1
Geleitwort Umweltchemie und Okotoxikologie Im Spannungsfeld 0kotoxikologie zwischen Umweltchemie und Mit der Herausgabe der Zeitschrift ,,Umweltwissenschaften und Schadstoff-Forschung - Zeitschrift ffir Umweltchemie und Okotoxikologie" als Organ der neugegrOndeten gleich- namigen Arbeitsgemeinschaft der Gesellschaft Deutscher Chemiker ist es gelungen, erstmalig im deutschsprachigen Raum ein Forum zu schaffen, auf dem die Umwelt- und Schadstoffproblematik zentral aus der Sicht der Chemie un- ter Berficksichtigung yon Okologie, Okotoxikologie und Technologie betrachtet und er6rtert werden kann. Eine stoffbezogene Sichtweise mit dem Blick auf mfgliche Umweltgef/ihrdungen ist wegen des immer bedeutsamer werdenden Grundsatzes einer vorsorgenden Umweltpolitik eine wichtige Voraussetzung zur Lfsung der vor uns liegen- den Probleme und der daraus abzuleitenden Magnahmen. In diesem Zusammenhang sei erw~ihnt, daf~ vom 17. - 19. Oktober 1988 in Kopenhagen die erste Europ~iische Konfe- renz fiber Okotoxikologie stattfand; dies unterstreicht die zunehmende Bedeutung dieses Wissenschaftszweiges. Die Chance dieser Zeitschrift besteht aus meiner Sicht auch dar- in, einen Beitrag zu teisten zur generellen Versachlichung der teilweise emotional gef/ihrten Umweltdiskussion der Gegenwart. Wiihrend in der Vergangenheit Umweltpolitik vornehmlich die Abwehr konkreter Gefahrensituationen zum Ziel hatte, kfnnen die heutigen Umweltprobleme allein z.B. durch be- stimmte anlagenbezogene MaRnahmen nicht mehr bew/il- tigt werden. Beispiele wie der Abbau des stratosph~irischen Ozons, die drohenden Klimaver~inderungen durch Emissio- nen w/irmeisolierender Gase oder das dramatische Robben- sterben und nicht zuletzt die neuartigen Waldsch/iden machen deutlich, dal~ die umweltpolitische Strategie darauf abzielen mul~, in einem mfglichst frOhen Stadium auf die Entwicklung derjenigen Faktoren Einfluf~ zu nehmen, die in der Summe oder in ihrem Zusammenwirken zu Gefah- rensituationen ftihren k6nnen. Hierzu kann die Wissenschaft einen wertvollen Beitrag lei- sten und den po]itisch Verantwortlichen die notwendige Hilfeste]lung geben. Gerade die Zielsetzung dieser Zeit- schrift, die Umwe]t- und Schadstoffproblematik medien- ~bergreifend und vernetzt zu betrachten, entspricht der Notwendigkeit einer Zukunftssicherung nach dem Prinzip, kommenden Generationen eine gesunde Umwelt zu sichern. Die Erforschung 6kologischer Regelkreise, die Bewertung und das Verhalten chemischer Stoffe in der Umwelt, dies sind notwendige Voraussetzungen, die richtigen Entschei- dungen fiir die Zukunft zu treffen. Es gilt beispielsweise, aus der Ffille yon mehr als 100 000 Stoffen diejenigen zu er- kennen, die mfglicherweise aufgrund ihrer Verbreitung und (Oko)-Toxizitiit Gefahren fiir Mensch oder Umwelt verursachen kfnnen. Gleichbedeutend ist der Einsatz m6g- lichst umweltvertr~glicher Technologien. Es m/issen Ver- fahren entwickelt und installiert werden, die mit einem Minimum an Emissionen unter Verwendung ressourcen- schonender Einsatzstoffe betrieben werden. Hier gilt es, das Gebot der Reststoffvermeidung bzw. Reststoffverwer- tung ganz besonders zu beachten. Ohne deutliche Erfolge auf diesem Sektor wird das Problem des sich abzeichnenden Entsorgungsnotstandes und der Gef/ihrdung yon Grund- und Oberfl~ichenwasser in vielen Bereichen nur schwer 16s- bar sein. Die deutsche Industrie hat mit der von ihr entwickelten Umwelttechnologie weltweit eine ffihrende Rolle Obernom- men. Dieser Erfolg 1/igt hoffen, daf~ nicht zuletzt mit Hilfe der Wissenschaft die Anforderungen an die Zukunft weiter- hin bew~iltigt werden. Die in der Vergangenheit bew~ihrten Instrumentarien des Umweltrechts sind entsprechend den kfnftigen Erforder- nissen anzupassen und fortzuentwickeln. Dazu sind Schrit- te in die richtige Richtung getan worden. Beispielhaft sei die eingeleitete Normierung einer Umweltvertr~iglichkeitsprfi- fung bei einer Vielzahl von Projekten erw~hnt. Diese hochgesteckten Ziele kfnnen jedoch ohne eine intak- te und leistungsf~ihige Volkswirtschaft nicht erreicht wer- den. Es gilt, zusammen mit den Unternehmen, aber auch unter Einbeziehung der privaten Haushalte, die okonomi- schen Voraussetzungen zu schaffen und zu erhalten, damit die erforderlichen Investitionen zum Schutz des Menschen und der Natur ermfglicht werden. Dazu ist gerade mit Blick auf den Europfiischen Binnenmarkt im Jahre 1992 ei- ne enge Harmonisierung innerhalb der Europ~iischen Ge- meinschaft notwendig. Es ist das Ziel der Bundesregierung, das erreichte Umweltschutzniveau in der Bundesrepublik Deutschland und EG-weit auszubauen. In dem komplexen Zusammenhang von Umweltchemie und Okotoxikologie kann die Zeitschrift eine gro~e LOcke schliel~en und dem mit der Themarik befaf~ten Leser eine wertvolle Hilfe und Erkenntnisquelle sein. Ich wfinsche der Zeitschrift viel Erfolg. L ,4--. Professor Dr. Klaus Tfpfer Bundesminister fiir Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit UWSF- Z. Umweltchem. Okotox. (1989) 1 1

Im Spannungsfeld zwischen Umweltchemie und Ökotoxikologie

  • Upload
    klaus

  • View
    212

  • Download
    0

Embed Size (px)

Citation preview

Page 1: Im Spannungsfeld zwischen Umweltchemie und Ökotoxikologie

Geleitwort Umweltchemie und Okotoxikologie

Im Spannungsfeld 0kotoxikologie

zwischen Umweltchemie und

Mit der Herausgabe der Zeitschrift ,,Umweltwissenschaften und Schadstoff-Forschung - Zeitschrift ffir Umweltchemie und Okotoxikologie" als Organ der neugegrOndeten gleich- namigen Arbeitsgemeinschaft der Gesellschaft Deutscher Chemiker ist es gelungen, erstmalig im deutschsprachigen Raum ein Forum zu schaffen, auf dem die Umwelt- und Schadstoffproblematik zentral aus der Sicht der Chemie un- ter Berficksichtigung yon Okologie, Okotoxikologie und Technologie betrachtet und er6rtert werden kann.

Eine stoffbezogene Sichtweise mit dem Blick auf mfgliche Umweltgef/ihrdungen ist wegen des immer bedeutsamer werdenden Grundsatzes einer vorsorgenden Umweltpolitik eine wichtige Voraussetzung zur Lfsung der vor uns liegen- den Probleme und der daraus abzuleitenden Magnahmen. In diesem Zusammenhang sei erw~ihnt, daf~ vom 17. - 19. Oktober 1988 in Kopenhagen die erste Europ~iische Konfe- renz fiber Okotoxikologie stattfand; dies unterstreicht die zunehmende Bedeutung dieses Wissenschaftszweiges. Die Chance dieser Zeitschrift besteht aus meiner Sicht auch dar- in, einen Beitrag zu teisten zur generellen Versachlichung der teilweise emotional gef/ihrten Umweltdiskussion der Gegenwart.

Wiihrend in der Vergangenheit Umweltpolitik vornehmlich die Abwehr konkreter Gefahrensituationen zum Ziel hatte, kfnnen die heutigen Umweltprobleme allein z.B. durch be- stimmte anlagenbezogene MaRnahmen nicht mehr bew/il- tigt werden. Beispiele wie der Abbau des stratosph~irischen Ozons, die drohenden Klimaver~inderungen durch Emissio- nen w/irmeisolierender Gase oder das dramatische Robben- sterben und nicht zuletzt die neuartigen Waldsch/iden machen deutlich, dal~ die umweltpolitische Strategie darauf abzielen mul~, in einem mfglichst frOhen Stadium auf die Entwicklung derjenigen Faktoren Einfluf~ zu nehmen, die in der Summe oder in ihrem Zusammenwirken zu Gefah- rensituationen ftihren k6nnen.

Hierzu kann die Wissenschaft einen wertvollen Beitrag lei- sten und den po]itisch Verantwortlichen die notwendige Hilfeste]lung geben. Gerade die Zielsetzung dieser Zeit- schrift, die Umwe]t- und Schadstoffproblematik medien- ~bergreifend und vernetzt zu betrachten, entspricht der Notwendigkeit einer Zukunftssicherung nach dem Prinzip, kommenden Generationen eine gesunde Umwelt zu sichern.

Die Erforschung 6kologischer Regelkreise, die Bewertung und das Verhalten chemischer Stoffe in der Umwelt, dies sind notwendige Voraussetzungen, die richtigen Entschei- dungen fiir die Zukunft zu treffen. Es gilt beispielsweise, aus der Ffille yon mehr als 100 000 Stoffen diejenigen zu er- kennen, die mfglicherweise aufgrund ihrer Verbreitung und (Oko)-Toxizitiit Gefahren fiir Mensch oder Umwelt

verursachen kfnnen. Gleichbedeutend ist der Einsatz m6g- lichst umweltvertr~glicher Technologien. Es m/issen Ver- fahren entwickelt und installiert werden, die mit einem Minimum an Emissionen unter Verwendung ressourcen- schonender Einsatzstoffe betrieben werden. Hier gilt es, das Gebot der Reststoffvermeidung bzw. Reststoffverwer- tung ganz besonders zu beachten. Ohne deutliche Erfolge auf diesem Sektor wird das Problem des sich abzeichnenden Entsorgungsnotstandes und der Gef/ihrdung yon Grund- und Oberfl~ichenwasser in vielen Bereichen nur schwer 16s- bar sein.

Die deutsche Industrie hat mit der von ihr entwickelten Umwelttechnologie weltweit eine ffihrende Rolle Obernom- men. Dieser Erfolg 1/igt hoffen, daf~ nicht zuletzt mit Hilfe der Wissenschaft die Anforderungen an die Zukunft weiter- hin bew~iltigt werden.

Die in der Vergangenheit bew~ihrten Instrumentarien des Umweltrechts sind entsprechend den kfnftigen Erforder- nissen anzupassen und fortzuentwickeln. Dazu sind Schrit- te in die richtige Richtung getan worden. Beispielhaft sei die eingeleitete Normierung einer Umweltvertr~iglichkeitsprfi- fung bei einer Vielzahl von Projekten erw~hnt.

Diese hochgesteckten Ziele kfnnen jedoch ohne eine intak- te und leistungsf~ihige Volkswirtschaft nicht erreicht wer- den. Es gilt, zusammen mit den Unternehmen, aber auch unter Einbeziehung der privaten Haushalte, die okonomi- schen Voraussetzungen zu schaffen und zu erhalten, damit die erforderlichen Investitionen zum Schutz des Menschen und der Natur ermfglicht werden. Dazu ist gerade mit Blick auf den Europfiischen Binnenmarkt im Jahre 1992 ei- ne enge Harmonisierung innerhalb der Europ~iischen Ge- meinschaft notwendig. Es ist das Ziel der Bundesregierung, das erreichte Umweltschutzniveau in der Bundesrepublik Deutschland und EG-weit auszubauen.

In dem komplexen Zusammenhang von Umweltchemie und Okotoxikologie kann die Zeitschrift eine gro~e LOcke schliel~en und dem mit der Themarik befaf~ten Leser eine wertvolle Hilfe und Erkenntnisquelle sein.

Ich wfinsche der Zeitschrift viel Erfolg.

L ,4--. Professor Dr. Klaus Tfpfer Bundesminister fiir Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit

UWSF- Z. Umweltchem. Okotox. (1989) 1 1