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29 taz.thema SONNABEND/SONNTAG, 24./25. MÄRZ 2012 die verlagsseiten der taz.die tageszeitung www.taz.de | [email protected] | fon 030 • 25 90 23 14 | fax 030• 25 10 694 Impressum Redaktion: Helmut Dachale & Lars Klaaßen | Foto-Red.: Ann-Christine Jansson | Anzeigen: Söntke Tümmler FAHR RAD! Brot und Butter gibt es nicht im Baumarkt KAUFBERATUNG So viel Fahrradtechnik war noch nie. Doch was braucht man wirklich? Und wie viel Geld sollte man für ein gutes Alltagsrad ausgeben? Irgendwo zwischen 499 und 999 Euro fallen die meisten Entscheidungen VON GUNNAR FEHLAU Für die Marketing- und Ver- triebsprofis ist der potenzielle Fahrradkäufer ein Endverbrau- cher wie jeder andere auch, zu verorten zwischen Gier und Geiz. Diese Begrenzungspfähle nennen sie „Eckpreislagen“, und sie wissen auch, warum: Bis zum jeweiligen Preis lassen sich die Kunden einfach „hochberaten“, die Schwelle überschreiten sie hingegen auch bei bester Bera- tung kaum. Die wichtigsten Eckpreislagen für den Fahrradmarkt lauten 499 und 999 Euro. 499 Euro markie- ren den Einstieg in die Welt des wirklichen Fahrrads, darunter sind einzig Spielzeuge für kleine oder große Kinder zu bekom- men. Und ab 999 Euro hört für die meisten Bürger der Spaß auf, beim Bezahlen wohlgemerkt. Nicht beim Fahren. Der Markt dünnt sich jenseits der 1.000-Eu- ro-Grenze schnell aus – Sportge- räte, Maßanfertigungen und Pe- delecs markieren hier die Aus- nahme. Die Zahlen der Verbände decken sich damit: So gibt der Zweirad-Industrie-Verband (ZIV) über alle Vertriebswege hinweg 460 Euro als Durchschnittspreis für ein Fahrrad im Jahr 2010 an. Der Verbund Service und Fahr- rad, dem Fachhändler mit gedie- genem Sortiment angehören, kommt für das Jahr 2011 auf etwa 1.089 Euro je Rad. Damit wird klar: Die Branche lebt weder von kostspieliger Highend-Technik noch von den Baumarkt-Bikes. Sie lebt von den Trekking- und Cityrädern zwi- schen 500 und 1.000 Euro. Insi- der nennen sie deshalb „Brot und Butter“-Räder. Aber was be- deutet diese Zentrierung für den Kunden? Wirklich nichts Schlechtes: Da die Eckpreislagen so umkämpft sind wie kein ande- rer Preispunkt, gibt es hier be- sonders viel Technik fürs Geld. Jeder Produktmanager packt sein Rad randvoll mit techni- rahmen. Glücklich, wer zwischen 800 und 999 Euro für sein Alltagsrad ausgeben kann. Denn der läuft in der Regel keine Gefahr, minder- wertige Technik zu erhalten. Eher das Gegenteil kann zum Problem werden: Weil die Eckpreislagen viel Tech- nik verlangen, blei- ben Konzept und Design auf der Strecke. Schi- ckere Räder haben stets eine weniger pompöse techni- sche Ausstattung. Beides geht nicht, basta! Und wer mög- lichst viel Technik in ein Rad packt, da- mit es viele Kun- den an- spricht, des- sen Rad wird all- zu schnell belie- big. Insofern lohnt stets der Blick in die Nischen. Dort finden sich durchaus span- nende Räder, die keine 1.000 Eu- ro kosten. Als Beispiel seien hier Transport- und Falträder ge- nannt. Sie mögen „weniger Shimano fürs Geld“ haben als manches Trekkingrad, sind aber für nicht wenige Alltagsradler unter Umständen die bessere Wahl. Das sind wahrscheinlich diejenigen, die auch ihren Rot- wein nicht nach dem Alkoholge- halt auswählen, sondern danach, ob er zum Essen und zur aktuel- len Gemütslage passt. Gunnar Fehlau (38) ist Autor di- verser Fahrrad-Fachbücher, Grün- der und Geschäftsführer der presse- dienst-fahrrad GmbH und Heraus- geber des Radkulturmagazins Fahrstil. Er hat nach eigenem Be- kunden schon jeden Fahrradtyp dieser Welt gefahren, vom Rennrad bis zum Lastenrad schen Lockmitteln, um die Gunst der Kunden zu erlangen. Errun- genschaften wie der Nabendyna- mo sind so binnen wenigen Jah- ren vom Luxus-Dreher für En- thusiasten zum faktischen Stan- dard selbst bei Stadträdern unter 500 Euro geworden. Gleiches gilt für V-Bremsen, Alumini- umrahmen, Federgabeln, gefederte Sattelstütze und LED-Lichtanlagen mit Standlicht an Front und Heck. So weit, so gut – wer sein Rad im Alltag wirklich benut- zen möchte, der wird diese Errungenschaften zu schätzen wissen. Tückischer ist da schon die Schaltungs- frage: Anders als man- ches Detail, das sich ein- fach ändern oder nach- rüsten lässt, ist ein Schaltungswechsel kost- spielig. Insofern tut man gut daran, sich frühzeitig für Naben- oder Ketten- schaltung zu entscheiden. Die Nabenschaltung ist war- tungs- und verschleißärmer, lässt sich auch im Stand bedie- nen und ist insgesamt die saube- re Alternative. Auf dem Kerbholz hat sie einen geringfügig höhe- ren Fahrwiderstand, ein geringe- res Übersetzungsspektrum und höheres Gewicht. Die Ketten- schaltung kommt sportlicher, leichter und schneller daher. Das erkauft man sich mit einer de- fektanfälligeren, offenen und sensibleren Technik. Für den Au- tor haben Stadträder keine oder eine Nabenschaltung, Sportgerä- te keine oder eine Kettenschal- tung. Von ebenfalls grundsätzlicher Fragestellung ist die Rahmen- form. Vorbei die Zeiten, in denen nach Geschlechtern differen- ziert wurde. Heute stehen An- wendung und Konzept im Vor- dergrund. So haben Sportgeräte einen Diamantrahmen, weil die- ser so leicht und steif wie keine andere Bauform ist. Beim Stadt- rad kommt aber die Annehmlichkeit beim Gebrauch ins Spiel. Wer bequem auf- und abstei- Foto: Rick Bowmer/dapd/ap Velo-Studie: stabil, aber ausbaufähig 2.000 Menschen zwischen 14 und 69 Jahren haben sich im letzten Jahr am Fahrrad-Monitor beteiligt, einer repräsentativen Online-Befragung. Eines der wichtigsten Ergebnisse: Die Fahrradnutzung ist stabil geblie- ben. 66 Prozent der durchleuch- teten Altersgruppe fahren gele- gentlich mit dem Rad, 84 Pro- zent selten. Deutschland ein Fahrradland? Es gibt noch Ent- wicklungspotenzial – auf der Be- liebtheitsskala findet sich das Auto mit 66 Prozent vor den Zweikrafträdern (43) und dem Fahrrad (31). Das dürfte auch an der Infrastruktur liegen, fühlt sich doch nur etwa die Hälfte der Radfahrer im Straßenverkehr si- cher. Auf ihrer Wunschliste ste- hen Verbesserungen für den Radverkehr, vor allem Ausbau und Bau von Radwegen. Download: www.adfc.de (Aktionen & Kampagnen) Aus dem Rahmen fallend Besonderes in geballter Form präsentiert auch in diesem Jahr die Spezi, die 17. Internationale Spezialradmesse. Die Veranstal- tung, laut Organisatoren die weltgrößte ihrer Art, findet in, vor und hinter der Stadthalle Germersheim statt (diesmal am 28. und 29. April jeweils von 10 bis 18 Uhr). Zu sehen und auszu- probieren ist in etwa alles, was aus dem Rahmen fällt bzw. einen ganz anderen hat: Tandems, Lie- geräder, Fahrräder zum Falten und zur Rehabilitation, Fahrzeu- ge zum Rollern, mit Motor, mit drei oder vier Rädern oder nur mit einem. Radwanderer infor- mieren über ihre Touren, Exper- ten darüber, wie man auf einem Fahrrad richtig sitzt. Rund um die Spielwiese jagen am Samstag die Trike-Racer. www.spezialradmesse.de gen möchte oder häufig mit Rock oder langem Mantel un- terwegs ist, der wählt ein Modell mit „tiefem Einstieg“. Wer auch im All- tag sportlich fährt oder re- gelmäßig schweres Ge- päck dabei hat, der greift zum Modell mit Diamant-

Impressum Redaktion: Helmut Dachale &Lars Klaaßen …download.taz.de/fahrrad_maerz12.pdf · nicht, basta! Undwermög-lichstviel Technik in ein Rad ... Ein Pedelec, dessen ... bietet

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taz.thema SONNABEND/SONNTAG, 24./25. MÄRZ 2012

die verlagsseiten dertaz.die tageszeitung

www.taz.de | [email protected] | fon 030 • 25 90 23 14 | fax 030• 25 10 694 Impressum Redaktion: Helmut Dachale & Lars Klaaßen | Foto-Red.: Ann-Christine Jansson | Anzeigen: Söntke Tümmler

FAHR RAD!

Brot und Butter gibt es nicht im BaumarktKAUFBERATUNG So viel Fahrradtechnik war noch nie. Dochwas brauchtmanwirklich? Undwie viel Geld solltemanfür ein gutes Alltagsrad ausgeben? Irgendwo zwischen 499 und 999 Euro fallen die meisten Entscheidungen

VON GUNNAR FEHLAU

Für die Marketing- und Ver-triebsprofis ist der potenzielleFahrradkäufer ein Endverbrau-cher wie jeder andere auch, zuverorten zwischen Gier undGeiz. Diese Begrenzungspfählenennen sie „Eckpreislagen“, undsiewissen auch,warum: Bis zumjeweiligen Preis lassen sich dieKunden einfach „hochberaten“,die Schwelle überschreiten siehingegen auch bei bester Bera-tung kaum.

DiewichtigstenEckpreislagenfürdenFahrradmarkt lauten499und 999 Euro. 499 Euro markie-ren den Einstieg in die Welt deswirklichen Fahrrads, daruntersind einzig Spielzeuge für kleineoder große Kinder zu bekom-men. Und ab 999 Euro hört fürdiemeisten Bürger der Spaß auf,beim Bezahlen wohlgemerkt.Nicht beim Fahren. Der Marktdünnt sich jenseits der 1.000-Eu-ro-Grenze schnell aus – Sportge-räte, Maßanfertigungen und Pe-delecs markieren hier die Aus-nahme. Die Zahlen der Verbändedecken sich damit: So gibt derZweirad-Industrie-Verband (ZIV)über alle Vertriebswege hinweg460 Euro als Durchschnittspreisfür ein Fahrrad im Jahr 2010 an.Der Verbund Service und Fahr-rad, dem Fachhändlermit gedie-genem Sortiment angehören,kommt für das Jahr 2011 auf etwa1.089 Euro je Rad.

Damit wird klar: Die Branchelebt weder von kostspieligerHighend-Technik noch von denBaumarkt-Bikes. Sie lebt von denTrekking- und Cityrädern zwi-schen 500 und 1.000 Euro. Insi-der nennen sie deshalb „Brotund Butter“-Räder. Aber was be-deutet diese Zentrierung für denKunden? Wirklich nichtsSchlechtes: Da die Eckpreislagensoumkämpftsindwiekeinande-rer Preispunkt, gibt es hier be-sonders viel Technik fürs Geld.Jeder Produktmanager packtsein Rad randvoll mit techni-

rahmen.Glücklich, wer zwischen 800

und 999 Euro für sein Alltagsradausgebenkann.Dennder läuft inder Regel keine Gefahr, minder-wertige Technik zu erhalten.Eher das Gegenteil kann zumProblem werden: Weil dieEckpreislagen viel Tech-

nik verlangen, blei-ben Konzeptund Design aufder Strecke. Schi-

ckere Räder habenstets eine wenigerpompöse techni-sche Ausstattung.Beides gehtnicht, basta!Undwermög-lichst vielTechnik inein Radpackt, da-mit es

viele Kun-den an-

spricht, des-sen Radwird all-

zu schnell belie-big. Insofern lohnt

stets der Blick in die Nischen.Dort finden sich durchaus span-nende Räder, die keine 1.000 Eu-ro kosten. Als Beispiel seien hierTransport- und Falträder ge-nannt. Sie mögen „wenigerShimano fürs Geld“ haben alsmanches Trekkingrad, sind aberfür nicht wenige Alltagsradlerunter Umständen die bessereWahl. Das sind wahrscheinlichdiejenigen, die auch ihren Rot-wein nicht nach dem Alkoholge-halt auswählen, sonderndanach,ob er zum Essen und zur aktuel-len Gemütslage passt.

■ Gunnar Fehlau (38) ist Autor di-verser Fahrrad-Fachbücher, Grün-der und Geschäftsführer der presse-dienst-fahrrad GmbH und Heraus-geber des RadkulturmagazinsFahrstil. Er hat nach eigenem Be-kunden schon jeden Fahrradtypdieser Welt gefahren, vom Rennradbis zum Lastenrad

schenLockmitteln, umdieGunstder Kunden zu erlangen. Errun-genschaftenwiederNabendyna-mo sind so binnen wenigen Jah-ren vom Luxus-Dreher für En-thusiasten zum faktischen Stan-dard selbst bei Stadträdernunter500 Euro geworden. Gleichesgilt für V-Bremsen, Alumini-umrahmen, Federgabeln,gefederte Sattelstütze undLED-Lichtanlagen mitStandlicht an Front undHeck. Soweit, so gut –wer seinRad im Alltag wirklich benut-zen möchte, der wird dieseErrungenschaften zuschätzen wissen.

Tückischer ist daschon die Schaltungs-frage: Anders als man-chesDetail, das sich ein-fach ändern oder nach-rüsten lässt, ist einSchaltungswechsel kost-spielig. Insofern tut mangut daran, sich frühzeitigfür Naben- oder Ketten-schaltung zu entscheiden.Die Nabenschaltung ist war-tungs- und verschleißärmer,lässt sich auch im Stand bedie-nen und ist insgesamt die saube-re Alternative. Auf demKerbholzhat sie einen geringfügig höhe-ren Fahrwiderstand, ein geringe-res Übersetzungsspektrum undhöheres Gewicht. Die Ketten-schaltung kommt sportlicher,leichterund schneller daher.Daserkauft man sich mit einer de-fektanfälligeren, offenen undsensibleren Technik. Für den Au-tor haben Stadträder keine odereineNabenschaltung, Sportgerä-te keine oder eine Kettenschal-tung.

Von ebenfalls grundsätzlicherFragestellung ist die Rahmen-form. Vorbei die Zeiten, in denennach Geschlechtern differen-ziert wurde. Heute stehen An-wendung und Konzept im Vor-dergrund. So haben Sportgeräteeinen Diamantrahmen, weil die-ser so leicht und steif wie keineandere Bauform ist. Beim Stadt-

rad kommt aber dieAnnehmlichkeitbeim Gebrauchins Spiel. Werbequem auf-und abstei-

Foto: Rick Bowmer/dapd/ap

Velo-Studie:

stabil, aber

ausbaufähig2.000 Menschen zwischen 14und 69 Jahren haben sich imletzten Jahr amFahrrad-Monitorbeteiligt, einer repräsentativenOnline-Befragung. Eines derwichtigsten Ergebnisse: DieFahrradnutzung ist stabil geblie-ben. 66 Prozent der durchleuch-teten Altersgruppe fahren gele-gentlich mit dem Rad, 84 Pro-zent selten. Deutschland einFahrradland? Es gibt noch Ent-wicklungspotenzial – auf der Be-liebtheitsskala findet sich dasAuto mit 66 Prozent vor denZweikrafträdern (43) und demFahrrad (31). Das dürfte auch ander Infrastruktur liegen, fühltsichdochnur etwadieHälfte derRadfahrer im Straßenverkehr si-cher. Auf ihrer Wunschliste ste-hen Verbesserungen für denRadverkehr, vor allem Ausbauund Bau von Radwegen.Download: www.adfc.de (Aktionen& Kampagnen)

Aus dem

Rahmen fallendBesonderes in geballter Formpräsentiert auch in diesem Jahrdie Spezi, die 17. InternationaleSpezialradmesse. Die Veranstal-tung, laut Organisatoren dieweltgrößte ihrer Art, findet in,vor und hinter der StadthalleGermersheim statt (diesmal am28. und 29. April jeweils von 10bis 18 Uhr). Zu sehen und auszu-probieren ist in etwa alles, wasausdemRahmenfällt bzw. einenganz anderen hat: Tandems, Lie-geräder, Fahrräder zum Faltenund zur Rehabilitation, Fahrzeu-ge zum Rollern, mit Motor, mitdrei oder vier Rädern oder nurmit einem. Radwanderer infor-mieren über ihre Touren, Exper-ten darüber, wie man auf einemFahrrad richtig sitzt. Rund umdieSpielwiese jagenamSamstagdie Trike-Racer.www.spezialradmesse.de

gen möchte oderhäufig mit Rock oderlangem Mantel un-terwegs ist, der wähltein Modell mit „tiefem

Einstieg“.Wer auch imAll-tagsportlichfährtoderre-gelmäßig schweres Ge-päck dabei hat, der greiftzum Modell mit Diamant-

30 SONNABEND/SONNTAG, 24./25. MÄRZ 2012 TAZ.DIE TAGESZEITUNG www.taz.de | [email protected] taz.thema | FAHR RAD!

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und Müller sehr betont auf eineUnterstützung bis zu 45 Stun-denkilometern. An gleich meh-reren Rädern seiner breiten Hy-bridkollektion ist ein 350-Watt-Elektromotor von Bosch zu fin-den oder der BionX-Antrieb mitgar 500 Watt. An der Steuerein-heit am Lenker lassen sich dieUnterstützungsmodi einstellen,bis zu 300 Prozent sind bei eini-genModellenmöglich.

Und um noch besser in dieGänge zu kommen, ist immereine hochgängige Ketten- oderNabenschaltung verbaut, auchdie 14-Gang-Nabenschaltung ausdem Hause Rohloff kommt zumEinsatz. Für ein derartiges High-End-Bike sind dann rund 5.000Euro mitzubringen, so zum Bei-

spiel fürdasHomagehybrid roh-loff oder das Culture hybrid roh-loff. Fast alle Modelle von Rieseund Müller sind auch ohne un-terstützenden Motor zu bekom-men. So lässt sich der ein oderandere Tausender sparen.

EinunddasselbeModellwahl-weisemit oder ohneMotorkraft?Nicht gerade der Trend der Sai-son. Dabei zeigt die Utopia VeloGmbH, dass so etwas machbar

sätzliche Elektroantrieb mitrund 2.000 Euro und mehr zuBucheund führt zu einemMehr-gewicht zwischen 7,6 und 11 Kilo.Ausschlaggebend, so der Her-steller, sei die Art des Akkus undob man sich einen oder zwei andem speziell angefertigten Hin-terradträger hängt.

Das erste und bisher einzigeelektrifizierte Modell der taz-Rad-Flotte heißt „easy rider“, hateinen Bosch-Motor (250 Watt),der ebenfalls nur bis 25 Stunden-kilometer unterstützt, und eineachtgängige Shimano-Naben-schaltung. Kosten: rund 2.500Euro.

Gehobenes Preisniveau undein nicht zu unterschätzendesMehrgewicht. Dennoch habesichdas Interesseammotorisier-ten Fahrrad innerhalb von zweiJahren verdoppelt, so das Ergeb-nis einer Sinus-Befragung von2011. Andererseits dürften die300.000real verkauftenExemp-lare kaumdem schon seit Länge-rementfachten E-Bike-Hype ent-sprechen.Undauchnichtdenge-waltigenAnstrengungen, immermehr Fahrradtypen mit einemMotor zu beglücken – und denauch noch leistungsstärker zugestalten. Nach den Stadt- undTrekkingrädern hat sich der klei-neHelfer jaauchschonbeiMTBs,den Liege- und den Falträderneingenistet. Zu haben ist sogarein Hybridtandem, auf dem sichnebeneinander sitzen lässt. Undbald scheint das Rennrad fälligzu sein. Die Firma Haibike hatkürzlich eine Studie vorgestellt –einen Racer mit 350-Watt-Motorund einem Gesamtgewicht vonetwa 16 Kilo.

Da fehlt nur noch, wovor demDeutschen Verkehrsgerichtstaggrausen dürfte: das Kinderradmit Stützrädern und Unterstüt-zungsmotor.

Wenn es ein paar Kilo mehr sein dürfenELEKTROANTRIEB Immermehr FahrrädermitMotor, immermehrMotorenmit stärkerer Leistung.Mit Übergewichtauf dieÜberholspur?DieAufrüstunghat ihren Preis. Haftpflicht undHelmsind zumindest dringend empfohlen

VON HELMUT DACHALE

Das Trommeln für die hilfsmo-torisierten Fahrräder – Pedelecsoder auchHybrid-Bikes genannt– hat nun endlich auch derDeut-sche Verkehrsgerichtstag ver-nommen. Auf seiner diesjähri-gen Tagung widmete er ihneneinen Arbeitskreis. Und was inGoslar dann beschlossen wurde,lässt die Hersteller halbwegsaufatmen: Ein Pedelec, dessenakkugespeister Motor eineNenndauerleistung von nichtmehr als 250 Watt erbringt undbis maximal 25 Stundenkilome-ter unterstützt, soll weiterhinein Fahrrad bleiben. Also zulas-sungsfrei. Den Fahrern wird le-diglich „dringend empfohlen“,eine Haftpflichtversicherungabzuschließen und einen Helmzu tragen. Und Kinder bis zu 14Jahrensolltenausschließlichdereigenen Muskelkraft vertrauen,meinen die Verkehrsexperten.

Bei den schnellen Pedelecs,die erst bei Tempo 45 abregelnund offiziell zu den Leichtmofasgerechnet werden, halten sie je-doch die Einführung der gesetz-lichen Helmpflicht für notwen-dig. Noch dürfte das nur wenigebetreffen. Höchstens 7 Prozentaller verkauften Pedelecs sollenzurzeit Highspeed-Boliden sein,schätzt Stephan Schreyer vomZweirad-Industrie-Verband(ZIV). Insgesamt sind 2011 rund300.000 Pedelecs in Deutsch-land abgesetzt worden – von et-wa 4 Millionen Fahrrädern allermöglichen Modelle. „Mittelfris-tig werden sich die Pedelecs ei-nenMarktanteilvon10bis 15Pro-zent erobern“, meint Schreyer.

Neben der Biketec AG, demPedelec-Trendsetter aus derSchweiz, der nich nie vor höhe-ren Geschwindigkeiten zurück-schreckte, setzt jetzt auch Riese

ist. Und zwar für die gesamteModellpalette eines Herstellers:Bei Utopia kann sich der Kundeimmer zwischen mehrerenKomponentenprodukten ent-scheiden –und insofern auch, obsein Wunschrad mit E-Antrieboder konventionell ausgeliefertwird.

Zum Prinzip Custom-Madegehört zudem, dass jedes neueRad auch innerhalb von acht Jah-ren nachgerüstet wird. Bei älte-renRädernausdemeigenenStallbietet Utopia einen Test an, obeine nachträgliche Elektrifizie-rung technisch möglich ist. Ver-bautwird in jedemFall einMotorder modernsten Art: Ab 25 Stun-denkilometern macht er Pause.Aber auch hier schlägt der zu-

Nach den Stadt-und Trekkingrädernstehen nun auchMTBs, Liege- undFalträder im Fokus

Tag und Nacht:

fortwährendes

LeuchtenNicht nur nachts, sondern rundum die Uhr den Scheinwerferstrahlen lassen? Dass darüberjetzt diskutiert wird, ist demHersteller Busch und Müller zuverdanken. Seine Produktlinie„Licht24“ hat er jetzt noch ver-größert: Er bietet vier Modellemit Tag-und-Nacht-Funktion an.Alle bestehen aus der Kopplungeines LED-Hauptscheinwerfersmit Signal-LEDs. Letztere arbei-ten tagsübermit Höchstleistungund sind als Lichtquelle von an-deren Verkehrsteilnehmernproblemloswahrzunehmen, derHauptscheinwerfer ist dagegengedimmt. Nachts ist es umge-kehrt, dann wird mit 40 bis 60Lux ausgeleuchtet (je nach Mo-dell). Im Sensormodus wird ent-sprechend den Lichtverhältnis-sen automatisch umgeschaltet.www.bumm.de

Schäden

meldenIn der ADFC-Schadensdaten-bankkönnenRadfahrer, Gutach-ter und Händler Schäden anFahrrädern und Probleme mitihnen oder Komponenten mel-den. Dafür steht auf der Websitedes Vereins ein Formular zurVerfügung. Der ADFC bittet Rad-fahrer darum, vonSchädenauchdann zu berichten, wenn die be-troffenen Teile auf Garantie, Ge-währleistung oder aus Kulanzgetauscht oder repariert wur-den. Alle Meldungen werdensystematisch erfasst und ausge-wertet. Die gewonnenen Er-kenntnisse sollen helfen, dieQualität der einzelnen Bauteileund insgesamt die Sicherheitnoch weiter zu verbessern.www.adfc.de/schadensmeldung

Ab einer Nenndauerleistung von 250 Watt und 25 Stundenkilometern ist der Helm Pflicht Foto: CTK Photo/imago

SONNABEND/SONNTAG, 24./25. MÄRZ 2012 TAZ.DIE TAGESZEITUNG 31www.taz.de | [email protected] | FAHR RAD!

von Sponsoren zur Verfügunggestellt werden. „Mitmachenkann man entweder als Einzel-personoderalsGruppe. InvielenBetrieben gibt es Koordinatoren,bei denen man die entsprechen-den Materialien für die Aktionerhält“, so Cibulski.

Geradelte Strecken lassen sichonline erfassen, man kann aber

Skandinavien erfolgreiche Rad-fahr-Aktion hat sich in Deutsch-land seit der Premiere im Jahr2001 zum festen Brauchtument-wickelt. Zuletzt waren im Som-mer 2011 von Schleswig-Holsteinbis Bayern 170.000 Teilnehmerund 14.000 Betriebe in allenBundesländernmit dabei.

FürdieAOKgehörtdasRadelnganz einfach zur betrieblichenGesundheitsförderung, ver-gleichbar mit regelmäßigersportlicher Betätigung. Der be-sondere Vorteil des Radfahrensliegt dabei auf der Hand: DieFahrt zur Arbeit per Muskelkraftlässt sich besonders einfach inden Alltag integrieren. Viele ha-ben das anscheinend schon er-kannt. „In Deutschland liegt derRadverkehrsanteil mittlerweilebei knapp 10 Prozent, was etwavier Millionen Menschen ent-spricht“, soCibulski. Es könnteal-lerdings viel besser sein. Vorbildbleiben die Niederlande: Dortsteigt ein Drittel der Bevölke-rung regelmäßig aufs „Fiets“.Auch für denWeg ins Büro.

Einer Radfahrstudie des nie-derländischen Gesundheitsmi-nisteriums zufolge haben solcheradelnde Arbeitnehmer weniger

Radtour statt RushhourGESUNDHEITSFÖRDERUNG Die Hartenmachen es ganzjährig, andere nur gelegentlichoder gar nicht. Die Aktion „Mit dem Rad zur Arbeit“ motiviert mit wachsendem Erfolg

Auch wenn’s manch-mal regnet: Je öfterman radelt, desto sel-tener ist man krank

VON ANSGAR WARNER

In der S-Bahnnur noch Stehplät-ze, auf der Autobahn erst recht:Berufsverkehr kann stressigsein. Dabei geht es einfacher: BeiStrecken unter 10 Kilometern istmanmit demFahrradnormaler-weise schneller, und der Fitnessist die Anreise mit dem Velo oh-nehin zuträglich.

Darauf setzt die Initiative „Mitdem Rad zur Arbeit“, ein JointVenture des Allgemeinen Deut-schen Fahrrad-Clubs (ADFC) mitder AOK, die sich bekanntlichnicht mehr Krankenkasse, son-dern Gesundheitskasse nennt.Auch in diesem Jahr will manzwischen dem 1. Juni und 31. Au-gust einzelne Arbeitnehmer,aber auch ganze Belegschaftenzum Umsteigen auf zwei Rädermotivieren.

„Die Aktion ist bewusst imSommer angelegt worden, denndannfälltesbesonders leicht,aufdas Fahrrad umzusteigen“, soADFC-Pressesprecherin BettinaCibulski. Wer in den drei Mona-ten mindestens 20-mal den Wegzur Arbeit auf demDrahtesel zu-rücklegt, nimmt an der Verlo-sung zahlreicher Preise teil, die

hier treffen sich die Bike-Blog-ger,und imRahmenderVELOArtstellen auch Künstler aus.“

Besondersmit der Sonderaus-stellung und Vortragsreihe „Me-tromobile“ will man zeigen: DasFahrrad ist urbaner Verkehrs-wie globaler Hoffnungsträger.Aber eben auch Teil eines ver-netzten Verkehrssystems. Sosind Carsharer ebenso präsentwie die Deutsche Bahn und einLeasing-Unternehmen, das Fir-menmitarbeitern zum Leihradverhelfen will. Regionen undRadreiseveranstalter animierenzum Aufbruch, als Partnerlandpräsentiert sich Brandenburg(„Das Weite liegt so nah“). Unddie taz tritt als Medienpartnerauf. PAUL DA CHALET

■ Die VELOBerlin ist heute und mor-gen (24./25. März 2012) von 10 bis18 Uhr geöffnet. Gutschein für denermäßigten Eintritt und weitereInformationen unter www.velober-lin.com

Rund ums RadMESSE Fahrrad undMobilität sind die Themen derVELOBerlin: wie Menschen in Bewegung kommen

Fahrradfahren ist so einfach wieintelligent. Und verträgt sichauch noch hervorragendmit an-deren umweltfreundlichen Ver-kehrsmodulen. Das in etwa sinddie Botschaften, die die Publi-kumsmesse VELOBerlin andiesem Wochenende varianten-reich aussenden will.

Letztes Jahr feierte sie Premie-re mit rund 8.500 Besuchern,heute undmorgen erwartet Ver-anstalterin Ulrike Saade erheb-lichmehr: „Wirhabendiesmal ei-ne größere Fläche mit einer grö-ßeren Zahl an Ausstellern zu bie-ten, und auch bei den Parcourszum Testen der Fahrräder habenwir natürlich angebaut.“ DasKonzept ist weitgehend beibe-halten worden: Fahrräder allerArten zumAnsehenundAuspro-bieren, Komponenten und Zube-hör, dazu ein Rahmenpro-gramm, das anderswo eher alsHauptattraktion durchginge, soUlrike Saade. „Nicht nur ShowundInfotainmentaufderBühne,

Wer den Kauf eines E-Bikes oderPedelecs in Erwägung zieht,sieht sich mit Dingen konfron-tiert, die bis vor Kurzem völligfahrradfremdwaren.Hatmanesbisher nur mit Klingel, Brems-und Schaltgriffen zu tun, solljetzt am Lenker auch noch dieSteuereinheit sitzen. Und in ei-nemder Laufräder oder amTret-lager ein Elektromotor und ir-gendwo der Akku. Aber welcherMotor sollte es sein? Wie weitreicht der Akku?Undwie schwerist so ein Fahrrad?

FragenüberFragen.Herstellerund Händler versuchen, daraufzu antworten. Siewollen schließ-lich verkaufen. Doch noch hilf-reicher wäre es, wenn man zudiesem komplexen Thema auchInformationen und Tipps vonunabhängiger Seite schnell ab-rufen könnte, sagte sich der Ver-kehrsclub Deutschland (VCD).Und hat deshalb eine spezielleVerbraucherberatung auf dieBeine gestellt. Kompetent, um-

Erklär mich dat E-BikeBERATUNGSPROJEKT „Besser E-Radkaufen“ hilftohne Verkaufsabsichten durch den Info-Dschungel

fassend und selbstverständlichobjektiv, soderAnspruchdesmitöffentlichen Geldern geförder-ten Projektes „Besser E-Radkau-fen“.Als zentralesElement istAn-fang Februar das Internetportalwww.e-radkaufen.de gestartetworden. Dort wird unter ande-rem ein Typentest angeboten:Sieben Fragen beantworten, undschon erfährt man Näheres, ab-gestimmt auf die spezifischenAnforderungen und Ansprüche.

Ökologischausgerichtet, siehtder VCD die Elektrofahrrädervorrangig als eine der Lösungender Verkehrsprobleme. „Es sinddie Alternativen zum Auto aufkurzen und mittellangen Stre-cken und als solche immer häu-figer im Einsatz“, sagt VCD-Pro-jektmanagerin Wiebke Lem-mertz. An diesem Wochenendebetreibt sie auch Aufklärung vorOrt: Auf der VELOBerlin machtsieWerbung für einebessereMo-bilität (s. Artikel links).

HELMUT DACHALE

Fehltage. Und es gibt auch einenklaren Zusammenhang mit derHäufigkeit: Je öfter man radelt,desto seltener ist man krank. Ei-ne klassischeWin-win-Situation:Die fitteren Mitarbeiter dämp-fen nicht nur die Ausgaben derKrankenkassen, denn von gerin-gerem Krankenstand profitiertauchderArbeitgeber.Dienieder-ländische Studie nennt dazuauch konkrete Zahlen. Wenn nur1 Prozent mehr Mitarbeiter festim Sattel sitzt, könnten die Ar-beitgeber Jahr für Jahr 27 Millio-nen Euro sparen. InDeutschlanddürfte sogar ein Vielfaches drinsein.

ErhobenwurdenvondenHol-ländern aber auch die Gründeder Radverweigerer. Ganz obenstanden zwei Argumente:schlechtes Wetter und die Be-fürchtung, durchgeschwitzt amArbeitsplatz zu erscheinen. Ge-gen letzteres Problem kannmandurchaus was tun: „Am bestenrichtetman sich amArbeitsplatzeinen Spind ein, in dem manKleidung zum Wechseln aufbe-wahrt“, empfiehlt Cibulski. Au-ßerdem hilft natürlich ein altbe-währter Trick: einfach ein paarMinuten eher losradeln.

auch amEnde der Kampagne diePapierversion des Aktionskalen-ders einsenden. Erlaubt ist übri-gens auch die Kombination vonRad und öffentlichen Verkehrs-mitteln wie Bus oder Bahn. „Invielen Großstädten existierenbereits Fahrrad-Parkhäuser, indenen man sein Rad sicher ab-stellen kann. Das ist gerade fürPendler aus dem Umland einwichtiges Argument, um zumin-dest Teilstrecken mit dem Fahr-rad zurückzulegen“, weiß Ci-bulski. Die anfangs vor allem in

Es gibt viele Möglichkeiten, ins Büro zu kommen. Das Fahrrad ist eine der besten Foto: Frederic Cirou/photo alto/laif