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22 TITELTHEMA INTERNET Im Netz der neuen Diktatoren Der Staat verliert seine Macht: Facebook, Google, Amazon und Co. setzen ihre eigenen Gesetze durch – und niemand kontrolliert sie. Text: Peter Johannes Meier und Dominique Strebel; Illustrationen: Melk Thalmann

Im Netz der neuen Diktatoren · PDF file22 TITEL THEMA INTERNET Im Netz der neuen Diktatoren Der Staat verliert seine Macht: Facebook, Google, Amazon und Co. setzen ihre eigenen Gesetze

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Im Netz der neuen DiktatorenDer Staat verliert seine Macht: Facebook, Google, Amazon und Co. setzen ihre eigenen Gesetze durch – und niemand kontrolliert sie. Text: Peter Johannes Meier und Dominique Strebel; Illustrationen: Melk Thalmann

Plötzlich ist alles weg. Der Beob-achter-Journalist kann auf 127 Artikel nicht mehr zugreifen, die er auf seiner Blogseite ver-öffentlicht hat. «Nehmen Sie

Kontakt mit dem Helpdesk auf», heisst es lapidar, als er sich einloggen will. Von der Blogplattform Wordpress erfährt er, dass sein Blog geschlossen worden sei, weil eine Zürcher Firma mit einem seiner Artikel nicht zufrieden gewesen sei. Darin geht es um eine Strafanzeige des Bundesamts für Polizei gegen das Unternehmen. Erst Tage nach seiner Reklamation wird der Blog wieder freigeschaltet.

Einem anderen Journalisten, der für die NZZ arbeitet, hat Twitter kürzlich über Nacht den Zugang gesperrt. Erst nach Wochen hat er auf den Dienst wieder Zugriff: Es sei ein Versehen gewesen, teilte ihm Twitter mit.

Das Problem einzelner Schreiberlinge? Keineswegs. Dahinter steckt Grundsätzli-ches: Digitale Monopolisten wie Facebook, Amazon, Google, Wordpress und Co. be-stimmen immer mehr, was im «freien» Internet verbreitet wird und was nicht. Die Krite rien sind undurchsichtig. Facebook löschte eine Gruppe von 800 000 Leuten, die die Umweltverschmutzung nach der Ölpest im Golf von Mexiko diskutierten. Die Fotoplattform Flickr entfernte ein Bild aus einer Reportage über Rumänien, weil darauf ein rauchendes Strassenkind zu sehen war. Flickr wollte das Foto aus ethi-schen Gründen nicht zugänglich machen.

Die Maschine bestimmt die AuswahlSolche Eingriffe werden von der breiten Öffentlichkeit kaum wahrgenommen. Da-bei haben die digitalen Supermächte die nichtsahnenden Nutzer längst im Visier und manipulieren sie. Ihre Waffen sind sogenannte Algorithmen: Programme, die bei Google Suchresul tate filtern, bei Ama-zon Buchvorschläge generieren oder bei Facebook Diskussionsgruppen und neue Freunde vorschlagen.

Das Futter dafür liefern unsere Daten-spuren, die wir im Internet hinterlassen. Die Algorithmen sorgen dafür, dass uns das gezeigt wird, was uns schon immer ge-fallen hat. Google-Abfragen fallen je nach Nutzer und Computer unterschiedlich aus. Wir finden das, was früheren Suchanfragen gleicht. Facebook schlägt uns nur Freunde

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Die neuen Gesetzgeber Digitale Monopolisten

diktieren Datenschutz-, Persönlichkeitsschutz- und

Urheberrechtsbestimmungen, die staatliche Regelungen aushebeln. Das neue Recht

entsteht ohne demokratische Legitimation und ohne Mit-

sprachemöglichkeit der Bürger.

vor, die ähnliche Vorlieben haben wie wir, Amazon nur Bücher, die jenen gleichen, die wir bereits gekauft haben.

Das ist erst der Anfang. Das Start-up News.de der «New York Times» passt seine Schlagzeilen und Artikel den individuellen Bedürfnissen des Lesers an. Man liest, wo-für man sich eh schon interessiert. Dass In-formationen «massgeschneidert» werden, kann zweifellos angenehm sein. Doch die Personalisierung zeigt immer mehr ihre Schattenseiten: Andere Ansichten, unbe-kannte Themen und vielleicht irritierende Inhalte werden systematisch ausgeblendet.

Demokratie war gesternSo steuern die digitalen Monopolisten zu-nehmend unsere Wahrnehmung. Ein Filter schiebt sich zwischen uns und die Welt, ohne dass wir es merken. Der amerikani-sche Politologe Eli Pariser hat dafür den Be-griff Filter-Bubble geprägt, eine auf unsere Vorlieben zugeschnittene Informations-, Unterhaltungs- und Kommunikationsbla-se, in der wir wohlig vor uns hin dösen.

«Es gibt keine objektiven Informatio-nen mehr», sagt auch Hanspeter Thür, der eidgenössische Öffentlichkeits- und Da-tenschutzbeauftragte. Verheerend sei es, dass die Nutzer nicht vollständig darüber informiert werden, wann sie gefilterte Da-ten erhalten und auf welchen Grundlagen ihr Nutzerprofil erstellt worden ist. «Wir stehen vor einer neuen Debatte über den freien Willen und die freie Meinungsbil-dung. Beides sind zentrale Grundlagen un-serer Demokratie», so Thür.

Andere Experten beobachten, wie der Staat immer mehr an Bedeutung verliert, wenn es um den Zugriff auf gesellschaftlich relevante Daten geht. «Die grossen priva-ten Internetunternehmen wissen mittler-weile sehr viel mehr über uns und gesell-schaftliche Dynamiken als der Staat», sagt Felix Stalder, Professor für digitale Kultur und Theorien der Vernetzung an der Zür-cher Hochschule der Künste. «Immer mehr Menschen und Institutionen – auch staat-liche – sehen sich ohne Alternative. Sie müssen bei sozialen Netzwerken wie Face-book mitmachen, um sozial integriert zu bleiben.» Der Karlsruher Medienphilosoph

Peter Weibel warnt bereits vor neuen Machthabern im Internet, «die auf un-demokratischem Wege zu ihrer Macht gekommen sind und sie weitgehend un-kontrolliert ausüben können».

Diese Regenten haben zuweilen ein eigentümliches Staats- und Demokratieverständnis. «Freiheit und Demokratie sind nicht mehr miteinander vereinbar», hielt Facebook-Verwaltungsrat und Hedge-Fonds-Manager Peter Thiel bereits 2009 fest. Und: «Ich habe wenig Hoff-nung, dass Wahlen die Dinge besser machen.» Thiel ist ein Anhänger der Singularität, des Verschmelzens von Men-schen und Computern. Im Kon-fliktfall, so der Rat des persönlichen Mentors von Facebook-Boss Mark Zucker-berg, solle man sich auf die Seite der Com-puter schlagen.

Selbst die Justiz wird ausgehebeltDoch nicht nur Grossunternehmen zwin-gen dem Internet und zunehmend auch unserer realen Welt neue Regeln auf. Jede Einzelperson kann sich zum Richter auf-schwingen, indem sie Leute an den Pran-ger stellt, die sich ihrer Ansicht nach falsch verhalten haben. Ohne formelle Verfahren oder Anhörungsrecht. So führte etwa die Site Kin derohne-rechte.ch eine Liste von Richtern und Angestellten von Vormund-schaftsbehörden, die gegen Rechte von Kindern verstossen haben sol-len. Die «Missetäter» wurden mit Foto und Privatadresse aufgelis-tet. Ein Aargauer Oberrichter hatte den Web sitebetreiber we-gen Persönlichkeitsverletzung verklagt und letzten August vor Bezirksgericht recht erhalten. Die Liste verschwand zwar von der Web-site – um kurz darauf auf einer anderen wieder aufgeschaltet zu werden.

An den virtuellen Pranger werden auch unliebsame Nachbarn, Konkur-renten oder sonstige Mitmenschen gestellt. Beim Kindernotruf 147 der Pro Juventute stieg die Zahl der An-rufe wegen Mobbings 2011 um 30 Pro-zent gegenüber dem Vorjahr. Es gehe vor allem um Cybermobbing, teilte die Organi-sation mit. Wer sich wehrt, ist meist macht-los, die klassischen Kontroll- und Sank-tionsinstrumente des Staates versagen. ▶

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«Wir stehen vor einer neuen Debatte über die freie Meinungsbildung.»Hanspeter Thür, eidgenössischer Öffentlich-keits- und Datenschutzbeauftragter

Lesen Sie weiter auf Seite 26.

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Die neuen Richter

Auf Prangerwebsites schwingen sich Einzelpersonen zu selbsternannten Richtern auf. Nachbarn, Mitschüler, unliebsame Beamte werden

ohne formelles Verfahren ab­geurteilt, und die Entscheide

werden ohne Löschungs­möglichkeit global publiziert.

Cookies: Wie man sich von der Erinnerung befreit

Um Surfer zu identifizieren, setzen sehr viele Websites Cookies ein. Mit diesen Datensätzen, gespeichert im Surfprogramm (Browser), können etwa virtuelle Warenkörbe so ausgelegt werden, dass die Inhalte nicht sofort wieder verschwinden, wenn man noch ein bisschen stöbern will. Cookies haben also durchaus ihre guten Seiten.Sie regelmässig zu löschen ist dennoch ratsam. Sinn der Cookies ist es, den Surfer eindeutig wiederzuerkennen – auch wenn selten sein richtiger Name gespeichert wird. Google speichert fast alles, was der User unternimmt: was er sucht, was er in Gmail oder in Google Docs schreibt und welche Interessen er im sozialen Netz-werk Google+ teilt. Auch etliche andere Sites beobachten so die Surfer. Es geht meist darum, Konsumentenprofile zu erstellen, um gezielt werben zu können. Je länger man surft, desto eher erkennt die Suchmaschine, was einen wirklich interessiert. Wem das Datensammeln nicht passt oder wer etwa bei Google unverfälschte Suchergebnisse angezeigt haben will, löscht seine Cookies regelmässig in den Einstellungen des Browsers. Wie das funktioniert und Weiteres zum Thema spurenarmes Surfen erfahren Sie auf www.beobachter.ch/cookies

So wurde letztes Jahr eine Baslerin auf Facebook von ihrem Expartner massiv beschimpft. Als sie reklamierte, löschte der Täter zwar seine Anwürfe, veröffentlichte sie aber unter einem Pseudonym erneut. Die Beschimpfte meldete dies Facebook – ohne Reaktion. Sie erwirkte vor Zivilgericht eine superprovisorische Massnahme, die die sofortige Löschung anordnete, und stellte diese Facebook zu. Keine Reaktion. Erst Wochen später bequemte sich der di­gitale Monopolist dazu, das beanstandete Profil zu löschen. Jascha Schneider, Anwalt der Betroffenen, zieht ein vernichtendes Fazit: «Für einen Schweizer Internetnutzer ist es nahezu unmöglich, seine Rechts­ansprüche gegen international tätige Host­Provider effizient durchzusetzen.»

Facebook zielt sogar auf NichtmitgliederNeben neuen Richtern schafft das Internet auch neue Gesetzgeber: Google und Face­book zum Beispiel nutzen ihre Macht, um Milliarden von Usern ihre Datenschutz­regeln aufzuzwingen und so staatliche Da­tenschutzgesetze auszuhebeln. «Der Herr­scher von Facebookistan erlässt Gesetze, wie es ihm passt», kritisierte «Spiegel on­line» im März und schilderte, wie Face­book die Zustimmung seiner Nutzer ein­holt, um noch mehr Daten zu erheben und weiterzugeben: Neue Nutzungsbedingun­gen sehen vor, dass Facebook künftig die Regeln ändern kann, ohne den Mitgliedern dies überhaupt mitgeteilt zu haben. Und selbst Nichtnutzer von Facebook geben die Einwilligung, dass sie ihre Daten, die sie auf Seiten hinterlassen, die mit Facebook verbunden sind, dem Unternehmen in den USA überlassen. «Das ist absurd und recht­lich nicht haltbar», kritisiert Datenschützer Thür. Es zeige aber die Mentalität mächti­ger Unternehmen im Internetgeschäft. «Sie wollen die Regeln selber bestimmen und auch durchsetzen.»

Die Whistleblower­Plattform Wikileaks oder die Hackerbewegung Anonymous mögen da als willkommenes Korrektiv er­scheinen, weil sie Missstände staatlicher und privater Organisationen transparent machen. Doch mit dem Veröffentlichen gigantischer Datensammlungen, deren Be­deutung die digitalen Rebellen selber nicht mehr einordnen können, gefährden sie auch unschuldige oder nur am Rande be­teiligte Personen oder Firmen. Die Aktivis­ten werden zu selbsternannten Polizisten und Rächern, gegen die Veröffentlichung der Daten kann sich niemand effektiv wehren. Wer als Nächstes drankommt, entscheidet letztlich eine kleine, technisch

versierte Elite, die dafür kaum zur Verant­wortung gezogen werden kann.

Nicht nur Persönlichkeits­ und Daten­schutzrecht werden im Internet ausgehe­belt, auch das Urheberrecht ist praktisch nicht mehr durchsetzbar. 2,2 Millionen Personen würden in der Schweiz Musik,

Filme und Spiele herunterladen, ohne dafür zu bezahlen, stellte der Bundesrat letzten August in seinem «Bericht zur un­erlaubten Werk nutzung über das Internet» fest. Doch: «Die Masse der Rechtsverlet­zungen ver unmöglicht eine gerichtliche Durchsetzung in traditioneller Weise», resignierte die Schweizer Regierung. «Sie würde allein für den Musikbereich die Berufung von etwa 170 ausschliesslich für solche Rechtsverletzungen zuständigen Staatsanwälten bedingen.» Der Bundesrat empfahl den Musikern etwas lapidar, mehr Konzerte zu geben und neue Einkom­mensmöglichkeiten zu finden.

Politiker werden aktivJahrelang haben sich Parlamentarier um das Thema foutiert. Erst jetzt regt sich Widerstand dagegen, dass der Staat bei Internetfragen seine klassische Deutungs­ und Kontrollmacht auf breiter Front ver­loren hat. In den vergangenen Wochen hagelte es Vorstösse zur Netzpolitik: CVP­Nationalrätin Viola Amherd will ein Social­Media­Gesetz, vergleichbar mit dem Ra­dio­ und Fernsehgesetz, das Rechte und Pflichten dieser Plattformen festlegt. SP­Nationalrat Jean Christophe Schwaab for­dert ein «Recht auf Vergessen», besonders was Social Media und Suchmaschinen betrifft. Die Normeinstellung der Profile müsse so sein, dass die persönlichen Daten optimal geschützt seien. Und FDP­Natio­nalrat Peter Malama will einen Bericht zu den Problemen bei der Durchsetzung von Recht gegenüber internationalen Host­Providern wie Facebook oder Google, weil Persönlichkeits­ und Urheberrechtsverlet­zungen im Internet massiv zugenommen hätten. Malama fordert schnellere Rechts­hilfe und eine Pflicht für internationale Host­Provider, «die Vielfalt der Meinungen angemessen zu berücksichtigen».

Die digitale Entwicklung mit analogen Methoden zu kontrollieren mag etwas hilflos erscheinen. Datenschützer Thür glaubt aber weiter an die klassischen Kon­troll instrumente des Staates. Neue Kom­munikationsplattformen dürfe man nicht mehr völlig ausserhalb von gesellschaft­

lichen und staatlichen Regelungen laufen lassen. «Sonst ist es, wie wenn man Stras­sen privatisieren würde und die neuen Besitzer auch noch bestimmen dürfen, was dort für Verkehrsregeln gelten.»

Warten auf andere Staaten bringt nichtsThür fordert die Pflicht zu einem Schwei­zer Firmensitz für internationale Provider, damit man sie vor Schweizer Gerichten auch belangen kann. «Es heisst immer, ge­gen global agierende Internetfirmen könne man nichts machen», so Hanspeter Thür. Deshalb dürfe die Schweiz aber nicht die Hände in den Schoss legen und auf den autono­men Nachvollzug von EU­Regelungen warten, die in einigen Jahren vielleicht beschlossen werden. «Die Schweiz muss jetzt eigen­ständige Lösungsansätze ent­wickeln.»

Thomas Bruderer, Präsident der Schwei­zer Piratenpartei, wundert sich et­was über die Hek­tik der Politikerin­nen und Politiker. Er mahnt zu Gelassenheit im Umgang mit dem Internet (siehe Inter­view, Seite 28). Einzelne Persönlichkeits­verletzungen würden in der Masse der Ver­öffentlichungen im Internet bald unter­gehen. Man gewöhne sich daran, und User könnten entsprechende Einträge auch ein­schätzen. Und wer sich an der Personali­sierung von Suchmaschinen störe, müsse diese ausschalten (siehe «Cookies», Seite 25). «Neue Gesetze zur Regelung von Miss­ständen im Internet sind gut gemeint, scheitern aber oft am schwierigen Voll­zug.» Die Piratenpartei setzt darum auf

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«Für einen Schweizer Internetnutzer ist es nahezu unmöglich, seine Rechts­ansprüche gegen international tätige Host­Provider effizient durchzusetzen.»Jascha Schneider, Rechtsanwalt

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: PRI

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mehr Transparenz und Aufklärung der In­ternetnutzer, was bereits in den Schulen beginnen müsse.

Die Wirklichkeit steht auf der Seite der Piraten. Das zeigt zum Beispiel die Aus­einandersetzung über Radarwarnungen. Diese wurden 2008 verboten – sofern sie über Privatradios oder Fernsehen erfolg­ten. Flugs entstand die Facebook­Gruppe «Mobile Radarmeldungen: Schweiz», in

der sich mittlerweile mehr als 16 000 Internetnutzer über aktuelle Radar­

kontrollen austauschen.

Eine Regelung mit SchlupflöchernIm Dezember 2011 beschloss das Par­lament, öffentliche Radarmeldungen

für strafbar zu erklären, und zielte damit gemäss SP­Nationalrätin Edith Graf­Litscher genau auf sol­

che Angebote: «Verboten soll sein, wenn die ganze Öffentlichkeit über

Facebook, Twitter oder Internet über Radarstellen informiert wird», unterstrich sie als Kommissionssprecherin im Rat. Ein klarer Fall – könnte man meinen. «Wer eine Facebook­Gruppe gründet, die von jedermann besucht werden kann, darf dort auch keine Radarwarnungen veröffent­lichen», sagt Thomas Rohrbach, Sprecher des Bundesamts für Strassen. Doch die Einschränkung folgt sogleich: «Wenn man aber erst Mitglied in dieser Gruppe werden muss, um den Inhalt zu sehen, sind War­nungen zulässig.» Eine untaugliche Rege­lung, finden Experten wie der auf Internet­fragen spezialisierte Rechtsanwalt Martin Steiger. Wenn man öffentliche Warnungen verbieten wolle, müsste man sie überall im Internet verbieten. Das sei aber sehr schwierig durchzusetzen, räumte er gegen­

über dem «Tages­Anzeiger» ein. Der Staat stösst als Kontroll­

instanz im Internet offensichtlich an seine Grenzen. Wer dies noch

als Errungenschaft des vielbe­schworenen freien Internets

verklärt, unterschätzt die neuen Mächte, die dieses Internet her­vorgebracht hat. Sir Tim Berners­Lee, Er­

finder des World Wide Web, warnte 2010 in der Zeitschrift «Scientific American»: «Das Internet, das wir kennen, ist bedroht. Denn einige seiner erfolgreichsten Be­wohner haben begonnen, seine Prinzipien zu untergraben.» n

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Die neuen Polizisten

Sie publizieren fremde Daten­sätze und prangern Missstände

in einzelnen Staaten und Unternehmen an: Enthüllungs­

plattformen wie Wikileaks oder die Hackerbewegung Anonymous. Diese hat ihre

weisse Maske zum Symbol des Widerstands gemacht.

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