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BÖRSE ONLINE 51 12.12.−18.12.2013 AKTIEN & TRADING 34 Immobilien mit Rabatt X IMMOBILIENAKTIEN Die Lage an Europas Immobilienmärkten ist sehr unterschiedlich. Und bei den Immobilienaktien auch. Einige werden derzeit mit hohem Abschlag gehandelt. Welche Papiere das sind A llein schon die Existenz des Begris Betongold im deutschen Wort- schatz sagt viel darüber aus, wie die meisten Deutschen Immobilien als Anlage- form wahrnehmen. Diese Einschätzung als absolut sichere Anlageform kommt auch im Ansturm auf Wohnimmobilien in deut- schen Großstädten zum Ausdruck. Ein Motiv der Käufer dürfte der Glaube an Schutz im Fall einer Euro-Währungskrise sein. Sicherheit gepaart mit Rendite! Das ist auch der Grund, der viele Immobilien- investoren nach London treibt. Wegen der Preisexplosion in der britischen Metropole machen sich jedoch einige Experten schon wieder Sorgen um eine Blase. Von dem Boom, der in einigen europäi- schen Großstädten zu beobachten ist, pro- tieren europäische Immobilienaktien derzeit nur bedingt. Nach einem guten Jahr 2012 hinkt der Leitindex FTSE Epra Nareit Europa im laufenden Jahr dem Gesamt- markt hinterher. Erklären lässt sich das mit der Angst vor steigenden Zinsen. Angst vor steigenden Zinsen Geschürt wird diese Furcht durch Pläne der US-Notenbank, die Wertpapierkäufe zu drosseln. „Immobilien und REITs reagie- ren sehr empndlich auf Zinsschwankun- gen. Daher dürften sich REITs unseres Er- achtens weiterhin schlechter entwickeln als globale Aktien“, sagt Credit-Suisse-Ana- lyst Tobias Merath. Sollten die Zinsen stärker steigen, wäre das vermutlich eine Belastung f ür die Kurse von Immobilienaktien. Das räumt auch Stefan Scharvon SRC-ScharRe- search ein: „Steigende Zinsen verkürzen generell den Abstand der Attraktivität von Immobilienanlagen zu anderen zinstra- genden Geldanlagen. Das kann bedeuten, Hoch hinaus: „The Shard“ – auf Deutsch: die Scherbe – ist eines der neuen Wahrzeichen Londons Chart: BO Data/small charts; Bild: 123RF BO5113_034 34 10.12.13 15:58

Immobilien mit Rabatt - SRC ResearchAKTIEN & TRADING BÖRSE ONLINE 51 12.12.$−$18.12.2013 3510 5 0-5-10-15-20 20-Jahres-Durchschnitt Ab-/Aufschlagschaften und damit auch die Bewertung

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BÖRSE ONLINE 51 12.12.$−$18.12.2013

AKTIEN & TRADING

34

Immobilien mit RabattX IMMOBILIENAKTIEN Die Lage an Europas Immobilienmärkten ist sehr unterschiedlich. Und bei den Immobilienaktien auch. Einige werden derzeit mit hohem Abschlag gehandelt. Welche Papiere das sind

Allein schon die Existenz des Begriff s Betongold im deutschen Wort-schatz sagt viel darüber aus, wie die

meisten Deutschen Immobilien als Anlage-form wahrnehmen. Diese Einschätzung als absolut sichere Anlageform kommt auch im Ansturm auf Wohnimmobilien in deut-schen Großstädten zum Ausdruck. Ein Motiv der Käufer dürfte der Glaube an Schutz im Fall einer Euro-Währungskrise sein. Sicherheit gepaart mit Rendite! Das ist auch der Grund, der viele Immobilien-investoren nach London treibt. Wegen der Preisexplosion in der britischen Metropole machen sich jedoch einige Experten schon wieder Sorgen um eine Blase.

Von dem Boom, der in einigen europäi-schen Großstädten zu beobachten ist, pro-fi tieren europäische Immobilienaktien derzeit nur bedingt. Nach einem guten Jahr 2012 hinkt der Leitindex FTSE Epra Nareit Europa im laufenden Jahr dem Gesamt-markt hinterher. Erklären lässt sich das mit der Angst vor steigenden Zinsen.

Angst vor steigenden ZinsenGeschürt wird diese Furcht durch Pläne

der US-Notenbank, die Wertpapierkäufe zu drosseln. „Immobilien und REITs reagie-ren sehr empfi ndlich auf Zinsschwankun-gen. Daher dürften sich REITs unseres Er-achtens weiterhin schlechter entwickeln als globale Aktien“, sagt Credit-Suisse-Ana-lyst Tobias Merath.

Sollten die Zinsen stärker steigen, wäre das vermutlich eine Belastung für die Kurse von Immobilienaktien. Das räumt auch Stefan Scharff von SRC-Scharff Re-search ein: „Steigende Zinsen verkürzen generell den Abstand der Attraktivität von Immobilienanlagen zu anderen zinstra-genden Geldanlagen. Das kann bedeuten,

Hoch hinaus: „The Shard“ – auf Deutsch:

die Scherbe – ist eines der neuen Wahrzeichen

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Europa Europa ohne Großbritannien

Groß-britannien

Sondersituation Großbritannien: Statt hoher Abschläge sind bei britischen Immo-bilienaktien derzeit Aufschläge drin. Das strahlt auf die Bewertung in Europa aus.

dass in Teilen die Preise für die Liegen-schaften und damit auch die Bewertung heruntergehen.“ Doch ob die Zinsen tat-sächlich steigen, ist längst noch keine aus-gemachte Sache. In Europa gibt es zwar Hinweise auf eine konjunkturelle Stabili-sierung, zurzeit denkt die EZB aber eher über weitere Ankurbelungsmaßnahmen als über Zinserhöhungen nach. Selbst in den USA will die Notenbank nur die sehr expansive Geldpolitik ein wenig kürzen, die kurzfristigen Zinsen sollen aber unbe-dingt niedrig gehalten werden. „Ich rechne aktuell mit vielem, aber nicht mit steigen-den Zinsen“, ergänzt Scharff deshalb seine zuvor gemachte Aussage.

Zinsängste mögen die Kurse in dem Sek-tor tendenziell gebremst haben, den End-investoren hat dies aber noch nicht den Appetit verdorben. Im Gegenteil: J P Mor-gan berichtet in Studien unter Berufung auf Marktkreise davon, dass speziell im ge-werblichen Bereich Liegenschaften, für die sich im Vorjahr kaum jemand interessierte, derzeit gleich von verschiedenen Bietern nachgefragt werden. Von einem schwä-chelnden Markt kann daher keine Rede sein. Zu ähnlichen Ergebnissen kommen Erhebungen von Standard & Poor’s. Diese weisen Anzeichen einer Stabilisierung der europäischen Immobilienpreise aus.

Sondersituation GroßbritannienDies lässt sich auch an den Bewertungen

der Immobilienaktien erkennen. Diese sind — gemessen an den Nettoinventarwer-ten (NAV) — im Vergleich zum 20-Jahres-Durchschnitt zwar relativ hoch (siehe Gra-fik). Allerdings ist das vor allem den Bewer-tungsaufschlägen bei den britischen Bran-chenvertretern geschuldet. Betrachtet man die europäischen Immobilienmärkte ohne Großbritannien, liegen die Bewertun-gen im normalen Bereich. In ausgewählten Märkten sind die Abschläge noch immer sehr hoch.

Interessant ist hier Österreich, weil dort der Abstand der Kurse zum NAV oft beson-ders hoch ist. Außerdem lässt die Risiko-aversion gegenüber Osteuropa langsam wieder nach. Genau dort sind aber einige österreichische Immobilienunternehmen oft aktiv. Das bringt Titel wie die S Immo AG mit einem Büro- und Einzelhandels-schwerpunkt in Mittel- und Osteuropa in den Fokus. Die österreichische Erste Bank beziffert den Buchwert je S-Immo-Aktie für 2013 auf 7,71 Euro und für 2014 auf 8,19

Euro. Das liegt deutlich über der aktuellen Notiz von 5,15 Euro. Der Kurs ist zuletzt schon leicht angesprungen, doch bis zu dem von der Ersten Bank auf sechs Euro festgezurrten Kursziel sind noch immer gut 16 Prozent Luft.

Als Manager von Hotels in Deutschland, Frankreich, Polen und Tschechien ist die Warimpex AG zwar in einem etwas ande-ren Segment aktiv, der Kurs des ebenfalls aus Österreich stammenden Immobilien-unternehmens ist zuletzt aber ebenfalls schon ins Laufen gekommen. Das ist durch-aus nachvollziehbar, weil auch hier der Ab-schlag zum NAV sehr hoch ist. So beziffert Scharff dessen Werte für die Jahre 2013 bis 2015 auf 3,08, 4,05 und 4,43 Euro. Der ak-tuelle Kurs scheint — daran gemessen — viel zu niedrig zu sein. Insbesondere dann, wenn es der Gesellschaft, wie von Scharff unterstellt, gelingen sollte, im nächsten und übernächsten Jahr beim Gewinn je Aktie 0,12 Euro beziehungsweise 0,20 Euro einzufahren. Auf Basis dieser Annah-men hält Scharff einen Kursanstieg bei Warimpex bis auf etwa 2,50 Euro für durchaus gerechtfertigt.

Positives Marktumfeld in DeutschlandGünstig ist die Situation, wie bereits an-

gedeutet, auch auf dem deutschen Immo-bilienmarkt. Und sie dürfte zunächst auch günstig bleiben. Zudem gibt es auch bei den in Deutschland gelisteten Immobilien-werten solche mit hohen Abschlägen. So etwa bei der aus Luxemburg stammenden Gagfah S.$A. Hier beziffert J P Morgan den Abschlag zum NAV für 2013 auf 13,10 Euro je Aktie, für 2014 auf 14,30 Euro. Seit 2012 hat der Gagfah-Kurs zwar bereits deutlich zugelegt, eine noch weitere Annäherung an den NAV wurde zuletzt aber auch durch Anteilsverkäufe von Fortress verhindert. Die Abgaben des Finanzinvestors dürften aber bald nachlassen, und dann könnte die Aktie wieder anziehen. Die Baader Bank, die von einer künftig steigenden Profitabi-lität ausgeht, taxiert das Kursziel für den Wohnungskonzern auf 12,50 Euro.

Das Manko bei Gagfah ist allerdings die hohe Verschuldung. Kein Problem in die-ser Hinsicht hat LEG Immobilien. Wie schon in der vergangenen Ausgabe von BÖRSE ONLINE beschrieben, beträgt die Relation von Schulden zum Immobilienwert weni-ger als 50 Prozent. Einladend ist bei dem MDAX-Vertreter auch die Dividendenren-dite von vermutlich mehr als vier Prozent. Die Erste Bank traut dem Titel einen An-stieg bis auf 50 Euro zu, was dann in etwa dem NAV für 2015 entsprechen würde.

Deutlich größer ist dagegen wieder die Differenz zwischen Aktienkurs und NAV bei Beni Stabili S.p.A. Dieser ist bei 0,80 Euro je Aktie anzusiedeln, was fast 67 Pro-zent Abschlag entspricht. Diese stiefmüt-terliche Behandlung durch die Börse hat mit dem Standort Italien zu tun, denn der steckt in der Krise. Der Vorstand von Beni Stabili blickt aber zuversichtlich auf 2014, auch weil die Ausländer als Kunden zu-rückkehren. Bei J P Morgan nimmt man ihm das ab, wie ein Kursziel von 0,60 Euro unterstreicht. JÜRGEN BÜTTNER

KAUFEN FÜ N F FAVO R ITE N AU S E U RO PA S I M M O B I LI E N S E K TO R

Aktie WKN Börsenwertin Mio. €

EPS in € 2013e 2014e

KGV 2014e

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Kursin €

Beni Stabili S.p.A. 928$914 910,2 0,02 0,02 25,0 0,80 0,50Gagfah S.$A. A0L$BDT 2256,7 0,32 0,80 13,0 13,10 10,45LEG Immobilien AG LEG$111 2244,3 2,97 3,07 13,8 46,40 42,38S Immo AG 902$388 90,0 0,37 0,38 13,6 7,71 5,15Warimpex AG A0L$GV4 92,8 -0,03 0,12 14,3 3,08 1,72

Stand: 10.12.2013; EPS$=$Ergebnis je Aktie; NAV$=$Nettoinventarwert Quelle: Erste Bank, J$P Morgan, BO Data

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