkeit entweder die Verpflichtung des Unternehmens zur Übertragung von Gütern oder Dienstleistungen in der Zukunft oder zur Erstattung der erhaltenen Vergütung dar. In beiden Fällen ist die Verbindlichkeit in Höhe des Betrags der vom Kunden erhaltenen Vergütung anzusetzen.

21 Siehe IFRS 15.BC47.22 Siehe IFRS 15.BC48.

Wie in der Grundlage für Schlussfolgerungen erläutert, haben die Boards beschlossen, die Kriterien in vorstehendem Auszug auf-zunehmen, um zu verhindern, dass Unternehmen nach alternati-ven Leitlinien suchen oder Parallelen zu dem Modell in IFRS 15 ziehen, auch wenn der erfüllte Vertrag nicht den Kriterien in IFRS 15.9 entspricht (siehe hierzu Abschnitt 3.1).21 Erfüllt die Vereinbarung nicht die Kriterien gemäß IFRS 15, dürfen Unter-nehmen nur die nicht rückerstattungsfähigen erhaltenen Vergü-tungen als Umsatzerlöse erfassen, wenn eines der vorstehend dargestellten Ereignisse eingetreten ist (d. h., der Vertrag wurde entweder vollständig erfüllt und bereits im Wesentlichen die ge-samte Vergütung vereinnahmt oder der Vertrag wurde beendet) oder der Vertrag anschließend die in IFRS 15.9 aufgeführten Kriterien erfüllt. Bis dahin wird jede vom Kunden erhaltene Gegen-leistung zunächst als Verbindlichkeit (und nicht als Umsatzer-löse) erfasst. Die Verbindlichkeit ist in Höhe der vom Kunden erhaltenen Gegenleistung anzusetzen.

Wie in der Grundlage für Schlussfolgerungen festgestellt, sollte die Bilanzierung ähnlich der deposit method erfolgen, die zuvor in den US-GAAP enthalten war und immer dann zur Anwendung kam, wenn ein Verkauf nicht vollzogen wurde.22 Zur Veranschau-lichung dieses Konzepts enthält der Standard das folgende Beispiel:

Identifizierung des Vertrags mit dem Kunden3

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AuszugausIFRS15

Beispiel1–EinbringlichkeitderGegenleistung(IFRS15.IE3–IE6)

Ein Immobilienentwicklungsunternehmen schließt mit einem Kunden einen Vertrag über den Verkauf eines Gebäudes für einen Kaufpreis von WE 1 Mio. Der Kunde möchte in dem Gebäude ein Restaurant eröffnen. Das Gebäude befindet sich in einem Gebiet, in dem neue Restaurants einem starken Wettbewerb ausgesetzt sind. Zudem verfügt der Kunde über wenig Erfahrung in der Gastronomiebranche.

Der Kunde leistet bei Vertragsbeginn eine nicht rückzahlbare Anzahlung und schließt mit dem Unternehmen einen langfristigen Finanzierungsvertrag über die restlichen 95 Prozent der zugesagten Gegenleistung ab. Die Finanzierung erfolgt auf Non-Recourse- Basis. Dies bedeutet, dass das Unternehmen das Gebäude wieder in Besitz nehmen kann, falls der Kunde in Zahlungsverzug geraten sollte. Allerdings kann es dann keine weitere Entschädigung von dem Kunden verlangen, auch wenn die Sicherheit nicht den Gesamt-wert des fälligen Betrags abdeckt. Die vom Unternehmen entrichteten Anschaffungskosten des Gebäudes betragen WE 600.000. Bei Vertragsbeginn erhält der Kunde die Verfügungsgewalt über das Gebäude.

Bei der Beurteilung, ob der Vertrag die in IFRS 15.9 aufgeführten Kriterien erfüllt, kommt das Unternehmen zu dem Ergebnis, dass das Kriterium in IFRS 15.9(e) nicht erfüllt ist, da es unwahrscheinlich ist, dass das Unternehmen die Gegenleistung, auf die es im Tausch für die Übertragung des Gebäudes Anspruch hat, vereinnahmen wird. Zu diesem Ergebnis ist das Unternehmen gekommen, weil aufgrund folgender Faktoren Zweifel an der Zahlungsfähigkeit und -absicht des Kunden bestehen:

(a) der Kunde beabsichtigt, das Darlehen (das einen bedeutenden Betrag aufweist) in erster Linie mit den Einkünften aus dem Restaurantgeschäft zu tilgen (dieses Geschäft ist jedoch aufgrund des starken Wettbewerbs in der Branche und der geringen Erfahrung des Kunden mit hohen Risiken verbunden);

(b) der Kunde verfügt über keine sonstigen Einkünfte oder Vermögenswerte, die zur Tilgung des Darlehens verwendet werden könnten; und

(c) die Haftung des Kunden ist begrenzt, da es sich um ein Darlehen ohne Rückgriffsrechte handelt.

Da die Kriterien in Paragraph 9 des IFRS 15 nicht erfüllt sind, wendet das Unternehmen die Paragraphen 15–16 des IFRS 15 an, um die Bilanzierung der nicht rückzahlbaren Anzahlung von WE 50.000 zu bestimmen. Das Unternehmen stellt fest, dass keines der in Paragraph 15 beschriebenen Ereignisse eingetreten ist, d. h. das Unternehmen hat weder im Wesentlichen die gesamte Gegenleistung erhalten noch wurde der Vertrag beendet. Aufgrund dessen erfasst es die nicht rückzahlbare Anzahlung in Höhe von WE 50.000 gemäß Paragraph 16 als „deposit liability“. Die Anzahlung und alle künftigen Tilgungs- und Zinszahlungen bilanziert das Unternehmen so lange als „deposit liability“, bis das Unternehmen zu dem Schluss kommt, dass die Kriterien in Paragraph 9 erfüllt sind (d. h., das Unternehmen stuft es als wahrscheinlich ein, dass es die Gegenleistung vereinnahmen wird) oder eines der in Paragraph 15 angegebe-nen Ereignisse eingetreten ist. Das Unternehmen beurteilt fortlaufend den Vertrag gemäß Paragraph 14, um zu bestimmen, ob die Kriterien in Paragraph 9 in der Folge erfüllt werden oder ob die Ereignisse gemäß Paragraph 15 eingetreten sind.

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Voraussetzung für die Anwendung des Standards ist die Identi-fizierung der im Rahmen einer Vereinbarung zugesagten Güter und Dienstleistungen sowie die Bestimmung, welche dieser Güter und Dienstleistungen gesonderte oder „abgrenzbare“ Leistungsverpflichtungen darstellen (d. h., vor Anwendung des Standards muss die bilanzielle Einheit festgelegt sein). Diese Begrifflichkeiten werden nachfolgend erläutert.

4.1 Identifizierung der vertraglich zugesagten Güter und Dienstleistungen

Der Standard enthält die folgenden Regelungen zur Identifi­zierung der Leistungsverpflichtungen in einem Vertrag:

4Identifizierung der Leistungsverpflichtungen des Vertrags

Auszug aus IFRS 15

22. Bei Vertragsbeginn prüft ein Unternehmen die in einem Vertrag mit einem Kunden zugesagten Güter und Dienstleistungen und identifiziert jede Zusage, auf den Kunden Folgendes zu übertragen, als Leistungsverpflichtung:

(a) ein einzeln abgrenzbares Gut bzw. eine einzeln abgrenzbare Dienstleistung oder ein einzeln abgrenzbares Paket aus Gütern oder Dienstleistungen; oder

(b) eine Reihe einzeln abgrenzbarer Güter oder Dienstleistungen, die im Wesentlichen gleich sind und auf die gleiche Weise auf den Kunden übertragen werden (siehe Paragraph 23).

23. Eine Reihe abgrenzbarer Güter oder Dienstleistungen wird auf die gleiche Weise auf den Kunden übertragen, sofern die beiden folgenden Kriterien erfüllt sind:

(a) jedes abgrenzbare Gut bzw. jede abgrenzbare Dienstleistung der Reihe, deren Übertragung auf den Kunden das Unternehmen zugesagt hat, erfüllt die in Paragraph 35 festgelegten Kriterien für eine über einen bestimmten Zeitraum zu erfüllende Leis-tungsverpflichtung; und

(b) entsprechend den Paragraphen 39–40 wird dieselbe Methode verwendet, um den Fortschritt des Unternehmens bis zur voll-ständigen Erfüllung der Leistungsverpflichtung zu messen, jedes abgrenzbare Gut bzw. jede abgrenzbare Dienstleistung der Reihe auf den Kunden zu übertragen.

In Verträgen mit Kunden enthaltene Zusagen

24. Ein mit einem Kunden geschlossener Vertrag führt im Allgemeinen ausdrücklich die Güter oder Dienstleistungen auf, für die das Unternehmen eine Übertragung auf den Kunden zusagt. Die in einem Vertrag mit einem Kunden identifizierten Leistungsverpflichtun-gen müssen jedoch nicht auf die ausdrücklich im Vertrag aufgeführten Güter oder Dienstleistungen beschränkt sein. Dies ist darin begründet, dass ein Vertrag mit einem Kunden Zusagen enthalten kann, die aufgrund von Geschäftsgepflogenheiten, veröffentlich-ten Leitlinien oder spezifischen Aussagen eines Unternehmens beim Kunden zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses implizit die gerechtfertigte Erwartung weckt, dass das Unternehmen ein Gut oder eine Dienstleistung an den Kunden liefert bzw. leistet.

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Identifizierung der Leistungsverpflichtungen des Vertrags4

Auszug aus IFRS 15

25. Leistungsverpflichtungen umfassen keine für die Vertragserfüllung vom Unternehmen zwingend durchzuführenden Aktivitäten, sofern sie nicht in der Übertragung eines Guts oder einer Dienstleistung auf den Kunden bestehen. So kann es beispielsweise vorkom-men, dass ein Dienstleister verschiedene Verwaltungsaufgaben durchführen muss, um einen Vertrag abschließen zu können. Bei der Durchführung dieser Aufgaben wird keine Dienstleistung auf den Kunden übertragen. Somit stellen diese Aktivitäten zur Begründung eines Vertrags keine Leistungsverpflichtung dar.

Einzeln abgrenzbare Güter oder Dienstleistungen

26. In Abhängigkeit von dem Vertrag kann u. a. Folgendes als zugesagte Güter oder Dienstleistungen qualifizieren:

(a) der Verkauf der von einem Unternehmen produzierten Güter (z. B. Bestände eines Fertigungsunternehmens);

(b) der Weiterverkauf von Gütern, die ein Unternehmen erworben hat (z. B. Waren eines Einzelhändlers);

(c) der Weiterverkauf von Rechten an Gütern oder Dienstleistungen, die ein Unternehmen erworben hat (Beispiel: Weiterverkauf eines Flugtickets, das ein als Auftraggeber agierendes Unternehmen erworben hat; siehe hierzu die Paragraphen B34–B38);

(d) die Durchführung einer vertraglich vereinbarten Aufgabe (bzw. vertraglich vereinbarter Aufgaben) für einen Kunden;

(e) die Zusage, laufend bereitzustehen, um Güter zu liefern oder Dienstleistungen zu erbringen (Beispiel: nicht spezifizierte Aktualisierungen von Software, die vorgenommen werden, sofern und sobald sie verfügbar sind), oder das Bereithalten von Gütern oder Dienstleistungen für einen Kunden, der diese nutzen kann, wie und wann er möchte;

(f) das Erbringen einer Dienstleistung für einen Dritten, mit der die Übertragung von Gütern oder Dienstleistungen auf einen Kunden herbeigeführt wird (Beispiel: Vermittlertätigkeit für einen Dritten gemäß den Erläuterungen in den Paragraphen B34–B38);

(g) die Gewährung von Rechten an in der Zukunft zu liefernden Gütern bzw. zu erbringenden Dienstleistungen, die ein Kunde weiter-veräußern oder wiederum seinem Kunden liefern bzw. für seinen Kunden erbringen kann (Beispiel: ein Unternehmen, das ein Produkt an einen Einzelhändler verkauft, sagt zu, ein weiteres Gut bzw. eine weitere Dienstleistung auf eine Person zu übertragen, die das Produkt vom Einzelhändler erwirbt);

(h) der Bau, die Herstellung oder Entwicklung eines Vermögenswerts im Auftrag eines Kunden;

(i) die Gewährung von Lizenzen (siehe die Paragraphen B52–B63); und

(j) die Gewährung von Optionen zum Erwerb zusätzlicher Güter oder Dienstleistungen (wenn diese Optionen dem Kunden ein wesentliches Recht gemäß den Erläuterungen in den Paragraphen B39–B43 verschaffen).

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23 Siehe IAS 18.13.24 Siehe IFRS 15.BC87.

25 Siehe IFRS 15.BC88. 26 Siehe IFRS 15.BC92.

Der Standard fordert, dass ein Unternehmen bei Vertragsbeginn alle zugesagten Güter und Dienstleistungen identifiziert und bestimmt, welche dieser zugesagten Güter oder Dienstleistungen (oder welches Paket von Gütern oder Dienstleistungen) sepa-rate Leistungsverpflichtungen darstellen (darstellt). Die derzeit geltenden IFRS enthalten keine spezifischen Regelungen für Mehrkomponentenverträge und befassen sich vorrangig (nur) mit der Identifizierung der bilanziellen Einheit. So fordert IAS 18 (lediglich) die Identifizierung von einzeln abgrenzbaren Bestand-teilen eines Geschäftsvorfalls, um dessen wirtschaftlichen Gehalt zutreffend abzubilden.23 Vor dem Hintergrund gegenwärtiger Regelungslücken haben sich in diesem Kontext viele Ersteller von IFRS­Abschlüssen an den US­GAAP­Normen orientiert. Die US­GAAP verpflichten bereits gegenwärtig zur Identifizierung von „Teilleistungen“ einer Vereinbarung. Gleichwohl mangelt es diesbezüglich an einer entsprechenden Legaldefinition. Demge-genüber führt IFRS 15 beispielhaft unterschiedliche Leistungszu-sagen auf, die vertraglich zugesagte Güter oder Dienstleistungen darstellen können. Weiterhin spezifiziert der Standard, dass bestimmte Aktivitäten keine zugesagten Güter oder Dienstleis-tungen darstellen, z. B. Aktivitäten, die ein Unternehmen durch-führen muss, um seiner Verpflichtung zur Lieferung der zuge-sagten Güter oder Dienstleistungen nachzukommen (Beispiel: Tätigkeiten der internen Verwaltung).

Die Boards stellen fest, dass die vertraglich zugesagten Güter oder Dienstleistungen in vielen Fällen explizit in dem Vertrags-werk aufgeführt sind. In anderen Fällen können Zusagen zur Lieferung von Gütern oder zur Erbringung von Dienstleistungen auch implizit durch die Geschäftsgepflogenheiten des Unterneh-mens begründet werden. Der Standard bestimmt in diesem Kon-text, dass ein Unternehmen bei der Identifizierung von Zusagen innerhalb eines Vertrags stets zu berücksichtigen hat, ob diese bei dem Kunden die gerechtfertigte Erwartung wecken, dass das Unternehmen ein Gut liefert oder eine Dienstleistung erbringt. Der Begriff „Leistungsverpflichtung“ enthält damit auch faktische Leistungsverpflichtungen, die auf nicht in einem schriftlichen Vertrag vereinbarten Faktoren basieren (z. B. bisheriges Geschäfts-gebaren, Branchenstandards). Die Boards ergänzen in diesem Zusammenhang, dass implizite Zusagen nicht notwendigerweise rechtlich durchsetzbar sein müssen.24 Wenn der Kunde eine gerechtfertigte Erwartung hege, so betrachte er die Zusagen als

Teil des ausgehandelten Tauschgeschäfts. Die Boards geben in ihrer Grundlage für Schlussfolgerungen Beispiele für solche zuge-sagten Güter oder Dienstleistungen; dazu gehören von Telekom-munikationsunternehmen bereitgestellte „kostenlose“ Handsets, von Automobilherstellern angebotene „unentgeltliche“ War-tungsarbeiten und von Supermärkten, Fluggesellschaften und Hotels gewährte Kundentreuepunkte.25 Die Boards gelangten zu dem Schluss, dass es sich auch dann, wenn ein Unternehmen diese Güter oder Dienstleistungen als Marketinganreize oder sekundäre Güter oder Dienstleistungen einstufen würde, die mit dem primären Gut bzw. der primären Dienstleistung in Verbin-dung stehen, um solche Güter oder Dienstleistungen handelt, für die der Kunde eine Zahlung leistet und denen das Unternehmen daher einen Teil der Gegenleistung zum Zwecke der Umsatzreali-sierung zuzuordnen hat.

Wie in der Grundlage für Schlussfolgerungen angemerkt, entschie-den die Boards, dass alle einem Kunden vertraglich zugesagten Güter oder Dienstleistungen grundsätzlich Leistungsverpflichtun-gen begründen können. So kann z. B. auch die Zusage, zu einem Zeitpunkt in der Zukunft ein Gut zu liefern bzw. eine Dienstleis-tung zu erbringen, eine Leistungsverpflichtung darstellen.26 Ein Kunde kann das Recht haben, Güter oder Dienstleistungen zu einem zukünftigen Zeitpunkt zu erhalten, die er weiterveräußern oder an seine eigenen Kunden liefern bzw. erbringen kann. Ein solches Recht kann eine Leistungsverpflichtung darstellen, wenn es bereits zu dem Zeitpunkt bestand, zu dem die Parteien den Vertrag abgeschlossen haben. Solche Arten von Zusagen beste-hen in Vertriebsnetzen verschiedener Branchen und sind in der Automobilbranche üblich.

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Unsere Sichtweise Die Normierung von spezifischen Leitlinien zur Abgrenzung vertraglicher Zusagen, die grundsätzlich als Güter und Dienstleistungen qualifizieren, von solchen Zusagen, die lediglich interne Verwaltungstätigkeiten darstellen, die ein Unternehmen ausführen muss, um die vertraglich zugesagten Güter zu liefern bzw. Dienstleistungen zu erbringen, stellt gegenüber den gegenwärtigen IFRS eine Verbesserung dar. Dies dürfte die Anwendung des Standards erleichtern.

Der Standard enthält das folgende Beispiel zur Veranschaulichung, wie die Anforderungen zur Identifizierung von Leistungsverpflich-tungen in verschiedenen Szenarien anzuwenden sind:

Identifizierung der Leistungsverpflichtungen des Vertrags4

Auszug aus IFRS 15

Beispiel 12 — Explizite und implizite Zusagen in einem Vertrag (IFRS 15.IE59–IE65)

Ein Hersteller verkauft ein Produkt an ein Vertriebsunternehmen (d. h. seinen Kunden), das dieses Produkt an einen Endkunden weiterveräußert.

Fall A — Explizite Zusage einer DienstleistungIn dem Vertrag mit dem Vertriebsunternehmen sagt das Unter-nehmen zu, Wartungsleistungen für jede Partei (d. h. Endkun-den), die das Produkt vom Vertriebsunternehmen erwirbt, ohne zusätzliche Gegenleistung („unentgeltlich“) zu erbringen. Das Unternehmen vergibt die Ausführung der Wartungsleistungen an das Vertriebsunternehmen und zahlt für das Erbringen dieser Leistungen im Auftrag des Unternehmens einen im Vorfeld ver-einbarten Betrag an das Vertriebsunternehmen. Sollte der End-kunde die Wartungsleistungen nicht in Anspruch nehmen, ist das Unternehmen nicht verpflichtet, Zahlungen an das Vertriebs­unternehmen zu leisten.

Da es sich bei der Zusage von Wartungsleistungen um eine Zusage zur Übertragung von Gütern oder Dienstleistungen zu einem zukünftigen Zeitpunkt handelt und diese Zusage Teil des ausgehandelten Tauschgeschäfts zwischen dem Unternehmen und dem Vertriebsunternehmen ist, entscheidet das Unterneh-men, dass diese Zusage zur Erbringung von Wartungsleistungen eine Leistungsverpflichtung darstellt (siehe Paragraph 26(g) des IFRS 15). Das Unternehmen kommt zu dem Schluss, dass die Zusage eine Leistungsverpflichtung darstellt, ungeachtet dessen, ob das Unternehmen, das Vertriebsunternehmen oder Dritte die Leistung erbringen. Folglich ordnet das Unternehmen der Zusage zur Erbringung von Wartungsleistungen einen Teil des Transaktionspreises zu.

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Auszug aus IFRS 15 | Fortsetzung

Fall B — Implizite Zusage einer DienstleistungDas Unternehmen hat in der Vergangenheit Wartungsleistungen ohne zusätzliche Gegenleistung (d. h. „unentgeltlich“) für End­kunden erbracht, die das Produkt des Unternehmens vom Vertriebsunternehmen erworben haben. Das Unternehmen sagt während der Verhandlungen mit dem Vertriebsunternehmen Wartungsleistungen nicht ausdrücklich zu, und im finalen Vertrag zwischen dem Unternehmen und dem Vertriebsunternehmen sind keine Bedingungen in Bezug auf solche Leistungen spezifiziert.

Auf Basis seiner Geschäftsgepflogenheiten entscheidet das Unternehmen bei Vertragsbeginn jedoch, dass es eine implizite Zusage gegeben hat, Wartungsleistungen als Teil des ausgehandelten Tauschgeschäfts mit dem Vertriebsunternehmen zu erbringen. Somit erzeugt die bisherige Gepflogenheit des Unternehmens, solche Leistungen zu erbringen, bei den Kunden des Unternehmens (d. h. dem Vertriebsunternehmen und den Endkunden) gemäß Paragraph 24 des IFRS 15 gerechtfertigte Erwartungen. Folglich erkennt das Unternehmen die Zusage von Wartungsleistungen als eine Leistungsverpflichtung an, auf die es einen Teil des Trans­aktionspreises allokiert.

Fall C — Dienstleistungen stellen keine Leistungsverpflichtung darIm Vertrag mit dem Vertriebsunternehmen gibt das Unternehmen keine Zusage für das Erbringen von Wartungsleistungen ab. Des Weiteren erbringt das Unternehmen für gewöhnlich keine Wartungsleistungen, und somit ergibt sich aus den Geschäftsgepflogen-heiten, veröffentlichten Leitlinien und spezifischen Aussagen des Unternehmens zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses keine impli-zite Zusage, Güter oder Dienstleistungen an den Kunden zu liefern. Das Unternehmen überträgt die Verfügungsgewalt über das Produkt auf das Vertriebsunternehmen und hat damit den Vertrag erfüllt. Vor Verkauf an den Endkunden macht das Unternehmen jedoch das Angebot, Wartungsleistungen ohne zusätzliche Gegenleistung für jede Partei zu erbringen, die das Produkt vom Ver-triebsunternehmen erwirbt.

Die Zusage von Wartungsleistungen ist bei Vertragsbeginn nicht im Vertrag zwischen dem Unternehmen und dem Vertriebsunter-nehmen enthalten. Entsprechend dem Paragraphen 24 des IFRS 15 sagt das Unternehmen weder explizit noch implizit zu, für das Vertriebsunternehmen oder Endkunden Wartungsleistungen zu erbringen. Folglich identifiziert das Unternehmen die Zusage zur Erbringung von Wartungsleistungen nicht als Leistungsverpflichtung. Stattdessen wird die Verpflichtung, Wartungsleistungen zu erbringen, nach IAS 37 Rückstellungen, Eventualverbindlichkeiten und Eventualforderungen bilanziert.

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27 Siehe IFRS 15.28.

Der Standard spezifiziert folgende Kriterien für die Bestimmung, ob ein Gut oder eine Dienstleistung einzeln abgrenzbar ist:

Auszug aus IFRS 15

27. Ein einem Kunden zugesagtes Gut bzw. eine zugesagte Dienstleistung ist dann einzeln abgrenzbar, wenn die folgen-den beiden Kriterien erfüllt sind:

(a) der Kunde kann aus dem Gut oder der Dienstleistung ent-weder einzeln oder zusammen mit anderen Ressourcen, die für ihn jederzeit verfügbar sind, einen Nutzen ziehen (d. h., das Gut bzw. die Dienstleistung kann einzeln abge-grenzt werden); und

(b) die Zusage des Unternehmens, das Gut bzw. die Dienst-leistung auf den Kunden zu übertragen, kann gesondert von anderen Zusagen aus dem Vertrag identifiziert wer-den (d. h., das Gut bzw. die Dienstleistung ist im Vertrags-kontext einzeln abgrenzbar).

Abgrenzungsfähigkeit („capable of being distinct“)

Der Standard besagt, dass ein Kunde aus einem Gut oder einer Dienstleistung einen Nutzen ziehen kann, wenn das Gut oder die Dienstleistung genutzt, verbraucht, für mehr als den Schrottwert veräußert oder auf andere Weise, die einen wirtschaftlichen Nutzen erzeugt, gehalten werden kann.27 In manchen Fällen zieht ein Kunde einen Nutzen aus den Gütern oder Dienstleistun-gen selbst, während dies in anderen Fällen in Verbindung mit weiteren jederzeit verfügbaren Ressourcen geschieht. Eine jeder-zeit verfügbare Ressource ist ein Gut oder eine Dienstleistung, die (vom Unternehmen oder einem sonstigen Unternehmen) separat veräußert wird, oder eine Ressource, die der Kunde bereits vom Unternehmen (einschließlich Gütern oder Dienst­leistungen, die das Unternehmen bereits per Vertrag auf den Kunden übertragen hat) oder aus anderen Transaktionen oder Ereignissen erhalten hat. Der Umstand, dass ein Unternehmen ein Gut oder eine Dienstleistung regelmäßig separat veräußert, deutet darauf hin, dass der Kunde aus diesem Gut bzw. dieser

4.2 Separate LeistungsverpflichtungenNach der Identifizierung der im Rahmen eines Vertrags zugesag-ten Güter und Dienstleistungen prüft ein Unternehmen, welche dieser Güter und Dienstleistungen als separate Leistungsverpflich-tungen einzustufen sind. Das heißt, das Unternehmen identifi-ziert die individuellen Bilanzierungseinheiten. Zugesagte Güter oder Dienstleistungen stellen separate Leistungsverpflichtungen dar, wenn die Güter oder Dienstleistungen einzeln abgrenzbar sind (als solche oder als Teil eines Güter­ und Dienstleistungs­pakets) oder wenn die Güter oder Dienstleistungen Teil einer Reihe einzeln abgrenzbarer Güter und Dienstleistungen sind, die im Wesentlichen gleich sind und auf die gleiche Weise auf den Kunden übertragen werden (siehe Abschnitt 4.2.2).

4.2.1 Bestimmung, ob die Güter und Dienstleistungen einzeln abgrenzbar (distinct) sindIFRS 15 beschreibt einen zweistufigen Prozess, nach dem zu bestimmen ist, ob ein zugesagtes Gut bzw. eine zugesagte Dienst-leistung (oder ein Paket aus Gütern und Dienstleistungen) ein-zeln abgrenzbar ist:

• Einschätzung auf Ebene des einzelnen Guts bzw. der einzelnen Dienstleistung (d. h., ob die Güter oder Dienstleistungen ein-zeln abgegrenzt werden können)

• Einschätzung, ob das Gut bzw. die Dienstleistung gegenüber anderen Zusagen im Vertrag gesondert identifizierbar ist (d. h., ob das Gut bzw. die Dienstleistung im Vertragskontext einzeln abgrenzbar ist)

Beide Kriterien müssen kumulativ erfüllt sein, damit das Gut bzw. die Dienstleistung wie im Folgenden beschrieben einzeln abgrenz-bar ist. Sind diese Kriterien erfüllt, müssen die individuellen Bilan-zierungseinheiten gesondert behandelt werden.

Identifizierung der Leistungsverpflichtungen des Vertrags4

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28 Siehe IFRS 15.BC100.29 Siehe IFRS 15.BC107.

Dienstleistung entweder einzeln oder in Verbindung mit jederzeit verfügbaren Ressourcen einen Nutzen zieht.

Wie in der Grundlage für Schlussfolgerungen angegeben, basiert die Einschätzung, ob der Kunde aus den Gütern oder Dienstleis-tungen jeweils einzeln einen Nutzen ziehen kann, auf den Eigen-schaften der Güter oder Dienstleistungen und nicht darauf, auf welche Weise der Kunde die Güter oder Dienstleistungen nutzen könnte.28 Somit lässt das Unternehmen bei seiner Einschätzung die vertraglichen Beschränkungen außer Acht, die verhindern könnten, dass der Kunde die jederzeit verfügbaren Ressourcen von einer anderen Partei als dem Unternehmen erhält.

Abgrenzbarkeit im Vertragskontext („distinct within the context of the contract“)

Sobald ein Unternehmen entschieden hat, ob ein Gut oder eine Dienstleistung aufgrund seiner bzw. ihrer individuellen Eigenschaf-ten einzeln abgrenzbar ist, hat es zu prüfen, ob das Gut bzw. die Dienstleistung von anderen Zusagen im Vertrag abgrenzbar ist. Gemäß dem Standard ist dabei Folgendes zu beachten:

In der Grundlage für Schlussfolgerungen wird angemerkt, dass ein Gut oder eine Dienstleistung gegenüber den sonstigen Zusa-gen im Vertrag normalerweise nicht gesondert identifizierbar ist, wenn ein Unternehmen das Gut bzw. die Dienstleistung für einen Einzelprozess oder ein Einzelprojekt einsetzt, der/das das End­ergebnis des Vertrags darstellt.29 Beispielsweise kann ein Unter-nehmen im Rahmen von Fertigungsaufträgen zusätzlich zur Bereitstellung von Gütern oder Dienstleistungen zum Abschluss der Fertigungsvorhaben eine Integrationsleistung erbringen. Der in IFRS 15.29(a) verwendete Indikator wurde aufgrund des Feedbacks aus der Baubranche entwickelt. Er lässt sich jedoch auf alle Branchen anwenden.

Wenn ein zugesagtes Gut bzw. eine zugesagte Dienstleistung nicht einzeln abgrenzbar ist, muss ein Unternehmen dieses Gut oder diese Dienstleistung mit anderen zugesagten Gütern oder Dienstleistungen kombinieren, bis sich ein Paket aus Gütern oder Dienstleistungen identifizieren lässt, das einzeln abgrenzbar ist.

Auszug aus IFRS 15

29. U. a. deuten folgende Faktoren darauf hin, dass die Zusage eines Unternehmens, ein Gut oder eine Dienstleistung auf einen Kunden zu übertragen, (nach Paragraph 27(b)) separat identifizierbar ist:

(a) Das Unternehmen bietet nicht die wesentliche Dienstleistung an, das Gut oder die Dienstleistung mit anderen vertraglich zuge-sagten Gütern oder Dienstleistungen zu einem Paket aus Gütern oder Dienstleistungen zu bündeln (bzw. zu integrieren), welches das vom Kunden vertraglich vereinbarte kombinierte Endergebnis darstellt. Anders ausgedrückt nutzt das Unternehmen das Gut oder die Dienstleistung nicht zur Herstellung oder zur Lieferung des vom Kunden gewünschten Endergebnisses.

(b) Das Gut oder die Dienstleistung modifiziert weder ein sonstiges vertraglich zugesagtes Gut bzw. eine sonstige vertraglich zugesagte Dienstleistung, noch passt es ein anderes vertraglich zugesagtes Gut bzw. eine andere Dienstleistung nach Kundenwünschen an.

(c) Das Gut oder die Dienstleistung ist weder in hohem Maße von sonstigen vertraglich zugesagten Gütern oder Dienstleistungen abhängig, noch mit diesen eng verbunden. So könnte z. B. der Umstand, dass ein Kunde sich dafür entscheiden könnte, das Gut bzw. die Dienstleistung nicht zu erwerben, ohne dass dies die anderen vertraglich zugesagten Güter oder Dienstleistungen wesentlich beeinflusst, darauf hindeuten, dass das Gut bzw. die Dienstleistung weder in hohem Maße von den zugesagten Gütern oder Dienstleistungen abhängig noch eng mit ihnen verbunden ist.

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Falls nur das gesamte Paket der zugesagten Güter und Dienst-leistungen als einzeln abgrenzbare Leistungsverpflichtung identi-fiziert wird, kann der Fall eintreten, dass ein Unternehmen alle in einem Vertrag zugesagten Güter oder Dienstleistungen als eine einzige Leistungsverpflichtung bilanziert.

Identifizierung der Leistungsverpflichtungen des Vertrags4

Die folgenden Beispiele veranschaulichen, wie ein Unternehmen den zweistufigen Prozess durchläuft, um zu prüfen, ob im Rah-men einer Vereinbarung zugesagte Güter oder Dienstleistungen einzeln abgrenzbar sind.

Auszug aus IFRS 15

Beispiel 11 — Prüfung, ob Güter oder Dienstleistungen einzeln abgrenzbar sind (IFRS 15.IE49–IE58)

Fall A — Einzeln abgrenzbare Güter oder DienstleistungenEin Software­Entwicklungsunternehmen unterzeichnet einen Vertrag mit einem Kunden zur Übertragung einer Softwarelizenz, zur Ausführung einer Installationsdienstleistung und zur Erbringung von nicht spezifizierten Software­Aktualisierungen sowie technischem Support (per Internet und Telefon) über einen Zeitraum von zwei Jahren. Das Unternehmen veräußert die Lizenz, die Installations-dienstleistung und den technischen Support separat. Die Installationsdienstleistung umfasst die Änderung des Webscreen für jede Art von Nutzer (zum Beispiel Marketing, Bestandsverwaltung und Informationstechnologie). Diese Installationsdienstleistung wird routinemäßig von anderen Unternehmen ausgeführt und die Software dadurch nicht wesentlich modifiziert. Die Software bleibt auch ohne die Aktualisierungen und den technischen Support funktionsfähig.

Das Unternehmen prüft die dem Kunden zugesagten Güter und Dienstleistungen daraufhin, welche davon in Übereinstimmung mit Paragraph 27 des IFRS 15 einzeln abgrenzbar sind. Das Unternehmen stellt fest, dass die Software vor den übrigen Gütern und Dienstleistungen geliefert wird und ohne die Aktualisierungen und den technischen Support funktionsfähig bleibt. Daraus schließt das Unternehmen, dass der Kunde aus jedem Gut und jeder Dienstleistung einzeln oder gemeinsam mit den sonstigen jederzeit verfüg­baren Gütern und Dienstleistungen einen Nutzen ziehen kann und das in Paragraph 27(a) des IFRS 15 enthaltene Kriterium erfüllt ist.

Das Unternehmen prüft auch die in Paragraph 29 des IFRS 15 enthaltenen Faktoren und stellt fest, dass die Zusage, jedes Gut und jede Dienstleistung auf den Kunden zu übertragen, gegenüber allen anderen Zusagen im Vertrag separat identifizierbar ist (und das in Paragraph 27(b) des IFRS 15 enthaltene Kriterium somit erfüllt ist). Das Unternehmen beobachtet insbesondere, dass durch die Installationsdienstleistung die Software selbst nicht wesentlich modifiziert oder angepasst wird, und so stellen die Software und die Installationsdienstleistung vom Unternehmen zugesagte separate Ergebnisse dar, und keine Inputfaktoren zur Produktion eines kombinierten Ergebnisses.

Auf der Grundlage dieser Einschätzung identifiziert das Unternehmen im Vertrag vier Leistungsverpflichtungen für die folgenden Güter oder Dienstleistungen:

(a) die Softwarelizenz;(b) die Installationsdienstleistung;(c) die Software­Aktualisierungen; und(d) den technischen Support. •

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Auszug aus IFRS 15 | Fortsetzung

Das Unternehmen prüft anhand der Paragraphen 31–38 des IFRS 15, ob alle Leistungsverpflichtungen für die Installationsdienst­leistung, die Software­Aktualisierungen und den technischen Support zu einem bestimmten Zeitpunkt oder über einen bestimmten Zeitraum erfüllt werden. Darüber hinaus beurteilt das Unternehmen in Anwendung von Paragraph B58 des IFRS 15 die Art der vom Unternehmen gegebenen Zusage zur Übertragung der Softwarelizenz (siehe Beispiel 54 in den Paragraphen IE276–IE277).

Fall B — Wesentliche kundenspezifische AnpassungenDie zugesagten Güter und Dienstleistungen sind dieselben wie in Fall A, jedoch ist im Vertrag spezifiziert, dass ein Teil der Installations-dienstleistung darin besteht, den Funktionsumfang der Software an die Anforderungen des Kunden so anzupassen (und damit eine wesentliche kundenspezifische Anpassung der Software vorzunehmen), dass sie eine Schnittstelle zu anderen kundenspezifischen Softwareanwendungen bietet. Die kundenspezifische Installationsdienstleistung kann von Drittunternehmen erbracht werden.

Das Unternehmen prüft die dem Kunden zugesagten Güter und Dienstleistungen, um zu bestimmen, welche Güter und Dienstleistun-gen in Übereinstimmung mit Paragraph 27 des IFRS 15 einzeln abgrenzbar sind. Das Unternehmen stellt fest, dass die Vertrags­bedingungen die Zusage enthalten, die wesentliche Dienstleistung zu erbringen, um die Lizenzsoftware mittels einer an den Kunden angepassten Installationsdienstleistung wie im Vertrag angegeben in das bestehende Softwaresystem zu integrieren. Anders ausge-drückt setzt das Unternehmen die Lizenz und die kundenspezifische Installationsdienstleistung dafür ein, das im Vertrag spezifizierte kombinierte Ergebnis (d. h. ein funktionales und integriertes Softwaresystem) zu erzielen (siehe Paragraph 29(a) des IFRS 15). Weiterhin wird die Software durch die Dienstleistung wesentlich modifiziert und kundenspezifisch angepasst (siehe Paragraph 29(b) des IFRS 15). Auch wenn die kundenspezifische Installationsdienstleistung von Drittunternehmen erbracht werden kann, entscheidet das Unternehmen, dass im Vertragszusammenhang die Zusage, die Lizenz zu übertragen, von der angepassten Installationsdienst-leistung nicht getrennt identifizierbar ist; somit ist das in Paragraph 27(b) des IFRS 15 enthaltene Kriterium (auf Basis der in Para-graph 29 des IFRS 15 enthaltenen Faktoren) nicht erfüllt. Damit sind die Softwarelizenz und die kundenspezifische Installations-dienstleistung nicht einzeln abgrenzbar.

Wie in Fall A kommt das Unternehmen zu dem Schluss, dass die Software­Aktualisierungen und der technische Support von den übrigen im Vertrag gemachten Zusagen einzeln abgrenzbar sind. Dies liegt daran, dass der Kunde entweder einzeln oder gemeinsam mit anderen jederzeit verfügbaren Gütern und Dienstleistungen die Aktualisierungen und den technischen Support nutzen kann und die Zusage, die Software­Aktualisierungen und den technischen Support auf den Kunden zu übertragen, gegenüber den übrigen Zusagen gesondert identifizierbar ist.

Auf der Grundlage dieser Einschätzung identifiziert das Unternehmen im Vertrag drei Leistungsverpflichtungen für die folgenden Güter oder Dienstleistungen:

(a) die kundenspezifische Installationsdienstleistungen (schließt die Softwarelizenz ein);(b) die Software­Aktualisierungen; und(c) den technischen Support.

Das Unternehmen wendet die Paragraphen 31–38 des IFRS 15 an, um zu bestimmen, ob jede einzelne Leistungsverpflichtung zu einem bestimmten Zeitpunkt oder über einen bestimmten Zeitraum hinweg erfüllt wird.

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Es ist wichtig zu beachten, dass die Beurteilung, ob ein Gut oder eine Dienstleistung einzeln abgrenzbar ist, von dem spezifischen mit dem Kunden geschlossenen Vertrag abhängt. D. h., ein Unter-nehmen kann nicht in allen Fällen annehmen, dass ein bestimmtes Gut bzw. eine bestimmte Dienstleistung (nicht) einzeln abgrenz-bar ist. Die Art und Weise der Bündelung vertraglich zugesagter Güter und Dienstleistungen zu einem Paket kann sich auf die Schlussfolgerung auswirken, ob ein Gut oder eine Dienstleistung einzeln abgrenzbar ist. Wir erwarten, dass Unternehmen diesel-ben Güter und Dienstleistungen je nach der Art und Weise, wie diese in einem Vertrag zu einem Paket gebündelt werden, unter-schiedlich behandeln werden.

4.2.2 Reihe einzeln abgrenzbarer Güter und Dienstleistun-gen, die im Wesentlichen gleich sind und auf die gleiche Weise übertragen werdenWährend der Beratungen wurde in verschiedenen Stellungnah-men die Frage geäußert, wie bestimmte Arten zugesagter Güter oder Dienstleistungen, die nacheinander auf den Kunden über-tragen werden, gemäß dem Standard zu behandelt seien. Bei-spiele für derartige Vereinbarungen umfassen langfristige Dienst-leistungsverträge oder die Zusage einer Reihe identischer Güter. So waren z. B. einige der Stellungnehmenden der Ansicht, dass aus dem Exposure Draft von November 2011 nicht klar hervor-ginge, ob ein Drei­Jahres­Dienstleistungsvertrag als eine einzige Leistungsverpflichtung zu bilanzieren sei oder als eine Reihe von Leistungsverpflichtungen, die kürzere Zeitabschnitte (z. B. Jahre, Vierteljahre, Monate, Tage) abdecken. Die Boards rea­gierten darauf mit der Klarstellung, dass dann, wenn ein Gut oder eine Dienstleistung als einzeln abgrenzbar eingestuft wird, Folgendes gilt: Ist dieses Gut oder diese Dienstleistung Teil einer Reihe von im Wesentlichen gleichen und auf die gleiche Art und Weise übertragenen Gütern oder Dienstleistungen, so ist diese Reihe von Gütern oder Dienstleistungen als eine einzige Leis-tungsverpflichtung zu bilanzieren, sofern die beiden folgenden Kriterien kumulativ erfüllt sind:

Identifizierung der Leistungsverpflichtungen des Vertrags4

• Jedes einzeln abgrenzbare Gut bzw. jede einzeln abgrenzbare Dienstleistung der Reihe, für das (die) das Unternehmen die Zusage gibt, diese(s) nacheinander zu übertragen, stellt eine Leistungsverpflichtung dar, die in Einklang mit IFRS 15.35 über einen bestimmten Zeitraum erfüllt würde (siehe Abschnitt 7.1), wenn es (sie) gesondert bilanziert würde.

• Das Unternehmen würde seinen Fortschritt im Hinblick auf die Erfüllung der Leistungsverpflichtung für jedes einzeln abgrenz-bare Gut bzw. für jede einzeln abgrenzbare Dienstleistung der Reihe nach der gleichen Methode zur Bestimmung des Leistungs-fortschritts messen (siehe Abschnitt 7.1.4).

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30 Siehe IFRS 15.BC116.

Unsere Sichtweise IAS 18 weist darauf hin, dass ein Unternehmen in manchen Fällen die dort enthaltenen Ansatzkriterien auf separat identi-fizierbare Vertragskomponenten anwenden muss, um den wirtschaftlichen Gehalt des Geschäftsvorfalls zutreffend abzu-bilden. Der Standard enthält jedoch keine zusätzlichen Anwendungsleitlinien zur Bestimmung dieser separaten Kom-ponente. Daher könnten die Regelungen in IFRS 15 eine Änderung der bisherigen Bilanzierungspraxis herbeiführen.

Viele Abschlussersteller nach IFRS haben sich bei der Festle-gung ihrer Bilanzierungs­ und Bewertungsmethoden an den US­GAAP orientiert. Ob der neue Standard zu einer Änderung ihrer bisherigen Bilanzierungs­ und Bewertungspraxis führt, könnte davon abhängen, welche Bestimmungen der US­GAAP sie für Zwecke der IFRS­Bilanzierung adaptiert haben.

Der erste Schritt des zweistufigen Prozesses zur Bestimmung, ob Güter oder Dienstleistungen einzeln abgrenzbar sind, verläuft vergleichbar zu den nach US­GAAP geltenden Grund-sätzen zur Bestimmung separater Bilanzierungseinheiten, wie sie derzeit in Accounting Standards Codification (ASC) 605–25 Revenue Recognition — Multiple-Element Arrangements (Umsatzrealisierung — Mehrkomponentenverträge) nieder­gelegt sind. Der zweite Schritt (mit dem bestimmt wird, ob die Güter oder Dienstleistungen im Vertragszusammenhang einzeln abgrenzbar sind), ist indes gänzlich neu. Unterneh-men können daher nach dem neuen Standard zu anderen Schlussfolgerungen im Hinblick auf die Identifizierung sepa­rater Leistungsverpflichtungen gelangen als nach gegen­wärtiger Praxis.

Unternehmen, die sich bei der Festlegung ihrer Bilanzie-rungs- und Bewertungsmethoden an anderen Anforderungen gemäß US­GAAP wie z. B. ASC 985–605 Software — Revenue Recognition (Software – Umsatzrealisierung) orientiert haben, können nach IFRS 15 ebenfalls zu abweichenden Schluss­folgerungen im Hinblick auf die Identifizierung separater Leistungsverpflichtungen gelangen.

Unabhängig davon, ob in einem langfristigen Dienstleistungs­vertrag eine oder mehrere Leistungsverpflichtungen zu identifi-zieren sind, führt die Bilanzierung gemäß IFRS 15 im Allgemei-nen zur gleichen buchhalterischen Abbildung, solange eine feste Gegenleistung vereinbart wurde (vorausgesetzt, es besteht keine wesentliche Finanzierungskomponente). Die Tatsache, ob eine oder mehrere Leistungsverpflichtungen vorliegen, kann indes dann zu wesentlichen Auswirkungen führen, wenn variable Gegen-leistungen vereinbart sind (siehe Abschnitt 6.3).

Wie in der Grundlage für Schlussfolgerungen angemerkt, beob-achteten die Boards, dass diese Anforderung sich eher auf Güter oder Dienstleistungen anwenden lässt, die nacheinander statt gleichzeitig geliefert werden.30 Die Boards entschieden, dass der Standard keine Ausnahmeregelung für gleichzeitig gelieferte, einzeln abgrenzbare Güter oder Dienstleistungen vorsehen muss, die auf die gleiche Weise übertragen werden. Mit anderen Wor-ten: Nach Ansicht der Boards wäre es dem Unternehmen in diesen Fällen nicht verwehrt, die Güter oder Dienstleistungen als eine einzige Leistungsverpflichtung zu bilanzieren, vorausgesetzt, das Ergebnis wäre dasselbe wie bei einer Behandlung der Güter oder Dienstleistungen als individuelle Leistungsverpflichtungen.

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4.3 Nicht einzeln abgrenzbare Güter und Dienstleistungen

Wenn ein Gut oder eine Dienstleistung die Kriterien der individu-ellen Abgrenzbarkeit nicht erfüllt, muss ein Unternehmen dieses Gut oder diese Dienstleistung so lange mit anderen zugesagten Gütern oder Dienstleistungen kombinieren, bis sich ein Paket aus Gütern oder Dienstleistungen identifizieren lässt, das einzeln abgrenzbar ist. Dies kann zur Folge haben, dass das Unternehmen sämtliche in dem betreffenden Vertrag zugesagten Güter oder Dienstleistungen als eine einzige Leistungsverpflichtung zu bilan-zieren hat. Außerdem könnte dies dazu führen, dass ein Unter-nehmen ein nicht als einzeln abgrenzbar eingestuftes Gut bzw. eine Dienstleistung mit einem anderen Gut bzw. einer Dienst­leistung zusammenlegt, das (die) für sich genommen die Krite-rien der individuellen Abgrenzbarkeit erfüllt hätte (siehe Abschnitt 4.2).

Beispiel 4­1 auf der nächsten Seite zeigt, wie nicht einzeln abgrenzbare Güter bzw. Dienstleistungen mit anderen kombi-niert werden.

4.4 Überlegungen zur Konstellation Auftraggeber (principal) oder Vermittler (agent)

Manche Verträge führen zu Konstellationen, in denen der Kunde eines Unternehmens Güter oder Dienstleistungen von einem anderen Unternehmen erhält, mit dem der Kunde keinen direkten Vertrag abgeschlossen hat. Sobald Dritte an der Lieferung von Gütern oder an der Erbringung von Dienstleistungen an den Kun-den eines Unternehmens beteiligt sind, hat das Unternehmen nach Maßgabe des Standards zu bestimmen, worin genau seine eigene Leistungsverpflichtung besteht. Besteht die Leistungs­verpflichtung des Unternehmens darin, das Gut an den Kunden

Identifizierung der Leistungsverpflichtungen des Vertrags4

selbst zu liefern oder die Dienstleistung selbst zu erbringen, dann wird das Unternehmen als Auftraggeber (principal) tätig. Sofern das Unternehmen einen Dritten mit der Lieferung des Guts oder der Erbringung der Dienstleistung beauftragt, handelt es dagegen als Vermittler (agent).

Diese Unterscheidung ist maßgeblich für die Höhe der von dem Unternehmen zu erfassenden Umsatzerlöse. Ist das Unterneh-men als Auftraggeber tätig, dann erfasst es die Umsatzerlöse in Höhe des Bruttobetrags, auf den das Unternehmen voraussicht-lich Anspruch hat. Agiert das Unternehmen hingegen nur als Vermittler, erfasst es den Nettobetrag, auf den es als Gegenleis-tung für seine Vermittlungstätigkeiten Anspruch hat. Die Gebühr oder Provision des Unternehmens kann dem Nettobetrag der Gegenleistung entsprechen, die das Unternehmen zurückbehält, nachdem es die Gegenleistung für die von diesem Drittunterneh-men gelieferten Güter oder Dienstleistungen erhalten und an das Drittunternehmen gezahlt hat.

Die Leistungsverpflichtungen eines Auftraggebers aus einer Ver-einbarung unterscheiden sich von denen eines Vermittlers. Wenn beispielsweise ein Unternehmen die Verfügungsgewalt über die Güter oder Dienstleistungen eines Dritten erhält, bevor es diese auf den Kunden überträgt, kann die Leistungsverpflichtung des Unternehmens darin bestehen, diese Güter oder Dienstleistungen selbst zu liefern. In diesem Fall handelt das Unternehmen ver-mutlich als Auftraggeber, sodass es die Umsatzerlöse, auf die es Anspruch hat, in Höhe des Bruttobetrags erfassen würde. Ein Unternehmen, das das Eigentum an einem Produkt nur vorüber-gehend erlangt, bevor dieses auf den Kunden übergeht, handelt nicht unbedingt als Auftraggeber. Ein Vermittler trägt hingegen lediglich dazu bei, den Verkauf von Gütern oder Dienstleistungen an den Kunden zu erleichtern. Im Gegenzug erhält er hierfür eine Gebühr oder eine Provision. Im Allgemeinen hat er jedoch zu kei-nem Zeitpunkt die Verfügungsgewalt über die Güter oder Dienst-leistungen. Die Leistungsverpflichtung des Vermittlers besteht somit darin, dafür zu sorgen, dass ein Drittunternehmen die Güter oder Dienstleistungen an den Kunden liefert.

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Beispiel 4-1 Bündelung untrennbarer Güter und Dienstleistungen

Unternehmen Z ist ein Softwareentwicklungsunternehmen, das Hosting­Leistungen für verschiedene Konsumgüterhersteller erbringt. Unternehmen Z hat eine „Hosted Software“ für das Bestandsmanagement im Angebot, bei der es erforderlich ist, dass der Kunde auch Hardware von Unternehmen Z erwirbt. Außerdem bietet Unternehmen Z Beratungsleistungen an, die sich auf die Migration alter Daten und die Schaffung von Schnittstellen mit den bestehenden Rechnungslegungssystemen im Backoffice beziehen. Unternehmen Z liefert die Hardware immer zuerst, dann folgen die Beratungsleistungen und abschließend die laufenden Hosting­Leistungen.

Szenario A – Alle Güter und Dienstleistungen werden separat verkauftUnternehmen Z bestimmt, dass alle vertraglich vereinbarten individuellen Güter und Dienstleistungen einzeln abgrenzbar sind, da das Unternehmen jede Vertragskomponente regelmäßig separat verkauft. Darüber hinaus kommt Unternehmen Z zu dem Schluss, dass diese Güter und Dienstleistungen von anderen im Vertrag gegebenen Zusagen abgrenzbar sind, da das Unternehmen keine wesentliche Dienstleistung in Bezug auf die Integration der Güter und Dienstleistungen erbringt und außerdem der Grad der kundenspezifischen Anpassung nicht wesentlich ist. Da außerdem der Kunde jedes Gut bzw. jede Dienstleistung gesondert erwerben (bzw. nicht erwerben) könnte, ohne dass sich dies auf die übrigen erworbenen Güter und Dienstleistungen wesentlich auswirkt, sind die Güter und Dienst-leistungen weder voneinander in hohem Maße abhängig noch eng miteinander verbunden. Demzufolge werden die Hardware, die Beratungsleistungen und die Hosting­Leistungen jeweils als separate Leistungsverpflichtungen bilanziert.

Szenario B – Nicht separat verkaufte HardwareUnternehmen Z stellt fest, dass die Beratungsleistungen einzeln abgrenzbar sind, da es diese Leistungen häufig separat verkauft (so erbringt Unternehmen Z auch Beratungsleistungen in Bezug auf Hard­ und Software, die es nicht selbst verkauft). Das Unternehmen legt außerdem fest, dass die Hosting­Leistungen ebenfalls einzeln abgrenzbar sind, da es auch diese marktseitig separat anbietet. Beispiel: Kunden, bei denen die ursprüngliche Vertragslaufzeit abgelaufen ist und die sich Monat für Monat dafür entscheiden, die Hosting­Leistungen weiter zu beziehen, erwerben diese Leistungen separat. Die Hardware wird dagegen stets in einem Paket mit den Beratungs­ und Hosting­Leistungen verkauft und der Kunde kann die Hardware nicht allein oder mit jederzeit dafür verfügbaren Ressourcen nutzen. Infolgedessen kommt Unternehmen Z zu dem Schluss, dass die Hardware nicht einzeln abgrenzbar ist.

Unternehmen Z muss entscheiden, welche vertraglich vereinbarten Güter und Dienstleistungen mit der Hardware in einem Paket zusammengefasst werden müssen. Dabei dürfte Unternehmen Z zu folgendem Ergebnis gelangen: Da die Hardware integraler Teil der Lieferung der gehosteten Software ist, sind die Hardware und die Hosting­Leistungen als eine einzige Leistungsverpflichtung zu bilanzieren. Die Beratungsleistungen, die einzeln abgrenzbar sind, würden hingegen als (weitere) separate Leistungsverpflichtung erfasst.

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31 Siehe IFRS 15.BC382.

Da aus Verträgen oftmals nicht eindeutig hervorgeht, wer der Auf-traggeber ist, haben die Boards in den Standard entsprechende Indikatoren aufgenommen, die in Zweifelsfällen darauf schließen lassen, dass es sich bei der zu betrachtenden Leistungsverpflich-tung um ein Vermittlungsgeschäft handelt.

Auszug aus IFRS 15

B37. Folgende Indikatoren deuten darauf hin, dass ein Unter-nehmen als Vermittler agiert (und somit nicht die Verfügungs-gewalt über das Gut oder die Dienstleistung besitzt, bevor diese(s) an den Kunden geliefert bzw. geleistet wird):

(a) für die Erfüllung des Vertrags ist im Wesentlichen eine andere Partei verantwortlich;

(b) das Unternehmen trägt weder vor noch nach der Bestel-lung durch den Kunden und damit auch nicht während der Lieferung oder bei der Rückgabe des Produkts ein Bestandsrisiko;

(c) das Unternehmen kann die Preisgestaltung im Hinblick auf die Güter oder Dienstleistungen der anderen Partei nicht nach eigenem Ermessen beeinflussen. Der Gewinn, den das Unternehmen mit diesen Gütern oder Dienstleistungen erzielen kann, ist somit begrenzt;

(d) die Vergütung des Unternehmens besteht in einer Provision; und

(e) das Unternehmen trägt im Zusammenhang mit der gegen den Kunden bestehenden Forderung aus der Lieferung von Gütern oder Erbringung von Dienstleistungen durch die andere Partei kein Ausfallrisiko.

Wie in der Grundlage für Schlussfolgerungen angegeben, basieren die im obigen Auszug beschriebenen Indikatoren auf entsprechen-den Indikatoren, die bereits in den gegenwärtigen Vorschriften zur Umsatzrealisierung nach IFRS und US­GAAP enthalten sind.31 Die in IFRS 15 beschriebenen Indikatoren haben jedoch einen

Identifizierung der Leistungsverpflichtungen des Vertrags4

anderen Zweck als die Regelungen nach den aktuell geltenden IFRS: Sie basieren auf den Konzepten der Identifizierung von Leistungsverpflichtungen und der Übertragung von Gütern oder Dienstleistungen.

Um zu bestimmen, ob ein Unternehmen als Auftraggeber oder Vermittler auftritt, ist es von grundlegender Bedeutung, die in einem Vertrag enthaltene Leistungsverpflichtung des Unterneh-mens richtig zu identifizieren. Mit anderen Worten: Damit ein Unternehmen zu dem Schluss gelangen kann, dass es bei der Vereinbarung als Auftraggeber agiert, muss es zuvor die Ver­fügungsgewalt über die dem Kunden zugesagten Güter oder Dienstleistungen besitzen, bevor diese auf den Kunden übertra-gen werden. Die in IFRS 15 beschriebenen Indikatoren sollen das Unternehmen bei dieser zentralen Fragestellung zur Verfü-gungsgewalt unterstützen.

Nachdem ein Unternehmen seine Zusage identifiziert und fest­gestellt hat, ob es als Auftraggeber oder Vermittler agiert, erfasst es seine Umsatzerlöse, sobald es die Leistungsverpflichtung erfüllt hat (siehe hierzu auch Abschnitt 7). Bei einigen Verträgen, in denen das Unternehmen als Vermittler agiert, könnte der Fall eintreten, dass die Verfügungsgewalt über die vom Vermittler zugesagten Güter oder Dienstleistungen auf den Kunden übergeht, bevor der Kunde die Güter oder Dienstleistungen vom Auftrag-geber erhält. So kann ein Unternehmen beispielsweise seine Zusage, Kunden Treuepunkte zu gewähren, mit der Übertragung dieser Punkte auf den Kunden erfüllen, sofern

• die Zusage des Unternehmens sich darauf beschränkt, Kunden Treuepunkte zu gewähren, wenn diese Güter oder Dienstleis-tungen vom Unternehmen erwerben,

• die Punkte in der Zukunft zu Preisermäßigungen bei Kauf-transaktionen mit einer dritten Partei berechtigen (d. h. die Punkte stellen ein wesentliches Recht auf einen zukünftigen Rabatt dar) und

• das Unternehmen bestimmt, dass es als Vermittler agiert (d. h., seine Zusage besteht darin, dafür zu sorgen, dass Kunden Punkte erhalten), und das Unternehmen keine Verfügungs-gewalt über diese Punkte besitzt, bevor sie auf den Kunden übertragen werden.

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32 Siehe IFRS 15.BC385.

Unsere Sichtweise Wie bisher auch müssen Unternehmen sorgfältig abwägen, ob im jeweiligen Einzelfall eine Brutto­ oder eine Nettodarstel-lung angemessen ist. IFRS 15 enthält Anwendungsleitlinien, nach denen zu bestimmen ist, ob ein Unternehmen bei einer Vereinbarung als Auftraggeber oder als Vermittler handelt. Diese Leitlinien sind denen der gegenwärtigen IFRS ähnlich. Unternehmen können daher zu ähnlichen Schlussfolgerungen gelangen wie nach den derzeitigen IFRS. Der Standard führt jedoch als weiteres Beurteilungskriterium die Fragestellung an, ob das Unternehmen die Verfügungsgewalt über die Güter oder Dienstleistungen besitzt. Dieses Leitprinzip ergänzt die im Standard aufgeführten Indikatoren. Im Ergebnis kann sich dies durchaus auf die Einschätzung auswirken, ob ein Unter-nehmen in einer Vereinbarung als Auftraggeber oder Vermitt-ler agiert.

Wenn dagegen die Punkte Kunden zum Bezug künftiger Güter oder Dienstleistungen des Unternehmens berechtigen, kann das Unternehmen daraus folgern, dass es nicht als Vermittler agiert. Dies liegt darin begründet, dass die Zusage des Unternehmens lautet, diese zukünftigen Güter zu liefern bzw. Dienstleistungen zu erbringen. Somit hat das Unternehmen sowohl die Verfügungs-gewalt über die Punkte als auch über die künftigen Güter oder Dienstleistungen, bevor sie auf den Kunden übertragen werden. In diesen Fällen kann die Leistungsverpflichtung des Unterneh-mens nur erfüllt werden, sobald die künftigen Güter oder Dienst-leistungen geliefert werden.

In anderen Fällen können die Punkte Kunden dazu berechtigen, zwischen künftigen Gütern oder Dienstleistungen zu wählen, die entweder das Unternehmen oder ein Drittunternehmen liefert. In dieser Situation kann es vorkommen, dass die Art der Leistungs-verpflichtung des Unternehmens erst dann bekannt wird, wenn der Kunde seine Auswahl trifft. Mit anderen Worten: Bis der Kunde die zu liefernden Güter oder Dienstleistungen ausgewählt hat (und damit feststeht, ob das Unternehmen oder das Drittunter-nehmen diese liefern soll), muss sich das Unternehmen bereit-halten, Güter zu liefern oder Dienstleistungen zu erbringen. Es kann also der Fall eintreten, dass das Unternehmen seine Leis-tungsverpflichtung nicht erfüllt, bis es entweder die Güter oder Dienstleistungen liefert oder nicht länger verpflichtet ist, sich dazu bereitzuhalten. Wenn der Kunde sich anschließend dafür entscheidet, die Güter oder Dienstleistungen von einem Dritten zu beziehen, müsste das Unternehmen überlegen, ob es als Vermittler agiert hat. In diesem Fall würde es Umsatzerlöse erfas-sen, jedoch nur für die Gebühr oder Provision, die das Unter­nehmen für das Erbringen der Dienstleistungen an den Kunden und das Drittunternehmen erhält. Die Boards wiesen darauf hin, dass dies den gegenwärtigen Anforderungen für Kunden­bindungsprogramme von IFRIC 13 entspricht.32

Auch wenn ein Unternehmen in der Lage sein kann, seine Ver-pflichtung zur Lieferung von Gütern oder Erbringung von Dienst-leistungen auf ein Drittunternehmen zu übertragen, erfüllt eine solche Übertragung nach Angaben der Boards nicht immer die Leistungsverpflichtung. Stattdessen hat das Unternehmen zu beurteilen, ob eine neue Leistungsverpflichtung geschaffen wurde, die darin besteht, einen Kunden für das Unternehmen zu gewin-nen, das die Leistungsverpflichtung übernimmt (d. h., ob das Unternehmen jetzt als Vermittler tätig ist).

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Identifizierung der Leistungsverpflichtungen des Vertrags4

Auszug aus IFRS 15

Beispiel 47 — Zusage der Lieferung von Gütern oder Dienstleistungen (Unternehmen als Auftraggeber) (IFRS 15.IE239–IE243)

Ein Unternehmen handelt mit großen Fluggesellschaften aus, Flugtickets im Vergleich zu den Ticketpreisen, die Endkunden direkt berechnet würden, zu ermäßigten Preisen zu erwerben. Das Unternehmen vereinbart, eine spezifische Anzahl Tickets zu erwerben, und muss diese bezahlen, und zwar unabhängig davon, ob es diese weiterveräußern kann. Der vom Unternehmen gezahlte ermäßigte Ticketpreis wird im Vorfeld ausgehandelt und vertraglich vereinbart.

Das Unternehmen legt die Preise fest, zu denen es die Flugtickets an seine Kunden veräußern wird. Es verkauft die Tickets und ver-einnahmt die Gegenleistung der Kunden direkt beim Kauf, sodass kein Kreditrisiko entsteht. Das Unternehmen unterstützt Kunden auch bei Beschwerden in Bezug auf den von den Fluggesellschaften gebotenen Service. Jede Fluggesellschaft ist dafür verantwortlich, die mit den Tickets verbundenen Verpflichtungen zu erfüllen; dazu gehören auch Entschädigungen der Kunden, die mit ihrem Service unzufrieden sind.

Um festzustellen, ob die Leistungsverpflichtung des Unternehmens darin besteht, die festgelegten Güter selbst zu liefern bzw. die Dienst-leistungen selbst zu erbringen (d. h. das Unternehmen ist Auftraggeber) oder stattdessen die Lieferung dieser Güter bzw. Erbringung dieser Dienstleistungen durch ein Drittunternehmen herbeizuführen (d. h. das Unternehmen ist Vermittler), überprüft das Unterneh-men seine Zusage. Dabei wird festgestellt, dass seine Zusage darin besteht, dem Kunden ein Ticket zu liefern, das zu einer bestimm-ten Flugreise oder zu einem alternativen Flug berechtigt, sofern der ursprüngliche Flug geändert oder storniert wird. Bei der Prüfung, ob das Unternehmen die Verfügungsgewalt über das Recht auf den Flug erlangt, bevor diese auf den Kunden übergeht, und ob das Unternehmen als Auftraggeber agiert, analysiert das Unternehmen die in Paragraph B37 des IFRS 15 enthaltenen Indikatoren wie folgt:

(a) Das Unternehmen ist im Wesentlichen für die Erfüllung des Vertrags verantwortlich, der das Recht auf die Flugreise festschreibt. Das Unternehmen ist jedoch nicht dafür verantwortlich, den Flug bereitzustellen, da hierzu die Fluggesellschaft verpflichtet ist.

(b) Das Unternehmen trägt das Bestandsrisiko für die Tickets, da es sie erwirbt, bevor es sie an seine Kunden veräußert, und das Unternehmen muss alle Verluste tragen, sofern es ihm nicht gelingt, die Tickets für mehr als die Erwerbskosten zu veräußern.

(c) Das Unternehmen kann die Verkaufspreise, die es seinen Kunden für die Tickets berechnet, nach eigenem Ermessen festlegen.

(d) Aufgrund der Möglichkeit, die Verkaufspreise selbst festzulegen, stellt der von dem Unternehmen erwirtschaftete Betrag keine Provision dar. Vielmehr hängt er von dem festgelegten Verkaufspreis und von den Ticketkosten ab, die mit der Fluggesellschaft ausgehandelt wurden.

Das Unternehmen zieht daraus die Schlussfolgerung, dass seine Zusage darin besteht, dem Kunden ein Ticket (d. h. ein Recht auf eine Flugreise) zu liefern. Auf Basis der in Paragraph B37 des IFRS 15 enthaltenen Indikatoren kommt das Unternehmen zu dem Schluss, dass es die Verfügungsgewalt über die Tickets besitzt, bevor diese dem Kunden ausgehändigt werden. Das Unternehmen schließt daraus, dass es bei dieser Transaktion als Auftraggeber agiert, und erfasst Umsatzerlöse in Höhe des Bruttobetrags der Gegenleistung, die ihm für die Übertragung der Tickets zusteht. •

Der Standard enthält die folgenden Beispiele, um die Umsetzung der Anwendungsleitlinien zur Abgrenzung Auftraggeber versus Vermittler zu veranschaulichen:

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Auszug aus IFRS 15 | Fortsetzung

Beispiel 48 — Vorbereitung der Lieferung von Gütern oder Dienstleistungen (Unternehmen als Vermittler) (IFRS 15.IE244–IE248)

Ein Unternehmen verkauft Gutscheine, die Kunden das Recht auf fertig zubereitete Speisen in bestimmten Restaurants gewähren. Der Verkaufspreis der Gutscheine liegt deutlich unter den regulären Verkaufspreisen der Speisen (so zahlt ein Kunde beispielsweise WE 100 für einen Gutschein, der ihn zum Verzehr eines Gerichts im Wert von WE 200 in einem Restaurant berechtigt). Das Unter-nehmen erwirbt Gutscheine nicht im Voraus, sondern ausschließlich auf Bestellung durch Kunden. Es vertreibt die Gutscheine über seine Website; die Gutscheine sind nicht rückerstattungsfähig.

Die Verkaufspreise der Gutscheine werden von dem Unternehmen und den Restaurants gemeinsam festgelegt. Das Unternehmen ist berechtigt, 30 Prozent des Gutscheinpreises bei Verkauf für sich zu vereinnahmen. Ein Ausfallrisiko besteht nicht, da die Kunden die Gutscheine bei Erwerb sofort bezahlen.

Das Unternehmen unterstützt seine Kunden bei der Durchsetzung von Beschwerden in Zusammenhang mit den Speisen und hat ein Kundenzufriedenheitsprogramm eingerichtet. Das Restaurant ist dafür verantwortlich, die mit den Gutscheinen verbundenen Verpflichtungen zu erfüllen; dies beinhaltet Entschädigungen für mit dem Service unzufriedenen Kunden.

Um zu bestimmen, ob das Unternehmen hierbei als Auftraggeber oder Vermittler handelt, beurteilt das Unternehmen die Art seiner Zusage und ermittelt, ob es die Verfügungsgewalt über den Gutschein (d. h. ein Recht) vor Übertragung der Verfügungsgewalt auf den Kunden innehat. Bei dieser Bestimmung analysiert das Unternehmen die in Paragraph B37 des IFRS 15 enthaltenen Indikatoren wie folgt:

(a) das Unternehmen ist nicht für die Bereitstellung der Speisen verantwortlich, dies erfolgt durch die jeweiligen Restaurants;

(b) das Unternehmen trägt kein Bestandsrisiko für die Gutscheine, da diese erst bei Weiterverkauf an den Kunden erworben werden und die Gutscheine nicht rückerstattungsfähig sind;

(c) das Unternehmen verfügt über einen gewissen Ermessensspielraum bei der Festlegung der den Kunden für die Gutscheine berechneten Verkaufspreise (allerdings erfolgt dies gemeinsam mit den Restaurants); und

(d) das Unternehmen erhält eine Gegenleistung in Form einer Provision, da es Anspruch auf einen festen Prozentsatz (30 Prozent) des Gutscheinpreises hat.

Das Unternehmen schließt daraus, dass seine Zusage darin besteht, die Lieferung von Gütern oder Erbringung von Dienstleistungen an Kunden (die Erwerber der Gutscheine) gegen Provision zu vermitteln. Auf der Grundlage der in Paragraph B37 des IFRS 15 enthaltenen Indikatoren kommt das Unternehmen zu dem Schluss, dass es keine Verfügungsgewalt über die Gutscheine hat, die das Recht auf den Verzehr von Speisen verleihen, bevor diese auf den Kunden übergehen. Daraus schließt es, dass es bei dieser Ver­einbarung (lediglich) als Vermittler agiert, und erfasst die Umsatzerlöse in Höhe des Nettobetrags der Gegenleistung, auf die das Unternehmen aufgrund seiner Dienstleistung Anspruch hat; diese beträgt 30 Prozent Provision bei Verkauf eines jeden Gutscheins.

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Identifizierung der Leistungsverpflichtungen des Vertrags44.5 Lieferungen auf KommissionUnternehmen liefern häufig Vorratsgüter auf Kommissionsbasis an andere Parteien, beispielsweise an Vertriebsunternehmen oder an Händler. Durch Kommissionsgeschäfte kann der Kommit-tent seine Produkte besser vermarkten, da diese im Allgemei-nen näher zum Endverbraucher gelangen. Es findet dabei regel-mäßig jedoch kein Verkauf der Produkte an den Zwischenhändler (Kommissionär) statt.

Die Boards haben die folgenden Indikatoren festgelegt, die grundsätzlich für die Vereinbarung eines Kommissionsgeschäfts sprechen:

Auszug aus IFRS 15

B78. Folgende Aufzählung enthält Indikatoren dafür, dass eine Vereinbarung ein Kommissionsgeschäft begründet, wobei die Aufzählung keinen Anspruch auf Vollständigkeit erhebt:

(a) das Unternehmen hat die Verfügungsgewalt über das Pro-dukt, bis ein spezifisches Ereignis wie bspw. der Verkauf des Produkts an einen Kunden des Händlers eintritt oder bis ein festgelegter Zeitraum abläuft;

(b) das Unternehmen ist in der Lage, die Rückgabe des Pro-dukts zu verlangen oder das Produkt auf einen Dritten (z. B. einen anderen Händler) zu übertragen;

(c) der Händler ist nicht bedingungslos verpflichtet, für das Produkt eine Zahlung zu leisten (es kann jedoch eine Anzahlung von ihm verlangt werden).

Unternehmen, die ein Kommissionsgeschäft eingehen, müssen die Art der Leistungsverpflichtung bestimmen (d. h., ob die Verpflichtung darin besteht, die Kommissionsware auf den Kom-missionär oder auf den Endkunden zu übertragen). Diese Ent-scheidung basiert auf der zentralen Fragestellung, ob die Verfü-gungsgewalt über die Kommissionsware bei Lieferung auf den Kommissionär übergeht oder nicht. In der Regel gibt ein Kom-mittent die Verfügungsgewalt über die Kommissionsware erst bei Verkauf der Produkte an den Endverbraucher oder – in bestimmten Fällen – nach Ablauf eines festgelegten Zeitraums ab. Kommissionären entsteht üblicherweise erst zu dem Zeit-punkt eine Zahlungsverpflichtung für die Vorräte, wenn die Pro-dukte an einen Dritten verkauft werden. In diesem Fall sind sie verpflichtet, dem Kommittenten den vereinbarten Teil des Ver-kaufspreises zu zahlen. Bei Kommissionsvereinbarungen findet also zum Zeitpunkt der Lieferung der Produkte an den Kommis-sionär im Allgemeinen keine Umsatzrealisierung statt, da die Verfügungsgewalt (noch) nicht übertragen wurde (d. h., die Leistungsverpflichtung zur Lieferung der Produkte an den Kun-den ist zu diesem Zeitpunkt grundsätzlich noch nicht erfüllt).

4.6 Optionen des Kunden zum Erwerb zusätzlicher Güter oder Dienstleistungen

Viele Kaufverträge räumen Kunden die Möglichkeit ein, zusätz­liche Güter oder Dienstleistungen zu erwerben. In manchen Fällen können diese zusätzlichen Güter oder Dienstleistungen mit einem Preisnachlass oder sogar kostenlos erworben werden. Optionen zum vergünstigten Erwerb zusätzlicher Güter oder Dienstleistun-gen gibt es beispielsweise in Form von Kaufanreizen, Treueprä-mien (z. B. Vielfliegerprogramme), Vertragsverlängerungsoptio-nen (z. B. Verzicht auf bestimmte Gebühren, Reduzierung der Tarife) oder sonstigen Preisnachlässen auf zukünftig erworbene Güter oder Dienstleistungen.

Wenn ein Unternehmen einem Kunden eine solche Option ein-räumt, so ergibt sich daraus gemäß dem Standard nur dann eine separate Leistungsverpflichtung, wenn die Option dem Kunden ein wesentliches Recht gewährt. Dies ist dann der Fall, wenn die Option zu einem Preisnachlass führt, den der Kunde ohne Ver-tragsabschluss nicht erhalten würde. Das kann beispielsweise ein Preisnachlass sein, der über den Rabatten liegt, die in dieser

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Region oder auf diesem Markt üblicherweise für gleichartige Güter oder Dienstleistungen an ähnliche Kunden gewährt werden. Die Boards haben in den Standard keine klarstellenden Anwen-dungshinweise des Terminus „wesentliches Recht“ aufgenommen, jedoch in der Grundlage für Schlussfolgerungen erläutert, dass der Zweck dieser Anforderung darin bestehe, solche Optionen zu identifizieren und zu bilanzieren, für die Kunden (oftmals impli-zit) als Teil der Geschäftstransaktion etwas bezahlen.33

Entspricht der mit der Option eingeräumte Preisnachlass dem Einzelveräußerungspreis (unabhängig von bereits bestehenden Geschäftsbeziehungen oder Verträgen), so wird angenommen, dass es sich dabei nicht um die Einräumung eines wesentlichen Rechts, sondern um ein Werbeangebot handelt. Gemäß dem Standard ist dies selbst dann der Fall, wenn die Option nur aus-geübt werden kann, weil der Kunde die frühere Transaktion ver-traglich vereinbart hatte. Die Beurteilung, ob das Unternehmen seinem Kunden ein wesentliches Recht eingeräumt hat, könnte unter Umständen ein beträchtliches Maß an Ermessensausübung erfordern.

Unsere Sichtweise Die gegenwärtigen IFRS enthalten keine Anwendungsleitlinien zur Unterscheidung einer Option von einem Werbeangebot. Außerdem ist nicht geregelt, wie Optionen zu bilanzieren sind, mit denen ein wesentliches Recht eingeräumt wird. Es ist daher möglich, dass Unternehmen solche Optionen bislang als Wer-beangebot bilanziert haben. Der neue Standard enthält Anfor-derungen zur Bilanzierung von Optionen auf zusätzliche Güter oder Dienstleistungen. So wäre beispielsweise eine sorgfältige Beurteilung der Vertragsbedingungen von großer Bedeutung, um zwischen Optionen und Werbeangeboten zu unterschei-den, da dies Einfluss auf den Zeitpunkt der Umsatzrealisierung bei dem Teil des Transaktionspreises haben könnte, der einer Option zugeordnet wird. Die Anforderungen nach IFRS 15 in Bezug auf den Betrag des Transaktionspreises, der der Option zuzuordnen ist, weichen aufgrund des Fehlens von Anwen-dungsleitlinien in den derzeitigen IFRS stark von der gegen-wärtigen Praxis ab (siehe Abschnitt 6.1.5).

33 Siehe IFRS 15.BC386.

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Identifizierung der Leistungsverpflichtungen des Vertrags4

Auszug aus IFRS 15

Beispiel 49 — Option räumt dem Kunden ein wesentliches Recht ein (Rabattgutschein) (IFRS 15.IE250–IE253)

Ein Unternehmen schließt einen Vertrag über den Verkauf von Produkt A für WE 100. Die Gewährung eines Rabattgutscheins über 40 Prozent auf weitere Käufe bis zu WE 100 in den nächsten 30 Tagen ist Vertragsbestandteil. Das Unternehmen beabsichtigt, im Rahmen einer saisonalen Verkaufsförderungsmaßnahme einen Nachlass von 10 Prozent auf alle Verkäufe innerhalb der nächsten 30 Tage zu gewähren. Der 10­Prozent­Rabatt kann nicht zusätzlich zu dem 40­Prozent­Rabattgutschein genutzt werden.

Da alle Kunden einen Rabatt von 10 Prozent auf Käufe innerhalb der nächsten 30 Tage erhalten, ist der einzige Nachlass, der dem Kunden ein wesentliches Recht einräumt, der diese 10 Prozent übersteigende Nachlass (d. h. der zusätzliche 30­Prozent­Rabatt). Das Unterneh-men bilanziert die Zusage des zusätzlichen Nachlasses als eine Leistungsverpflichtung aus dem Vertrag über den Verkauf des Produkts A.

Um den Einzelveräußerungspreis des Rabattgutscheins gemäß Paragraph B42 des IFRS 15 zu schätzen, legt das Unternehmen eine 80 %­Wahrscheinlichkeit zugrunde, dass ein Kunde den Gutschein einlöst. Es nimmt außerdem an, dass ein Kunde bei Einlösung des Gutscheins im Durchschnitt zusätzliche Produkte im Wert von WE 50 erwirbt. Der geschätzte Einzelveräußerungspreis des Rabattgut-scheins liegt somit bei WE 12 (WE 50 durchschnittlicher Kaufpreis zusätzlicher Produkte × 30 Prozent zusätzlicher Rabatt × 80 Prozent Wahrscheinlichkeit der Optionsausübung). Der Einzelveräußerungspreis des Produkts A und des Rabattgutscheins sowie die sich daraus ergebende Zuordnung des Transaktionspreises von WE 100 gestalten sich wie folgt:

Leistungsverpflichtungen Einzelveräußerungspreis

WEProdukt A 100Rabattgutschein 12

Gesamt 112

Zugeordneter Transaktionspreis

Produkt A 89 (WE 100 ÷ WE 112 × WE 100)Rabattgutschein 11 (WE 12 ÷ WE 112 × WE 100)

Gesamt 100 Das Unternehmen ordnet WE 89 dem Produkt A zu und erfasst Umsatzerlöse für Produkt A zum Zeitpunkt der Übertragung der Verfügungs-gewalt. Es teilt WE 11 dem Rabattgutschein zu und erfasst Umsatzerlöse für den Gutschein zu dem Zeitpunkt, an dem der Kunde diesen für Güter oder Dienstleistungen einlöst bzw. bei Ablauf des Gutscheins.

Der Standard enthält das folgende Beispiel, um die Verfahrensweise bei der Prüfung, ob eine Option ein wesentliches Recht darstellt, zu verdeutlichen:

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4.7 Verkauf von Produkten mit Rückgaberecht

Ein Unternehmen kann seinen Kunden ein Rückgaberecht an den gelieferten Produkten einräumen. Ein solches Recht kann ent­weder vertraglich vereinbart sein, im Rahmen der Geschäftsge-pflogenheiten des Unternehmens implizit bestehen oder eine Kombination aus beidem darstellen (z. B. wenn ein Unternehmen zwar eine Rückgabefrist festgelegt hat, aber grundsätzlich auch Rückgaben zu einem späteren Zeitpunkt akzeptiert). Einem Kun-den, der von seinem Rückgaberecht Gebrauch macht, kann der Kaufpreis vollständig oder teilweise rückerstattet, eine Gutschrift auf ausstehende Zahlungen oder ein Umtausch gegen ein Ersatz-produkt angeboten werden. Möglich ist auch eine Kombination der vorstehenden Leistungen.

Ein Unternehmen, das in einem Kaufvertrag ein Rückgaberecht einräumt, muss jederzeit bereit sein, verkaufte Produkte zurück-zunehmen. Aus Sicht der Boards stellt eine solche Verpflichtung keine separate Leistungsverpflichtung dar. Bei Produktverkäufen mit Rückgaberecht handelt es sich vielmehr um eine unsichere Zahl von Verkäufen. Bis zum Ablauf des Rückgaberechts weiß das Unternehmen somit nicht, wie viele Verkäufe fehlschlagen wer-den. Die Boards zogen daraus die Schlussfolgerung, dass ein Unter-nehmen keine Umsatzerlöse aus Verkäufen zu erfassen hat, die fehlschlagen könnten, weil der Kunde von seinem Recht auf Rück-gabe der erworbenen Güter Gebrauch macht. Stattdessen sollte das Unternehmen bei der Schätzung des Transaktionspreises die Möglichkeit von Kundenrückgaben in Betracht ziehen, da poten-zielle Rückgaben einen Bestandteil der variablen Gegenleistung bilden. Dieses Konzept wird in Abschnitt 5.2.2 weiter erörtert.

Die Boards wiesen darauf hin, dass Tauschvorgänge, bei denen ein Kunde ein Produkt gegen ein gleichartiges und qualitativ gleichwertiges Erzeugnis in gleichem Zustand tauscht, das zum gleichen Preis verkauft wird (beispielsweise bei einem Tausch gegen eine andere Farbe oder Größe), nicht als Produktrückgaben im Sinne des Standards anzusehen sind. Verträge, bei denen ein Kunde ein fehlerhaftes gegen ein funktionsfähiges Produkt tauschen kann, sind gemäß den in IFRS 15 ausgeführten Garan-tie­ und Gewährleistungsverpflichtungen zu bewerten. Siehe Abschnitt 8.1 betreffend Erläuterungen zu Garantien und Gewähr-leistungen (warranties).

Änderungen der geltenden IFRS

Nach den geltenden IFRS werden bei einem Geschäft, das dem Kunden ein Rückgaberecht einräumt, Umsatzerlöse zum Verkaufs-zeitpunkt erfasst, sofern der Verkäufer die künftigen Erträge zuverlässig schätzen kann. Außerdem muss der Verkäufer eine Verbindlichkeit für die erwarteten Erträge ansetzen.34 Die Anfor-derungen des neuen Standards unterscheiden sich somit nicht wesentlich von den gegenwärtigen IFRS.

Wir rechnen daher in der Summe nicht mit gravierenden Ände-rungen bei der Bilanzierung solcher Vereinbarungen. Es können sich jedoch kleinere Abweichungen ergeben, da in IAS 18 die Darstellung einer Rückerstattungsverbindlichkeit und die ent-sprechende Sollbuchung nicht genau erläutert sind. Nach dem neuen Standard ist der zurückzunehmende Vermögenswert im Verhältnis zu den Beständen anzusetzen, für die eine Rück-nahme möglich wäre. Außerdem muss die Rückerstattungsver-bindlichkeit gesondert von dem zugehörigen Vermögenswert angesetzt werden (d. h. auf Bruttobasis und nicht netto, siehe hierzu Abschnitt 5.2.2).

34 Siehe IAS 18.17.

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Der Standard führt folgende Kriterien für die Bestimmung des Transaktionspreises an:

Auszug aus IFRS 15

47. Ein Unternehmen hat bei der Bestimmung des Transaktionspreises die Vertragsbedingungen und seine üblichen Geschäftspraktiken zu berücksichtigen. Der Transaktionspreis ist definiert als die Gegenleistung, die einem Unternehmen im Gegenzug für die Übertra-gung zugesagter Güter oder Dienstleistungen an einen Kunden voraussichtlich zusteht. Hiervon ausgenommen sind Beträge, die im Namen Dritter eingezogen werden (z. B. Umsatzsteuer). Die in einem Vertrag mit einem Kunden vereinbarte Gegenleistung kann sowohl aus festen oder variablen Beträgen bestehen oder beides enthalten.

48. Die Art, der Zeitpunkt und die Höhe einer vom Kunden zugesagten Gegenleistung wirkt sich auf die Schätzung des Transaktions-preises aus. Bei der Bestimmung des Transaktionspreises hat ein Unternehmen die Auswirkungen folgender Faktoren zu beachten:

(a) variable Gegenleistungen (siehe Paragraphen 50–55 und 59);

(b) Begrenzung der Schätzung variabler Gegenleistungen (siehe Paragraphen 56–58);

(c) Bestehen einer wesentlichen Finanzierungskomponente im Vertrag (siehe Paragraphen 60–65);

(d) nicht zahlungswirksame Gegenleistungen (siehe Paragraphen 66–69); und

(e) an einen Kunden zu zahlende Gegenleistungen (siehe Paragraphen 70–72).

49. Zur Bestimmung des Transaktionspreises hat das Unternehmen davon auszugehen, dass die Güter oder Dienstleistungen in Über-einstimmung mit dem bestehenden Vertrag auf den Kunden übertragen werden und dass der Vertrag nicht gekündigt, verlängert oder geändert wird.

5Bestimmung des Transaktionspreises

Grundlage für die neuen Vorschriften zur Bestimmung des Trans-aktionspreises bildet die vom Unternehmen erwartete Gegen-leistung. Diese soll dem Betrag entsprechen, auf den das Unter-nehmen gemäß dem bestehenden Vertrag Anspruch hat. Folglich enthält der Transaktionspreis keine Schätzungen von Gegen-leistungen, die sich aus zukünftigen Änderungen im Zusammen-hang mit Aufträgen über zusätzliche Güter und Dienstleistungen ergeben. Darüber hinaus sind Beträge, die im Interesse Dritter eingezogen werden, wie zum Beispiel die Umsatzsteuer, nicht in dem Betrag enthalten, der dem Unternehmen zusteht.

In vielen Fällen lässt sich der Transaktionspreis ohne Weiteres bestimmen, da das Unternehmen die Zahlung zu dem Zeitpunkt erhält, zu dem es die zugesagten Güter oder Dienstleistungen überträgt, und der Preis vertraglich festgelegt ist (z. B. Verkauf von Gütern im Einzelhandel). Es gibt jedoch auch Transaktionen, bei denen die Bestimmung des Transaktionspreises komplizierter ist, beispielsweise wenn ein Teil des Transaktionspreises eine varia-ble Komponente aufweist, Zahlung und Lieferung der Güter bzw. Erbringung der Dienstleistungen zu unterschiedlichen Zeitpunkten stattfinden oder die Gegenleistung nicht in Geld beglichen wird.

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Des Weiteren kann die Ermittlung des Transaktionspreises durch die Höhe der vom Verkäufer an den Kunden gezahlten oder zu zahlenden Gegenleistungen beeinflusst werden. Die Bestimmung des Transaktionspreises ist vor allem deshalb ein wichtiger Schritt des Modells, weil der ermittelte Betrag auf die identifizierten Leistungsverpflichtungen verteilt und als Umsatz erfasst wird, sobald die Leistungsverpflichtungen erfüllt sind.

Auszug aus IFRS 15

50. Enthält die vereinbarte Gegenleistung eine variable Komponente, so hat das Unternehmen den Betrag der Gegenleistung zu bestimmen, der ihm im Gegenzug für die Übertragung der zugesagten Güter oder Dienstleistungen an einen Kunden zusteht.

51. Die Gegenleistung kann aufgrund von Skonti, Rabatten, Rückerstattungen, Gutschriften, Preisnachlässen, Anreizen, Leistungs­prämien, Strafzuschlägen etc. variieren. Die zugesagte Gegenleistung kann ebenfalls variieren, wenn der Anspruch auf die Gegen­leistung vom Eintreten oder Nichteintreten eines zukünftigen Ereignisses abhängig ist. So wäre eine Gegenleistung zum Beispiel dann variabel, wenn ein Produkt mit Rückgaberecht verkauft wurde oder wenn ein fester Betrag bei Erreichen eines bestimmten Leistungs-ziels als Leistungsprämie zugesagt wurde.

52. Die von einem Kunden zugesagte variable Gegenleistung kann explizit im Vertrag festgeschrieben sein. Darüber hinaus ist die zugesagte Gegenleistung variabel, wenn einer der nachfolgenden Umstände vorliegt:

(a) Der Kunde hat aufgrund von Geschäftsgepflogenheiten, veröffentlichten Leitlinien oder spezifischen Aussagen des Unternehmens die gerechtfertigte Erwartung, dass das Unternehmen eine Gegenleistung akzeptiert, die geringer ist als der im Vertrag genannte Preis. Es wird also davon ausgegangen, dass das Unternehmen einen Preisnachlass anbieten wird. Je nach Land, Branche oder Kunde wird dieses Angebot als Skonto, Rabatt, Rückerstattung oder Gutschrift bezeichnet.

(b) Es weisen andere Fakten und Umstände darauf hin, dass das Unternehmen bei Abschluss des Vertrags mit dem Kunden beabsichtigt, diesem einen Preisnachlass anzubieten. •

Bestimmung des Transaktionspreises5

5.1 Variable GegenleistungDer Transaktionspreis spiegelt die Erwartungen eines Unter­nehmens bezüglich der Gegenleistung wider, die ihm seitens des Kunden zusteht. Der Standard enthält folgende Kriterien, um bestimmen zu können, ob es sich um eine variable Gegenleistung handelt und, wenn ja, wie diese zu behandeln ist:

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Auszug aus IFRS 15 | Fortsetzung

53. Ein Unternehmen hat eine Schätzung von variablen Gegenleistungen unter Anwendung einer der beiden nachfolgenden Methoden durchzuführen, je nachdem, welche der beiden Vorgehensweisen der dem Unternehmen zustehenden Gegenleistung im jeweiligen Einzelfall am nächsten kommt.

(a) Erwartungswertmethode: Der Erwartungswert ist die Summe der wahrscheinlichkeitsgewichteten Beträge aus einer Vielzahl möglicher Beträge für die Gegenleistung. Der Erwartungswert kann eine angemessene Schätzung der variablen Gegenleistung darstellen, wenn ein Unternehmen eine große Anzahl an Verträgen mit vergleichbaren Merkmalen abgeschlossen hat.

(b) Wahrscheinlichster Betrag: Der wahrscheinlichste Betrag ist der einzige, wahrscheinlichste Betrag aus einer Vielzahl möglicher Gegenleistungen (d. h., das einzige wahrscheinlichste Ergebnis des Vertrags). Der wahrscheinlichste Betrag kann eine angemes-sene Schätzung der variablen Gegenleistung darstellen, wenn der Vertrag lediglich zwei mögliche Ergebnisse hat (zum Beispiel erhält das Unternehmen einen Leistungsbonus oder nicht).

54. Bei der Schätzung der Auswirkung einer Unsicherheit auf die variable Gegenleistung, auf die das Unternehmen einen Anspruch hat, ist das gewählte Verfahren durchgehend auf den gesamten Vertrag anzuwenden. Darüber hinaus hat ein Unternehmen alle Informatio-nen (historisch, aktuell und Prognosen) einzubeziehen, auf die es bei angemessenem Aufwand zugreifen kann, und eine angemessene Anzahl möglicher Beträge von Gegenleistungen zu identifizieren. Die Informationen, die ein Unternehmen zur Schätzung der variablen Gegenleistung heranzieht, sollten grundsätzlich den Informationen entsprechen, die das Management des Unternehmens im Rahmen des Angebotsprozesses sowie bei der Festlegung der Preise der zugesagten Güter und Dienstleistungen verwendet hat.

Diese Konzepte werden im Folgenden näher beschrieben.

5.1.1 Arten der variablen GegenleistungWie aus IFRS 15.51 ersichtlich wird, ist die Definition von „variab-ler Gegenleistung“ weit gefasst. Da die Begrenzungsvorschriften (siehe Abschnitt 5.1.3) für jede Art von variablen Gegenleistun-gen zu beachten sind, ist es für Unternehmen wichtig, die verschie-denen Arten variabler Gegenleistungen in Verträgen adäquat zu identifizieren.

Viele Arten von variablen Gegenleistungen werden in IFRS 15 ähn-lich behandelt wie in den derzeit geltenden IFRS. Hängt beispiels-weise eine Komponente des Transaktionspreises bei Vertragsab-schluss von der Erfüllung bestimmter Leistungsbedingungen ab und ist deren Eintritt unsicher, so wäre diese Komponente des Trans-aktionspreises sowohl gemäß IFRS 15 als auch nach den gegen-wärtigen Standards als variabel einzustufen.

Derzeit werden aber auch noch Gegenleistungen als „fix“ einge-stuft, die gemäß IFRS 15 als variable Gegenleistungen anzusehen sind. Nach IFRS 15 besteht beispielsweise auch dann eine variable Gegenleistung, wenn diese mit Rückerstattungen oder Rückga-ben der Kunden zusammenhängt. Ein Vertrag mit einem Kunden über die Bereitstellung von 100 Produkten zu einem festgelegten Preis je Produkt würde beispielsweise eine variable Komponente enthalten, wenn der Kunde die Möglichkeit hätte, die Produkte zurückzugeben (siehe Abschnitt 5.2.2).

Bei einigen Vereinbarungen enthält der vertraglich festgelegte Preis eindeutig eine variable Komponente. Bei anderen Vereinba-rungen wiederum ist die Gegenleistung variabel, weil die Fakten und Umstände darauf schließen lassen, dass das Unternehmen gegebenenfalls einen niedrigeren als den vertraglich festgeleg-ten Preis akzeptiert. Dies beruht eventuell auf der gerechtfertig-ten Annahme des Kunden, dass das Unternehmen aufgrund von

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35 Siehe IFRS 15.BC194.

Bestimmung des Transaktionspreises5

Geschäftsgepflogenheiten, veröffentlichten Leitlinien oder spezi-fischen Aussagen des Unternehmens gegenüber dem Kunden seinen Preis reduzieren wird. Diese potenzielle Preisreduzierung könnte aber auch darauf zurückzuführen sein, dass spezifische Fakten und Umstände darauf hindeuten, dass das Unternehmen beabsichtigt, dem Kunden einen Preisnachlass zu gewähren.

Bestehen bereits bei Vertragsbeginn Bedenken im Hinblick auf die Einbringlichkeit der Gegenleistung und schließt das Unter-nehmen den Vertrag dennoch ab, könnte gemäß IFRS 15 darin ein impliziter Preisnachlass zu sehen sein. Implizite Preisnach-lässe sind gemäß IFRS 15 grundsätzlich als variable Gegenleis-tung einzustufen. Ein Unternehmen hat jedoch in einer solchen Situation ebenfalls zu bewerten, ob es mit dem Kunden über-haupt einen gültigen Vertrag abgeschlossen hat (siehe Abschnitt 3.1.5). Stellt das Unternehmen zu Vertragsbeginn fest, dass es nicht wahrscheinlich ist, dass der Transaktionspreis vom Kunden geleistet wird (der geschätzte Transaktionspreis kann dabei niedriger sein als die im Vertrag festgelegte Gegenleistung), kann es nicht zu dem Schluss gelangen, dass der Vertrag gültig und das im Standard enthaltene Modell anzuwenden ist (siehe Abschnitt 3.4). Bei der Überprüfung von Schritt 1 des Modells (d. h. Identi-fizierung des Vertrags), hat ein Unternehmen folgerichtig gleich-zeitig auch Schritt 3 (d. h. Ermittlung des Transaktionspreises) durchzuführen.

IFRS 15 schreibt im Ergebnis vor, dass ein Unternehmen bei der Ermittlung des Transaktionspreises zu bestimmen hat, ob ein Aus-fallrisiko (welches zum Zeitpunkt des Vertragsbeginns bekannt war) einen impliziten Preisnachlass darstellt (d. h. eine Art vari-able Gegenleistung). Handelt es sich um einen impliziten Preis-nachlass, so wird dieser nicht in die Berechnung des geschätzten Transaktionspreises einbezogen. Gemäß den gegenwärtigen IFRS würden diese Beträge eher als Forderungsausfälle erfasst und nicht als eine Verminderung der Umsatzerlöse.

In der Grundlage für Schlussfolgerungen räumten die Boards jedoch ein, dass es in manchen Fällen schwierig sein kann fest-zustellen, ob ein Unternehmen implizit einen Preisnachlass angeboten hat oder ob das Unternehmen das Risiko in Kauf genommen hat, dass ein Kunde die vertraglich festgelegte Gegenleistung nicht erbringen kann.35 Die Boards haben keine detaillierten Anwendungsleitlinien entwickelt, um die Entschei-dung zu erleichtern, ob es sich um einen Preisnachlass oder

einen Wertminderungsaufwand handelt. Daher haben Unterneh-men alle relevanten Fakten und Umstände im jeweiligen Einzelfall in Betracht zu ziehen, wenn sie Fragestellungen zur Einbring­lichkeit der Gegenleistung untersuchen, die bei Vertragsbeginn bekannt waren.

Unsere Sichtweise Für Unternehmen ist die Unterscheidung zwischen implizitem Preisnachlass (d. h. Verringerung der Umsatzerlöse) und Kundenausfallrisiko (d. h. Forderungsausfall) im Hinblick auf bereits bei Vertragsbeginn bekannte Probleme bei der Ein-bringlichkeit der Gegenleistung möglicherweise eine Heraus-forderung. Unternehmen haben alle Fakten und Umstände zum Zeitpunkt des Vertragsbeginns sowie alle nachfolgend eintretenden Ereignisse, die sich auf die Zahlungsfähigkeit des Kunden auswirken könnten, sorgfältig zu beurteilen. Diese Beurteilung erfordert ein beträchtliches Maß an Ermes-sensausübung. Unternehmen sollten klare Richtlinien und Verfahren für diese Art von Schätzungen entwickeln, damit im Ergebnis eine einheitliche Anwendung auf alle Geschäfts-transaktionen sichergestellt werden kann.

Variable Gegenleistungen können sich auch aufgrund verlänger-ter Zahlungsfristen im Rahmen einer Vereinbarung ergeben (und zu Unsicherheiten im Hinblick auf die zukünftige Einbring-lichkeit dieser Beträge führen). Ein Unternehmen hat in diesem Fall zu ermitteln, ob es sich bei den verlängerten Zahlungsfristen um einen impliziten Preisnachlass handelt, wenn es nicht beab-sichtigen sollte, alle zukünftig fälligen Beträge einzutreiben, oder dazu voraussichtlich nicht in der Lage sein wird.

5.1.2 Schätzung der variablen GegenleistungEin Unternehmen hat den Transaktionspreis unter Verwendung der Erwartungswertmethode oder der Methode des wahrschein-lichsten Betrags zu schätzen. Das Unternehmen hat bei dieser Entscheidung den Ansatz zu wählen, durch den die dem Unter-nehmen zustehende Gegenleistung am verlässlichsten geschätzt wird. Die gewählte Methode ist demnach nicht frei wählbar. Viel-mehr wendet das Unternehmen die Methode an, die aufgrund der

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36 Siehe IFRS 15.BC202.37 Siehe IFRS 15.BC201.

bestehenden Fakten und Umstände am besten geeignet ist. Inso-fern besteht bei dieser Entscheidung ein bedingtes Wahlrecht.

Ein Unternehmen hat die gewählte Methode grundsätzlich einheit-lich auf den gesamten Vertrag anzuwenden und den geschätzten Transaktionspreis zum Ende eines jeden Berichtszeitraums zu aktualisieren. Sobald die Entscheidung für einen Ansatz getroffen wurde, hat ein Unternehmen diesen einheitlich auf ähnliche Arten von Verträgen anzuwenden (sog. sachliche Stetigkeit). In der Grundlage für Schlussfolgerungen haben die Boards indes festgestellt, dass ein Vertrag auch verschiedene Arten von varia-blen Gegenleistungen enthalten könne.36 Daher kann es für ein Unternehmen möglicherweise durchaus auch angebracht sein, verschiedene Ansätze (d. h. Erwartungswert oder wahrschein-lichster Betrag) im Rahmen der Schätzung verschiedener Arten variabler Gegenleistungen innerhalb eines Vertrags anzuwenden.

Bei Zugrundelegung des Erwartungswerts sind in der Schätzung die möglichen Ergebnisse des Vertrags sowie deren Eintritts-wahrscheinlichkeiten zu berücksichtigen. Die Boards haben da­rauf hingewiesen, dass der Erwartungswert dann den aussage-kräftigeren Indikator für die erwartete Gegenleistung darstellt, wenn ein Unternehmen eine große Zahl an Verträgen mit ver-gleichbaren Merkmalen abgeschlossen hat. Des Weiteren haben die Boards klargestellt, dass bei der Berechnung des Erwartungs-werts nicht alle möglichen Ergebnisse berücksichtigt werden müssen, auch dann nicht, wenn ein Unternehmen über einen umfangreichen Datenbestand verfügt und daraus zahlreiche mögliche Ergebnisse ableiten kann. Die Boards haben in der Grundlage für Schlussfolgerungen dargelegt, dass eine begrenzte Anzahl von Ergebnissen und Wahrscheinlichkeiten oftmals aus-reicht, um zu einer hinreichend genauen Schätzung des Erwar-tungswerts zu gelangen.37

Der Ansatz des wahrscheinlichsten Betrags ist ggf. dann besser als Indikator im Rahmen der Schätzung variabler Gegenleistungen geeignet, wenn ein Unternehmen faktisch nur mit zwei möglichen Ausprägungen konfrontiert ist. Dies ist zum Beispiel bei einem Vertrag der Fall, bei dem das Unternehmen eine Leistungsprämie entweder in voller Höhe oder gar nicht erhalten kann und eine Teilauszahlung der Prämie nicht in Betracht kommt. Der Standard weist darauf hin, dass ein Unternehmen unabhängig davon, wel-chen der beiden vorstehenden Ansätze es anwendet, alle Infor-mationen (historische und aktuelle Daten sowie entsprechende

Prognosen) einbeziehen sollte, auf die es bei vertretbarem Auf-wand zugreifen kann. Zwar wird nicht explizit darauf hingewie-sen, aber der Standard geht davon aus, dass ein Unternehmen immer in der Lage sein sollte, die ihm zustehende variable Gegen-leistung zu schätzen. Eine Ausnahme stellen dabei umsatzba-sierte Lizenzgebühren dar (siehe Abschnitt 5.2.1).

Sobald die variable Gegenleistung geschätzt wurde, sind die Begrenzungsvorschriften für die Einbeziehung variabler Gegen-leistungen in den Transaktionspreis anzuwenden (siehe Abschnitt 5.1.3).

Unsere Sichtweise Für viele Unternehmen werden sich Änderungen der Bilanzie-rungspraxis im Hinblick auf variable Gegenleistungen erge-ben. Für Unternehmen, die gegenwärtig keine Schätzungen variabler Gegenleistungen vornehmen und stattdessen die Beträge dann erfassen, wenn sie gezahlt werden oder die Unsicherheit nicht mehr besteht, können sich noch gravieren-dere Änderungen ergeben. Wir gehen davon aus, dass sich während der Umsetzung der neuen Vorschriften Anwendungs-fragen zur Ermittlung variabler Gegenleistungen bei den Unternehmen ergeben werden.

5.1.3 Begrenzung des Gesamtbetrags der zu erfassenden UmsatzerlöseNach der Schätzung der im Transaktionspreis enthaltenen varia-blen Gegenleistung hat das Unternehmen die Begrenzungsvor-schriften für variable Gegenleistungen anzuwenden. Die Boards haben diese Begrenzungsvorschriften geschaffen, um den von den interessierten Parteien im Standardentwicklungsprozess hervorgebrachten Kritikpunkten zu begegnen, wonach möglicher-weise Umsatzerlöse erfasst werden könnten, noch bevor aus­reichende Sicherheit über deren Realisierung besteht.

Wie aus dem folgenden Auszug aus dem Standard ersichtlich wird, sollen die Begrenzungsvorschriften die überhöhte Erfas-sung von Umsatzerlösen verhindern (d. h., der Fokus liegt auf möglichen wesentlichen künftigen Umsatzstornierungen).

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38 IFRS 5 Anhang A.39 Siehe Fußnote 16 in dieser Publikation.40 Siehe IFRS15.BC211.

Bestimmung des Transaktionspreises5

Auszug aus IFRS 15

56. Ein Unternehmen hat einen Teil oder den gesamten Betrag der geschätzten variablen Gegenleistung gemäß Paragraph 53 in den Transaktionspreis einzubeziehen, jedoch nur, wenn es „höchstwahrscheinlich“ (highly probable) ist, dass keine wesentliche Stornierung der kumulierten Umsatzerlöse vorgenommen wird, sobald die Unsicherheit in Verbindung mit der variablen Gegenleistung nicht mehr besteht.

57. Bei der Beurteilung, ob eine wesentliche Stornierung der erfassten kumulierten Umsatzerlöse vorzunehmen ist, sobald die Unsicher-heit im Zusammenhang mit der variablen Gegenleistung nicht mehr besteht, hat ein Unternehmen sowohl die Wahrscheinlichkeit als auch das Ausmaß der Umsatzstornierung in Betracht zu ziehen. Faktoren, die die Wahrscheinlichkeit oder das Ausmaß der Umsatz-stornierung erhöhen könnten, sind u. a.:

(a) Die Gegenleistung ist wesentlich von externen Faktoren abhängig (z. B. Marktvolatilität, Ermessensentscheidungen oder Handlungen Dritter, Wetterbedingungen oder schnelle Alterszyklen der zugesagten Güter oder Dienstleistungen).

(b) Die Unsicherheit bezüglich der Höhe der Gegenleistung besteht voraussichtlich über einen längeren Zeitraum.

(c) Die Erfahrungen des Unternehmens (oder sonstige Nachweise) mit ähnlichen Vertragsarten sind begrenzt oder die Erfahrungen des Unternehmens (oder sonstige Nachweise) haben nur wenig Aussagekraft für Prognosen.

(d) Es ist Geschäftspraxis des Unternehmens eine Vielzahl von Preisnachlässen anzubieten oder die Zahlungsbedingungen ähnlicher Verträge unter ähnlichen Umständen zu ändern.

(e) Der Vertrag sieht eine Vielzahl unterschiedlicher Beträge für die Gegenleistung vor.

58. Zur Bilanzierung von Gegenleistungen in Form von umsatz­ oder nutzungsbasierten Lizenzgebühren im Gegenzug für lizenziertes geistiges Eigentum hat das Unternehmen Paragraph B63 anzuwenden.

Um variable Gegenleistungen in den geschätzten Transaktionspreis einbeziehen zu können, muss das Unternehmen zu dem Schluss gelangen, dass es „höchstwahrscheinlich“ (highly probable) ist, dass zukünftig keine wesentlichen Umsatzstornierungen vorge-nommen werden. Folglich wird bei der Begrenzung der Gegen-leistung sowohl die Wahrscheinlichkeit als auch das Ausmaß von Umsatzstornierungen in Betracht gezogen. Darüber hinaus basiert die Begrenzung der variablen Gegenleistung auf einer m öglichen Stornierung eines Betrags, der „wesentlich“ im Ver-gleich zum Gesamtbetrag der Umsatzerlöse im Rahmen der Vereinbarung ist, und nicht nur auf der variablen Gegenleistung an sich.

Zum Zweck dieser Analyse entspricht die Definition des Begriffs „höchstwahrscheinlich“ der bestehenden Definition in den IFRS (d. h. „erheblich wahrscheinlicher als wahrscheinlich“).38 Ein Hinweis für US­GAAP­Anwender: Im Standard wird der Begriff „wahrscheinlich“ verwendet (d. h. das künftige Ereignis oder die künftigen Ereignisse werden wahrscheinlich eintreten).39 Das Konfidenzniveau „wahrscheinlich“ nach US­GAAP soll jedoch nach Auffassung der Boards dem Konfidenzniveau „höchstwahr-scheinlich“ nach IFRS entsprechen.40

Wie bereits beschrieben, wird in die Begrenzung der Gegen­leistung sowohl die Wahrscheinlichkeit als auch das Ausmaß von Umsatzstornierungen einbezogen:

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41 Siehe IFRS 15.BC215.

• Wahrscheinlichkeit: Die Beurteilung der Wahrscheinlichkeit zukünftiger Umsatzstornierungen wird ein beträchtliches Maß an Ermessensausübung erfordern. Unternehmen sollten sicher-stellen, dass sie die Grundlagen für ihre Schlussfolgerungen ordnungsgemäß dokumentieren. Das Vorhandensein eines oben genannten Indikators bedeutet nicht zwangsläufig, dass höchstwahrscheinlich eine Schätzungsänderung in Bezug auf die variable Gegenleistung zu einer wesentlichen Umsatzstor-nierung führen wird. Die Boards haben es vorgezogen, anstelle von unwiderlegbaren Kriterien (lediglich) Indikatoren vorzu-geben. Dadurch kann die Aufzählung dieser Indikatoren nicht als Checkliste interpretiert werden, in der faktisch alle Punkte abzuhaken sind. Darüber hinaus erheben die Indikatoren kei-nen Anspruch auf Vollständigkeit. Unternehmen können daher zusätzliche Faktoren aufnehmen, die für ihre Beurteilungen relevant sind.

• Ausmaß: Bei der Beurteilung der Wahrscheinlichkeit wesent­licher Umsatzstornierungen muss ein Unternehmen außerdem das Ausmaß dieser Umsatzstornierungen im Vergleich zu der in der Vereinbarung enthaltenen gesamten Gegenleistung beur-teilen (d. h. die Summe aus variabler und fester Gegenleistung). Enthält die Gegenleistung für eine einzige Leistungsverpflich-tung beispielsweise sowohl eine feste als auch eine variable Komponente, so müsste das Unternehmen das Ausmaß mög­licher Umsatzstornierungen des variablen Betrags im Verhält-nis zur Gesamtvergütung beurteilen.

Der Standard enthält eine Ausnahme im Hinblick auf Bewertungs-grundsätze für variable Gegenleistungen im Zusammenhang mit umsatzbasierten Lizenzgebühren für geistiges Eigentum. Diese Beträge werden erst dann in den Transaktionspreis einbezogen oder als Umsatz erfasst, wenn der Verkauf oder die Nutzung stattfindet (siehe Abschnitte 5.2.1 und 8.4.4). Darüber hinaus liefert der Standard ein Beispiel für einen Vermögensverwaltungs-vertrag, der eine Prämie enthält, die auf der Rendite aus einem Fonds im Vergleich zur Rendite aus einem beobachtbaren Markt-index über einen Zeitraum von fünf Jahren basiert. In diesem Beispiel kann das Unternehmen gerade nicht schlussfolgern, dass höchstwahrscheinlich keine wesentlichen Umsatzstornierungen vorzunehmen wären, wenn die Prämie in den Transaktionspreis eingeschlossen würde. Es gibt weitere Arten variabler Gegenleis-tungen, die häufig in Vereinbarungen einbezogen werden, die mit wesentlichen Unsicherheiten behaftet sind. Für ein Unternehmen

kann es schwierig sein festzustellen, ob diese Arten von geschätz-ten Beträgen nachträglich höchstwahrscheinlich nicht storniert werden müssen. Zu den unterschiedlichen Arten variabler Gegen-leistungen zählen unter anderem

• Zahlungen, die von einer Zulassung (z. B. der Zulassung eines neuen Medikaments) abhängig sind,

• langfristige Rohstofflieferverträge, die zu den am zukünftigen Lieferdatum geltenden Marktpreisen erfüllt werden, sowie

• Erfolgshonorare, die z. B. aufgrund des positiven Ausgangs von gerichtlichen Verfahren oder der Klärung von Rechtsstrei-tigkeiten mit Behörden gezahlt werden.

Stellt ein Unternehmen fest, dass höchstwahrscheinlich eine Änderung der Schätzung der variablen Gegenleistung zu einer wesentlichen Umsatzstornierung führen wird, ist der Betrag der variablen Gegenleistung, der in den Transaktionspreis einbe-zogen werden muss, auf den Betrag zu begrenzen, der voraus-sichtlich keiner wesentlichen Umsatzstornierung unterliegt. Ein Unternehmen ist also verpflichtet, jenen Betrag der variablen Gegenleistung in den Transaktionspreis einzubeziehen, der keine wesentlichen Umsatzstornierungen nach sich zieht, sobald die Unsicherheiten im Zusammenhang mit den variablen Gegenleis-tungen nicht mehr bestehen.

Die Boards haben in der Grundlage für Schlussfolgerungen ange-merkt, dass ein Unternehmen nicht zwingend einen zweistufigen Prozess (d. h. erstens eine Schätzung der variablen Gegenleistun-gen und zweitens die Anwendung der Begrenzungsvorschriften auf diese Schätzung) einhalten muss, wenn die internen Prozesse beide Schritte in einem einzigen Schritt vereinen.41 Besteht bei einem Unternehmen beispielsweise ein einziger Prozess zur Schät-zung der erwarteten Retouren bei der Berechnung der Umsatz­erlöse aus dem Verkauf von Gütern, der mit den Zielen der Begren-zungsvorschriften in Einklang steht, so ist das Unternehmen nicht verpflichtet, zuerst die Umsatzerlöse zu schätzen und danach separat die Begrenzungsvorschriften anzuwenden.

Enthält eine Vereinbarung variable Vergütungsbestandteile, hat das Unternehmen seine Schätzung des Transaktionspreises während der Vertragslaufzeit regelmäßig zu aktualisieren, um die Bedingungen abzubilden, die am Ende jedes Berichtszeitraums

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Bestimmung des Transaktionspreises5

bestehen. In diesem Zusammenhang müssen sowohl die Schät-zung der variablen Gegenleistungen als auch die Begrenzung der Höhe dieser variablen Gegenleistungen aktualisiert werden, die in den Transaktionspreis einbezogen wurden.

Das nachfolgende Beispiel stellt die beiden Methoden zur Schät-zung der variablen Gegenleistungen dar und verdeutlicht die Auswirkungen der Anwendung der Begrenzungsvorschriften auf diese:

Beispiel 5-1 Schätzung der variablen Gegenleistung

Szenario AUnternehmen A befördert im Rahmen eines Einjahresvertrags Besucher eines Themenparks von und zu ihrer Unterkunft auf dem Parkgelände. Es ist verpflichtet, während des gesamten Jahres planmäßig Beförderungsleistungen zu erbringen, und erhält dafür ein festes Jahresentgelt von WE 400.000. Daneben ist Unternehmen A zum Erhalt von Leistungsprämien berechtigt, wenn es einen pünktlichen Service bietet und die Vorgaben für die durchschnittliche Besucherwartezeit einhält. Seine Leistung kann im Rahmen des Vertrags zu einer Leistungsprämie zwischen WE 0 und WE 600.000 führen. Ausgehend von seiner bisherigen Erfahrung mit dem Themenpark, dem Beförderungsverhalten der Besucher sowie seinen aktuellen Erwartungen schätzt Unternehmen A die Wahrschein-lichkeit für die verschiedenen Prämienniveaus wie folgt ein:

Prämienhöhe Eintrittswahrscheinlichkeit des Ergebnisses

WE 0 30 %WE 200.000 30 %

AnalyseErwartungswertDa Unternehmen A zur Auffassung gelangt, dass es innerhalb der Bandbreite möglicher Ausprägungen keinen wahrscheinlichsten Betrag (most likely) gibt, beschließt es, den Erwartungswertansatz zugrunde zu legen. Daher schätzt Unternehmen A, dass sich die variable Gegenleistung – vor Anwendung der Begrenzungsvorschrift – auf WE 230.000 ((WE 200.000 × 30 %) + (WE 400.000 × 35 %) + (WE 600.000 × 5 %)) belaufen wird.

Angenommen, Unternehmen A hat ein Geschäftsjahr, das dem Kalenderjahr entspricht, und hat den Vertrag mit dem Themenpark im zweiten Quartal abgeschlossen. Die durchschnittliche Wartezeit pro Kunde lag im zweiten Quartal leicht über dem Durchschnitt. Aufgrund dieser Erfahrungswerte gelangt Unternehmen A zu dem Schluss, dass eine wesentliche Umsatzstornierung in Höhe von WE 200.000 der variablen Gegenleistung höchstwahrscheinlich nicht vorgenommen werden muss. Nach Anwendung der Begrenzungsvorschrift bezieht Unternehmen A somit WE 200.000 in den geschätzten Transaktionspreis ein. Am Ende des dritten Quartals aktualisiert Unter-nehmen A seine Analyse und die Berechnung des Erwartungswerts. Die aktualisierte Analyse resultiert wiederum in einer geschätz-ten variablen Gegenleistung in Höhe von WE 230.000, wobei die Wahrscheinlichkeit dafür bei 75 % liegt. Basierend auf der Analyse der in IFRS 15.57 aufgezählten Faktoren und unter Berücksichtigung einer durchschnittlichen Wartezeit pro Kunde, die im dritten Quartal ein wenig besser ausfiel als erwartet, kommt Unternehmen A zu dem Schluss, dass es unwahrscheinlich ist, dass eine Umsatzstornierung des insgesamt geschätzten Transaktionspreises von WE 230.000 vorzunehmen ist. Folglich aktualisiert Unternehmen A seine Schät-zung und bezieht die gesamten WE 230.000 in den Transaktionspreis ein. Unternehmen A wird seine Schätzung des Transaktionspreises für jede weitere Berichtsperiode aktualisieren. •

Prämienhöhe Eintrittswahrscheinlichkeit des Ergebnisses

WE 400.000 35 %WE 600.000 5 %

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Beispiel 5-1 | FortsetzungSchätzung der variablen Gegenleistung

Szenario BEs wird der gleiche Sachverhalt wie oben unterstellt, mit dem Unterschied, dass der mögliche Bonus einer der folgenden vier Beträge sein wird: WE 0, WE 200.000, WE 400.000 oder WE 600.000. Ausgehend von seiner bisherigen Erfahrung mit dem Themenpark und dem Beförderungsverhalten der Besucher schätzt Unternehmen A die Wahrscheinlichkeit für jeden Prämienbetrag wie folgt ein:

Prämienhöhe Eintrittswahrscheinlichkeit des Ergebnisses

WE 0 30 %WE 200.000 30 %WE 400.000 35 %WE 600.000 5 %

AnalyseErwartungswertUnternehmen A kommt zu dem Ergebnis, dass der Erwartungswertansatz für die Schätzung der variablen Gegenleistung am geeig-netsten ist. Nach dieser Methode schätzt das Unternehmen die variable Gegenleistung auf WE 230.000. Im Anschluss hat Unter­nehmen A die Auswirkungen der Begrenzung auf die Höhe der im Transaktionspreis enthaltenen variablen Gegenleistung zu berück-sichtigen. Da es im Rahmen des Vertrags lediglich vier Ergebnisse im Hinblick auf die Prämienzahlung gibt, stellt Unternehmen A fest, dass aufgrund der Begrenzungsvorschriften die Höhe der Umsatzerlöse, die Unternehmen A erfassen kann, auf einen der angegebenen Beträge begrenzt ist. In diesem Beispiel dürfte Unternehmen A lediglich WE 200.000 in den geschätzten Transaktionspreis einbe­ziehen, solange das nächste Prämienniveau (d. h. WE 400.000) höchstwahrscheinlich nicht erreicht wird. Grund hierfür ist, dass jeder Betrag über WE 200.000 möglicherweise nachträglich storniert werden muss, solange nicht WE 400.000 erreicht werden.

Wahrscheinlichster BetragDa nur einer der vier genannten Beträge tatsächlich als Prämie infrage kommt, befürchtet das Unternehmen, dass eine wahrschein-lichkeitsgewichtete Schätzung einen Betrag ergeben könnte, der von den möglichen Ergebnissen abweicht. Daraus schließt Unterneh-men A, dass eine Schätzung des Transaktionspreises auf Grundlage des wahrscheinlichsten Ergebnisses am aussagekräftigsten ist. •

Prämienhöhe Eintrittswahrscheinlichkeit des Ergebnisses

WE 400.000 35 %WE 600.000 5 %

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42 Siehe IAS 18.14, IAS 18.18 und IAS 11.11.43 Siehe ASC 605­25 und SEC Staff Accounting Bulletin Topic 13: Revenue Recognition.44 Siehe ASC 605­20, Revenue Recognition — Services, insbesondere Paragraph 605­20­S99­1.

Bestimmung des Transaktionspreises5

Beispiel 5-1 | FortsetzungSchätzung der variablen Gegenleistung

Der Standard enthält keine klaren Anwendungsleitlinien für die Ermittlung des wahrscheinlichsten Betrags in den Fällen, in denen es mehr als zwei mögliche Ergebnisse gibt und keines der möglichen Ergebnisse deutlich wahrscheinlicher ist als die anderen Ergebnisse. Bei wörtlicher Auslegung könnte der Standard so verstanden werden, dass Unternehmen A im vorliegenden Beispiel WE 400.000 auswählen würde, da es für diesen Betrag die höchste Wahrscheinlichkeit (35 %) geschätzt hat. Jedoch hätte Unternehmen A dann eine Begrenzung der Höhe der in den Transaktionspreis einbezogenen variablen Gegenleistung vorzunehmen.

Um WE 400.000 in den geschätzten Transaktionspreis einbeziehen zu können, muss Unternehmen A davon ausgehen, dass die Prämie höchstwahrscheinlich mindestens WE 400.000 betragen wird. Basierend auf den oben genannten Wahrscheinlichkeiten ist Unter-nehmen A der Ansicht, dass es nur zu 40 % wahrscheinlich ist, dass es eine Prämie von mindestens WE 400.000 erhalten wird (d. h. 35 % + 5 %), und zu 70 % wahrscheinlich ist, dass es eine Prämie von mindestens WE 200.000 erzielen wird (d. h. 30 % + 35 % + 5 %). Folglich dürfte Unternehmen A lediglich WE 200.000 in die Schätzung des Transaktionspreises einbeziehen.

Unsere Sichtweise Wir gehen davon aus, dass die Anwendung der Begrenzungs-vorschriften einschließlich der Bestimmung, ob es höchst-wahrscheinlich ist, dass eine wesentliche Umsatzstornierung vorzunehmen ist, in der Praxis Anwendungsfragen aufwerfen dürfte. Im Laufe der Zeit werden sich voraussichtlich Best Practices und Anwendungsleitlinien herauskristallisieren, in denen näher darauf eingegangen wird, wie Unternehmen mit den Begrenzungsvorschriften für die Einbeziehung variabler Gegenleistungen in die Schätzung des Transaktionspreises umgehen sollten. Die Anwendung der Begrenzungsvorschriften kann jedoch, wie in Beispiel 5­1 beschrieben, dazu führen, dass die Ergebnisse der Erwartungswertmethode hinfällig sind.

Änderungen gegenüber den derzeit geltenden IFRS

Für viele Unternehmen könnte sich die im neuen Standard vor­geschlagene Verfahrensweise bei der variablen Gegenleistung wesentlich von der aktuellen Praxis unterscheiden.

Gegenwärtig warten IFRS­Anwender zumeist mit der Bewer-tung variabler Gegenleistungen so lange, bis die Umsatzerlöse

verlässlich ermittelt werden können (etwa weil die Realisierung nicht länger unsicher oder die Zahlung beim Unternehmen ein-gegangen ist). Darüber hinaus dürfen nach den gegenwärtigen IFRS bedingte Gegenleistungen nur dann erfasst werden, wenn es wahrscheinlich ist, dass der aus der Transaktion resultierende wirtschaftliche Nutzen dem Unternehmen zufließt, und die Höhe der Umsätze verlässlich bestimmt werden kann.42 Manche Unter-nehmen haben die Erfassung daher zeitlich so lange hinausge-schoben, bis die Unsicherheit beseitigt ist. Einige Unternehmen haben sich bei der Entwicklung diesbezüglich eigener Rechnungs-legungsmethoden an den Vorschriften der US­GAAP orientiert. Nach US­GAAP wird die Erfassung bedingter Gegenleistungen derzeit erheblich eingeschränkt.43 Für bestimmte Branchen gel-ten jedoch besondere Regelungen, die die Erfassung bedingter Zahlungen gestatten.44

Im Gegensatz dazu wird beim neuen Standard IFRS 15 hinsicht-lich der Begrenzung variabler Gegenleistungen ein komplett neuer Weg der Bewertung eingeschlagen, der auf alle Arten variabler Gegenleistungen sowie alle Transaktionstypen anwendbar ist. Je nachdem, welche Vorschriften Unternehmen bisher angewen-det haben, müssen unter Zugrundelegung des neuen Standards Umsatzerlöse gegebenenfalls zu einem früheren Zeitpunkt erfasst werden, während andere Umsatzerlöse eventuell später zu erfassen sind.

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Beispiel 5-2 Erträge, die vom Eintreten einer Bedingung abhängig sind – frühere Erfassung als bisher üblich

Unternehmen A betreibt Callcenter, die von Unternehmen im Einzelhandel und im produzierenden Gewerbe ausgelagert worden sind. Von seinen Auftraggebern erhält es hierfür eine feste Mindestvergütung sowie variable Entgelte, die auf Basis der durchschnittlichen Wartezeit pro Kunde gezahlt werden.

Mit einem Auftraggeber, für den es seit sechs Jahren tätig ist, handelt Unternehmen A einen neuen Dreijahresvertrag aus. Darin wird die jährliche Festvergütung für die erbrachten Leistungen auf WE 12.000.000 zuzüglich WE 10 für jeden Anruf, der über einer Schwelle von 1.200.000 Anrufen liegt, festgelegt. Unternehmen A ist zusätzlich zum Erhalt einer jährlichen Prämienzahlung in Höhe von WE 1.200.000 berechtigt, wenn die durchschnittliche Wartezeit pro Kunde pro Jahr weniger als vier Minuten beträgt. Bei Untersuchung des Vertrags kommt Unternehmen A zu dem Ergebnis, dass das vertraglich vereinbarte Abwicklungsvolumen von 3.600.000 Anrufen (1.200.000 Anrufe jährlich) die einzige Leistungsverpflichtung darstellt. Daraus folgt, dass die Option, Leistungen durch zusätzliche Anrufe zu beziehen, für den Kunden kein wesentliches Recht begründet, da für die zusätzlichen Anrufe derselbe Tarif gilt wie für die übrigen 3.600.000 Anrufe.

Aufgrund seiner bisherigen Erfahrungen rechnet Unternehmen A nicht damit, dass das jährliche Anrufvolumen 1.200.000 Anrufe übersteigen wird. In die Schätzung des gesamten Transaktionspreises hat Unternehmen A alle mit vertretbarem Aufwand verfügbaren Informationen einzubeziehen, darunter seine bisherige Leistungsbilanz bei vergleichbaren Verträgen. Auf dieser Grundlage geht Unternehmen A von einer durchschnittlichen Wartedauer von unter vier Minuten jährlich während des Dreijahresvertrags aus. Folglich schätzt das Unternehmen den Transaktionspreis auf WE 39.600.000 [(WE 12.000.000 × 3 Jahre) + (WE 1.200.000 × 3 Jahre)].

Unternehmen A hat für den Dreijahresvertrag eine einzige Leistungsverpflichtung auszuweisen (siehe Abschnitt 4.2.2 für eine aus-führlichere Darstellung zur Identifizierung mehrerer abgrenzbarer Güter oder Dienstleistungen als eine einzige Leistungsverpflichtung) und den Umsatz entsprechend dem Verhältnis der abgewickelten Anrufe zur Zahl der insgesamt erwarteten Anrufe (bis 1.200.000 Anrufe jährlich) zu erfassen. Unternehmen A geht davon aus, dass es zum Erhalt des vollen geschätzten Transaktionspreises berech-tigt ist, da es wahrscheinlich ist, dass keine wesentliche Umsatzstornierung vorgenommen werden muss. Daher erfasst es bei Leistungs-erbringung einen Umsatz von WE 11 (WE 39.600.000 : 3.600.000 Anrufe) pro Anruf. Wenn Unternehmen A hingegen mit mehr als 1.200.000 Anrufen jährlich rechnen würde, müsste es die diesen Schwellenwert überschreitenden Anrufe (und die auf diese entfal-lende erwartete Gegenleistung) im gesamten Transaktionspreis berücksichtigen und dabei den Betrag der erwarteten zusätzlichen Gegenleistung für diese Anrufe (mehr als 3.600.000 Anrufe) auf alle erwarteten Anrufe verteilen.

Bei Anwendung der bisherigen Regelung hätten Unternehmen die Erfassung der Prämienkomponente auf einen späteren Zeitpunkt verschoben, sobald die Unsicherheit diesbezüglich nicht mehr besteht. Aus diesem Grund haben Unternehmen eventuell lediglich den festen Umsatz von WE 10 (WE 12.000.000 : 1.200.000 Anrufe) je Anruf erfasst und würden am Ende eines jeden Jahres den Prä-mienbetrag erfassen, der tatsächlich realisiert wurde. Dies führt dazu, dass in den ersten drei Quartalen eines jeden Jahres aufgrund der Unsicherheit der Prämienzahlung weniger Umsatzerlöse erfasst werden (vorausgesetzt, das Anrufvolumen verteilt sich relativ gleichmäßig über das Jahr).

In den folgenden Beispielen wird die Funktionsweise der Begrenzungsvorschriften näher beschrieben.

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Bestimmung des Transaktionspreises5

IFRS 15 enthält folgendes Beispiel im Zusammenhang mit der Erfassung von Umsatzerlösen aus leistungsabhängigen Prämien bei Vermögensverwaltungsverträgen, die der Begrenzungs­vorschrift unterliegen. Für einige Unternehmen ergeben sich in

Bezug auf die Behandlung leistungsabhängiger Prämien nach IFRS 15 keine Änderungen zu ihrer bisherigen Vorgehensweise. In manchen Fällen werden die Umsatzerlöse jedoch später er-fasst als in der derzeit gängigen Praxis.

Auszug aus IFRS 15

Beispiel 25 – Der Begrenzungsvorschrift unterliegende Verwaltungsgebühren (IFRS 15.IE129–IE133)

Am 1. Januar 20X8 schließt ein Unternehmen mit einem Kunden einen Vertrag über die Erbringung von Vermögensverwaltungsleistungen über einen Zeitraum von fünf Jahren. Das Unternehmen erhält eine Verwaltungsgebühr in Höhe von zwei Prozent je Quartal basierend auf dem verwalteten Vermögen des Kunden zum Ende eines jeden Quartals. Darüber hinaus erhält das Unternehmen eine leistungsabhängige Prämie von 20 Prozent der Rendite des Fonds, die die Rendite aus einem beobachtbaren Marktindex über einen Zeitraum von 5 Jahren über-steigt. Folglich sind sowohl die Verwaltungsgebühr als auch die leistungsabhängige Prämie des Vertrags als variable Gegenleistungen einzustufen.

Gemäß Paragraph 22(b) des IFRS 15 bilanziert das Unternehmen die Dienstleistungen als eine einzige Leistungsverpflichtung, da es eine Reihe einzeln abgrenzbarer Dienstleistungen erbringt, die im Wesentlichen gleich sind und auf die gleiche Weise auf den Kunden übertragen werden (die Übertragung der Dienstleistungen auf den Kunden erfolgt über einen bestimmten Zeitraum hinweg, und es wird eine einheit­liche Methode zur Bestimmung des Leistungsfortschritts verwendet, d. h. eine zeitbasierte Methode). Zum Zeitpunkt des Vertragsbeginns überprüft das Unternehmen die Vorschriften der Paragraphen 50–54 des IFRS 15 in Bezug auf die Schätzung der variablen Gegenleistung sowie die Regelungen der Paragraphen 56–58 des IFRS 15 im Hinblick auf die Begrenzung der geschätzten variablen Gegenleistung unter Zugrundelegung der in Paragraph 57 des IFRS 15 aufgezählten Faktoren. Das Unternehmen stellt fest, dass die versprochene Gegenleistung vom Markt abhängig ist und daher sehr stark Faktoren außerhalb des Einflussbereichs des Unternehmens unterliegt. Darüber hinaus sieht die Prämie eine Vielzahl unterschiedlicher Beträge für Gegenleistungen vor. Des Weiteren kommt das Unternehmen zu dem Schluss, dass es zwar Erfahrung mit ähnlichen Verträgen hat, diese aber nur geringe Aussagekraft für Prognosen zu zukünftigen Entwicklungen am Markt haben. Das Unternehmen kann daher zum Zeitpunkt des Vertragsbeginns nicht den Schluss ziehen, dass es höchstwahrscheinlich ist, dass keine wesentliche Stornierung des Gesamtbetrags der zu erfassenden Umsatzerlöse vorgenommen werden muss, wenn das Unterneh-men die Verwaltungsgebühr oder die Prämie in den Transaktionspreis einbeziehen würde. Zu jedem Berichtsstichtag aktualisiert das Unterneh-men seine Schätzung des Transaktionspreises. Folglich kommt das Unternehmen zu der Erkenntnis, dass es am Ende jedes Quartals den tatsächlichen Betrag der vierteljährlichen Verwaltungsgebühr erfassen darf, da die diesbezügliche Unsicherheit nicht mehr besteht. Das Unternehmen stellt des Weiteren fest, dass es die Schätzung der leistungsabhängigen Prämie am Ende eines jeden Quartals nicht in den Transaktionspreis einbeziehen darf, da sich seit Vertragsbeginn keine Änderung seiner Beurteilung ergeben hat — die Schwankung der Gebühr basierend auf dem Marktindex zeigt, dass das Unternehmen nicht zu dem Schluss kommen kann, dass höchstwahrscheinlich keine wesentliche Stornierung des Gesamtbetrags der zu erfassenden Umsatzerlöse vorzunehmen wäre, wenn das Unternehmen seine Schätzung der Prämie in den Transaktionspreis einbeziehen würde. Zum 31. März 20X8 betrug das verwaltete Vermögen des Kunden WE 100 Mio. Die sich daraus ergebende vierteljährliche Verwaltungsgebühr und der Transaktionspreis belaufen sich demzufolge auf WE 2 Mio.

Am Ende eines jeden Quartals weist das Unternehmen die vierteljährliche Verwaltungsgebühr den einzeln abgrenzbaren Dienstleistungen zu, die während des Quartals in Übereinstimmung mit Paragraph 84(b) und 85 des IFRS 15 erbracht wurden. Dies liegt daran, dass die Gebühr sich spezifisch auf die Bemühungen des Unternehmens bezieht, die Dienstleistungen für dieses eine Quartal zu erbringen. Dabei unterschei-den sich diese Dienstleistungen von den Dienstleistungen, die in anderen Quartalen erbracht werden. Die aus dieser Erkenntnis resultierende Zuteilung steht mit der in Paragraph 73 des IFRS 15 beschriebenen übergeordneten Zielsetzung einer Allokation im Einklang. Folglich erfasst das Unternehmen WE 2 Mio. als Umsatzerlöse für das zum 31. März 20X8 endende Quartal.

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Aus IFRS 15 können sich für viele Unternehmen, die ihre Produkte durch Vertriebsunternehmen oder Einzelhändler verkaufen, Änderungen der derzeit gängigen Praxis ergeben. IAS 18.14 schreibt vor, dass, bevor Umsatzerlöse erfasst werden können, die Höhe der Umsatzerlöse verlässlich zu bestimmen ist und es wahrscheinlich sein muss, dass der wirtschaftliche Nutzen aus der Transaktion dem Unternehmen zufließt. Steht also der vom Vertriebsunternehmen oder vom Einzelhändler zu zahlende Ver-kaufspreis nicht endgültig fest, bis das Produkt an den Endkun-den verkauft wurde, so müssen Unternehmen mit der Erfassung der Umsatzerlöse ggf. so lange warten, bis das Produkt an den Endkunden verkauft wurde.

Nach IFRS 15 ist es zukünftig jedenfalls nicht mehr zulässig, mit der Erfassung zu warten, bis der Endverkauf stattgefunden hat, wenn die einzige Unsicherheit in einer Preisschwankung besteht. Grund hierfür ist die Regelung des IFRS 15, wonach ein Unter-nehmen die variablen Gegenleistungen auf Grundlage von verfüg-baren Informationen unter Berücksichtigung der Begrenzungs-vorschriften für die variablen Gegenleistungen zu schätzen hat. In manchen Fällen können die Ergebnisse nach der neuen und der bisher angewandten Methode ganz ähnlich ausfallen.

5.2 Bilanzierung bestimmter Arten variabler Gegenleistungen

5.2.1 Umsatz- oder nutzungsbasierte Lizenzgebühren für lizenziertes geistiges EigentumDie Boards haben spezifische Anforderungen für die Erfassung umsatz­ oder nutzungsbasierter Lizenzgebühren für lizenziertes geistiges Eigentum vorgegeben. Insbesondere enthält IFRS 15 eine Ausnahmeregelung für Transaktionen, die umsatz­ oder nutzungsbasierte Lizenzgebühren für lizenziertes geistiges Eigen-tum umfassen. In diesen Fällen müssen die weiter oben beschrie-benen Vorschriften zur Schätzung der variablen Gegenleistung nicht beachtet werden. In Bezug auf umsatz­ oder nutzungsba-sierte Lizenzgebühren für lizenziertes geistiges Eigentum legt der Standard fest, dass ein Unternehmen solche Gegenleistungen nur dann in den Transaktionspreis einbeziehen darf, wenn der spätere Verkauf oder die Nutzung tatsächlich stattfindet. Siehe hierzu auch die entsprechenden Erläuterungen zu lizenziertem geistigem Eigentum in Abschnitt 8.4.

5.2.2 RückgaberechteWie in Abschnitt 4.7 erläutert, schreibt der Standard vor, dass ein Rückgaberecht keine separate Leistungsverpflichtung dar-stellt. Stattdessen haben Rückgaberechte eine Auswirkung auf den Transaktionspreis und die Höhe der Umsatzerlöse, die ein Unternehmen für erfüllte Leistungsverpflichtungen erfassen darf. Mit anderen Worten: Rückgaberechte können zu Schwan-kungen des Transaktionspreises führen.

Zwar führen die Bilanzierungsvorschriften von IFRS 15 nicht zu wesentlichen Änderungen der bisherigen Praxis. Gleichwohl be-stehen aber einige erwähnenswerte Unterschiede. Nach IFRS 15 hat ein Unternehmen den Transaktionspreis zu schätzen und die Begrenzungsvorschriften auf den geschätzten Transaktionspreis anzuwenden. Um die Höhe der vom Unternehmen erwarteten Gegenleistung bestimmen zu können, hat das Unternehmen die-jenigen Produkte zu berücksichtigen, deren Rückgabe erwartet wird. Anders ausgedrückt: Die Produkte, deren Rückgabe erwar-tet wird, werden nicht in den Transaktionspreis einbezogen.

Es ist noch nicht sicher, ob diese Regelung zu wesentlichen Anpas-sungen bei den Unternehmen im Hinblick auf die von ihnen nach den bisher geltenden Vorschriften erfassten Retouren führen wird. Gemäß IAS 18.17 hat ein Unternehmen den Betrag für die erwarteten Produktrückgaben als Rückerstattungsverbindlich-keit zu erfassen, welche die Verpflichtung des Unternehmens zur Rückerstattung der vom Kunden entrichteten Gegenleistung dar-stellt. Schätzt ein Unternehmen die Produktrückgaben und wen-det die Begrenzungsvorschriften an, so wäre derjenige Anteil der Umsatzerlöse, der dieser Begrenzung unterliegt, erst dann zu erfassen, wenn die Beträge nicht mehr der Begrenzung unterlie-gen, d. h. ggf. am Ende des Rückgabezeitraums.

Bei der Neuschätzung der Beträge, die das Unternehmen gemäß einer vertraglichen Vereinbarung voraussichtlich erhalten wird, hat das Unternehmen auch seine Schätzung der erwarteten Pro-duktrückgaben sowie der entsprechenden Rückerstattungsver-bindlichkeiten zu aktualisieren. Diese Neubewertung ist zu jedem Berichtsstichtag unter Berücksichtigung aller etwaiger Annah-meänderungen im Hinblick auf die zu erwartenden Produktrück-gaben vorzunehmen. Bei Schätzungsanpassungen sind auch die für die bereits erfüllten Leistungsverpflichtungen erfassten Umsatzerlöse entsprechend anzupassen.

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Bestimmung des Transaktionspreises5

Rechnet das Unternehmen beispielsweise damit, dass die Anzahl der Retouren unter seiner ursprünglichen Schätzung liegen wird, hat es die erfassten Umsatzerlöse zu erhöhen und die Rücker-stattungsverbindlichkeit zu verringern.

Üben Kunden ihr Rückgaberecht aus, kann das Unternehmen das zurückgegebene Produkt in verkaufsfähigem oder instandset-zungsbedürftigem Zustand erhalten. Gemäß dem Standard hat das Unternehmen zum Zeitpunkt des ursprünglichen Verkaufs (d. h. wenn die Erfassung der Umsatzerlöse aufgrund erwarteter Produktrückgaben faktisch hinausgezögert wird) auch einen Vermögenswert für sein Recht auf Rückerhalt der vom Kunden zurückgegebenen Güter zu erfassen (und die Umsatzkosten entsprechend anzupassen). Der Vermögenswert wird vom Unter-nehmen bei seinem erstmaligen Ansatz mit dem ursprünglichen Buchwert der Vorräte nach Abzug aller für die Rückerlangung der Güter voraussichtlich anfallenden Kosten bewertet. Neben der Neubewertung der Rückerstattungsverbindlichkeit zu jedem Berichtsstichtag ist der Wertansatz des Vermögenswerts neu zu bewerten und gegebenenfalls an geänderte Rückgabeerwartungen anzupassen sowie eine mögliche Wertminderung der zurückge-gebenen Produkte zu erfassen. Das heißt, ein zurückgegebenes Produkt ist mit dem niedrigeren Wert aus Anschaffungs­ oder Herstellungskosten abzüglich der für die Rückerlangung der Güter anfallenden Kosten und aus beizulegendem Zeitwert des Vermö-genswerts zum Zeitpunkt der Rückerlangung des Vermögenswerts zu erfassen.

Die Bilanzierung von Vermögenswerten aus Rückerhaltsan­sprüchen kann zu Änderungen im Vergleich zur bisherigen Praxis führen. Gemäß den gegenwärtigen IFRS erfasst ein Unterneh-men in der Regel eine Verbindlichkeit sowie einen entsprechen-den Aufwand, darf jedoch keinen Vermögenswert aus dem Rückerhaltsanspruch für Vorräte, die zurückgegeben werden können, erfassen, wie es nach dem neuen Standard vorgeschrie-ben ist. Darüber hinaus regelt IFRS 15 eindeutig, dass der Buch-wert des Vermögenswerts aus dem Rückerhaltsanspruch (d. h. das Produkt, dessen Rückgabe erwartet wird) getrennt vom Vor-ratsbestand auf eventuelle Wertminderungen hin zu prüfen ist. Außerdem sieht IFRS 15 vor, dass die Rückerstattungsverbind-lichkeit getrennt von dem entsprechenden Vermögenswert (auf Brutto­ statt auf Nettobasis) auszuweisen ist.

Auszug aus IFRS 15

Beispiel 22 – Rückgaberecht (IFRS 15.IE110–IE115)

Ein Unternehmen schließt mit Kunden 100 Verträge. Jeder Ver-trag umfasst den Verkauf eines Produkts für WE 100 (100 Pro-dukte insgesamt × WE 100 = WE 10.000 Gesamtvergütung). Das Unternehmen erhält die Vergütung, sobald die Verfügungsge-walt über das Produkt übertragen wurde. Die gängige Geschäfts-praxis des Unternehmens ist es, dass jeder Kunde das unge-nutzte Produkt innerhalb von 30 Tagen zurückgeben kann und den Kaufpreis vollständig zurückerstattet bekommt. Die Anschaf-fungs­ bzw. Herstellungskosten betragen WE 60 pro Produkt.

Das Unternehmen wendet die Vorschriften von IFRS 15 auf die 100 Verträge als Ganzes an, da es nach vernünftigem Ermessen davon ausgeht, dass sich nach Paragraph 4 die buchhalterischen Auswirkungen der Anwendung dieser Vorschriften auf das Port-folio als Ganzes nicht wesentlich von den Auswirkungen der Anwendung der Vorschriften auf jeden einzelnen Vertrag des Portfolios unterscheiden würden.

Da der Kunde im Rahmen des Vertrags das Recht hat, die Pro-dukte zurückzugeben, ist die Gegenleistung, auf deren Erhalt das Unternehmen einen Anspruch hat, variabel. Zur Schätzung der variablen Gegenleistung, auf die das Unternehmen Anspruch hat, entscheidet sich das Unternehmen, die Erwartungswertmethode anzuwenden (siehe Paragraph 53(a) des IFRS 15), da das Unter-nehmen davon ausgeht, dass diese Methode zur Schätzung der Höhe der variablen Gegenleistung am geeignetsten ist. Unter Zugrundelegung der Erwartungswertmethode kommt das Unter-nehmen zu dem Schluss, dass 97 Produkte nicht zurückgegeben werden. •

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Auszug aus IFRS 15 | Fortsetzung

Des Weiteren berücksichtigt das Unternehmen die Vorschriften der Paragraphen 56–58 des IFRS 15 im Hinblick auf die Begrenzung der Schätzung der variablen Gegenleistung, um festzustellen, ob die geschätzte variable Gegenleistung in Höhe von WE 9.700 (WE 100 × 97 Produkte, die voraussichtlich nicht zurückgegeben werden) in den Transaktionspreis einbezogen werden darf. Das Unternehmen überprüft die in Paragraph 57 des IFRS 15 enthaltenen Faktoren und kommt zu dem Schluss, dass die Produktrück­gaben zwar außerhalb des Einflussbereichs des Unternehmens liegen, es aber wesentliche Erfahrungen bei der Schätzung von Rückgaben im Zusammenhang mit diesem Produkt und dieser Kundenkategorie hat. Des Weiteren dürfte die Unsicherheit innerhalb kurzer Zeit geklärt sein (d. h. im Rückgabezeitraum von 30 Tagen). Daraus schließt das Unternehmen, dass höchstwahrscheinlich keine wesentliche Stornierung der erfassten, kumulierten Umsatzerlöse erfolgen wird, sobald die Unsicherheit nicht mehr besteht (d. h. am Ende des Rückgabezeitraums).

Das Unternehmen geht davon aus, dass die für die Rückerlangung der Produkte anfallenden Kosten unwesentlich sein werden und die zurückgegebenen Produkte mit Gewinn weiterverkauft werden können.

Nach der Übertragung der Verfügungsgewalt über die 100 Produkte erfasst das Unternehmen für die 3 Produkte, deren Rückgabe es erwartet, keine Umsatzerlöse. In Übereinstimmung mit den Paragraphen 55 und B21 des IFRS 15 erfasst das Unternehmen folgende Beträge:

(a) Umsatzerlöse in Höhe von WE 9.700 (WE 100 × 97 Produkte, deren Rückgabe nicht erwartet wird);

(b) eine Rückerstattungsverbindlichkeit in Höhe von WE 300 (WE 100 × 3 Produkte, deren Rückgabe erwartet wird); und

(c) einen Vermögenswert in Höhe von WE 180 (WE 60 × 3 Produkte für sein Recht, die Produkte bei Begleichung der Rück erstattungsverbindlichkeit vom Kunden zurückzuholen).

Unsere Sichtweise Produktverkäufe mit einem Rückgaberecht haben aus diversen Gründen nicht so viel Aufmerksamkeit erhalten wie andere Themen. Die Änderungen in diesem Bereich (vor allem die Behandlung des Rückgaberechts als eine Art der variablen Gegenleistung, für die die Vorschriften zu variablen Gegenleistungen, einschließlich der Begrenzungsvorschriften, anzuwenden sind) können jedoch wesentliche Auswirkungen auf Hersteller und Einzelhändler haben, die sonst nicht weiter von IFRS 15 betroffen wären. Unterneh-men müssen beurteilen, ob ihre aktuellen Methoden zur Schätzung von Produktrückgaben im Hinblick auf die Berücksichtigung der Begrenzungsvorschriften angemessen sind.

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Bestimmung des Transaktionspreises55.3 Wesentliche Finanzierungskomponenten

Bei bestimmten Transaktionen weichen der Zeitpunkt der Zah-lung und der Zeitpunkt des Übergangs der Verfügungsgewalt über die Güter oder Dienstleistungen an den Kunden voneinan-der ab. Dies ist z. B. dann der Fall, wenn die Gegenleistung im

Voraus oder nach der Lieferung des Guts oder der Erbringung der Dienstleistung bezahlt wird. Erfolgt die Zahlung durch den Kunden nachträglich, räumt das Unternehmen dem Kunden damit faktisch einen Kredit ein. Umgekehrt erhält das Unterneh-men einen Kredit vom Kunden, wenn dieser im Voraus bezahlt. IFRS 15 enthält folgende Bestimmungen im Hinblick auf das Beste-hen einer wesentlichen im Vertrag enthaltenen Finanzierungs­ komponente:

Auszug aus IFRS 15

60. Bei der Bestimmung des Transaktionspreises hat ein Unternehmen die zugesagte Gegenleistung um den Zinseffekt anzupassen, wenn der durch die Vertragsparteien vereinbarte Zahlungszeitpunkt (entweder explizit oder implizit) dem Kunden oder dem Unter-nehmen einen wesentlichen Nutzen bei der Finanzierung der Übertragung der Güter oder Dienstleistungen auf den Kunden gewährt. In einem solchen Fall enthält der Vertrag eine wesentliche Finanzierungskomponente.

Eine wesentliche Finanzierungskomponente besteht unabhängig davon, ob die Finanzierungszusage explizit im Vertrag vereinbart oder implizit in den von den Vertragsparteien zugesagten Zahlungsbedingungen enthalten ist.

61. Das Ziel der Anpassung der zugesagten Gegenleistung um eine wesentliche Finanzierungskomponente besteht für ein Unternehmen in der Erfassung von Umsatzerlösen in einer Höhe, die den Preis bei Barzahlung widerspiegelt, den der Kunde für zugesagte Güter oder Dienstleistungen gezahlt hätte, wenn (oder sobald) sie auf den Kunden übertragen wurden (d. h. zum Barverkaufspreis). Ein Unternehmen hat bei der Beurteilung, ob ein Vertrag eine Finanzierungskomponente enthält und ob es sich bei dieser um einen wesentlichen Bestandteil des Vertrags handelt, alle im jeweiligen Einzelfall relevanten Fakten und Umstände zu berücksichtigen. Dabei sind unter anderem folgende Faktoren zu beachten:

(a) die Differenz zwischen der Höhe der zugesagten Gegenleistung und dem Barverkaufspreis der zugesagten Güter oder Dienstleistungen; und

(b) der kombinierte Effekt aus: (i) dem voraussichtlichen Zeitraum zwischen der Übertragung der zugesagten Güter oder Dienstleistungen auf den Kunden

und der Bezahlung dieser Güter und Dienstleistungen durch den Kunden; und (ii) den marktüblichen Zinssätzen. •

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Auszug aus IFRS 15 | Fortsetzung

62. Ungeachtet der in Paragraph 61 beschriebenen Beurteilung enthält ein Vertrag mit einem Kunden keine wesentliche Finanzie-rungskomponente, wenn einer der folgenden Punkte zutrifft:

(a) Der Kunde hat die Güter oder Dienstleistungen im Voraus bezahlt, und der Zeitpunkt der Übertragung dieser Güter und Dienst-leistungen liegt im Ermessen des Kunden.

(b) Ein wesentlicher Teil der vom Kunden zugesagten Gegenleistung ist variabel, und die Höhe sowie der Zahlungszeitpunkt dieser Gegenleistung variiert basierend auf dem Eintreten oder Nichteintreten eines zukünftigen Ereignisses, das nicht wesentlich der Kontrolle des Kunden oder des Unternehmens unterliegt (zum Beispiel wenn die Gegenleistung in Form einer umsatzbasierten Lizenzgebühr gezahlt wird).

(c) Die Differenz zwischen der zugesagten Gegenleistung und dem Barverkaufspreis des Guts oder der Dienstleistung (wie in Paragraph 61 beschrieben) entsteht nicht aufgrund der Bereitstellung der Finanzierungskomponente für den Kunden oder für das Unternehmen, und die Differenz zwischen diesen Beträgen steht im Verhältnis zum Grund dieser Differenz. Die Zahlungs­bedingungen bieten beispielsweise dem Kunden oder dem Unternehmen Schutz davor, dass die jeweils andere Partei alle oder einen Teil ihrer Verpflichtungen im Rahmen des Vertrags nicht angemessen erfüllt.

63. Aus Vereinfachungsgründen kann ein Unternehmen darauf verzichten, die zugesagte Gegenleistung um die Auswirkungen aus einer wesentlichen Finanzierungskomponente anzupassen, wenn das Unternehmen bei Vertragsbeginn davon ausgeht, dass der Zeit-raum zwischen der Übertragung der zugesagten Güter oder Dienstleistungen auf den Kunden und der Bezahlung dieser Güter oder Dienstleistungen durch den Kunden maximal ein Jahr beträgt.

Ein Unternehmen hat nur dann zu prüfen, ob eine Vereinbarung eine wesentliche Finanzierungskomponente enthält, wenn sich der Zeitraum zwischen der Zahlung des Kunden und der Über-tragung der Güter oder Dienstleistungen auf mehr als ein Jahr beläuft. Aus IFRS 15 geht indes nicht klar hervor, ob Unterneh-men diese Beurteilung auf Vertragsebene oder auf Ebene einzel-ner Leistungsverpflichtungen durchzuführen haben. Aus dem Standard ist nicht ersichtlich, wie ein Unternehmen, das eine Ver-einbarung abgeschlossen hat, die mehr als eine Leistungsver-pflichtung enthält, ein etwaiges Finanzierungsgeschäft zu behan-deln hat. In diesem Kontext bleibt beispielsweise die Frage offen, ob ein Unternehmen die Effekte aus der Finanzierung ausschließ-lich den Leistungsverpflichtungen zuzuordnen hat, die finanziert werden. Mit anderen Worten: Es ist unklar, ob ein Unternehmen auf Vertragsebene festzulegen hat, ob eine Finanzierungskompo-nente existiert und diese Finanzierungsbeträge dann zwingend den identifizierten vertraglichen Leistungsverpflichtungen zuzu-ordnen sind.

Sofern außerdem die Finanzierungskomponente nicht als wesent-lich eingestuft wird, hat das Unternehmen den Transaktionspreis nicht um die Finanzierungskomponente anzupassen. Die Beurtei-lung, ob eine Finanzierungskomponente wesentlich ist, findet auf Einzelvertragsebene statt. Die Boards haben entschieden, dass es eine unverhältnismäßige Belastung für Unternehmen wäre, wenn diese eine Finanzierungskomponente bilanzieren müssten, die für den einzelnen Vertrag nicht wesentlich ist, die Finanzie-rungskomponenten aus einem Portfolio ähnlicher Verträge zu-sammengefasst jedoch für das Unternehmen als Ganzes wesent-lich wären.

Die Bestimmung, ob eine wesentliche Finanzierungskomponente vorhanden ist, wenn mehr als ein Jahr zwischen der Übertragung der Güter oder Dienstleistungen und dem Erhalt der Gegenleis-tung aus der Vereinbarung liegt, wird voraussichtlich ein beträcht-liches Maß an Ermessensausübung erfordern.

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Bestimmung des Transaktionspreises5

Die Unternehmen müssen sicherstellen, dass sie ihre Analysen für ihre Annahmen hinreichend dokumentiert haben.

Gelangt ein Unternehmen zu dem Ergebnis, dass eine Finanzie-rungskomponente als wesentlicher Vertragsbestandteil anzu­sehen ist, hat es den Transaktionspreis durch Abzinsung der zugesagten Gegenleistung zu ermitteln. Dabei hat das Unterneh-men den gleichen Abzinsungssatz zu verwenden, den es heran-ziehen würde, wenn es ein separates Finanzierungsgeschäft mit dem Kunden abschließen würde. Der Abzinsungssatz muss die Ausfallrisikoeigenschaften des Kreditnehmers in diesem Ver-tragsverhältnis widerspiegeln. Die Verwendung eines risikolosen

Zinssatzes oder eines explizit im Vertrag festgelegten Zinssatzes, der keinem separaten Finanzierungszinssatz entspricht, wäre unzulässig. Im Standard findet dies nicht ausdrücklich Erwähnung, doch sind wir der Auffassung, dass ein Unternehmen bei der Bestimmung des Abzinsungssatzes unter Berücksichtigung der aktuellen Marktbedingungen bei Vertragsbeginn auch die vor-aussichtliche Laufzeit des Finanzierungsgeschäfts in seine Über-legungen einzubeziehen hat. Eine nachträgliche Anpassung des Abzinsungssatzes, um nach Vertragsbeginn eingetretene Ände-rungen der zugrunde liegenden Umstände oder der Zinsen zu berücksichtigen, ist nicht vorzunehmen.

Der Standard enthält zur Veranschaulichung dieser Konzepte die folgenden Beispiele:

Auszug aus IFRS 15

Beispiel 26 – Wesentliche Finanzierungskomponente und Rückgaberecht (IFRS 15.IE135–IE140)

Ein Unternehmen verkauft ein Produkt an einen Kunden für WE 121. Das Produkt ist 24 Monate nach der Lieferung zu bezahlen. Bei Vertragsbeginn erhält der Kunde die Verfügungsgewalt über das Produkt. Gemäß dem Vertrag hat der Kunde das Recht, das Produkt innerhalb von 90 Tagen zurückzugeben. Das Produkt ist neu, und das Unternehmen verfügt über keine relevanten historischen Nach-weise zu Produktrückgaben oder über sonstige verfügbare Marktdaten.

Der Barverkaufspreis des Produkts liegt bei WE 100 und entspricht dem Betrag, den der Kunde bei Lieferung desselben Produkts unter identischen Bedingungen zu Vertragsbeginn gezahlt hätte. Die Anschaffungs­ bzw. Herstellungskosten für das Produkt betragen WE 80.

Das Unternehmen erfasst keine Umsatzerlöse, wenn die Verfügungsgewalt über das Produkt auf den Kunden übergeht. Der Grund hierfür besteht darin, dass aufgrund des Rückgaberechts und des Nichtvorhandenseins relevanter historischer Nachweise das Unter-nehmen nicht zu dem Schluss kommen kann, dass höchstwahrscheinlich keine wesentliche Stornierung der erfassten kumulierten Umsatzerlöse gemäß den Paragraphen 56–58 des IFRS 15 vorgenommen werden muss. Daher werden die Umsatzerlöse nach drei Monaten erfasst, wenn das Rückgaberecht ausläuft.

Gemäß den Paragraphen 60–62 des IFRS 15 enthält der Vertrag eine wesentliche Finanzierungskomponente. Diese ergibt sich aus der Differenz zwischen der Höhe der zugesagten Gegenleistung von WE 121 und dem Barverkaufspreis von WE 100 zu dem Zeitpunkt, an dem das Produkt auf den Kunden übertragen wird. •

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Auszug aus IFRS 15 | Fortsetzung

Der Vertrag enthält einen impliziten Zinssatz von 10 Prozent (d. h. der Zinssatz, mit dem die zugesagte Gegenleistung in Höhe von WE 121 über 24 Monate auf den Barverkaufspreis von WE 100 abgezinst wird). Das Unternehmen bewertet den Zinssatz und kommt zu dem Ergebnis, dass er dem Zinssatz entspricht, der in einem separaten Finanzierungsgeschäft zwischen dem Unterneh-men und seinem Kunden zu Vertragsbeginn zugrunde gelegt worden wäre. Die folgenden Buchungssätze zeigen, wie ein Unterneh-men diesen Vertrag gemäß Paragraph B20–B27 des IFRS 15 zu erfassen hätte:

(a) Wenn das Produkt auf den Kunden übertragen wird (gemäß IFRS 15.B21):

Vermögenswert für das Recht, das zurückzugebende Produkt zurückzuholen WE 80(1)

Vorräte WE 80

(1) In diesem Beispiel werden die voraussichtlich anfallenden Kosten für die Rückerlangung des Vermögenswerts nicht berücksichtigt.

(b) Während des dreimonatigen Rückgabezeitraums werden gemäß Paragraph 65 des IFRS 15 keine Zinsen erfasst, da keine vertraglichen Vermögenswerte oder Forderungen erfasst wurden.

(c) Bei Ablauf des Rückgaberechts (keine Rückgabe des Produkts):

Forderungen aus Lieferungen und Leistungen WE 100(2)

Umsatzerlöse WE 100 Umsatzkosten WE 80 Vermögenswert für das zurückzugebende Produkt WE 80

(2) Die erfasste Forderung ist nach IFRS 9 zu bewerten. Im Beispiel wird angenommen, dass kein wesentlicher Unterschied zwischen dem beizulegenden Zeitwert der Forderung bei Vertragsbeginn und dem beizulegenden Zeitwert der Forderung bei ihrer Erfassung nach Ablauf des Rückgaberechts besteht. Des Weiteren berücksichtigt das Beispiel auch nicht die Behandlung von Wertminderungen der Forderung.

Bis das Unternehmen die Barzahlung vom Kunden erhält, werden Zinserträge gemäß IFRS 9 erfasst. Bei der Bestimmung des effektiven Zinssatzes nach IFRS 9 hat das Unternehmen die vertragliche Restlaufzeit zu berücksichtigen.

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Bestimmung des Transaktionspreises5

Auszug aus IFRS 15

Beispiel 28 — Ermittlung des Abzinsungssatzes (IFRS 15.IE143–IE147)

Ein Unternehmen schließt mit einem Kunden einen Vertrag über den Verkauf einer maschinellen Anlage. Die Verfügungsgewalt über die maschinelle Anlage geht auf den Kunden über, sobald der Vertrag unterzeichnet wurde. Der im Vertrag festgeschriebene Preis von WE 1 Mio. zuzüglich eines vertraglichen Zinssatzes von fünf Prozent ist in 60 monatlichen Raten in Höhe von WE 18.871 zu zahlen.

Fall A – Der vertraglich festgelegte Abzinsungssatz entspricht dem einem eigenständigen Finanzierungsgeschäft zugrunde liegenden ZinssatzBei der Beurteilung des Abzinsungssatzes, der in einem Vertrag mit einer wesentlichen Finanzierungskomponente enthalten ist, stellt das Unternehmen fest, dass der vertraglich festgelegte Zinssatz von 5 Prozent dem Zinssatz entspricht, der in einem eigenständigen Finanzierungsgeschäft zwischen dem Unternehmen und dessen Kunden bei Vertragsbeginn verwendet würde (d. h., der vertragliche Zinssatz von 5 Prozent spiegelt die Ausfallrisikoeigenschaften des Kunden wider).

Die Marktbedingungen der Finanzierung besagen, dass der Barverkaufspreis für die maschinelle Anlage WE 1 Mio. beträgt. Dieser Betrag wird zunächst als Umsatzerlös und als Darlehensforderung erfasst, sobald die Verfügungsgewalt über die maschinelle Anlage auf den Kunden übergeht. Das Unternehmen bilanziert die entsprechende Forderung in Übereinstimmung mit IFRS 9.

Fall B – Der vertraglich festgelegte Abzinsungssatz entspricht nicht dem einem eigenständigen Finanzierungsgeschäft zugrunde liegenden ZinssatzBei der Beurteilung des Abzinsungssatzes, der in einem Vertrag mit einer wesentlichen Finanzierungskomponente enthalten ist, stellt das Unternehmen fest, dass der vertraglich festgelegte Zinssatz von 5 Prozent wesentlich niedriger ist als der Zinssatz von 12 Prozent, der in einem eigenständigen Finanzierungsgeschäft zwischen dem Unternehmen und dessen Kunden bei Vertragsbeginn verwendet würde (d. h., der vertragliche Zinssatz von 5 Prozent spiegelt die Ausfallrisikoeigenschaften des Kunden nicht wider). Dies legt den Schluss nahe, dass der Barverkaufspreis niedriger als WE 1 Mio. ist.

Unter Zugrundelegung von Paragraph 64 des IFRS 15 bestimmt das Unternehmen den Transaktionspreis, indem es die zugesagte Gegenleistung entsprechend anpasst, um die vertraglich vereinbarten Raten unter Verwendung eines Zinssatzes von 12 Prozent, der die Ausfallrisikoeigenschaften des Kunden abbildet, widerzuspiegeln. Folglich ermittelt das Unternehmen einen Transaktionspreis von WE 848.357 (60 monatliche Raten von WE 18.871, abgezinst mit 12 Prozent). Für diesen Betrag erfasst das Unternehmen Umsatz­erlöse und eine Darlehensforderung. Das Unternehmen bilanziert die Darlehensforderung in Übereinstimmung mit IFRS 9.

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5.3.1 Darstellung der Finanzierungskomponente im AbschlussDie Finanzierungskomponente des Transaktionspreises ist geson-dert von den realisierten Umsatzerlösen auszuweisen. Bei Erfül-lung der Leistungsverpflichtungen ist der Barwert der zugesagten Gegenleistung als Umsatz zu erfassen. Wenn der Kunde im Voraus zahlt, ist die Finanzierungskomponente als Zinsaufwand zu erfassen. Bei einer nachträglichen Zahlung des Kunden stellt die Finanzierungskomponente hingegen einen Zinsertrag dar. Der Zinsertrag oder ­aufwand ist entsprechend IFRS 9 oder IAS 39 nach der Effektivzinsmethode auf die Laufzeit des Finanzierungs-geschäfts zu verteilen. Die Boards haben angemerkt, dass ein Unternehmen nur dann Zinserträge als Umsatzerlöse ausweisen darf, wenn die Zinserträge Erträge aus der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit des Unternehmens darstellen (z. B. Banken, die regulär Finanzierungsgeschäfte abschließen und über sons-tige Zinserträge verfügen, die Erträge aus der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit darstellen).

Unsere Sichtweise Nach IFRS 15 hat der Abzinsungssatz annähernd dem Satz zu entsprechen, den das Unternehmen in einer separaten Finanzierungstransaktion mit dem Kunden bei Vertragsbeginn angewandt hätte. Da es für die meisten Unternehmen nicht zu ihrer üblichen Geschäftstätigkeit zählt, eigenständige Finan-zierungsvereinbarungen mit ihren Kunden abzuschließen, könnte sich die Ermittlung eines sachgerechten Abzinsungs-satzes schwierig gestalten.

Die meisten Unternehmen führen allerdings vor der Finan­zierung von Kaufgeschäften für einen Kunden eine mehr oder weniger ausführliche Bonitätsprüfung durch, sodass sie dadurch gewisse Informationen über das Kreditrisiko des jeweiligen Kunden erhalten. Gemäß IFRS 15 könnten Unternehmen, die je nach dem Zeitpunkt der Zahlung unterschiedliche Preise für ihre Produkte verlangen (z. B. bei der Gewährung von Skonti), einen sachgerechten Abzinsungssatz ermitteln, indem sie den Faktor bestimmen, um den der Nominalbetrag der zugesicher-ten Gegenleistung auf den Barverkaufspreis des Guts oder der Dienstleistung abgezinst wird.

Wertminderungsaufwendungen für aus Verträgen mit Kunden resultierenden Forderungen mit oder ohne wesentliche Finanzie-rungskomponenten werden gemäß den Vorschriften von IAS 1 Darstellung des Abschlusses ausgewiesen und nach IFRS 7 Finanz-instrumente: Angaben im Abschluss angegeben. Jedoch geht aus IFRS 15 klar hervor, dass solche Beträge getrennt von Wertminde-rungsaufwendungen aus anderen Verträgen auszuweisen sind.45

5.4 Nicht zahlungswirksame Gegenleistungen

Die vom Kunden zu erbringende Gegenleistung kann in Form von Gütern, Dienstleistungen oder auf andere nicht zahlungswirksame Art erfolgen. Erhält ein Unternehmen (d. h. der Verkäufer) nicht zahlungswirksame Gegenleistungen (oder ist deren Erhalt zu er-warten), so ist der beizulegende Zeitwert der nicht zahlungswirk-samen Gegenleistungen in den Transaktionspreis einzubeziehen.

Bei der Ermittlung des beizulegenden Zeitwerts der nicht zah-lungswirksamen Gegenleistungen hat ein Unternehmen die Vor-schriften des IFRS 13 Bemessung des beizulegenden Zeitwerts anzuwenden. Ist es nicht möglich, den beizulegenden Zeitwert von nicht zahlungswirksamen Gegenleistungen hinreichend ver-lässlich zu schätzen, ist die nicht zahlungswirksame Gegenleis-tung indirekt unter Bezugnahme auf den geschätzten Einzelver-äußerungspreis der zugesagten Güter oder Dienstleistungen zu bewerten.

Bei Verträgen, die sowohl eine nicht zahlungswirksame als auch eine zahlungswirksame Gegenleistung enthalten, hat ein Unter-nehmen den beizulegenden Zeitwert der nicht zahlungswirksa-men Gegenleistungen zu bewerten und zur Erfassung der zah-lungswirksamen Gegenleistung andere Vorschriften des IFRS 15 hinzuzuziehen. Bei einem Vertrag, im Rahmen dessen ein Unter-nehmen sowohl eine nicht zahlungswirksame Gegenleistung als auch eine umsatzbasierte Lizenzgebühr erhält, hat das Unterneh-men den beizulegenden Zeitwert der nicht zahlungswirksamen Gegenleistung zu bewerten und in Bezug auf die umsatzbasier-ten Lizenzgebühren die Vorschriften des Standards zu befolgen.

Der beizulegende Zeitwert von nicht zahlungswirksamen Gegenleistungen kann sich aufgrund des Eintretens (oder Nicht-eintretens) zukünftiger Ereignisse oder aufgrund der Art der

45 Siehe IFRS 15.113(b).

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Bestimmung des Transaktionspreises5

Gegenleistung ändern (z. B. eine Änderung des Preises einer Aktie, zu deren Erhalt das Unternehmen vom Kunden berechtigt ist). Ist nach IFRS 15 die einem Unternehmen vom Kunden zuge-sagte, nicht zahlungswirksame Gegenleistung aus anderen Grün-den als der Form der Gegenleistung variabel (d. h., es besteht Unsicherheit im Hinblick darauf, ob ein Unternehmen die nicht zahlungswirksame Gegenleistung erhalten wird), hat das Unter-nehmen die Begrenzungsvorschriften für variable Gegenleistun-gen zu berücksichtigen.

Gelegentlich bringt ein Kunde als Unterstützung bei der Erfül-lung des Vertrags eigene Güter oder Dienstleistungen, wie z. B. Betriebsausstattung oder Arbeitskräfte, mit ein. Erhält das Unter-nehmen die Verfügungsgewalt über die eingebrachten Güter oder Dienstleistungen, sind diese als nicht zahlungswirksame Gegen-leistung zu betrachten und wie vorstehend beschrieben zu bilan-zieren. Die Boards machten außerdem deutlich, dass Vermö-genswerte, die im Zusammenhang mit nicht zahlungswirksamen

Gegenleistungen erfasst werden, in Übereinstimmung mit ande-ren relevanten Standards (z. B. IAS 16) zu bilanzieren sind.

Änderungen gegenüber den derzeit geltenden IFRS

Das Konzept der Bilanzierung nicht zahlungswirksamer Gegen-leistungen zum beizulegenden Zeitwert steht in Einklang mit den derzeit geltenden IFRS. Nach IAS 18 ist die nicht zahlungswirk-same Gegenleistung mit dem beizulegenden Zeitwert der erhal-tenen Güter oder Dienstleistungen zu bewerten. Kann dieser Betrag nicht hinreichend verlässlich bestimmt werden, so bemisst sich die nicht zahlungswirksame Gegenleistung nach dem bei­zulegenden Zeitwert der aufgegebenen Güter oder Dienstleistun-gen.46 Nach IFRIC 18 ist zudem jeder infolge einer Übertragung von Vermögenswerten von einem Kunden erfasste Umsatzerlös gemäß der Bestimmung von IAS 18 zu bewerten.47 Daher dürfte IFRS 15 unseres Erachtens keine Änderung der gegenwärtigen Praxis bewirken.

Auszug aus IFRS 15

Beispiel 31 – Anspruch auf nicht zahlungswirksame Gegenleistungen (IFRS 15.IE156–IE158)

Ein Unternehmen schließt mit einem Kunden einen Vertrag über die Erbringung einer wöchentlichen Dienstleistung über einen Zeit-raum von einem Jahr. Der Vertrag wird am 1. Januar 20X1 unterschrieben und die Arbeit sofort aufgenommen. Das Unternehmen kommt zu dem Schluss, dass die Dienstleistung eine einzige Leistungsverpflichtung gemäß Paragraph 22(b) des IFRS 15 darstellt. Der Grund besteht darin, dass das Unternehmen eine Reihe einzeln abgrenzbarer Dienstleistungen erbringt, die im Wesentlichen gleich sind und auf die gleiche Weise auf den Kunden übertragen werden (die Übertragung der Dienstleistungen auf den Kunden erfolgt über einen bestimmten Zeitraum hinweg, und es wird eine einheitliche Methode zur Bestimmung des Leistungsfortschritts verwendet, d. h. eine zeitbasierte Methode).

Im Gegenzug für die Erbringung der Dienstleistung sagt der Kunde dem Unternehmen 100 Stammaktien je Woche, in der die Dienst-leistung erbracht wird, zu (insgesamt 5.200 Aktien für den Vertrag). Die Vertragsbedingungen legen fest, dass die Aktien bei erfolg-reicher Erbringung der Dienstleistung am Ende jeder Woche zu zahlen sind.

Das Unternehmen bewertet seinen Fortschritt im Hinblick auf die vollständige Erfüllung der Leistungsverpflichtung am Ende einer jeden Woche. Zur Bestimmung des Transaktionspreises (und der Höhe der zu erfassenden Umsatzerlöse) bewertet das Unternehmen den beizulegenden Zeitwert der 100 Aktien, die das Unternehmen jeweils nach Erbringung der wöchentlich fertigzustellenden Dienstleistung vom Kunden erhält. Das Unternehmen bezieht keine nachträglichen Änderungen des beizulegenden Zeitwerts der erhaltenen (oder zu erhaltenden) Aktien in die Umsatzerlöse ein.

46 Siehe IAS 18.12.47 Siehe IFRIC 18.13.

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In SIC­31 wird festgelegt, dass der Verkäufer die Umsatzerlöse verlässlich mit dem beizulegenden Zeitwert der von ihm im Zuge eines Tauschgeschäfts erbrachten Werbedienstleistungen bewer-ten kann, wenn er als Vergleichsmaßstab Geschäftstransaktionen heranzieht, die keine Tauschgeschäfte sind und die bestimmte Kriterien erfüllen. IFRS 15 enthält keine ähnlichen Vorschriften. Daher wird bei der Bilanzierung im Zusammenhang mit dem Tausch von Werbedienstleistungen ein noch größeres Maß an Ermessensausübung hinsichtlich der spezifischen Fakten und Umstände notwendig sein.

5.5 An einen Kunden gezahlte oder zu zahlende Gegenleistungen

Viele Unternehmen leisten Zahlungen an ihre Kunden. In manchen Fällen umfasst die gezahlte oder zu zahlende Gegenleistung den Erwerb von Gütern oder Dienstleistungen, die vom Kunden ange-boten werden und dazu dienen, ein betriebliches Bedürfnis des Unternehmens zu erfüllen. In anderen Fällen soll die an den Kun-den gezahlte oder zu zahlende Gegenleistung einen Kaufanreiz bieten, um Güter oder Dienstleistungen des Unternehmens zu beziehen.

Der Standard enthält folgende Vorschriften in Bezug auf an Kun-den gezahlte oder zu zahlende Gegenleistungen:

Auszug aus IFRS 15

70. An einen Kunden zu zahlende Gegenleistungen umfassen Barbeträge, die ein Unternehmen an einen Kunden (oder an andere Parteien, die die Güter oder Dienstleistungen des Unternehmens über den Kunden beziehen) zahlt oder zu zahlen erwartet. Die an einen Kunden zu zahlende Gegenleistung umfasst auch Gutschriften oder andere Posten (zum Beispiel Gutscheine), die mit Beträgen verrechnet werden können, die dem Unternehmen (oder anderen Parteien, die die Güter oder Dienstleistungen des Unternehmens über den Kunden beziehen) geschuldet werden. Ein Unternehmen hat an einen Kunden zu zahlende Gegenleistungen als eine Reduk-tion des Transaktionspreises, und entsprechend den Umsatzerlösen, zu erfassen, es sei denn, die Zahlung an den Kunden erfolgt im Gegenzug für ein einzeln abgrenzbares Gut oder eine einzeln abgrenzbare Dienstleistung (wie in den Paragraphen 26–30 beschrie-ben), die der Kunde auf das Unternehmen überträgt. Enthält die an einen Kunden zu zahlende Gegenleistung einen variablen Betrag, hat das Unternehmen den Transaktionspreis unter Zugrundelegung der Paragraphen 50–58 zu schätzen (einschließlich der Beurtei-lung, ob die Schätzung der variablen Gegenleistung einer Begrenzung unterliegt).

71. Bezieht sich die an einen Kunden zu zahlende Gegenleistung auf die Bezahlung eines vom Kunden gelieferten einzeln abgrenzba-ren Guts oder einer vom Kunden erbrachten einzeln abgrenzbaren Dienstleistung, hat das Unternehmen den Kauf des Guts oder der Dienstleistung auf dieselbe Art und Weise zu bilanzieren, wie es sonst auch die Käufe von seinen Zulieferern bilanziert. Übersteigt die an den Kunden zu zahlende Gegenleistung den beizulegenden Zeitwert des vom Kunden gelieferten einzeln abgrenzbaren Guts oder der vom Kunden erbrachten einzeln abgrenzbaren Dienstleistung, hat das Unternehmen diese Differenz als Verringerung des Trans-aktionspreises zu erfassen. Kann das Unternehmen den beizulegenden Zeitwert des vom Kunden erhaltenen Guts oder der Dienst-leistung nicht hinreichend verlässlich schätzen, hat es die gesamte an den Kunden zu zahlende Gegenleistung als Verringerung des Transaktionspreises anzusetzen. •

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Bestimmung des Transaktionspreises5

Der Standard schreibt vor, dass ein Unternehmen die an den Kunden zu zahlende Gegenleistung zu bilanzieren hat, und zwar unabhängig davon, ob der die Gegenleistung erhaltende Käufer ein direkter oder indirekter Kunde des Unternehmens ist. Dazu zählen Gegenleistungen an jeden Käufer von Produkten des Unternehmens an jedem Punkt der Lieferkette. Die Vorschriften sind auf Unternehmen anzuwenden, die Umsatzerlöse mit dem Verkauf von Dienstleistungen und Gütern erzielen.

An den Kunden gezahlte oder zu zahlende Gegenleistungen finden sich u. a. in Form von Rabatten, Gutscheinen, Gratispro-dukten oder ­dienstleistungen und Eigenkapitalinstrumenten. Außerdem leisten manche Unternehmen Zahlungen an die Kun-den von Großhändlern oder Vertriebsagenten, die wiederum Direktabnehmer des Unternehmens sind. Beispielsweise bieten Hersteller von Frühstückscerealien den Verbrauchern Gutscheine an, obwohl ihre Direktkunden eigentlich die Lebensmittelge-schäfte oder Supermärkte sind, die diese Produkte an Endkunden weiterverkaufen. Die Zusage zur Zahlung der Gegenleistung kann auch implizit durch die Geschäftsgepflogenheiten des Unter-nehmens begründet werden. Für die Wahl der geeigneten Bilan-zierungsmethode hat ein Unternehmen zunächst zu bestimmen, ob die an einen Kunden gezahlte oder zu zahlende Gegenleis-tung die Bezahlung eines einzeln abgrenzbaren Gutes oder einer einzeln abgrenzbaren Dienstleistung darstellt oder ob es sich um eine Verringerung des Transaktionspreises oder gegebenenfalls eine Kombination aus beidem handelt.

Damit eine Zahlung des Unternehmens an einen Kunden anders als eine Minderung des Transaktionspreises behandelt werden

kann, hat das von dem Kunden gelieferte Gut oder die vom Kun-den erbrachte Dienstleistung einzeln abgrenzbar zu sein (siehe die Erläuterungen in Abschnitt 4.2).

Stellt die an einen Kunden gezahlte oder zu zahlende Gegenleis-tung einen Preisnachlass oder eine Erstattung für Güter oder Dienstleistungen dar, die an den Kunden geliefert oder für diesen erbracht wurden, ist diese Minderung des Transaktionspreises (letztendlich also der Umsatzerlöse) zu dem Zeitpunkt zu erfas-sen, zu dem das Unternehmen die zugesagten Güter oder Dienst-leistungen an den Kunden liefert, oder, sofern dieser später liegt, zu dem Zeitpunkt, zu dem das Unternehmen die Zahlung der Gegenleistung zugesagt hat. Dies gilt auch dann, wenn die Zah-lung von einem zukünftigen Ereignis abhängig ist. Wenn sich beispielsweise die Güter, für die ein Preisnachlass in Form eines Gutscheins gewährt wurde, bereits in den Warenregalen von Einzelhändlern befinden, würde der Preisnachlass bei Ausgabe der Gutscheine erfasst. Wird jedoch ein Gutschein ausgegeben, der für eine neue Reihe von Produkten eingesetzt werden kann, die noch nicht an Einzelhändler verkauft wurden, würde der Preisnachlass erst beim Verkauf der Produkte an einen Einzel-händler erfasst.

Die an einen Kunden gezahlte oder zu zahlende Gegenleistung kann eine variable Gegenleistung in Form eines Preisnachlasses oder einer Erstattung für die gelieferten Güter oder erbrachten Dienstleistungen enthalten. Ist dies der Fall, hat das Unterneh-men entweder den Erwartungswert oder den wahrscheinlichsten Betrag zugrunde zu legen, der dem Unternehmen voraussicht-lich zusteht, und die Begrenzungsvorschriften auf die Schätzung

Auszug aus IFRS 15 | Fortsetzung

72. Wurde die an einen Kunden zu zahlende Gegenleistung als Verringerung des Transaktionspreises erfasst, so hat das Unternehmen folglich die Verringerung der Umsatzerlöse zu erfassen, wenn (oder sobald) das spätere der beiden folgenden Ereignisse eintritt:

(a) das Unternehmen erfasst die Umsatzerlöse in Verbindung mit der Übertragung der entsprechenden Güter und Dienstleistungen auf den Kunden; und

(b) das Unternehmen zahlt die Gegenleistung oder gibt die Zusage, diese zu zahlen (selbst wenn die Zahlung von einem zukünftigen Ereignis abhängt). Diese Zusage kann implizit durch die Geschäftsgepflogenheiten des Unternehmens begründet werden

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(siehe Abschnitt 5.1 für nähere Erläuterungen) anzuwenden, um die Auswirkungen des Preisnachlasses oder der Erstattung zu ermitteln.

Die Vorschrift bezüglich des Zeitpunkts, wann eine an einen Kun-den zu zahlende Gegenleistung zu erfassen ist, scheint nicht mit der Vorgehensweise zur Beachtung impliziter Preisnachlässe in Einklang zu stehen. Das heißt, dass die Definition von variablen Gegenleistungen in IFRS 15 weit genug gefasst ist, dass darin Beträge wie Gutscheine oder andere Formen von Gutschriften, die mit den geschuldeten Beträgen verrechnet werden können, eingeschlossen sind. Der Standard schreibt vor, dass alle poten-ziellen variablen Gegenleistungen berücksichtigt werden und bei Vertragsbeginn sowie während der Leistungserbringung des Unternehmens im Transaktionspreis abgebildet werden müssen. Das heißt, wenn ein Unternehmen bereits in der Vergangenheit diese Art von Gegenleistungen an seinen Kunden gezahlt hat, so schreiben die Vorschriften zur Schätzung der variablen Gegenleis-tungen vor, dass diese Beträge bei Vertragsbeginn berücksichtigt werden müssen, selbst wenn das Unternehmen dem Kunden diese Gegenleistungen noch nicht zur Verfügung gestellt hat.

Die Unstimmigkeit ergibt sich nun daraus, dass die spezifischen Vorschriften für die an einen Kunden zu zahlende Gegenleistun-gen besagen, dass diese Gegenleistung erst dann als Minderung der Umsatzerlöse zu erfassen ist, wenn das spätere der beiden folgenden Ereignisse eintritt:

• die entsprechenden Umsatzerlöse sind zu erfassen; oder

• das Unternehmen zahlt die Gegenleistung oder gibt die Zusage, diese zu zahlen.

Im Ergebnis deutet dies darauf hin, dass es sachgerecht ist, dass ein Unternehmen das Angebot solcher Vergütungsmodelle bilan-ziell nicht abbilden muss, selbst wenn es dies in der Vergangen-heit getan hat. Die Auswirkungen dieser Vergütungsmodelle wer-den faktisch erst dann erfasst, wenn sie an den Kunden gezahlt werden oder wenn dem Kunden die Zahlung zugesagt wird. Wir hoffen, dass diesbezüglich weitere Anwendungsleitlinien veröf-fentlicht werden, um diese Uneinheitlichkeit zu beseitigen.

Die an einen Kunden gezahlte Gegenleistung kann auf verschie-dene Art und Weise erfolgen. Daher haben Unternehmen jede Transaktion sorgfältig zu prüfen, um die sachgerechte Behand-lung solcher Beträge zu ermitteln. Einige gängige Beispiele für an einen Kunden gezahlte Gegenleistungen sind:

• Slotting Fees – In der Konsumgüterindustrie ist es für viele Hersteller üblich, den Einzelhändlern eine Gebühr zu zahlen, damit ihre Produkte in den Regalen des Geschäfts günstig plat-ziert werden. Dabei ist es unerheblich, ob es sich um ein phy-sisch existierendes Warenregal im Geschäft des Einzelhändlers handelt oder um ein virtuell existierendes Warensortiment in Form eines Online­Katalogs eines Händlers im Internet. Grund-sätzlich stellen solche Gebühren keine einzeln abgrenzbaren Güter oder Dienstleistungen für den Hersteller dar und sind daher als Minderung des Transaktionspreises zu behandeln.

• Gemeinschaftliche Werbevereinbarungen – Bei solchen Ver-einbarungen erstattet ein Verkäufer einem Einzelhändler einen Teil der Kosten, die diesem für Werbemaßnahmen im Zusam-menhang mit den Produkten des Verkäufers entstanden sind. Die Feststellung, ob die Zahlung des Verkäufers im Gegenzug für eine einzeln abgrenzbare Dienstleistung oder ein einzeln abgrenzbares Gut zum beizulegenden Zeitwert erfolgte, hängt von einer sorgfältigen Analyse der Fakten und Umstände der jeweiligen Vereinbarung ab.

• Beträge zur Sicherung des Verkaufspreises – Ein Verkäufer erstattet einem Einzelhändler Preisdifferenzen bis zu einer festgelegten Höhe, die bei diesem für den Verkauf der Produkte des Verkäufers über einen bestimmten Zeitraum entstanden sind. Normalerweise stellen solche Gebühren keine einzeln abgrenzbaren Güter oder Dienstleistungen für den Hersteller dar und sind daher als eine Minderung des Transaktionspreises zu behandeln.

• Gutscheine und Rabatte – Einem indirekten Kunden eines Ver-käufers wird ein Teil des Kaufpreises des erworbenen Produkts oder der bezogenen Dienstleistungen erstattet, indem er den Gutschein oder einen entsprechenden Beleg beim Zwischen-händler oder Verkäufer einreicht. Grundsätzlich stellen solche Gebühren keine einzeln abgrenzbaren Güter oder Dienstleis-tungen für den Hersteller dar und sind daher als Minderung des Transaktionspreises zu behandeln.

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Bestimmung des Transaktionspreises5

• „Pay-to-play“-Vereinbarungen – Bei einigen Vereinbarungen leistet ein Verkäufer eine Anfangszahlung an den Kunden, um einen neuen Auftrag zu erhalten. In den meisten Fällen sind diese Zahlungen nicht mit einzeln abgrenzbaren Gütern oder Dienstleistungen, die von dem Kunden zu liefern sind, ver-knüpft und müssten demnach als Minderung des Transaktions-preises behandelt werden.

• Kauf von Gütern oder Dienstleistungen – Unternehmen schließen häufig Lieferanten­Verkäufer­Vereinbarungen mit ihren Kunden. Gegenstand dieser Vereinbarungen ist die Lieferung eines einzeln abgrenzbaren Gutes oder die Erbrin-gung einer einzeln abgrenzbaren Dienstleistung durch die Kunden. Beispielsweise kommt es vor, dass ein Softwareunter-nehmen benötigte Büromaterialien bei einem seiner Software­kunden kauft. In solchen Situationen muss das Unternehmen sorgfältig prüfen, ob die Zahlung an den Kunden ausschließ-lich für die erhaltenen Güter und Dienstleistungen geleistet wurde oder ob ein Teil der Zahlung eigentlich eine Minderung des Transaktionspreises für die Güter und Dienstleistungen darstellt, die das Unternehmen an den Kunden überträgt.

Die Bilanzierung von an Kunden zu zahlenden Gegenleistungen nach IFRS 15 entspricht grundsätzlich der gegenwärtigen Praxis. Die Vorschrift, dass ein Unternehmen zu ermitteln hat, ob ein Gut oder eine Dienstleistung „einzeln abgrenzbar“ ist, um die an den Kunden zu zahlende Gegenleistung nicht als Minderung der Umsatzerlöse, sondern in anderer Form zu erfassen, ist jedoch neu. In einigen Beispielen zu IAS 18 wird dies zwar impliziert, jedoch wird es in den gegenwärtigen IFRS nicht explizit disku-tiert. Daher müssen einige Unternehmen voraussichtlich ihre Bilanzierung von an einen Kunden gezahlten oder zu zahlenden Gegenleistungen überprüfen.

Der Standard enthält zur Veranschaulichung das folgende Beispiel:

Auszug aus IFRS 15

Beispiel 32 – An einen Kunden zu zahlende Gegenleistungen (IFRS 15.IE160–IE162)

Ein Unternehmen, das Konsumgüter herstellt, schließt einen Ein-jahresvertrag über den Verkauf von Gütern mit einer global agie-renden Einzelhandelskette ab. Der Kunde sagt zu, Produkte im Wert von mindestens WE 15 Mio. jährlich zu kaufen. Im Rahmen des Vertrags ist das Unternehmen verpflichtet, bei Vertragsbe-ginn eine nicht rückzahlbare Anzahlung in Höhe von WE 1,5 Mio. an den Kunden zu leisten. Die Zahlung in Höhe von WE 1,5 Mio. soll den Kunden für die Änderungen entschädigen, die er an sei-nen Regalen vornehmen muss, um die Produkte des Unterneh-mens aufnehmen zu können.

Das Unternehmen prüft die Vorschriften der Paragraphen 70–72 des IFRS 15 und kommt zu dem Schluss, dass die Zahlung an den Kunden nicht als Gegenleistung für ein auf das Unternehmen übertragenes einzeln abgrenzbares Gut oder eine auf das Unter-nehmen übertragene einzeln abgrenzbare Dienstleistung anzu-sehen ist, weil das Unternehmen nicht die Kontrolle über Rechte bezüglich der Regale des Kunden erhält. Das Unternehmen er-fasst demnach die Zahlung in Höhe von WE 1,5 Mio. als Minderung des Transaktionspreises in Übereinstimmung mit Paragraph 70 des IFRS 15.

Unter Anwendung der Vorschriften von Paragraph 72 des IFRS 15 kommt das Unternehmen zu dem Schluss, dass die zu zahlende Gegenleistung als Minderung des Transaktionspreises zu erfassen ist, sobald das Unternehmen die Umsatzerlöse für die Übertragung der Güter erfasst. Bei Übertragung der Güter auf den Kunden mindert das Unternehmen demnach den Transaktionspreis für jedes Gut um 10 Prozent (WE 1,5 Mio. ÷ WE 15 Mio.). Das Unternehmen erfasst daher im ersten Monat, in dem es Güter auf den Kunden überträgt, Umsatzerlöse von WE 1,8 Mio. (der Rechnungsbetrag von WE 2,0 Mio. abzüglich der an den Kunden zu zahlenden Gegenleis-tung in Höhe von WE 0,2 Mio.).

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5.6 Nicht rückerstattungsfähige Anfangszahlungen

Es kann vorkommen, dass Unternehmen Zahlungen von Kunden erhalten, bevor sie eine vertraglich vereinbarte Dienstleistung erbringen oder das zugesagte Gut liefern. Solche anfänglichen Zahlungen fallen in der Regel im Zusammenhang mit der Initiie-rung, Aktivierung oder Bereitstellung von Gütern oder Dienst-leistungen an, die in der Zukunft geliefert bzw. erbracht werden. Sie werden ggf. auch gezahlt, um Zugang zu einer Anlage, einem Produkt oder einer Dienstleistung oder ein entsprechendes Nut-zungsrecht zu erhalten. In vielen Fällen sind die vom Kunden ge-zahlten Anfangszahlungen nicht rückerstattungsfähig. Beispiele

Beispiel 5-3 Nicht rückerstattungsfähige Anfangszahlungen

Ein Kunde schließt einen Einjahresvertrag mit einem Fitnessclub und muss dafür eine nicht rückerstattungsfähige Aufnahmegebühr von WE 150 sowie einen jährlichen Mitgliedsbeitrag in monatlichen Raten von WE 40 zahlen. Mit der Aktivität des Clubs zur Aufnahme des Kunden wird keine Dienstleistung auf den Kunden übertragen. Somit handelt es sich dabei auch nicht um eine Leistungsverpflichtung. Da der Kunde die Aufnahmegebühr bei Verlängerung seines Vertrags nicht erneut zahlen muss, bietet der Club seinem Kunden faktisch eine reduzierte Verlängerungsgebühr.

Nach der Einschätzung des Clubs handelt es sich bei der Verlängerungsoption um ein wesentliches Recht, da die Verlängerungsoption zu einem Preis angeboten wird, der unterhalb der üblicherweise verlangten Preisspanne liegt. Die Verlängerungsoption ist damit auch eine separate Leistungsverpflichtung. Aufgrund seiner Erfahrungen geht der Club davon aus, dass seine Kunden ihre jährliche Mitglied-schaft im Durchschnitt zweimal verlängern und sie dann kündigen. Aus diesem Grund kommt der Club zu dem Schluss, dass die Option dem Kunden das Recht verschafft, seinen Vertrag zweimal für jeweils ein Jahr zu einem reduzierten Preis zu verlängern.

In diesem Szenario würde der Club den gesamten Transaktionsbetrag von WE 630 (WE 150 Aufnahmegebühr + WE 480 [WE 40 × 12 Monate]) auf die identifizierten Leistungsverpflichtungen (monatliche Dienstleistungen und Verlängerungsoption) auf Grundlage der Methode des relativen Einzelveräußerungspreises aufteilen. Der Betrag, welcher der Verlängerungsoption zugeordnet wird, würde dann erfasst, wenn jede der beiden Verlängerungsoptionen entweder ausgeübt oder nicht in Anspruch genommen wird.

Alternativ könnte der Club die Option bewerten, indem er die optionalen Güter und Dienstleistungen analysiert (sog. „Look­through­ Ansatz“). In diesem Fall würde der Club zu dem Schluss gelangen, dass sich der gesamte Transaktionspreis aus der Summe der Auf­nahmegebühr plus drei Jahre monatlicher Dienstleistungsgebühren (d. h. WE 150 + WE 1.440) zusammensetzt, und diesen Betrag auf alle voraussichtlich zu erbringenden Dienstleistungen bzw. 36 Monate der Mitgliedschaft aufteilen (d. h. WE 44,17 je Monat).

Die Behandlung von Optionen wird in Abschnitt 4.6 ausführlicher erläutert.

für Anfangszahlungen sind Beiträge für die Mitgliedschaft in einem Fitnessclub oder in einer Einkaufsgemeinschaft sowie Aktivierungsgebühren für Telefon, Kabel­TV oder Internet.

Die betreffenden Unternehmen müssen beurteilen, ob sich eine nicht rückerstattungsfähige Anfangszahlung auf die Übertragung eines Guts oder einer Dienstleistung bezieht. In vielen Fällen handelt es sich dabei um eine Vorauszahlung für die künftige Nutzung von Gütern oder Dienstleistungen. Außerdem kann das Bestehen einer nicht rückerstattungsfähigen Anfangszahlung darauf hindeuten, dass die Vereinbarung eine Verlängerungsop-tion für künftige Güter und Dienstleistungen zu einem reduzier-ten Preis beinhaltet (wenn der Kunde den Vertrag ohne Zahlung einer zusätzlichen Anfangszahlung verlängert).

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Nachdem die abgrenzbaren (oder separaten) Leistungsverpflich-tungen identifiziert und der Transaktionspreis ermittelt wurden, ist der Transaktionspreis gemäß dem Standard auf die einzelnen Leistungsverpflichtungen zu allokieren. Dies geschieht in der Regel im Verhältnis zu den Einzelveräußerungspreisen der ent-sprechenden Leistungsverpflichtungen (d. h. auf Basis der rela­tiven Einzelveräußerungspreise). Ein im Vertrag vereinbarter Preisnachlass ist demnach grundsätzlich proportional auf die einzelnen Leistungsverpflichtungen innerhalb des Vertrags zu verteilen.

Wie nachfolgend noch eingehend diskutiert wird, gibt es dabei einige Ausnahmeregelungen. In bestimmten Fällen könnte ein Unternehmen zum Beispiel die variable Gegenleistung (nur) einer einzigen Leistungsverpflichtung zuordnen. Des Weiteren sieht IFRS 15 vor, einen im Vertrag vereinbarten Preisnachlass nur einzelnen (aber nicht allen) vertraglichen Leistungsverpflichtun-gen zuzuordnen, wenn bestimmte Kriterien erfüllt sind.

6.1 Schätzung der Einzelveräußerungspreise

Um den Transaktionspreis auf Basis der relativen Einzelveräuße-rungspreise aufteilen zu können, ist vom Unternehmen zunächst für jede einzelne Leistungsverpflichtung ein Einzelveräußerungs­preis zu bestimmen. Gemäß dem Standard ist dies der Preis, zu dem ein Unternehmen ein Gut oder eine Dienstleistung zum Zeit-punkt des Vertragsbeginns separat verkaufen würde.

Gemäß IFRS 15 bildet der beobachtbare Preis, zu dem das jewei-lige Gut oder die jeweilige Dienstleistung auf Basis einer isoliert betrachteten Geschäftstransaktion unter fremden Dritten veräu-ßert werden könnte, den besten Anhaltspunkt für den Einzelver-äußerungspreis. Nicht immer ist indes ein unmittelbar vom Markt ableitbarer Preis verfügbar. Dann muss das Unternehmen den Einzelveräußerungspreis anderweitig schätzen.

Die Schätzung des Einzelveräußerungspreises erfolgt bei Vertrags-beginn und wird nicht um Änderungen angepasst, die im Zeit-raum zwischen Vertragsbeginn und Leistungsende eintreten.

Beispiel: Ein Unternehmen stellt fest, dass sich – im Nachgang zur erstmaligen Bestimmung des Einzelveräußerungspreises bei Vertragsbeginn – die damit verbundenen Materialaufwendungen zwischenzeitlich verdoppelt haben, und zwar noch bevor dieses Gut hergestellt bzw. ausgeliefert wurde. In diesem Fall dürfte das Unternehmen seine Schätzung des Einzelveräußerungspreises, die es für diesen Vertrag verwendet hat, nicht korrigieren. Bei künftigen Vereinbarungen zum gleichen Gut müsste das Unterneh-men jedoch den korrigierten Einzelveräußerungspreis verwen-den (siehe Abschnitt 6.1.3). Wird der Vertrag geändert und diese Modifikation wäre nicht als getrennter Vertrag anzusehen, dann müsste das Unternehmen seine Schätzung des Einzelveräußerungs­preises auch zum Zeitpunkt der Modifikation entsprechend an-passen (siehe Abschnitt 6.5).

Änderungen gegenüber den derzeit geltenden IFRS

Die neuen Vorschriften für die Aufteilung des Transaktionspreises auf Leistungsverpflichtungen könnten für viele Unternehmen eine Änderung ihrer Bilanzierungspraxis bedeuten.

IAS 18 schreibt keine Zuordnungsmethode für Mehrkomponen-tenverträge vor. IFRIC 13 nennt zwei Zuordnungsmethoden: Zuordnung auf Basis des relativen beizulegenden Zeitwerts und Zuordnung mithilfe der Residualmethode. IFRIC 13 gibt dabei allerdings keine zwingend zu berücksichtigende Hierarchie vor. Daher muss das Unternehmen eine Ermessensentscheidung treffen und die für sich angemessene Methode auswählen. Dabei hat das Unternehmen sämtliche relevanten Fakten und Umstände zu würdigen, um sicherzustellen, dass die Zuordnung in Einklang mit dem Ziel des IAS 18 steht, Umsatzerlöse zum beizulegenden Zeitwert der Gegenleistung zu bemessen.

Da die gegenwärtigen IFRS nur sehr wenige Anwendungsleitlinien für Mehrkomponentenverträge enthalten, orientieren sich viele Unternehmen an den US­GAAP, um bestehende Regelungslücken bei der Bilanzierung zu schließen. Die Vorschrift zur Schätzung des Einzelveräußerungspreises ist für Unternehmen, die ihre Bilan-zierungs­ und Bewertungsmethoden in Anlehnung an die Vor-schriften zu Mehrkomponentenverträgen in ASC 605­25 ent­wickelt haben, nicht neu.

6Allokation des Transaktions-preises auf die Leistungs-verpflichtungen

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Die neuen Vorschriften des IFRS 15 zur Schätzung des Einzelver-äußerungspreises entsprechen im Wesentlichen ASC 605­25, mit der Ausnahme, dass Unternehmen bei der Schätzung gemäß IFRS 15 keine Hierarchie von Anhaltspunkten berücksichtigen müssen.

Einige Unternehmen, die nach US­GAAP bilanzieren, wenden die Vorschriften von ASC 605­25 an, wenn sie Veräußerungspreise für Bestandteile einer Vereinbarung schätzen, deren Preise in hohem Maße variabel sind, wie in Abschnitt 6.1.2 beschrieben. Der neue Standard könnte diesen Unternehmen die Möglichkeit einräumen, zur Residualmethode zurückzukehren (bevor das FASB 2009 neue Vorschriften zu Mehrkomponentenverträgen veröffentlichte, wurden diese Bestandteile ähnlich bilanziert).

Die Vorschrift zur Schätzung des Einzelveräußerungspreises kann eine wesentliche Änderung für jene Unternehmen herbeiführen, die nach IFRS bilanzieren und derzeit auf andere US­GAAP­Vor-schriften, wie z. B. auf die Regelungen in ASC 985­605 zur Erfas-sung von Umsatzerlösen bei Software, zurückgreifen, um Lücken bei ihren Bilanzierungs­ und Bewertungsmethoden für die Erfas-sung von Umsatzerlösen zu schließen. Diese US­GAAP­Vorschriften enthalten andere Kriterien für die Bestimmung des Einzelveräu-ßerungspreises, denn sie erfordern beobachtbare Anhaltspunkte statt Schätzungen des Managements. Einigen Unternehmen könnte die Bestimmung des Einzelveräußerungspreises, vor allem für Güter oder Dienstleistungen, die niemals separat angeboten werden (z. B. spezifizierte Upgrade­Rechte für Software), Schwie-rigkeiten bereiten. Gemäß dem neuen Standard kann ein Unter-nehmen unter bestimmten Umständen den Einzelveräußerungs­preis einer Leistungsverpflichtung anhand der Residualmethode schätzen (siehe Abschnitt 6.1.2).

Unsere Sichtweise Unternehmen, die derzeit keine Einzelveräußerungspreise schätzen, werden wahrscheinlich zusätzlich zu Mitarbeitern aus der Buchhaltung und Finanzabteilung auch Mitarbeiter aus anderen Abteilungen einbeziehen müssen. Wir gehen davon aus, dass Mitarbeiter, die für die Erlöserfassung eines Unter-nehmens zuständig sind, sich mit den Verantwortlichen für die Preisgestaltung des Unternehmens abstimmen müssen, um Einzelveräußerungspreise zu schätzen, insbesondere dann, wenn es nur sehr wenige oder keine beobachtbaren Input-daten gibt.

Allokation des Transaktions preises auf die Leistungs verpflichtungen6

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Der Standard enthält die folgenden Regelungen zur Schätzung des Einzelveräußerungspreises:

Auszug aus IFRS 15

78. Ist ein Einzelveräußerungspreis marktseitig nicht direkt beobachtbar, hat das Unternehmen den Betrag des Einzelveräußerungs­preises so zu schätzen, dass eine Aufteilung des Transaktionspreises entstehen würde, die dem Ziel der Aufteilung in Paragraph 73 entspricht. Bei der Schätzung des Einzelveräußerungspreises hat ein Unternehmen alle Informationen (einschließlich Marktbedingungen, unternehmensspezifische Faktoren und Informationen zum Kunden oder zur Kundenkategorie) einzubeziehen, auf die es bei ange-messenem Aufwand zugreifen kann. Dabei muss ein Unternehmen auf möglichst viele beobachtbare Inputdaten zurückgreifen und die gewählten Schätzmethoden einheitlich unter vergleichbaren Umständen anwenden.

79. Geeignete Methoden zur Schätzung des Einzelveräußerungspreises von Gütern oder Dienstleistungen sind u. a.:

(a) Adjusted-market-assessment-Ansatz: Das Unternehmen analysiert den Markt, auf dem es seine Güter und Dienstleistungen üblicherweise vertreibt, und schätzt auf dieser Basis, welchen Preis die Marktteilnehmer für das entsprechende Gut bzw. die Dienstleistung zu zahlen bereit wären. Bei diesem Ansatz könnte das Unternehmen auch untersuchen, welche Preise seine Wett-bewerber für ähnliche Waren oder Dienstleistungen verlangen, und diese Preise gegebenenfalls anpassen, damit sie die Kosten und Margen des Unternehmens widerspiegeln.

(b) Expected-cost-plus-a-margin-Ansatz: Das Unternehmen schätzt die voraussichtlichen Kosten für die Erfüllung der Leistungsver-pflichtung und berücksichtigt zusätzlich eine Gewinnmarge, die das Unternehmen in der Regel für die Lieferung ähnlicher Güter und Dienstleistungen verlangen würde.

(c) Residualmethode: Das Unternehmen schätzt den Einzelveräußerungspreis unter Bezugnahme auf den gesamten Transaktions-preis abzüglich der Summe der beobachtbaren Einzelveräußerungspreise anderer in dem Vertrag zugesagter Güter oder Dienst-leistungen. Ein Unternehmen darf die Residualmethode allerdings nur dann zur Schätzung des Einzelveräußerungspreises eines Gutes oder einer Dienstleistung in Übereinstimmung mit Paragraph 78 verwenden, wenn eines der folgenden Kriterien erfüllt ist:

(i) das Unternehmen verkauft die gleichen Güter oder Dienstleistungen an verschiedene Kunden (gleichzeitig oder in geringem Zeitabstand) zu sehr unterschiedlichen Preisen (d. h., der Veräußerungspreis ist in hohem Maße variabel, da vergangene Transaktionen oder andere beobachtbare Anhaltspunkte keinen repräsentativen Einzelveräußerungspreis erkennen lassen); oder

(ii) das Unternehmen hat noch keinen Preis für dieses Gut oder diese Dienstleistung bestimmt und das Gut oder die Dienstleistung wurde in der Vergangenheit noch nicht separat verkauft (d. h., der Veräußerungspreis ist unsicher).

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6.1.1 Faktoren, die bei der Schätzung des Einzel-veräußerungspreises zu berücksichtigen sindGemäß dem Standard hat ein Unternehmen bei der Schätzung des Einzelveräußerungspreises alle Informationen (einschließ-lich Marktbedingungen, unternehmensspezifische Faktoren und Informationen zum Kunden oder zur Kundenkategorie) einzube-ziehen, auf die es bei angemessenem Aufwand zugreifen kann.48 Diese Vorschrift ist sehr weit gefasst, sodass ein Unternehmen die verschiedensten Datenquellen in Betracht zu ziehen hat.

Beispielsweise sind die folgenden Marktbedingungen zu berück-sichtigen (die Auflistung hat keinen Anspruch auf Vollständigkeit):

• mögliche Begrenzungen für den Veräußerungspreis des Produkts

• Preise der Wettbewerber für ein ähnliches oder identisches Produkt

• Bekanntheit und Wahrnehmung des Produkts am Markt

• aktuelle Markttrends, die sich wahrscheinlich auf die Preis­gestaltung auswirken werden

• Marktanteile und ­position des Unternehmens (z. B. die Fähig-keit des Unternehmens, auf die Preisgestaltung Einfluss zu nehmen)

• Auswirkungen des Standorts auf die Preisgestaltung

• Auswirkungen der kundenspezifischen Anpassungen auf die Preisgestaltung

• erwartete technologische Nutzungsdauer des Produkts

Zu den unternehmensspezifischen Faktoren gehören unter anderem:

• Gewinnziele und interne Kostenstruktur

• Verfahren und Ziele der Preisgestaltung (einschließlich der angestrebten Bruttogewinnmarge)

• Auswirkungen der kundenspezifischen Anpassungen auf die Preisgestaltung

48 Siehe IFRS 15.78.

• Verfahren der Preisgestaltung bei Produkten, die im Paket angeboten werden

• Auswirkungen der geplanten Transaktion auf die Preisgestaltung (z. B. Umfang der Transaktion, Merkmale der Zielkunden)

• erwartete technologische Nutzungsdauer des Produkts ein-schließlich wesentlicher verkäuferspezifischer technologischer Fortschritte, die in naher Zukunft zu erwarten sind

Es ist davon auszugehen, dass die Dokumentation der Schätzung des Einzelveräußerungspreises durch ein Unternehmen ausrei-chend aussagekräftig sein muss, damit das Unternehmen nach-weisen kann, wie es die oben aufgelisteten Arten von Faktoren bei der Schätzung berücksichtigt hat. Dies gilt besonders dann, wenn es nur sehr wenige oder keine beobachtbaren Daten gibt.

6.1.2 Mögliche SchätzmethodenIn IFRS 15 werden drei Schätzmethoden thematisiert: (1) der Adjusted-market-assessment­Ansatz, (2) der Expected-cost-plus- a-margin­Ansatz und (3) die Residualmethode. Auf alle drei Methoden wird im Folgenden näher eingegangen. Ein Unterneh-men hat im Rahmen der Schätzung des Einzelveräußerungs­preises gemäß IFRS 15 diese Methoden unter Umständen zu kombinieren. Die genannten Methoden sind jedoch nicht die ein-zig zulässigen Verfahren zur Schätzung der Einzelveräußerungs­preise. Gemäß IFRS 15 ist jede nachvollziehbare Methode zuläs-sig, solange sie für die Schätzung des Einzelveräußerungspreises geeignet ist, auf möglichst viele beobachtbare Inputdaten zurück-greift und konsistent auf ähnliche Güter, Dienstleistungen und Kunden angewendet wird.

In manchen Fällen stehen einem Unternehmen ausreichend beobachtbare Daten zur Bestimmung des Einzelveräußerungs­preises zur Verfügung. Beispielsweise kann es bei einem Unter-nehmen ausreichend separate Verkäufe eines bestimmten Gutes oder einer bestimmten Dienstleistung geben, die überzeugende Nachweise für den Einzelveräußerungspreis dieses Gutes oder dieser Dienst leistung liefern. In solchen Fällen wäre keine Schät-zung erforderlich.

Oftmals steht einem Unternehmen jedoch kein ausreichendes Datenmaterial zu separaten Geschäftstransaktionen zur Ver­fügung, um den Einzelveräußerungspreis nur anhand dieser

Allokation des Transaktions preises auf die Leistungs verpflichtungen6

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separaten Geschäftsvorfälle zu bestimmen. Dann muss ein Unter-nehmen auf alle verfügbaren beobachtbaren Inputdaten zurück-greifen, um seine Schätzung durchzuführen, d. h., es darf keine beobachtbaren Inputdaten außer Acht lassen, wenn es den Einzel-veräußerungspreis eines Gutes oder einer Dienstleistung schätzt.

Zur Durchführung dieser Schätzung kann ein Unternehmen eine oder mehrere der folgenden im Standard aufgeführten Methoden verwenden:

• Adjusted-market-assessment-Ansatz — Dieser Ansatz konzen-triert sich auf die Höhe des Preises, den die Marktteilnehmer nach Ansicht des Unternehmens für ein Gut oder eine Dienst-leistung zu zahlen bereit wären. Der Ansatz beruht hauptsäch-lich auf externen Faktoren und nicht auf unternehmensinternen Einflussfaktoren. Bei der Anwendung des Adjusted-market- assessment­Ansatzes berücksichtigt das Unternehmen die Markt-bedingungen (Beispiele sind in Abschnitt 6.1.1 angeführt). Die Anwendung dieses Ansatzes ist wahrscheinlich am ein-fachsten, wenn ein Unternehmen das Gut oder die Dienstleis-tung bereits seit einiger Zeit verkauft (sodass ihm Daten über die Kundennachfrage vorliegen) oder ein Wettbewerber ähn­liche Güter oder Dienstleistungen anbietet, auf die das Unter-nehmen seine Analyse stützen kann. Die Anwendung kann sich jedoch als schwierig erweisen, wenn ein Unternehmen ein völlig neues Gut oder eine völlig neue Dienstleistung verkauft, da die Nachfrage schwer vorherzusehen ist. Wir gehen davon aus, dass die Unternehmen den Adjusted-market-assessment-Ansatz mit anderen Ansätzen kombinieren werden, um auf möglichst viele beobachtbare Inputdaten zurückzugreifen (z. B. Kombi-nation des Adjusted-market-assessment­Ansatzes mit den vom Unternehmen geplanten internen Preisgestaltungsstrategien, wenn die Leistungsverpflichtung noch nie separat verkauft worden ist).

• Expected-cost-plus-a-margin-Ansatz — Dieser Ansatz kon­zentriert sich in erster Linie auf interne Faktoren (z. B. die Anschaffungs­ und Herstellungskosten des Unternehmens), enthält aber auch eine externe Komponente. Die bei diesem Ansatz enthaltene Gewinnmarge muss nämlich auch die Marge widerspiegeln, die die Marktteilnehmer zu zahlen bereit wären, und nicht nur die vom Unternehmen angestrebte Gewinnmarge. Gegebenenfalls muss die Gewinnmarge an Unterschiede bei Produkten, Ländern, Kunden und anderen Faktoren angepasst

werden. Der Expected-cost-plus-a-margin­Ansatz kann in vielen Situationen hilfreich sein – insbesondere, wenn die entspre-chende Leistungsverpflichtung zu bestimmbaren Kosten führt, die direkt mit der Vertragserfüllung in Zusammenhang stehen (siehe Abschnitt 8.3.2). Wenn diese Kosten jedoch nicht eindeutig identifizierbar oder unbekannt sind, ist dieser Ansatz weniger geeignet.

• Residualmethode – Bei der Residualmethode wird davon ausge-gangen, dass ein Unternehmen mit Ausnahme eines zugesag-ten Gutes oder einer zugesagten Dienstleistung den Einzelver-äußerungspreis aller zugesagten Güter oder Dienstleistungen schätzen kann. In diesen Fällen kann das Unternehmen nach der Residualmethode den verbleibenden Teil des Transaktions-preises bzw. den Restwert dem Gut oder der Dienstleistung zuordnen, das bzw. die es nicht hinreichend verlässlich schätzen konnte. Der Standard weist darauf hin, dass diese Methode nur bei Mehrkomponentenverträgen verwendet werden kann, wenn der Veräußerungspreis eines einzelnen Gutes oder einer ein-zelnen Dienstleistung nicht bekannt ist (entweder weil die his-torischen Veräußerungspreise in hohem Maße variabel sind oder weil dieses Gut oder diese Dienstleistung noch nie verkauft worden ist). Wir gehen deshalb davon aus, dass diese Methode wahrscheinlich nur in begrenztem Umfang angewendet wer-den wird. Dennoch kann die Residualmethode für diejenigen Unternehmen eine Erleichterung darstellen, die selten oder nie Güter oder Dienstleistungen separat verkaufen, wie etwa Unternehmen, die geistiges Eigentum nur in Zusammenhang mit physischen Gütern und Dienstleistungen anbieten.

Als Beispiel sei ein Unternehmen angenommen, das häufig Software, Beratungs­ und Instandhaltungsleistungen zusam-men als ein Paket zu stark variierenden Preisen verkauft. Die Teilleistungen „Beratung“ und „Instandhaltung“ werden von dem Unternehmen auch separat zu verhältnismäßig stabilen Preisen angeboten. Laut Aussage der Boards könnte es zweck-mäßig sein, den Einzelveräußerungspreis für die Software an-hand der Residualmethode zu schätzen. Der geschätzte Preis für die Software wäre die Differenz zwischen dem gesamten Transaktionspreis und dem geschätzten Veräußerungspreis der Beratungs­ und Instandhaltungsleistungen. In Fall B und C aus Beispiel 34 in Abschnitt 6.4 wird veranschaulicht, wann die Anwendung der Residualmethode angemessen bzw. nicht angemessen ist.

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Gemäß IFRS 15 hat ein Unternehmen diese (oder andere) Methoden und Ansätze gegebenenfalls zu kombinieren, um eine adäquate Schätzung des jeweiligen Einzelveräußerungspreises sicherstellen zu können. Der Standard führt Situationen an, bei denen die Einzelveräußerungspreise zweier oder mehrerer Leistungsverpflichtungen in hohem Maße variabel oder unsicher sind. Zur Illustration sei folgendes Beispiel angeführt: Ein Unter-nehmen hat eine Vereinbarung geschlossen, die fünf Leistungs-verpflichtungen beinhaltet, von denen zwei regelmäßig zu stark variierenden Preisen veräußert werden. Das Unternehmen darf die Residualmethode anwenden, um den Gesamtbetrag zu ermit-teln, der den beiden preislich stark variierenden Leistungsver-pflichtungen zuzuordnen ist. Anschließend kann das Unterneh-men ggf. einen anderen Ansatz anwenden, um letztlich die Aufteilung dieses Gesamtbetrags auf die beiden Leistungsver-pflichtungen durchführen zu können.

Unabhängig davon, ob das Unternehmen zur Schätzung der jeweiligen Einzelveräußerungspreise eine einzelne Methode verwendet oder mehrere Methoden kombiniert, ist stets zu beur teilen, ob die daraus resultierende Allokation des Transak-tionspreises mit dem vorrangigen Ziel der Allokation und den entsprechenden Vorschriften zur Schätzung von Einzelveräuße-rungspreisen in Einklang steht.

Gemäß IFRS 15 muss ein Unternehmen den Einzelveräußerungs­preis für jede einzelne Leistungsverpflichtung hinreichend genau schätzen können. Bei der Entwicklung dieser Vorschrift waren die Boards jedoch der Auffassung, dass selbst dann, wenn einem Unternehmen nur begrenzt Informationen zur Verfügung ste-hen, diese regelmäßig immer noch ausreichen sollten, um eine hinreichend genaue Schätzung in diesem Sinne vorzunehmen.

Unsere Sichtweise Die Schätzung von Einzelveräußerungspreisen kann eine Änderung der gegenwärtigen Bilanzierungsmethode her­vorrufen. IAS 18 schreibt nämlich nach aktueller Rechtslage keine verpflichtende Zuordnungsmethode für Mehrkompo-nentenverträge vor. Die Unternehmen haben deshalb bislang eine Vielzahl unterschiedlicher Methoden, die möglicher-weise nicht auf aktuellen Veräußerungspreisen basieren, zur Schließung der diesbezüglich bestehenden Regelungslücken verwendet.

Darüber hinaus sollten Unternehmen, die ihre Bilanzierungs-methoden in Anlehnung an die US­GAAP­Vorschriften in ASC 605­25 entwickelt haben, beachten, dass es in IFRS 15 keine Hierarchie mehr wie im US­GAAP­Standard geben wird, nach der sie zunächst verkäuferspezifische objektive Nachweise (vendor-specific objective evidence – VSOE), dann unter Einbeziehung Dritter gewonnene Nachweise und schließlich die bestmögliche Schätzung des Einzelveräuße-rungspreises zu berücksichtigen haben. Unternehmen, die zur Lückenschließung auf die aktuellen Vorschriften in ASC 985­605 zurückgreifen, werden zudem für die deutliche Mehrheit ihrer Transaktionen keine VSOE mehr bestimmen müssen.

Wir rechnen daher fest damit, dass viele Unternehmen die Methoden zur Schätzung ihrer Einzelveräußerungspreise wer-den neu ausgestalten müssen. Liegen den Schätzungen nur sehr wenige beobachtbare Daten zugrunde, wird es für die Unternehmen umso wichtiger sein, eine aussagekräftige Doku-mentation zu haben, um die Angemessenheit der Berech-nungen nachzuweisen, die der Bestimmung der Einzelveräuße-rungspreise zugrunde liegen.

Allokation des Transaktions preises auf die Leistungs verpflichtungen6

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6.1.3 Anpassung der geschätzten EinzelveräußerungspreiseIFRS 15 enthält keine speziellen Regelungen, wie oft die ge-schätzten Einzelveräußerungspreise zu aktualisieren sind. Statt-dessen weist der Standard darauf hin, dass ein Unternehmen diese Schätzungen für jede Transaktion vorzunehmen hat – was auf eine ständige Anpassung der Preise hindeuten könnte.

Wir gehen davon aus, dass die Unternehmen in der Praxis an-hand ihrer spezifischen Fakten und Umstände selbst bestimmen können, wie oft sie ihre Schätzungen anpassen müssen. Wenn sich zum Beispiel die Informationen, die zur Schätzung des Ein-zelveräußerungspreises ähnlicher Transaktionen verwendet wur-den, nicht geändert haben, kann ein Unternehmen festlegen, dass es angemessen ist, den zuvor ermittelten Einzelveräuße-rungspreis zu verwenden. Wir erwarten jedoch, dass ein Unter-nehmen seine Schätzung regelmäßig aktualisiert (z. B. monatlich, vierteljährlich, halbjährlich), damit Änderungen der Umstände zeitnah in den Schätzungen abgebildet werden.

Die Häufigkeit der Anpassungen sollte auf den Fakten und Umstän-den der Leistungsverpflichtung beruhen, für die die Schätzung erstellt wurde. Das Unternehmen verwendet zur Durchführung einer neuen Schätzung oder zur Anpassung einer Schätzung stets aktuelle Informationen. Die Schätzungen können zwar an-gepasst werden, nicht jedoch die Methode zur Schätzung des Einzelveräußerungspreises (d. h., ein Unternehmen muss einen einheitlichen Ansatz verwenden), es sei denn, dass sich Fakten und Umstände ändern.

6.1.4 Zusätzliche Überlegungen zur Ermittlung des EinzelveräußerungspreisesObwohl in IFRS 15 nicht ausdrücklich spezifiziert, gehen wir davon aus, dass einem einzelnen Gut oder einer einzelnen Dienstleistung mehr als ein Einzelveräußerungspreis zugeordnet werden kann. Das heißt, dass ein Unternehmen Güter oder Dienstleistungen durch-aus zu unterschiedlichen Preisen an verschiedene Kunden verkau-fen könnte. Außerdem kann ein Verkäufer verschiedene Preise in unterschiedlichen Ländern oder in unterschiedlichen Märkten verlangen, in denen verschiedene Methoden zum Vertrieb seiner Produkte zum Einsatz gelangen (z. B. Einsatz eines Vertriebsun-ternehmens oder eines Einzelhändlers versus Direktverkauf an den Endkunden). Dementsprechend hat ein Verkäufer eventuell Kundengruppen zu bilden, um den Einzelveräußerungspreis für jede Kundengruppe ermitteln zu können.

In Abhängigkeit von den Fakten und Umständen im jeweiligen Einzelfall kann es für ein Unternehmen zudem angemessen sein, statt einer einzigen Schätzung eine angemessene Bandbreite seiner geschätzten Einzelveräußerungspreise zu entwickeln.

Gemäß IFRS 15 darf ein Unternehmen bei der Schätzung des Ein-zelveräußerungspreises nicht davon ausgehen, dass ein vertrag-lich vereinbarter Preis oder ein Listenpreis für ein bestimmtes Gut oder eine bestimmte Dienstleistung den Einzelveräußerungs­preis repräsentiert.

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Auszug aus IFRS 15

Beispiel 33 — Zuordnungsmethode (IFRS 15.IE164–IE166)

Ein Unternehmen schließt mit einem Kunden einen Vertrag über den Verkauf der Produkte A, B und C im Austausch gegen WE 100. Das Unternehmen wird die Leistungsverpflichtungen für die verschiedenen Produkte zu unterschiedlichen Zeitpunkten erfüllen. Das Unternehmen veräußert das Produkt A regelmäßig separat, wodurch der Einzelveräußerungspreis direkt beobachtbar ist. Die Einzel-veräußerungspreise der Produkte B und C sind nicht direkt beobachtbar.

Da die Einzelveräußerungspreise der Produkte B und C nicht direkt beobachtbar sind, muss das Unternehmen sie schätzen. Zur Schätzung der Einzelveräußerungspreise verwendet das Unternehmen den Adjusted-market-assessment­Ansatz für Produkt B und den Expected-cost-plus-a-margin­Ansatz für Produkt C. Bei der Durchführung dieser Schätzungen greift das Unternehmen auf möglichst viele beobachtbare Inputdaten zurück (in Übereinstimmung mit IFRS 15.78). Das Unternehmen schätzt die Einzelveräuße-rungspreise wie folgt:

Produkt Einzelveräußerungspreis Methode

WE Produkt A 50 Direkt beobachtbar (siehe IFRS 15.77)Produkt B 25 Adjusted-market-assessment­Ansatz (siehe IFRS 15.79[a])Produkt C 75 Expected-cost-plus-a-margin­Ansatz (siehe IFRS 15.79[b])

Summe 150

Der Kunde erhält einen Preisnachlass, wenn er die Güter im Paket erwirbt, da die Summe der Einzelveräußerungspreise (WE 150) die zugesagte Gegenleistung (WE 100) übersteigt. Das Unternehmen überprüft, ob es beobachtbare Anhaltspunkte für die Leistungs-verpflichtung gibt, zu der der gesamte Preisnachlass gehört (in Übereinstimmung mit IFRS 15.82), und kommt zu dem Ergebnis, dass keine solchen Anhaltspunkte vorliegen. Deshalb wird der Preisnachlass gemäß IFRS 15.76 und IFRS 15.81 anteilig auf die Produkte A, B und C verteilt. Der Preisnachlass, und demzufolge der Transaktionspreis, wird wie folgt zugeordnet:

Produkt Zugeordneter Transaktionspreis WE Produkt A 33 (WE 50 ÷ WE 150 × WE 100)Produkt B 17 (WE 25 ÷ WE 150 × WE 100)Produkt C 50 (WE 75 ÷ WE 150 × WE 100) Summe 100

Allokation des Transaktions preises auf die Leistungs verpflichtungen6

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6.1.5 Bewertung von Optionen, die separate Leistungsver-pflichtungen darstellenStellt ein Unternehmen fest, dass eine Option eine separate Leis-tungsverpflichtung darstellt (weil die Option dem Kunden ein wesentliches Recht einräumt, wie in Abschnitt 4.6 ausführlich erläutert), hat es den Einzelveräußerungspreis der Option zu bestimmen. Ist der Einzelveräußerungspreis der Option nicht direkt beobachtbar, schätzt ihn das Unternehmen. Dabei sind sowohl der Preisnachlass, der dem Kunden in einer separaten Transaktion gewährt würde, sowie die Wahrscheinlichkeit, mit der der Kunde die Option ausübt, zu berücksichtigen.

IFRS 15 bietet eine Alternative zur Schätzung des Einzelveräuße-rungspreises einer Option, wenn dieser Preis nicht beobachtbar ist. Diese praxisnahe Alternative kommt dann zur Anwendung, wenn

die Güter und Dienstleistungen sowohl (1) den ursprünglichen Gütern und Dienstleistungen im Vertrag ähneln und (2) gemäß den Bedingungen des ursprünglichen Vertrags geliefert werden. Der Standard gibt an, dass diese Alternative in der Regel für Optionen auf Vertragsverlängerungen gilt. Dieser Alternative zufolge kann ein Unternehmen, anstatt die Option an sich zu bewerten, von der Ausübung der Option ausgehen, indem es die optionalen zusätzlichen Güter und Dienstleistungen zu den bereits identifizierten Leistungsverpflichtungen innerhalb des Vertrags hinzuzählt und die Gegenleistung für die optionalen Güter oder Dienstleistungen zum geschätzten Transaktionspreis hinzurechnet.

Das folgende Beispiel veranschaulicht die beiden möglichen Ansätze zur Bewertung von Optionen in einer Vereinbarung:

Beispiel 6-1 Bilanzierung einer Option

Ein Serviceunternehmen für Maschinenwartung hat ein Werbeangebot für Neukunden. Dieses Angebot sieht vor, dass Kunden im ersten Jahr den vollen Preis für Wartungsarbeiten zahlen und dann die Option haben, in den nächsten zwei Jahren die Dienst-leistungen zu einem vergünstigten Preis zu erhalten. Das Unternehmen verkauft die Wartungsarbeiten normalerweise für WE 750 pro Jahr. Durch das Werbeangebot hätte der Kunde die Möglichkeit, die Wartungsarbeiten zum Ende eines jeden Jahres für WE 600 um ein Jahr zu verlängern. Das Unternehmen stellt fest, dass es sich bei der Verlängerungsoption um ein wesentliches Recht handelt, da der Kunde einen Preisnachlass erhält, der über den Preisnachlässen liegt, die anderen Kunden gewährt werden. Das Unternehmen stellt außerdem fest, dass für die Option zur vergünstigten Verlängerung kein direkt beobachtbarer Einzelver­äußerungspreis vorhanden ist.

Szenario A – Schätzung des Einzelveräußerungspreises der OptionDa das Unternehmen keinen direkt beobachtbaren Anhaltspunkt für den Einzelveräußerungspreis der Verlängerungsoption hat, schätzt es den Einzelveräußerungspreis einer Option auf einen Preisnachlass von WE 150 für die Verlängerung der Dienstleistun-gen im zweiten und dritten Jahr. Bei seiner Schätzung berücksichtigt das Unternehmen Faktoren wie die Wahrscheinlichkeit der Ausübung der Option, den Zeitwert des Geldes (da der Rabatt erst in der Zukunft gewährt wird) und den Preis, zu dem vergleich-bare Rabatte angeboten werden. So könnte das Unternehmen zum Beispiel den Veräußerungspreis eines Rabattangebots für ähnliche Dienstleistungen zugrunde legen, den es auf einer Website mit Angeboten des Tages gefunden hat.

Die Option wird dann in der Verteilung des relativen Einzelveräußerungspreises berücksichtigt. In diesem Beispiel gibt es zwei Leistungs-verpflichtungen: Wartungsarbeiten für ein Jahr und die Option auf vergünstigte Verlängerungen. Die Gegenleistung in Höhe von WE 750 wird zwischen diesen beiden abgrenzbaren Leistungsverpflichtungen anhand ihrer relativen Veräußerungs preise aufgeteilt. •

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Allokation des Transaktions preises auf die Leistungs verpflichtungen6

Beispiel 6-1 | FortsetzungBilanzierung einer Option

Szenario B – Annahme der Ausübung der OptionGehen wir nun davon aus, dass das Unternehmen im Rahmen der Beurteilung der Transaktion annimmt, dass der Kunde die Option ausüben wird. Mit anderen Worten: Im Rahmen dieser Alternative berücksichtigt das Unternehmen die mit der Option verbundenen Erlöse (unter der Annahme, dass diese ausgeübt wird) im Transaktionspreis und zählt die optionalen Dienstleistungszeiträume zu den identifizierten Leistungsverpflichtungen.

Angenommen, das Unternehmen konnte aufgrund der Werbeaktion 100 Neukunden gewinnen. Aufgrund seiner bisherigen Erfah-rungen rechnet das Unternehmen nach Einbeziehung des erwarteten Effekts des Rabatts in Höhe von WE 150 damit, dass jährlich rund 50 % der Kunden das Angebot nicht mehr in Anspruch nehmen werden. Das Unternehmen schlussfolgert, dass höchstwahr-scheinlich keine wesentliche Umsatzstornierung vorzunehmen ist. Das Unternehmen kommt deshalb zu dem Schluss, dass es für dieses Portfolio an neuen Verträgen im ersten Jahr Wartungsdienstleistungen für alle 100 Kunden durchführen wird, im zweiten Jahr für 50 Kunden und im dritten Jahr nur noch für 25 Kunden (insgesamt 175 Wartungsverträge).

Die Gegenleistung, mit der das Unternehmen insgesamt rechnet, beläuft sich somit auf WE 120.000 [(100 Verträge × WE 750) + (50 Verträge × WE 600) + (25 Verträge × WE 600)]. Unter der Annahme, dass der Einzelveräußerungspreis für jede Wartungs-vertragslaufzeit der gleiche ist, ordnet das Unternehmen jedem verkauften Wartungsvertrag WE 685,71 (WE 120.000 ÷ 175) zu.

Das Unternehmen erfasst die Umsatzerlöse im Zusammenhang mit den Wartungsarbeiten zum Zeitpunkt der Leistungserbringung. Im ersten Jahr erfasst das Unternehmen folglich Umsatzerlöse in Höhe von WE 68.571 (100 Wartungsverträge × dem zugeord­neten Preis von WE 685,71 je Wartungsvertrag) und abgegrenzte Erträge in Höhe von WE 6.429 (eingegangene Zahlungen in Höhe von WE 75.000 abzüglich WE 68.571 erfasste Umsatzerlöse).

Sollten die tatsächlichen Vertragsverlängerungen im Jahr zwei und drei von den Erwartungen abweichen, müsste das Unternehmen seine Schätzung (prospektiv) anpassen.

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Änderungen gegenüber den derzeit geltenden IFRS

Die Vorschrift, wonach eine in einem Vertrag enthaltene Option zu identifizieren ist und dieser die darauf entfallende Gegenleis-tung auf Basis des relativen Einzelveräußerungspreises zuzuord-nen ist, wird für viele IFRS­Anwender wahrscheinlich eine wesent-liche Änderung ihrer Bilanzierungspraxis bedeuten.

Für Unternehmen, die ihre Bilanzierungs­ und Bewertungsme-thoden zur Umsatzverteilung bei Mehrkomponentenverträgen in Anlehnung an die US­GAAP entwickelt haben, stehen die Vor-schriften grundsätzlich in Einklang mit den aktuellen Vorschrif-ten des ASC 605­25. Allerdings schreibt ASC 605­25 Unterneh-men vor, den Einzelveräußerungspreis der Option zu schätzen (es sei denn, für diesen liegen objektive Anhaltspunkte vor), und enthält kein Wahlrecht zur Anwendung der alternativen Methode, nach der von der Ausübung der Option ausgegangen wird.

6.2 Anwendung der Methode des relativen Einzelveräußerungspreises

Sobald ein Unternehmen den Einzelveräußerungspreis für die einzelnen vertraglich vereinbarten Güter und Dienstleistungen bestimmt hat, hat es den Transaktionspreis auf diese Leistungs-verpflichtungen zu verteilen. Gemäß dem Standard ist der Trans-aktionspreis im Verhältnis der relativen Einzelveräußerungs preise aufzuteilen. Eine Ausnahme hiervon bilden die beiden in den Abschnitten 6.3 und 6.4 beschriebenen Situationen (variable Gegenleistungen und Preisnachlässe).

Nach der Methode des relativen Einzelveräußerungspreises ist der Transaktionspreis in Relation des Einzelveräußerungspreises jeder einzelnen Leistungsverpflichtung zur Summe der Einzel-veräußerungspreise aller vertraglichen Leistungsverpflichtungen aufzuteilen.

Änderungen gegenüber den derzeit geltenden IFRS

Die Zuordnungsmethode des IFRS 15 unterscheidet sich nur unwesentlich von den Mechanismen der aktuellen Methoden, wie etwa dem Ansatz auf Basis der relativen beizulegenden Zeit-werte (relative fair value approach). Die Verfahrensweise kann jedoch kompliziert sein, wenn ein Unternehmen eine oder beide

der in IFRS 15 genannten Ausnahmeregelungen in Anspruch nimmt (siehe die diesbezüglichen Erläuterungen in den Abschnitten 6.3 und 6.4).

Wir möchten die Aufteilung auf Basis relativer Einzelveräuße-rungspreise am folgenden Beispiel veranschaulichen:

Beispiel 6-2 Aufteilung auf Basis relativer Einzelveräußerungspreise

Manufacturing Co. hat mit einem Kunden einen Vertrag über den Verkauf einer Maschine zu einem Preis von WE 100.000 geschlossen. Der vereinbarte Preis umfasst auch die Montage der Maschine sowie eine verlängerte Garantie von zwei Jahren. Es sei angenommen, dass die Manufacturing Co. drei abgrenz-bare Leistungsverpflichtungen identifiziert hat und die Einzel­veräußerungspreise dieser Leistungsverpflichtungen wie folgt bestimmt werden: Maschine WE 75.000, Montageleistungen WE 14.000 und verlängerte Garantie WE 20.000.

Die Summe der Einzelveräußerungspreise von WE 109.000 überschreitet den vertraglich vereinbarten Transaktionspreis von WE 100.000, was darauf hinweist, dass im Vertrag ein Rabatt enthalten ist. Dieser Rabatt ist im Verhältnis der Einzel-veräußerungspreise auf die einzelnen Leistungsverpflichtungen zu allokieren. Der Transaktionspreis in Höhe von WE 100.000 verteilt sich somit wie folgt:

Maschine: WE 68.807 (WE 75.000 × [WE 100.000 ÷ WE 109.000])

Montage: WE 12.844 (WE 14.000 × [WE 100.000 ÷ WE 109.000])

Garantieverpflichtung: WE 18.349 (WE 20.000 × [WE 100.000 ÷ WE 109.000])

Der Betrag, der jeder Leistungsverpflichtung zugeordnet wurde, ist dann als Umsatz zu erfassen, wenn (oder sobald) das Unter-nehmen die jeweilige Leistungsverpflichtung erfüllt hat.

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Allokation des Transaktions preises auf die Leistungs verpflichtungen66.3 Allokation von variablen Gegenleistungen

Im Hinblick auf die Aufteilung des Transaktionspreises nennt der Standard zwei Ausnahmeregelungen zur Methode relativer Einzelveräußerungspreise.

Die erste Ausnahmevorschrift bezieht sich auf variable Gegen-leistungen (siehe Abschnitt 6.4 zur zweiten Ausnahmevorschrift betreffend Preisnachlässe). Nach dieser Ausnahmevorschrift ist es unter bestimmten Voraussetzungen geboten, variable Gegen-leistungen vollständig einem bestimmten Vertragsbestandteil

zuzuordnen, wie zum Beispiel einer oder mehreren (aber nicht allen) Leistungsverpflichtungen innerhalb des Vertrags oder einem/r oder mehreren (aber nicht allen) abgrenzbaren Gütern oder Dienstleistungen, die im Rahmen einer Reihe von abgrenz-baren Gütern oder Dienstleistungen zugesagt wurden, welche Teil einer einzigen Leistungsverpflichtung sind (siehe Abschnitt 4.2.2). Gemäß dem Standard ist diese Ausnahmevorschrift auf eine einzelne Leistungsverpflichtung, auf eine Kombination von Leistungsverpflichtungen oder auf abgrenzbare Güter oder Dienst­leistungen anzuwenden, die Teil einer Leistungsverpflichtung sind.

Die folgenden zwei Bedingungen müssen kumulativ erfüllt sein, damit die Ausnahmevorschrift anzuwenden ist:

Auszug aus IFRS 15

84. Eine variable Gegenleistung, die in einem Vertrag zugesagt wird, kann dem gesamten Vertrag oder einem bestimmten Vertrags-bestandteil zuzuordnen sein, wie zum Beispiel einem der folgenden Bestandteile:

(a) einer oder mehreren, aber nicht allen Leistungsverpflichtungen innerhalb des Vertrags (z. B. ein Bonus ist ggf. davon abhängig, ob ein Unternehmen ein zugesagtes Gut oder eine zugesagte Dienstleistung innerhalb eines bestimmten Zeitraums liefert); oder

(b) einem/r oder mehreren, aber nicht allen abgrenzbaren Gütern oder Dienstleistungen, die im Rahmen einer Reihe von abgrenz­baren Gütern oder Dienstleistungen zugesagt wurden, welche in Übereinstimmung mit Paragraph 22(b) Teil einer einzigen Leistungsverpflichtung sind (z. B. die zugesagte Gegenleistung erhöht sich im zweiten Jahr eines zweijährigen Dienstleistungs-vertrags in Abhängigkeit zu einem festgelegten Inflationsindex).

85. Ein Unternehmen hat den variablen Betrag (und spätere Änderungen dieses Betrags) vollständig einer Leistungsverpflichtung oder einem abgrenzbaren Gut oder einer abgrenzbaren Dienstleistung zuzuordnen, das bzw. die in Übereinstimmung mit Paragraph 22(b) Teil einer einzigen Leistungsverpflichtung ist, wenn die beiden folgenden Kriterien kumulativ erfüllt sind:

(a) die Konditionen der variablen Zahlung ergeben sich ausschließlich aus den Bemühungen des Unternehmens, die Leistungsver-pflichtung zu erfüllen oder das abgrenzbare Gut oder die abgrenzbare Dienstleistung zu übertragen (oder aus einer spezifischen Folge der Erfüllung der Leistungsverpflichtung oder der Übertragung des abgrenzbaren Gutes oder der abgrenzbaren Dienst­leistung); und

(b) die vollständige Zuordnung des variablen Teils der Gegenleistung zu der Leistungsverpflichtung oder dem abgrenzbaren Gut oder der abgrenzbaren Dienstleistung entspricht dem Ziel der Aufteilung in Paragraph 73, wenn man alle vertraglichen Leistungs-verpflichtungen und Zahlungsbedingungen in Betracht zieht.

86. Die Aufteilungsvorschriften in den Paragraphen 73–83 sind zur Aufteilung des verbleibenden Betrags des Transaktionspreises anzuwenden, der die Kriterien in Paragraph 85 nicht erfüllt.

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Auszug aus IFRS 15

Beispiel 35 — Zuordnung von variablen Gegenleistungen (IFRS 15.IE178–IE187)

Ein Unternehmen schließt mit einem Kunden einen Vertrag über zwei Lizenzen für geistiges Eigentum (Lizenz X und Y), die das Unternehmen als zwei Leistungsverpflichtungen identifiziert, welche zu einem bestimmten Zeitpunkt erfüllt werden. Die Einzelver­äußerungspreise betragen WE 800 für Lizenz X und WE 1.000 für Lizenz Y.

Fall A — Vollständige Zuordnung der variablen Gegenleistung zu einer LeistungsverpflichtungIm Lizenzvertrag ist für Lizenz X ein Fixbetrag von WE 800 vereinbart worden, während die Gegenleistung für Lizenz Y wie folgt aus-gestaltet wurde: drei Prozent der künftigen Verkäufe durch den Kunden von Produkten, die aus der Nutzung von Lizenz Y resultieren. Zum Zweck der Aufteilung schätzt das Unternehmen die umsatzbasierten Lizenzgebühren (d. h. die variable Gegenleistung) gemäß Paragraph 53 des IFRS 15 auf WE 1.000.

Vor der Aufteilung des Transaktionspreises zieht das Unternehmen die Kriterien nach Paragraph 85 des IFRS 15 in Betracht und kommt zu dem Schluss, dass die variable Gegenleistung (d. h. die umsatzbasierten Lizenzgebühren) vollständig Lizenz Y zuzuordnen ist. Das Unternehmen gelangt zu dem Schluss, dass die Kriterien nach Paragraph 85 des IFRS 15 aus den beiden folgenden Gründen erfüllt sind:

(a) Die variable Gegenleistung ergibt sich ausschließlich aus einer Folge der Erfüllung der Leistungsverpflichtung zur Übertragung von Lizenz Y (d. h. die Folgeverkäufe durch den Kunden von Produkten, die auf der Nutzung von Lizenz Y basieren). •

Während die Formulierung des IFRS 15.85 im vorstehenden Aus-zug impliziert, dass diese Ausnahmevorschrift lediglich auf eine einzige Leistungsverpflichtung oder ein einziges abgrenzbares Gut oder eine einzige abgrenzbare Dienstleistung beschränkt ist, kann die variable Gegenleistung gemäß IFRS 15.84 einer oder mehreren, aber nicht allen Leistungsverpflichtungen zugeordnet werden. Nach unserem Verständnis haben die Boards beim Ent-wurf des Standards beschlossen, in IFRS 15.85 durchgängig den Singular zu verwenden, statt in den folgenden Bestimmungen permanent die Formulierung „einer oder mehreren, aber nicht allen“ zu wieder holen. Dieses Verständnis stimmt mit dem expli­ziten Wortlaut in IFRS 15.84 überein.

In der Grundlage für Schlussfolgerungen haben die Boards darauf hingewiesen, dass diese Ausnahmevorschrift notwendig ist, da es Transaktionen geben könne, bei denen die Aufteilung der be-dingten Zahlungen auf alle vertraglich vereinbarten Leistungs-verpflichtungen zu einem Ergebnis führt, das die wirtschaftlichen Aspekte der Transaktion nur unzutreffend widerspiegelt.49 In solchen Fällen kann die Zuordnung der variablen Gegenleistung

zu einem bestimmten Gut oder einer bestimmten Dienstleistung angebracht sein, wenn der diesem bestimmten Gut oder dieser bestimmten Dienstleistung zugeordnete Betrag im Verhältnis zu allen sonstigen vertraglichen Leistungsverpflichtungen und Zahlungsbedingungen angemessen ist. Spätere Änderungen der variablen Gegenleistung sind einheitlich zuzuordnen.

Es ist zu beachten, dass die Zuordnung der variablen Gegenleis-tung zu einer oder mehreren, aber nicht allen Leistungsverpflich-tungen eine Vorschrift und kein Wahlrecht darstellt. Sofern die vorgenannten Kriterien erfüllt sind, muss das Unternehmen die variable Gegenleistung der bzw. den entsprechenden Leistungs-verpflichtung(en) zuordnen.

Zur Veranschaulichung, in welchen Fällen ein Unternehmen die variable Gegenleistung einem bestimmten Vertragsbestandteil zuzuordnen hat, enthält der Standard das folgende Beispiel, das sich auf lizenziertes geistiges Eigentum bezieht (siehe hierzu auch die Erläuterungen in Abschnitt 8.4):

49 Siehe IFRS 15.BC278.

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Allokation des Transaktions preises auf die Leistungs verpflichtungen6

Auszug aus IFRS 15 | Fortsetzung

(b) Die vollständige Zuordnung der erwarteten Lizenzgebühren von WE 1.000 zu Lizenz Y entspricht dem Ziel der Aufteilung in Paragraph 73 des IFRS 15, da die Schätzung der umsatzbasierten Lizenzgebühren (WE 1.000) durch das Unternehmen dem Einzelveräußerungspreis von Lizenz Y nahekommt und der Fixbetrag von WE 800 annähernd dem Einzelveräußerungspreis von Lizenz X entspricht. Das Unternehmen ordnet WE 800 in Übereinstimmung mit Paragraph 86 des IFRS 15 Lizenz X zu, da es nach einer Überprüfung der bestehenden Fakten und Umstände in Bezug auf beide Lizenzen nicht dem Ziel der Aufteilung in Paragraph 73 des IFRS 15 entsprechen würde, wenn das Unternehmen zusätzlich zur vollständigen variablen Gegenleistung ei-nen Teil des Fixbetrags Lizenz Y zuordnet.

Das Unternehmen überträgt Lizenz Y zu Beginn des Vertragsverhältnisses und Lizenz X einen Monat später. Bei der Übertragung von Lizenz Y erfasst das Unternehmen keine Umsatzerlöse, da die Gegenleistung, die Lizenz Y zugeordnet wurde, in Form von umsatz­basierten Lizenzgebühren zufließt. Deshalb erfasst das Unternehmen Umsatzerlöse für die umsatzbasierten Lizenzgebühren gemäß Paragraph B63 des IFRS 15, wenn der spätere Verkauf von Produkten, die aus der Nutzung von Lizenz Y resultieren, tatsächlich stattfindet.

Bei der Übertragung von Lizenz X erfasst das Unternehmen Umsatzerlöse in Höhe von WE 800, die Lizenz X zugeordnet wurden.

Fall B — Zuordnung der variablen Gegenleistung auf Basis der EinzelveräußerungspreiseIm Lizenzvertrag ist für Lizenz X ein Fixbetrag von WE 300 vereinbart, während die Gegenleistung für Lizenz Y fünf Prozent der künftigen Verkäufe durch den Kunden von Produkten beträgt, die auf der Nutzung von Lizenz Y basieren. Das Unternehmen schätzt die umsatzbasierten Lizenzgebühren (d. h. die variable Gegenleistung) gemäß Paragraph 53 des IFRS 15 auf WE 1.500.

Vor der Aufteilung des Transaktionspreises wendet das Unternehmen die Kriterien nach Paragraph 85 des IFRS 15 an, um zu bestimmen, ob die variable Gegenleistung (d. h. die umsatzbasierten Lizenzgebühren) vollständig Lizenz Y zuzuordnen ist. Durch die Anwendung der Kriterien gelangt das Unternehmen zu dem Schluss, dass die vollständige Zuordnung der variablen Gegenleistung zu Lizenz Y nicht dem Prinzip zur Aufteilung des Transaktionspreises entsprechen würde, obwohl sich die variable Gegenleistung ausschließlich aus einer Folge der Erfüllung der Leistungsverpflichtung zur Übertragung von Lizenz Y ergibt (d. h. die Folgeverkäufe durch den Kunden von Produkten, die auf der Nutzung von Lizenz Y basieren). Die Zuordnung von WE 300 zu Lizenz X und von WE 1.500 zu Lizenz Y stellt keine angemessene Aufteilung des Transaktionspreises auf Basis der Einzelveräußerungspreise dar, die WE 800 für Lizenz X und WE 1.000 für Lizenz Y betragen. Demzufolge wendet das Unternehmen die allgemeinen Aufteilungsvorschriften der Paragra-phen 76–80 des IFRS 15 an. •

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Auszug aus IFRS 15 | Fortsetzung

Auf Basis der Einzelveräußerungspreise von WE 800 für Lizenz X und WE 1.000 für Lizenz Y teilt das Unternehmen den Transaktions-preis von WE 300 auf die Lizenzen X und Y auf. Auch die Gegenleistung in Form von umsatzbasierten Lizenzgebühren ordnet das Unternehmen auf Basis der relativen Einzelveräußerungspreise zu. Allerdings kann ein Unternehmen, das geistiges Eigentum lizenziert, wobei die Gegenleistung in Form von umsatzbasierten Lizenzgebühren zufließt, Umsatzerlöse in Übereinstimmung mit Paragraph B63 des IFRS 15 erst dann erfassen, wenn das spätere der folgenden zwei Ereignisse eintritt: Der Folgeverkauf findet tatsächlich statt, oder die Leistungsverpflichtung wird erfüllt (oder teilweise erfüllt).

Lizenz Y wird zu Vertragsbeginn auf den Kunden übertragen und Lizenz X drei Monate später. Bei der Übertragung von Lizenz Y erfasst das Unternehmen Umsatzerlöse in Höhe von WE 167 (WE 1.000 ÷ WE 1.800 × WE 300), die Lizenz Y zugeordnet wurden. Bei der Übertragung von Lizenz X erfasst das Unternehmen Umsatzerlöse in Höhe von WE 133 (WE 800 ÷ WE 1.800 × WE 300), die Lizenz X zugeordnet wurden.

Im ersten Monat sind aufgrund der Verkäufe durch den Kunden Lizenzgebühren in Höhe von WE 200 fällig. In Übereinstimmung mit Paragraph B63 des IFRS 15 erfasst das Unternehmen deshalb Umsatzerlöse in Höhe von WE 111 (WE 1.000 ÷ WE 1.800 × WE 200), die Lizenz Y zugeordnet wurden (welche auf den Kunden übertragen wurde, womit diese Leistungsverpflichtung erfüllt ist). Das Unternehmen erfasst eine Verbindlichkeit aus dem Vertrag in Höhe von WE 89 (WE 800 ÷ WE 1.800 × WE 200), die Lizenz X zuge-ordnet wird. Dies ergibt sich daraus, dass die Leistungsverpflichtung, der die Lizenzgebühr zugeordnet wurde, noch nicht erfüllt wurde, obwohl der Folgeverkauf durch den Kunden des Unternehmens bereits stattgefunden hat.

6.4 Allokation von PreisnachlässenEine weitere Ausnahmeregelung zur Aufteilung auf Basis relativer Einzelveräußerungspreise bezieht sich auf vertraglich verein-barte Preisnachlässe (siehe Abschnitt 6.3 zur ersten Ausnahme-vorschrift betreffend variable Gegenleistungen). Verkauft ein Unternehmen ein Güter­ und Dienstleistungspaket, dann ist der Veräußerungspreis des Pakets meist niedriger als die Summe der Einzelveräußerungspreise der einzelnen Bestandteile. Bei Anwendung der Methode relativer Einzelveräußerungspreise würde der Rabatt anteilig auf die separaten Leistungsverpflich-tungen allokiert.

Gemäß IFRS 15 haben indes Unternehmen in solchen Fällen, in denen sich ein im Vertrag vereinbarter Preisnachlass nicht auf alle vertraglich zugesagten Güter oder Dienstleistungen bezieht, diesen Preisnachlass nur denjenigen Gütern oder Dienstleistun-gen zuzuordnen, auf die er sich letztlich bezieht. Zu dieser Fest-stellung gelangt ein Unternehmen dann, wenn der Preis bestimm-ter Güter oder Dienstleistungen weitgehend unabhängig von anderen vertraglich spezifizierten Gütern oder Dienstleistungen ist. In solchen Situationen könnte ein Unternehmen eine einzelne Leistungsverpflichtung oder mehrere Leistungsverpflichtungen in der Vereinbarung bestimmen und dieser Leistungsverpflichtung bzw. dieser Gruppe von Leistungsverpflichtungen den Rabatt zuordnen.

105EY Im Fokus: Der neue Standard zur Umsatzrealisierung |

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Allokation des Transaktions preises auf die Leistungs verpflichtungen6

Der Standard stellt diesbezüglich folgende Leitlinien zur Verfügung:

Auszug aus IFRS 15

82. Ein Unternehmen hat einen Preisnachlass vollständig einer oder mehreren, aber nicht allen Leistungsverpflichtungen innerhalb des Vertrags zuzuordnen, wenn alle folgenden Kriterien erfüllt sind:

(a) das Unternehmen veräußert jedes vertraglich vereinbarte abgrenzbare Gut oder jede vertraglich vereinbarte abgrenzbare Dienstleistung (bzw. jedes Paket aus abgrenzbaren Gütern oder Dienstleistungen) regelmäßig separat;

(b) das Unternehmen veräußert darüber hinaus ein Paket (oder Pakete) aus einigen dieser abgrenzbaren Güter oder Dienstleistungen separat mit einem Preisnachlass auf die Einzelveräußerungspreise der Güter oder Dienstleistungen in jedem Paket; und

(c) der Preisnachlass, der jedem der in Paragraph 82(b) beschriebenen Pakete aus Gütern oder Dienstleistungen zuzuordnen ist, entspricht im Wesentlichen dem vertraglich vereinbarten Preisnachlass, und eine Analyse der Güter oder Dienstleistungen in jedem Paket liefert beobachtbare Anhaltspunkte für die Leistungsverpflichtung (oder Leistungsverpflichtungen), der (denen) der gesamte vertragliche Preisnachlass zuzuordnen ist.

50 Siehe IFRS 15.BC283.

Im Standard wird zwar beschrieben, dass ein Unternehmen einen Preisnachlass einer einzigen Leistungsverpflichtung zuordnen kann, doch die Boards stellen in der Grundlage für Schlussfolgerungen klar, dass dies ihrer Meinung nach selten der Fall sein dürfte.50 Die Boards halten es stattdessen für wahrscheinlicher, dass ein Un-ternehmen den Nachweis erbringen kann, dass sich ein Preisnach-lass auf zwei oder mehr Leistungsverpflichtungen bezieht. Sie begründen dies damit, dass ein Unternehmen wahrscheinlich über

beobachtbare Informationen verfügen wird, die belegen, dass der Einzelveräußerungspreis einer Gruppe von zugesagten Gütern oder Dienstleistungen niedriger ist als der Preis, der sich ergibt, wenn diese Güter oder Dienstleistungen separat verkauft wer-den. Es ist wahrscheinlich schwieriger für ein Unternehmen, aus-reichende Nachweise zu erlangen, um zu belegen, dass sich ein Preisnachlass auf eine einzige Leistungsverpflichtung bezieht.

106 | EY Im Fokus: Der neue Standard zur Umsatzrealisierung

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Zur Veranschaulichung dieses Konzepts enthält der Standard das folgende Beispiel:

Auszug aus IFRS 15

Beispiel 34 — Zuordnung von Preisnachlässen (IFRS 15.IE167–IE177)Ein Unternehmen veräußert Produkt A, B und C regelmäßig separat und kann daher die folgenden Einzelveräußerungspreise bestimmen:

Produkt Einzelveräußerungspreis

WEProdukt A 40Produkt B 55Produkt C 45

Summe 140

Darüber hinaus veräußert das Unternehmen regelmäßig die Produkte B und C zusammen für WE 60.

Fall A — Zuordnung eines Preisnachlasses zu einer oder mehreren LeistungsverpflichtungenDas Unternehmen schließt mit einem Kunden einen Vertrag über den Verkauf der Produkte A, B und C im Austausch gegen WE 100. Das Unternehmen wird die Leistungsverpflichtungen für die verschiedenen Produkte zu unterschiedlichen Zeitpunkten erfüllen.

Der Vertrag sieht einen Preisnachlass von WE 40 auf die gesamte Transaktion vor, der bei der Aufteilung des Transaktionspreises unter Anwendung der Methode des relativen Einzelveräußerungspreises anteilig auf alle drei Leistungsverpflichtungen verteilt würde (in Übereinstimmung mit Paragraph 81 des IFRS 15). Da das Unternehmen jedoch die Produkte B und C regelmäßig zusammen für WE 60 und Produkt A für WE 40 veräußert, verfügt es über Anhaltspunkte, dass der gesamte Preisnachlass gemäß Paragraph 82 des IFRS 15 der Zusage zuzuordnen ist, die Produkte B und C zu übertragen.

Überträgt das Unternehmen die Verfügungsgewalt über die Produkte B und C gleichzeitig, könnte es die Übertragung dieser Produkte aus praktischer Sicht als eine einzige Leistungsverpflichtung bilanzieren. In diesem Fall könnte das Unternehmen WE 60 des Trans­aktionspreises dieser einzelnen Leistungsverpflichtung zuordnen und Umsatzerlöse von WE 60 erfassen, wenn die Produkte B und C gleichzeitig auf den Kunden übertragen werden. •

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Allokation des Transaktions preises auf die Leistungs verpflichtungen6

Auszug aus IFRS 15 | Fortsetzung

Sieht der Vertrag jedoch vor, dass das Unternehmen die Verfügungsgewalt über die Produkte B und C zu unterschiedlichen Zeit-punkten überträgt, wird der diesen Produkten zugeordnete Betrag von WE 60 wie folgt auf die einzelnen Zusagen zur Übertragung von Produkt B (Einzelveräußerungspreis von WE 55) und Produkt C (Einzelveräußerungspreis von WE 45) aufgeteilt:

Produkt Zugeordneter Transaktionspreis

WE Produkt B 33 (WE 55 ÷ WE 100 gesamter Einzelveräußerungspreis × WE 60) Produkt C 27 (WE 45 ÷ WE 100 gesamter Einzelveräußerungspreis × WE 60)

Summe 60

Fall B — Residualmethode ist angemessenDas Unternehmen schließt wie in Fall A beschrieben mit einem Kunden einen Vertrag über den Verkauf der Produkte A, B und C. Der Vertrag umfasst auch die Zusage, Produkt D zu übertragen. Die vertraglich vereinbarte Gegenleistung beläuft sich auf insgesamt WE 130. Der Einzelveräußerungspreis von Produkt D ist in hohem Maße variabel (siehe Paragraph 79(c) des IFRS 15), weil das Unternehmen Produkt D an verschiedene Kunden zu sehr unterschiedlichen Preisen verkauft (zwischen WE 15 und WE 45). Deshalb beschließt das Unternehmen, den Einzelveräußerungspreis von Produkt D anhand der Residualmethode zu schätzen.

Vor der Schätzung des Einzelveräußerungspreises von Produkt D anhand der Residualmethode überprüft das Unternehmen, ob den anderen Leistungsverpflichtungen im Vertrag gemäß den Paragraphen 82–83 des IFRS 15 ein Preisnachlass zuzuordnen ist.

Da das Unternehmen wie in Fall A die Produkte B und C regelmäßig zusammen für WE 60 und Produkt A für WE 40 veräußert, verfügt es über beobachtbare Anhaltspunkte, dass WE 100 diesen drei Produkten zuzuordnen sind und ein Preisnachlass von WE 40 gemäß Paragraph 82 des IFRS 15 der Zusage zuzuordnen ist, die Produkte B und C zu übertragen. Unter Anwendung der Residualmethode schätzt das Unternehmen den Einzelveräußerungspreis von Produkt D wie folgt auf WE 30:

Produkt Einzelveräußerungspreis Methode

WE Produkt A 40 Direkt beobachtbar (siehe IFRS 15.77)Produkte B und C 60 Direkt beobachtbar mit Preisnachlass (siehe IFRS 15.82)Produkt D 30 Residualmethode (siehe IFRS 15.79[c])

Summe 130

Das Unternehmen stellt fest, dass der Betrag von WE 30, der Produkt D zugeordnet wird, innerhalb der Bandbreite seiner beobacht-baren Veräußerungspreise (zwischen WE 15 und WE 45) liegt. Die resultierende Aufteilung (siehe vorstehende Tabelle) entspricht daher dem Ziel der Aufteilung in Paragraph 73 des IFRS 15 sowie den Vorschriften in Paragraph 78 des IFRS 15. •

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Auszug aus IFRS 15 | Fortsetzung

Fall C — Residualmethode ist unangemessenDie Tatsachen für Fall C entsprechen denen aus Fall B, nur beträgt der Transaktionspreis WE 105 statt WE 130. Die Anwendung der Residualmethode würde dementsprechend zu einem Einzelveräußerungspreis von WE 5 für Produkt D führen (Transaktionspreis von WE 105 – WE 100, die den Produkten A, B und C zugeordnet sind). Das Unternehmen kommt zu dem Schluss, dass ein Betrag von WE 5 nicht den Betrag der Gegenleistung widerspiegelt, mit dem das Unternehmen im Gegenzug für die Erfüllung seiner Leistungs-verpflichtung zur Übertragung von Produkt D rechnen kann, da eine Gegenleistung von WE 5 nicht annähernd dem Einzelveräuße-rungspreis von Produkt D entspricht, der zwischen WE 15 und WE 45 liegt. Deshalb überprüft das Unternehmen seine beobachtbaren Daten, einschließlich der Verkaufs­ und Gewinnmargenzahlen, um den Einzelveräußerungspreis von Produkt D anhand einer anderen geeigneten Methode zu schätzen. Das Unternehmen teilt den Transaktionspreis von WE 105 im Verhältnis der Einzelveräußerungspreise der Produkte A, B, C und D gemäß den Paragraphen 73–80 des IFRS 15 auf diese Produkte auf.

Wie im obigen Beispiel beschrieben, ist es nach dieser Ausnahme-vorschrift auch zulässig, nur einen Teil des gesamten Preisnach-lasses in einer Vereinbarung direkt einem Paket einiger, aber nicht aller Bestandteile der Vereinbarung zuzuordnen. So wurde im vorstehend dargestellten Szenario B ein Teil des vertraglich ver-einbarten Preisnachlasses auf Basis des vergünstigten Preises, zu dem das Paket regelmäßig verkauft wird, den Produkten B und C zugeordnet. Der verbleibende vertraglich vereinbarte Preis-nachlass wird Produkt D anhand der Residualmethode zugeordnet.

Änderungen gegenüber den derzeit geltenden IFRS

Die Möglichkeit, einen Preisnachlass einigen, aber nicht allen Leis-tungsverpflichtungen in einem Mehrkomponentenvertrag zuzu-ordnen, stellt eine deutliche Abkehr von der bisherigen Bilanzie-rungspraxis dar. Diese Ausnahme ermöglicht es den Unternehmen in bestimmten Fällen, die wirtschaftlichen Aspekte der Transak-tion besser abzubilden. Allerdings werden die Kriterien, die erfüllt werden müssen, um nachzuweisen, dass sich ein Preisnachlass nur auf einige der Leistungsverpflichtungen einer Vereinbarung bezieht, wahrscheinlich dazu führen, dass diese Ausnahmerege-lung nur auf eine begrenzte Zahl von Transaktionen angewendet werden kann.

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Allokation des Transaktions preises auf die Leistungs verpflichtungen66.5 Änderungen des Transaktionspreises nach Vertragsbeginn

Änderungen des gesamten Transaktionspreises sind auf der gleichen Grundlage auf die separaten Leistungsverpflichtungen aufzuteilen wie bei der erstmaligen Zuordnung. Dabei ist es unerheblich, ob die Zuordnung im Verhältnis relativer Einzelver-äußerungspreise erfolgt (d. h. unter Anwendung der gleichen Verteilung des gesamten Transaktionspreises) oder ob eine Auf-teilung auf die einzelnen Leistungsverpflichtungen – wie oben dargestellt – vorgenommen wird. Wie in Abschnitt 6.1 beschrieben, werden die Einzelveräußerungspreise nach Vertragsbeginn nicht angepasst.

Wird der Vertrag jedoch geändert, sind die Bestimmungen zu Ver-tragsmodifikationen in IFRS 15.18–21 anzuwenden. In Abhängig-keit von den Fakten und Umständen im jeweiligen Einzelfall könnte dies eine Anpassung des Einzelveräußerungspreises erforderlich machen (siehe hierzu auch die Erläuterungen zu Vertragsmodifi-kationen in Abschnitt 3.3.). Änderungen des Transaktionsprei-ses, die sich aus der Modifikation ergeben, unterliegen ebenfalls diesen Bestimmungen.

Enthält eine Vereinbarung indes eine variable Gegenleistung, ist es möglich, dass Änderungen des Transaktionspreises, die sich nach der Modifikation ergeben, Leistungsverpflichtungen betref-fen, die bereits vor der Modifikation existierten. Bei Änderungen des Transaktionspreises, die sich nach einer Vertragsmodifika-tion ergeben, die nicht als separater Vertrag bilanziert wird, hat das Unternehmen einen der folgenden Ansätze anzuwenden:

• Wenn die Änderung des Transaktionspreises einer variablen Gegenleistung zuzuordnen ist, die vor der Modifikation zuge-sagt wurde, und die Modifikation als Beendigung des beste-henden Vertrags und Begründung eines neuen Vertrags zu betrachtet ist, ordnet das Unternehmen die Änderung des Transaktionspreises den Leistungsverpflichtungen zu, die vor der Modifikation existierten.

• In allen anderen Fällen wird die Änderung des Transaktions-preises den Leistungsverpflichtungen im modifizierten Vertrag zugeordnet (d. h. den Leistungsverpflichtungen, die unmittel-bar nach der Modifikation noch nicht erfüllt oder nur teilweise erfüllt waren).

6.6 Allokation des Transaktionspreises auf Komponenten, die nicht in den Anwendungsbereich von IFRS 15 fallen

Verträge, in denen der Verkauf von Waren und Dienstleistungen geregelt ist, umfassen häufig mehrere Komponenten, darunter einige, die nicht in den Anwendungsbereich von IFRS 15 fallen. Wie in Abschnitt 2.3 eingehend erläutert, sieht der Standard vor, dass ein Unternehmen in solchen Fällen zuerst die anderen Standards anzuwenden hat, sofern diese Standards Separierungs­ und/oder Bewertungsvorschriften enthalten.

Beispielsweise sind bestimmte Komponenten wie derivative Finanz­instrumente anderen Standards zufolge zum beizulegenden Zeit-wert zu erfassen. Umfasst ein Vertrag eine Komponente dieser Art, ist demzufolge der beizulegende Zeitwert dieser Komponente vom gesamten Transaktionspreis abzutrennen. Der verbleibende Transaktionspreis wird anschließend den verbleibenden Leistungs-verpflichtungen zugeordnet. Das folgende Beispiel veranschau-licht dieses Konzept:

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Beispiel 6-3 Vereinbarungen mit Komponenten, die zum beizulegenden Zeitwert zu erfassen sind

Unternehmen A, ein Ölproduzent, vereinbart den Verkauf von 1.200 Barrel Rohöl an einen Kunden, Unternehmen B, und liefert unverzüglich. Im Rahmen der Vereinbarung gewährt Unternehmen A dem Unternehmen B auch eine Option, in sechs Monaten weitere 1.000 Barrel Rohöl zu erwerben. Die Option wird als derivatives Finanzinstrument bilanziert, das in den Anwendungsbereich von IAS 39 fällt (für die Zwecke dieses Beispiels sei angenommen, dass die Kriterien der sog. „own use exemption“ nicht erfüllt sind).

Der Transaktionspreis beläuft sich auf insgesamt WE 50.000. Der Einzelveräußerungspreis für das gelieferte Rohöl beträgt WE 48.000 und der beizulegende Zeitwert der Option liegt bei WE 7.000.

AnalyseGemäß IAS 39 sind derivative Finanzinstrumente erstmalig und bei der Folgebewertung mit dem beizulegenden Zeitwert anzusetzen (und Veränderungen erfolgswirksam zu erfassen). Deshalb wird ein Teil des Transaktionspreises, der dem beizulegenden Zeitwert der Option entspricht, dem derivativen Finanzinstrument zugeordnet. Der gesamte Transaktionspreis wird wie folgt zugeordnet:

Veräußerungspreis und Anteil des zugeordneten Zugeordneter Aufteilung der vertraglich beizulegender Zeitwert Preisnachlasses Preisnachlass vereinbarten Gegenleistung

Rohöl WE 48.000 100 % WE 5.000 WE 43.000Option 7.000 0 % — 7.000

WE 55.000 WE 5.000 WE 50.000

Die Folgebewertung von Komponenten, die bei Vertragsbeginn zum beizulegenden Zeitwert zu erfassen sind, wird nach anderen IFRS­Standards durchgeführt (z. B. IFRS 9 oder IAS 39). Nach-trägliche Anpassungen des beizulegenden Zeitwerts dieser Kom-ponenten haben damit weder Auswirkungen auf die Höhe des Transaktionspreises, der zuvor auf die Leistungsverpflichtungen in der Vereinbarung verteilt wurde, noch auf erfasste Umsatzerlöse.

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Gemäß IFRS 15 sind die den identifizierten Leistungsverpflich­tungen zugeordneten Umsätze nur dann zu erfassen, wenn der Kunde die Verfügungsgewalt über das zugrunde liegende Gut oder die zugrunde liegende Dienstleistung erlangt hat. Ein Gut bzw. eine Dienstleistung gilt allgemein dann als „übertragen“, wenn die Verfügungsgewalt darüber auf den Kunden überge­gangen ist.

Die Umsatzrealisierung bei Übertragung der Verfügungsgewalt basiert auf einer Konzeption, die sich vom derzeit in den IFRS verfolgten sog. Risiken-und-Chancen-Modell unterscheidet. IFRS 15 spezifiziert: „Die Verfügungsgewalt über einen Vermö­genswert bezieht sich auf die Fähigkeit, seine Nutzung zu be­stimmen und im Wesentlichen den verbliebenen Nutzen aus ihm zu ziehen.“51 Demzufolge hat man die Verfügungsgewalt insbe­sondere dann erlangt, wenn man verhindern kann, dass andere Personen die Nutzung des Gutes oder der Dienstleistung bestim­men und Nutzen daraus ziehen können.

Gemäß IFRS 15 stellt die Übertragung der Verfügungsgewalt auf den Kunden die Übertragung sämtlicher Rechte an dem Gut oder der Dienstleistung dar. Die Fähigkeit des Kunden, den Nutzen aus dem Gut oder der Dienstleistung zu ziehen, bedeu­tet, dass er im Wesentlichen Anspruch auf alle Zahlungsmittel­zuflüsse hat, die durch das Gut oder die Dienstleistung generiert werden, oder auf die durch das Gut oder die Dienstleistung erzielte Reduzierung der Zahlungsmittelabflüsse. Nach Über­tragung der Verfügungsgewalt verfügt der Kunde über das alleinige Recht, das Gut oder die Dienstleistung während der restlichen wirtschaftlichen Nutzungsdauer zu nutzen bzw. im Rahmen seines Geschäftsbetriebs einzusetzen.

Gemäß dem Standard hat ein Unternehmen mit Vertragsbeginn zu bestimmen, ob es die Verfügungsgewalt über ein zugesag­tes Gut oder eine zugesagte Dienstleistung im Laufe der Zeit übertragen wird. Erfüllt ein Unternehmen seine Leistungsver­pflichtung nicht über einen bestimmten Zeitraum, so wird die Leistungsverpflichtung zu einem bestimmten Zeitpunkt erfüllt. Diese Konzepte werden in den folgenden Abschnitten einge­hender erörtert.

7.1 Leistungsverpflichtungen, die über einen bestimmten Zeitraum erfüllt werdenHäufig übertragen Unternehmen die dem Kunden zugesagten Güter und Dienstleistungen über einen bestimmten Zeitraum. Während bei einigen Vereinbarungen (z. B. bei vielen Dienst­leistungsverträgen) recht einfach festgestellt werden kann, ob die Güter oder Dienstleistungen über einen bestimmten Zeit­raum übertragen werden, gestaltet sich diese Bestimmung in anderen Vereinbarungen schwieriger. Damit Unternehmen ein­facher bestimmen können, ob die Verfügungsgewalt über einen bestimmten Zeitraum (und nicht zu einem bestimmten Zeit­punkt) übertragen wird, haben die Boards folgende Kriterien festgelegt:

Auszug aus IFRS 15

35. Ein Unternehmen überträgt die Verfügungsgewalt über ein Gut oder eine Dienstleistung über einen bestimmten Zeitraum, erfüllt somit eine Leistungsverpflichtung und erfasst den Umsatz über einen bestimmten Zeitraum, wenn eines der folgenden Kriterien erfüllt ist:

(a) dem Kunden fließt der Nutzen aus der Leistung des Unterneh­mens zu und er nutzt die Leistung, während diese erbracht wird (siehe Paragraphen B3–B4);

(b) durch die Leistung des Unternehmens wird ein Vermögens­wert erstellt oder verbessert (z. B. unfertige Leistungen) und der Kunde erlangt die Verfügungsgewalt über den Ver­mögenswert, während dieser erstellt oder verbessert wird (siehe Paragraph B5); oder

(c) durch die Leistung des Unternehmens wird ein Vermögens­wert erstellt, der keine alternativen Nutzungsmöglichkeiten für das Unternehmen aufweist (siehe Paragraph 36), und das Unternehmen hat einen Rechtsanspruch auf Bezahlung der bereits erbrachten Leistungen (siehe Paragraph 37).

7Erfüllung der Leistungsverpflichtungen

51 IFRS 15.33.

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Beispiele zu den vorgenannten Kriterien sind in den folgenden Abschnitten enthalten. Kann ein Unternehmen nicht nachweisen, dass die Verfügungsgewalt über einen bestimmten Zeitraum übertragen wird, ist anzunehmen, dass die Verfügungsgewalt zu einem bestimmten Zeitpunkt übertragen wird (siehe Abschnitt 7.2).

7.1.1 Dem Kunden fließt der Nutzen aus der Leistung des Unternehmens zu und er nutzt die Leistung, während diese erbracht wird.IFRS 15 stellt Folgendes in Bezug auf das erste Kriterium, also des zeitgleichen Erhalts und Verbrauchs der Leistung des Unter­nehmens, fest:

Erfüllung der Leistungsverpflichtungen7

Auszug aus IFRS 15

B3. Für einige Arten von Leistungsverpflichtungen ist die Beurteilung, ob einem Kunden der Nutzen aus der Leistung eines Unterneh­mens zufließt und er diese Leistung nutzt, während das Unternehmen die Leistung erbringt, eindeutig. Beispiele hierfür sind unter anderem routinemäßige oder wiederkehrende Dienstleistungen (z. B. Reinigungsleistungen), bei denen leicht festgestellt werden kann, ob dem Kunden der Nutzen aus der Leistung des Unternehmens zufließt und er die Leistung nutzt, während sie erbracht wird.

B4. Bei anderen Arten von Leistungsverpflichtungen ist es für ein Unternehmen unter Umständen nicht leicht ersichtlich, ob einem Kunden der Nutzen aus der Leistung des Unternehmens zufließt und er die Leistung nutzt, während sie erbracht wird. In einem solchen Fall wird eine Leistungsverpflichtung über einen bestimmten Zeitraum erfüllt, wenn ein Unternehmen zu dem Ergebnis gelangt, dass ein anderes Unternehmen die bisherige Arbeit des Unternehmens im Wesentlichen nicht erneut erbringen müsste, wenn dieses andere Unternehmen die verbliebene Leistungsverpflichtung gegenüber dem Kunden erfüllen würde. Bei der Bestimmung, ob ein anderes Unternehmen die Arbeit, die das Unternehmen bisher erbracht hat, im Wesentlichen nicht erneut erbringen müsste, hat ein Unterneh­men von den beiden folgenden Annahmen auszugehen:

(a) Vernachlässigung potenzieller vertraglicher oder praktischer Einschränkungen, die das Unternehmen daran hindern könnten, die verbliebene Leistungsverpflichtung auf ein anderes Unternehmen zu übertragen; und

(b) Annahme, dass ein anderes Unternehmen, das die verbliebene Leistungsverpflichtung erfüllt, keinen Nutzen aus einem Ver­mögenswert ziehen würde, über den das Unternehmen gegenwärtig die Verfügungsgewalt hat und über den das Unternehmen weiter die Verfügungsgewalt hätte, wenn die Leistungsverpflichtung auf ein anderes Unternehmen übertragen würde.

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52 Siehe IFRS 15.BC125–BC128.

Wie in der Grundlage für Schlussfolgerungen erörtert, haben die Boards dieses Kriterium eingeführt, um zu verdeutlichen, dass Unternehmen bei reinen Dienstleistungsverträgen die Dienstleis­tungen im Allgemeinen über einen bestimmten Zeitraum hinweg übertragen.52 Zudem ist beabsichtigt, dieses Kriterium nur auf Dienstleistungen, nicht indes auf Güter, anzuwenden. Daher schluss-folgern die Boards, dass dieses Kriterium (zur Bestimmung, ob eine Leistungsverpflichtung über einen bestimmten Zeitraum erfüllt wird) von einem Unternehmen dann nicht anzuwenden ist, wenn die Leistung des Unternehmens einen Vermögenswert schafft, den der Kunde im Zuge des Erhalts des Vermögenswerts nicht vollständig nutzt. Stattdessen hat das Unternehmen derartige Leistungsverpflichtungen anhand der in den Abschnitten 7.1.2 und 7.1.3 erörterten Kriterien zu beurteilen.

Bei manchen Dienstleistungsvereinbarungen resultiert die Leis­tung des Unternehmens weder in der Erfassung eines Vermö­genswerts während der Leistungserbringung des Unternehmens noch nutzt der Kunde die Leistung des Unternehmens, bis die Leistung vollständig erbracht ist. Der Standard enthält ein Beispiel eines Unternehmens, das Beratungsleistungen erbringt, die erst zum Abschluss der Leistungserbringung in einer fachlichen Stel­lungnahme resultieren werden. In einem solchen Fall kann ein Unternehmen nicht zu dem Schluss gelangen, dass die Dienst­leistungen auf Grundlage dieses Kriteriums über einen bestimm­ten Zeitraum erbracht werden. Stattdessen muss das Unter­nehmen die übrigen zwei in IFRS 15.35 aufgeführten Kriterien in Betracht ziehen.

Auszug aus IFRS 15

Beispiel 13 – Dem Kunden fließt der Nutzen aus der Leistung zu und er nutzt die Leistung, während diese erbracht wird (IFRS 15.IE67–68)

Ein Unternehmen schließt einen Vertrag, gemäß dem es für einen Kunden für ein Jahr monatliche Gehaltsabrechnungsleistungen erbringen wird.

Die zugesagten Gehaltsabrechnungsleistungen werden als eine einzige Leistungsverpflichtung gemäß Paragraph 22(b) des IFRS 15 bilanziert. Die Leistungsverpflichtung wird über einen bestimmten Zeitraum in Übereinstimmung mit Paragraph 35(a) des IFRS 15 erfüllt, da dem Kunden der Nutzen aus jeder Gehaltsabrechnungsleistung zufließt, die von dem Unternehmen erfüllt wird, und er die Leistung des Unternehmens zugleich nutzt, während die Gehaltsabrechnung durchgeführt wird. Die Tatsache, dass ein anderes Unter­nehmen die Gehaltsabrechnungsleistungen, die das Unternehmen bisher erbracht hat, nicht erneut erbringen müsste, beweist eben­falls, dass dem Kunden der Nutzen aus der Leistung zufließt und er die Leistung des Unternehmens nutzt, während das Unternehmen diese erbringt. (Das Unternehmen lässt alle praktischen Einschränkungen bei der Übertragung der verbliebenen Leistungsverpflich­tung außer Acht, einschließlich Setup-Aktivitäten, die durch ein anderes Unternehmen vorgenommen werden müssten.) Das Unterneh­men erfasst den Umsatz über einen bestimmten Zeitraum, indem es den Fortschritt der Leistungserbringung gegenüber der vollstän­digen Erfüllung der Leistungsverpflichtung in Übereinstimmung mit den Paragraphen 39–45 und B14–B19 des IFRS 15 bestimmt.

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7.1.2 Der Kunde besitzt die Verfügungsgewalt über einen Vermögenswert, während dieser erstellt oder verbessert wirdDas zweite Kriterium zur Bestimmung, ob die Verfügungsgewalt über ein Gut oder eine Dienstleistung über einen bestimmten Zeit­raum auf einen Kunden übertragen wird, ist die Feststellung, ob der Kunde die Verfügungsgewalt über den Vermögenswert hat, während dieser erstellt oder verbessert wird. Für diese Bestim­mung gilt für die „Verfügungsgewalt“ die zuvor genannte Defini­tion (d. h., ein Kunde erlangt die Verfügungsgewalt über einen Vermögenswert, wenn er die Möglichkeit hat, seine Nutzung zu bestimmen und im Wesentlichen den verbliebenen Nutzen aus ihm zu ziehen). Des Weiteren kann der Vermögenswert, der erstellt oder verbessert wird, materiell oder immateriell sein. Beispiel: Bei einem Vertrag über die Erstellung eines IT-Systems auf dem Be­triebsgelände des Kunden hat der Kunde die Verfügungsgewalt über das IT-System, während es erstellt oder verbessert wird, und somit wird die Verfügungsgewalt über einen bestimmten Zeitraum übertragen. Darüber hinaus enthalten manche Bauaufträge Klau­seln, die festlegen, dass der Kunde die unfertige Leistung besitzt, während der in Auftrag gegebene Gegenstand erstellt wird. Laut Auffassung der Boards ist die Verfügungsgewalt des Kunden über

einen Vermögenswert, während dieser erstellt oder verbessert wird, ein Anhaltspunkt dafür, dass durch die Leistung des Unter­nehmens Güter oder Dienstleistungen über einen bestimmten Zeitraum auf einen Kunden übertragen werden.

7.1.3 Vermögenswert ohne alternativen Nutzen sowie Zahlungsanspruch für die bereits erbrachten LeistungenFür das letzte Kriterium zur Bestimmung, ob ein Unternehmen die Verfügungsgewalt über ein Gut oder eine Dienstleistung über einen bestimmten Zeitraum überträgt, sind die beiden folgenden Voraussetzungen kumulativ zu erfüllen:

• Durch die Leistung des Unternehmens wird kein Vermögens­wert mit einem alternativen Nutzen für das Unternehmen erstellt.

• Das Unternehmen hat einen Rechtsanspruch auf Bezahlung der bereits erbrachten Leistungen.

Beide Voraussetzungen werden im Folgenden näher erläutert.

Erfüllung der Leistungsverpflichtungen7

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Alternativer Nutzen

Gemäß dem Standard gilt für den „alternativen Nutzen“ Folgendes:

Auszug aus IFRS 15

36. Ein durch die Leistung eines Unternehmens erstellter Vermögenswert hat keinen alternativen Nutzen für ein Unternehmen, wenn das Unternehmen entweder vertraglichen Beschränkungen unterliegt, die es davon abhalten, den Vermögenswert während seiner Erstellung oder Verbesserung umstandslos für einen alternativen Nutzen zu bestimmen, oder wenn es praktischen Beschränkungen unterliegt, für den Vermögenswert nach seiner Fertigstellung umstandslos einen alternativen Nutzen zu bestimmen. Die Beurteilung, ob ein Vermögenswert einen alternativen Nutzen für das Unternehmen hat, erfolgt bei Vertragsbeginn. Nach Vertragsbeginn darf ein Unternehmen die Beurteilung des alternativen Nutzens eines Vermögenswerts nicht aktualisieren, es sei denn, die Vertragsparteien stimmen einer Vertragsänderung zu, die die Leistungsverpflichtung wesentlich ändert. Die Paragraphen B6–B8 enthalten Leitlinien für die Beurteilung, ob ein Vermögenswert einen alternativen Nutzen für ein Unternehmen hat.

...

B6. Bei der Beurteilung, ob ein Vermögenswert einen alternativen Nutzen für ein Unternehmen gemäß Paragraph 36 hat, muss ein Unternehmen die Auswirkungen vertraglicher und praktischer Einschränkungen berücksichtigen, die es an der umstandslosen Bestimmung eines anderen Nutzens für diesen Vermögenswert hindern könnten, z. B. seine Veräußerung an einen anderen Kunden. Die Möglichkeit einer Kündigung des Vertrags mit dem Kunden ist keine relevante Überlegung bei der Beurteilung, ob das Unterneh­men umstandslos einen anderen Nutzen für den Vermögenswert bestimmen könnte.

B7. Eine vertragliche Einschränkung der Fähigkeit eines Unternehmens, einen anderen Nutzen für einen Vermögenswert zu bestimmen, muss wesentlich sein, damit der Vermögenswert keinen alternativen Nutzen für das Unternehmen besitzt. Eine vertragliche Ein­schränkung ist dann wesentlich, wenn ein Kunde seine Ansprüche auf den zugesagten Vermögenswert durchsetzen könnte, sollte das Unternehmen versuchen, einen anderen Nutzen für den Vermögenswert zu bestimmen. Eine vertragliche Einschränkung ist hinge­gen nicht wesentlich, wenn ein Vermögenswert beispielsweise weitgehend mit anderen Vermögenswerten austauschbar ist, die das Unternehmen an einen anderen Kunden übertragen kann, ohne damit den Vertrag zu brechen und ohne dass dadurch Kosten in beträchtlicher Höhe entstehen, die ansonsten in Verbindung mit diesem Vertrag nicht entstanden wären.

B8. Eine praktische Einschränkung der Fähigkeit eines Unternehmens, einen anderen Nutzen für einen Vermögenswert zu bestimmen, besteht dann, wenn einem Unternehmen durch die Bestimmung eines anderen Nutzens für den Vermögenswert beträchtliche wirt­schaftliche Verluste entstünden. Ein beträchtlicher wirtschaftlicher Verlust könnte anfallen, weil dem Unternehmen entweder beträcht­liche Kosten für die Überarbeitung des Vermögenswerts entstehen oder es den Vermögenswert nur mit einem beträchtlichen Verlust verkaufen kann. Beispielsweise könnte es für ein Unternehmen praktische Einschränkungen geben, einen anderen Nutzen für Vermö­genswerte zu bestimmen, die entweder Designspezifikationen haben, die nur für einen bestimmten Kunden gelten, oder die sich in abgelegenen Gegenden befinden.

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Die Boards haben beschlossen, dass es, wenn ein Unternehmen etwas erstellt, das in hohem Maße auf einen bestimmten Kunden zugeschnitten ist, weniger wahrscheinlich ist, dass das Unterneh­men diesen Vermögenswert für einen anderen Zweck verwenden könnte.53 Das heißt, das Unternehmen müsste in diesem Fall wahr­scheinlich beträchtliche Überarbeitungskosten auf sich nehmen oder es könnte den Vermögenswert nur zu einem deutlich geringe­ren Preis verkaufen. Man könnte daraus schließen, dass der Kunde die Verfügungsgewalt über den Vermögenswert hat. Die Boards kamen jedoch zu dem Ergebnis, dass die Feststellung, ob der Kunde die Verfügungsgewalt über den Vermögenswert hat, für die Zwecke der Beurteilung eines alternativen Nutzens nicht ausrei­chend ist. Das Unternehmen müsste zusätzlich bestimmen, dass es, wie nachstehend erläutert, einen Rechtsanspruch auf Bezah­lung der bereits erbrachten Leistung hat.

Bei der Beurteilung, ob es einen alternativen Nutzen für ein Gut oder eine Dienstleistung gibt, muss ein Unternehmen jede wesent­liche vertragliche Einschränkung berücksichtigen. Eine vertrag-liche Einschränkung ist dann wesentlich, wenn ein Unternehmen erwartet, dass ein Kunde seine Ansprüche auf den zugesagten Vermögenswert durchsetzt, falls das Unternehmen diesen Vermö­genswert einer anderen Verwendung zuführen würde. Vertrag-liche Einschränkungen, die nicht wesentlich sind, sind nicht zu berücksichtigen. Wichtig: Der Standard umfasst auch den Aspekt der praktischen Einschränkung. Ein Vermögenswert hätte somit keinen alternativen Nutzen, wenn dem Unternehmen bei der Be­stimmung einer anderen Verwendungsmöglichkeit für den Vermö­genswert ein beträchtlicher wirtschaftlicher Verlust entstünde. Ändern sich Fakten und Umstände nach Vertragsbeginn, hat ein Unternehmen seine Beurteilung, ob ein Vermögenswert einen alternativen Nutzen hat, nicht mehr zu aktualisieren, es sei denn, die Parteien vereinbaren eine Vertragsänderung.

53 Siehe IFRS 15.BC135–BC137. 54 Siehe IFRS 15.B142.

Rechtsanspruch auf Bezahlung der bereits erbrachten Leistungen

Bei der Beurteilung, ob ein Unternehmen einen Rechtsanspruch auf Bezahlung der bereits erbrachten Leistungen hat, spezifiziert der Standard, dass das Unternehmen die Vertragsbedingungen sowie diesbezügliche Gesetze oder Vorschriften zu berücksichtigen hat. Gemäß dem Standard muss der Anspruch auf Bezahlung der bereits erbrachten Leistungen nicht zwingend einem festen Betrag entsprechen. Das Unternehmen muss aber zu jedem Zeitpunkt während der Vertragslaufzeit einen Anspruch auf einen Betrag haben, der es mindestens für die bereits erbrachten Leis­tungen entschädigt, auch wenn der Kunde den Vertrag aus ande­ren Gründen als der Nichterfüllung der vom Unternehmen zuge­sagten Leistung kündigen kann. Die Boards haben beschlossen, dass die Verpflichtung eines Kunden, für die Leistung eines Unternehmens zu zahlen, ein Indikator dafür ist, dass der Kunde Nutzen aus der Leistung des Unternehmens gezogen hat.54

Erfüllung der Leistungsverpflichtungen7

Unsere Sichtweise Die Beurteilung bei Vertragsbeginn, ob ein Gut oder eine Dienst­leistung einen alternativen Nutzen hat, wird ein beträcht-liches Maß an Ermessensausübung unter Berücksichtigung aller Fakten und Umstände des jeweiligen Vertrags erfordern. Ein wichtiger dabei zu berücksichtigender Faktor ist, wie sich wesentliche vertragliche und/oder praktische Einschränkun­gen auf die Fähigkeit eines Unternehmens auswirken, umstands­los den Vermögenswert einer anderen Nutzungsmöglichkeit zuzuführen, z. B. den Verkauf an einen anderen Kunden.

118 | EY Im Fokus: Der neue Standard zur Umsatzrealisierung

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Der Standard spezifiziert Folgendes über den Zahlungsanspruch eines Unternehmens für die bereits erbrachten Leistungen:

Auszug aus IFRS 15

B9. In Übereinstimmung mit Paragraph 37 hat ein Unternehmen einen Anspruch auf Bezahlung der bereits erbrachten Leistungen, wenn das Unternehmen Anspruch auf einen Betrag hätte, der es mindestens für seine bereits erbrachten Leistungen vergütet, falls der Kunde oder eine andere Partei den Vertrag aus anderen Gründen als der Nichterfüllung der vom Unternehmen zugesagten Leistung kündigt. Ein Betrag, der ein Unternehmen für seine bereits erbrachten Leistungen vergütet, ist eine Zahlung, die dem Verkaufspreis der bisher übertragenen Güter und Dienstleistungen annähernd entspricht (z. B. Erstattung der dem Unternehmen bei der Erfüllung seiner Leistungsverpflichtung entstandenen Kosten zzgl. einer angemessenen Gewinnmarge), und nicht nur eine Entschädigung für den dem Unternehmen potenziell entgangenen Gewinn im Falle der Vertragsbeendigung darstellt. Die Vergütung für eine angemessene Gewinnmarge muss nicht der für den Fall der planmäßigen Vertragserfüllung erwarteten Gewinnmarge ent­sprechen, aber ein Unternehmen sollte Anspruch auf Vergütung in Höhe eines der folgenden Beträge haben:

(a) ein Teil der erwarteten Gewinnmarge aus dem Vertrag, der angemessen den Leistungsfortschritt des Unternehmens im Rahmen des Vertrags vor seiner Kündigung durch den Kunden (oder eine andere Partei) widerspiegelt; oder

(b) eine angemessene Rendite auf die Kapitalkosten des Unternehmens für ähnliche Verträge (oder die typische operative Marge des Unternehmens für ähnliche Verträge), falls die vertragsspezifische Marge höher ist als die vom Unternehmen aus ähnlichen Verträgen üblicherweise generierte Rendite.

B10. Der Zahlungsanspruch eines Unternehmens für die bereits erbrachten Leistungen muss kein aktueller unbedingter Zahlungs-anspruch sein. In vielen Fällen wird ein Unternehmen einen unbedingten Zahlungsanspruch nur bei Erreichen eines vorab vereinbarten Meilensteins oder bei vollständiger Erfüllung der Leistungsverpflichtung haben. Bei der Beurteilung, ob es einen Anspruch auf Bezahlung für die bereits erbrachten Leistungen hat, muss ein Unternehmen berücksichtigen, ob es einen Rechtsanspruch auf Ein­forderung oder Einbehalt einer Zahlung für die bereits erbrachten Leistungen hätte, wenn der Vertrag vor vollständiger Erfüllung aus anderen Gründen als der Nichterfüllung der vom Unternehmen zugesagten Leistung gekündigt würde.

B11. In manchen Verträgen hat ein Kunde möglicherweise nur zu bestimmten Zeiten während der Vertragslaufzeit ein Recht zur Ver­tragskündigung oder aber gar kein Kündigungsrecht. Kündigt ein Kunde einen Vertrag, ohne zu diesem Zeitpunkt ein Kündigungs­recht zu haben (einschließlich bei Nichterfüllung seiner eigenen Vertragszusagen), so ist das Unternehmen möglicherweise gemäß Vertrag (oder gemäß Gesetz) dazu berechtigt, die im Vertrag zugesagten Güter oder Dienstleistungen weiter auf den Kunden zu übertragen und vom Kunden zu fordern, im Gegenzug für diese Güter oder Dienstleistungen die zugesagte Vergütung zu zahlen. In solchen Fällen hat ein Unternehmen einen Zahlungsanspruch für die bereits erbrachten Leistungen, da das Unternehmen berechtigt ist, seine Verpflichtungen weiter gemäß dem Vertrag zu erfüllen und vom Kunden im Gegenzug die Erfüllung seiner Verpflichtungen zu fordern (darunter die Zahlung der zugesagten Vergütung).

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Unternehmen müssen alle Gesetze, Vorschriften oder Präzedenz­fälle berücksichtigen, die die Vertragsbedingungen ergänzen oder außer Kraft setzen könnten. Zudem verdeutlicht der Standard, dass auch die Aufnahme eines Zahlungsplans in einen Vertrag nicht per se ein Indikator dafür ist, dass das Unternehmen einen Zah­lungsanspruch für die bereits erbrachte Leistung hat. Das Unter­nehmen muss Informationen prüfen, die dem Zahlungsplan widersprechen könnten und den tatsächlichen Anspruch des Unternehmens auf Bezahlung der bereits erbrachten Leistung

darstellen könnten. Wie das folgende Beispiel verdeutlicht, müs­sen Zahlungen eines Kunden annähernd dem Verkaufspreis der bisher übertragenen Güter oder Dienstleistungen entsprechen, um als Zahlungsanspruch für die bereits erbrachten Leistungen gelten zu können. Ein fester Zahlungsplan erfüllt diese Vorausset­zung möglicherweise nicht.

Der Standard enthält das folgende Beispiel zur Veranschaulichung der in Abschnitt 7.1.3 beschriebenen Konzepte:

Erfüllung der Leistungsverpflichtungen7

Auszug aus IFRS 15

Beispiel 14 – Beurteilung des alternativen Nutzens und des Zahlungsanspruchs (IFRS 15.IE69–IE72)

Ein Unternehmen schließt mit einem Kunden einen Vertrag über die Erbringung einer Beratungsleistung, als deren Ergebnis das Unternehmen eine fachliche Stellungnahme für den Kunden erstellt. Die fachliche Stellungnahme bezieht sich auf Fakten und Umstände, die spezifisch für diesen Kunden sind. Kündigt der Kunde den Beratungsvertrag aus anderen Gründen als der Nichterfüllung der vom Unternehmen zugesagten Leistung, so verlangt der Vertrag vom Kunden, das Unternehmen für die diesem entstandenen Kosten zuzüglich einer Marge von 15 Prozent zu entschädigen. Die Marge von 15 Prozent entspricht annähernd der Gewinnmarge, die das Unternehmen aus ähnlichen Verträgen erzielt.

Das Unternehmen berücksichtigt das Kriterium von Paragraph 35(a) des IFRS 15 und die Anforderungen der Paragraphen B3 und B4 des IFRS 15, um zu bestimmen, ob dem Kunden der Nutzen aus der Leistung des Unternehmens zufließt und er die Leistung nutzt, während diese erbracht wird. Falls das Unternehmen seine Leistungsverpflichtung nicht erfüllen kann und der Kunde ein anderes Beratungsunternehmen mit der Erstellung der fachlichen Stellungnahme beauftragt, muss das andere Beratungsunternehmen die Leistung, die das Unternehmen bisher erbracht hat, im Wesentlichen neu erbringen, da das andere Beratungsunternehmen keinen Nutzen aus unfertigen Leistungen des Unternehmens hätte. Bei einer fachlichen Stellungnahme ist es naturgemäß so, dass dem Kun­den der Nutzen aus der Leistung des Unternehmens nur zufließt, wenn der Kunde die fachliche Stellungnahme erhält. Daher kommt das Unternehmen zu dem Schluss, dass das Kriterium von Paragraph 35(a) des IFRS 15 nicht gegeben ist.

Allerdings trifft auf die Leistungsverpflichtung des Unternehmens das Kriterium von Paragraph 35(c) des IFRS 15 zu, und sie ist aufgrund der beiden folgenden Faktoren eine Leistungsverpflichtung, die über einen bestimmten Zeitraum erfüllt wird:

(a) In Übereinstimmung mit den Paragraphen 36 und B6–B8 des IFRS 15 wird durch die Erstellung der fachlichen Stellungnahme kein Vermögenswert mit alternativem Nutzen für das Unternehmen generiert, da sich die fachliche Stellungnahme auf Fakten und Umstände bezieht, die spezifisch für diesen Kunden sind. Daher gibt es eine praktische Einschränkung der Fähigkeit des Unternehmens, den Vermögenswert umstandslos für einen anderen Kunden zu bestimmen.

(b) In Übereinstimmung mit den Paragraphen 37 und B9–B13 des IFRS 15 hat das Unternehmen einen Rechtsanspruch auf Bezahlung seiner bereits erbrachten Leistung in Höhe der ihm entstandenen Kosten zuzüglich einer angemessenen Marge, die annähernd der Gewinnmarge in ähnlichen Verträgen entspricht.

Das Unternehmen erfasst den Umsatz daher über einen bestimmten Zeitraum, indem es den Fortschritt der Leistungserbringung gegenüber der vollständigen Erfüllung der Leistungsverpflichtung in Übereinstimmung mit den Paragraphen 39–45 und B14–B19 des IFRS 15 bestimmt.

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7.1.4 Bestimmung des LeistungsfortschrittsGelangt ein Unternehmen zu dem Schluss, dass eine Leistungs­verpflichtung über einen bestimmten Zeitraum erfüllt wird, so hat es gemäß dem Standard für die betreffende Leistungsver­pflichtung die Methode zur Umsatzerfassung auszuwählen, welche die Übertragung der Güter oder Dienstleistungen am besten widerspiegelt.

Der Standard stellt hierfür folgende Anforderungen:

Auszug aus IFRS 15

39. Für jede gemäß den Paragraphen 35–37 über einen bestimmten Zeitraum zu erfüllende Leistungsverpflichtung hat ein Unterneh­men den über einen bestimmten Zeitraum erzielten Umsatz zu erfassen, indem es den Leistungsfortschritt gegenüber der vollstän-digen Erfüllung dieser Leistungsverpflichtung ermittelt. Das Ziel bei der Bestimmung des Leistungsfortschritts ist es, die Leistung eines Unternehmens bei der Übertragung der Verfügungsgewalt über einem Kunden zugesagte Güter oder Dienstleistungen darzustellen (d. h. die Erfüllung der Leistungsverpflichtung eines Unternehmens).

40. Ein Unternehmen hat für die Bestimmung des Leistungsfortschritts für jede über einen bestimmten Zeitraum zu erfüllende Leistungsverpflichtung eine einzige Methode anzuwenden, und das Unternehmen hat diese Methode konsistent auf ähnliche Leistungsverpflichtungen und in ähnlichen Umständen anzuwenden. Am Ende jeder Berichtsperiode hat ein Unternehmen seinen Leistungsfortschritt gegenüber der über einen bestimmten Zeitraum vollständig zu erfüllenden Leistungsverpflichtung erneut zu bestimmen.

Methoden zur Bestimmung des Leistungsfortschritts

41. Geeignete Methoden zur Bestimmung des Leistungsfortschritts sind outputbasierte und inputbasierte Methoden. Die Paragra­phen B14–B19 bieten Leitlinien für die Anwendung outputbasierter und inputbasierter Methoden zur Bestimmung des Leistungsfort­schritts eines Unternehmens gegenüber der vollständigen Erfüllung einer Leistungsverpflichtung. Bei der Auswahl der geeigneten Methode für die Bestimmung des Leistungsfortschritts hat ein Unternehmen die Art des Gutes oder der Dienstleistung zu berücksich­tigen, dessen beziehungsweise deren Übertragung das Unternehmen dem Kunden zugesagt hat.

42. Bei der Anwendung einer Methode zur Bestimmung des Leistungsfortschritts hat ein Unternehmen von der Bestimmung des Leistungsfortschritts Güter oder Dienstleistungen auszunehmen, bei denen das Unternehmen nicht die Verfügungsgewalt auf einen Kunden überträgt. Umgekehrt hat ein Unternehmen bei der Bestimmung des Leistungsfortschritts Güter oder Dienstleistungen einzuschließen, bei denen das Unternehmen die Verfügungsgewalt bei Erfüllung der betreffenden Leistungsverpflichtung auf einen Kunden überträgt.

43. Angesichts sich mit der Zeit ändernder Umstände hat ein Unternehmen seine Bestimmung des Leistungsfortschritts anzupassen, um Änderungen hinsichtlich des Ergebnisses der Leistungsverpflichtung widerzuspiegeln. Solche Änderungen der Bestimmung des Leistungsfortschritts eines Unternehmens sind gemäß IAS 8 Rechnungslegungsmethoden, Änderungen von rechnungslegungsbezogenen Schätzungen und Fehler als Änderung einer Schätzung zu bilanzieren.

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Der Standard unterschiedet zwei Arten von Methoden zur Erfas­sung von Umsätzen aus Vereinbarungen, bei denen Güter oder Dienstleistungen über einen bestimmten Zeitraum übertragen werden: outputbasierte Methoden und inputbasierte Methoden.

Der Standard fordert von einem Unternehmen zwar, dass es seine Schätzungen in Bezug auf die ausgewählte Methode zur Bestim­mung des Leistungsfortschritts fortlaufend aktualisiert, erlaubt jedoch keine Methodenänderung. Eine Leistungsverpflichtung wird ab Vertragsbeginn bis zur vollständigen Erfüllung unter

Anwendung der vom Unternehmen ausgewählten Methode (d. h. einer inputbasierten oder outputbasierten Methode) bilanziert. Es ist somit als nicht standardkonform zu beurteilen, wenn ein Unternehmen die erzielten Umsätze zunächst auf Basis einer input­basierten Methode erfasst und dann später zu einer outputbasier­ten Methode wechselt.

Der Standard enthält die folgenden Anwendungsleitlinien betref­fend die Methoden zur Bestimmung des Leistungsfortschritts:

Erfüllung der Leistungsverpflichtungen7

Auszug aus IFRS 15

Outputbasierte Methoden

B15. Bei outputbasierten Methoden werden die Umsätze auf Basis der direkten Ermittlung des Werts der bisher übertragenen Güter oder Dienstleistungen für den Kunden im Verhältnis zu den verbleibenden vertraglich zugesagten Gütern oder Dienstleistungen erfasst. Zu outputbasierten Methoden zählen Methoden wie die Messung der bereits erbrachten Leistungen und die Ermittlung der erzielten Ergebnisse, erreichten Meilensteine, abgelaufenen Zeit und erstellten oder gelieferten Einheiten. Wenn ein Unternehmen beurteilt, ob es eine outputbasierte Methode zur Bestimmung seines Leistungsfortschritts anwenden soll, hat es zu berücksichtigen, ob der gewählte Output die bisher erbrachten Leistungen des Unternehmens gegenüber der vollständigen Erfüllung der Leistungs­verpflichtung zutreffend darstellt. Eine outputbasierte Methode bietet keine zutreffende Darstellung der Leistung des Unternehmens, wenn der gewählte Output einige der Güter oder Dienstleistungen, für die die Verfügungsgewalt auf den Kunden übertragen wurde, nicht abbildet. Beispielsweise stellen outputbasierte Methoden, die auf erstellten oder gelieferten Einheiten basieren, die Leistung eines Unternehmens bei der Erfüllung einer Leistungsverpflichtung unzutreffend dar, wenn durch die Leistung des Unternehmens zum Ende der Berichtsperiode unfertige Leistungen oder fertige Erzeugnisse in der Verfügungsgewalt des Kunden erstellt wurden, die in der Ermittlung des Outputs nicht enthalten sind.

B16. Zu Vereinfachungszwecken kann ein Unternehmen, das Anspruch auf eine Gegenleistung von einem Kunden in einer Höhe hat, die direkt dem Wert der vom Unternehmen bereits erbrachten Leistungen für den Kunden entspricht (z. B. ein Dienstleistungsvertrag, in dem ein Unternehmen einen festen Betrag für jede geleistete Stunde in Rechnung stellt), Umsätze in Höhe des Betrags erfassen, den das Unternehmen in Rechnung stellen darf.

B17. Nachteil von outputbasierten Methoden ist, dass die zur Bestimmung des Leistungsfortschritts verwendeten Outputs unter Umständen nicht unmittelbar beobachtbar sind und die zur Anwendung notwendigen Informationen für ein Unternehmen unter Umständen nur zu übermäßig hohen Kosten verfügbar sind. Daher kann eine inputbasierte Methode notwendig sein.

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Auszug aus IFRS 15 | Fortsetzung

Inputbasierte Methoden

B18. Inputbasierte Methoden erfassen Umsätze auf Basis der Anstrengungen oder Inputs des Unternehmens zur Erfüllung einer Leistungsverpflichtung (z. B. verbrauchte Ressourcen, aufgewendete Arbeitsstunden, entstandene Kosten, vergangene Zeit oder Maschinennutzung in Stunden) im Verhältnis zu den insgesamt zur Erfüllung dieser Leistungsverpflichtung erwarteten Inputs. Erfol­gen die Anstrengungen oder Inputs des Unternehmens gleichmäßig über den Zeitraum der Leistungserbringung, so kann es für das Unternehmen angemessen sein, die Umsätze linear zu erfassen.

B19. Eine Schwäche inputbasierter Methoden ist, dass es unter Umständen keine direkte Beziehung zwischen den Inputs eines Unternehmens und der Übertragung der Verfügungsgewalt über Güter oder Dienstleistungen auf einen Kunden gibt. Daher kann ein Unternehmen von einer inputbasierten Methode die Effekte von Inputs ausnehmen, die für Zwecke der Bestimmung des Leistungs­fortschritts nach Paragraph 39 keine Leistung des Unternehmens bei der Übertragung der Verfügungsgewalt über Güter oder Dienst­leistungen auf den Kunden darstellen. Beispielsweise kann bei der Verwendung einer auf kostenbasierten Inputs beruhenden Methode in folgenden Fällen eine Anpassung der Bestimmung des Leistungsfortschritts erforderlich sein:

(a) wenn entstandene Kosten nicht zum Fortschritt der Leistungserbringung eines Unternehmens bei der Erfüllung der Leistungs­verpflichtung beitragen: Zum Beispiel würde ein Unternehmen keinen Umsatz auf der Grundlage entstandener Kosten erfassen, die beträchtlichen Ineffizienzen bei der Leistung des Unternehmens geschuldet sind, welche im vertraglich vereinbarten Preis nicht widergespiegelt sind (z. B. Kosten für unerwartete Mengen verschwendeter Materialien, Arbeit oder anderer Ressourcen, die bei der Erfüllung der Leistungsverpflichtung angefallen sind);

(b) wenn entstandene Kosten nicht im Verhältnis zum Fortschritt der Leistungserbringung des Unternehmens bei der Erfüllung der Leistungsverpflichtung stehen: In solchen Umständen kann es die beste Darstellung der Leistung eines Unternehmens sein, die inputbasierte Methode so anzupassen, dass Umsatz nur in Höhe der bei der betreffenden Leistungserbringung entstandenen Kosten erfasst wird. Beispielsweise kann es eine getreue Darstellung der Leistung eines Unternehmens sein, Umsatz in einer Höhe zu erfassen, die den Kosten eines zur Erfüllung der Leistungsverpflichtung genutzten Gutes entspricht, wenn das Unter­nehmen bei Vertragsbeginn erwartet, dass alle folgenden Bedingungen erfüllt sind:

(i) Das Gut ist nicht einzeln abgrenzbar; (ii) es wird erwartet, dass der Kunde die Verfügungsgewalt über das Gut deutlich vor Erhalt der in Verbindung mit dem Gut

stehenden Dienstleistungen erlangt; (iii) die Kosten des übertragenen Gutes sind im Verhältnis zu den insgesamt für die vollständige Erfüllung der Leistungsver­

pflichtung erwarteten Kosten beträchtlich; und (iv) das Unternehmen beschafft das Gut von einem Dritten und ist nicht in erheblichem Maße in Design und Herstellung des

Gutes involviert (handelt aber als Auftraggeber (principal) in Übereinstimmung mit den Paragraphen B34–B38).

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Der Standard bevorzugt zwar keine der vorgeschlagenen Metho­den, fordert jedoch, dass die ausgewählte Methode auf vergleich­bare Vereinbarungen in vergleichbaren Umständen einheitlich angewendet wird. Unabhängig davon, welche Methode ein Unter­nehmen auswählt, hat es von der Ermittlung seines Leistungs­fortschritts diejenigen Güter oder Dienstleistungen auszuschlie­ßen, für die keine Verfügungsgewalt übertragen wurde.

Bei der Bestimmung der besten Methode für die Ermittlung des Leistungsfortschritts hat ein Unternehmen sowohl die Art der zugesagten Güter oder Dienstleistungen als auch die Art seiner erbrachten Leistungen zu berücksichtigen. Zur Veranschaulichung dieses Konzepts wird in der Grundlage für Schlussfolgerungen eine Vereinbarung über Fitnessclubleistungen angeführt.55 Unab­hängig davon, wann oder wie oft der Kunde die Leistungen des Fitnessclubs nutzt, besteht die Verpflichtung des Unternehmens unverändert fort, dem Kunden während der Vertragslaufzeit mit seinem Leistungsangebot zur Verfügung zu stehen.

Der Standard führt den Zeitablauf nicht als separate Methode zur Bestimmung des Leistungsfortschritts auf. Allerdings haben die Boards insbesondere den Zeitablauf (time lapsed) als Beispiel für einen Input in den Standard aufgenommen, den ein Unternehmen unter Umständen verwenden kann.

Die Boards haben ein vereinfachtes Verfahren für solche Fälle vorgesehen, in denen ein Unternehmen gegenüber einem Kunden Anspruch auf Zahlung eines Betrags hat, der unmittelbar den Wert der durch das Unternehmen bereits erbrachten Leistungen widerspiegelt. Dies gilt beispielsweise für einen Dienstleistungs­vertrag, bei dem ein Unternehmen für jede Stunde der Leistungs­erbringung einen festen Betrag in Rechnung stellt. Das verein­fachte Verfahren erlaubt einem Unternehmen, den Umsatz in Höhe des Betrags zu erfassen, den es in Rechnung stellen (somit also fakturieren) darf.

Verfügt ein Unternehmen nicht über eine hinreichend sichere Grundlage zur Bestimmung des Leistungsfortschritts, so besteht laut Auffassung der Boards ein zu hohes Maß an Unsicherheit. Die Umsatzerlöse sind daher grundsätzlich erst dann zu erfassen, sobald der Leistungsfortschritt bestimmt werden kann. Ein Unter­nehmen ist jedoch in derartigen Konstellationen möglicherweise in der Lage zu prognostizieren, dass aus der Vertragserfüllung kein Verlust entstehen dürfte, obgleich es nicht in der Lage ist, hinrei­chend verlässlich die Höhe des Gewinns zu bestimmen. In einem

solchen Fall fordert der Standard, dass das Unternehmen, bis es das Ergebnis hinreichend verlässlich bestimmen kann, den Um­satz zwar erfassen darf, jedoch nur bis zur Höhe der entstande­nen Kosten (sog. gewinnneutrale Ertragsrealisation).

Beispiel 7-1 Wahl der Methode zur Bestimmung des Leistungsfortschritts

Ein Schiffsbauer schließt einen Vertrag mit einem Kunden über den Bau von 15 Schiffen innerhalb eines Zeitraums von drei Jah­ren. Der Kunde spielt eine wichtige Rolle bei der Konstruktion der Schiffe und das Unternehmen hat noch nie zuvor ein Schiff dieser Art gebaut. Daher beinhaltet der Vertrag sowohl Kon-struktions- als auch Fertigungsleistungen. Das Unternehmen geht davon aus, dass die Fertigung des ersten Schiffes länger dauern wird als die Fertigung des letzten Schiffes, da das Unternehmen erwartet, im Verlauf der Fertigung der Schiffe an Erfahrung zu gewinnen und den Bau der Schiffe dadurch effizienter gestalten zu können.

Das Unternehmen kommt zu dem Schluss, dass die Konstruk­tions- und Fertigungsleistungen eine einzige Leistungsverpflich­tung darstellen. In einem solchen Fall würde das Unternehmen den Leistungsfortschritt wahrscheinlich nicht auf der Grundlage von Liefereinheiten bestimmen, da diese Verfahrensweise den Leistungsgrad nicht zutreffend abbilden könnte, d. h., sie würde nicht den Aufwand des Unternehmens während der Konstruk-tionsphase widerspiegeln, da bis zur Auslieferung des ersten Schiffes kein Umsatz erfasst würde. Daher dürfte das Unterneh­men wahrscheinlich zu dem Schluss gelangen, dass eine input-basierte Methode geeigneter ist, z. B. die Ermittlung des Fertig­stellungsgrades auf Basis der angefallenen Kosten.

In der Grundlage für Schlussfolgerungen stellen die Boards fest, dass eine Methode auf der Basis gelieferter oder produzierter Einheiten bei Verträgen, die sowohl Konstruktions- als auch Ferti­gungsleistungen enthalten, unter Umständen nicht geeignet ist, da nicht mit jedem hergestellten Produkt der gleiche Wert auf den Kunden übertragen wird.56 Genauer: Die am Anfang herge­stellten Produkte haben wahrscheinlich einen höheren Wert als die Produkte aus einer späteren Produktion. Allerdings kann eine

Erfüllung der Leistungsverpflichtungen7

55 Siehe IFRS 15.BC160. 56 Siehe IFRS 15.BC166.

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Bestimmung des Leistungsfortschritts nach Anzahl der Liefe­reinheiten nach Meinung der Boards ein geeigneter Ansatz für bestimmte langfristige Verträge über die Fertigung von Stan­dardprodukten sein, bei denen mit jedem erzeugten Produkt ein identischer Wert auf den Kunden übertragen wird.

7.1.5 Anpassung der Bestimmung des Leistungsfortschritts auf Grundlage einer inputbasierten MethodeWenn ein Unternehmen eine inputbasierte Methode anwendet, die zur Bestimmung des Leistungsfortschritts die entstandenen Kosten heranzieht, stehen diese unter Umständen nicht immer im korrekten Verhältnis zum Fortschritt des Unternehmens bei der Erfüllung seiner Leistungsverpflichtung. Besteht eine Leistungs­verpflichtung beispielsweise aus Gütern und Dienstleistungen, so kann es sein, dass der Kunde die Verfügungsgewalt über die Güter erlangt, noch bevor das Unternehmen die mit diesen Gütern in Verbindung stehenden Dienstleistungen erbringt (z. B. werden Güter an einen Kundenstandort geliefert, aber das Unternehmen hat diese Güter noch nicht in das Gesamtprojekt integriert). Die Boards sind zu dem Schluss gelangt, dass, sollte ein Unternehmen eine Methode der Ermittlung des Fertigstellungsgrades auf Basis der angefallenen Kosten zur Bestimmung des Leistungsfortschritts anwenden, diese Methode in unangemessener Weise durch die Lieferung dieser Güter beeinflusst werden könnte und dass die reine Anwendung einer solchen Methode zur Erfassung eines zu hohen Umsatzes führen würde.

Der Standard weist daher darauf hin, dass es unter solchen Um­ständen einen besseren Weg zur Bestimmung des Leistungs-fortschritts bei der Erfüllung einer Leistungsverpflichtung geben kann. Als Beispiel nennt er die Umsatzerfassung in Höhe eines Betrags, der nicht den entstandenen Kosten, sondern den Anschaf­fungskosten der verwendeten Güter entspricht. Der Standard konkretisiert, dass als Voraussetzung zur Umsatzerfassung in diesen Situationen die Bedingungen gemäß IFRS 15.B19(b) erfüllt sein müssen (siehe Auszug in Abschnitt 7.1.4).

Des Weiteren kann es Situationen geben, in denen nicht alle ent­standenen Kosten zum Fortschritt der Leistungserbringung eines Unternehmens bei der Erfüllung seiner Leistungsverpflichtung bei­tragen. Bei einer inputbasierten Methode muss das Unternehmen diese Kostenarten (z. B. Kosten durch beträchtliche Ineffizienzen, verschwendete Materialien, erforderliche Überarbeitungen) von der Ermittlung des Leistungsfortschritts ausnehmen, es sei denn, diese Kosten sind im vertraglich vereinbarten Preis enthalten.

Auszug aus IFRS 15

Beispiel 19 – Nicht installierte Materialien (IFRS 15.IE95–IE100)

Im November 20X2 schließt ein Unternehmen mit einem Kunden einen Vertrag über die Renovierung eines dreistöckigen Gebäu­des und die Installation neuer Aufzüge für eine Gesamtvergütung von WE 5 Mio. Die zugesagte Renovierungsleistung, einschließ­lich der Aufzuginstallation, ist eine einzige Leistungsverpflich­tung, die über einen bestimmten Zeitraum erbracht wird. Die erwarteten Kosten belaufen sich auf insgesamt WE 4 Mio., davon WE 1,5 Mio. für die Aufzüge. Das Unternehmen bestimmt, dass es in Übereinstimmung mit den Paragraphen B34–B38 des IFRS 15 als Auftraggeber handelt, da es die Verfügungsgewalt über die Aufzüge erlangt, bevor diese an den Kunden übertragen werden. Nachstehend sind der Transaktionspreis und die erwarteten Kosten dargestellt:

WETransaktionspreis 5.000.000Erwartete Kosten Aufzüge 1.500.000 Übrige Kosten 2.500.000

Erwartete Gesamtkosten 4.000.000

Das Unternehmen verwendet zur Bestimmung seines Leistungs­fortschritts eine inputbasierte Methode durch Gegenüberstellung der bisher angefallenen Kosten mit den geschätzten Gesamt­kosten, die zur vollständigen Erfüllung der Leistungsverpflichtung voraussichtlich anfallen. Das Unternehmen beurteilt, ob die ihm zur Beschaffung der Aufzüge entstandenen Kosten in Überein­stimmung mit Paragraph B19 des IFRS 15 im Verhältnis zum Fort­schritt des Unternehmens bei der Erfüllung seiner Leistungsver­pflichtung stehen. Der Kunde erlangt die Verfügungsgewalt über die Aufzüge, wenn diese im Dezember 20X2 an den Kundenstand-ort geliefert werden, obwohl die Installation der Aufzüge erst im Juni 20X3 erfolgen wird. Die Kosten zur Beschaffung der Aufzüge (WE 1,5 Mio.) sind im Verhältnis zu den für die vollständige Erfüllung der Leistungsverpflichtung erwarteten Gesamtkosten (WE 4 Mio.) beträchtlich. Das Unternehmen ist nicht in die Kon-struktion oder Fertigung der Aufzüge involviert.

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Aus IFRS 15 geht nicht klar hervor, welche Methode ein Unter­nehmen in diesen Situationen anzuwenden hat. Allerdings ist klar, dass ein Unternehmen keine inputbasierte Methode auf Basis der ihm entstandenen Kosten zur Bestimmung des Leis­tungsfortschritts anwenden kann, wenn die Kosten nicht im Ver­hältnis zum Leistungsfortschritt des Unternehmens bezogen auf die Gesamtlaufzeit des Vertrags stehen. Es kann für manches Unternehmen eine erhebliche Umstellung bedeuten, in diesen Situationen keine Methode zur Ermittlung des Fertigstellungsgra­des anzuwenden, bei der die angefallenen Kosten zur Ermittlung des Fertigstellungsgrades herangezogen werden.

Änderungen gegenüber den derzeit geltenden IFRS

Für einige Unternehmen könnten die Vorschriften zur Bilanzie­rung nicht installierter Materialien eine erhebliche Änderung ihrer

aktuellen Praxis herbeiführen. Wird der Leistungsfortschritt auf Basis der bisher angefallenen Auftragskosten bestimmt, so sind gemäß einer Regelung des IAS 11 in diesen Kosten nur diejenigen Auftragskosten zu berücksichtigen, die die erbrachten Leistun­gen widerspiegeln.57 Daher sind Kosten für zukünftige Aktivitä­ten, beispielsweise für Materialien (die nicht speziell für diesen Auftrag angefertigt wurden), die zwar an den Erfüllungsort ge­liefert oder dort zum Gebrauch gelagert, jedoch noch nicht ins­talliert worden sind, nicht in die bisher angefallenen Kosten einzubeziehen. Sobald diese Materialien installiert sind, würden sie in den bisher angefallenen Kosten berücksichtigt. Gemäß dem neuen Standard ist jede Gewinnmarge im Zusammenhang mit den nicht installierten Materialien den anderen Gütern und Dienstleistungen zuzuordnen und zu dem Zeitpunkt zu erfassen, zu dem die Kosten für die Güter und Dienstleistungen entstehen.

Erfüllung der Leistungsverpflichtungen7

Auszug aus IFRS 15 | Fortsetzung

Das Unternehmen kommt zu dem Schluss, dass eine Einbeziehung der Kosten zur Beschaffung der Aufzüge in die Bestimmung des Leistungsfortschritts zu einem zu hohen Ansatz seines Leistungsfortschritts führen würde. Daher passt das Unternehmen in Über­einstimmung mit Paragraph B19 seine Leistungsfortschrittsbestimmung so an, dass es die Beschaffungskosten der Aufzüge nicht in die Ermittlung der ihm entstandenen Kosten und des Transaktionspreises einbezieht. Das Unternehmen erfasst für die Übertragung der Aufzüge einen Umsatz in einer Höhe, die den Kosten zur Beschaffung der Aufzüge entspricht (d. h. ohne Aufschlag einer Marge).

Zum 31. Dezember 20X2 stellt das Unternehmen Folgendes fest:

(a) die übrigen angefallenen Kosten (ohne Aufzüge) sind WE 500.000; und

(b) die Leistungsverpflichtung ist zu 20 Prozent erfüllt (d. h. WE 500.000 ÷ WE 2.500.000). Daher erfasst das Unternehmen zum 31. Dezember 20X2 Folgendes:

WEUmsatzerlöse 2.200.000 (a)

Umsatzkosten (2.000.000) (b)

Gewinn 200.000

(a) Die erfassten Umsatzerlöse sind berechnet als (20 Prozent × WE 3.500.000) + WE 1.500.000. (WE 3.500.000 ergeben sich aus WE 5.000.000 Transaktionspreis – WE 1.500.000 Anschaffungskosten der Aufzüge.)

(b) Umsatzkosten sind WE 500.000 entstandene Kosten + WE 1.500.000 Anschaffungskosten der Aufzüge.

57 Siehe IAS 11.31.

126 | EY Im Fokus: Der neue Standard zur Umsatzrealisierung

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7.2 Übertragung der Verfügungsgewalt zu einem bestimmten Zeitpunkt

Wird bei Leistungsverpflichtungen die Verfügungsgewalt nicht über einen bestimmten Zeitraum übertragen, muss davon ausgegangen werden, dass die Verfügungsgewalt zu einem bestimmten Zeitpunkt

übertragen wird. In vielen Fällen ist die Bestimmung dieses Zeit­punkts verhältnismäßig einfach. In einigen anderen Fällen kann sich dies jedoch auch ausgesprochen schwierig gestalten. Um Unternehmen die Bestimmung, wann ein Kunde die Verfügungs­gewalt über ein bestimmtes Gut oder eine bestimmte Dienstleis­tung erlangt, zu erleichtern, führt der Standard die folgenden Indi­katoren auf:

Auszug aus IFRS 15

38. Wird eine Leistungsverpflichtung gemäß den Paragraphen 35–37 nicht über einen bestimmten Zeitraum erfüllt, so erfüllt ein Unternehmen die Leistungsverpflichtung zu einem bestimmten Zeitpunkt. Um den Zeitpunkt bestimmen zu können, zu dem ein Kunde die Verfügungsgewalt über einen zugesagten Vermögenswert erlangt und das Unternehmen eine Leistungsverpflichtung erfüllt, hat das Unternehmen die Vorschriften zur Verfügungsgewalt in den Paragraphen 31–34 zu beachten. Zusätzlich hat ein Unternehmen u. a. folgende Indikatoren für die Übertragung der Verfügungsgewalt zu berücksichtigen:

(a) Das Unternehmen hat einen gegenwärtigen Anspruch auf Erhalt einer Zahlung für den Vermögenswert: Ist ein Kunde gegen-wärtig dazu verpflichtet, für einen Vermögenswert zu zahlen, so kann dies ein Indikator dafür sein, dass der Kunde im Gegenzug die Fähigkeit erhalten hat, die Nutzung des Vermögenswerts zu bestimmen und im Wesentlichen den verbliebenen Nutzen aus dem Vermögenswert zu ziehen.

(b) Der Kunde hat ein Eigentumsrecht an dem Vermögenswert: Eigentum an einem Vermögenswert kann ein Indikator dafür sein, welche Partei in der Lage ist, die Nutzung des Vermögenswerts zu bestimmen und im Wesentlichen den verbliebenen Nutzen aus dem Vermögenswert zu ziehen oder den Zugang anderer zu diesem Nutzen zu beschränken. Daher kann die Übertragung des Eigentums an einem Vermögenswert ein Indikator dafür sein, dass der Kunde die Verfügungsgewalt über den Vermögenswert erlangt hat. Behält ein Unternehmen das Eigentum nur, um sich gegen einen Zahlungsausfall des Kunden abzusichern, so hindert dieses Eigentumsrecht des Unternehmens den Kunden nicht daran, die Verfügungsgewalt über den Vermögenswert zu erlangen.

(c) Das Unternehmen hat den physischen Besitz des Vermögenswerts übertragen: Ist ein Vermögenswert im physischen Besitz des Kunden, so kann dies ein Indikator dafür sein, dass der Kunde in der Lage ist, die Nutzung des Vermögenswerts zu bestimmen und im Wesentlichen den verbliebenen Nutzen aus dem Vermögenswert zu ziehen oder den Zugang anderer zu diesem Nutzen zu beschränken. In einigen Fällen ist der physische Besitz jedoch nicht gleichbedeutend mit der Verfügungsgewalt über einen Vermögenswert. So kann ein Kunde oder Kommissionär bei einigen Rückkaufvereinbarungen und Kommissionsgeschäften zwar im physischen Besitz eines Vermögenswerts sein, die Verfügungsgewalt über den Vermögenswert hat aber das Unternehmen. Bei sog. Bill-and-hold-Vereinbarungen kann dagegen das veräußernde Unternehmen physisch im Besitz eines Vermögenswerts sein, über den der Kunde allerdings die Verfügungsgewalt hat. Die Paragraphen B64–B76, B77–B78 und B79–B82 enthalten Anwendungsleitlinien für die Bilanzierung von Rückkauf-, Kommissions- und Bill-and-hold-Vereinbarungen.

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Keiner der obigen Indikatoren gibt für sich genommen darüber Aufschluss, ob der Kunde die Verfügungsgewalt über das Gut oder die Dienstleistung erlangt hat. Bei der Beurteilung, ob die Verfügungsgewalt auf einen Kunden übertragen wurde, hat ein Unternehmen alle relevanten Fakten und Umstände zu berück­sichtigen. Die Boards stellen ferner klar, dass die Indikatoren nicht als Checkliste zu verstehen sind. Es müssen ferner nicht alle Indikatoren vorliegen, damit ein Unternehmen zu dem Schluss kommt, dass der Kunde die Verfügungsgewalt erlangt hat. Die Indikatoren sind vielmehr Faktoren, die oftmals gegeben sind, wenn ein Kunde die Verfügungsgewalt über einen Vermögens­wert erlangt hat – und die Auflistung soll Unternehmen bei der Bestimmung des Zeitpunkts der Übertragung der Verfügungs-gewalt helfen.

Erfüllung der Leistungsverpflichtungen7

Auszug aus IFRS 15 | Fortsetzung

(d) Die mit dem Eigentum an dem Vermögenswert verbundenen wesentlichen Risiken und Chancen wurden auf den Kunden übertragen: Die Übertragung der mit dem Eigentum an dem Vermögenswert verbundenen wesentlichen Risiken und Chancen auf den Kunden kann ein Indikator dafür sein, dass der Kunde die Fähigkeit erhalten hat, die Nutzung des Ver­mögenswerts zu bestimmen und im Wesentlichen den ver­bliebenen Nutzen aus dem Vermögenswert zu ziehen. Bei der Bewertung der mit dem Eigentum an einem zugesagten Vermögenswert verbundenen Risiken und Chancen hat ein Unternehmen jedoch jegliche Risiken unberücksichtigt zu lassen, die zusätzlich zu der Leistungsverpflichtung, den Ver­mögenswert zu übertragen, eine separate Leistungsver­pflichtung begründen. Ein Unternehmen kann beispielsweise die Verfügungsgewalt über einen Vermögenswert bereits auf einen Kunden übertragen haben, hat aber noch nicht die zusätzliche Leistungsverpflichtung erfüllt, Wartungsar­beiten für den übertragenen Vermögenswert zu erbringen.

(e) Der Kunde hat den Vermögenswert abgenommen: Die Ab­nahme eines Vermögenswerts durch den Kunden kann ein Indikator dafür sein, dass dieser die Fähigkeit erhalten hat, die Nutzung des Vermögenswerts zu bestimmen und im Wesentlichen den verbliebenen Nutzen aus dem Vermögens­wert zu ziehen. Um die Auswirkungen einer vertraglichen Kundenabnahmeklausel auf den Zeitpunkt der Übertragung der Verfügungsgewalt über einen Vermögenswert einschät­zen zu können, hat ein Unternehmen die Anwendungsleit-linien in den Paragraphen B83–B86 zu berücksichtigen.

128 | EY Im Fokus: Der neue Standard zur Umsatzrealisierung

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Auszug aus IFRS 15

Beispiel 17 – Beurteilung, ob eine Leistungsverpflichtung zu einem bestimmten Zeitpunkt oder über einen bestimmten Zeitraum erfüllt wird (IFRS 15.IE81–IE90)

Ein Unternehmen entwickelt einen Wohnkomplex mit mehreren Wohneinheiten. Ein Kunde schließt mit dem Unternehmen einen verbindlichen Kaufvertrag über eine bestimmte im Bau befindliche Einheit. Jede Einheit hat einen ähnlichen Grundriss und eine ähnliche Größe, andere Merkmale der Einheit sind jedoch unterschiedlich (z. B. die Lage der Wohneinheit innerhalb des Wohnkomplexes).

Fall A – Das Unternehmen hat keinen Rechtsanspruch auf Bezahlung der bereits erbrachten Leistungen.Der Kunde zahlt mit Vertragsabschluss eine Kaution, die nur erstattet wird, wenn das Unternehmen es versäumt, den Bau der Einheit vertragsgemäß fertigzustellen. Der Rest des vertraglich vereinbarten Preises ist mit der Erfüllung des Vertrags zahlbar, wenn die Einheit in den physischen Besitz des Kunden übergeht. Wird der Kunde vor Fertigstellung der Einheit in Hinblick auf den Vertrag zahlungsunfähig, so darf das Unternehmen nur die Kaution einbehalten.

Bei Vertragsbeginn wendet das Unternehmen Paragraph 35(c) des IFRS 15 an, um zu bestimmen, ob die Zusage für den Bau und die Übertragung der Einheit an den Kunden eine über einen bestimmten Zeitraum erfüllte Leistungsverpflichtung ist. Das Unternehmen stellt fest, dass es keinen Rechtsanspruch auf Bezahlung der bereits erbrachten Leistung hat, da es, bis der Bau der Einheit vollendet ist, nur das Recht hat, die durch den Kunden gezahlte Kaution einzubehalten. Da das Unternehmen keinen Anspruch auf Bezahlung der bereits erbrachten Leistungen hat, ist die Leistungsverpflichtung des Unternehmens keine über einen bestimmten Zeitraum zu erfüllende Leistungsverpflichtung gemäß Paragraph 35(c) des IFRS 15. Das Unternehmen bilanziert den Verkauf der Einheit statt­dessen als eine zu einem bestimmten Zeitpunkt zu erfüllende Leistungsverpflichtung gemäß Paragraph 38 des IFRS 15.

Fall B – Das Unternehmen hat einen Rechtsanspruch auf Bezahlung der bereits erbrachten Leistungen.Der Kunde zahlt mit Vertragsabschluss eine nicht erstattungsfähige Kaution und wird während des Baus der Einheit an den Baufort­schritt geknüpfte Zahlungen leisten. Der Vertrag enthält wesentliche Bedingungen, die das Unternehmen daran hindern, die Einheit für einen anderen Kunden vorzusehen. Zudem ist der Kunde nicht berechtigt, den Vertrag zu kündigen, es sei denn, das Unternehmen versäumt es, die zugesagten Leistungen zu erbringen. Gerät der Kunde mit der Erfüllung seiner Verpflichtungen in Verzug, indem er die zugesagten Zahlungen nach Baufortschritt nicht in der fälligen Höhe und zum fälligen Zeitpunkt leistet, so hat das Unternehmen einen Anspruch auf die gesamte im Vertrag zugesagte Vergütung, wenn es den Bau der Einheit abschließt. Die Gerichte haben in der Vergangenheit ähnliche Rechte bestätigt, die Entwickler berechtigen, von Kunden die Leistungserbringung zu fordern, wenn das Unternehmen seine Verpflichtungen vertragsgemäß erfüllt.

Bei Vertragsbeginn wendet das Unternehmen Paragraph 35(c) des IFRS 15 an, um zu bestimmen, ob die Zusage für den Bau und die Übertragung der Einheit an den Kunden eine über einen bestimmten Zeitraum zu erfüllende Leistungsverpflichtung ist. Das Unternehmen bestimmt, dass der durch die Leistung des Unternehmens geschaffene Vermögenswert (die Einheit) keinen alternativen Nutzen für das Unternehmen hat, da der Vertrag das Unternehmen daran hindert, die angegebene Einheit auf einen anderen Kunden zu übertragen. Das Unternehmen berücksichtigt bei der Beurteilung, ob es in der Lage ist, den Vermögenswert auf einen anderen Kunden zu übertragen, nicht die Möglichkeit einer Vertragskündigung.

Der Standard enthält das folgende Beispiel zur Veranschau lichung der Umsatzrealisierung über einen bestimmten Zeitraum (siehe Abschnitt 7.1) und zu einem bestimmten Zeitpunkt (siehe Abschnitt 7.2):

129EY Im Fokus: Der neue Standard zur Umsatzrealisierung |

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Erfüllung der Leistungsverpflichtungen7

Auszug aus IFRS 15 | Fortsetzung

Das Unternehmen hat außerdem einen Anspruch auf Bezahlung der bereits erbrachten Leistungen in Übereinstimmung mit den Paragraphen 37 und B9–B13 des IFRS 15. Denn sollte der Kunde mit der Erfüllung seiner Verpflichtungen in Verzug geraten, so hätte das Unternehmen einen Rechtsanspruch auf die gesamte vertraglich vereinbarte Vergütung, sofern es seine Leistungen weiterhin wie zugesagt erbringt.

Die Vertragsbedingungen und die Praxis in der Rechtsprechung bestätigen zudem den Anspruch auf Bezahlung der bereits erbrach­ten Leistungen. Die Kriterien von Paragraph 35(c) des IFRS 15 sind folglich erfüllt, und das Unternehmen hat eine Leistungsver­pflichtung, die es über einen bestimmten Zeitraum erbringt. Das Unternehmen erfasst den Umsatz aus der über einen bestimmten Zeitraum zu erbringenden Leistung, indem es in Übereinstimmung mit den Paragraphen 39–45 und B14–B19 des IFRS 15 den Fort­schritt der Leistungserbringung im Vergleich mit der vollständigen Erfüllung der Leistungsverpflichtung bestimmt.

Im Rahmen des Baus eines Wohnkomplexes mit mehreren Wohneinheiten hat das Unternehmen gegebenenfalls viele Verträge mit einzelnen Kunden für den Bau einzelner Einheiten innerhalb des Komplexes. In diesem Fall würde das Unternehmen jeden Vertrag separat bilanzieren. Je nach Art des Baus könnte es jedoch erforderlich sein, bei der Ermittlung des Leistungsfortschritts auf Basis der bisher angefallenen Kosten auf Einzelvertragsebene auch die Leistungen des Unternehmens bei der Durchführung der anfäng-lichen Bauarbeiten (d. h. das Fundament und die Basisstruktur des Komplexes) sowie beim Bau von Gemeinschaftsbereichen zu berücksichtigen.

Fall C – Das Unternehmen hat einen Rechtsanspruch auf Bezahlung der bereits erbrachten Leistungen.Für Fall C gelten die gleichen Fakten wie für Fall B – mit der Ausnahme, dass, sollte der Kunde in Verzug geraten, das Unternehmen entweder vom Kunden fordern kann, seine vertraglich vereinbarten Leistungen zu erbringen, oder das Unternehmen den Vertrag im Gegenzug für den im Bau befindlichen Vermögenswert und einen Anspruch auf eine Strafzahlung in Höhe eines Teils des vertraglich vereinbarten Preises stornieren kann.

Unbeschadet der Tatsache, dass das Unternehmen den Vertrag stornieren könnte (in diesem Fall wäre die Verpflichtung des Kunden gegenüber dem Unternehmen darauf beschränkt, die Verfügungsgewalt über den teilweise fertiggestellten Vermögenswert auf das Unternehmen zu übertragen und die beschriebene Strafzahlung zu leisten), hat das Unternehmen einen Anspruch auf Bezahlung der bereits erbrachten Leistungen, da das Unternehmen sich auch entscheiden könnte, seinen Anspruch auf Zahlung der vertraglich ver­einbarten Gesamtvergütung durchzusetzen. Die Tatsache, dass das Unternehmen in dem Fall, dass der Kunde mit der Erfüllung seiner Verpflichtungen in Verzug gerät, die Wahl hat, den Vertrag zu stornieren, würde sich nicht auf diese Beurteilung auswirken (siehe Paragraph B11 des IFRS 15), sofern die Rechte des Unternehmens, vom Kunden zu fordern, weiter seine vertraglichen Verpflichtungen zu erfüllen (d. h. Zahlung der zugesagten Vergütung), durchsetzbar sind.

130 | EY Im Fokus: Der neue Standard zur Umsatzrealisierung

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7.3 Rückkaufvereinbarungen

Manche Verträge beinhalten Rückkaufvereinbarungen, die ent-weder als Bestandteil eines Kaufvertrags oder als separater Vertrag ausgestaltet sind, der sich auf die im ursprünglichen Vertrag vereinbarten Güter oder auf ähnliche Güter bezieht. Der Standard spezifiziert die Arten von Verträgen, die als Rückkaufvereinba­rungen gelten:

Auszug aus IFRS 15

B64. Eine Rückkaufvereinbarung ist ein Vertrag, mit dem ein Unternehmen einen Vermögenswert verkauft und außerdem zusagt oder die Option hat (entweder in demselben oder in einem anderen Vertrag), den Vermögenswert zurückzuerwer­ben. Der zurückerworbene Vermögenswert kann der Vermö­genswert sein, der ursprünglich an den Kunden verkauft wurde, ein Vermögenswert, der diesem Vermögenswert im Wesent­lichen gleicht, oder ein anderer Vermögenswert, der ein Bestand­teil des ursprünglich verkauften Vermögenswerts ist.

B65. Rückkaufvereinbarungen gibt es im Allgemeinen in drei Formen:

(a) eine Verpflichtung eines Unternehmens, den Vermögens­wert zurückzuerwerben (ein Termingeschäft);

(b) ein Recht eines Unternehmens, den Vermögenswert zurückzuerwerben (eine Kaufoption); und

(c) eine Verpflichtung eines Unternehmens, den Vermö-genswert auf Anfrage des Kunden zurückzuerwerben (eine Verkaufsoption).

7.3.1 Termingeschäft oder vom Unternehmen gehaltene Kaufoption

Wenn ein Unternehmen die unbedingte Verpflichtung oder das unbedingte Recht hat, einen Vermögenswert zurückzuerwerben, dann – so stellt der Standard eindeutig klar – hat der Kunde nicht die Verfügungsgewalt über den Vermögenswert erlangt. Der Stan­dard enthält hierfür folgende Anwendungsleitlinie:

Auszug aus IFRS 15

B66. Hat ein Unternehmen eine Verpflichtung oder ein Recht, den Vermögenswert zurückzuerwerben (Termingeschäft oder Kaufoption), so erlangt ein Kunde nicht die Verfügungsgewalt über den Vermögenswert, da der Kunde nur eingeschränkt in der Lage ist, die Nutzung des Vermögenswerts zu bestimmen und im Wesentlichen den verbliebenen Nutzen aus dem Vermögens­wert zu ziehen, auch wenn der Kunde physisch im Besitz des Ver­mögenswerts ist. Das Unternehmen hat den Vertrag daher bilan­ziell auf eine der beiden folgenden Arten abzubilden:

(a) als ein Leasingverhältnis gemäß IAS 17 Leasingverhältnisse, wenn das Unternehmen berechtigt oder verpflichtet ist, den Vermögenswert für einen Betrag zurückzuerwerben, der unter dem ursprünglichen Verkaufspreis des Vermögens­werts liegt; oder

(b) als eine Finanzierungsvereinbarung gemäß Paragraph B68, wenn das Unternehmen berechtigt oder verpflichtet ist, den Vermögenswert für einen Betrag zurückzuerwerben, der dem ursprünglichen Verkaufspreis des Vermögenswerts entspricht oder darüber liegt.

131EY Im Fokus: Der neue Standard zur Umsatzrealisierung |

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Die Anwendungsleitlinie gemäß obigem Auszug gibt vor, dass ein Unternehmen eine Transaktion, die ein Termingeschäft oder eine Kaufoption enthält, auf Basis des Verhältnisses zwischen dem Rückkaufpreis und dem ursprünglichen Verkaufspreis zu bilanzieren hat.

Gemäß dem Standard hat das Unternehmen eine Transaktion als Leasingverhältnis gemäß IAS 17 zu bilanzieren, wenn es berech­tigt oder verpflichtet ist, den Vermögenswert zu einem Preis zu­rückzuerwerben, der unter dem ursprünglichen Verkaufspreis liegt (unter Berücksichtigung des Zinseffekts), es sei denn, der Vertrag ist Teil einer Sale-and-lease-back-Transaktion. Ist das Unterneh­men berechtigt oder verpflichtet, den Vermögenswert zu einem Preis zurückzuerwerben, der dem ursprünglichen Verkaufspreis entspricht oder darüber liegt (unter Berücksichtigung des Zins-effekts), so hat die Bilanzierung als Finanzierungsvereinbarung zu erfolgen.

Ist eine Transaktion gemäß IFRS 15 als Finanzierungsvereinbarung anzusehen, so würde das verkaufende Unternehmen den Vermö­genswert weiterhin in seiner Bilanz ausweisen und zusätzlich eine finanzielle Verbindlichkeit in Höhe der vom Kunden erhaltenen Gegenleistung erfassen. Die Differenz zwischen der vom Kunden erhaltenen Gegenleistung und der (bei Rückkauf des Vermögens­werts) an den Kunden zu zahlenden Gegenleistung stellt die Zins-aufwendungen dar, die über die Laufzeit der Finanzierungsverein­barung erfasst werden. Wird die Option nicht ausgeübt und verfällt, so bucht das Unternehmen die Verbindlichkeit aus und erfasst zum gegebenen Zeitpunkt den entsprechenden Umsatz.

Änderungen gegenüber den derzeit geltenden IFRS

In Übereinstimmung mit den gegenwärtigen IFRS-Vorschriften schreibt der neue Standard vor, dass eine Rückkaufvereinbarung zusammen mit dem ursprünglichen Kaufvertrag als eine Verein-barung auszuweisen ist, wenn sie in einer Art und Weise mit-einander verknüpft sind, dass sich der wirtschaftliche Gehalt der Vereinbarung nur unter Berücksichtigung der Gesamtheit der vereinbarten Transaktionen erschließt.58 Die Vorschrift, beide Transaktionen zusammenzufassen, würde sich daher für die meisten Unternehmen nicht ändern.

Die Vorschrift des neuen Standards, zwischen Rückkaufvereinbarun­gen zu unterscheiden, die ihrem wirtschaftlichen Gehalt nach

entweder Leasingverhältnisse oder Finanzierungsvereinbarungen darstellen, deckt sich im Wesentlichen mit den derzeit geltenden IFRS.

Gemäß IAS 18 sind die Bedingungen der Absprache hinsichtlich des wirtschaftlichen Gehalts dahin gehend zu überprüfen, ob der Veräußerer die Risiken und Verwertungschancen des Eigentums auf den Käufer übertragen hat.59

IAS 18 beinhaltet jedoch keine spezifischeren Vorgaben zu der Frage, wie Rückkaufvereinbarungen, die Finanzierungsvereinba­rungen darstellen, zu bilanzieren sind, sondern weist nur darauf hin, dass derartige Vereinbarungen keine Umsatzerfassung aus­lösen. Deshalb könnten die Bestimmungen in IFRS 15 für einige Unternehmen eine wesentliche Änderung ihrer Bilanzierungspraxis herbeiführen.

Unsere Sichtweise Nach unserer Überzeugung könnten die Vorschriften für Rück­kaufvereinbarungen für einige Unternehmen eine wesentliche Änderung ihrer Bilanzierungspraxis herbeiführen, da die gegen­wärtigen IFRS diesbezüglich nur sehr wenige Anwendungsleit­linien enthalten.

Unternehmen könnten bei der praktischen Anwendung der Vor­schriften auf Probleme stoßen, da der Standard alle Termin­geschäfte und Kaufoptionen gleich behandelt und nicht berück­sichtigt, inwieweit eine Ausübung wahrscheinlich ist. Bei bestimmten Transaktionen kann ein Unternehmen beispiels­weise das unbedingte Recht haben, den Vermögenswert zu einem Preis zurückzuerwerben, der dem ursprünglichen Ver­kaufspreis entspricht oder darüber liegt. So sind einige Luxus­designer berechtigt, ihre Produkte zu einem Preis zurückzu-erwerben, der dem ursprünglichen Verkaufspreis entspricht. Diese Kaufoption dient indes im Allgemeinen (nur) als Schutz­recht in Bezug auf den Ruf der Marke, wobei die Wahrschein­lichkeit, dass ein Designer die Option ausübt, gering ist. Gemäß dem Standard müsste der Designer dennoch alle Transaktio­nen – also auch diese Kaufoption – als Finanzierungsvereinba­rung bilanzieren.

Erfüllung der Leistungsverpflichtungen7

58 Siehe IAS 18.13 und SIC-27.59 Siehe IAS 18.IE5.

132 | EY Im Fokus: Der neue Standard zur Umsatzrealisierung

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Der Standard enthält folgendes Beispiel einer Kaufoption:

Auszug aus IFRS 15

Beispiel 62 – Rückkaufvereinbarungen (IFRS 15.IE315–IE318)

Ein Unternehmen schließt mit einem Kunden einen Vertrag über den Verkauf eines materiellen Vermögenswerts zum 1. Januar 20X7 für WE 1 Mio.

Fall A – Kaufoption: FinanzierungDer Vertrag beinhaltet eine Kaufoption, die das Unternehmen berechtigt, den Vermögenswert am oder vor dem 31. Dezember 20X7 für WE 1,1 Mio. zurückzuerwerben.

Die Verfügungsgewalt über den Vermögenswert geht nicht am 31. Dezember 20X7 auf den Kunden über, da das Unternehmen berechtigt ist, den Vermögenswert zurückzuerwerben, und der Kunde daher nur eingeschränkt in der Lage ist, die Nutzung des Vermögenswerts zu bestimmen und im Wesentlichen den verblie­benen Nutzen aus dem Vermögenswert zu ziehen. Das Unterneh­men bilanziert die Transaktion folglich gemäß Paragraph B66(b) des IFRS 15 als Finanzierungsvereinbarung, da der Ausübungs-preis über dem ursprünglichen Verkaufspreis liegt. Gemäß Para­graph B68 des IFRS 15 bucht das Unternehmen den Vermö­genswert nicht aus, sondern erfasst den Zahlungsmittelzufluss als finanzielle Verbindlichkeit. Zudem erfasst das Unterneh­men Zins aufwendungen in Höhe der Differenz zwischen dem Ausübungs preis (WE 1,1 Mio.) und den erhaltenen Zahlungsmit­teln (WE 1 Mio.), der die Verbindlichkeit entsprechend erhöht.

Am 31. Dezember 20X7 verfällt die Option, ohne ausgeübt wor­den zu sein. Entsprechend bucht das Unternehmen die Verbind­lichkeit aus und erfasst Umsatzerlöse in Höhe von WE 1,1 Mio.

7.3.2 Vom Kunden gehaltene geschriebene VerkaufsoptionIst der Kunde berechtigt, von einem Unternehmen den Rück­kauf eines Vermögenswerts zu einem niedrigeren Preis als dem ursprünglichen Verkaufspreis zu verlangen (Verkaufsoption),

so hat das Unternehmen gemäß IFRS 15 bei Vertragsbeginn zu bestimmen, ob der Kunde einen wesentlichen wirtschaftlichen Anreiz hat, dieses Recht auszuüben – d. h., diese Bestimmung entscheidet letztlich darüber, ob der Kunde tatsächlich die Ver-fügungsgewalt über den erhaltenen Vermögenswert erlangt hat.

Die Bestimmung, ob ein Kunde einen wesentlichen wirtschaftli­chen Anreiz hat, sein Recht auszuüben, entscheidet somit darüber, ob die Vereinbarung als Leasingverhältnis oder als Verkauf mit Rückgaberecht zu behandeln ist (siehe 5.2.2). Ein Unternehmen muss alle relevanten Fakten und Umstände im jeweiligen Einzel­fall berücksichtigen, anhand derer bestimmt werden kann, ob ein Kunde einen wesentlichen wirtschaftlichen Anreiz zur Ausübung seiner Verkaufsoption hat; dazu zählen auch das Verhältnis zwi­schen dem Rückkaufpreis und dem voraussichtlichen künftigen Marktwert des Vermögenswerts zum Rückkaufzeitpunkt sowie die Dauer des Zeitraums bis zum Ablauf der Option. Gemäß dem Standard besteht aus Sicht von Kunden dann ein wesentlicher wirtschaftlicher Anreiz zur Ausübung einer Verkaufsoption, wenn zu erwarten ist, dass der Rückkaufpreis den (geschätzten) Markt­wert des Vermögenswerts im Zeitpunkt der Optionsausübung deutlich überschreitet:

• Besteht für einen Kunden ein wesentlicher wirtschaftlicher An­reiz, sein Recht auszuüben, so ist zu erwarten, dass der Kunde den Vermögenswert letztendlich zurückgibt. Das Unterneh­men bilanziert die zugrunde liegende Vereinbarung als Leasing­verhältnis, da der Kunde das Unternehmen für das Recht bezahlt, den Vermögenswert für einen bestimmten Zeitraum zu nutzen. Wäre der Vertrag indes Teil einer Sale-and-lease-back-Trans-aktion, so würde er als Finanzierungsvereinbarung bilanziert.

• Besteht für einen Kunden kein wesentlicher wirtschaftlicher Anreiz, sein Recht auszuüben, so bilanziert das Unternehmen die Vereinbarung in ähnlicher Weise wie den Verkauf eines Produkts mit Rückgaberecht. Der Rückkaufpreis eines Vermö­genswerts, der dem ursprünglichen Verkaufspreis entspricht oder darüber liegt, jedoch unter dem voraussichtlichen Markt­wert des Vermögenswerts liegt oder diesem entspricht, ist ebenfalls als Verkauf eines Produkts mit Rückgaberecht zu bilanzieren, falls für den Kunden kein wesentlicher wirtschaft-licher Anreiz besteht, sein Recht auszuüben. Siehe Abschnitt 5.2.2 für weitere Erläuterungen zu Verkäufen mit Rückgaberecht.

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Hat ein Kunde das Recht, von einem Unternehmen den Rück­kauf des Vermögenswerts zu einem Preis zu verlangen, der dem ursprünglichen Verkaufspreis entspricht oder darüber liegt, und liegt der Rückkaufpreis über dem voraussichtlichen Markt­wert des Vermögenswerts, so handelt es sich bei dem Vertrag um eine Finanzierungsvereinbarung. Der Standard enthält fol­gende Anwendungsleitlinien in Bezug auf die Bilanzierung einer Finanzierungsvereinbarung:

Auszug aus IFRS 15

B73. Entspricht der Rückkaufpreis des Vermögenswerts dem ursprünglichen Verkaufspreis oder liegt darüber, und liegt er über dem voraussichtlichen Marktwert des Vermögenswerts, so ist der Vertrag eine Finanzierungsvereinbarung und daher wie in Paragraph B68 beschrieben zu bilanzieren.

B74. Entspricht der Rückkaufpreis des Vermögenswerts dem ursprünglichen Verkaufspreis oder liegt darüber, und liegt er unter dem voraussichtlichen Marktwert des Vermögenswerts oder entspricht diesem, und besteht für den Kunden kein wesent­licher wirtschaftlicher Anreiz, sein Recht auszuüben, so hat das Unternehmen die Vereinbarung so zu bilanzieren wie den Verkauf eines Produkts mit Rückgaberecht gemäß Beschrei­bung in den Paragraphen B20–B27.

Der Standard enthält folgendes Beispiel einer Verkaufsoption:

Auszug aus IFRS 15

Beispiel 62 – Rückkaufvereinbarungen (IFRS 15.IE315, IE319–IE321)

Ein Unternehmen schließt mit einem Kunden einen Vertrag über den Verkauf eines materiellen Vermögenswerts zum 1. Januar 20X7 für WE 1 Mio.

Fall B – Verkaufsoption: Leasingverhältnis Statt einer Kaufoption enthält der Vertrag eine Verkaufsop­tion, die das Unternehmen verpflichtet, den Vermögenswert auf Verlangen des Kunden für WE 900.000 am oder vor dem 31. Dezember 20X7 zurückzuerwerben. Es wird erwartet, dass der Marktwert am 31. Dezember 20X7 bei WE 750.000 liegen wird.

Zu Vertragsbeginn beurteilt das Unternehmen, ob für den Kun­den ein wesentlicher wirtschaftlicher Anreiz zur Ausübung der Verkaufsoption besteht, um zu bestimmen, wie die Über­tragung des Vermögenswerts zu bilanzieren ist (siehe Para­graphen B70–B76 des IFRS 15). Das Unternehmen kommt zu dem Schluss, dass für den Kunden ein wesentlicher wirtschaft­licher Anreiz zur Ausübung der Verkaufsoption besteht, da der Rückkaufpreis den voraussichtlichen Marktwert des Ver­mögenswerts zum Zeitpunkt des Rückkaufs deutlich über­schreitet. Das Unternehmen entscheidet, dass keine anderen relevanten Faktoren vorliegen, die bei der Beurteilung, ob für den Kunden ein wesentlicher wirtschaftlicher Anreiz zur Ausübung der Verkaufsoption besteht, zu berücksichtigen wären. Daher beschließt das Unternehmen, dass die Verfü­gungsgewalt über den Vermögenswert nicht auf den Kunden übergeht, da der Kunde nur eingeschränkt in der Lage ist, die Nutzung des Vermögenswerts zu bestimmen und im Wesent­lichen den verbliebenen Nutzen aus ihm zu ziehen.

Gemäß den Paragraphen B70–B71 des IFRS 15 bilanziert das Unternehmen die Transaktion als Leasingverhältnis nach IAS 17 Leasingverhältnisse.

Erfüllung der Leistungsverpflichtungen7

Unsere Sichtweise Der neue Standard enthält zwar Anwendungsleitlinien in Bezug auf geschriebene Verkaufsoptionen, für die es in den IFRS bislang nur fragmentarische Anwendungsleitlinien gibt. Er führt aber nicht näher aus, wie „ein wesentlicher wirt­schaftlicher Anreiz“ festzustellen ist. Für diese Feststellung bedarf es daher einer Ermessensentscheidung.

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7.3.3 Verkauf mit RestwertgarantieEin Unternehmen, das maschinelle Anlagen verkauft, kann ein Pro­gramm zur Verkaufsförderung auflegen, bei dem es dem Kunden garantiert, dass er bei Veräußerung einer maschinellen Anlage einen bestimmten Mindestwiederverkaufswert erhält. Gemäß dem Standard darf das Unternehmen im Allgemeinen keinen Verkauf ausweisen, wenn es einen Wiederverkaufswert garantiert, sondern es muss die Vereinbarung als Leasingverhältnis bilanzieren.

Das Unternehmen kann jedoch in Abhängigkeit davon, ob die Vorschriften zu Rückkaufvereinbarungen Anwendung finden, zu dem Schluss gelangen, dass eine Behandlung als Verkauf zulässig ist. Wird die Restwertgarantie beispielsweise über eine Verkaufsoption innerhalb des Vertrags erbracht (z. B. der Kunde hat das Recht, vom Unternehmen zu verlangen, eine maschinelle Anlage zwei Jahre nach dem Kaufdatum zu 85 % des ursprüng-lichen Kaufpreises zurückzuerwerben), so müsste das Unterneh­men mithilfe der Anwendungsleitlinie im Standard bestimmen, ob der Kunde vor dem Hintergrund der Verkaufsoption keine Ver­fügungsgewalt über den erworbenen Gegenstand erlangt. In solchen Fällen bestimmt das Unternehmen, ob für den Kunden ein wesentlicher wirtschaftlicher Anreiz besteht, sein Verkaufsrecht auszuüben. Gelangt das Unternehmen zu der Feststellung, dass ein solcher wesentlicher wirtschaftlicher Anreiz nicht vorliegt, so würde die Transaktion gemäß dem Standard als Verkauf bilan­ziert. Kommt das Unternehmen indes zu dem Schluss, dass beim Kunden ein wesentlicher wirtschaftlicher Anreiz zur Ausübung seines Rechts besteht, so würde die Transaktion wie oben erläu­tert als Leasingverhältnis bilanziert.

Enthält die Transaktion (wie vorstehend skizziert) eine Restwert­garantie (und kein Rückkaufrecht), bei der das Unternehmen eine Erstattung an den Kunden leistet, wenn der künftige Verkaufspreis geringer als 85 % des ursprünglichen Verkaufspreises ist, so ist indes unklar, ob die Anwendungsleitlinie des IFRS 15 zu Rückkaufverein­barungen überhaupt Anwendung findet. Da das Unternehmen den Vermögenswert nämlich im Ergebnis nicht zurückerwirbt, könnte es sein, dass die Anwendungsleitlinie diesbezüglich nicht greift.

Die Transaktion könnte stattdessen als Vereinbarung mit einer variablen Vergütungskomponente betrachtet werden. Obgleich der wirtschaftliche Gehalt einer Rückkaufvereinbarung und der­jenige einer Restwertgarantie vergleichbar sind, kann sich die Bilanzierung also erheblich voneinander unterscheiden.

7.4 Bill-and-hold-VereinbarungenBei einigen Verkaufstransaktionen erfüllt das veräußernde Unter­nehmen seine vertraglichen Verpflichtungen und stellt dem Kun­den den Betrag für die geleistete Arbeit in Rechnung, versendet die Güter jedoch erst zu einem späteren Zeitpunkt. Solche Trans­aktionen werden als „Bill-and-hold-Vereinbarungen“ bezeichnet und in der Regel auf Wunsch des Kunden abgeschlossen. Gründe hierfür können fehlende Lagerkapazitäten oder die Tatsache, dass die Güter erst zu einem späteren Zeitpunkt genutzt werden können, sein.

Änderungen gegenüber den derzeit geltenden IFRS

Die Kriterien für die Beurteilung, ob eine Bill-and-hold-Verein-barung die Voraussetzungen für die Umsatzrealisierung gemäß dem neuen Standard erfüllt, sind mit den derzeitigen IFRS- Bestimmungen vergleichbar.60 Wir gehen davon aus, dass für die meisten Bill-and-hold-Transaktionen, die diese Voraussetzungen nach den derzeit geltenden IFRS erfüllen, keine Änderungen zu erwarten sind. Die Beurteilung, ob Verwahrungsleistungen sepa­rate Leistungsverpflichtungen darstellen (wie in IFRS 15.B80 behandelt), dürfte für IFRS-Anwender hingegen neu sein, da die­ser Aspekt in IAS 18 nicht behandelt wird.

60 Siehe IAS 18.IE1.

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Der Standard enthält in Bezug auf solche Vereinbarungen die folgenden Anwendungsleitlinien sowie nachfolgendes Beispiel:

Erfüllung der Leistungsverpflichtungen7

Auszug aus IFRS 15

B79. Eine Bill-and-hold-Vereinbarung ist ein Vertrag, bei dem ein Unternehmen einem Kunden ein Produkt in Rechnung stellt, jedoch im physischen Besitz des Produkts bleibt, bis es zu einem künftigen Zeitpunkt auf den Kunden übertragen wird. Ein Kunde könnte ein Unternehmen beispielsweise um den Abschluss eines solchen Vertrags bitten, da ihm zum gegebenen Zeitpunkt die notwendigen Lagerkapazitäten für das Produkt fehlen oder es bei ihm in der Fertigung zu Verzögerungen gekommen ist.

B80. Ein Unternehmen stellt fest, wann es seine Leistungsverpflichtung zur Übertragung eines Produkts erfüllt hat, indem es beur­teilt, wann der Kunde die Verfügungsgewalt über das Produkt erlangt (siehe Paragraph 38). Bei manchen Verträgen wird die Ver-fügungsgewalt entweder bei Anlieferung des Produkts am Standort des Kunden oder mit dem Versand des Produkts übertragen, je nach Vertragsbedingungen (einschließlich Liefer- und Versandbedingungen). Bei anderen Verträgen hingegen erlangt der Kunde die Verfügungsgewalt über das Produkt auch dann, wenn dieses sich noch im physischen Besitz des Unternehmens befindet. In diesem Fall ist der Kunde in der Lage, die Nutzung des Produkts zu bestimmen und im Wesentlichen den verbliebenen Nutzen aus ihm zu ziehen, obwohl er entschieden hat, sein Recht, das Produkt physisch in Besitz zu nehmen, nicht auszuüben. Das Unternehmen hat folglich nicht die Verfügungsgewalt über das Produkt, sondern bietet dem Kunden Verwahrungsleistungen für dessen Vermögenswert.

B81. Zusätzlich zur Anwendung der Bestimmungen des Paragraphen 38 müssen alle folgenden Kriterien erfüllt sein, damit ein Kunde im Rahmen einer Bill-and-hold-Vereinbarung die Verfügungsgewalt über ein Produkt erlangt hat:

(a) der Grund für die Bill-and-hold-Vereinbarung muss plausibel sein (z. B. der Kunde hat um den Abschluss der Vereinbarung gebeten);

(b) das Produkt muss eindeutig als dem Kunden gehörend identifiziert werden;

(c) das Produkt muss zur physischen Übergabe an den Kunden bereit sein; und

(d) das Unternehmen kann das Produkt nicht selbst nutzen oder für einen anderen Kunden bestimmen.

B82. Erfasst ein Unternehmen Umsatz für den Verkauf eines Produkts auf Basis einer Bill-and-hold-Vereinbarung, so muss das Unternehmen berücksichtigen, ob es noch verbleibende Leistungsverpflichtungen (z. B. für Verwahrungsleistungen) gemäß den Paragraphen 22–30 hat, denen es einen Teil des Transaktionspreises gemäß den Paragraphen 73–86 zuordnen muss.

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Auszug aus IFRS 15

Beispiel 63 — Bill-and-hold-Vereinbarung (IFRS 15.IE323–IE327)

Ein Unternehmen schließt mit einem Kunden am 1. Januar 20X8 einen Vertrag über den Verkauf einer Maschine mit Ersatzteilen. Die Vorlaufzeit für die Fertigung der Maschine und der Ersatzteile beträgt zwei Jahre.

Bei Abschluss der Fertigung demonstriert das Unternehmen, dass die Maschine und die Ersatzteile die vertraglich vereinbarten Spezifikationen erfüllen. Die Zusagen zur Übertragung der Maschine und der Ersatzteile sind einzeln abgrenzbar und resultieren in zwei Leistungsverpflichtungen, die jeweils zu einem bestimmten Zeitpunkt erfüllt werden. Am 31. Dezember 20X9 bezahlt der Kunde die Maschine und die Ersatzteile, erlangt jedoch nur von der Maschine physischen Besitz. Der Kunde inspiziert die Ersatzteile und nimmt sie ab, bittet jedoch trotzdem darum, dass die Ersatzteile im Lager des Unternehmens aufbewahrt werden, da dies in unmittelbarer Nähe des Werks des Kunden liegt. Der Kunde besitzt das Eigentumsrecht an den Ersatzteilen und die Teile können als dem Kunden gehörend identifiziert werden. Des Weiteren lagert das Unternehmen die Ersatzteile in einem separaten Abschnitt seines Lagers und die Teile stehen für eine sofortige Auslieferung nach Aufforderung durch den Kunden bereit. Das Unternehmen erwartet, die Ersatzteile für zwei bis vier Jahre zu halten, und ist nicht in der Lage, die Ersatzteile selbst zu nutzen oder für einen anderen Kunden zu bestimmen.

Das Unternehmen identifiziert die Zusage zur Erbringung von Verwahrungsleistungen als eine Leistungsverpflichtung, da es eine für den Kunden erbrachte Leistung ist und sie von der Maschine und den Ersatzteilen abgrenzbar ist. Daher bilanziert das Unternehmen drei Leistungsverpflichtungen aus dem Vertrag (die Zusagen zur Lieferung der Maschine bzw. der Ersatzteile sowie die Zusage zur Erbringung der Verwahrungsleistungen). Der Transaktionspreis wird den drei Leistungsverpflichtungen zugeordnet und Umsatz wird erfasst, sobald die Verfügungsgewalt auf den Kunden übergeht.

Die Verfügungsgewalt über die Maschine geht am 31. Dezember 20X9 auf den Kunden über, wenn der Kunde physischen Besitz von der Maschine erlangt. Das Unternehmen beurteilt die Indikatoren von Paragraph 38 des IFRS 15, um den Zeitpunkt zu bestimmen, an dem die Verfügungsgewalt über die Ersatzteile auf den Kunden übergeht, und beachtet dabei, dass es die Zahlung erhalten hat, dass der Kunde das Eigentumsrecht an den Ersatzteilen hat und dass er die Ersatzteile inspiziert und abgenommen hat. Das Unternehmen gelangt außerdem zu dem Schluss, dass alle Kriterien von Paragraph B81 des IFRS 15 erfüllt und somit die Voraussetzungen für das Unternehmen gegeben sind, Umsatz auf Basis einer Bill-and-hold-Vereinbarung zu erfassen. Das Unternehmen erfasst den Umsatz für die Ersatzteile am 31. Dezember 20X9, also zu dem Zeitpunkt, zu dem die Verfügungsgewalt auf den Kunden übergeht.

Die Leistungsverpflichtung zur Erbringung von Verwahrungsleistungen wird im Zuge der Erbringung der Leistungen über einen bestimmten Zeitraum erfüllt. Das Unternehmen berücksichtigt, ob die Zahlungsbedingungen eine wesentliche Finanzierungskompo­nente gemäß den Paragraphen 60–65 des IFRS 15 enthalten.

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7.5 Abnahme durch den Kunden

Bei der Beurteilung, ob der Kunde die Verfügungsgewalt über das Gut oder die Dienstleistung erlangt hat, muss ein Unter-nehmen alle Abnahmeklauseln berücksichtigen, gemäß denen der Kunde erst dann zur Zahlung verpflichtet ist, wenn er die betreffenden Güter oder Dienstleistungen abgenommen hat. Hierbei kann es sich entweder um einfache vertragliche Bestim­mungen handeln, die lediglich regeln, dass der Kunde die gelie­ferten Güter oder Dienstleistungen auf der Grundlage objektiver und vertraglich festgelegter Kriterien (z. B. dass die gelieferten

Maschinen mit einer festgelegten Geschwindigkeit laufen müssen) abnehmen oder zurückweisen kann, oder um kom­plexe Bedingungen, die subjektiverer Natur sind. Nimmt ein Kunde die Güter oder Dienstleistungen nicht ab, so hat das veräußernde Unternehmen im Allgemeinen keinen Anspruch auf Erhalt einer Gegenleistung. In diesem Fall kann es zur Nachbesserung oder zur Rücknahme der gelieferten Güter verpflichtet sein.

Der Standard enthält die folgenden Anwendungsleitlinien zur Beurteilung von Abnahmeklauseln:

Erfüllung der Leistungsverpflichtungen7

Auszug aus IFRS 15

B83. Gemäß Paragraph 38(e) kann die Abnahme eines Vermögenswerts durch einen Kunden darauf hinweisen, dass der Kunde die Verfügungsgewalt über den Vermögenswert erlangt hat. Kundenabnahmeklauseln ermöglichen es einem Kunden, einen Vertrag zu stornieren, oder verpflichten ein Unternehmen, Abhilfe zu schaffen, sollte ein Gut oder eine Dienstleistung nicht die vereinbarten Spezifikationen erfüllen. Ein Unternehmen muss solche Klauseln bei der Beurteilung, ob ein Kunde die Verfügungsgewalt über ein Gut oder eine Dienstleistung erlangt hat, berücksichtigen.

B84. Wenn ein Unternehmen objektiv belegen kann, dass die Verfügungsgewalt über ein Gut oder eine Dienstleistung in Überein­stimmung mit den vertraglich vereinbarten Produktspezifikationen auf den Kunden übertragen wurde, dann handelt es sich bei der Abnahme durch den Kunden um eine reine Formalität, die die Feststellung des Unternehmens, ob der Kunde die Verfügungsgewalt über das Gut oder die Dienstleistung erlangt hat, nicht beeinflusst. Basiert die Kundenabnahmeklausel beispielsweise darauf, dass bestimmte Größen- und Gewichtsmerkmale eingehalten werden, so kann ein Unternehmen bereits vor Erhalt der Bestätigung der Abnahme durch den Kunden feststellen, ob diese Vorgaben eingehalten wurden. Wenn das Unternehmen Erfahrung mit Verträgen für ähnliche Güter oder Dienstleistungen hat, dann kann dies einen Beleg dafür darstellen, dass ein dem Kunden geliefertes Gut oder eine für den Kunden erbrachte Dienstleistung die vertraglich vereinbarten Spezifikationen erfüllt. Wird der Umsatz bereits vor der Abnahme durch den Kunden erfasst, so muss das Unternehmen trotzdem berücksichtigen, ob es noch verbleibende Leistungsver­pflichtungen gibt (z. B. Installation von Ausrüstung), und beurteilen, ob diese gesondert zu bilanzieren sind.

B85. Wenn ein Unternehmen jedoch nicht objektiv belegen kann, dass das dem Kunden gelieferte Gut oder die für den Kunden erbrachte Dienstleistung den vertraglich vereinbarten Spezifikationen entspricht, dann kann die Feststellung des Unternehmens, ob der Kunde die Verfügungsgewalt erlangt hat, erst dann erfolgen, nachdem das Unternehmen die Bestätigung der Abnahme durch den Kunden erhalten hat, denn in diesem Fall kann das Unternehmen nicht vorher feststellen, ob der Kunde in der Lage ist, die Nutzung des Gutes oder der Dienstleistung zu bestimmen und im Wesentlichen den verbliebenen Nutzen aus dem Gut oder der Dienstleistung zu ziehen.

B86. Liefert ein Unternehmen Produkte zu Test- oder Beurteilungszwecken an einen Kunden, und ist der Kunde nicht verpflichtet, vor Ende des Testzeitraums eine Gegenleistung zu entrichten, so geht die Verfügungsgewalt über das Produkt erst dann auf den Kunden über, wenn er das Produkt abnimmt oder der Testzeitraum endet.

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Die Bestimmung, ob ein Unternehmen die Erfüllung der Abnah­mekriterien objektiv belegen kann, erfordert nicht selten eine fachkundige Beurteilung. Dies entspricht jedoch im Allgemeinen der gegenwärtigen Praxis.

7.6 Lizenzen und Nutzungsrechte

IFRS 15 bietet ein Modell zur Bestimmung des Zeitpunkts des Übergangs der Verfügungsgewalt für Lizenzen über geistiges Eigentum, das sich von den in Abschnitt 7.1 erörterten allgemei­nen Anforderungen unterscheidet. Für alle Lizenzen über geisti­ges Eigentum, die als einzeln abgrenzbar eingestuft werden, gilt diese gesonderte Anwendungsleitlinie. In Abschnitt 8.4 gehen wir näher auf Lizenzen, Nutzungsrechte und die Erfüllung der entsprechenden Leistungsverpflichtungen ein.

7.7 Umsatzerfassung, wenn ein Rückgaberecht besteht

Wie in Abschnitt 4.7 erläutert, stellt ein Rückgaberecht keine separate Leistungsverpflichtung dar. Vielmehr beeinflusst ein Rückgaberecht den Transaktionspreis, und das Unternehmen muss bestimmen, ob der Kunde das übertragene Produkt zurück­geben wird oder nicht.

Nach IFRS 15 hat ein Unternehmen den Transaktionspreis zu schätzen und den Umsatz auf Basis der Beträge zu erfassen, die dem Unternehmen nach seinen Erwartungen bis zum Ablauf der Rückgabefrist zustehen (unter Berücksichtigung erwarteter Produktrückgaben). Das Unternehmen hat dann den Betrag für die erwarteten Produktrückgaben als Rückerstattungsverbindlich­keit zu erfassen, welche die Verpflichtung des Unternehmens zur Rückerstattung der vom Kunden entrichteten Gegenleistung darstellt. Kann das Unternehmen die Wahrscheinlichkeit der Produktrückgabe nicht einschätzen, hat es mit der Erfassung des Umsatzerlöses so lange zu warten, bis eine angemessene Schät­zung der Wahrscheinlichkeit möglich ist. Dies kann auch erst mit Ende der Rückgabefrist der Fall sein. Zudem muss das Unterneh­men seine Schätzungen am Ende jeder Berichtsperiode aktualisie­ren. Weitere Erläuterungen hierzu sind in Abschnitt 5.2.2 enthalten.

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7.8 Nichtinanspruchnahme von Guthaben (breakage) und Vorauszahlungen für künftige Güter oder Dienstleistungen

In bestimmten Branchen kann es vorkommen, dass ein Kunde an ein Unternehmen nicht rückerstattungsfähige Zahlungen für künftig zu erhaltende Güter oder Dienstleistungen leistet, seine diesbezüglichen Ansprüche aber letztendlich nicht geltend macht (breakage). Beispiele hierfür sind Gutscheine, die im Ein­zelhandel verkauft, aber von den Kunden nicht vollständig ein-gelöst werden, oder erworbene Flugtickets, die ungenutzt ver-fallen. Wenn ein Unternehmen eine Gegenleistung erhält, die nicht geltend gemachten Ansprüchen eines Kunden zuzuordnen ist, dann hat es eine vertragliche Verbindlichkeit in Höhe des durch den Kunden vorausgezahlten Betrags zu erfassen. Umsatz-erlöse sind normalerweise (erst dann) zu erfassen, wenn das Unternehmen seine Leistungsverpflichtung erfüllt.

Da Kunden es allerdings häufig versäumen, ihre Ansprüche gel­tend zu machen und von Unternehmen die vollständige Erfüllung ihrer Leistungsverpflichtungen zu verlangen, sind die Boards zu folgendem Schluss gelangt: Erwartet ein Unternehmen Beträge aus einer Nichtinanspruchnahme durch einen Kunden, so sind diese proportional zum Übertragungsmuster der Güter oder Dienst­leistungen als Umsatzerlöse zu erfassen. Andernfalls sind Beträge aus Nichtinanspruchnahmen zu dem Zeitpunkt zu erfassen, zu dem die Wahrscheinlichkeit, dass der Kunde seine Ansprüche geltend macht, als gering (remote) einzustufen ist.

Beträge aus Nichtinanspruchnahmen sind im Kern eine Form variabler Gegenleistungen. Daher müssen Unternehmen bei der Schätzung der entsprechenden Beträge die Beschränkungen zu variablen Gegenleistungen beachten (siehe Abschnitt 5.1). Wenn es also wahrscheinlich ist, dass für geschätzte Beträge aus Nichtinanspruchnahmen eine wesentliche Umsatzstornierung vorzunehmen ist, dann darf ein Unternehmen die entsprechen­den Beträge erst dann erfassen, wenn die Möglichkeit einer Stornierung nicht mehr gegeben ist.

Es ist unklar, ob die Anwendungsleitlinie zu nicht geltend gemach­ten Ansprüchen in einer Wechselbeziehung mit den Anforderun­gen zur Bestimmung von Einzelveräußerungspreisen stehen soll. Nach der Anwendungsleitlinie zu nicht geltend gemachten An­sprüchen hat ein Unternehmen eine Verbindlichkeit in Höhe des vollständigen Betrags der Vorauszahlung zu erfassen. Anschlie­ßend sind nicht geltend gemachte Beträge in Bezug auf diese Verbindlichkeit proportional zum erfassten Umsatz zu erfassen. Bei Verträgen mit nur einer Komponente (z. B. ein Einzelhändler verkauft einen Gutschein an einen Kunden) ist diese Vorgehens­weise eindeutig.

Gehört die Vorauszahlungskomponente (z. B. Verkauf eines Gutscheins, Kauf von Vielfliegermeilen) jedoch zu einer Verein­barung, die mehrere Komponenten beinhaltet, dann ist die Bilanzierung durch das Unternehmen nicht so eindeutig. Für Ver­einbarungen mit mehreren Komponenten muss das Unterneh­men den Einzelveräußerungspreis für jede Komponente, darunter auch die Vorauszahlungskomponente, festlegen. Ist der Einzel­veräußerungspreis für die Vorauszahlungskomponente jedoch nicht unmittelbar feststellbar (z. B. der Kauf von Vielfliegermei­len), dann muss er gemäß dem Standard durch das Unterneh­men geschätzt werden. Für diese Schätzung scheint es angemes­sen, dass das Unternehmen berücksichtigt, wie wahrscheinlich es ist, dass der Kunde die Leistungen, die er bereits bezahlt hat, auch tatsächlich in Anspruch nimmt – bzw. in welcher Höhe eine etwaige Nichtinanspruchnahme anzusetzen ist. Siehe hierzu das nachstehende Beispiel 52 aus IFRS 15.

Erfüllung der Leistungsverpflichtungen7

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Berücksichtigt ein Unternehmen im Rahmen der Schätzung des Einzelveräußerungspreises die Möglichkeit, dass ein Anspruch durch den Kunden nicht geltend gemacht wird, so führt dies dazu, dass geringere Umsatzerlöse bilanziell als Abgrenzungs­posten (deferred revenue) ausgewiesen werden. Im Ergebnis könnten die so abgegrenzten Umsatzerlöse betragsmäßig un­ter dem vertraglich vereinbarten Vorauszahlungsbetrag liegen. Dies erscheint jedoch inkonsistent zu den übrigen Vorschriften im Standard für diese Arten von Transaktionen.

7.9 Belastende Verträge (onerous contracts)Nach den gegenwärtigen IFRS müssen Unternehmen für soge­nannte belastende Verträge (onerous contracts) eine Rück stel-lung bilden. Gemäß IFRS 15 werden Unternehmen nach IAS 37 Rückstellungen, Eventualverbindlichkeiten und Eventualforderun-gen auch weiterhin Rückstellungen für erwartete Verluste aus Ver­trägen bilden müssen. Belastende Verträge werden in Abschnitt 8.2 näher erörtert.

Auszug aus IFRS 15

Beispiel 52 – Kundenbindungsprogramm (IFRS 15.IE267–IE270)

Ein Unternehmen hat ein Kundenbindungsprogramm aufgelegt, das Kunden für jeden Kauf im Wert von WE 10 mit einem Treuepunkt belohnt. Jeder Treuepunkt kann für einen Rabatt von jeweils WE 1 bei künftigen Käufen der Produkte des Unternehmens eingelöst werden. Während einer Berichtsperiode kaufen Kunden Produkte für WE 100.000 und bekommen hierfür 10.000 Treuepunkte, die bei künftigen Käufen eingelöst werden können. Die Gegenleistung ist fix und der Einzelveräußerungspreis der gekauften Produkte beträgt WE 100.000. Das Unternehmen erwartet, dass 9.500 Punkte eingelöst werden. Das Unternehmen schätzt auf Grundlage der Wahrscheinlichkeit einer Einlösung gemäß Paragraph B42 des IFRS 15 den Einzelveräußerungspreis pro Punkt auf WE 0,95 (insge­samt WE 9.500).

Die Punkte stellen für die Kunden ein wesentliches Recht dar, das ihnen ohne Abschluss eines Vertrags nicht eingeräumt würde. Das Unternehmen kommt daher zu dem Schluss, dass die Zusage, einem Kunden Treuepunkte zu gewähren, eine Leistungsverpflichtung darstellt. Das Unternehmen teilt den Transaktionspreis (WE 100.000) entsprechend dem relativen Einzelveräußerungspreis wie folgt auf das Produkt und die Punkte auf:

WE Produkt 91.324 (WE 100.000 × [WE 100.000 Einzelveräußerungspreis ÷ WE 109.500])Punkte 8.676 (WE 100.000 × [WE 9.500 Einzelveräußerungspreis ÷ WE 109.500])

Zum Ende der ersten Berichtsperiode sind 4.500 Punkte eingelöst worden, und das Unternehmen erwartet unverändert, dass insgesamt 9.500 Punkte eingelöst werden. Das Unternehmen erfasst für die Treuepunkte Umsatzerlöse von WE 4.110 ([4.500 Punkte ÷ 9.500 Punkte] × WE 8.676) und eine vertragliche Verbindlichkeit von WE 4.566 (WE 8.676 – WE 4.110) für die nicht eingelösten Punkte zum Ende der ersten Berichtsperiode.

Bis zum Ende der zweiten Berichtsperiode wurden insgesamt 8.500 Punkte eingelöst. Das Unternehmen aktualisiert seine Schätzung für die voraussichtlich eingelösten Punkte und geht nun davon aus, dass 9.700 Punkte eingelöst werden. Das Unternehmen erfasst für die Treuepunkte Umsatzerlöse von WE 3.493 {[(8.500 insgesamt bislang eingelöste Punkte ÷ 9.700 voraussichtlich insgesamt ein­gelöste Punkte) × WE 8.676 ursprüngliche Allokation] – WE 4.110 in der ersten Berichtsperiode erfasster Umsatzerlöse}. Die vertrag­liche Verbindlichkeit beträgt WE 1.073 (WE 8.676 ursprüngliche Allokation – WE 7.603 kumulierte erfasste Umsatzerlöse).

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Vereinbarungen über den Verkauf von Gütern und Dienstleistun­gen umfassen oft auch Garantien oder Gewährleistungen. Dabei ist es unerheblich, ob eine Garantie oder Gewährleistung explizit vereinbart oder vom Unternehmen durch seine Geschäftsgepflo­genheiten implizit gewährt wird. Eine Garantie- oder Gewährleis­tungsverpflichtung kann dabei bereits im Gesamtkaufpreis berück­sichtigt sein oder aber als gesonderte Leistung separat berechnet werden. Der Standard unterscheidet zwei Arten von Garantie- bzw. Gewährleistungsverpflichtungen:

• Garantie- bzw. Gewährleistungsverpflichtungen, die eine Leis­tung für den Kunden darstellen, die über die Zusicherung hin­ausgeht, dass das gelieferte Gut den vertraglich vereinbarten Spezifikationen entspricht (service-type warranties).

• Garantie- bzw. Gewährleistungsverpflichtungen, die dem Kunden zusichern, dass das gelieferte Gut den vertraglich vereinbarten Spezifikationen entspricht (assurance-type warranties).

8.1.1 Service-type warrantiesEine service-type warranty liegt vor, wenn der Kunde wählen kann, ob er die Gewährleistungsverpflichtung separat erwerben möchte, oder wenn die Gewährleistungsverpflichtung die Behe­bung von Mängeln einschließt, die erst nach dem Übergang der Verfügungsgewalt auftreten. Die Boards haben festgelegt, dass Gewährleistungsverpflichtungen in diesen Fällen eine abgrenz­bare Dienstleistung und damit eine separate Leistungsverpflich­tung darstellen. Daher ordnet das Unternehmen einen Teil des Transaktionspreises der Gewährleistungsverpflichtung zu (siehe Abschnitt 6), wobei es deren geschätzten Einzelveräußerungs-preis als Grundlage heranzieht. Anschließend werden die so zuge­wiesenen Umsatzerlöse über den Zeitraum erfasst, in dem die Gewährleistung erbracht wird.

Die Bestimmung, welche Methode zur Realisierung von Umsatz-erlösen aus service-type warranties letztendlich die geeignetste ist, liegt ggf. im Ermessen des Unternehmens. Beispielsweise kann das Unternehmen festlegen, dass die Gewährleistung konti­nuierlich über den Gewährleistungszeitraum erbracht wird (d. h.,

das Unternehmen muss während dieses Zeitraums jederzeit bereit sein, die Leistungsverpflichtung zu erfüllen). In diesem Fall steht zu erwarten, dass die Umsatzerlöse anteilig über den Ge­währleistungszeitraum realisiert werden. Kann das Unternehmen hingegen hinreichend verlässlich bestimmen, zu welchen Zeit­punkten diese Leistungen erbracht werden, kann es auch zu dem Schluss gelangen, dass eine andere Vorgehensweise zur Erfas­sung der Umsatzerlöse angemessener ist. So kann es sein, dass ein Unternehmen, das einem Kunden eine service-type warranty mit dreijähriger Laufzeit eingeräumt hat, im ersten Jahr nur geringe oder gar keine Umsatzerlöse erfasst, wenn Erfahrungs­werte darauf hindeuten, dass Leistungen im Rahmen solcher Gewährleistungsvereinbarungen in der Regel erst im zweiten und dritten Jahr der Laufzeit von den Kunden in Anspruch genommen werden.

Änderungen der geschätzten Kosten für die Erfüllung der Leis­tungsverpflichtungen aus einer service-type warranty führen nicht zu einer Neuverteilung des relativen Einzelveräußerungspreises. Beispielsweise kann der Fall eintreten, dass ein Unternehmen zwei Monate nach Auslieferung eines bestimmten Produkts feststellt, dass sich die Kosten für ein Ersatzteil, das es von einem anderen Hersteller bezieht, inzwischen verdreifacht haben. Bei Geltend­machung des Gewährleistungsanspruchs durch den Kunden hätte dies zur Folge, dass sich der Austausch des reklamierten Teils für das Unternehmen erheblich verteuert. Diese Änderung wird sich nicht auf die Höhe des anteiligen Transaktionspreises auswirken, den das Unternehmen der service-type warranty zuordnet, da die Erfassung von Kosten aus service-type warranties keinen Einfluss auf die Umsatzrealisierung hat.

8.1.2 Assurance-type warrantiesDie Boards kamen zu dem Ergebnis, dass assurance-type warranties kein zusätzliches Gut bzw. keine zusätzliche Leistung für den Kunden und somit keine separate Leistungsverpflichtung darstellen. Mit einer solchen Gewährleistungsverpflichtung hat das Unternehmen effektiv eine bloße Qualitätszusicherung abgege­ben. Gemäß dem Standard sind die geschätzten Kosten für die Erfüllung von assurance-type warranties gemäß den einschlägigen

8Sonstige Ansatz- und Bewertungsfragen

8.1 Garantien und Gewährleistungen

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Bestimmungen in IAS 37 als abgegrenzte Schulden auszuweisen. Diese Gewährleistungsverbindlichkeit wird nach ihrem erstmali­gen Ausweis laufend überprüft, damit sichergestellt ist, dass sie alle mittlerweile eingetretenen Änderungen des Umfelds oder der Verpflichtungen des Verkäufers widerspiegelt. Die Verbind­lichkeit wird um Schätzungsänderungen angepasst und der daraus resultierende Differenzbetrag aufwandswirksam erfasst.

8.1.3 Feststellung, ob es sich um eine assurance-type warranty oder um eine service-type warranty handelt Unter bestimmten Umständen kann es schwierig sein zu beur-teilen, ob eine Gewährleistungs- oder Garantieverpflichtung für einen Kunden eine zusätzliche Leistung darstellt, die über die Zusicherung hinausgeht, dass das gelieferte Produkt den vertrag­lich vereinbarten Spezifikationen entspricht. Um Unternehmen diese Beurteilung zu erleichtern, enthält der Standard folgende Anwendungsleitlinien:

Sonstige Ansatz- und Bewertungsfragen8

Auszug aus IFRS 15

B31. Bei der Beurteilung, ob eine Gewährleistungs- oder Garantie­verpflichtung für einen Kunden eine zusätzliche Leistung dar­stellt, die über die Zusicherung, dass das gelieferte Produkt den vertraglich vereinbarten Spezifikationen entspricht, hinausgeht, hat ein Unternehmen folgende Faktoren zu berücksichtigen:

(a) ob die Gewährleistungs-/Garantieverpflichtung gesetzlich vorgeschrieben ist – Wenn das Unternehmen gesetzlich ver­pflichtet ist, seinen Kunden eine Gewährleistung/Garantie einzuräumen, deutet das Vorhandensein des entsprechenden Gesetzes darauf hin, dass es sich nicht um eine Leistungs­verpflichtung handelt, da derartige Vorschriften in der Regel dazu dienen, Kunden vor dem mit dem Kauf schadhafter Produkte verbundenen Risiko zu schützen

(b) die Dauer der Gewährleistungs-/Garantiefrist – Je länger die Gewährleistungs-/Garantiefrist, desto größer die Wahrschein­lichkeit, dass es sich um eine Leistungsverpflichtung han­delt, da die Gewährleistungs-/Garantiezusage mit höherer Wahrscheinlichkeit eine über die Zusicherung, dass das gelieferte Produkt den vertraglich vereinbarten Spezifikatio­nen entspricht, hinausgehende Leistung darstellt

(c) die Art der Leistungen, die das Unternehmen zusagt – Wenn ein Unternehmen besondere Leistungen (z. B. einen Retou­rentransport für ein schadhaftes Produkt) erbringen muss, um zusichern zu können, dass ein Produkt die vereinbarten Spezifikationen erfüllt, ist es unwahrscheinlich, dass dadurch eine Leistungsverpflichtung begründet wird.

Unsere Sichtweise Die Beurteilung, ob es sich bei einer Garantie- bzw. Gewähr­leistungsverpflichtung um eine assurance-type warranty oder um eine service-type warranty handelt, kann ein beträchtli­ches Maß an Ermessensausübung durch das Unternehmen erfordern. Verschiedene Faktoren können in die Einschätzung einfließen, etwa welche Gepflogenheiten in der Branche des Unternehmens herrschen und wie das Unternehmen im Hin­blick auf Gewährleistungen/Garantien üblicherweise verfährt. Man stelle sich beispielsweise einen Automobilhersteller vor, der eine Fünfjahresgarantie für ein Luxusmodell und eine Dreijahresgarantie für ein Standardmodell anbietet. Der Her­steller könnte einerseits den Standpunkt vertreten, dass die längere Garantiedauer keine zusätzliche Dienstleistung dar­stellt, da für das Luxusmodell höherwertige Materialien verar­beitet werden und er deshalb davon ausgeht, dass verdeckte Mängel erst nach einem längeren Zeitraum zutage treten. Andererseits könnte der Hersteller die von ihm angebotene Garantie mit der Praxis anderer Hersteller vergleichen und zu dem Ergebnis kommen, dass der fünfjährige Garantiezeitraum (oder ein Teil davon) eine zusätzliche Dienstleistung dar­stellt, die als service-type warranty zu bilanzieren ist.

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zuzuordnen und über den Zeitraum zu realisieren, in dem die entsprechenden Leistungen erbracht werden).

Lassen sich die assurance-type warranty und die service-type warranty ohne Weiteres für bilanzielle Zwecke trennen, sind die erwarteten Kosten für die assurance-type warranty als abge­grenzte Schulden auszuweisen und die Umsatzerlöse aus der service-type warranty über den Zeitraum der Leistungserbrin­gung zu verteilen. Zur Verdeutlichung dient folgendes Beispiel:

8.1.4 Vereinbarungen, die sowohl assurance-type warranties als auch service-type warranties beinhaltenWie das nachfolgende Beispiel verdeutlicht, kann es Vereinbarun­gen geben, die sowohl eine assurance-type warranty als auch eine service-type warranty vorsehen. Bietet ein Unternehmen jedoch innerhalb ein und derselben Vereinbarung eine assurance- type warranty und eine service-type warranty an, bei denen eine getrennte Bilanzierung schwierig ist, sind beide zusammen als eine einzige Leistungsverpflichtung zu erfassen (d. h., die Umsatzerlöse wären der kombinierten Gewährleistung/Garantie

Beispiel 8-1 Service-type warranties und assurance-type warranties

Ein Unternehmen produziert und verkauft Computer, die mit einer assurance-type warranty für die ersten 90 Tage versehen sind. Das Unternehmen bietet eine optionale „verlängerte Garantiefrist“ an, in deren Rahmen es schadhafte Teile innerhalb eines Zeit­raums von drei Jahren nach Ablauf der assurance-type warranty nachbessert oder ersetzt. Da diese Garantie gesondert angeboten wird, bestimmt das Unternehmen, dass die dreijährige Fristverlängerung eine service-type warranty und damit eine separate Leistungsverpflichtung darstellt.

Der gesamte Transaktionspreis für den Verkauf eines Computers einschließlich der verlängerten Garantiefrist beträgt WE 3.600. Die jeweiligen Einzelveräußerungspreise belaufen sich auf WE 3.200 und WE 400. Der Buchwert des Computers im Vorratsver-mögen beläuft sich auf WE 1.440. Darüber hinaus schätzt das Unternehmen auf der Grundlage von Erfahrungswerten, dass für die Behebung von Mängeln, die innerhalb der 90-Tage-Frist auftreten und die unter die assurance-type warranty fallen, Kosten in Höhe von WE 200 anfallen werden. Das Unternehmen würde folgende Buchungen vornehmen:

Erfassung von Umsatzerlösen und vertraglichen Verbindlichkeiten aus Gewährleistungs-/GarantieverpflichtungenZahlungsmittel und Zahlungsmitteläquivalente/Forderungen aus LuL 3.600Gewährleistungs-/Garantieaufwand 200 an Abgegrenzter Gewährleistungs- bzw. Garantieaufwand (assurance-type warranty) 200 an Vertragliche Verbindlichkeit (service-type warranty) 400 an Umsatzerlöse 3.200

Ausbuchung von Vorräten und Erfassung von Umsatzkosten Umsatzkosten 1.440 an Vorräte 1.440

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Sonstige Ansatz- und Bewertungsfragen8

Die gleichzeitige Bilanzierung von assurance-type warranties und service-type warranties kann ein komplexes Unterfangen sein. Unternehmen sollten für solche Fälle Verfahren zur Zuordnung einzelner Garantie- und Gewährleistungsansprüche zu der jewei-ligen Form von „warranty“ konzipieren, mit denen die Ansprüche zur Ermittlung der sachgerechten Bilanzierung analysiert wer­den. Diese Einzelbeurteilung der Ansprüche ist notwendig, da die Kosten für assurance-type warranties vorab abgegrenzt werden, während die im Hinblick auf service-type warranties entstandenen Kosten zum Entstehungszeitpunkt als Aufwand erfasst werden.

Beispiel 8-1 | FortsetzungService-type warranties und assurance-type warranties

Das Unternehmen bucht die mit der assurance-type warranty verbundene abgegrenzte Gewährleistungsverbindlichkeit aus, da der tatsächliche Gewährleistungsaufwand in den ersten 90 Tagen nach Übergang der Verfügungsgewalt am Computer auf den Kunden anfällt. Anschließend erfasst es die vertrag-liche Verbindlichkeit aus der service-type warranty als während des vertraglich vereinbarten Garantiezeitraums angefallene Umsatzerlöse und erfasst die Kosten für die Erfüllung der service-type warranty zu deren Entstehungszeitpunkt. Hierzu müsste das Unternehmen vorab klären, ob die ihm entstande­nen Reparaturkosten mit einer bestehenden Gewährleistungs­rückstellung verrechnet oder bei ihrer Entstehung aufwands­wirksam erfasst werden.

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Beispiel 8-2 Kosten für service-type warranties und assurance-type warranties

Es gelten dieselben Annahmen wie in Beispiel 8-1. Zusätzlich sei jedoch angenommen, dass das Unternehmen im Geschäftsjahr 500 Computer verkauft hat. Im Januar des folgenden Jahres werden von den Kunden Gewährleistungs- und Garantieansprüche in Höhe von WE 10.000 geltend gemacht. Das Unternehmen analysiert jeden Anspruch und ordnet ihn dem jeweils zugrunde liegen­den Verkaufsgeschäft zu. Dies ist erforderlich, um zu ermitteln, ob der Anspruch in den Gewährleistungs- oder Garantierahmen fällt, und um die passende Bilanzierung zu wählen.

Dabei stellt das Unternehmen fest, dass ein Teil der Ansprüche von den assurance-type warranties abgedeckt wird. Die damit ver­bundenen Kosten für Reparaturen und Ersatzteile werden vom Unternehmen auf WE 2.500 veranschlagt. Wie Beispiel 8-1 zeigt, wurden die erwarteten Kosten für jede assurance-type warranty zum Verkaufszeitpunkt abgegrenzt. Das Unternehmen nimmt die folgende Buchung vor, um einen Teil der Gewährleistungsverbindlichkeit auszubuchen:

Ausbuchung der Gewährleistungsverbindlichkeit zum Entstehungszeitpunkt der KostenAbgegrenzter Gewährleistungs- bzw. Garantieaufwand (assurance-type warranty) 2.500 an Zahlungsmittel 2.500

Das Unternehmen gelangt zu dem Ergebnis, dass ein weiterer Teil der Ansprüche unter die „verlängerte Garantiefrist“ fällt (d. h. der service-type warranty zuzuordnen ist). Die damit verbundenen Kosten für Reparaturen und Ersatzteile werden vom Unternehmen auf WE 7.000 geschätzt. Das Unternehmen führt die folgende Buchung durch, um die Kosten für die service-type warranty zu erfassen:

Erfassung der mit der service-type warranty verbundenen Kosten zum EntstehungszeitpunktGewährleistungs- bzw. Garantieaufwand 7.000 an Zahlungsmittel 7.000

Ferner stellt das Unternehmen fest, dass Ansprüche in Höhe von WE 500 unter keine von ihm gewährte Gewährleistungs- oder Garantieverpflichtungen fallen. Sie beziehen sich entweder auf Gewährleistungsfälle, die nach Ablauf des 90-tägigen Deckungs­zeitraums der assurance-type warranty eingetreten sind, oder auf Verkaufsgeschäfte, bei denen der Kunde keine Garantie über den Gewährleistungszeitraum hinaus erworben hat. Solche Kundenansprüche werden vom Unternehmen nicht anerkannt.

Das folgende Beispiel verdeutlicht diesen Aspekt:

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Änderungen gegenüber den derzeit geltenden IFRS

Die in Abschnitt 8.1.2 erläuterten Vorschriften für assurance-type warranties decken sich im Wesentlichen mit der gegenwärtigen Bilanzierungspraxis nach IFRS. Die Bestimmungen für service-type warranties können sich indes in mancher Hinsicht von der der­zeit gängigen Praxis unterscheiden. Dies gilt vor allem für die in Abschnitt 8.1.1 beschriebene Zuordnung eines Teilbetrags des Transaktionspreises zu der die Garantie- bzw. Gewährleistungs­verpflichtungen betreffenden Leistungsverpflichtung. Derzeit grenzen Unternehmen, die beispielsweise separate Garantien anbieten, häufig einen Betrag in Höhe des für die Garantie separat berechneten Preises ab und erfassen diesen gleichmäßig über den Garantiezeitraum als Umsatzerlöse. Nach IFRS 15 ist der auf die Garantie entfallende Betrag auf der Basis relativer Einzelver­äußerungspreise abzugrenzen. Dieses Verfahren ist in den meis­ten Fällen ermessensabhängiger und komplexer.

8.2 Belastende Verträge (onerous contracts)

Im Rahmen der Entwicklung von IFRS 15 hatten die Boards eine neue Regelung vorgeschlagen, wonach Unternehmen Vorsorge für Situationen treffen müssen, in denen sie mit einem Verlust rechnen. Dabei sei zwischen einzelnen Leistungsverpflichtungen (sog. „belastenden Leistungsverpflichtungen“) und dem gesam­ten Vertrag (bezeichnet als „belastender Vertrag“) zu unterschei­den. Angesichts der Kritik, die in verschiedenen Stellungnahmen zu dem im November 2011 veröffentlichten Standard entwurf von der interessierten Öffentlichkeit geäußert wurde, beschlos­sen die Boards, diese Regelung letztlich nicht in den endgültigen Standard mit aufzunehmen. Stattdessen sollen die bisherigen Be­stimmungen weiter beibehalten werden. Eine Harmonisierung der Bilanzierungsvorschriften für diesen Sachverhalt ist somit ausgeblieben; somit weichen die für belastende Verträge gelten­den Bestimmungen zwischen IFRS und US-GAAP weiterhin ab.

Die US-GAAP beinhalten aktuell zwar Regelungen für einzelne Branchen oder bestimmte Arten von Geschäftsvorfällen, aber beinhalten keinen Standard, der allgemeingültig regelt, wann Verluste aus belastenden Verträgen zu erfassen sind und wie ein zu erfassender Verlust zu bewerten ist. Daher sind in der Praxis unterschiedliche Bilanzierungsmethoden bei solchen Verträgen vorzufinden, die nicht in den Regelungsbereich der geltenden Verlautbarungen fallen. Angesichts des Beschlusses des FASB,

Sonstige Ansatz- und Bewertungsfragen8

die bestehenden Regelungen zu belastenden Verträgen weiter beizubehalten, dürfte sich an dieser Situation auf absehbare Zeit nichts ändern.

Bei den IFRS gelten die Bestimmungen des IAS 37 zu belastenden Verträgen für alle Verträge, die in den Anwendungsbereich von IFRS 15 fallen. Der neue Standard legt fest, dass Unternehmen, die nach IAS 37 verpflichtet sind, eine Schuld für erwartete Ver­luste aus Verträgen auszuweisen, auch weiterhin eine Schuld ansetzen müssen. IAS 37 enthält im Hinblick auf belastende Ver­träge folgende Grundsätze:

Auszug aus IAS 37

66. Hat ein Unternehmen einen belastenden Vertrag, ist die gegenwärtige vertragliche Verpflichtung als Rückstellung anzu­setzen und zu bewerten.

67. Zahlreiche Verträge (beispielsweise einige Standard-Kauf-aufträge) können ohne Zahlung einer Entschädigung an eine andere Partei storniert werden. Daher besteht in diesen Fällen keine Verpflichtung. Andere Verträge begründen sowohl Rechte als auch Verpflichtungen für jede Vertragspartei. Wenn die Umstände dazu führen, dass ein solcher Vertrag belastend wird, fällt der Vertrag unter den Anwendungsbereich dieses Stan­dards und es besteht eine anzusetzende Schuld. Noch zu erfül­lende Verträge, die nicht belastend sind, fallen nicht in den Anwendungsbereich dieses Standards.

68. Dieser Standard definiert einen belastenden Vertrag als einen Vertrag, bei dem die unvermeidbaren Kosten zur Erfül­lung der vertraglichen Verpflichtungen höher als der erwartete wirtschaftliche Nutzen sind. Die unvermeidbaren Kosten unter einem Vertrag spiegeln den Mindestbetrag der bei Ausstieg aus dem Vertrag anfallenden Nettokosten wider; diese stellen den niedrigeren Betrag von Erfüllungskosten und etwaigen aus der Nichterfüllung resultierenden Entschädigungszahlungen oder Strafgeldern dar.

69. Bevor eine separate Rückstellung für einen belastenden Vertrag erfasst wird, erfasst ein Unternehmen den Wertminde­rungsaufwand für Vermögenswerte, die mit dem Vertrag ver­bunden sind (siehe IAS 36).

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8.3 Vertragskosten (contract costs)

IFRS 15 regelt die Bilanzierung von Kosten, die einem Unterneh­men im Zusammenhang mit der Anbahnung und der Erfüllung von Verträgen über die Lieferung von Gütern und Dienstleistungen an Kunden entstehen. Diese Leitlinien gelten sowohl für bereits abgeschlossene Verträge als auch für Verträge, die sich noch im Verhandlungsstadium befinden.

8.3.1 Kosten für die Anbahnung eines VertragsNach IFRS 15 hat ein Unternehmen die einer Vertragsanbahnung direkt zurechenbaren zusätzlichen Kosten (d. h. Kosten, die nicht entstanden wären, wenn der Vertrag nicht abgeschlossen worden wäre) zu aktivieren, wenn das Unternehmen erwartet, dass diese Kosten wieder erwirtschaftet werden, und zwar entweder auf direktem Wege (d. h. im Rahmen der vertragsgemäßen Erstat­tung) oder auf indirektem Wege (durch eine vertraglich fest-gelegte Marge). Als Erleichterung für Unternehmen gestattet der Standard, die Kosten für die Anbahnung von Verträgen sofort aufwandswirksam zu erfassen, wenn der Vermögenswert aus der Aktivierung der Kosten innerhalb eines Jahres abgeschrieben wäre. Vor dem Hintergrund des unspezifischen Standardwortlauts sind wir der Auffassung, dass Unternehmen diesbezüglich ein Bilanzierungswahlrecht eingeräumt wird. Die gewählte Vorgehens­weise ist jedoch sachlich stetig auf sämtliche Kosten anzuwenden, die im Zusammenhang mit der Anbahnung von kurzfristigen Verträgen anfallen.

Der Standard führt Verkaufsprovisionen als Beispiel für zusätz-liche Kosten an, die einer Vertragsanbahnung im Allgemeinen direkt zugerechnet werden können und gemäß dem Standard gegebenenfalls zu aktivieren sind. So stellen beispielsweise Ver­kaufsprovisionen, die direkt an die innerhalb eines bestimmten Zeitraums erreichten Verkaufszahlen gekoppelt sind, mit hoher Wahrscheinlichkeit direkt zurechenbare zusätzliche Kosten dar, für die eine Aktivierungspflicht besteht. Bestimmte Boni und sons­tige Vergütungen, die an andere quantitative oder qualitative Mess­größen (z. B. den Gewinn, das Ergebnis pro Aktie, Leistungsbe­urteilungen) geknüpft sind, erfüllen die Voraussetzungen für eine Aktivierung hingegen oft nicht, da sie in keinem direkten Zusam­menhang mit der Anbahnung von Verträgen stehen. Ein weiteres Beispiel für zusätzliche Kosten sind erfolgsabhängige Anwaltskos­ten, die an den erfolgreichen Abschluss einer Verhandlung gebun­den sind. Die Beurteilung, welche Kosten gemäß dem Standard zu aktivieren sind, kann eine Ermessensentscheidung darstellen.

Der Standard enthält folgendes Beispiel in Bezug auf zusätzliche Kosten, die einer Vertragsanbahnung direkt zuzurechnen sind:

Auszug aus IFRS 15

Beispiel 36 – Zusätzliche Kosten für die Anbahnung eines Vertrags (IFRS 15.IE189–IE191)

Ein Unternehmen, das Beratungsdienstleistungen anbietet, erhält nach einer Ausschreibung von einem neuen Kunden den Zuschlag, Beratungsleistungen zu erbringen. Dem Unternehmen sind bei der Anbahnung dieses Vertrags die folgenden Kosten entstanden: WEExterne Rechtskosten für eine Due Diligence 15.000Reisekosten in Zusammenhang mit der Angebotsübergabe 25.000Provisionen an Vertriebspersonal 10.000

Gesamtkosten 50.000

Gemäß Paragraph 91 des IFRS 15 aktiviert das Unternehmen die zusätzlichen direkt zurechenbaren Kosten für die Vertragsan­bahnung in Höhe von WE 10.000, die auf Verkaufsprovisionen an Vertriebsmitarbeiter entfallen, da es damit rechnet, diese Kosten durch künftige Honorare für die Beratungsleistungen wieder herein­zuholen. Das Unternehmen zahlt außerdem ermessensabhängige Jahresprämien an Vertriebsmanager, die an jährliche Vertriebs­ziele, den Gesamterfolg des Unternehmens und individuelle Leis­tungsbeurteilungen gekoppelt sind. In Einklang mit Paragraph 91 werden die an die Vertriebsmanager entrichteten Boni nicht akti­viert, da es sich dabei nicht um zusätzliche Kosten für die Vertrag­sanbahnung handelt. Die Höhe dieser Erfolgsprämien liegt im Er­messen des Unternehmens und bemisst sich nach anderen Faktoren wie dem Unternehmensgewinn und der Mitarbeiterleistung. Die Boni sind nicht unmittelbar an einzeln identifizierbare Verträge geknüpft. Nach Einschätzung des Unternehmens wären die exter­nen Rechtskosten und die Reisekosten auch dann angefallen, wenn der Vertrag nicht zustande gekommen wäre. Folglich werden diese Kosten gemäß Paragraph 93 des IFRS 15 zu ihrem Entstehungs­zeitpunkt als Aufwendungen erfasst, es sei denn, sie fallen in den Anwendungsbereich eines anderen Standards. In diesem Fall gelten die diesbezüglichen Bestimmungen des betreffenden Standards.

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8.3.2 Kosten für die Erfüllung eines VertragsDer Standard unterteilt die Kosten für die Erfüllung eines Vertrags in zwei Kategorien: (1) Kosten, die zum Ansatz eines Vermö­genswerts führen, und (2) Kosten, die zum Zeitpunkt ihres Ent­stehens als Aufwand zu erfassen sind. IFRS 15 stellt klar, dass bei der Wahl der geeigneten Bilanzierungsmethode für solche Kosten zuerst die Vorschriften anderer anwendbarer Standards heranzuziehen sind.

Sonstige Ansatz- und Bewertungsfragen8

Auszug aus IFRS 15

95. Fallen die Kosten für die Erfüllung eines mit einem Kunden geschlossenen Vertrags nicht in den Anwendungsbereich eines anderen Standards (z. B. IAS 2 Vorräte, IAS 16 Sachanlagen oder IAS 38 Immaterielle Vermögenswerte), so sind diese nur dann von einem Unternehmen zu aktivieren, wenn sie die folgenden Kriterien kumulativ erfüllen:

(a) die Kosten stehen in direktem Zusammenhang mit einem bestehenden Vertrag oder einem erwarteten Vertrag, den das Unternehmen konkret bestimmen kann (z. B. Kosten in Verbindung mit Leistungen, die bei Verlängerung eines bestehenden Vertrags erbracht werden, oder Kosten für die Entwicklung eines Vermögenswerts, der im Rahmen eines bestimmten, gegenwärtig noch nicht angenommenen Ver­trags übertragen werden soll);

(b) die Kosten führen zum Zufluss von Ressourcen oder zur Verbesserung der Ressourcen des Unternehmens, die künftig zur (fortgesetzten) Erfüllung von Leistungsver­pflichtungen genutzt werden; und

(c) es ist zu erwarten, dass die Kosten wieder erwirtschaftet werden.

96. Wenn Kosten für die Erfüllung eines Vertrags mit einem Kunden in den Anwendungsbereich eines anderen Standards fallen, sind diese Kosten gemäß diesem Standard zu bilanzieren.

Nach IFRS 15 können Kosten auch dann aktiviert werden, wenn der betreffende Vertrag mit dem Kunden, aus dem Umsatzerlöse erwartet werden, noch nicht endgültig unterzeichnet ist. Aller­dings genügt es nicht, wenn sich die Kosten auf einen künftig mög­lichen Vertrag beziehen; sie müssen einem konkret bestimmba­ren erwarteten Vertrag zugeordnet werden können.

Der Standard enthält eine nähere Beschreibung sowie Beispiele derjenigen Kosten, welche die erste Aktivierungsvoraussetzung (sie stehen in direktem Zusammenhang mit dem Vertrag) häufig erfüllen:

Unsere Sichtweise IFRS 15 kann für solche Unternehmen eine erhebliche Ände­rung ihrer bisherigen Bilanzierungspraxis bedeuten, die Kosten für die Vertragsanbahnung, die nach dem neuen Standard zu aktivieren sind, derzeit noch als Aufwand erfassen. Außerdem können sich Änderungen für Unternehmen ergeben, die bis­her alle Kosten für die Vertragsanbahnung aktiviert haben. Dies betrifft vor allem Kosten, die auch ohne Vertragsabschluss angefallen wären und nach IFRS 15 somit nicht aktivierungs­fähig sind.

150 | EY Im Fokus: Der neue Standard zur Umsatzrealisierung

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Auszug aus IFRS 15

97. Zu den Kosten, die in direktem Zusammenhang mit einem Vertrag (oder einem bestimmten erwarteten Vertrag) stehen, gehören die folgenden Kosten:

(a) Lohneinzelkosten (z. B. Löhne und Gehälter von Mitar-beitern, die die zugesagten Dienstleistungen direkt für den Kunden erbringen);

(b) Materialeinzelkosten (z. B. Vorräte, die zur Erbringung der zugesagten Dienstleistungen an einen Kunden verwendet werden);

(c) zugerechnete Gemeinkosten, die mit dem Vertrag oder ver­traglichen Tätigkeiten in direktem Zusammenhang stehen (z. B. Kosten für die Organisation und Überwachung der Vertragserfüllung, Versicherungskosten und die planmäßige Abschreibung von Werkzeugen und Gegenständen der Betriebs- und Geschäftsausstattung, die im Rahmen der Vertragserfüllung verwendet werden);

(d) Kosten, deren Weiterbelastung an den Kunden vertraglich ausdrücklich vorgesehen ist; und

(e) sonstige Kosten, die nur deshalb angefallen sind, weil das Unternehmen den Vertrag abgeschlossen hat (z. B. Zahlun­gen an Unterauftragnehmer).

In die Beurteilung, ob die angefallenen Kosten die Aktivierungs­kriterien erfüllen, sind immer auch die jeweiligen Fakten und Umstände im Einzelfall einzubeziehen. Als Beispiel für Kosten in Verbindung mit dem Zufluss von Ressourcen oder zur Verbesse­rung der Ressourcen des Unternehmens, die künftig zur Erfül­lung von Leistungsverpflichtungen genutzt werden, lassen sich immaterielle Planungs- und Konstruktionskosten anführen, die der künftigen Leistungserfüllung dienen und zur Folge haben, dass dem Unternehmen über die Laufzeit des Vertrags (weiter­hin) Nutzen zufließt.

Damit Vertragserfüllungskosten die dritte Voraussetzung (es ist zu erwarten, dass sie wieder erwirtschaftet werden) erfüllen, muss entweder im Vertrag eine explizite diesbezügliche Rücker­stattungspflicht vereinbart sein oder aber diese Kosten sind im vertraglich vereinbarten Preis berücksichtigt und werden letzt­lich durch die Marge kompensiert.

Auszug aus IFRS 15

Beispiel 37 – Kosten, die zu einem Vermögenswert führen (IFRS 15.IE192–IE196)

Ein Unternehmen schließt einen Dienstleistungsvertrag, mit dem ihm der Betrieb des Rechenzentrums eines Kunden für die Dauer von fünf Jahren überlassen wird. Der Vertrag kann jeweils um ein Jahr verlängert werden. Die durchschnittliche Laufzeit eines solchen Vertrags beträgt sieben Jahre. Das Unternehmen zahlt bei Vertragsabschluss mit dem Kunden eine Verkaufsprovision von WE 10.000 an einen Mitarbeiter. Vor Erbringung der vertrag­lich vereinbarten Dienstleistungen plant und installiert das Unter­nehmen eine Technologieplattform für seinen eigenen Gebrauch, die als Schnittstelle zu den Systemen des Kunden dient. Diese Plattform wird nicht dem Kunden überlassen, sondern vom Unter­nehmen im Rahmen der Dienstleistungserbringung selbst genutzt.

Direkt zurechenbare zusätzliche Kosten für die Vertragsanbahnung Gemäß Paragraph 91 des IFRS 15 aktiviert das Unternehmen die an den Mitarbeiter gezahlte Verkaufsprovision in Höhe von WE 10.000, da es sich um direkt zurechenbare zusätzliche Kosten für die Vertragsanbahnung handelt und es damit rechnet, diese Kosten durch künftige Entgelte für die von ihm erbrachten Dienst­leistungen wieder hereinzuholen. In Einklang mit Paragraph 99 des IFRS 15 schreibt das Unternehmen den Vermögenswert über einen Zeitraum von sieben Jahren ab, da er mit den Dienstleis­tungen in Zusammenhang steht, die das Unternehmen während der fünfjährigen Vertragslaufzeit an den Kunden überträgt, und das Unternehmen erwartet, dass der Vertrag zweimal um je ein Jahr verlängert wird.

151EY Im Fokus: Der neue Standard zur Umsatzrealisierung |

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Sonstige Ansatz- und Bewertungsfragen8

Auszug aus IFRS 15 | Fortsetzung

Kosten für die Erfüllung eines VertragsDie Ersteinrichtungskosten (Set-up-Kosten) der Technologieplattform setzen sich wie folgt zusammen:

WEPlanungsleistungen 40.000Hardware 120.000Software 90.000Migration und Testbetrieb des Rechenzentrums 100.000

Gesamtkosten 350.000

Die Set-up-Kosten entfallen überwiegend auf Tätigkeiten, die der Vertragserfüllung dienen, aber nicht die Übertragung von Gütern oder Dienstleistungen an den Kunden umfassen. Das Unternehmen bilanziert die Set-up-Kosten wie folgt:

(a) Kosten für Hardware – Bilanzierung gemäß IAS 16 Sachanlagen

(b) Kosten für Software – Bilanzierung gemäß IAS 38 Immaterielle Vermögenswerte

(c) Kosten für die Planung, Migration und den Testbetrieb des Rechenzentrums – Feststellung gemäß Paragraph 95 des IFRS 15, ob es sich hierbei um aktivierungsfähige Kosten für die Vertragserfüllung handelt. Ein sich hieraus ergebender Vermögenswert würde planmäßig über den Zeitraum von sieben Jahren (bestehend aus der fünfjährigen Vertragslaufzeit und den beiden Ver-längerungszeiträumen von je einem Jahr) abgeschrieben, in dem das Unternehmen voraussichtlich Dienstleistungen im Hinblick auf das Rechenzentrum erbringen wird.

Zusätzlich zu den Set-up-Kosten für die Technologieplattform stellt das Unternehmen zwei Mitarbeiter für die Erbringung der Dienst­leistung an den Kunden ab. Obgleich die Kosten für diese beiden Mitarbeiter im Rahmen der Dienstleistungserbringung an den Kun­den anfallen, ist das Unternehmen der Auffassung, dass sie nicht zum Zufluss von Ressourcen oder zur Verbesserung der Ressourcen des Unternehmens führen (siehe Paragraph 95(b) des IFRS 15). Somit erfüllen die Kosten nicht die in Paragraph 95 festgelegten Kriterien und können nicht in Anwendung von IFRS 15 aktiviert werden. Gemäß Paragraph 98 erfasst das Unternehmen die Gehalts­kosten für die beiden Mitarbeiter zum Zeitpunkt ihres Entstehens.

Sofern die im Rahmen der Erfüllung eines Vertrags anfallenden Kosten nach Prüfung der vorgenannten Kriterien nicht als sepa­rate Vermögenswerte angesetzt werden können, sind sie nach IFRS 15 zum Zeitpunkt ihres Entstehens aufwandswirksam zu

erfassen. Der Standard enthält die folgenden typischen Beispiele für Kosten, die zum Entstehungszeitpunkt aufwandswirksam zu erfassen sind:

152 | EY Im Fokus: Der neue Standard zur Umsatzrealisierung

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Auszug aus IFRS 15

98. Ein Unternehmen hat die folgenden Kosten zum Zeitpunkt ihres Entstehens aufwandswirksam zu erfassen:

(a) allgemeine Verwaltungskosten (ausgenommen Kosten, deren Weiterbelastung an den Kunden vertraglich ausdrück­lich vorgesehen ist; in diesem Fall sind die Kosten gemäß Paragraph 97 zu prüfen);

(b) Kosten für Materialabfälle, Fertigungslöhne oder andere zur Vertragserfüllung eingesetzte Ressourcen, die nicht im vertraglich vereinbarten Preis berücksichtigt sind;

(c) Kosten in Zusammenhang mit bereits erfüllten (oder teil­weise erfüllten) Leistungsverpflichtungen aus dem Vertrag (d. h. Kosten, die sich auf in der Vergangenheit erbrachte Leistungen beziehen);

(d) Kosten, bei denen ein Unternehmen nicht unterscheiden kann, ob sie sich auf noch nicht erfüllte oder bereits erfüllte (oder teilweise erfüllte) Leistungsverpflichtungen beziehen.

Kann ein Unternehmen nicht ermitteln, ob bestimmte Kosten Leistungen in der Vergangenheit oder der Zukunft betreffen, und sind diese Kosten nicht nach anderen Standards aktivierungs­fähig, so werden die Kosten zum Zeitpunkt ihres Entstehens auf­wandswirksam erfasst.

8.3.3 Abschreibung und Wertminderung von aktivierten KostenAktivierte Vertragskosten werden vollständig abgeschrieben. Der Abschreibungsaufwand wird erfasst, wenn das Unternehmen die Verfügungsgewalt an den Gütern oder Dienstleistungen auf den Kunden überträgt. Dabei ist zu beachten, dass sich bestimmte aktivierte Kosten (z. B. Planungskosten) auf mehrere Güter und Dienstleistungen beziehen können.

Der Abschreibungszeitraum für diese Kosten könnte mehr als einen Vertrag umfassen, wenn sich die aktivierten Kosten auf Güter oder Dienstleistungen beziehen, die im Rahmen mehrerer Verträge übertragen werden oder im Zusammenhang mit einem bestimmten erwarteten Vertrag (wie z. B. einem vom Kunden voraussichtlich verlängerten Dienstleistungsvertrag) stehen.

Beispiel 8-3 Abschreibungszeitraum

Unternehmen A schließt mit einem Kunden einen Vertrag über Leistungen zur Transaktionsverarbeitung mit einer Laufzeit von drei Jahren. Im Zusammenhang mit der Erfüllung des Vertrags sind Unternehmen A Set-up-Kosten in Höhe von WE 60.000 ent­standen, die es aktiviert hat und über die Vertragslaufzeit ab­schreiben wird.

Zu Beginn des dritten Jahres verlängert der Kunde den Vertrag um weitere zwei Jahre. Dem Unternehmen wird während der zweijährigen Verlängerungsperiode aus den Set-up-Kosten ein Nutzen zufließen. Infolgedessen verlängert es den verbleiben­den Abschreibungszeitraum von einem auf drei Jahre und passt den Abschreibungsaufwand entsprechend den Bestimmungen des IAS 8 zu Änderungen von Schätzungen in der Rechnungsle­gung an.

Hätte Unternehmen A jedoch bereits bei Vertragsabschluss die Erwartung gehegt, dass der Kunde den Vertrag verlängern wird, hätte es gemäß IFRS 15 die Set-up-Kosten über die voraussicht-liche Vertragslaufzeit einschließlich des erwarteten Verlängerungs­zeitraums (d. h. fünf Jahre) abgeschrieben.

Jeder vom Unternehmen erfasste Vermögenswert ist zum Ende jedes Geschäftsjahres auf eine Wertminderung hin zu prüfen, da die Aktivierungskriterien nur dann erfüllt sind, wenn die als Vermögenswert aktivierten Kosten über die gesamte Vertrags­laufzeit hinweg wieder erwirtschaftet werden können.

153EY Im Fokus: Der neue Standard zur Umsatzrealisierung |

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Sonstige Ansatz- und Bewertungsfragen8

Eine Wertminderung liegt vor, wenn der Buchwert der (des) erfassten Vermögenswerte(s) die erwartete Gegenleistung über­steigt, die das Unternehmen im Gegenzug für die Übertragung der betreffenden Güter und Dienstleistungen voraussichtlich erhalten wird, abzüglich der verbleibenden Kosten, die sich direkt auf die Lieferung dieser Güter und Dienstleistungen beziehen.

Die Höhe der vom Unternehmen erwarteten Gegenleistung wird unter Anwendung der Verfahrensgrundsätze für die Ermittlung des Transaktionspreises (siehe Abschnitt 5) ermittelt. Ausge­nommen hiervon sind die Bestimmungen zur Begrenzung der geschätzten variablen Gegenleistung. Dies bedeutet: Wenn das Unternehmen den geschätzten Transaktionspreis aufgrund der vorgeschriebenen Begrenzung der variablen Gegenleistung nach unten korrigieren müsste, würde es für den Werthaltigkeitstest den Transaktionspreis ohne diese Begrenzung verwenden. Aller­dings muss der nicht um die Begrenzung angepasste Transak-tionspreis um das Kundenausfallrisiko reduziert werden, bevor er in der Werthaltigkeitsprüfung verwendet werden kann.

Vor der Erfassung eines Wertminderungsaufwands für aktivierte Kosten der Vertragsanbahnung oder -erfüllung muss das Unter­nehmen jedoch prüfen, ob es Wertminderungsaufwendungen nach einem anderen Standard (z. B. IAS 36 Wertminderung von Ver-mögenswerten) ausgewiesen hat. Nach Durchführung der Wert­haltigkeitsprüfung für die aktivierten Kosten hat ein Unterneh­men den sich daraus ergebenden Buchwert in Anwendung von IAS 36 in den Buchwert einer zahlungsmittelgenerierenden Ein­heit aufzunehmen.

In Hinblick auf Wertaufholungen in Folgeperioden vertreten die Boards unterschiedliche Standpunkte: Nach US-GAAP ist die Auf­holung zuvor erfasster Wertminderungen nicht zulässig. IAS 36 hingegen verpflichtet zur Aufhebung aller oder eines Teils der in früheren Perioden für Vermögenswerte (außer Geschäfts- oder Firmenwerten) oder zahlungsmittelgenerierende Einheiten er­fassten Wertminderungsaufwendungen, wenn sich die Schätzun­gen, die zur Bestimmung des erzielbaren Betrags der Vermögens­werte verwendet wurden, seitdem geändert haben.61

8.4 Lizenzen für geistiges EigentumIFRS 15 enthält Anwendungsleitlinien für die Realisierung von Umsatzerlösen aus Lizenzen für geistiges Eigentum. Die hierfür anzuwendende Rechnungslegungsmethode unterscheidet sich geringfügig von den Regelungen zu allen sonstigen zugesagten Gütern und Dienstleistungen. Lizenzen für geistiges Eigentum können Folgendes zum Gegenstand haben: Software und Tech­nologie, Medien und Entertainment (z. B. Filme und Musik), Franchise-Rechte, Patente, Marken und Urheberrechte.

Die Boards hielten es für nötig, Unterscheidungsmerkmale zur Bestimmung der Art der von einem Unternehmen mit der Ertei­lung der Lizenz abgegebenen Zusage einzuführen. Basierend auf der Art der Lizenzzusage lässt sich die zentrale Fragestellung im Rahmen der Erfassung von Umsatzerlösen aus Lizenzen be­antworten: Wird die Lizenz zu einem bestimmten Zeitpunkt oder über einen bestimmten Zeitraum an den Kunden übertragen? Diese zusätzlichen Vorgaben sind nach Auffassung der Boards deshalb notwendig, da es nach ihrer Einschätzung schwierig ist, den Zeitpunkt zu ermitteln, zu dem ein Kunde die Verfügungs­gewalt über einen zugesagten Vermögenswert erlangt, ohne zuvor die Art der Lizenz und die damit verbundenen Leistungs­verpflichtungen des Unternehmens zu identifizieren. Diese Aspekte werden nachfolgend näher thematisiert.

8.4.1 Feststellung der Abgrenzbarkeit einer LizenzDie Anwendungsleitlinien zu Lizenzen für geistiges Eigentum gelten ausschließlich für Lizenzen, die einzeln abgrenzbar sind. Ist die Lizenz der einzige (explizit oder implizit) zugesagte Vertragsgegenstand, fällt die Lizenz ganz unstrittig unter die Anwendungsleitlinien.

Oftmals sind Lizenzen jedoch Teil von Mehrkomponentenverträ­gen, die (explizite oder implizite) Zusagen für weitere Güter und Dienstleistungen enthalten. In solchen Fällen bestimmt das Unternehmen zunächst, ob die Lizenz für geistiges Eigentum abgrenzbar ist (siehe hierzu auch die Abschnitte 4.1 und 4.2). Dies umfasst eine Beurteilung, ob der Kunde die Lizenz separat oder zusammen mit anderen jederzeit verfügbaren Ressourcen nutzen kann. Lizenzen für geistiges Eigentum sind zwar häufig abgrenzbar, können aber in vielen Fällen nur in Verbindung mit

61 Siehe IAS 36.109–125.

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einem anderen Gut oder einer anderen Dienstleistung genutzt werden. Eine Softwarelizenz kann zum Beispiel Teil eines mit der betreffenden Software betriebenen materiellen Guts sein, wobei die Software einen wesentlichen Einfluss auf die Eigenschaften und Funktionen dieses Guts hat. Ein weiteres Beispiel ist die Ertei­lung einer an Hosting-Leistungen gekoppelten Softwarelizenz an einen Kunden (d. h., der Kunde kann die Software nur zusammen mit dem Hosting nutzen). In beiden Beispielen kann der Kunde die Lizenz nicht separat nutzen. Sie ist demnach nicht abgrenzbar. Eine solche Lizenz wird für gewöhnlich zusammen mit den übri­gen zugesagten Gütern oder Dienstleistungen bereitgestellt.

Bei den meisten Lizenzen, die nicht abgrenzbar sind, würde das Unternehmen die für die übrigen Güter und Dienstleistungen geltenden Bestimmungen anwenden, um die zusammengefasste Leistungsverpflichtung zu bilanzieren (beispielweise würde es gemäß IFRS 15.31–36 prüfen, ob die zusammengefasste Leistungs­verpflichtung durch Übertragung der Verfügungsgewalt über

einen bestimmten Zeitraum oder zu einem bestimmten Zeitpunkt erfüllt wird [siehe hierzu auch die Abschnitte 7.1 und 7.2]).

In der Grundlage für Schlussfolgerungen weisen die Boards darauf hin, dass die Lizenz in manchen Fällen zwar nicht von dem Gut oder der Dienstleistung abgrenzbar ist, das bzw. die zusam­men mit der Lizenz übertragen wird, dafür aber den Hauptbestand­teil oder den vorrangigen Bestandteil des zusammengefassten Übertragungsgegenstandes bildet.62 Die Boards sind zu dem Ergebnis gelangt, dass die zusätzlichen Anwendungsleitlinien für Lizenzen auch in solchen Fällen maßgeblich sind. Allerdings lie­fern die Boards keine Anwendungsleitlinien oder Beispiele für die Bestimmung, wann eine Lizenz den Hauptbestandteil oder den vorrangigen Bestandteil darstellt.

Der Standard enthält das folgende Beispiel, um die Verfahrens­weise bei der Prüfung, ob eine Lizenz abgrenzbar ist, zu veran - schaulichen:

Auszug aus IFRS 15

Beispiel 56 – Identifizierung einer abgrenzbaren Lizenz (IFRS 15.IE281–IE288)

Ein Pharmaunternehmen lizenziert an einen Kunden seine Patentrechte an einem zugelassenen Arzneipräparat für die Dauer von zehn Jahren und verpflichtet sich außerdem zur Herstellung des Arzneimittels für seinen Kunden. Das Medikament ist am Markt etabliert. Daher betreibt das Unternehmen entsprechend seinen Geschäftsgepflogenheiten keine Verkaufsförderungsaktivitäten.

Fall A: Die Lizenz ist nicht abgrenzbarIn diesem Fall ist der Produktionsprozess so hochgradig spezialisiert, dass kein anderes Unternehmen das Arzneimittel herstellen kann. Die Lizenz kann somit nicht getrennt von den Produktionsleistungen erworben werden.

Das Unternehmen prüft die dem Kunden zugesagten Güter und Dienstleistungen, um zu bestimmen, welche Güter und Dienstleistun­gen in Übereinstimmung mit Paragraph 27 des IFRS 15 einzeln abgrenzbar sind. Dabei kommt es zu dem Ergebnis, dass der Kunde die Lizenz nur in Verbindung mit den Produktionsleistungen nutzen kann. Das Kriterium in Paragraph 27(a) des IFRS 15 ist demnach nicht erfüllt. Folglich sind die Lizenz und die Produktionsleistungen nicht einzeln abgrenzbar, und das Unternehmen behandelt die Lizenz und die Produktionsleistungen als eine einzige Leistungsverpflichtung.

Das Unternehmen wendet die Paragraphen 31–38 des IFRS 15 an, um zu bestimmen, ob die Leistungsverpflichtung (d. h. die Lizenz zusammen mit den Produktionsleistungen) zu einem bestimmten Zeitpunkt oder über einen bestimmten Zeitraum erfüllt wird.

62 Siehe IFRS 15.BC407.

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Sonstige Ansatz- und Bewertungsfragen8

8.4.2 Bestimmung der Art der vom Unternehmen erteilten ZusageBei allen Lizenzen für geistiges Eigentum, die als abgrenzbar identifiziert worden sind, hat ein Unternehmen die Art der gegen­über dem Kunden erteilten Zusage zu prüfen. Dem Standard zufolge gewähren Unternehmen ihren Kunden entweder

• ein Recht auf Zugang zum geistigen Eigentum des Unterneh­mens in dem während der Lizenzdauer bestehenden Zustand einschließlich aller etwaiger Änderungen an diesem geistigen Eigentum (ein „Zugangsrecht“) oder

• ein Recht auf Nutzung des geistigen Eigentums des Unterneh­mens in dem zum Zeitpunkt der Lizenzerteilung bestehenden Zustand (ein „Nutzungsrecht“).

Auszug aus IFRS 15 | Fortsetzung

Fall B: Die Lizenz ist abgrenzbarIn diesem Fall ist der Prozess zur Herstellung des Medikaments weniger hoch spezialisiert, sodass auch andere Unternehmen das Produkt für den Kunden herstellen können.

Das Unternehmen prüft die dem Kunden zugesagten Güter und Dienstleistungen, um zu bestimmen, welche Güter und Dienstleistungen in Übereinstimmung mit Paragraph 27 des IFRS 15 einzeln abgrenzbar sind. Da der Produktionsprozess von anderen Unternehmen übernommen werden kann, stellt das Unternehmen fest, dass der Kunde die Lizenz auch separat (d. h. ohne die Produktionsleistungen) nutzen kann und dass die Lizenz vom Produktionsprozess abtrennbar ist (d. h., die Kriterien von Paragraph 27 des IFRS 15 sind erfüllt). Somit gelangt das Unternehmen zu dem Ergebnis, dass die Lizenz und die Produktionsleistungen einzeln abgrenzbar sind und dass dem Unternehmen zwei Leistungsverpflichtungen entstehen:

(a) die Lizenzierung der Patentrechte; und

(b) die Produktionsleistungen.

Das Unternehmen prüft die Art der von ihm abgegebenen Zusage zur Lizenzerteilung unter Zugrundelegung von Paragraph B58 des IFRS 15. Das betreffende Arzneimittel ist am Markt etabliert (d. h., es wurde für den Markt zugelassen, wird derzeit produziert und ist seit Jahren am Markt erhältlich). Zu den Geschäftsgepflogenheiten des Unternehmens gehört es, bei solchen gut am Markt eingeführten Produkten auf alle Verkaufsförderungsaktivitäten zu verzichten. Daher gelangt das Unternehmen zu dem Schluss, dass die Kriterien von Paragraph B58 des IFRS 15 nicht erfüllt sind, da weder der Vertrag vorsieht noch der Kunde nach vernünftiger Einschätzung erwartet, dass das Unter­nehmen Aktivitäten durchführt, die wesentliche Auswirkungen auf das geistige Eigentum haben, an dem der Kunde Rechte hält. In seine Prüfung der Kriterien des Paragraphen B58 bezieht das Unternehmen die separate Leistungsverpflichtung aus den zugesagten Produktions­leistungen nicht ein. Somit besteht die vom Unternehmen mit Übertragung der Lizenz abgegebene Zusage in der Gewährung eines Rechts auf Nutzung von geistigem Eigentum des Unternehmens in der Form und mit den Funktionsmerkmalen, die es zum Gewährungszeit­punkt aufweist. Folglich bilanziert das Unternehmen die Lizenz als Leistungsverpflichtung, die es zu einem bestimmten Zeitpunkt erfüllt.

Das Unternehmen wendet die Paragraphen 31–38 des IFRS 15 an, um zu bestimmen, ob es sich bei den Produktionsleistungen um eine Leistungsverpflichtung handelt, die zu einem bestimmten Zeitpunkt oder über einen bestimmten Zeitraum erfüllt wird.

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Als Hilfestellung für die Ermittlung, ob eine Lizenz ein Zugangs­recht oder ein Nutzungsrecht in Bezug auf das geistige Eigen­tum darstellt (ein wichtiger Aspekt bei der Bestimmung des

Erfüllungszeitraums und damit entscheidend für die zeitliche Erfassung der Umsatzerlöse), haben die Boards die folgenden Anwendungsleitlinien veröffentlicht:

Auszug aus IFRS 15

B57. Um festzustellen, ob seine Zusage zur Erteilung einer Lizenz für den Kunden ein Recht auf Zugang zu seinem geistigen Eigen­tum oder vielmehr ein Recht auf Nutzung seines geistigen Eigentums darstellt, hat ein Unternehmen zu ermitteln, ob der Kunde zum Zeitpunkt der Lizenzerteilung bestimmen kann, wie er die Lizenz nutzt, und im Wesentlichen den verbliebenen Nutzen aus der Lizenz ziehen kann. Ein Kunde kann zum Zeitpunkt der Lizenzerteilung nicht bestimmen, wie er die Lizenz nutzt, und nicht im Wesent­lichen den verbliebenen Nutzen aus der Lizenz ziehen, wenn das geistige Eigentum, an dem der Kunde Rechte hält, im Laufe der Lizenzdauer Änderungen unterliegt. Geistiges Eigentum (und damit auch die Einschätzung des Unternehmens, wann die Verfügungs­gewalt über die Lizenz auf den Kunden übergeht) ändert sich, wenn in Bezug auf das geistige Eigentum ein anhaltendes Engagement des Unternehmens besteht und das Unternehmen Aktivitäten durchführt, die wesentliche Auswirkungen auf das geistige Eigentum haben, an dem der Kunde Rechte hält. In diesem Fall gewährt die Lizenz dem Kunden ein Recht auf Zugang zu geistigem Eigentum des Unternehmens (siehe Paragraph B58). Hingegen kann ein Kunde zum Zeitpunkt der Lizenzerteilung bestimmen, wie er die Lizenz nutzt, und im Wesentlichen den verbliebenen Nutzen aus der Lizenz ziehen, wenn das geistige Eigentum, an dem der Kunde Rechte hält, keinen Änderungen unterliegt (siehe Paragraph B61). Ist dies der Fall, führen Aktivitäten des Unternehmens lediglich zu einer Änderung seines eigenen Vermögenswerts (d. h. des zugrunde liegenden geistigen Eigentums), wodurch sich Auswirkungen auf die Fähigkeit des Unternehmens, auch künftig Lizenzen zu gewähren, ergeben können. Solche Aktivitäten haben jedoch keinen Einfluss auf die Feststellung, welche Rechte mit der Lizenz gewährt werden oder worüber der Kunde die Verfügungsgewalt erlangt.

B58. Eine von einem Unternehmen mit der Lizenzerteilung abgegebene Zusage stellt eine Zusage zur Gewährung eines Rechts auf Zugang zu geistigem Eigentum des Unternehmens dar, wenn die folgenden Bedingungen kumulativ erfüllt sind:

(a) der Vertrag sieht vor oder der Kunde erwartet nach vernünftiger Einschätzung, dass das Unternehmen Aktivitäten durchführen wird, die wesentliche Auswirkungen auf das geistige Eigentum haben, an dem der Kunde Rechte hält (siehe Paragraph B59);

(b) durch die mit der Lizenz gewährten Rechte ist der Kunde unmittelbar von allen positiven oder negativen Auswirkungen der in Paragraph B58(a) genannten Aktivitäten betroffen; und

(c) mit der Durchführung solcher Aktivitäten wird weder ein Gut noch eine Dienstleistung auf den Kunden übertragen (siehe Paragraph 25).

B59. Zu den möglichen Indikatoren, bei deren Vorliegen ein Kunde nach vernünftiger Einschätzung erwarten kann, dass ein Unterneh­men Aktivitäten durchführen wird, die wesentliche Auswirkungen auf das geistige Eigentum haben, zählen die Geschäftsgepflo­genheiten, veröffentlichten Leitlinien oder spezifischen Aussagen des Unternehmens. Haben das Unternehmen und der Kunde ein gemeinsames wirtschaftliches Interesse (wie z. B. eine umsatzabhängige Lizenzgebühr) in Bezug auf das geistige Eigentum, an dem der Kunde Rechte hält, ist dies ein weiterer möglicher (wenn auch nicht zwingender) Indikator dafür, dass der Kunde nach ver­nünftiger Einschätzung die Durchführung solcher Aktivitäten durch das Unternehmen erwarten kann.

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Sonstige Ansatz- und Bewertungsfragen8

Die Veröffentlichung dieser Anwendungsleitlinien spiegelt die Entscheidung der Boards wider, den Fokus auf die Merkmale von Lizenzen zu legen, die ein Zugangsrecht gewähren. Lizenzen für geistiges Eigentum, die nicht diese Merkmale aufweisen, fallen automatisch in die Kategorie der Nutzungsrechte. Diese Analyse ist auf Situationen gerichtet, in denen das zugrunde liegende geistige Eigentum im Laufe der Lizenzdauer Änderun­gen unterliegt.

Ausschlaggebend ist vor allem, ob das Unternehmen dazu ver­pflichtet ist, Aktivitäten durchzuführen, die Auswirkungen auf das der Lizenz zugrunde liegende geistige Eigentum haben (oder ob der Kunde nach vernünftiger Einschätzung mit solchen Akti-vitäten rechnet), und ob der Kunde somit von den positiven oder negativen Folgen solcher Änderungen betroffen ist. Darüber hinaus entsprechen solche Aktivitäten des Unternehmens nicht der Definition einer Leistungsverpflichtung. Sie können jedoch Teil der gewöhnlichen, laufenden Tätigkeiten und der Geschäfts­gepflogenheiten eines Unternehmens sein (d. h., es muss sich nicht um Tätigkeiten handeln, die das Unternehmen in direktem Zusammenhang mit dem Vertrag durchführt, den es mit dem Kunden geschlossen hat). Des Weiteren weisen die Boards in der Grundlage für Schlussfolgerungen darauf hin, dass das Vorhan­densein eines gemeinsamen wirtschaftlichen Interesses der Par­teien (wie z. B. eine umsatz- oder nutzungsabhängige Lizenz-gebühr) ein potenzieller Indikator dafür ist, dass der Kunde nach vernünftiger Einschätzung die Durchführung solcher Aktivitäten durch das Unternehmen erwartet.63

Wichtig ist, dass ein Unternehmen bei Durchführung dieser Beur­teilung den Effekt anderer Leistungsverpflichtungen aus der Ver­einbarung ausklammert. Wenn ein Unternehmen beispielsweise eine Vereinbarung über die Lizenzierung von Software und den Zugriff auf alle künftigen Softwareupdates innerhalb der Lizenz­dauer abschließt, prüft das Unternehmen zunächst, ob die Lizenz und die Zusage, den Kunden Zugriff auf künftige Updates zu

gewähren, separate Leistungsverpflichtungen darstellen. Sind diese als separat zu bewerten, hat das Unternehmen bei der Beurteilung, ob es vertraglich (explizit oder implizit) verpflichtet ist, während der Lizenzdauer Aktivitäten zur Modifizierung der Software durchzuführen, alle Änderungen und Aktivitäten unbe­rücksichtigt zu lassen, die in Zusammenhang mit der Leistungs­verpflichtung aus den zugesagten künftigen Upgrades stehen.

Der Standard enthält hierzu folgende Anwendungsleitlinien:

Auszug aus IFRS 15

B62. Bei der Beurteilung, ob eine Lizenz ein Recht auf Zugang zu geistigem Eigentum des Unternehmens oder ein Recht auf Nutzung von geistigem Eigentum des Unternehmens gewährt, hat ein Unternehmen die folgenden Faktoren unberücksichtigt zu lassen:

(a) Zeitliche oder geografische Beschränkungen, Nutzungsbe­schränkungen – Solche Beschränkungen stellen Merkmale der zugesagten Lizenz dar, legen aber nicht fest, ob das Unter­nehmen seine Leistungsverpflichtung zu einem bestimmten Zeitpunkt oder über einen bestimmten Zeitraum erfüllt.

(b) Zusicherungen des Unternehmens, dass es in Bezug auf das geistige Eigentum über ein gültiges Patent verfügt und dieses gegen unberechtigte Nutzung verteidigen wird – Die Zusage, ein Patentrecht zu verteidigen, stellt keine Leis­tungsverpflichtung dar, da diese Absicherungsmaßnahmen dazu dienen, den Wert des geistigen Eigentums des Unter­nehmens zu schützen, und dem Kunden die Sicherheit geben, dass die übertragene Lizenz die vertraglich zugesagten Lizenzkonditionen erfüllt.

63 Siehe IFRS 15.BC413.

158 | EY Im Fokus: Der neue Standard zur Umsatzrealisierung

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8.4.3 Übertragung der Verfügungsgewalt über lizenziertes geistiges EigentumIn Abhängigkeit davon, ob die Zusage des Unternehmens ein Zugangsrecht oder ein Nutzungsrecht in Bezug auf das geistige Eigentum darstellt, ist die dem lizenzierten geistigen Eigentum zugerechnete Gegenleistung aus der Vereinbarung entweder über die Lizenzdauer verteilt (bei einem Zugangsrecht) oder zu dem Zeitpunkt, zu dem der Kunde das lizenzierte geistige Eigentum zuerst nutzen kann (bei einem Nutzungsrecht), zu erfassen.

Zugangsrecht

Die Boards sind zu dem Ergebnis gelangt, dass die Leistungsver­pflichtung aus einer Lizenz, die einem Unternehmen das Recht auf

Zugang zu geistigem Eigentum gewährt, über einen bestimmten Zeitraum erfüllt wird, da dem Kunden der Nutzen aus der Leistung des Unternehmens zufließt und er die Leistung nutzt, während sie erbracht wird. Dies schließt die damit in Zusammenhang ste­henden Aktivitäten des Unternehmens mit ein.64 Die Schlussfol­gerung der Boards beruht auf der Einschätzung, dass der Kunde bei einer Lizenz, die Änderungen unterliegt (und bei der der Kunde von den positiven oder negativen Auswirkungen solcher Ände­rungen betroffen ist), die volle Verfügungsgewalt über das geistige Eigentum nicht zu einem bestimmten Zeitpunkt erlangen kann, sondern diese vielmehr über die Lizenzdauer hinweg erlangt.

Der Standard enthält folgendes Beispiel für eine Lizenz, die ein Zugangsrecht gewährt:

Auszug aus IFRS 15

Beispiel 58 – Zugang zu geistigem Eigentum (IFRS 15.IE297–IE302)

Ein Unternehmen, das Comics verlegt, erteilt einem Kunden für die Dauer von vier Jahren eine Lizenz zur Nutzung des Erscheinungs­bildes und der Namen von Charakteren aus drei der von ihm veröffentlichten Comics. Jeder der Comics enthält bestimmte Haupt-charaktere. Zusätzlich zu diesen werden jedoch regelmäßig neue Charaktere eingeführt, und das Erscheinungsbild der einzelnen Charaktere ändert sich im Laufe der Zeit. Der Kunde, ein Betreiber von Kreuzfahrtschiffen, darf unterschiedlichen Gebrauch von den Charakteren des Unternehmens machen, etwa in Shows oder Paraden, sofern dies innerhalb vernünftiger Grenzen erfolgt. Der Kunde ist vertraglich verpflichtet, jeweils das aktuellste Erscheinungsbild der Charaktere zu verwenden.

Im Gegenzug für die Erteilung der Lizenz erhält das Unternehmen in jedem Jahr der vierjährigen Laufzeit eine feste Zahlung von WE 1 Mio.

Das Unternehmen prüft die dem Kunden zugesagten Güter und Dienstleistungen gemäß Paragraph 27 des IFRS 15, um zu ermitteln, welche Güter und Dienstleistungen einzeln abgrenzbar sind. Dabei kommt es zu dem Ergebnis, dass seine einzige Leistungsver­pflichtung in der Zusage besteht, eine Lizenz zu erteilen. Dies bedeutet, dass mit den zusätzlichen Aktivitäten, die in Verbindung mit der Lizenz durchgeführt werden, keine unmittelbare Übertragung eines Gutes oder einer Dienstleistung auf den Kunden stattfindet. Diese Aktivitäten sind vielmehr Teil der Zusage des Unternehmens, eine Lizenz zu erteilen, und führen zu einer Änderung des geistigen Eigentums, an dem der Kunde Rechte hält.

64 Siehe IFRS 15.BC414.

159EY Im Fokus: Der neue Standard zur Umsatzrealisierung |

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Sonstige Ansatz- und Bewertungsfragen8

Nutzungsrecht

Handelt es sich bei der Lizenz indes um ein Nutzungsrecht für das geistige Eigentum in dem Zustand, den es zu einem bestimmten Zeitpunkt aufweist, erlangt der Kunde die Verfügungsgewalt über das geistige Eigentum zu Beginn des Zeitraums, für den ihm ein Nutzungsrecht an dem geistigen Eigentum gewährt wurde. Die­ser Zeitpunkt kann von dem Erteilungszeitpunkt der Lizenz ab­weichen. So kann ein Unternehmen einem Kunden das Recht auf Nutzung von geistigem Eigentum gewähren, zugleich aber darauf hinweisen, dass dieses Nutzungsrecht erst 30 Tage nach Ver­tragsunterzeichnung in Kraft tritt. Die Boards stellen im Hinblick

auf den Zeitpunkt der Übertragung der Verfügungsgewalt bei Nutzungsrechten klar, dass dessen Bestimmung aus Sicht des Kunden (d. h., maßgeblich ist, ab wann der Kunde das lizenzierte geistige Eigentum nutzen kann) und nicht aus der Perspektive des Unternehmens (d. h., maßgeblich ist der Zeitpunkt der Lizenz-übertragung durch das Unternehmen) erfolgt.

Der Standard enthält folgendes Beispiel für eine Lizenz, die ein Nutzungsrecht gewährt:

Auszug aus IFRS 15 | Fortsetzung

Das Unternehmen beurteilt die Art seiner Zusage zur Übertragung der Lizenz gemäß Paragraph B58 des IFRS 15. Bei der Prüfung der Kriterien erwägt das Unternehmen folgende Feststellungen:

(a) Der Kunde erwartet nach vernünftiger Einschätzung (auf Grundlage der Geschäftsgepflogenheiten des Unternehmens), dass das Unternehmen Aktivitäten durchführen wird, die Auswirkungen auf das geistige Eigentum haben werden, an dem der Kunde Rechte hält (d. h. die Charaktere). Zu solchen Aktivitäten zählen die Weiterentwicklung der bestehenden und die Entwicklung neuer Charaktere sowie die wöchentliche Veröffentlichung einer neuen Folge des Comics, in der die Charaktere vorkommen.

(b) Durch die mit der Lizenz gewährten Rechte ist der Kunde unmittelbar von allen positiven oder negativen Auswirkungen der Aktivitäten des Unternehmens betroffen, da er vertraglich dazu verpflichtet ist, das jeweils aktuellste Erscheinungsbild der Charaktere zu verwenden.

(c) Zwar kann dem Kunden aufgrund der ihm mit der Lizenz verliehenen Rechte ein Nutzen aus diesen Aktivitäten zufließen, doch wird mit der Durchführung solcher Aktivitäten weder ein Gut noch eine Dienstleistung auf den Kunden übertragen.

Daraus schließt das Unternehmen, dass die Kriterien des Paragraphen B58 erfüllt sind und dass die Zusage des Unternehmens, die Lizenz auf den Kunden zu übertragen, ein Zugangsrecht darstellt, mit dem der Kunde Zugang zu dem geistigen Eigentum des Unter­nehmens in dem während der Lizenzdauer bestehenden Zustand erhält. Folglich bilanziert das Unternehmen die zugesagte Lizenz als Leistungsverpflichtung, die über einen bestimmten Zeitraum erfüllt wird (d. h., die Voraussetzung in Paragraph 35(a) des IFRS 15 trifft zu).

Unter Anwendung der Paragraphen 39–45 des IFRS 15 bestimmt das Unternehmen die Methode, die seine Leistungserfüllung in Bezug auf die Lizenz am besten abbildet. Da der Vertrag dem Kunden gestattet, die lizenzierten Charaktere für einen festen Zeitraum unbeschränkt zu verwenden, ist das Unternehmen der Auffassung, dass sich eine zeitbasierte Methode am besten eignet, um den Leistungsfortschritt gegenüber der vollständigen Erfüllung der Leistungsverpflichtung zu bestimmen.

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8.4.4 Umsatz- oder nutzungsbasierte Lizenzgebühren für lizenziertes geistiges EigentumIFRS 15 enthält außerdem Anwendungsleitlinien für die Ermitt­lung des Transaktionspreises in Fällen, in denen die Vereinba­rung umsatz- oder nutzungsbasierte Lizenzgebühren für lizen­ziertes geistiges Eigentum enthält. Der Standard schreibt vor, dass diese spezielle Art der variablen Gegenleistung erst dann in die Schätzung der variablen Gegenleistung aufzunehmen ist (siehe hierzu auch Abschnitt 5.1), wenn der spätere Verkauf oder die spätere Nutzung stattgefunden hat. Genauer gesagt: Dem Standard zufolge erfasst ein Unternehmen solche Beträge erst bei Stattfinden des Verkaufs oder der Nutzung oder bei

(vollständiger oder teilweiser) Erfüllung der Leistungsverpflich­tung, der alle oder ein Teil der umsatz- oder nutzungsbasierten Lizenzgebühren zugeordnet worden sind, wobei der spätere die­ser beiden Zeitpunkte zu wählen ist.

Diese Anwendungsleitlinien gelten für alle Lizenzen für geistiges Eigentum, wobei es keine Rolle spielt, ob eine Lizenz als abgrenz­bar eingestuft worden ist. Allerdings gelten sie nicht für alle Ver­einbarungen, die umsatz- oder nutzungsbasierte Lizenzgebühren enthalten. Sie sind nur auf umsatz- oder nutzungsbasierte Lizenz­gebühren anwendbar, die im Zusammenhang mit Lizenzen für geistiges Eigentum anfallen.

Auszug aus IFRS 15

Beispiel 59 – Recht zur Nutzung geistigen Eigentums (IFRS 15.IE303–IE306)

Ein Musiklabel (nachfolgend als „Unternehmen“ bezeichnet) erteilt einem Kunden eine Lizenz für eine 1975 von einem renommier­ten Orchester eingespielte Aufnahme einer Sinfonie. Der Kunde, ein Hersteller von Konsumgütern, hat das Recht, die Aufnahme der Sinfonie für die Dauer von zwei Jahren in sämtlichen von ihm in Land A durchgeführten Werbekampagnen, einschließlich Fernseh-, Rundfunk- und Internetwerbung, zu verwenden. Im Gegenzug für die Erteilung der Lizenz erhält das Unternehmen eine feste monat­liche Vergütung von WE 10.000. Es ist vertraglich nicht vorgesehen, dass weitere Güter oder Dienstleistungen von dem Unterneh­men bereitgestellt werden. Der Vertrag ist nicht kündbar.

Das Unternehmen prüft die dem Kunden zugesagten Güter und Dienstleistungen, um zu bestimmen, welche Güter und Dienstleistun­gen in Übereinstimmung mit Paragraph 27 des IFRS 15 einzeln abgrenzbar sind. Dabei kommt das Unternehmen zu dem Ergebnis, dass seine einzige Leistungsverpflichtung in der Erteilung der Lizenz besteht.

Das Unternehmen beurteilt die Art seiner Zusage zur Lizenzerteilung unter Zugrundelegung von Paragraph B58 des IFRS 15. Es hat weder eine vertraglich vereinbarte noch eine implizite Verpflichtung, Änderungen an der lizenzierten Aufnahme vorzunehmen. Somit ist das geistige Eigentum, an dem der Kunde Rechte hält, unveränderlich. Das Unternehmen schließt daraus, dass die mit Über­tragung der Lizenz abgegebene Zusage darin besteht, dem Kunden ein Recht auf Nutzung von geistigem Eigentum des Unterneh­mens in dem Zustand zu gewähren, den das geistige Eigentum zum Zeitpunkt der Lizenzerteilung aufweist. Folglich stellt die Zusage, die Lizenz zu erteilen, eine Leistungsverpflichtung dar, die zu einem bestimmten Zeitpunkt erfüllt wird. Das Unternehmen erfasst sämtliche Umsatzerlöse zu dem Zeitpunkt, zu dem der Kunde bestimmen kann, wie er das lizenzierte geistige Eigentum nutzt und im Wesentlichen den verbliebenen Nutzen aus dem lizenzierten geistigen Eigentum ziehen kann.

Aufgrund der zeitlichen Diskrepanz zwischen der Leistungserfüllung (zu Beginn der Lizenzdauer) und den vom Kunden über den Zeitraum von zwei Jahren (eine vorzeitige Kündigung ist nicht möglich) geleisteten monatlichen Vergütungszahlungen ermittelt das Unternehmen gemäß den Paragraphen 60–65 des IFRS 15, ob eine wesentliche Finanzierungskomponente besteht.

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Sonstige Ansatz- und Bewertungsfragen8

Auszug aus IFRS 15

Beispiel 57 – Franchise-Rechte (IFRS 15.IE289–IE296)

Ein Unternehmen schließt mit einem Kunden einen Franchise-Vertrag, in dem es die Erteilung einer Lizenz zusagt. Mit dieser Franchise- Lizenz erwirbt der Kunde das Recht, den Namen des Unternehmens zu nutzen und dessen Produkte für die Dauer von zehn Jahren zu vertreiben. Neben der Lizenz sagt das Unternehmen auch die Bereitstellung der nötigen Geschäftseinrichtung für die Franchise- Filiale zu. Im Gegenzug für die Erteilung der Lizenz erhält das Unternehmen eine umsatzabhängige Lizenzgebühr in Höhe von 5 % des monatlichen Umsatzes, den der Kunde erzielt. Die feste Gegenleistung für die Geschäftseinrichtung beträgt WE 150.000 und ist bei Anlieferung der Einrichtung zu entrichten.

Identifizierung der LeistungsverpflichtungenDas Unternehmen prüft die dem Kunden zugesagten Güter und Dienstleistungen, um zu bestimmen, welche Güter und Dienstleistungen in Übereinstimmung mit Paragraph 27 des IFRS 15 einzeln abgrenzbar sind. Das Unternehmen stellt dabei fest, dass seine Geschäfts-gepflogenheiten als Franchisegeber Aktivitäten wie die Untersuchung von Änderungen der Kundenpräferenzen und die Realisierung von Produktverbesserungen, Preisstrategien, Marketingkampagnen und operativen Effizienzpotenzialen zur Stärkung der Franchise- Marke beinhalten. Allerdings erfolgt mit diesen Aktivitäten nach Auffassung des Unternehmens keine unmittelbare Übertragung eines Gutes oder einer Dienstleistung auf den Kunden. Diese Aktivitäten sind vielmehr Teil der Zusage des Unternehmens, eine Lizenz zu erteilen, und führen zu einer Änderung des geistigen Eigentums, an dem der Kunde Rechte hält.

Das Unternehmen identifiziert zwei Zusagen zur Übertragung von Gütern oder Dienstleistungen: eine Zusage zur Erteilung einer Lizenz und eine Zusage zur Übertragung von Einrichtungsgegenständen. Außerdem kommt das Unternehmen zu dem Ergebnis, dass diese beiden Zusagen einzeln abgrenzbar sind, da der Kunde jede Zusage (d. h. die Zusage zur Erteilung der Lizenz und die Zusage zur Übertragung der Geschäftseinrichtung) entweder einzeln oder zusammen mit anderen jederzeit verfügbaren Ressourcen nutzen kann (siehe Paragraph 27(a) des IFRS 15). Dies bedeutet: Der Kunde kann die Lizenz zusammen mit der Geschäftseinrich­tung, die vor Eröffnung der Franchise-Filiale angeliefert wird, nutzen, und die Geschäftseinrichtung kann entweder in der Franchise- Filiale genutzt oder für einen über dem Schrottwert liegenden Betrag verkauft werden. Das Unternehmen gelangt außerdem zu dem Schluss, dass Franchise-Lizenz und Geschäftseinrichtung nach dem Bestimmungskriterium von Paragraph 27(b) des IFRS 15 eigenständig identifizierbar sind, da keiner der Faktoren aus Paragraph 29 des IFRS 15 vorliegt. Folglich hat das Unternehmen zwei Leistungsverpflichtungen:

(a) die Franchise-Lizenz; und

(b) die Geschäftseinrichtung. Allokation des TransaktionspreisesDas Unternehmen stellt fest, dass der Transaktionspreis eine feste Gegenleistung in Höhe von WE 150.000 und eine variable Gegenleistung in Höhe von 5 % des vom Kunden erzielten Umsatzes enthält.

Der Standard enthält folgendes Beispiel zu umsatz- und nutzungsbasierten Lizenzgebühren:

162 | EY Im Fokus: Der neue Standard zur Umsatzrealisierung

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Auszug aus IFRS 15 | Fortsetzung

Daraufhin wendet das Unternehmen Paragraph 85 des IFRS 15 an, um zu prüfen, ob die variable Gegenleistung vollumfänglich der Leis­tungsverpflichtung zur Übertragung der Franchise-Lizenz zuzuordnen ist. Das Unternehmen kommt zu dem Ergebnis, dass die variable Gegenleistung (d. h. die umsatzbasierte Lizenzgebühr) in voller Höhe der Franchise-Lizenz zuzuweisen ist, da sie sich ausschließlich auf die Zusage des Unternehmens zur Erteilung der Franchise-Lizenz bezieht. Daneben stellt das Unternehmen fest, dass die Zuordnung von WE 150.000 zu der Geschäftseinrichtung und die Zuweisung der umsatzbasierten Lizenzgebühr zu der Franchise-Lizenz in Einklang mit den relativen Einzelveräußerungspreisen des Unternehmens aus vergleichbaren Verträgen steht. Der Einzelveräußerungspreis der Geschäftseinrichtung beträgt somit WE 150.000, und das Unternehmen erteilt regelmäßig Franchise-Lizenzen für eine Gegenleistung in Höhe von 5 % des vom Kunden erzielten Umsatzes. Daraus schließt das Unternehmen, dass die variable Gegenleistung (d. h. die um­satzabhängige Lizenzgebühr) vollumfänglich der Leistungsverpflichtung zur Erteilung der Franchise-Lizenz zuzuordnen ist.

Anwendungsleitlinien: LizenzerteilungDas Unternehmen beurteilt die Art der von ihm abgegebenen Zusage zur Erteilung der Franchise-Lizenz unter Zugrundelegung von Paragraph B58 des IFRS 15. Dabei gelangt das Unternehmen zu dem Ergebnis, dass die Kriterien des Paragraphen B58 erfüllt sind und dass seine Zusage ein Zugangsrecht darstellt, das während der gesamten Lizenzdauer Zugang zu dem geistigen Eigentum des Unternehmens in seiner jeweils aktuellen Beschaffenheit gewährt. Das Unternehmen begründet diese Schlussfolgerung wie folgt:

(a) Aus Sicht des Unternehmens erwartet der Kunde nach vernünftiger Einschätzung, dass das Unternehmen Aktivitäten durchführen wird, die wesentliche Auswirkungen auf das geistige Eigentum haben werden, an dem der Kunde Rechte hält. Diese Unterstellung beruht auf den Geschäftsgepflogenheiten des Unternehmens, die Maßnahmen wie die Untersuchung von Änderungen der Kun­denpräferenzen und die Realisierung von Produktverbesserungen, Preisstrategien, Marketingkampagnen und operativen Effizienz­potenzialen umfassen. Das Unternehmen stellt außerdem fest, dass ein Teil der ihm zustehenden Gegenleistung vom Erfolg des Franchisenehmers abhängig ist (die umsatzabhängige Lizenzgebühr). Damit liegt ein gemeinsames wirtschaftliches Interesse mit dem Kunden vor, das als Indikator dafür zu werten ist, dass der Kunde vom Unternehmen die Durchführung dieser ertragsmaxi­mierenden Aktivitäten erwartet.

(b) Zweitens konstatiert das Unternehmen, dass die Franchise-Lizenz für den Kunden mit der Verpflichtung verbunden ist, die sich aus diesen Aktivitäten ergebenden Änderungen zu übernehmen. Der Kunde ist somit von allen positiven oder negativen Auswir­kungen der durchgeführten Aktivitäten betroffen.

(c) Drittens stellt das Unternehmen fest, dass dem Kunden aufgrund der ihm mit der Lizenz verliehenen Rechte zwar ein Nutzen aus diesen Aktivitäten zufließen kann, doch dass mit der Durchführung solcher Aktivitäten weder ein Gut noch eine Dienstleistung auf den Kunden übertragen wird.

Da die Kriterien von Paragraph B58 des IFRS 15 erfüllt sind, gelangt das Unternehmen zu dem Schluss, dass die Zusage zur Übertragung der Lizenz eine Leistungsverpflichtung darstellt, die nach Paragraph 35(a) des IFRS 15 über einen bestimmten Zeitraum erfüllt wird.

Das Unternehmen beschließt außerdem, Paragraph B63 des IFRS 15 anzuwenden, da die Gegenleistung aus einer umsatzbasierten Lizenzgebühr besteht. Danach erfasst das Unternehmen die nach Übertragung der Franchise-Lizenz erzielten Umsatzerlöse zum Zeit­punkt der Umsatzrealisierung durch den Lizenznehmer.

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Die Darstellungs- und Angabevorschriften des IFRS 15 gehen weit über die Bestimmungen der aktuellen Standards hinaus. Zudem unterscheiden sich die Angabevorschriften für Zwischenabschlüsse nach IFRS von denen für Zwischenabschlüsse nach US-GAAP. Diese Sachverhalte werden im Folgenden näher thematisiert.

Hinweis: Die nachfolgend erläuterten Angabevorschriften sind kontinuierlich zu erfüllen. Die im Rahmen der Umstellung auf IFRS 15 zu erfüllenden Angabevorschriften werden in Abschnitt 1.2 näher erläutert.

9.1 Darstellung von vertraglichen Vermögenswerten und vertraglichen Verbindlichkeiten sowie von Umsatzerlösen

IFRS 15 beruht auf dem Konzept, dass ein vertraglicher Vermö-genswert (contract asset) oder eine vertragliche Verbindlich-keit (contract liability) entsteht, wenn eine der Vertragspar-teien ihrer Verpflichtung aus einem Vertrag nachkommt. Gemäß dem Standard hat ein Unternehmen diese vertraglichen Ver-mögenswerte oder vertraglichen Verbindlichkeiten in der Bilanz auszuweisen.

Hat ein Unternehmen durch Lieferung der zugesagten Güter oder Dienstleistungen eine Leistungsverpflichtung erfüllt, dann hat es einen Anspruch auf Erhalt einer Gegenleistung vom Kunden erworben und verfügt somit über einen vertraglichen Vermögens-wert. Erfüllt zuerst der Kunde eine seiner Vertragspflichten, indem er beispielsweise eine Vorauszahlung auf die von ihm zugesagte Gegenleistung entrichtet, entsteht beim Unternehmen eine ver-tragliche Verbindlichkeit.

In vielen Fällen hat das Unternehmen einen unbedingten Anspruch auf Erhalt der Gegenleistung vom Kunden. Dies ist dann der Fall, wenn keine weiteren Leistungsverpflichtungen erfüllt werden müssen, bevor das Unternehmen den Anspruch auf Erhalt der Gegenleistung vom Kunden erwirbt. Die Boards sind der Auffas-sung, dass ein unbedingter Anspruch auf Erhalt der Gegenleis-tung vom Kunden eine Forderung gegen den Kunden darstellt,

die getrennt von den vertraglichen Vermögenswerten auszu-weisen ist. Ein unbedingter Anspruch liegt vor, wenn die Gegen-leistung fällig ist oder die Fälligkeit automatisch durch Zeitab-lauf eintritt.

Ein vertraglicher Vermögenswert liegt dann vor, wenn ein Unter-nehmen eine Leistungsverpflichtung erfüllt, jedoch noch keinen unbedingten Anspruch auf Erhalt der Gegenleistung erworben hat (z. B., weil es zuerst eine weitere Leistungsverpflichtung in dem Vertrag erfüllen muss, bevor es dem Kunden eine Rechnung stel-len kann).

Gemäß IFRS 15 sind Unternehmen nicht verpflichtet, die Begriffe „vertraglicher Vermögenswert“ oder „vertragliche Verbindlich-keit“ zu verwenden. Sie müssen jedoch ausreichende Informatio-nen veröffentlichen, damit Abschlussadressaten klar zwischen einem unbedingten Anspruch auf Erhalt einer Gegenleistung (Forderungen) und einem bedingten Anspruch auf Erhalt einer Gegenleistung (vertragliche Vermögenswerte) unterscheiden können.

Nach dem erstmaligen Ansatz werden Forderungen und ver-tragliche Vermögenswerte gemäß IFRS 9 oder IAS 39 auf Wert-minderung überprüft. Ergibt sich außerdem beim erstmaligen Ansatz ein Unterschied zwischen der Bewertung der Verbind-lichkeit nach IFRS 9 oder IAS 39 und dem entsprechenden Betrag der Umsatzerlöse, wird der Unterschied sofort ergebnis-wirksam erfasst (d. h. als Wertminderungsaufwand). Da der erstmalige Ansatz eines Finanzinstruments zum beizulegen-den Zeitwert erfolgt, gibt es zahlreiche Gründe, warum solche Unterschiede auftreten können (z. B. Änderungen des beizu-legenden Zeitwerts einer nicht zahlungswirksamen Gegenleis-tung). Ausgehend von den Erläuterungen in Abschnitt 5.1.1 (betreffend die Frage, wie das Kriterium der Einbringlichkeit bei der Bestimmung des Transaktionspreises berücksichtigt wird) kann sich ein Unterschied zwischen der Bewertung der Forde-rung und dem entsprechenden Umsatzerlös ergeben, wenn ein Unternehmen zu dem Schluss gelangt, dass im Ausfallrisiko des Kunden kein impliziter Preisnachlass zum Ausdruck kommt. Wertminderungsaufwendungen, die sich aus Verträgen mit Kunden ergeben, sind getrennt von anderen Wertminderungs-aufwendungen auszuweisen.

9Darstellung und Angaben

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Ein Unternehmen kann auch andere Vermögenswerte (z. B. Kos-ten, die im Zusammenhang mit der Vertragsanbahnung angefallen sind, und andere Vertragskosten, welche die Voraussetzungen für eine Aktivierung erfüllen) erfasst haben. Der Standard schreibt vor, dass derartige Vermögenswerte – sofern sie wesentlich sind – in der Bilanz getrennt von den vertraglichen Vermögenswer-ten und vertraglichen Verbindlichkeiten auszuweisen sind. Auch diese werden separat auf Wertminderung überprüft (siehe Abschnitt 8.3.3).

Der Standard schreibt zudem vor, dass Umsatzerlöse aus Ver-trägen mit Kunden getrennt von den anderen Erlösquellen des Unternehmens darzustellen sind. So hat beispielsweise ein großer Anlagenhersteller, der seine Anlagen sowohl verkauft als auch vermietet, die auf diese beiden unterschiedlichen Arten von Geschäftstransaktionen entfallenden Umsatzerlöse separat auszuweisen.

Unsere Sichtweise Die von IFRS 15 an die Darstellung gestellten Anforderungen unterscheiden sich deutlich von der bisherigen Bilanzierungs-praxis. Zudem könnten sich gerade bei der Anwendung des Konzepts eines vertraglichen Vermögenswerts und bei jeder Wertminderung dieses Vermögenswerts Fragen ergeben.

9.2 Zielsetzung und allgemeine Vorschriften

Als Reaktion auf die Kritik, die derzeit geltenden Angabevorschrif-ten zur Umsatzrealisierung seien unzureichend, hatten sich die Boards zum Ziel gesetzt, umfangreiche und kohärente Angabe-pflichten zu erarbeiten. Die grundsätzliche Zielsetzung für die im Anhang auszuweisenden Angaben, die überdies die Konsistenz mit anderen kürzlich veröffentlichten Standards gewährleisten soll, ist in IFRS 15 wie folgt integriert worden:

Auszug aus IFRS 15

110. Die Zielsetzung der Angabevorschriften besteht darin, dass ein Unternehmen ausreichende Informationen vorlegt, um es den Abschlussadressaten zu ermöglichen, die Art, den Betrag, den Zeitpunkt und die Unsicherheit von Umsatzerlösen und Zahlungsflüssen, die sich aus Verträgen mit Kunden ergeben, zu verstehen. Hierzu hat ein Unternehmen qualitative und quanti-tative Angaben über alle folgenden Sachverhalte vorzulegen:

(a) seine Verträge mit Kunden (siehe Paragraphen 113–122);

(b) die wesentlichen Ermessensentscheidungen (einschließlich Änderungen dieser Ermessensentscheidungen), die bei der Anwendung dieses Standards auf diese Verträge getroffen wurden (siehe Paragraphen 123–126); und

(c) sämtliche aktivierten Kosten, die im Rahmen der Vertrags-anbahnung oder im Zusammenhang mit der Erfüllung eines Vertrags mit einem Kunden gemäß Paragraph 91 oder 95 entstehen (siehe Paragraphen 127–128).

Diese drei Kategorien von Angabepflichten werden im Folgenden näher erläutert. Damit Unternehmen die erforderlichen Angaben leichter bestimmen können, enthält Anhang A einen Auszug aus der IFRS-Checkliste für angabepflichtige Informationen von EY.

Während der Entwicklung von IFRS 15 hatten viele Abschluss-ersteller kritisiert, dass sie umfangreiche Angaben vorlegen müssten, deren Kosten den möglichen Nutzen übersteigen könn-ten. Im Standard haben die Boards die Zielsetzung der Angabe-pflichten präzisiert und darauf hingewiesen, dass die im Standard aufgeführten Angaben nicht als Checkliste der Mindestanforde-rungen zu verstehen sind. Das bedeutet: Unternehmen müssen keine Angaben vorlegen, die für sie nicht relevant oder nicht wesentlich sind. Darüber hinaus haben die Boards beschlossen, für bestimmte Angaben qualitative Informationen anstelle von tabellarischen Überleitungsrechnungen vorzuschreiben.

Darstellung und Angaben9

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Die Angaben sind für jeden (und zu jedem) Zwölfmonatszeit-raum vorzulegen, für den eine Gesamtergebnisrechnung und eine Bilanz erstellt werden. Außerdem sind Angaben in Zwischenab-schlüssen zu machen, wenn Unternehmen diese erstellen müssen oder freiwillig erstellen. Die in Zwischenabschlüssen erforder-lichen Angaben divergieren jedoch zwischen IFRS und US-GAAP. Das IASB hat IAS 34 Zwischenberichterstattung lediglich um die Aufgliederung von Umsatzerlösen erweitert, die IFRS 15 auch für Abschlüsse vorsieht, die eine ganze Jahresperiode (und inso-weit eine vollständige Berichtsperiode) umfassen. Die weiteren Angabepflichten für vollständige Berichtsperioden gem. IFRS 15 sind für IFRS-Anwender in ihren Zwischenabschlüssen somit nicht vorgesehen. Das FASB hat ASC 270 Interim Reporting dahin gehend geändert, dass in Zwischenabschlüssen dieselben quantitativen Angaben wie in vollständigen Berichtsperioden zu machen sind.

Unsere Sichtweise Wie nachfolgend noch ausführlich zu sehen sein wird, erwei-tert IFRS 15 deutlich den Umfang der geforderten Angaben, vor allem in Abschlüssen, die ganze Jahresperioden betref-fen. Dabei gilt es zu beachten, dass es sich überwiegend um neue Angabepflichten handelt.

Wir gehen davon aus, dass für Unternehmen ein zusätzlicher Arbeitsaufwand bei der erstmaligen Angabe der erforder-lichen Informationen in ihren Zwischen- und Jahresabschlüssen entsteht. Für Unternehmen, die mehrere Segmente bedienen und über viele verschiedene Produktlinien verfügen, kann bei-spielsweise die Beschaffung der für die Angaben benötigten Daten aufwendig sein. Demzufolge werden Unternehmen dafür sorgen müssen, dass sie über die geeigneten Systeme, inter-nen Kontrollen sowie Richtlinien und Verfahren verfügen, um die erforderlichen Informationen zu erfassen und auszuwei-sen. In Anbetracht der erweiterten Angabevorschriften und des möglichen Bedarfs an neuen Systemen, die für diese Angaben die erforderlichen Daten erfassen, könnten Unter-nehmen ggf. diesem Teil ihrer Implementierungspläne Vor-rang einräumen.

9.3 Spezifische Angabevorschriften

9.3.1 Verträge mit KundenDie meisten Angaben beziehen sich auf die Verträge eines Unter-nehmens mit seinen Kunden. Diese Angaben umfassen die Auf-gliederung der Umsatzerlöse nach Kategorien, Informationen über die Salden der vertraglichen Vermögenswerte und vertraglichen Verbindlichkeiten sowie Informationen zu den Leistungsverpflich-tungen eines Unternehmens.

Aufgliederung der Umsatzerlöse nach Kategorien

Die Angaben zu Umsatzerlösen sind nach Kategorien aufzuglie-dern, die am besten den Einfluss wirtschaftlicher Faktoren auf Art, Betrag, Zeitpunkt und Unsicherheit von Umsatzerlösen und Zahlungsflüssen darstellen. Dies ist die einzige Angabevorschrift für IFRS-Anwender, die sowohl in Zwischenabschlüssen als auch in Abschlüssen für vollständige Jahresperioden zu erfüllen ist.

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Die Aufgliederung der Umsatzerlöse wird im Standard nicht spezifiziert, die Anwendungsleitlinien schlagen jedoch folgende Kategorien vor:

Auszug aus IFRS 15

B89. Beispiele für mögliche geeignete Kategorien sind u. a.:

(a) Art der Güter oder Dienstleistungen (z. B. die wichtigsten Produktlinien);

(b) geografische Region (z. B. Land oder Region);

(c) Markt oder Art des Kunden (z. B. staatliche oder nicht staatliche Kunden);

(d) Art des Vertrags (z. B. Festpreis oder Vergütung auf Zeit- und Materialbasis);

(e) Laufzeit des Vertrags (z. B. kurz- oder langfristige Verträge);

(f) Zeitpunkt der Übertragung von Gütern oder Dienstleistun-gen (z. B. Übertragung zu einem bestimmten Zeitpunkt oder Übertragung über einen bestimmten Zeitraum); und

(g) Vertriebskanäle (z. B. direkter Verkauf an Verbraucher oder Vertrieb über Zwischenhändler).

Gemäß den Anwendungsleitlinien hängen die für ein bestimmtes Unternehmen geeignetsten Kategorien von den jeweiligen Fakten und Umständen im Einzelfall ab. Bei der Festlegung der relevan-testen und nützlichsten Kategorien berücksichtigt ein Unterneh-men jedoch eher, welche Kategorien seiner Umsatzerlöse es in anderen Veröffentlichungen (z. B. Pressemeldungen, andere öffentliche Einreichungen) gewählt hat.

Die Boards schreiben kein bestimmtes Umsatzmerkmal als Grund -

lage für die Aufgliederung vor, da Unternehmen diese Unterglie-derung anhand von aussagekräftigen unternehmens- und/oder branchenspezifischen Faktoren vornehmen sollen. Die Boards weisen darauf hin, dass Unternehmen möglicherweise mehr als eine Kategorie für die Aufgliederung ihrer Umsatzerlöse verwen-den müssen.

Die Boards erläutern zudem, dass bereits von einem anderen Stan-dard geforderte Angaben nicht ein zweites Mal gemacht werden müssen. Ein Unternehmen, das im Rahmen seiner Segmentinfor-mationen gemäß IFRS 8 Geschäftssegmente Angaben zur Auf-gliederung der Umsatzerlöse macht, muss beispielsweise keine zusätzlichen gegliederten Angaben zu Umsatzerlösen vorlegen, wenn die segmentbezogenen Angaben in Einklang mit den IFRS dargestellt werden und hinreichend verdeutlichen, wie Art, Betrag, Zeitpunkt und Unsicherheit von Umsatzerlösen und Zahlungs-flüssen von wirtschaftlichen Faktoren beeinflusst werden. Werden jedoch zusätzliche gegliederte Angaben zu Umsatzerlösen vor-gelegt, ist ein Unternehmen gemäß dem Standard verpflichtet, die Beziehung zwischen den gegliederten Angaben betreffend die Umsatzerlöse und den entsprechenden Segmentangaben zu erläutern. Abschlussadressaten halten diese Informationen für bedeutend, um nicht nur die Zusammensetzung der Umsatzer-löse, sondern auch den Zusammenhang zwischen den Umsatzer-lösen und anderen Informationen der Segmentangaben zu ver-stehen. Unternehmen können diese Informationen tabellarisch oder in Schriftform darstellen.

Sofern nicht ein anderer IFRS einen gesonderten Ausweis in der Gesamtergebnisrechnung fordert, ist ein Unternehmen zur Offenle-gung sämtlicher Wertminderungsaufwendungen gemäß IFRS 9 oder IAS 39 auf Forderungen oder vertragliche Vermögenswerte aus Verträgen mit Kunden verpflichtet. Der Ausweis dieser Aufwen-dungen hat dabei getrennt von Wertminderungsaufwendungen aus anderen Verträgen zu erfolgen. Unternehmen sind jedoch nicht zu einer weiteren Untergliederung dieser Aufwendungen verpflichtet.

Die Boards haben einige Beispiele für die Aufgliederung von Umsatzerlösen ausgearbeitet:

Darstellung und Angaben9

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Auszug aus IFRS 15

Beispiel 41 – Aufgliederung von Umsatzerlösen nach Kategorien – quantitative Angaben (IFRS 15.IE210–IE211)

Ein Unternehmen hat in Übereinstimmung mit IFRS 8 Geschäftssegmente die folgenden berichtspflichtigen Segmente: Verbraucher-produkte, Transport und Energie. In seiner Präsentation für Investoren unterteilt das Unternehmen seine Umsatzerlöse in die Kategorien geografische Hauptmärkte, wichtigste Produktlinien und Zeitpunkt der Umsatzrealisierung (d. h., Güter werden zu einem bestimmten Zeitpunkt und Dienstleistungen über einen bestimmten Zeitraum übertragen).

Das Unternehmen entscheidet, die in den Investorenpräsentationen verwendeten Kategorien heranzuziehen, um die in Paragraph 114 des IFRS 15 vorgeschriebene Pflicht zur Aufgliederung der Umsatzerlöse in Kategorien zu erfüllen, aus der der Einfluss von wirtschaftlichen Faktoren auf die Art, den Betrag, den Zeitpunkt und die Unsicherheit von Umsatzerlösen und Zahlungsflüssen hervor-geht. Die folgende Tabelle zeigt die Aufgliederung nach geografischen Hauptmärkten, wichtigsten Produktlinien und Zeitpunkt der Umsatzrealisierung, einschließlich einer Überleitungsrechnung, die den Zusammenhang zwischen den untergliederten Umsatzerlösen und den Segmenten Verbraucherprodukte, Transport und Energie verdeutlicht (gemäß Paragraph 115 des IFRS 15). Segmente Verbraucherprodukte Transport Energie Summe

WE WE WE WEGeografische Hauptmärkte Nordamerika 990 2.250 5.250 8.490Europa 300 750 1.000 2.050Asien 700 260 – 960

1.990 3.260 6.250 11.500 Wichtigste Produkt-/Servicelinien Betriebsbedarf 600 – – 600Geräte 990 – – 990Bekleidung 400 – – 400Motorräder – 500 – 500Automobile – 2.760 – 2.760Solarpaneele – – 1.000 1.000Kraftwerk – – 5.250 5.250

1.990 3.260 6.250 11.500 Zeitpunkt der Umsatzrealisierung Zu einem bestimmten Zeitpunkt übertragene Güter 1.990 3.260 1.000 6.250Über einen bestimmten Zeitraum übertragene Dienstleistungen – – 5.250 5.250

1.990 3.260 6.250 11.500

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Vertragssalden

Nach Auffassung der Boards müssen Abschlussadressaten in der Lage sein, die Beziehung zwischen den erfassten Umsatz-erlösen und den Änderungen der Gesamtsalden der vertragli-chen Vermögenswerte und der vertraglichen Verbindlichkeiten

in einem bestimmten Berichtszeitraum zu verstehen. Daher haben die Boards die folgenden Angabevorschriften für die Ver-träge eines Unternehmens mit seinen Kunden in den Standard aufgenommen:

Darstellung und Angaben9

Auszug aus IFRS 15

116. Ein Unternehmen hat alle nachfolgend aufgeführten Angaben zu machen:

(a) Eröffnungs- und Schlusssalden von Forderungen, vertraglichen Vermögenswerten und vertraglichen Verbindlichkeiten aus Verträgen mit Kunden, sofern diese nicht separat ausgewiesen werden;

(b) in der Berichtsperiode erfasste Umsatzerlöse, die zu Beginn der Periode im Saldo der vertraglichen Verbindlichkeiten enthalten waren; und

(c) in der Berichtsperiode erfasste Umsatzerlöse aus Leistungsverpflichtungen, die in früheren Perioden erfüllt (oder teilweise erfüllt) worden sind (z. B. Änderungen des Transaktionspreises).

117. Ein Unternehmen hat den Zusammenhang zwischen dem Zeitpunkt der Erfüllung seiner Leistungsverpflichtungen (siehe Paragraph 119(a)) und dem üblichen Zeitpunkt der Zahlung sowie die Auswirkungen, die diese Faktoren auf die Salden von vertrag-lichen Vermögenswerten und vertraglichen Verbindlichkeiten haben, zu erläutern. Bei diesen Erläuterungen können qualitative Informationen verwendet werden.

118. Ein Unternehmen hat die wesentlichen Änderungen der Salden von vertraglichen Vermögenswerten und vertraglichen Ver-bindlichkeiten während der Berichtsperiode zu erläutern. Bei dieser Erläuterung sind qualitative und quantitative Informationen zu verwenden. Beispiele für Änderungen der Salden von vertraglichen Vermögenswerten und vertraglichen Verbindlichkeiten eines Unternehmens sind:

(a) Änderungen aufgrund von Unternehmenszusammenschlüssen;

(b) kumulative Anpassungen der Umsatzerlöse, die Auswirkungen auf den entsprechenden vertraglichen Vermögenswert oder die entsprechende vertragliche Verbindlichkeit haben, einschließlich Anpassungen, die sich aufgrund einer Änderung der Bestimmung des Leistungsfortschritts, einer Änderung der Schätzung des Transaktionspreises (einschließlich Änderungen der Beurteilung, ob eine Schätzung der variablen Gegenleistung begrenzt ist) oder einer Vertragsmodifikation ergeben;

(c) Wertminderung eines vertraglichen Vermögenswerts;

(d) Änderung des Zeitrahmens, bis ein Anspruch auf Erhalt einer Gegenleistung unbedingt wird (d. h., bis ein vertraglicher Vermögenswert in die Forderungen umgegliedert wird); und

(e) Änderung des Zeitrahmens, bis eine Leistungsverpflichtung erfüllt wird (d. h., bis Umsatzerlöse aus einer vertraglichen Verbindlichkeit erfasst werden).

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Die vorstehend aufgeführten Vorschriften dürften den meisten Unternehmen neu sein. Das nachfolgende Beispiel verdeutlicht, wie ein Unternehmen diese Vorschriften erfüllen kann:

Beispiel 9-1Angabe von Vertragssalden

Unternehmen A weist Forderungen aus Lieferungen und Leistungen separat in der Bilanz aus. Um die restlichen Angabepflichten in Bezug auf die vertraglichen Vermögenswerte und die vertraglichen Verbindlichkeiten zu erfüllen, nimmt Unternehmen A die folgen-den Informationen in den Anhang auf: 20X8 20X7 20X6

Vertraglicher Vermögenswert WE 1.500 WE 2.250 WE 1.800 Vertragliche Verbindlichkeit (200) (850) (500)

In der Periode erfasste Umsatzerlöse: Zu Beginn der Periode in der vertraglichen Verbindlichkeit erfasste Beträge WE 650 WE 200 WE 100 In früheren Perioden erfüllte Leistungsverpflichtungen WE 200 WE 125 WE 200

Wir erhalten Zahlungen von Kunden auf der Grundlage eines Abrechnungsplans, der Bestandteil unserer Verträge ist. Der vertrag-liche Vermögenswert bezieht sich auf Kosten, die für eine vorzeitige Leistungserbringung, also vor dem geplanten Zahlungszeitpunkt, angefallen sind. Die vertragliche Verbindlichkeit bezieht sich auf Zahlungen, die vorzeitig, also vor der Erfüllung von vertraglichen Leistungen, erhalten wurden. Änderungen der vertraglichen Vermögenswerte und der vertraglichen Verbindlichkeiten ergeben sich aus der Erfüllung unserer Vertragspflichten. Außerdem ist der Betrag eines vertraglichen Vermögenswerts 20X8 aufgrund der Wertminderung eines vertraglichen Vermögenswerts um WE 400 gesunken. Die Wertminderung ergibt sich aufgrund der vorzeitigen Kündigung eines Vertrags mit einem Kunden.

Leistungsverpflichtungen

Um Abschlussadressaten die Analyse von Art, Betrag, Zeitpunkt und Unsicherheit von Umsatzerlösen und Zahlungsflüssen aus Verträgen mit Kunden zu ermöglichen, haben die Boards den separaten Ausweis der verbleibenden Leistungsverpflichtun-gen eines Unternehmens beschlossen. Des Weiteren müssen

Angaben zur Höhe des Transaktionspreises, der den verbleiben-den Leistungsverpflichtungen zugeordnet wird, sowie zum Zeit-punkt, zu dem das Unternehmen den Betrag bzw. die Beträge voraussichtlich erfassen wird, vorgelegt werden.

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Wie im Folgenden ausgeführt, sind dabei sowohl quantitative als auch qualitative Angaben zu machen:

Darstellung und Angaben9

Auszug aus IFRS 15

Leistungsverpflichtungen119. Ein Unternehmen hat Informationen über seine Leistungsverpflichtungen aus Verträgen mit Kunden anzugeben. Dazu zählt u. a. eine Beschreibung aller folgenden Sachverhalte:

(a) Zeitpunkt, zu dem das Unternehmen seine Leistungsverpflichtungen üblicherweise erfüllt (z. B. bei Versand, bei Lieferung, bei Erbringung der Dienstleistungen oder bei Beendigung der Dienstleistungen), einschließlich des Zeitpunkts der Erfüllung von Leistungsverpflichtungen im Rahmen einer Bill-and-hold-Vereinbarung;

(b) die wesentlichen Zahlungskonditionen (z. B., wann die Zahlung üblicherweise fällig ist, ob der Vertrag eine wesentliche Finan-zierungskomponente enthält, ob die Höhe der Gegenleistung variabel ist und ob die Schätzung der variablen Gegenleistung gemäß den Paragraphen 56–58 üblicherweise begrenzt ist);

(c) die Art der Güter oder Dienstleistungen, deren Übertragung das Unternehmen zugesagt hat; auf Leistungsverpflichtungen, bei denen ein Dritter mit der Übertragung von Gütern oder Dienstleistungen beauftragt wird (d. h., wenn das Unternehmen als Vermittler handelt), ist gesondert hinzuweisen;

(d) Rücknahme- oder Erstattungsverpflichtungen und sonstige ähnliche Verpflichtungen; und

(e) Arten von Garantien und damit verbundene Verpflichtungen.

Den verbleibenden Leistungsverpflichtungen zugeordneter Transaktionspreis

120. Ein Unternehmen hat die folgenden Informationen über seine verbleibenden Leistungsverpflichtungen anzugeben:

(a) den Gesamtbetrag des Transaktionspreises, der den zum Ende der Berichtsperiode nicht (oder teilweise nicht) erfüllten Leistungsverpflichtungen zugeordnet wird;

(b) eine Erläuterung, wann das Unternehmen mit der Erfassung des gemäß Paragraph 120(a) angegebenen Betrags als Umsatz-erlös rechnet, wobei die Erläuterung in einer der folgenden Formen zu erfolgen hat:

(i) auf quantitativer Basis unter Verwendung der Zeitbänder, die für die Laufzeit der verbleibenden Leistungsverpflichtungen am besten geeignet sind; oder

(ii) durch Verwendung qualitativer Informationen.

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65 Siehe IFRS 15.BC348.66 Siehe IFRS 15.BC350.

In der Grundlage für Schlussfolgerungen haben die Boards darauf hingewiesen, dass während der Entwicklung des Standards viele Abschlussadressaten betont hätten, wie nützlich Informationen über Betrag und Zeitpunkt der Umsatzerlöse, die ein Unterneh-men mit seinen bestehenden Verträgen voraussichtlich erzielt, für ihre Analyse der Umsatzerlöse wären.65 Besonders interes-siert waren Abschlussadressaten an Informationen über langfris-tige Verträge mit materiellen, bisher noch nicht erfassten Um-satzerlösen. Die Boards haben auch festgestellt, dass zahlreiche Unternehmen derartige Informationen, die aus Sicht des Bilanz-stichtages (noch) nicht erfüllten Leistungsverpflichtungen und somit den unerledigten Auftragsbestand (Backlog) betreffen, häufig freiwillig angeben. Normalerweise werden solche Infor-mationen aber außerhalb des Abschlusses offengelegt, und sie sind häufig nicht vergleichbar mit denen anderer Unternehmen, da es keine allgemeingültige Definition von „Backlog“ gibt. Wie in der Grundlage für Schlussfolgerungen konstatiert, verfolgen die Boards mit der Aufnahme der Angabepflichten in IFRS 15.120 die Absicht, den Abschlussadressaten zusätzliche Informationen über die folgenden Sachverhalte zu liefern:

(a) Betrag und voraussichtlicher Zeitpunkt der Umsatzerlöse, die im Zusammenhang mit den verbleibenden Leistungsver-pflichtungen aus bestehenden Verträgen zu erfassen sind

(b) Entwicklungen in Bezug auf den Betrag und den voraussicht-lichen Zeitpunkt der Umsatzerlöse, die im Zusammenhang mit den verbleibenden Leistungsverpflichtungen aus beste-henden Verträgen zu erfassen sind

(c) Risiken im Zusammenhang mit erwarteten künftigen Umsatz-erlösen (so wurde z. B. darauf hingewiesen, dass Umsatz-erlöse unsicherer sind, wenn ein Unternehmen erst zu einem wesentlich späteren Zeitpunkt mit der Erfüllung einer Leis-tungsverpflichtung rechnet)

(d) Auswirkungen von Änderungen von Ermessensentschei-dungen oder Umständen auf die Umsatzerlöse eines Unternehmens66

Diese Angaben können entweder auf quantitativer Basis (d. h. innerhalb bestimmter Zeitbänder wie zwischen einem und zwei Jahren oder zwischen zwei und drei Jahren) oder durch eine Kombination aus quantitativen und qualitativen Informationen

erfolgen. Nicht berücksichtigt werden die auf Vertragsverlänge-rungsoptionen entfallenden Gegenleistungen, die kein wesent-liches Recht darstellen, sowie sämtliche geschätzten Beträge der variablen Gegenleistungen, die begrenzt und daher nicht im Transaktionspreis enthalten sind. Dagegen sind sämtliche wesent-lichen Verlängerungen und variablen Gegenleistungen anzuge-ben, die nicht in der Schätzung des Transaktionspreises enthal-ten sind.

Die Boards legten außerdem eine Ausnahmeregelung fest, wonach ein Unternehmen den Betrag der verbleibenden Leistungsver-pflichtungen für Verträge mit einer erwarteten ursprünglichen Laufzeit von weniger als einem Jahr oder für Verträge, die dem Unternehmen das Recht einräumen, die Umsatzerlöse bei Rech-nungsstellung zu erfassen, nicht offenlegen muss. So ist ein Unternehmen beispielsweise nicht verpflichtet, einen Dienstleis-tungsvertrag über drei Jahre offenzulegen, wenn das Unterneh-men gemäß Vertrag berechtigt ist, dem Kunden für jede Stunde, in der es eine Dienstleistung erbringt, einen festen Betrag in Rechnung zu stellen.

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Zur Veranschaulichung der erforderlichen Angaben enthält der Standard die folgenden Beispiele:

Darstellung und Angaben9

Auszug aus IFRS 15

Beispiel 42 — Angabe des Transaktionspreises, der den verbleibenden Leistungsverpflichtungen zugeordnet wird (IFRS 15.IE212–IE219)

Am 30. Juni 20X7 schließt ein Unternehmen mit unterschiedlichen Kunden drei Verträge (Verträge A, B und C) über die Erbringung von Dienstleistungen. Jeder Vertrag hat eine nicht kündbare Laufzeit von zwei Jahren. Das Unternehmen zieht die Vorschriften der Paragraphen 120–122 des IFRS 15 heran, um zu beurteilen, ob die in jedem der Verträge enthaltenen Informationen bei der Angabe des Transaktionspreises, der den verbleibenden Leistungsverpflichtungen zum 31. Dezember 20X7 zugeordnet wird, zu berück-sichtigen sind.

Vertrag AReinigungsleistungen müssen in den nächsten zwei Jahren üblicherweise mindestens einmal pro Monat erbracht werden. Für die erbrachten Leistungen zahlt der Kunde einen Stundenpreis von WE 25.

Da das Unternehmen für jede Stunde der Leistungserbringung einen Festbetrag berechnet, hat es gemäß Paragraph B16 des IFRS 15 das Recht, dem Kunden den Betrag in Rechnung zu stellen, der unmittelbar dem Wert der von dem Unternehmen bislang erbrachten Leistungen entspricht. Demzufolge ist keine Angabe erforderlich, sofern sich das Unternehmen für die Anwendung der Ausnahme-regelung gemäß Paragraph 121(b) des IFRS 15 entscheidet.

Vertrag BReinigungs- und Rasenpflegeleistungen müssen in den nächsten zwei Jahren bei Bedarf an maximal vier Terminen pro Monat erbracht werden. Der Kunde zahlt einen Festpreis von WE 400 pro Monat für beide Leistungen. Das Unternehmen bewertet seinen Fortschritt im Hinblick auf die vollständige Erfüllung der Leistungsverpflichtung auf Grundlage einer zeitbasierten Methode.

Das Unternehmen gibt den Betrag des Transaktionspreises an, der noch nicht als Umsatzerlös erfasst wurde. Die Angabe erfolgt in einer Tabelle mit quantitativen Zeitbändern, aus der hervorgeht, wann das Unternehmen mit der Erfassung des Betrags als Umsatz-erlös rechnet. Die in den gesamten Angaben enthaltenen Informationen für Vertrag B sind wie folgt:

20X8 20X9 Summe WE WE WEAus diesem Vertrag voraussichtlich zu erfassende Umsatzerlöse zum 31. Dezember 20X7 4.800 (a) 2.400 (b) 7.200

(a) WE 4.800 = WE 400 × 12 Monate.

(b) WE 2.400 = WE 400 × 6 Monate. •

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Auszug aus IFRS 15 | Fortsetzung

Vertrag CReinigungsleistungen müssen in den nächsten beiden Jahren bei Bedarf erbracht werden. Der Kunde zahlt einen Festbetrag von WE 100 pro Monat zuzüglich einer einmaligen variablen Gegenleistung in einer Bandbreite zwischen WE 0 und WE 1.000, die von einer einmaligen aufsichtsrechtlichen Überprüfung und Zertifizierung der Anlagen des Kunden abhängt (d. h. ein Leistungsbonus). Das Unternehmen schätzt, dass es einen Anspruch auf variable Gegenleistung in Höhe von WE 750 haben wird. Ausgehend von seiner Beurteilung der in Paragraph 57 des IFRS 15 aufgeführten Faktoren bezieht das Unternehmen seine Schätzung der variablen Gegenleistung von WE 750 in den Transaktionspreis ein, da es bei den erfassten kumulierten Umsatzerlösen höchstwahrscheinlich nicht zu einer wesentlichen Stornierung kommt. Das Unternehmen bewertet seinen Fortschritt im Hinblick auf die vollständige Erfüllung der Leistungsverpflichtung auf Grundlage einer zeitbasierten Methode.

Das Unternehmen gibt den Betrag des Transaktionspreises an, der noch nicht als Umsatzerlös erfasst wurde. Die Angabe erfolgt in einer Tabelle mit quantitativen Zeitbändern, aus der hervorgeht, wann das Unternehmen mit der Erfassung des Betrags als Umsatz-erlös rechnet. Das Unternehmen berücksichtigt außerdem eine qualitative Analyse aller wesentlichen variablen Gegenleistungen, die nicht in der Angabe enthalten sind. Die in den gesamten Angaben enthaltenen Informationen für Vertrag C sind wie folgt:

20X8 20X9 Summe WE WE WEAus diesem Vertrag voraussichtlich zu erfassende Umsatzerlöse zum 31. Dezember 20X7 1.575 (a) 788 (b) 2.363

(a) Transaktionspreis = WE 3.150 (WE 100 × 24 Monate + WE 750 variable Gegenleistung) gleichmäßig über 24 Monate mit WE 1.575 pro Jahr erfasst.(b) WE 1.575 ÷ 2 = WE 788 (d. h. für 6 Monate des Jahres).

Außerdem gibt das Unternehmen gemäß Paragraph 122 des IFRS 15 qualitative Angaben dazu an, dass ein Teil des Leistungsbonus von der Angabe ausgenommen wurde, weil er nicht in den Transaktionspreis einbezogen war. Dieser Teil des Leistungsbonus wurde aufgrund der Vorschriften zur Begrenzung der Schätzungen der variablen Gegenleistung nicht einbezogen.

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Darstellung und Angaben9

Auszug aus IFRS 15 | Fortsetzung

Beispiel 43 — Angabe des Transaktionspreises, der den verbleibenden Leistungsverpflichtungen zugeordnet wird — qualitative Angaben (IFRS 15.IE220–IE221)

Am 1. Januar 20X2 schließt ein Unternehmen mit einem Kunden einen Vertrag über den Bau eines Geschäftsgebäudes für eine feste Vergütung von WE 10 Mio. Der Bau des Gebäudes stellt eine einzige Leistungsverpflichtung dar, die von dem Unternehmen über einen bestimmten Zeitraum erfüllt wird. Zum 31. Dezember 20X2 hat das Unternehmen Umsatzerlöse von WE 3,2 Mio. erfasst. Das Unternehmen geht davon aus, dass der Bau im Jahr 20X3, spätestens im ersten Halbjahr 20X4 abgeschlossen sein wird.

Zum 31. Dezember 20X2 gibt das Unternehmen den Betrag des Transaktionspreises an, der in seiner Angabe des den verbleibenden Leistungsverpflichtungen zugeordneten Transaktionspreises noch nicht als Umsatzerlös erfasst wurde. Außerdem gibt das Unter-nehmen eine Erklärung darüber ab, wann es mit der Erfassung dieses Betrags als Umsatzerlös rechnet. Diese Erklärung kann entwe-der auf quantitativer Basis unter Verwendung von Zeitbändern, die für die Laufzeit der verbleibenden Leistungsverpflichtung am besten geeignet sind, oder in Form einer qualitativen Erklärung erfolgen. Da beim Unternehmen Unsicherheit über den Zeitpunkt der Umsatzrealisierung herrscht, legt es diese Informationen qualitativ wie folgt vor:

„Zum 31. Dezember 20X2 beläuft sich der Gesamtbetrag des der verbleibenden Leistungsverpflichtung zugeordneten Transaktions-preises auf WE 6,8 Mio., und das Unternehmen wird diesen Umsatz realisieren, sobald das Gebäude fertiggestellt ist. Dies dürfte in den kommenden 12 bis 18 Monaten der Fall sein.“

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67 Siehe IAS 1.122–133.

9.3.2 Wesentliche Ermessensentscheidungen

Der Standard schreibt insbesondere vor, dass Unternehmen im Anhang die wesentlichen Schätzungen und Ermessensent-scheidungen anzugeben haben, die bei der Ermittlung des Trans-akt ionspreises, der Zuordnung des Transaktionspreises zu den Leistungsverpflichtungen und der Feststellung, wann Leistungs-verpflichtungen erfüllt sind, erstellt bzw. getroffen wurden. Diese im Folgenden näher erläuterten Angabepflichten gehen über die in IAS 1 enthaltenen allgemeinen Anforderungen für wesentliche Ermessensentscheidungen und Schätzungen hinaus.67

Ermittlung des Transaktionspreises und der Beträge, die auf die Leistungsverpflichtungen verteilt werden

Bei der Schätzung der Transaktionspreise für ihre Verträge müs-sen Unternehmen häufig wesentliche Ermessensentscheidungen treffen, insbesondere wenn diese Schätzungen variable Gegen-leistungen beinhalten.

Auch bei der Schätzung von Einzelveräußerungspreisen können wesentliche Ermessensentscheidungen notwendig sein. Der Stan-dard schreibt qualitative Informationen zu den Methoden, Inputs und Annahmen vor, die bei der Erstellung des Abschlusses für das jeweilige Geschäftsjahr verwendet wurden. Nach Auffassung der Boards sind diese Informationen wichtig, damit die Abschluss-adressaten die Qualität der Ergebnisse beurteilen können.

Auszug aus IFRS 15

126. Ein Unternehmen hat Informationen über die Methoden, Inputs und Annahmen offenzulegen, die zu allen folgenden Zwecken verwendet wurden:

(a) Ermittlung des Transaktionspreises; dies umfasst u. a. die Schätzung der variablen Gegenleistung, die Anpassung der Gegen-leistung aufgrund des Zinseffekts und die Bewertung nicht zahlungswirksamer Gegenleistungen;

(b) Beurteilung, ob eine Schätzung der variablen Gegenleistung begrenzt ist;

(c) Zuordnung des Transaktionspreises; dies umfasst die Schätzung der Einzelveräußerungspreise zugesagter Güter oder Dienst-leistungen und ggf. die Zuordnung von Preisnachlässen und der variablen Gegenleistung zu einem spezifischen Teil des Vertrags; und

(d) Bewertung der Rücknahme- oder Erstattungsverpflichtungen und der weiteren vergleichbaren Verpflichtungen.

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Darstellung und Angaben9

Auszug aus IFRS 15

124. Betreffend Leistungsverpflichtungen, die von einem Unter-nehmen über einen bestimmten Zeitraum erfüllt werden, muss das Unternehmen die folgenden beiden Informationen offenlegen:

(a) die verwendeten Methoden zur Umsatzrealisierung (z. B. eine Beschreibung der verwendeten Output- oder Input-methoden sowie der Art und Weise ihrer Anwendung); und

(b) eine Erläuterung, warum die verwendeten Methoden die Übertragung der Güter oder Dienstleistungen zuverlässig darstellen.

Bei Leistungsverpflichtungen, die zu einem bestimmten Zeitpunkt erfüllt werden, müssen Unternehmen die wesentlichen Ermes-sensentscheidungen offenlegen, die bei der Beurteilung des Zeit-punkts, zu dem der Kunde die Verfügungsgewalt über das Gut oder die Dienstleistung erlangt hat, getroffen wurden.

Feststellung, wann Leistungsverpflichtungen erfüllt sind

Der Standard fordert von Unternehmen, Angaben zu den wesent-lichen Ermessensentscheidungen vorzulegen, die sie bei der Feststellung, wann Leistungsverpflichtungen erfüllt sind, getrof-fen haben. Betreffend Leistungsverpflichtungen, die über einen bestimmten Zeitraum erfüllt werden, müssen Unternehmen gemäß dem Standard die folgenden Informationen offenlegen:

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9.3.3 Aktivierte Kosten, die im Rahmen der Vertrags­anbahnung oder der Vertragserfüllung entstehen Gemäß dem Standard müssen Unternehmen Informationen über aktivierte Kosten, die im Rahmen der Vertragsanbahnung oder der Vertragserfüllung entstehen, offenlegen. Diese Informationen sollen das Verständnis der Abschlussadressaten für die Arten der aktivierten Kosten und die Methoden, mit denen sie anschließend abgeschrieben oder wertgemindert werden, verbessern. Konkret geht es um folgende Informationen:

Auszug aus IFRS 15

127. Ein Unternehmen hat Angaben zu den beiden folgenden Sachverhalten zu machen:

(a) die Ermessensentscheidungen, die getroffen wurden, um die Höhe der Kosten zu ermitteln, die im Rahmen der Ver-trags anbahnung oder im Zusammenhang mit der Erfüllung eines Vertrags entstehen (gemäß Paragraph 91 oder 95); und

(b) die Methode, die es für die Bestimmung des Abschreibungs-betrags in jeder Berichtsperiode verwendet.

128. Ein Unternehmen hat alle nachfolgend aufgeführten Anga-ben zu machen:

(a) die Schlusssalden aller aktivierten Kosten, die im Rahmen der Vertragsanbahnung oder im Zusammenhang mit der Erfül-lung eines Vertrags mit einem Kunden (gemäß Paragraph 91 oder 95) entstehen, und zwar unterteilt nach den Hauptka-tegorien des Vermögenswerts (z. B. Kosten für die Vertrags-anbahnung, Vorvertragskosten und Setup-Kosten); und

(b) die Höhe von Abschreibungsbeträgen und Wertminderungs-aufwendungen, die in der Berichtsperiode erfasst wurden.

9.3.4 AusnahmeregelungenDer Standard erlaubt Unternehmen die Anwendung einiger Ausnahmeregelungen. Die Anwendung dieser Ausnahmerege-lungen kann zu anderen Finanzergebnissen führen, als dies bei einer vollumfänglichen Anwendung des Standards der Fall wäre. Daher müssen Unternehmen entsprechende Angaben machen, wenn sie Ausnahmeregelungen in ihren Abschlüssen anwenden, und zwar im Jahr der erstmaligen Anwendung und danach. Beispiel: Wenn sich ein Unternehmen bei der Beurtei-lung, ob eine wesentliche Finanzierungskomponente vorliegt (siehe Abschnitt 5.3), oder in Bezug auf die Kosten der Kunden-akquise (siehe Abschnitt 8.3.1) dafür entscheidet, die ent-sprechenden Ausnahmeregelungen anzuwenden, hat das Unter-nehmen diese Tatsache anzugeben.

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IFRS 15 wird sich in vielen Unternehmen auf den Ansatz, die Bewertung und den Ausweis von Umsatzerlösen auswirken. Die Umsatzerlöse sind oftmals der wichtigste finanzielle Leis-tungsindikator für Unternehmen. Die Erlangung eines Ver-ständnisses der Auswirkungen des Standards, die frühzeitige Information von Stakeholdern und eine vorausschauende Planung sind für eine erfolgreiche Umsetzung des Standards unabdingbar. Dies gilt auch für Unternehmen, die hinsichtlich der Bewertung und des Erfassungszeitpunkts von Umsatzerlö-sen nicht mit wesentlichen Änderungen rechnen. Unterneh-men müssen ferner prüfen, welche Änderungen an bestehenden Richtlinien, Verfahren, internen Kontrollen und Systemen erfor-derlich sind, um sicherzustellen, das umsatzrelevante Transak-tionen vor dem Hintergrund des neuen Standards angemessen beurteilt werden. Darüber hinaus sind Vorkehrungen zu treffen, um die deutlich erweiterten Angabepflichten zu erfüllen.

Die Einführung von IFRS 15 kann den Erfassungszeitpunkt von Umsatzerlösen erheblich beeinflussen. Der Implementierungs-prozess kann sehr aufwendig sein, daher sollten Unternehmen so früh wie möglich mit ihrer Planung beginnen. Eine recht-zeitige Vorbereitung trägt in beträchtlichem Maße zu einem reibungslosen Übergang bei. Der folgende Abschnitt befasst sich mit verschiedenen Faktoren, die Unternehmen zu berück-sichtigen haben, wenn sie mit der Implementierung von IFRS 15 beginnen.

10.1 Mehr als nur die Änderung einer Rechnungslegungsmethode

Das Ziel eines Unternehmens besteht in der Erwirtschaftung von Umsatzerlösen. Ändern sich die Vorschriften zur Umsatz-realisierung, kann dies folglich mehrere Geschäftsfunktionen und -bereiche betreffen. Die folgende Tabelle nennt eine Reihe von Maßnahmen, die für Unternehmen relevant sein können.

10Implementierungs- überlegungen

Kontrollumfeld Investor Relations Prozesse und Systeme

• Anpassung oder Erweiterung der Kontrollen, um dem wachsenden Umfang an Ermessensentscheidun-gen und Schätzungen Rechnung zu tragen, die künftig nach dem neuen Standard erforderlich sein werden (dies beinhaltet auch die Dokumentation und Überprüfung dieser neuen Kontrollen)

• Überarbeitung des Kontrollrah-mens, um die laufende Einhaltung aufsichtsrechtlicher Vorschriften sicherzustellen

• Aktualisierung von Richtlinien und Verfahren zwecks Anpassung an die Vorschriften des IFRS 15

• Frühzeitige Information der wich-tigsten Stakeholder über die Aus-wirkungen von IFRS 15

• Berücksichtigung möglicher Ände-rungen der zugrunde liegenden Schlüsselkennzahlen, einschließlich der Bruttomargen

• Benchmark im Verhältnis zu globalen Wettbewerbern, um unterschied-liche Auswirkungen zu identifizieren

• Aktualisierung der wesentlichen Prozesse und Kontrollen zur Berück-sichtigung von Änderungen hin-sichtlich der Bilanzierung von Trans-aktionen nach IFRS 15

• Entwicklung von IT-Systemen und manuellen Prozessen zur Daten-erfassung und Erfüllung der erwei-terten Berichtspflichten

• Einplanung von Änderungen der Darstellung im Abschluss sowie die Berücksichtigung der erweiterten Anhangangaben

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Implementierungsüberlegungen10

Schulung und Kommunikation

Information des Managements

Leistungen an Arbeitnehmer

Geschäftsbetrieb

Steuerplanung

Projektmanagement

• Planung und Durchführung von Schulungsmaßnahmen für die Mitar-beiter der Bereiche Finanzen, Ope-rations, Vertrieb, Marketing und IT sowie der kaufmännischen Bereiche

• Erarbeitung eines Kommunikations-plans für die von IFRS 15 betroffe-nen internen Funktionen und exter-nen Stakeholder

• Planung eventuell erforderlicher Anpassungen der wichtigsten Leistungsindikatoren

• Erwägung von Änderungen am internen Management-Reporting- System zwecks Anpassung an die neuen Vorschriften für die externe Berichterstattung

• Anpassung der Finanzplanung und -analyse aufgrund der Auswirkun-gen von IFRS 15

• Angleichung des Rahmenkonzepts für das Performancemanagement und der entsprechenden Vergütungs-pläne an das neue Modell zur Umsatz-realisierung, einschließlich der Über-arbeitung der Provisionsstrukturen und der Bedingungen für anteils-basierte Vergütungsvereinbarungen

• Modifizierung der Vertragsab-schlussverfahren

• Entwicklung eines Verständnisses der Auswirkungen auf bestehende aufsichtsrechtliche Anforderungen

• Bereitstellung der für Schätzungen und Ermessensentscheidungen benötigten Informationen an die Finanzfunktion

• Überwachung der möglichen Aus-wirkungen auf vertragliche Auflagen während der Implementierungsphase

• Identifizierung etwaiger Auswir-kungen auf bestehende Steuerstra-tegien und -pläne

• Prüfung, ob Änderungen bezüglich der Verrechnungspreisgestaltung erforderlich sind

• Durchführung der evtl. erforder-lichen Integration in die neuen, gemäß IFRS 15 zu implementie-renden Systeme zur Umsatz- realisierung

• Einrichtung einer übergreifenden Projektmanagement-Funktion unter stärkerer Einbeziehung von Füh-rungskräften sowie Bereitstellung geeigneter Ressourcen und Finanz-mittel

• Einrichtung einer integrierten Governance-Struktur mit anderen Änderungsprogrammen

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10.2 Umsetzung von Änderungen der Rechnungslegungsmethoden

Die Anwendung des neuen Modells zur Bewertung und Erfassung von Umsatzerlösen scheint auf den ersten Blick nicht einfach zu sein. Die Auswirkungen von IFRS 15 dürften über die reine Finanz-funktion hinausgehen und könnten unter Umständen sogar den Aufbau und die Pflege von Kundenbeziehungen beeinflussen. Abschlussadressaten analysieren die ausgewiesenen Umsatzer-löse sehr genau. Unternehmen sollten sich daher auf die Erarbei-tung effektiver Richtlinien und Methoden zur Umsatzrealisierung konzentrieren, die die Grundlage für die künftige Bilanzierung von Umsatzerlösen bilden.

Ein gängiges Modell für die Umsetzung von Rechnungslegungs-änderungen in Unternehmen sieht folgende fünf Phasen vor:

• Analyse Identifizierung der Abweichungen in Bezug auf Rechnungsle-gung, Berichterstattung und Steuern sowie der Auswirkungen auf Geschäftsprozesse und -systeme

• Konzept und Planung

Erstellung einer Programm- und Projektinfrastruktur, einschließ-lich einer Roadmap und einer Change-Management-Strategie

• Entwicklung von Lösungen

Identifizierung von Lösungsmöglichkeiten, Erstellung eines Implementierungsplans und Entwicklung von Lösungen für die einzelnen Workstreams

• Implementierung

Genehmigung und Umsetzung der entwickelten Lösungen für die einzelnen Workstreams

• Post-Implementierungsphase

Behebung noch bestehender Probleme und Übergang auf das Betriebsmodell

Infolge der voraussichtlich weitreichenden Folgen der Anwen-dung von IFRS 15 sollte der Implementierungsprozess umfas-send sein und mehrere Bereiche außerhalb der traditionellen

Finanzfunktion umfassen, einschließlich der Bereiche IT, Steuern, Rechtswesen, Vertrieb, Marketing, Human Resources und Investor Relations sowie der Geschäftsführung. Zu den entsprechenden Workstreams, die in Betracht zu ziehen sind, zählen:

• Rechnungslegung und Berichterstattung

• Steuern

• Geschäftsprozesse und -systeme

• Change-Management, Kommunikation und Training

Darüber hinaus bedarf es eines effizienten Organisations- und Projektmanagements, damit diese Workstreams reibungslos und im Zeitplan ablaufen.

Der nachfolgende Abschnitt befasst sich ausführlicher mit der Analysephase. Auf die weiteren vier Phasen soll in dieser Publika-tion nicht näher eingegangen werden, da die Analyse die Grund-lage für die anschließenden Phasen bildet, deren Verlauf je nach den Gegebenheiten des einzelnen Unternehmens variiert.

10.3 Analysephase

10.3.1 Bestimmung des AnalyseumfangsDie Analysephase ist vielleicht die kritischste der fünf Phasen bei der Implementierung von Rechnungslegungsänderungen, denn in dieser ersten Phase werden die Grundlagen für den weiteren Verlauf des Implementierungsprozesses gelegt. In der Analyse-phase sollten sich Unternehmen mit IFRS 15 auseinandersetzen und untersuchen, wie sich der Standard auf ihre wichtigsten Umsatzströme auswirkt.

Da die Auswirkungen von Transaktion zu Transaktion variieren können, sollte ein Unternehmen einzelne wichtige Umsatzströme innerhalb des Unternehmens identifizieren und IFRS 15 auf eine repräsentative Stichprobe von Verträgen anwenden.

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Zu diesem Zweck nimmt das Unternehmen im Allgemeinen sein Produkt- und Dienstleistungsangebot in allen Kundensegmenten in Augenschein. Zur Identifizierung der betreffenden Umsatz-ströme kann es die aktuellen Standards oder Interpretationen zur Umsatzrealisierung heranziehen. Darüber hinaus kann es prüfen, ob eventuell weitere Faktoren wie die Region, die Vertragsart oder der Vertriebskanal dabei eine Rolle spielen. Als Beispiel sei ein Unternehmen angenommen, das die Produkte A, B und C in Europa direkt an seine Kunden verkauft, während es den Vertrieb in Asien über Einzelhändler abwickelt. Vor diesem Hintergrund würde das Unternehmen überlegen, ob es statt der drei Umsatz-ströme für die Produkte A, B und C nicht insgesamt sechs Um-satzströme analysieren sollte.

Implementierungsüberlegungen10

10.3.2 Aktivitäten während der AnalysephaseSobald ein Unternehmen seine wichtigsten Umsatzströme identi-fiziert hat, sollte es IFRS 15 auf eine repräsentative Stichprobe von Verträgen aus jedem einzelnen Umsatzstrom anwenden. Des Weiteren sollte es die sich daraus ergebenden Auswirkungen auf seine Systeme, Prozesse, Ertragsteuern und das Change- Management untersuchen. Zu den in jedem Workstream durch-zuführenden Aktivitäten zählen u. a. folgende:

Rechnungslegung und Berichterstattung

SteuernGeschäftsprozesse

und -systemeChange-Management und Kommunikation

• Verständnis der Anfor-derungen von IFRS 15, Schulung der Mitarbeiter der Finanzfunktion und Überprüfung der mög - l ichen Auswirkungen auf das Unternehmen

• Verständnis der Aus-wirkungen von IFRS 15 auf die Steuerfunktion

• Kenntnis des gesamten Prozessablaufs und der Systemlandschaften des Unternehmens in Bezug auf die (derzeitige und künftige) Realisierung von Umsätzen

• Kenntnis über das im Unternehmen vorhan-dene organisatorische Wissen und den vom Unternehmen angewen-deten Wissensmanage- mentansatz

• Aufdeckung von Unter-schieden zwischen den derzeit geltenden Stan-dards zur Umsatzrea-lisierung und IFRS 15 durch Anwendung des Standards auf eine repräsentative Stich- probe von Umsatz- geschäften

• Identifizierung neuer latenter Steuerposten infolge der Anwendung von IFRS 15

• Erfassung aller poten-zieller Rechnungsle-gungsunterschiede aus den Workstreams der Bereiche Rechnungsle-gung, Berichterstattung und Steuern

• Entwicklung von Krite-rien für Kommunikations- protokolle

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Rechnungslegung und Berichterstattung

SteuernGeschäftsprozesse

und -systemeChange-Management und Kommunikation

• Identifizierung zusätz-licher Angabevorschrif-ten in IFRS 15

• Identifizierung von Bereichen, in denen die derzeit vom Unterneh-men angewandten Richt-linien zur Bilanzierung von Steuern (d. h. die Richtlinien, die das Unter-nehmen auch in seinen Steuererklärungen anwendet) von IFRS 15 beeinflusst werden, einschließlich Verrech- nungspreise

• Feststellung, welche Pro-zesse/Funktionsbereiche (Prozesse, Systeme und Mitarbeiter) am stärks-ten von IFRS 15 betrof-fen sind, mittels einer Lückenanalyse

• Erstellung einer umfas-senden Roadmap für Schulungen, um die Mit-arbeiter des Unterneh-mens mit IFRS 15 ver-traut zu machen

• Identifizierung von Bereichen in der Rech-nungslegung und im Berichtswesen, in denen weitere Analysen und Beurteilungen erforder-lich sind, die ggf. in der nächsten Phase des Pro-jekts durchgeführt wer-den können

• Feststellung, auf welche Weise sich IFRS 15 auf die Steuercompliance und -planung auswirkt

• Identifizierung laufender und geplanter System- und Prozessinitiativen und Beurteilung der Aus-wirkungen der Imple-mentierung von IFRS 15

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10.3.3 Wesentliche Ermessensentscheidungen und SchätzungenIm Zuge ihrer Aktivitäten während der Analysephase sollten Unternehmen die wesentlichen nach IFRS 15 zu treffenden Ermessensentscheidungen und Schätzungen identifizieren. Diese vom Management vorzunehmenden Ermessensentschei-dungen und Schätzungen sind ein wichtiger Teil der Umsetzung des Standards. Da sich das neue Modell zur Umsatzrealisierung vorwiegend auf allgemeine Grundsätze stützt, sind ähnlich wie bei der derzeitigen Regelung Schätzungen und Ermessenent-scheidungen in erheblichem Umfang erforderlich. Die folgen-den Aspekte des Standards sind Beispiele für Bereiche, die ein beträchtliches Maß an Ermessensausübung erfordern:

• Identifizierung des Vertrags

• Einbringlichkeit (siehe Abschnitt 3.1.5)

• Zusammenfassung von Verträgen (siehe Abschnitt 3.2)

• Vertragsmodifikationen (siehe Abschnitt 3.3)

• Identifizierung von Leistungsverpflichtungen — Bestimmung einzeln abgrenzbarer Güter und Dienstleistungen (siehe Abschnitt 4.2)

• Bestimmung des Transaktionspreises

• Schätzung der variablen Gegenleistungen einschließlich der Anwendung der Begrenzungsvorschriften (siehe Abschnitte 5.1 und 5.2)

• Bestimmung wesentlicher Finanzierungskomponenten (siehe Abschnitt 5.3)

• Schätzung der Einzelveräußerungspreise (siehe Abschnitt 6.1)

• Bestimmung, ob die Leistungsverpflichtungen über einen bestimmten Zeitraum oder zu einem bestimmten Zeitpunkt zu erfüllen sind (siehe Abschnitt 7)

• Bestimmung, ob Lizenzen ein Recht auf Nutzung geistigen Eigentums oder auf Zugang zu geistigem Eigentum über einen bestimmten Zeitraum begründen (siehe Abschnitt 8.4)

Implementierungsüberlegungen10

In den späteren Phasen des Implementierungsprozesses sollten Unternehmen Verfahren für diese Ermessensentscheidungen entwickeln und anwenden, um eine einheitliche Vorgehensweise innerhalb des Unternehmens sowie in Bezug auf die internen Kontrollsysteme sicherzustellen.

10.3.4 Ergebnisse der AnalysephaseZusätzlich zu der gemäß dem Standard geforderten Identifizie-rung der wesentlichen Ermessensentscheidungen und Schätzun-gen sollte die Analysephase genutzt werden, um weitere wert-volle Erkenntnisse zu erlangen. Diese Erkenntnisse bilden die Grundlage für die anschließenden Implementierungsphasen. Zum Abschluss dieser Phase sollte ein Unternehmen in der Lage sein, die folgenden Fragen über seine wichtigsten Umsatzarten gemäß dem Standard und über seinen Implementierungsansatz zu beantworten.

Wird das Unternehmen einen vollständigen retrospektiven Ansatz oder eine modifizierte retrospektive Übergangsmethode anwenden?

Wie in Abschnitt 1.2 erläutert, sind gemäß dem Standard zwei unterschiedliche Übergangsmethoden gestattet. Bevor sich das Unternehmen für eine der beiden Methoden entscheidet, sollte das Management die wesentlichen Auswirkungen auf die Umsatz-ströme des Unternehmens identifizieren, die voraussichtlich von Wettbewerbern verwendeten Anwendungsmethoden prüfen und die Auswirkungen von IFRS 15 aus Sicht der Stakeholder beurteilen.

• Welche Methoden wenden Wettbewerber und andere, in der gleichen Branche tätige Unternehmen an?

• Wie beurteilen Analysten die Übergangsmethoden für die Branche und das Geschäftsmodell?

• Wird das Unternehmen infolge der Umstellung von den bisher verwendeten Rechnungslegungsmethoden auf den neuen Standard hohe „Umsatzverluste“ verzeichnen (z. B. Umsatz-erlöse, die zum Zeitpunkt der erstmaligen Anwendung des Standards abgegrenzt wurden und letztendlich in den ange-passten früheren Berichtsperioden oder als Teil der kumu-lativen Anpassung bei der Erstanwendung abgebildet, jedoch niemals in einer laufenden Periode im Abschluss als Umsatz-erlöse ausgewiesen werden)?

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• Wenn das Unternehmen den vollständigen retrospektiven Ansatz anwendet:

• Ist das Unternehmen in der Lage, die Übergangsanpassung zu Beginn der frühesten dargestellten Berichtsperiode zu ermitteln und die Finanzdaten nachzuverfolgen, um Infor-mationen für die früheste dargestellte Periode abzubilden?

• Ist das Unternehmen mit den Auswirkungen auf seine Steuer-erklärungen und die gesetzlichen Jahresabschlüsse seiner Tochtergesellschaften hinreichend vertraut?

• Wenn das Unternehmen den modifizierten retrospektiven Ansatz anwendet:

• Ist das Unternehmen in der Lage, parallele Finanzdaten sowohl gemäß dem neuen Standard als auch nach den der-zeit geltenden IFRS zu generieren, um im Jahr des Über-gangs auf den neuen Standard die vorgeschriebenen Anga-ben offenlegen zu können?

• Würden die gemäß dem neuen Standard im Abschluss aus-gewiesenen Finanzinformationen im Jahr des Übergangs erheblich von dem in den Fußnoten dargestellten Betrag abweichen, der nach den derzeit geltenden IFRS ermittelt wurde?

Welche wesentlichen Leistungskennzahlen werden betroffen sein?

Zu den betroffenen Leistungskennzahlen werden voraussichtlich die Bruttomarge, das Periodenergebnis, das EBITDA sowie der Gewinn je Aktie zählen. Sobald ein Unternehmen verstanden hat, wie sich IFRS 15 auf die wesentlichen Umsatzströme auswirken wird, sollte es diese Kennzahlen analysieren, um zu prüfen, ob Änderungen vorgenommen werden müssen, einschließlich u. a. Änderungen im Hinblick auf umsatzbasierte Vergütungspro-gramme (z. B. Vertriebsprovisionen, Bonusprogramme), die Kreditauflagen sowie die Finanzplanungs- und Analyseziele.

• Welche Leistungskennzahlen sind an den Umsatz gekoppelt? Zieht das Unternehmen in Erwägung, Änderungen an Ver-gütungsmodellen oder anderen an den Umsatz gekoppelten Bereichen vorzunehmen?

• Werden sich Änderungen bei den Umsatzerlösen auf vertrag-liche Auflagen auswirken?

Hat das Unternehmen geprüft, welche Änderungen an den bestehenden Rechnungslegungssystemen und -prozessen erforderlich sind?

Unternehmen werden prüfen müssen, ob ihre IT-Systeme, Daten-modelle und das dazugehörige Enterprise Resource Planning (ERP) sowie Altanwendungen geeignet sind, um Informationen gemäß den Vorgaben des Standards zu erfassen, nachzuvoll-ziehen, aufzubereiten und abzubilden. Ermessensentscheidungen und Schätzungen in Bezug auf variable Gegenleistungen und wesentliche Finanzierungskomponenten, die Berechnung von Ein-zelveräußerungspreisen, die Aufteilung des Transaktionspreises auf die Leistungsverpflichtungen und die Bestimmung des Fort-schritts im Hinblick auf Leistungsverpflichtungen, die über einen bestimmten Zeitraum erfüllt werden, sind nur einige Beispiele für mögliche Änderungen, die neue automatisierte Lösungen erforderlich machen könnten.

Darüber hinaus müssen die Systeme eines Unternehmens dazu geeignet sein, Informationen zu erfassen oder zusammenzu-fassen, um das Unternehmen bei der Erfüllung der erweiterten quantitativen und qualitativen Angabepflichten zu unterstützen. Diese umfassen u. a.:

• die Aufgliederung von Umsatzerlösen,

• den Transaktionspreis, der den verbleibenden Leistungs-verpflichtungen zuzuordnen ist, sowie

• die Bewertung von Umsatzerlösen unter Verwendung von inputbasierten Methoden für Leistungsverpflichtungen, die über einen bestimmten Zeitraum erfüllt werden.

Bei der Durchführung dieser Prüfung kann das Unternehmen festlegen, dass es künftig mehr Finanzdaten und Informationen zu Kundenverträgen erfassen muss, als dies derzeit der Fall ist. Dies kann für Unternehmen mit einer dezentralen Unterneh-mensstruktur schwierig sein, da die benötigten Informationen von verschiedenen Standorten eingeholt werden müssen.

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Gibt es Pläne, die Art und Weise zu ändern, wie das Unternehmen Geschäfte macht?

Einige Unternehmen wenden möglicherweise Preisbildungsver-fahren an, um die Gegenleistung bestimmten Teilen eines Mehr-komponentenvertrags zuzuordnen. Doch selbst dann wird das Unternehmen beurteilen müssen, ob es diese Verfahren sowie seine Methoden zur Schätzung von Einzelveräußerungspreisen ggf. ändern muss.

• Wird IFRS 15 Änderungen an den Geschäftspraktiken bewirken (z. B. Änderungen der Vertragsbedingungen oder der Preis-gestaltungsmethoden, welche die Schätzungen von Einzelver-äußerungspreisen beeinflussen könnten)?

• Wurden Änderungen der Vertragsbedingungen vorgenom-men, welche die Erfassung von Umsatzerlösen nach dem neuen Standard beeinflussen würden (z. B. Änderung der Kündigungsbedingungen, um eine angemessene Entschä-digung für die bisher erbrachten Leistungen zu erhalten)?

• Werden sich geplante Änderungen auf die Art und Weise, wie die Vertriebsabteilung eines Unternehmens Geschäfte macht, auswirken?

Implementierungsüberlegungen10

Wie wird sich IFRS 15 auf die Rechnungslegungsmethoden des Unternehmens auswirken?

Da zahlreiche Konzepte im neuen Standard deutlich von den der-zeitigen Regelungen abweichen, müssen Unternehmen prüfen, welche Rechnungslegungsmethoden einer Aktualisierung bedür-fen, um die Vorschriften von IFRS 15 zu erfüllen. Angesichts des gemäß dem neuen Standard geforderten Umfangs an Ermes-sensentscheidungen und Schätzungen müssen zudem klare Vorgehensweisen festgelegt werden, damit die neuen Vorschrif-ten zur Umsatzrealisierung konsistent in allen Geschäftsbereichen umgesetzt werden können. Darüber hinaus könnten auch Rech-nungslegungsmethoden, die nicht der Erfassung von Umsatzerlö-sen dienen, betroffen sein (z. B. Methoden, die zur Erfassung von sonstigen Gewinnen und Verlusten, Provisionen und Kosten der Vertragserfüllung verwendet werden).

Welche Änderungen sind an den internen Kontrollsystemen vorzunehmen?

Neben dem Erfassen und Sammeln von Daten sowie Anpassun-gen der IT-Systeme werden voraussichtlich auch die internen Berichtsverfahren und Kontrollen einer kritischen Beurteilung zu unterziehen sein.

• Wird das Unternehmen bereits vorhandene Prozesse und interne Kontrollmechanismen weiterhin mit geringfügigen Anpassungen nutzen können oder wird es diese Gelegenheit nutzen, um seine umsatzbezogenen Kontrollen zu optimieren?

• Welche zusätzlichen Prozesse und Kontrollen werden während der Übergangsphase erforderlich sein, wenn der modifizierte retrospektive Ansatz angewendet wird?

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Welche Auswirkungen wird der Standard zur Umsatzrealisierung auf die Erfassung für steuerliche Zwecke haben?

Änderungen der Bilanzierung von Umsatzerlösen für Zwecke der Rechnungslegung können zu Abweichungen bei der Erfassung für steuerliche Zwecke führen. In manchen Fällen können diese Abweichungen aufgrund von Änderungen des Zeitpunkts der Erfassung von Umsatzerlösen für Rechnungslegungszwecke zusätzliche temporäre Differenzen verursachen.

• Wird der Standard wesentliche Änderungen der temporären Differenzen aufgrund der geänderten Erfassung von Umsatz-erlösen bewirken?

• Wird das Unternehmen seine Methoden der Steuerbilanzie-rung angesichts der neuen Rechnungslegungsvorschriften ändern müssen?

• Inwieweit wird der Standard die Verrechnungspreisgestaltung beeinflussen?

10.4 Die weiteren Phasen des Implementierungsprozesses

Von den Ergebnissen der Analysephase hängt es ab, welche Aktivitäten ein Unternehmen in den weiteren Phasen des Imple-mentierungsprozesses durchführen muss. Dazu zählen die Ent-wicklung neuer Rechnungslegungsmethoden und -verfahren, die Erarbeitung eines Ansatzes zur Bestimmung der kumulativen Auswirkungen zum Zeitpunkt des Übergangs (einschließlich der möglichen steuerlichen Auswirkungen), die Erstellung techni-scher Entwurfsdokumente für Systemänderungen und eine Viel-zahl anderer Aktivitäten im Zusammenhang mit Rechnungsle-gung und Berichterstattung, Steuern, Geschäftsprozessen und -systemen, Change-Management, Kommunikation und Work-streams für Mitarbeiterschulungen. In vielen Fällen wird dies dazu führen, dass Unternehmen vor vollkommen neue Aufgaben gestellt werden und eine Roadmap für die Bereitstellung der neuen Daten, Prozesse und Systeme erarbeiten müssen.

10.5 Kommunikation mit den wichtigsten Stakeholdern

Während des Implementierungsprozesses sollte ein Unternehmen frühzeitig und regelmäßig mit seinen wichtigsten Stakeholdern (z. B. Prüfungsausschüsse, Investoren, Kreditgeber, Aufsichts-behörden) kommunizieren – insbesondere, wenn es erhebliche Änderungen hinsichtlich des Betrags, des Zeitpunkts und der Dar-stellung von Umsatzerlösen erwartet.

Das Management sollte den Prüfungsausschuss in Bezug auf die Umsetzung des Standards und den Fortschritt des Implemen-tierungsprozesses stets auf dem Laufenden halten, einschließlich

• eines Überblicks über die Anforderungen des Standards,

• der erwarteten Auswirkungen auf die wesentlichen Umsatz-ströme sowie

• der angewendeten Übergangsmethode.

Die Erfahrungen der Mitglieder des Prüfungsausschusses in und mit anderen Unternehmen, die mit vergleichbaren Problemen zu kämpfen haben, können für das Unternehmen während des Implementierungsprozesses eine wertvolle Ressource darstellen.

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Anhang

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IFRS 15 Revenue from Contracts with Customers

IFRS 15 Revenue from Contracts with Customers wurde im Mai 2014 veröffentlicht und ist (mit wenigen Ausnahmen) auf alle Verträge mit Kunden anwendbar.

IFRS 15 ist erstmalig auf Berichtsperioden anzuwenden, die am oder nach dem 1. Januar 2017 beginnen. Eine frühere Anwendung ist zulässig.

Übergang auf IFRS 15

IFRS 15.C3

IFRS 15.C2

IFRS 15 ist unter Heranziehung einer der beiden folgenden Methoden anzuwenden:a. rückwirkende Anwendung auf jede in Übereinstimmung mit IAS 8 Rechnungslegungs­

methoden, Änderungen von rechnungslegungsbezogenen Schätzungen und Fehler dargestellte frühere Berichtsperiode, vorbehaltlich der in IFRS 15.C5 genannten Aus­nahmeregelungen; oder

b. rückwirkende Anwendung und Erfassung der kumulierten Auswirkung aus der Erstan­wendung des IFRS 15 zum Zeitpunkt der erstmaligen Anwendung gemäß IFRS 15.C7–C8

Zum Zwecke des Übergangs auf IFRS 15a. ist der Zeitpunkt der erstmaligen Anwendung der Beginn der Berichtsperiode, in der ein

Unternehmen IFRS 15 zum ersten Mal anwendet,b. ist ein erfüllter Vertrag ein Vertrag, in Bezug auf den das Unternehmen alle Güter oder

Dienstleistungen übertragen hat, die in Übereinstimmung mit IAS 11 Fertigungsaufträge, IAS 18 Umsatzerlöse und den dazugehörigen Interpretationen identifiziert worden sind.

IFRS 15.C1 Wendet ein Unternehmen IFRS 15 in seinem ersten IFRS­Abschluss für eine frühere Berichts­periode als die am oder nach dem 1. Januar 2017 beginnende Periode an, so gibt es dies an.

IFRS 15.C3(a) Vollständiger retrospektiver Ansatz

IAS 8.22

IAS 8.28

IAS 33.2

Wendet das Unternehmen IFRS 15 rückwirkend gemäß IFRS 15.C3(a) an, so stellt es die Anpassung des Eröffnungsbilanzwerts eines jeden Eigenkapitalbestandteils für die früheste dargestellte Periode sowie die sonstigen vergleichenden Beträge für jede frühere darge­stellte Periode so dar, als ob es die neue Rechnungslegungsmethode stets angewandt hätte.Wenn die erstmalige Anwendung des IFRS 15 Auswirkungen auf die Berichtsperiode oder irgendeine frühere Periode hat oder derartige Auswirkungen haben könnte, es sei denn, die Ermittlung des Korrekturbetrags wäre undurchführbar, hat das Unternehmen Folgendes anzugeben:a. den Titel des IFRS;b. falls zutreffend, dass die Rechnungslegungsmethode in Übereinstimmung mit den Über­

gangsvorschriften geändert wird;c. die Art der Änderung der Rechnungslegungsmethoden;d. falls zutreffend, eine Beschreibung der Übergangsvorschriften;e. falls zutreffend, die Übergangsvorschriften, die eventuell eine Auswirkung auf zukünftige

Perioden haben könnten;f. den Korrekturbetrag für die Berichtsperiode sowie, soweit durchführbar, für die Berichts­

periode, die der Erstanwendung unmittelbar vorangeht, für jeden einzelnen betroffenen Posten des Abschlusses und, sofern IAS 33 Ergebnis je Aktie auf das Unternehmen anwend­bar ist, für das unverwässerte und verwässerte Ergebnis je Aktie;

Angabe erfolgt

Ja Nein N/A

Anhang AAuszug aus der IFRS-Checkliste für angabepflichtige Informationen von EY

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IFRS 15.C4

IAS 8.28(f)

Ungeachtet der Vorschriften in IAS 8.28 muss ein Unternehmen, das IFRS 15 erstmals anwen­det, nur die gemäß IAS 8.28(f) geforderten quantitativen Informationen für die Periode, die der Erstanwendung von IFRS 15 unmittelbar vorangeht (die „unmittelbar vorangehende Periode“), angeben und nur dann, wenn es IFRS 15 in Übereinstimmung mit IFRS 15.C3(a) rückwirkend anwendet. Einem Unternehmen steht es frei, diese Angaben auch für die aktu­elle Berichtsperiode oder für jede frühere Vergleichsperiode im Abschluss zu machen.

g. den Korrekturbetrag, sofern durchführbar, im Hinblick auf Perioden vor denjenigen, die ausgewiesen werden; und

h. sofern eine rückwirkende Anwendung nach IAS 8.19(a) oder IAS 8.19(b) für eine bestimmte frühere Periode oder aber für Perioden, die vor den ausgewiesenen Perioden liegen, undurchführbar ist, so sind die Umstände darzustellen, die zu jenem Zustand geführt haben, unter Angabe, wie und wann die Änderung der Rechnungslegungsmethode ange­wandt wurde.

In den Abschlüssen späterer Perioden müssen diese Angaben nicht wiederholt werden.

IFRS 15.C6 Das Unternehmen macht die beiden folgenden Angaben zu den von ihm in Anspruch genom­menen Ausnahmeregelungen gemäß IFRS 15.C5:a. die in Anspruch genommenen Ausnahmeregelungen; b. eine qualitative Beurteilung der erwarteten Auswirkungen, die sich aus der Inanspruch­

nahme der einzelnen Ausnahmeregelungen ergeben, soweit dies nach vernünftigem Ermessen möglich ist.

IFRS 15.C5 Ein Unternehmen kann bei der Anwendung des IFRS 15 eine oder mehrere der folgenden Aus­nahmeregelungen anwenden:a. Bei erfüllten Verträgen muss das Unternehmen Verträge, die innerhalb desselben jährlichen

Berichtszeitraums beginnen und enden, nicht neu beurteilen;b. bei erfüllten Verträgen, die eine variable Gegenleistung beinhalten, kann das Unternehmen

den Transaktionspreis zum Zeitpunkt der Vertragserfüllung ansetzen und muss nicht die Beträge der variablen Gegenleistung in den Vergleichszeiträumen schätzen;

c. das Unternehmen ist nicht verpflichtet, für alle vor dem Zeitpunkt der erstmaligen Anwen­dung dargestellten Berichtszeiträume den Betrag des Transaktionspreises, der den ver­bleibenden Leistungsverpflichtungen zugeordnet wurde, offenzulegen oder eine Erklärung abzugeben, wann das Unternehmen mit der Erfassung dieses Betrags als Umsatzerlös rechnet.

IFRS 15.C3(a) Modifizierter retrospektiver Ansatz

IFRS 15.C8 Wird IFRS 15 in Übereinstimmung mit IFRS 15.C3(b) rückwirkend angewandt, macht das Unternehmen die beiden folgenden Angaben zu Berichtsperioden, in denen IFRS 15 erstmals angewendet werden:a. den Betrag, um den sich jeder Abschlussposten infolge der Anwendung von IFRS 15

im Vergleich zu IAS 11, IAS 18 und den dazugehörigen Interpretationen, die vor der Änderung gültig waren, ändert;

b. eine Erläuterung für die Ursachen der in IFRS 15.C8(a) identifizierten wesentlichen Änderungen.

Angabe erfolgt

Ja Nein N/A

192 | EY Im Fokus: Der neue Standard zur Umsatzrealisierung

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IFRS 15.C7 Beschließt ein Unternehmen, IFRS 15 rückwirkend in Übereinstimmung mit IFRS 15.C3(b) anzuwenden, muss es den kumulativen Effekt der erstmaligen Anwendung von IFRS 15 zum Zeitpunkt der Erstanwendung als Anpassung des Eröffnungsbilanzwerts der Gewinnrückla­gen (oder anderer angemessener Eigenkapitalbestandteile) erfassen. Nach dieser Übergangs­methode muss ein Unternehmen IFRS 15 nur auf solche Verträge anwenden, die zum Zeit­punkt der Erstanwendung (z. B. 1. Januar 2017 für ein Unternehmen, dessen Geschäftsjahr am 31. Dezember endet) nicht erfüllt sind.

IFRS-Erstanwender

IFR S 1.D34

IFRS 15.C6

Wendet ein IFRS­Erstanwender bei der Umstellung auf IFRS den Standard IFRS 15 an, macht das Unternehmen folgende Angaben zu den von ihm in Anspruch genommenen Ausnahme­regelungen gemäß IFRS 15.C5:a. die in Anspruch genommenen Ausnahmeregelungen;b. eine qualitative Beurteilung der erwarteten Auswirkungen, die sich aus der Inanspruch­

nahme der einzelnen Ausnahmeregelungen ergeben, soweit dies nach vernünftigem Ermessen möglich ist.

IFRS 1.D34­35 Erstanwender können die Übergangsvorschriften in IFRS 15.C5 anwenden. Bezugnahmen in diesen Paragraphen auf den „Zeitpunkt der erstmaligen Anwendung“ sind als Beginn der ersten Berichtsperiode, in der das Unternehmen die IFRS anwendet, auszulegen. Beschließt ein Erstanwender, diese Übergangsvorschriften anzuwenden, muss es auch IFRS 15.C6 anzuwenden.

Ein Erstanwender ist nicht verpflichtet, Verträge, die vor der frühesten dargestellten Periode erfüllt worden sind, neu zu bewerten. Ein erfüllter Vertrag ist ein Vertrag, in Bezug auf den das Unternehmen alle Güter oder Dienstleistungen übertragen hat, die in Übereinstimmung mit den bislang geltenden Rechnungslegungsgrundsätzen identifiziert worden sind.

Darstellung

IFRS 15.105 Das Unternehmen weist einen unbedingten Anspruch auf eine Gegenleistung gesondert als Forderung aus.

IFRS 15.108 Eine Forderung ist der unbedingte Anspruch eines Unternehmens auf den Erhalt einer Gegen­leistung. Ein unbedingter Anspruch liegt vor, wenn die Gegenleistung fällig ist oder die Fällig­keit automatisch durch Zeitablauf eintritt. Ein Unternehmen erfasst beispielsweise eine For­derung, wenn es einen gegenwärtigen Anspruch auf Erhalt einer Zahlung hat, obgleich dieser Betrag unter Umständen in der Zukunft zurückgezahlt werden muss. Die Forderung muss nach IFRS 9 bzw. IAS 39 erfasst werden.

IFRS 15.108

IFRS 15.107

IFRS 15.105

Das Unternehmen weist beim erstmaligen Ansatz einer Forderung aus einem Vertrag mit einem Kunden eine etwaige Abweichung zwischen der gemäß IFRS 9 bzw. IAS 39 bewerteten Forderung und den entsprechenden Umsatzerlösen als Aufwand aus (beispielsweise als Wertminderungsaufwand).

Erfüllt das Unternehmen den Vertrag, indem es Güter oder Dienstleistungen auf einen Kunden überträgt, bevor der Kunde die Gegenleistung entrichtet hat oder bevor die Zahlung fällig ist, dann weist das Unternehmen den Vertrag als vertraglichen Vermögenswert (ohne etwaige als Forderung erfasste Beträge) aus.

Angabe erfolgt

Ja Nein N/A

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IFRS 15.106

IFRS 15.105

IFRS 15.109

Entrichtet ein Kunde die Gegenleistung oder hat das Unternehmen einen unbedingten Anspruch auf eine bestimmte Gegenleistung (d. h. eine Forderung), bevor das Unternehmen Güter oder Dienstleistungen auf den Kunden überträgt, dann weist das Unternehmen den Vertrag als vertragliche Verbindlichkeit aus, wenn die Zahlung erfolgt oder die Zahlung fällig ist (je nachdem, was zuerst eintritt).

Das Unternehmen veröffentlicht ausreichende Informationen, damit Abschlussadressaten zwischen Forderungen und vertraglichen Vermögenswerten unterscheiden können, wenn es eine andere Bezeichnung für einen vertraglichen Vermögenswert verwendet.

IFRS 15.107

IFRS 15.106

IFRS 15.109

Ein vertraglicher Vermögenswert ist der Anspruch eines Unternehmens auf den Erhalt einer Gegenleistung im Tausch für Güter oder Dienstleistungen, die das Unternehmen auf einen Kunden übertragen hat. Der vertragliche Vermögenswert muss nach IFRS 9 bzw. IAS 39 auf Wertminderung überprüft werden. Die Bewertung, Darstellung und Offenlegung einer Wert­minderung eines vertraglichen Vermögenswerts hat auf derselben Grundlage zu erfolgen wie bei einem finanziellen Vermögenswert, der in den Anwendungsbereich von IFRS 9 bzw. IAS 39 fällt (siehe außerdem IFRS 15.113[b]).

Eine vertragliche Verpflichtung ist die Verpflichtung eines Unternehmens zur Übertragung von Gütern oder Dienstleistungen auf einen Kunden, für die das Unternehmen bereits vom Kunden eine Gegenleistung erhalten hat (bzw. für die ein bestimmter Betrag der Gegenleistung fällig ist).

Nach IFRS 15 sind Unternehmen nicht verpflichtet, die Begriffe „vertraglicher Vermögens­wert“ oder „vertragliche Verbindlichkeit“ in der Bilanz für diese Posten zu verwenden.

Das Vorhandensein einer wesentlichen Finanzierungskomponente im Vertrag

IFRS 15.65 Das Unternehmen weist die Effekte aus der Finanzierungstätigkeit (Zinserträge oder ­auf­wendungen) getrennt von den Umsatzerlösen aus Verträgen mit Kunden in der Gesamt­ergebnisrechnung aus.

IFRS 15.65 Zinserträge und ­aufwendungen werden nur in der Höhe erfasst, in der ein vertraglicher Ver­mögenswert (bzw. eine Forderung) oder eine vertragliche Verbindlichkeit im Zusammenhang mit der Bilanzierung eines Vertrags mit einem Kunden erfasst wird.

Verkauf mit Rückgaberecht

IFRS 15.B25 Das Unternehmen weist den Vermögenswert für sein Recht, Produkte bei Begleichung der Rückerstattungsverbindlichkeit vom Kunden zurückzuholen, gesondert von der Rückerstat­tungsverbindlichkeit aus.

IFRS 15.B25 Ein Vermögenswert, der für das Recht eines Unternehmens, Produkte bei Begleichung der Rückerstattungsverbindlichkeit vom Kunden zurückzuerhalten, ausgewiesen wird, wird bei seinem erstmaligen Ansatz unter Bezugnahme auf den vorherigen Buchwert des Produkts (z. B. Vorräte) abzüglich der erwarteten Kosten für den Rückerhalt der Produkte bewertet (einschließlich potenzieller Wertminderungen der zurückgeholten Produkte). Am Ende jeder Berichts periode muss das Unternehmen die Bewertung des Vermögenswerts unter Berück­sichtigung der geänderten Erwartungen im Hinblick auf die zurückzugebenden Produkte korrigieren.

Angabe erfolgt

Ja Nein N/A

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Angabepflichten

IFRS 15.110 Die Zielsetzung der Angabevorschriften in IFRS 15 besteht darin, dass ein Unternehmen aus­reichende Informationen vorlegt, damit es den Abschlussadressaten möglich ist, die Art, den Betrag, den Zeitpunkt und die Unsicherheit von Umsatzerlösen und Zahlungsflüssen, die sich aus Verträgen mit Kunden ergeben, zu verstehen.

IFRS 15.110

IFRS 15.111

IFRS 15.111

Das Unternehmen macht qualitative und quantitative Angaben zu folgenden Sachverhalten, um das in IFRS 15.110 angegebene Ziel zu erreichen:a. seine Verträgen mit Kunden (siehe IFRS 15.113–122);b. die wesentlichen Ermessensentscheidungen (einschließlich Änderungen dieser Ermessens­

entscheidungen), die bei der Anwendung des IFRS 15 auf diese Verträge getroffen wurden (siehe IFRS 15.123–126); und

c. sämtliche aktivierten Kosten, die im Rahmen der Vertragsanbahnung oder im Zusammen­hang mit der Erfüllung eines Vertrags mit einem Kunden gemäß IFRS 15.91 oder IFRS 15.95 entstehen (siehe IFRS 15.127–128).

Das Unternehmen beachtet den zur Erfüllung der Angabepflichten notwendigen Detaillierungs­grad und die Gewichtung, die den jeweiligen Angabevorschriften beizumessen ist.

Das Unternehmen fasst seine Angaben zusammen oder gliedert sie auf, sodass nützliche Informationen nicht verschleiert werden, z. B. durch eine zu große Fülle von unwesentlichen Informationen oder durch eine Zusammenfassung von Posten mit substanziell unterschied­lichen Merkmalen.

IFRS 15.112 Ein Unternehmen muss keine Informationen gemäß IFRS 15 veröffentlichen, wenn es diese Informationen bereits gemäß einem anderen Standard offengelegt hat.

Verträge mit Kunden

IFRS 15.113 Das Unternehmen gibt die folgenden Beträge für die Berichtsperiode an:a. Umsatzerlöse aus Verträgen mit Kunden, die das Unternehmen separat von anderen

Umsatzquellen ausweisen muss;b. Wertminderungsaufwendungen, die (gemäß IFRS 9 bzw. IAS 39) für Forderungen oder

vertragliche Vermögenswerte aus den Verträgen des Unternehmens mit Kunden getrennt von den Wertminderungsaufwendungen für andere Verträge erfasst werden.

Aufgliederung der Umsatzerlöse nach Kategorien

Das Unternehmen untergliedert Umsätze aus Verträgen mit Kunden nach Kategorien, die zeigen, wie die Art, der Betrag, der Zeitpunkt und die Unsicherheit von Umsatzerlösen und Zahlungsflüssen von wirtschaftlichen Faktoren beeinflusst werden.

Angabe erfolgt

Ja Nein N/A

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IFRS 15.114

IFRS 15.B87

IFRS 15.B88

IFRS 15.B89

IFRS 15.114 schreibt vor, dass Unternehmen Umsätze aus Verträgen mit Kunden nach Katego­rien untergliedern müssen, die zeigen, wie die Art, der Betrag, der Zeitpunkt und die Unsicher­heit von Umsatzerlösen und Zahlungsflüssen von wirtschaftlichen Faktoren beeinflusst werden. Wie weit Umsätze eines Unternehmens zum Zwecke dieser Angabe untergliedert werden, hängt folglich von den Fakten und Umständen im Zusammenhang mit den Kundenverträgen dieses Unternehmens ab. Um das in IFRS 15.114 vorgeschriebene Ziel der Aufgliederung von Umsatzerlösen zu erfüllen, müssen Unternehmen unter Umständen mehr als eine Art von Kategorien verwenden. Andere Unternehmen können das Ziel erreichen, indem sie nur eine Kategorie verwenden. Bei der Auswahl der Kategorie (oder der Kategorien) für die Aufgliede­rung von Umsatzerlösen muss das Unternehmen berücksichtigen, wie die Angaben zu den Umsatzerlösen des Unternehmens für andere Zwecke dargestellt wurden, z. B.:a. Angaben, die das Unternehmen außerhalb des Abschlusses veröffentlicht hat (beispiels­

weise in Ergebnismitteilungen, Geschäftsberichten oder Investorenpräsentationen),b. Informationen, die regelmäßig vom Hauptentscheidungsträger zur Beurteilung der Per­

formance von operativen Segmenten überprüft werden, undc. andere Informationen, die den in IFRS 15.B88(a) und (b) genannten Informationen

ähnlich sind und die das Unternehmen oder die Abschlussadressaten heranziehen, um die finanzielle Performance des Unternehmens zu beurteilen oder Entscheidungen über die Verteilung von Ressourcen zu treffen.

Beispiele für mögliche geeignete Kategorien sind u. a.:• ► Art der Güter oder Dienstleistungen (z. B. die wichtigsten Produktlinien)• ► geografische Region (z. B. Land oder Region)• ► Markt oder Art des Kunden (z. B. staatliche oder nicht staatliche Kunden)• ► Art des Vertrags (z. B. Festpreis oder Vergütung auf Zeit- und Materialbasis)• ► Laufzeit des Vertrags (z. B. kurz- oder langfristige Verträge)• ► Zeitpunkt der Übertragung von Gütern oder Dienstleistungen (z. B. Übertragung zu einem

bestimmten Zeitpunkt oder Übertragung über einen bestimmten Zeitraum)• ► Vertriebskanäle (z. B. Direktverkauf an Verbraucher oder Vertrieb über

Zwischenhändler).

IFRS 15.115 Wenn das Unternehmen IFRS 8 Geschäftssegmente anwendet: Das Unternehmen legt ausreichende Informationen vor, um es den Abschlussadressaten zu ermöglichen, die Beziehung zwischen den untergliederten Angaben zu den Umsatzerlösen und den für jedes berichtspflichtige Segment veröffentlichten Informationen zu den Umsatzerlösen zu verstehen.

Vertragssalden

IFRS 15.116Das Unternehmen macht alle folgenden Angaben:a. Eröffnungs­ und Schlusssalden von Forderungen, vertraglichen Vermögenswerten und

vertraglichen Verbindlichkeiten aus Verträgen mit Kunden, sofern diese nicht separat ausgewiesen werden;

b. in der Berichtsperiode erfasste Umsatzerlöse, die zu Beginn der Periode im Saldo der vertraglichen Verbindlichkeiten enthalten waren; und

c. in der Berichtsperiode erfasste Umsatzerlöse aus Leistungsverpflichtungen, die in früheren Perioden erfüllt (oder teilweise erfüllt) worden sind (z. B. Änderungen des Transaktions ­ preises).

Angabe erfolgt

Ja Nein N/A

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IFRS 15.117

IFRS 15.119

IFRS 15.118

Das Unternehmen erläutert, wie sich der Zeitpunkt der Erfüllung der Leistungsverpflichtun­gen zum üblichen Zahlungszeitpunkt verhält und welche Auswirkungen diese Faktoren auf die Salden von vertraglichen Vermögenswerten und vertraglichen Verbindlichkeiten haben; die Erläuterung kann unter Heranziehung qualitativer Informationen erfolgen.

Das Unternehmen erläutert die wesentlichen Änderungen der Salden von vertraglichen Vermögenswerten und vertraglichen Verbindlichkeiten während der Berichtsperiode (unter Verwendung von qualitativen und quantitativen Informationen).

IFRS 15.118 Beispiele für Änderungen der Salden von vertraglichen Vermögenswerten und vertraglichen Verbindlichkeiten eines Unternehmens sind:a. Änderungen aufgrund von Unternehmenszusammenschlüssenb. kumulative Anpassungen der Umsatzerlöse, die Auswirkungen auf den entsprechenden

vertraglichen Vermögenswert oder die entsprechende vertragliche Verbindlichkeit haben, einschließlich Anpassungen, die sich aufgrund einer Änderung des Leistungsfortschritts, einer Änderung der Schätzung des Transaktionspreises (einschließlich Änderungen der Beurteilung, ob eine Schätzung der variablen Gegenleistung begrenzt ist) oder einer Ver­tragsmodifikation ergeben

c. Wertminderung eines vertraglichen Vermögenswertsd. Änderung des Zeitrahmens, bis ein Anspruch auf Erhalt einer Gegenleistung unbedingt wird

(d. h., bis ein vertraglicher Vermögenswert in die Forderungen umgegliedert wird)e. Änderung des Zeitrahmens, bis eine Leistungsverpflichtung erfüllt wird (d. h., bis Umsatz-

erlöse aus einer vertraglichen Verbindlichkeit erfasst werden)

Leistungsverpflichtungen

IFRS 15.119 Das Unternehmen gibt Informationen über seine Leistungsverpflichtungen aus Verträgen mit Kunden an. Dazu gehört u. a. eine Beschreibung aller folgenden Sachverhalte:a. Zeitpunkt, zu dem das Unternehmen seine Leistungsverpflichtungen üblicherweise erfüllt

(z. B. bei Versand, bei Lieferung, bei Erbringung der Dienstleistungen oder bei Beendi­gung der Dienstleistungen), einschließlich des Zeitpunkts der Erfüllung von Leistungsver­pflichtungen im Rahmen einer Bill-and-hold-Vereinbarung;

b. die wesentlichen Zahlungskonditionen (z. B., wann die Zahlung üblicherweise fällig ist, ob der Vertrag eine wesentliche Finanzierungskomponente enthält, ob die Höhe der Gegenleistung variabel ist und ob die Schätzung der variablen Gegenleistung gemäß IFRS 15.56–58 üblicherweise begrenzt ist);

c. die Art der Güter oder Dienstleistungen, deren Übertragung das Unternehmen zugesagt hat, wobei auf Leistungsverpflichtungen, bei denen ein Dritter mit der Übertragung von Gütern oder Dienstleistungen beauftragt wird (d. h., wenn das Unternehmen als Vermittler handelt), gesondert hinzuweisen ist;

d. Rücknahme- oder Erstattungsverpflichtungen und sonstige ähnliche Verpflichtungen; unde. Arten von Garantien und damit verbundene Verpflichtungen.

Angabe erfolgt

Ja Nein N/A

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Der den verbleibenden Leistungsverpflichtungen zugeordnete Transaktionspreis

IFRS 15.120

IFRS 15.122

Das Unternehmen gibt die folgenden Informationen über seine verbleibenden Leistungsver­pflichtungen an:a. den Gesamtbetrag des Transaktionspreises, der den zum Ende der Berichtsperiode nicht

(oder teilweise nicht) erfüllten Leistungsverpflichtungen zugeordnet wird;b. eine Erläuterung, wann das Unternehmen mit der Erfassung des gemäß IFRS 15.120(a)

angegebenen Betrags als Umsatzerlöse rechnet, wobei die Erläuterung in einer der folgen­den Formen zu erfolgen hat:• auf quantitativer Basis unter Verwendung der Zeitbänder, die für die Laufzeit der

verbleibenden Leistungsverpflichtungen am besten geeignet sind oder• durch Verwendung qualitativer Informationen.

Das Unternehmen macht qualitative Angaben dazu, ob es die Ausnahmeregelung in IFRS 15.121 anwendet und eine Gegenleistung aus Verträgen mit Kunden nicht in den Trans­aktionspreis einbezogen wurde und somit nicht in den in Übereinstimmung mit IFRS 15.120 veröffentlichten Informationen enthalten ist.

IFRS 15.121

IFRS 15.B16

Aus Vereinfachungsgründen steht es Unternehmen frei, die Informationen nach IFRS 15.120 in Bezug auf eine Leistungsverpflichtung nicht zu veröffentlichen, wenn eine der folgenden Bedingungen erfüllt ist:a. die Leistungsverpflichtung ist Bestandteil eines Vertrags, dessen ursprüngliche erwartete

Laufzeit maximal ein Jahr beträgt, oderb. das Unternehmen erfasst Umsatzerlöse aus der Erfüllung der Leistungsverpflichtung in

Übereinstimmung mit IFRS 15.B16. Ein Unternehmen, das Anspruch auf eine Gegenleistung von einem Kunden in einer Höhe hat, die direkt dem Wert der vom Unternehmen bisher erbrachten Leistung für den Kunden entspricht (z. B. ein Dienstleistungsvertrag, in dem ein Unternehmen einen festen Betrag für jede geleistete Stunde in Rechnung stellt), kann aus Gründen der Vereinfachung den Umsatz in Höhe des Betrags erfassen, den das Unternehmen in Rechnung stellen darf.

Wesentliche Ermessensentscheidungen bei der Anwendung von IFRS 15

IFRS 15.123 Das Unternehmen macht Angaben zu den bei der Anwendung von IFRS 15 getroffenen Ermessensentscheidungen sowie zu Änderungen seiner Ermessensentscheidungen, die sich wesentlich auf die Ermittlung der Höhe und des Zeitpunkts der Erfassung von Umsatz­erlösen aus Verträgen mit Kunden auswirken. Das Unternehmen erläutert insbesondere die Ermessensentscheidungen und Änderungen der Ermessensentscheidungen, die es bei der Ermittlung der beiden folgenden Sachverhalte getroffen hat:a. Zeitpunkt der Erfüllung von Leistungsverpflichtungenb. Transaktionspreis und Beträge, die auf die Leistungsverpflichtungen verteilt werden

Das Unternehmen legt zu Leistungsverpflichtungen, die zu einem bestimmten Zeitpunkt erfüllt werden, die wesentlichen Ermessensentscheidungen offen, die bei der Beurteilung des Zeitpunkts, zu dem der Kunde die Verfügungsgewalt über das Gut oder die Dienstleistung erlangt hat, getroffen wurden.

Angabe erfolgt

Ja Nein N/A

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Ermittlung des Transaktionspreises und der Beträge, die auf die Leistungsverpflichtungen verteilt werden

IFRS 15.126 Das Unternehmen legt Informationen über die Methoden, Inputs und Annahmen offen, die zu allen folgenden Zwecken verwendet wurden:a. Ermittlung des Transaktionspreises: Diese umfasst u. a. die Schätzung der variablen

Gegenleistung, die Anpassung der Gegenleistung aufgrund des Zinseffekts und die Bewertung nicht zahlungswirksamer Gegenleistungen;

b. Beurteilung, ob eine Schätzung der variablen Gegenleistung begrenzt ist;c. Aufteilung des Transaktionspreises, einschließlich:• Schätzung der Einzelveräußerungspreise der zugesagten Güter oder Dienstleistungen• ggf. Zuordnung von Preisnachlässen zu einem spezifischen Teil des Vertrags• ggf. Zuordnung der variablen Gegenleistung zu einem spezifischen Teil des Vertrags

undd. Bewertung der Rücknahme- oder Erstattungsverpflichtungen und der weiteren vergleich­

baren Verpflichtungen.

Aktivierte Kosten, die im Rahmen der Anbahnung oder Erfüllung eines Vertrags mit einem Kunden entstehen

FRS 15.127

IFRS 15.128

Das Unternehmen macht die beiden folgenden Angaben:a. die Ermessensentscheidungen, die getroffen wurden, um die Höhe der Kosten zu ermit­

teln, die im Rahmen der Vertragsanbahnung oder im Zusammenhang mit der Erfüllung eines Vertrags entstanden sind

b. die Methode, die es für die Bestimmung des Abschreibungsbetrags in jeder Berichts­periode verwendet

Das Unternehmen macht alle folgenden Angaben:a. die Schlusssalden aller aktivierten Kosten, die im Rahmen der Vertragsanbahnung oder im

Zusammenhang mit der Erfüllung eines Vertrags mit einem Kunden entstehen, und zwar unterteilt nach den Hauptkategorien des Vermögenswerts (z. B. Kosten für die Vertrags­anbahnung, Vorvertragskosten und Set­up­Kosten)

b. die Höhe der Abschreibungsbeträge, die in der Berichtsperiode erfasst wurdenc. die Höhe der Wertminderungsaufwendungen, die in der Berichtsperiode erfasst wurden

Vereinfachungsregelungen

IFRS 15.129 Wenn das Unternehmen sich dafür entschieden hat, bei der Beurteilung, ob eine wesentliche Finanzierungskomponente besteht, die Vereinfachungsregelung gemäß IFRS 15.63 anzuwen­den, gibt es dies an.

IFRS 15.63 Ein Unternehmen kann darauf verzichten, die zugesagte Gegenleistung um die Auswirkungen aus einer wesentlichen Finanzierungskomponente anzupassen, wenn es bei Vertragsbeginn davon ausgeht, dass der Zeitraum zwischen der Übertragung der zugesagten Güter oder Dienst­leistungen auf den Kunden und der Bezahlung dieser Güter oder Dienstleistungen durch den Kunden maximal ein Jahr beträgt.

IFRS 15.129 Wenn das Unternehmen sich dafür entschieden hat, in Bezug auf zusätzliche Kosten für die Anbah­nung eines Vertrags die Vereinfachungsregelung gemäß IFRS 15.94 anzuwenden, gibt es dies an.

IFRS 15.94 Ein Unternehmen kann die zusätzlichen Kosten für die Anbahnung eines Vertrags zum Zeit­punkt ihres Entstehens aufwandswirksam erfassen, wenn der Abschreibungszeitraum für diesen Vermögenswert, den das Unternehmen sonst erfasst hätte, maximal ein Jahr beträgt.

Angabe erfolgt

Ja Nein N/A

199EY Im Fokus: Der neue Standard zur Umsatzrealisierung |

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Beispiel 1 Einbringlichkeit der Gegenleistung Abschnitt 3.4

Beispiel 2 Gegenleistung entspricht nicht dem vertraglich vereinbarten Preis — impliziter Preisnachlass Abschnitt 3.1.5

Beispiel 3 Impliziter Preisnachlass Nicht enthalten

Beispiel 4 Neubeurteilung der Kriterien für die Identifizierung eines Vertrags Nicht enthalten

Beispiel 5 Modifikation eines Vertrags über die Lieferung von Gütern Abschnitt 3.3.2

Beispiel 6 Änderung des Transaktionspreises nach einer Vertragsmodifikation Nicht enthalten

Beispiel 7 Modifikation eines Dienstleistungsvertrags Nicht enthalten

Beispiel 8 Modifikation führt zu kumulierter Anpassung der Umsatzerlöse Abschnitt 3.3.2

Beispiel 9 Nicht genehmigte Änderung des Umfangs und des Preises Abschnitt 3.3

Beispiel 10 Nicht einzeln abgrenzbare Güter und Dienstleistungen Nicht enthalten

Beispiel 11 Prüfung, ob Güter oder Dienstleistungen einzeln abgrenzbar sind Abschnitt 4.2.1

Beispiel 12 Explizite und implizite Zusagen in einem Vertrag Abschnitt 4.1

Beispiel 13 Dem Kunden fließt der Nutzen aus der Leistung zu und er nutzt die Leistung, während diese erbracht wird Abschnitt 7.1.1

Beispiel 14 Beurteilung des alternativen Nutzens und des Zahlungsanspruchs Abschnitt 7.1.3

Beispiel 15 Vermögenswert weist keine alternative Nutzungsmöglichkeit für das Unternehmen auf Nicht enthalten

Beispiel 16 Rechtsanspruch auf Bezahlung der bereits erbrachten Leistung Nicht enthalten

Beispiel 17 Beurteilung, ob eine Leistungsverpflichtung zu einem bestimmten Zeitpunkt oder über einen bestimmten Zeitraum erfüllt wird Abschnitt 7.2

Beispiel 18 Bestimmung des Leistungsfortschritts bei der Bereitstellung von Gütern oder Dienstleistungen Nicht enthalten

Beispiel 19 Nicht installierte Materialien Abschnitt 7.1.5

Beispiel 20 Strafzahlung führt zu variabler Gegenleistung Nicht enthalten

Beispiel 21 Schätzung der variablen Gegenleistung Nicht enthalten

Beispiel 22 Rückgaberecht Abschnitt 5.2.2

Beispiel 23 Preisnachlässe Nicht enthalten

Beispiel 24 Mengenrabatte Nicht enthalten

Beispiel 25 Der Begrenzungsvorschrift unterliegende Verwaltungsgebühren Abschnitt 5.1.3

Beispiel 26 Wesentliche Finanzierungskomponente und Rückgaberecht Abschnitt 5.3

Beispiel 27 Zahlungseinbehalte bei langfristigen Verträgen Nicht enthalten

Beispiel 28 Ermittlung des Abzinsungssatzes Abschnitt 5.3

Beispiel 29 Vorauszahlung und Beurteilung des Abzinsungssatzes Nicht enthalten

Beispiel 30 Vorauszahlung Nicht enthalten

Beispiel 31 Anspruch auf nicht zahlungswirksame Gegenleistungen Abschnitt 5.4

Beispiel 32 An einen Kunden zu zahlende Gegenleistungen Abschnitt 5.5

Beispiel 33 Zuordnungsmethode Abschnitt 6.1.4

Beispiel 34 Zuordnung von Preisnachlässen Abschnitt 6.4

Beispiel 35 Zuordnung von variablen Gegenleistungen Abschnitt 6.3

Beispiel 36 Zusätzliche Kosten für die Anbahnung eines Vertrags Abschnitt 8.3.1

Beispiel 37 Kosten, die zu einem Vermögenswert führen Abschnitt 8.3.2

Anhang BIm Standard enthaltene erläuternde Beispiele

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Beispiel 38 Vertragliche Verbindlichkeit und Forderung Nicht enthalten

Beispiel 39 Vertraglicher Vermögenswert, der für die Leistung des Unternehmens erfasst wird Nicht enthalten

Beispiel 40 Forderung, die für die Leistung des Unternehmens erfasst wird Nicht enthalten

Beispiel 41 Aufgliederung von Umsatzerlösen nach Kategorien – quantitative Angaben Abschnitt 9.3.1

Beispiel 42 Angabe des Transaktionspreises, der den verbleibenden Leistungsverpflichtungen zugeordnet wird Abschnitt 9.3.1

Beispiel 43 Angabe des Transaktionspreises, der den verbleibenden Leistungsverpflichtungen zugeordnet wird – qualitative Angaben Abschnitt 9.3.1

Beispiel 44 Gewährleistungen und Garantien Nicht enthalten

Beispiel 45 Vorbereitung der Lieferung von Gütern oder Dienstleistungen (Unternehmen als Vermittler) Nicht enthalten

Beispiel 46 Zusage der Lieferung von Gütern oder Dienstleistungen (Unternehmen als Auftraggeber) Nicht enthalten

Beispiel 47 Zusage der Lieferung von Gütern oder Dienstleistungen (Unternehmen als Auftraggeber) Abschnitt 4.4

Beispiel 48 Vorbereitung der Lieferung von Gütern oder Dienstleistungen (Unternehmen als Vermittler) Abschnitt 4.4

Beispiel 49 Option räumt dem Kunden ein wesentliches Recht ein (Rabattgutschein) Abschnitt 4.6

Beispiel 50 Option räumt dem Kunden kein wesentliches Recht ein (zusätzliche Güter oder Dienstleistungen) Nicht enthalten

Beispiel 51 Option räumt dem Kunden ein wesentliches Recht ein (Verlängerungsoption) Nicht enthalten

Beispiel 52 Kundenbindungsprogramme Abschnitt 7.8

Beispiel 53 Nicht rückerstattungsfähige Anfangszahlungen Nicht enthalten

Beispiel 54 Recht zur Nutzung geistigen Eigentums Nicht enthalten

Beispiel 55 Lizenzen für geistiges Eigentum Nicht enthalten

Beispiel 56 Identifizierung einer abgrenzbaren Lizenz Abschnitt 8.4.1

Beispiel 57 Franchise­Rechte Abschnitt 8.4.4

Beispiel 58 Zugang zu geistigem Eigentum Abschnitt 8.4.3

Beispiel 59 Recht zur Nutzung geistigen Eigentums Abschnitt 8.4.3

Beispiel 60 Zugang zu geistigem Eigentum Nicht enthalten

Beispiel 61 Zugang zu geistigem Eigentum Nicht enthalten

Beispiel 62 Rückkaufvereinbarungen Abschnitte 7.3.1 und 7.3.2

Beispiel 63 Bill­and­hold­Vereinbarungen Abschnitt 7.4

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Schweiz Roger MüllerTelefon +41 58 286 [email protected]

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EY | Assurance | Tax | Transactions | Advisory

Die globale EY-Organisation im ÜberblickDie globale EY-Organisation ist einer der Marktführer in der Wirtschafts-prüfung, Steuerberatung, Transaktionsberatung und Managementberatung. Mit unserer Erfahrung, unserem Wissen und unseren Leistungen stärken wir weltweit das Vertrauen in die Wirtschaft und die Finanzmärkte. Dafür sind wir bestens gerüstet: mit hervorragend ausgebildeten Mitarbeitern, starken Teams, exzellenten Leistungen und einem sprichwörtlichen Kundenservice. Unser Ziel ist es, Dinge voranzubringen und entscheidend besser zu machen – für unsere Mitarbeiter, unsere Mandanten und die Gesellschaft, in der wir leben. Dafür steht unser weltweiter Anspruch „Building a better working world“.

Die globale EY-Organisation besteht aus den Mitgliedsunternehmen von Ernst & Young Global Limited (EYG). Jedes EYG-Mitgliedsunternehmen ist rechtlich selbstständig und unabhängig und haftet nicht für das Handeln und Unterlassen der jeweils anderen Mitgliedsunternehmen. Ernst & Young Global Limited ist eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung nach englischem Recht und erbringt keine Leistungen für Mandanten. Weitere Informationen finden Sie unter www.ey.com.

In Deutschland ist EY an 22 Standorten präsent. „EY“ und „wir“ beziehen sich in dieser Publikation auf alle deutschen Mitgliedsunternehmen von Ernst & Young Global Limited.

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EY ist bestrebt, die Umwelt so wenig wie möglich zu belasten. Diese Publikation wurde daher auf FSC®-zertifiziertem Papier gedruckt, das zu 60 % aus Recycling-Fasern besteht.

Diese Publikation ist lediglich als allgemeine, unverbindliche Information gedacht und kann daher nicht als Ersatz für eine detaillierte Recherche oder eine fachkundige Beratung oder Auskunft dienen. Obwohl sie mit größtmöglicher Sorgfalt erstellt wurde, besteht kein Anspruch auf sachliche Richtigkeit, Voll-ständigkeit und/oder Aktualität; insbesondere kann diese Publikation nicht den besonderen Umständen des Einzelfalls Rechnung tragen. Eine Verwendung liegt damit in der eigenen Verantwortung des Lesers. Jegliche Haftung seitens der Ernst & Young GmbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft und/oder anderer Mitgliedsunternehmen der globalen EY-Organisation wird ausgeschlossen. Bei jedem spezi-fischen Anliegen sollte ein geeigneter Berater zurate gezogen werden.

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