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EINE GEOLOGISCHE RNIKE IN DEN WESTLICHEN ·BAI.J!(AN UND IN DIE BENACHBARTEN GEBIETE. UNTERNOMMEN IM SPÄTSOMMER 1875. TOPOGRAPHISCHE SCHILDERUNGEN VON DR. FRANZ TOULA. M I 'T' EIN E R KAR T E. WIEN, 1878. A'LFRED HÖLDER K. K. HOF - UND UNI VER SI T Ä T S - B U C H H Ä N D L E R. ROTBEN'rHURMSTRA8SE 16.

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EINE

GEOLOGISCHE RNIKE

IN DEN

WESTLICHEN ·BAI.J!(AN UND IN DIE

BENACHBARTEN GEBIETE.

UNTERNOMMEN IM SPÄTSOMMER 1875.

TOPOGRAPHISCHE SCHILDERUNGEN

VON

DR. FRANZ TOULA.

M I 'T' EIN E R KAR T E.

WIEN, 1878.

A'LFRED HÖLDER K. K. HOF - UND UNI VER SI T Ä T S - B U C H H Ä N D L E R.

ROTBEN'rHURMSTRA8SE 16.

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Zur Aussprache der Ortsnamen:

s ::::: scharfes s; ~ S == seh; - c :::::=- z; - C == tsch; z == weiches s; v == w. Rieka == Rjeka == Reka bedeutet Bach oder Flüsschen; - Han == Wirtshaus;

Monastir := Kloster; - Tchifiik == Meierhof ; - Karaul ::::: Wach haus.

DRUCK VON J. C. FISCHER & COMP. WIEN.

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Die kaiserliche Akademie der Wissenschaften fasste in ihrer Gesammtsitzung am 4. März 1875 über Antrag der mathematisch - naturwissenschaftlichen Classe den Beschluss, mich mit einer im Herbste desselben Jahres auszuführenden geologischen Durchforschung der westlichen Balkangebiete zu betrauen.

Dabei wurde mir die Bedingung gestellt, der kaiserlichen Akademie einen jungen Geologen zu bezeichnen, den ich als Begleiter und Assistenten mitnehmen sollte. Ich wählte mir hiezu Herrn Josef Szombathy (Assistent bei der Lehr­kanzel für Geologie und Mineralogie an der technischen Hoch­schule in Wien).

Ausserdem gestattete ich den beiden Ingenieur-Schülern an derselben Hochschule, den Herren Fra n z He ger und Ni c 0 lau s Wa n g, sich uns anzuschliessen. Dieselben erhiel­ten zu diesem Behufe vom hohen Handelsministerium eine Reiseunterstützung.

Ueber den Verlauf der am 9. August 1875 angetretenen Reise erstattete ic~ in der Sitzung der mathem.-naturw. Classe am 28. October 1875 einen vorläufigen Bericht 1), ausserdem veröffentlichte ich eine Anzahl von Reiseskizzen in der Wiener Abendpost 2) und berichtete über meine Reise durch die Isker-

') Geologische Untersuchungen im westlichen Theile des Balkans und in den angrenzenden Gebieten. 1. Kurze· Uebersicht über die Reise­routen und die wichtigsten Resultate der Reise. LXXII. Bd. der Sitzber. der k. Akad. der Wissensch. Oct.·Heft 1875.

2) "Wiener Abendpost" Nr. 9, 11, 12, 15, 16, 24, 28, 29, 32, 43. {j3, 78 (1876).

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Schluchten in der Sitzung der k. k. geographischen Gesellschaft in Wien. 1)

In den folgenden Blättern bringe ich den Verlauf der ganzen Reise im 'Zusammenhange. Die Veröffentlichung der wissenschaftlichen Ergebnisse wird erst später in den Schriften der kaiserlichen Akademie erfolgen.

') Mittheilungen der k. k. geographischen Gesellschaft in Wien, 1876, im 4. Hefte. Ein Aufsatz mit einer Kartenskizze und einer lithogr. Tafel. "Reise über den Berkovica.-Balkan und durch die Isker-Schluchten nach Sofia."

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1. Die Fahrt durch die Donau-Engen bis Vidin.

Es war nahe an Mitternacht, als wir in der Nähe von Vidin, unserem ersten Ziele, ankamen. Die Fahrt ging lautlos vor sich.

Schon verschwanden die Lichter des höher gelegenen Kalafat und vor uns, wie aus der Tiefe tauchten die Lichtpunkte, die uns Vidin längst verrathen hatten, immer deutlicher empor; einige davon wanderten von der Uferhöhe herab bis nahe an den Wasserspiegel und warfen die langen Lichtstreifen über denselben hin. Jetzt noch einige Commandoworte, ein schwacher Stoss und das Schiff stand still.

Nach Vorweisung unserer Legitimationen öffneten sich die Brückenschranken und wir stiegen, von zahlreichen Zigeu­nern umschwärmt, den Abhaug hinauf. Bis über die Knöchel im feinen Sande watend, folgten wir den Burschen, denen wir, um Ruhe zu haben, unser Handgepäck überlassen hatten, zum Hötel. So seltsam es auch für Alle, die Vidin seit einem Jahre nicht gesehen haben, klingen mag, ist es doch wahr: es giebt jetzt dort einen Gasthof, der immerhin mit einigem Comfort ausgestattet ist.

Der Schlaf wollte lange nicht kommen. Das letzte Stück, die herrliche Fahrt durch die grandiosen Schluchten und Klau­sen, wollte mir nicht aus dem Sinne. Man kann aber auch Aehnliches nicht leicht wieder sehen. Der Rhein in seinen Engen zwischen Mainz und Bonn ist zwar lieblich und roman­tisch zugleich, mit den wilden, grossartigen Scenerien zwischen Moldava und Turn-Severin kann er jedoch nicht erfolgreich wetteifern. - Wohl hat der Mensch hier nicht viel gethan für

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Verschönerung. Selten sind die Ruinen ehemaliger Burgen und Schlösser, die so viel beitragen zur Erhöhung des landschaft­lichen Reizes einer Gegend; da sind auch keine völkerreichen Städte, nur einzelne Weiler, kleine Dörfer und Märkte liegen in den wenigen Thalweitungen und doch, und vielleicht ge­rade darum in noch höherem Grade: welche Grossartigkeit I

Noch einmal lasse ich alle Bilder rasch vorübergleiten. Die erste Nacht hatte uns bis an die Grenzen der Län­

der der ungarischen Krone gebracht. Früh am nächsten Morgen begrüssten wir von der Höhe von Weisskirchen die Donau, der wir uns für die leider nur zu kurze Fahrt anver­trauten.

Von Bazias über Gradiste bis gegen Alt-Moldava ist das Donau-Thal weit; die Berge - (die rundrückigen niederen Berge des Lokva-Gebirges bestehen aus Glimmerschiefer) -treten aber bald näher an den Strom heran, der auch hier, unmittelbar vor seinem Eintritte in die weithin reichenden Engen, seiner üblen Eigenschaft, sich ungebührlich auszubrei­ten und zu theilen, Ausdruck giebt, indem er die Moldava­Insel bildet. In den unterhalb folgenden Thalschluchten erfolgt eine Aufstauung des Wassers und in Folge dessen oberhalb, am Eingange, eine Verminderung der Stromgeschwindigkeit, wodurch eine Ablagerung von Geschieben und Sanden eintritt. Dem unteren Insel-Ende gegenüber erhebt sich der steil auf­ragende Babakai-Felsen aus den Fluthen: der ,,:Fels der Reue" nach der einen, poetischen Auffassung, welcher von dem Dich­ter A. X. Schurz in etwas barbarischer Vergewaltigung der Sprachgesetze Ausdruck gegeben wurde, oder der nGrossvater­stein" (von baba Grossvater und kai Stein oder Fels), wie Andere meinen. - Gegenüber am serbischen Ufer liegen, hoch auf einem fast vertical aus den Fluthen aufsteigenden, stellen­weise sogar weit überhängenden Kalkfelsen die ausgedehnten Mauern und Thürme der alten Serbenfeste Golubac. Rasch fuhren wir vorbei in die Engen und über den ersten Katarakt, das Stenka-Riff hinweg, fast ohne etwas davon zu merken. Kaum zwei Meilen abwärts folgt die Enge von Kozla mit den Stromschnellen von Kozla und Dojka, erstere 800, letztere nur 400 Meter lang.

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Von Golubac bis kurz vor Dobra erstreckt sich das er s te Defilee der Donau. Den oberen Theil bilden Kalkmauern (Ca­protinenkalk, welcher auch südwärts von der Donau in Serbien auftritt), mit zahlreichen Höhlen, von denen die Mückenhöhle von Golubac die bekannteste ist. In der unteren Hälfte bestehen die Steilufer und die Felsbänke im Strome aus krystallinischen Schiefern und Granit.

Die Orte Dobra am rechten und Bersaska am linken Ufer liegen in einer kleinen Stromweite. Schon bei Drenkova jedoch beginnt das zweite oder Greben-Defih~e, die obere Klissura. Am serbischen Ufer ragen noch in weiter Ausdehnung Felswände, aus dünn geschichteten und vielfach gefältelten neocomen Kalken bestehend 1), empor, während auf dem linken Ufer die grosse Mannigfaltigkeit der Gesteine sich auch in der äusseren Erscheinung, in den Bergformen auf das deutlichste ausprägt, indem höhlenreiche Kalkwände mit dunklen Porphyren, vielzerklüfteten Trachytbergen und sanftgerundeten Sandstein­rücken abwechseln. Einen schönen Anblick gewährt der kahle Dreskovac (Troscovec), ein Trachytfels, der sich mit seinen Steil­abstürzen aus den dichten, dunklen Wäldern der Nachbarhügel erhebt. Wir sahen ihn am schönsten, als wir, die Izlaser Stromschnellen passirend, zurückblickten. Hier waren wir im sogenannten "oberen" oder "kleinen eisernen Thore" (Gornje Demir Kapi), gebildet durch die Riffwälle von Tachtalia und Izlas.

Diese Riffe wurden bisher vielfach mit dem eigentlichen "eisernen Thor" unterhalb Orsova verwechselt. So z. B. auch in dem ausgezeichneten Handbuch der Geographie von Daniel (3. Auf!. 1872, 11. Bd. pag. 572).

Noch ein Riff ist zu passiren, bis man an dem mächti­gen Greben-Fels und der Poree-Insel vorbei nach Milanovac

I) Nach Tietze's Untersuchungen (Jahrbuch der k. k. geol. Reichs­anstalt 1870, pag. 575-577) sind hier am rechten (serbischen) Ufer be­sonders die tithonischen Knollenkalke, sowie neocome Kalke und Mergel­schiefer entwickelt. Bei Boletin treten auch die Schichten mit Ammonites banaticus zwischen den Lias·Sandsteinen (welche auch die Stromschnelle bei Greben bilden) und den Tithon-Bildungen auf, ganz ähnlich so wie in dem Graben oberhalb Sv i n i ca.

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kommt, wo die Donau ihren südöstlichen Lauf ändert, um bis über Orsova hin nach Nordosten zu strömen. Einem weiten See gleicht der glatte Stromspiegel bei Milanovac und Svinica. Es währt jedoch nicht lange und den Reisenden umgeben die grandiosen Scenerien des dritten und grossartigsten Engpasses: die Kasan-Klause oder die untere Klissura genannt.

Vorher passirt man ein ausgedehntes Serpentin-Gebiet zwischen Tissovica und Dubova (am linken Ufer). Tietze hat Serpentin und den körnigen Gabbro auch am rechten Ufer im Osten von Milanovac und im oberen Porec-Thale bei Rudna­glava angetroffen.

Auch in der Kasan-Klause bilden höhlenreiche Kalke die engste Partie. Unter den Höhlen ist die grosse, mit befestig­tem Eingange versehene Veterani-Höhle die merkwürdigste. Sie liegt unterhalb des Kasan-Wirbels am linken Ufer. Interessant ist das kleine Becken von Dubova, welches unmittelbar darauf folgt und wohl nichts Anderes ist als ein kleiner Einsturz­kessel, wie solche in Kalkgebirgen so häufig sind.

Zahlreich sind die Reste römischer Denkmäler und Bau­werke längs der ganzen Donau-Strasse. Auch im Kasan-DefiUie fehlen sie nicht. Hier kann man die am rechten (serbischen) Ufer hinziehende Römerstrasse, deren Spuren schon im Greben­Engpassbemerkbar sind, weithin verfolgen. Nahe der Linie des höchsten Wasserstandes zieht sie sich hin, nur wenig auf­und niedersteigend. Auf weite Strecken ist sie in die Felsen gemeisselt. Ueberhängende Galerien verbreiterten sie, wie die zahlreichen quadratischen Löcher beweisen, die einst zur Auf­nahme der Strebepfeiler dienten. Nicht weniger kühn ist die Szecbenyi - Strasse mit ihren imposanten Felsgalerien am linken Ufer.

Kurz vor Ogradina befindet sich am rechten Ufer der weit vorspringende n Trajans-Stein" mit seiner berühmten In­schrift. Dieselbe ist dem Gebahren der Schiffer, Fischer und Hirten noch immer schutzlos überantwortet, obwohl schon mehrere Jahre ins Land gegangen sind, seit Kanitz (nSerbien" Leipzig 1868, pag. 368) der serbischen Regierung es nahegelegt hat, ndurch die Anlage eines die allzugrosse Annäherung

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- 7 emchwerenden Schutzgitters ihre Pietät gegen eine grosse Ver­gangenheit zu bezeugen. U

Der Felswinkel muss sich ganz ausgezeichnet zur Errich-. tung von Lagerfeuern eignen, denn weit hinauf ziehen die schwarzen Rauchspuren. Wegzutragen ist die in den Fels gemeisselte Inschrift leider nicht; in diesem Falle wäre es wahrlich besser für sie gewesen. Es gibt wohl in Serbien noch keine Commission zur Erhaltung alter Denkmäler, aber der Eine oder Andere, der Sinn für solche Dinge hat, sollte wahrlich etwas dafür thun.

Dieses Stück Donau ist ohne Zweifel das grossartigste auf ihrem ganzen Laufe. Beschreiben will ich es nicht, und ich könnte es auch nicht so gut, als es schon vor mir gesche­hen ist und wohl von Niemand mit tieferer Empfindung als von Fallmerayer in seinen .,Fragmenten aus dem Orient":

"Hier ist der Bosporus der Donau, eine schweigsame, nur vom dumpfen Ton des über Felsen brandenden Stromes belebte Wildniss der lieblichsten Natur. Dichtes Eschengebüsch, Wallnussbäume, Linden, Pappeln, dunkler Eichenwald mit mil­den Schwellungen, riesiges Gestein, thurmhoch im warmen Grünlaub aufgeschichtet, voll Geklüfte und abenteuerlicher Steingebilde, die neue Kunststrasse mit römischer Kühnheit am linken Ufer ausgemeisselt, der Glanz der Sonne, die beim Vollstrom nur kurz rauschenden Katarakten, endlich die Kühle aus der Felsenschlucht, wo die Ufer am engsten und höchsten - die langen Baumschatten und die Abendstille liessen einen schwer zu beschreibenden Eindruck in der Seele des vorüber­eilenden Wanderers zurück. U

Ohne Aufenthalt fuhren wir bis Alt-Orsova, wo wir auf den kleinen "Trajan" übersteigen mussten, um das "eiserne Thor" passiren zu können. - Erwartungsvoll glitten wir an der isolirten türkischen Colonie, der Inselfestung "Ada Kaleh" (Neu-Orsova) vorüber, deren halbverfallene Werke einen recht trübseligen Anblick gewähren.

Sehr bald kamen wir nun in den Bereich der gefährlich­sten Riffbank. Die Felsenspitzen ragten über einen Meter hoch aus dem Wasser empor.

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"Ein Felsenplateau, etwas über eine Viertelstunde breit, mit zahnförmig über den Wasserspiegel hervorstehenden Spitzen, streicht schief über den Strom und bildet bei niederem Was­serstande eine schauerliche Katarakte mit Tosen, Wirbeln und weithin hörbarer Brandung." So sagt Fallmerayer, der das. "Eiserne Thor" mit den Nil-Katarakten von Philä ver­gleicht.

Kaum hat man die Stromschnellen hinter sich, so kommt man an einer Anzahl von Sandbänken vorbei, welche sich zwi· sehen Sip am serbischen Ufer und dem walachischen Dorfe Garavai (Gorovaja) ausdehnen. Sie sind aus gröberem Sande und Schotter aufgeschüttet und fallen an der unteren Seite steil ab, während sie auf der stromaufwärts gerichteten Seite ganz flach auslaufen. Ihren Ursprung verdanken sie der hier plötzlich verminderten Stromgeschwindigkeit.

Mitten im Strome sind bei Sip grosse Pfahlanlagen zum Hausenfang errichtet.

Bis kurz vor Turn-Severin, dieser rasch aufblühenden Donau-Stadt, halten an beiden Ufern die waldbedeckten Berge noch an, dann aber werden sie rundrückiger und niedriger und treten weiter und weiter zurück.

Wir kommen in das weite untere Donau-Becken, von Professor Pet er s als das Ist e r-Be c k e n bezeichnet, welches man jedoch auch, da die östliche Umgrenzung, wenn auch geologisch angedeutet, doch orographisch wenig auffallend ausgeprägt ist, als eine grosse, weit in das Land reichende Bucht des einst­maligen sarmatischen Meeres auffassen kann.

In einem grossen, nach Süden gerichteten Boge~ durch­strömt die Donau das weite, nur wenig über das Meeresniveau erhobene Land. Dabei tritt hier wieder auf das schönste die Thatsache hervor, dass der Strom an seinem linken Ufer von einer weiten Alluvial-Ebene begrenzt ist, während am rechten Ufer eine Terrasse mehr oder weniger steil ansteigt, die auf ein sich weithin erstreckendes Plateau führt, in das alle zur Donau fliessenden Wässer ihre tiefen Thalfurchen ein­genagt haben.

Der Strom hat seine in früherer Zeit mehr westöstliche • Richtung ganz allmälig geändert und ist nach Süden gerückt,

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bei welchem Vorgange die zahlreichen, an seinem linken Ufer einmündenden Nebenflüsse mit ihren Anschwemmungen das Ihrige mit beigetragen haben mögen. Sie sind weit zahl- und wasserreicher als die dem Balkan entstömenden Gewässer. Der Alluvial-Lehm (Silt) bedeckt die weite walachische Niederung und bildet stellenweise auch hier auf dem linken Ufer über 12 Meter hoch werdende Terrassen und Uferstufen, während auf dem bulgarischen Plateau eine nDriftlehm"- (Löss-) Decke die unten lagernden sarmatischen Bildungen überzieht.

Mächtige Schottermassen liegen am linken Ufer des Flus­ses unmittelbar am Eingange dieses Becken. Sie zeigen Schichtung, fallen nach Osten hin ab und machen den Eindruck von Schotterkegeln, wie solche überall dort auftreten, wo Flüsse ihre Laufgeschwindigkeit andauernd vermindern, indem sie in eine Ebene oder in ein Seebecken einmünden.

Aehnliche Ablagerungen von Schotter und Grus bilden . auch bei Alt-Orsova an der Mündung des Cerna-Baches einen mächtigen Kegel, der zumeist für ober miocän (Belvedere­Schotter) gehalten wird, während Prof. Peters wenigstens für den oberen Theil eiaen erratischen Ursprung annimmt.

Es war noch heller Tag, als wir an den Brückenköpfen der so verschieden gedeuteten Römerbrücke (zumeist als Tra­jans-Brücke bezeichnet) vorbeikamen. Lange Schatten warfen die stattlichen Mauerreste am rechten Ufer bei dem an der Stelle des alten Egata liegenden serbischen Städtchen Kladova, als wir am Bord des n Kasan ~ , der uns von Turn-Severin an abwärts bringen sollte, vorüberdampften.

Bald verschwanden sowohl die Brückenreste als auch das nette Städtchen in der Dämmerung. Lange hielten uns die linden Lüfte und die Sternenpracht am Verdeck; röthlich glänzten und lohten die Lagerfeuer vom-Ufer herüber; es war eine herrliche Nacht!

Den Grundstock des hier besprochenen Gebirges bilden krystallinische Schiefer und zwar vorwaltend gneissartige Ge­steine. Die Bergzüge haben nordwärts von der Donau eine nordsüdliche Richtung, der auch die Anordnung der die Ge­birge zusammensetzenden Gesteine entspricht. Wie in riesigen Einfaltungen liegen sehr verschiedenaltrige Bildungen zwischen

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den Gneissmassen. Der Zug von Tergova' über Mehadia nach Alt-Orsova einer- und nach Svinica in der südlichen Ecke des grossen V förmigen Laufstückes andererseits, bildet eine wahre "Musterkarte von Gesteinen." Stellenweise kohlenführende Sand­steine der Dyas- und Lias-Formation, Kalke und Mergel der Jura- und Kreide-Epoche, aber auch ältere und jüngere Erup­tivgesteine folgen dieser Richtung, desgleichen auch die Abla­gerungen der tertiären Periode. Ganz ähnlich so verhält es sich auch mit dem westlich von der mittleren Gneisszone ge­legenen Zuge von Steierdorf-Moldava.

Diese Bildungen haben ihre Fortsetzung südlich von der Donau, obwohl hier die orographischen Verhältnisse andere sind, indem hier die meisten Gebirgszüge dem Donaulaufe pa­rallel sind. So zum Beispiele der Zug des Miroe, der dem nach Nordost gerichteten Laufstücke von Milanovac bis Neu-Orsova entsprechend von SW. nach NO. streicht und dessen Ausläufer in den Riffen des ~Eisernen Thores" den Strom durch­setzen und nördlich von der Donau weiter verfolgt werden können.

Was die Entstphung der zum Theile so engen Thal­schlucht anbelangt, so nimmt Prof. Peters 1) an, dass dieselbe erst nach der Ablagerung der ersten neogenen Meeresstufe entstanden sein könne und stellt sich vor, dass ursprünglich zwei Gebirgsflüsse vorhanden gewesen seien, deren einer sich nach Westen hin in das Pannonische Becken ergossen habe, während der andere als Cerna-Bach noch heute vorhan­den sei. Dieser letztere habe während der Congerienzeit sein Bett und das Eiserne Thor, "welches dessen Fortsetzung ist," aus­gewaschen. Durch Einsturz der Wasserscheide sollen die beider­seitigen Rinnen zum völligen Stromthale geworden sein.

Diese Processe können wohl immerhin als Vorarbeiten für die spätere Thätigkeit der Wassergewalt des Stromes selbst betrachtet werden.

Die grossen Seebecken, - entfernt den grossen Seeen des St. Lorenz-Stromes vergleichbar, - welche nach den

') Die Donau und ihr Gebiet. Eine geologische Studie von K. F. Pe­ters. Leipzig 1876, pag. 318 tf.

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Ablagerungen im letzten Abschnitte der miocänen Periode (von Professor Suess als die Pontische Stufe bezeichnet) in der, der Gegenwart unmittelbar vorausgegangenen Epoche - das Pannonische und das "Daco-Mysische Becken" erfüllten, deren Reste noch gegenwärtig in' den weiten Sümpfen und Mooren der Donau - Theiss - Niederung vorhanden sind und die Er­scheinung erklären, "dass die Donau nach der Aufnahme von bedeutenden Flüssen, wie die Drau, Save, Theiss und Morava doch nicht merklich grösser wird", (Peters 1. c. 315), - diese Seebecken lagen auf verschiedenen Höhenstufen und der Abfluss des oberen erfolgte längs einer, wohl schon in viel früherer Zeit vorgebildeten und durch die erodirende Thätig­keit der mächtigen Wassermengen nur immer tiefer und tiefer eingegrabenen Furche.

Noch bis zur Stunde arbeitet der Strom an der Vertie­fung und Verbreiterung seines Bettes, welche aber besonders in den kalkigen Partien nur gar langsam vorschreitet.

Der ganze Verlauf der etwa 18 deutsche Meilen langen Strecke ist, wie wir sahen, eine Aufeinanderfolge von Engen, vor denen sich das Hochwasser staut, während es durch die Engpässe, die Klausen, Wasserfällen vergleichbar, mit unge­heurer Gewalt und Geschwindigkeit hindurchbraust.

Wie unfertig und unausgeglichen die Stromengen bis zur Stunde noch sind, das zeigen uns fast alljährlich die Bil­dungen zeitweiliger Seeen, deren verheerende Ueberschwem­mungen wir nur zu oft zu beklagen haben.

2. In Vidin.

Eine wahre Höllenmusik weckte mich am 11. Aug. schon früh am Morgen; eine in den höchsten Oboetönen schnarrende Pfeife und das Getöse einer riesigen Trommel, dazu ein unarticulirtes Lärmen aus kreischenden Menschen­kehlen, das Kläffen streitender Hunde und das ohrenzerreissende Geschrei lebenslustiger und lebensmüder Esel: das war das Concert, welches mich am ersten Morgen auf türkischem Grund und Boden begrüsste.

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Der jetzige Gouverneur von Vidiu, Rifat Pascha, beganll vor Kurzem, einem längstgefühlten Bedürfnisse Rechnung tra­gend, Quaimauern aufzuführen. Diese sollen besonders die tiefer liegenden Stadttheile schützen und allmälig längs der ganzen Uferlinie . im Stadtbereiche hergestellt werden. Bis nun ist erst das kurze Stück vom Hotel Bellevue bis nahe an den Lan· dungsplatz der Dampfschiffe vollendet und es wäre vom ganzen Herzen zu wünschen, dass es gelingen möge, den schönen Plan zu Ende zu führen. Vidin verdankt seinem jetzigen Gou­verneur schon manche gute Einrichtung. Auf dem neugewon­nenen Grunde am Quai lies er das besagte Hötel errichten, wodurch einem dringenden Bedürfnisse wenigstens einigermassen abgeholfen wurde; es wäre nur zu wünschen gewesen, dass die­jenigen, welche den Bau aufführten, etwas mehr von europäischer Bauweise verstanden hätten. Strassen wurden hergestellt, eine Schule errichtet, für grössere Reinlichkeit Sorge getragen, die Ufer gesichert und dergleichen mehr.

Bei den härtesten Arbeiten werden Sträflinge verwendet. Mit schweren Eisen an den Füssen schleppen sie (zumeist sind es Strassenräuber) die Steinblöcke auf ungefügen knarrenden Karren nach der Baustätte, wo die Arbeiten unter Musikbeglei­tung vorgenommen werden.

Die Donau gewährt hier einen sehr schönen Anblick. Stromaufwärts schauend sieht man die blanken Thürme des am anderen Ufer, auf einer Alluvial-Terrasse liegenden Kalafat, stromabwärts sieht man bis über Vidbol hin. Die Wasserfläche gleicht einem See. Weiterhin im Süden taucht hinter einem niederen waldigen Plateau, in blauer Ferne und durch Nebel­schleier, der schön profilirte Kamm der westlichen Balkankette auf, nach der Einsattlung, über welche sich die Hauptstrasse hinüberzieht, von F. Kanitz der Sveti-Nicola-Balkan genannt mit seinen Ausläufern westwärts bis nach Serbien reichend. Nach Osten hin kann man noch die Kammhöhen des Ciprovica- und Berkovica-Balkan erkennen. Dieser Hauptkette vorgelagert, erhebt sich, auf einer breiten Basis, eine Vorkette, mit nur wenig über die sanft undulirte Kammlinie aufragenden Gipfeln: die Berge von Belogradcik. Es war der erste Blick in die Region, die ich so begierig war, recht bald zu betreten.

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Ein für mich recht erfreulicher Zufall war es, . dass ich . mit dem von einer mehrmonatlichen Reise heimkehrenden Herrn Oberlieutenant Brüch zusammentraf. Seine Arbeit war zu Ende, meine begann. Dadurch kam ich zu einem erprobten Dragoman, der recht zufrieden war, aus einem Dienstverhält­nisse sogleich in ein anderes treten zu können. Derselbe heisst Jakob Steiner, ist aus Temesvar, weiss mit den Leuten im Lande sehr gut umzugehen und spricht, was das Wichtigste in diesem vielsprachigen Lande ist, die herrschenden Sprachen ganz fertig. Türkisch und Bulgarisch braucht man unbedingt, er aber versteht ausser diesen, der deutschen und der ma­gyarischen Sprache noch Romänisch, Serbisch, das Idiom der spanischen Juden und, wenn ich nicht irr~, auch das der Zi­geuner.

Von der allergrössten Wichtigkeit für mich war die grosse Liebenswürdigkeit des österreichisch-ungarischen Consuls, des Herrn Ritter v. Schulz, der sich meiner mit der Hingabe eines Freundes annahm und, was das Nothwendigste war, meine Zu­sammenkuft mit Rifat Pascha, dem Gouverneur von Vidin, ver~

mittelte. Die Stunde bis zu meiner Vorstellung im Serai benützte

ich, um mich in Vidin etwas umzuthun, welches auf mich -einen besseren Eindruck machte, als ich erwartet hatte, wobei ich jedoch zu betonen mich beeile, dass ich eben gar fürchter­liche Vorstellungen mitgebracht hatte. Es war gerade Markt­tag und auf dem Marktplatze wimmelte es von Menschen und Thieren; Bulgaren, Walachen, Türken, Tataren, Tscherkessen und Zigeuner bunt durcheinander. Hunderte von Karren be­deckten ordnungslos den weiten Platz, zumeist mit Büffeln, seltener mit den kleinen, mageren Pferden bespannt. Eine grosse Anzahl derselben war mit Holz beladen. Dieses wird in acht bis neun F'uss langen Stammstücken von meist geringer Stärke (höchstens drei bis fünf Zoll im Durchmesser), ganz frisch geschlagen, mit noch grünem Laube auf den Markt ge­bracht und per Ladung von 20 bis 30 Stücken um den Preis von 25 bis 35 Piastern verkauft. Wohl das nächstgrösste Con­tingent stellten die Melonen-Lieferanten. Wassermelonen bilden ja u~ diese Zeit ein Hauptnahrungsmittel der Armen, deren

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Speisekarte ausserdem noch grauschwarzes· Brot und Schafkäse enthält. Auffallend waren die Unmassen von grünem Paprika, dem Gesellschafter bei der sehr wenig rationellen Melonen­Consumtion. Grüner Paprika ist ein Leibgericht und können Türken und Bulgaren Staunenswerthes leisten im Vertilgen dieser beissenden Frucht. Einen weiteren Artikel des Gross- und Detailhandels am Markte bildet das Steinsalz, welches in der Form von kubischen Stücken aus der Walachei eingeführt wird. Auch Bausteine fand· ich in grosser Menge vor. Es sind dies Kalksteine von ähnlicher Beschaffenheit und demselben Alter wie die bei uns als Bruchstein in Verwendung stehenden, so­genannten "sarmatischen Kalksteine", aus den Steinbrüchen bei Atzgersdorf und Liesing. Sie bestehen oft ganz und gar nur aus den Zwischenmitteln ; wodurch Muschelschalen zusammen­gekittet waren, welch letztere, aufgelöst und weggeführt, nur ihre Abdrücke zurückgelassen haben. Die vorhin erwähnten Quai-Mauern sind aus diesen Gesteinen aufgeführt, desgleichen auch die Festungsmauern zum grössten Theile. Diese Steine werden von Girza, einem Dorfe im Westen von Vidin, herbei­geführt. Auch die vielen Mühlsteine fielen mir auf; dieselben sind aus einem bräunlichen Conglomerate verfertigt und wer­den von Mitrovica aus, über die ganze Halbinsel verbreitet. Ich hatte noch oft im Verlaufe der Reise Gelegenheit, die schwerfälligen Büffelkarren zu beobachten, auf welchen zu­meist zwei solche Steine verfrachtet werden.

Sehr lebhaft ging's am Pferde- und Eselmarkte zu. Da gab's ein Feilschen, Streiten und Probiren, ein Hin- und Her­traben. Hier einer, der auf einem unförmlichen hölzernen Pack­sattel, dort einer, der ohne jegliche Sitzvorrichtung seine Reiter­künste zum Besten gab.

Unser Spaziergang hatte zugleich einen praktischen Zweck: wir wollten die bei den Fuhrwerke in Augenschein nehmen, auf welchen wir den ersten Thei! unserer Reise zurücklegen woll­ten. Dass es keine Equipagen sein würden, das wusste ich wohl; es handelte sich auch· hauptsächlich nur darum, festzu­stellen, ob wir und unser Gepäck Platz finden würden. Die heiden Arabas entsprachen unseren. Anforderungen. Es waren Fuhrwerke ganz nach Art unserer leichteren Leiterwägen, mit

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aus Fassreifen, einer leichten Binsendecke und darübergezoge­nen Leinenstoffen hergestellten Dächern. Da uns diese niederen Gewölbe, so wünschenswerth sie auch als Schutz gegen die sengenden Sonnenstrahlen gewesen wären, jeden Ausblick ge­nommen hätten, mussten sie entfernt werden, womit die Ara­badschis nicht gleich einverstanden waren, da sie nur äusserst ungern eine Aenderung ihrer Gewohnheiten zulassen. Sie sahen jedoch endlich selbst ein, dass wir uns, die wir kaum ohne Reisegepäck unter dem niederen Dache Platz gefunden hättent

ja nicht auf das Dach setzen konnten. Freilich sind sie auch gewohnt, in einem solchen Karren vier, fünf und mehr Leute (einmal zählte ich eine Familie von 8 Häuptern) zu transpor­tiren. Solche Reiseart kann aber auch nur der Fatalismus er­tragen lernen. Mit untergeschlagenen Beinen von Morgen bis Abends zu fahren, hält wohl nur ein Moslim aus. Mit einer Art von schmerzlicher Rührung dachte ich an die russischen Tarantassen, die mir nun recht begehrenswerth erschienen.

Wir gingen sodann durch die innere Stadt, schlenderten durch die engen Gassen und Gässchen, zwischen den Lehm­mauern hin und besuchten ein türkisches Bad, das uns jedoch mit seinen vielen kleinen Kammern wenig einladend vorkam. Da das Gehen auf dem über alle Begriffe elenden Pflaster durch­aus nicht zu den gros sen Annehmlichkeiten gehört, kehrten wir durch die Bazarstrasse, der einzigen Strasse in der Festungs­stadt, wo ein lebhafteres Treiben und ein regerer geschäftlicher Verkehr stattfindet, zurück.

Auffallend sind die Buden der Geldwechsler, wo Silber­und Goldmünzen in grossen ;Mengen und in der für die türki­schen Geldverhältnisse so bezeichnenden grossen Mannigfaltig­keit aufgestapelt sind, so dass man versucht wird, an Münzen­und Antikensammler zu denken.

Eine Specialität, womit Vidin, Nis und Prisrend die ganze Türkei versehen, verfertigen die Zinzaren. Ich meine die Silber­Filigran-Arbeiten, welche die3e so überaus geschickten "mace­donischen Romanen" erzeugen. Es ist eine wahre Freude, die zierlichen Ketten, Nadeln und Gürtelschnallen, die geschmack­vollen Arabesken auf ihren Dosen, Cigarettenspitzen und die

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reizenden, zur Aufnahme der Kaffeetassen bestimmten Becherchen zu betrachten.

Recht hübsch sind auch die Arbeiten der türkischen Mes· serschmiede.

An demselben Tage machten wir, wie schon erwähnt, dem Gouverneur von Vidin unsere Aufwartung.

Durch das Stambul Kapu (Konstantinopler Thor) fuhren wir in die Festung und in das Serai des Pascha's. Rifat Pascha erwartete uns bereits und empfing uns auf das freund­lichste.

Er legte ein sichtliches Interesse für meine Bestrebungen und meine geplanten Untersuchungen an den Tag und befragte mich um mancherlei in einer Weise, die eine ungeheuchelte Antheilnahme bekundete. Er wusste recht wohl, was für einen praktischen Nutzen geologische Untersuchungen für ein Land haben. Er hatte auch einige Stücke in Bereitschaft, die er mir vorzeigte; darunter waren mehrere Stücke Steinkohle von Belo­gradcik, die ihm sehr wichtig schienen. Auch ein Stück Schwe­felkies legte er mir vor und erzählte mir mit Begeisterung von den bizarren Felsgebilden bei Belogradcik.

Während eines mehr als einstündigen Gespräches hatten wir den obligaten Kaffee geschlürft und einige Cigaretten ge­raucht, der Pascha aber hatte, ohne seine bequeme Lage zu verändern, höchst eigenhändig ein "Vorschreiben" (Bujurdu) an die ihm untergeordneten Beamten des ganzeu Paschaliks verfasst, wobei er auf wahrhaft virtuose Art das Papier auf der flachen Hand hielt und die zierlichen Züge kalligraphisch und ungemein rasch aneinander reihte. Nachdem auch noch das Siegel beigesetzt war, empfing ich den Geleitsbrief, der mir die besten Dienste leistete.

Der herbeigeholte Officier musste jetzt zwei Zaptiehs (Gensdarmen) herbeischaffen; diesen wurde ich auf das eindringlichste auf die Seele gebunden und man trug ihneD auf, mich auf jede Weise zu unterstützen und meinen Anordnungen auf das pünktlichste nachzukommen.

Nachdem auch diese Präsentation vorüber, verabschiedeten wir uns, wobei uns der Gouverneur die besten Wünsche für den

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gedeihlichen Verlauf der Reise aussprach und uns endlich mit einem warmen Händedruck entliess.

So war denn Alles geebnet. Nachdem sich auch noch der Herr Postassistent Rudolf Schnell bereit erklärt hatte, wäh­rend der ganzen Dauer der Reise zu bestimmten Stunden ba­rometrische Ablesungen vorzunehmen, konnte ich auch in

. dieser Beziehung beruhigt an die Arbeit gehen, auf die ich mich schon so sehr freute.

3. Zwischen Donau und Timok.

Mehr als zwei Stunden vergingen, ehe wir flott wurden. Unsere Fuhrleute, welche, die Hand aufs Herz gelegt, ver­sprochen hatten, vor Tagesanbruch an Ort und Stelle zu sein, mussten durch die Zaptiehs herbeigeholt werden und als sie endlich ankamen, gab's unzufriedene Mienen. Alles war ihnen zu viel, besonders unser alter, später wohl erprobter Alif, wollte gar nicht zur Ruhe kommen, als sich Stein er zu ihm setzte; dieser brachte ihn jedoch bald herum, so dass wir uns endlich wohlgemuth - unter gegenseitigem Glückauf! - von unseren Vidiner Freunden verabschieden konnten. Es ging westwärts, durch den wackeligen Stadtschranken hinaus, auf eine kleine, halbkreisförmige, vielfach versumpfte und nur wenig undulirte Ebene, das Inundationsgebiet der Donau, den Miasmen-Mit­erzeuger, den Fieberherd, der Vidin zu einer der ungesundesten Städte an der unteren Donau macht. Wenig tiefe, aber steil geböschte Wasserrisse, zum Theil schluchtenartig, durchziehen dieselbe; sie waren zur Zeit unseres Besuches meist bis auf einzelne Pfützen trockengelegt. In einer Entfernung von einer bis zwei Stunden ziehen sich die Steilabfälle der zwischen Donau und Timok ausgedehnten und hier bis gegen 200 Meter hoch über die Donau aufragenden Plateaufläche hin. Mehrere Thalausgänge sind im Umkreise sichtbar, so im Westen die Ausmündung der Topolovica, wo man uns den schon genann­ten Ort Girca zeigte. Einem anderen Thale strebten wir in fast genau nordwestlicher Richtung zu. Die Thäler sind alle tief

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eingerissen in die von einer gelblichen Lehmschichte (Löss) be­deckten sarmatischen Kalke. Diese setzen das ganze Plateau zusammen und halten nach Süden bis nach Adlieh (Kula) an. Sie sind durch das häufige Vorkommen von Mactra podolica, Cerithium rubiginosum und anderer für die sarmatische Stufe charakteristischer Versteinerungen ausgezeichnet. Von Interesse ist auch das Vorkommen mächtiger Oolith-Bildungen.

Bei dem kleinen Dorfe Smrdan kamen wir auf eine nur wenige Fuss hohe Alluvial-Terrasse, schon ziemlich nahe an dem Plateau-Absturz liegend. Ein weiteres Dörfchen Avcik blieb zu unserer Rechten und wir kamen beim Sodol Han an die Ausmündung der Delena, deren ThaI wir jedoch bald wie­der verliessen und nach Passirung des Dorfes Corakalina -es liegt am Einfimise eines kleinen Bächleins iil die Deleska Rieka - auf einem steil ansteigenden, schlechten Feldwege die Plateau-Höhe erreichten. Sie ist mit Mais bebaut. Auf derselben erheben sich einige niedere, kahle Hügelrücken. Veber einen solchen kamen wir in das an einem Steilgehänge liegende grössere Walachendorf Gimsova (Gamsova bei Kiepert, Gamzina bei Scheda). Reich an Obstbäumen, liegt es wie in einem Garten oder Wäldchen. Einen solchen Eindruck machen die meisten Ortschaften hierzulande. Auch Vidin gewährt von ferne betrachtet einen recht heiteren Anblick. Die niederen Lebmhütten verschwinden unter dem Laubwerk und die weissen Minarets locken verführerisch herüber.

Hier hielten wir an, um so mehr, als wir einigermassen eines Frühstücks bedürftig waren. In einem Wasserriss zieht sic~ der Fahrweg in das Dorf hinab.

Nach einem aus l\'laisbrot, Schaf butter und Schafkäse und dem landesüblichen Raki bestehenden Imbiss ging es sodann über die weite, nur wenig hügelige Ebene bis zu dem Wa­lachendorfe Bregova am unteren Timok. Das ganze Gebiet ist zum weitaus grössten Theile mit Mais bebaut, der hier 6 bis 7 Fuss hoch wird; ausserdem fanden wir noch viele Wasser­melonen. Der Weizen war längst geerntet. Eine auffällige Belebung der menschenleeren Fläche gewährten zahlreiche Störche, welche in entsprechenden Abständen von einander ihrem Nahrungserwerbe auf das eifrigste nachgingen.

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B re g 0 v a macht einen sehr angenehmen Eindruck. Man ahnt die Nähe des Ortes nicht, bis man schon mitten drinnen ist. Die Gehöfte liegen nämlich in einem wahren Walde von Robinien (und Maulbeerbäumen) versteckt und sind häufig mit Gräben und niederen Erdwällen umgeben, die über und über mit stacheligem Strauchwerke besetzt sind. Wir hielten uns nicht lange auf, da hier wenig für uns zu holen war. Nachdem wir einen Spaziergang nach dem bräunlichen Timok gemacht und sowohl die Aneroide als auch das Quecksilber-Barometer auf das sorgfältigste abgelesen hatten, brachen wir nach Koilova auf, von wo sich die Bewohner der ganzen Gegend die Steine holen, auf welchen sie, der Ueberschwemmungen wegen, ihre Lehmhütten und vor Allem ihre Getreidemagazine (Kolibas), d. s. J,"iesige, aus Flechtwerk bestehende Körbe, errichten. Die bisherigen Bestimmungen der Meereshöhe für Bregova haben das eigenthümliche Ergebniss geliefert, dass die Höhe des Ortes geringer erscheint als die des nahen, aber donauabwärts ge­legenen Vidin. (So giebt auch Kanitz in seinem: "Donau­Bulgarien und der Balkan, U I. pag. 328, für Vidin 32 (?) und für Bregova 30 (?) Meter an).

Wir fuhren den Timok entlang, der mit seinem linken Ufer an einem dicht mit Buschwerke bewachsenen Hügelrücken hinfliesst, durch fleissig bebaute und reichlich tragende Felder, und erreichten das Ziel unserer Tagreise so früh, dass ich noch eine kleine Excursion auf die linke Wand des Thales unternehmen konnte, an dessen Ausgange K 0 i I 0 va gelegen ist. Ich fand hier recht interessante Lagerungsverhältnisse der sar­matischen Kalksteinbänke, und unter den häufigsten Fossilresten neben einigen südrussischen Formen auch einige Bekannte aus der Heimat, die meist in einem oolithischen Gesteine ein­geschlossen sind.

Unser erstes Nachtquartier hatten wir in einem wahren Walachenbauern-Palaste aufgeschlagen, wovon ein Flügel ein Stockwerk trägt und eine im romanischen Style gebaute, von Säulen getragene offene Veranda nebst einigen Kammern ent­hält. Eine dieser Kammern und die besagte Veranda nahmen wir für uns in Beschlag.

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Am nächsten Tage fuhren wir über den Rücken, der sich im Westen von Koilova erhebt, ins ThaI des Timok, und ver­folgten diesen auf dem rechten Ufer bis vor Crnamasnica, gegenüber dem serbischen Orte Rajac. Der Timok durchfliesst in vielen Krümmungen ein gut bebautes und fruchtbares, wie­derholt beckenartig erweitertes ThaI. Hier trafen wir zum ersten Male ausgedehnte Weingärten , die uns manche frühreife Beere zur Labung boten; im Thale selbst herrschen die Mais­felder vor.

Wir verliessen nun den Timok und zogen südostwärts. Zuerst über einen vielfach erodirten Abhang, der nur durch Ochsenvorspann bewältigt werden konnte, was einigen Auf­enthalt verursachte; das Tempo war ein sehr schleppendes, wozu die brennende Mittagshitze nicht wenig beitrug. -Wir kamen nun wieder auf das vieldurchfurchte Plateau, das weithin anhielt. Niederes Eichengestrüpp und in der Nähe der weitgetrennten Dörfer Maisfelder , auch wohl weite Strecken mit verbranntem Grase bilden die wenig erfreuende Landschaft.

Unser Ziel für diesen Tag war Adlieh. - Wir erreichten es erst nach Sonnenuntergang, nachdem wir das Walachendorf Rabrova und das von Bulgaren bewohnte Boinica, das nicht, wie auf Kiepers Karte verzeichnet ist, im Thale des nördlichen der beiden Quellflüsse der Topolnica, sondern auf dem zwi­schen beiden sich erhebenden Plateau liegt, ebenso wie auch Adlieh oder richtiger Kula, wie es vor der Einwanderung der Tataren und Tscherkessen ausschliesslich genannt wurde, nicht an der Topolnica, sondern am rechten Ufer derselben, auf der Hochfläche gelegen ist, wodurch es weithin sichtbar wird und dadurch, wie F. Kanitz längst hervorgehoben, zu einem ganz vorzüglichen Orientirungspunkte wird.

Wir waren herzlich froh, als wir den letzten Anstieg hinter uns hatten und Adlieh auf der baumlosen Ebene vor· uns liegen sahen. War doch die Fahrt auf den elenden Wägen nicht die beste gewesen, um so mehr, als weder die eintönige Landschaft, noch die Grundlage derselben unseren Wünschen etwas Neues geboten hatten. Auf die drückende Hitze folgte

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be,i ungemein klarer Atmosphäre ein auffallend kühler Abend, wodJIrch der Steppen charakter dieses Theiles der Hochebene noch bemerkbarer wurde. Eine leichte Brise kam uns ent­gegen. Halb durch eine Dunsthülle verschleiert, ragte der kegelförmige Rtagn, das Wahrzeichen Ost-Serbiens, im Süd­westen von uns in die lichte Region ins Abendroth em­pOl', am Horizonte erhob sich der beinahe volle Mond und versilberte mit seinem ungewissen Dämmerscheine das Land um uns.

Bisher waren wir durch walachische Orte gekommen. Nur in Bregova befindet sich eine grössere Tataren-Ansiedlung und in Adlieh wohnen Tataren und Tscherkessen. Wir reisten an den beiden Tagen im Bereiche des zwischen Serben und Bulgaren eingeschobenen Walachen-"Keiles", der sich, wenn man mir wahr berichtet, stätig tiefer einschiebt, ein Fremdes zwischen die beiden verwandten Stämme, ein interessantes Beispiel der Völker-Transgression. Die walachischen Ansiedlungen entwickeln sich auch hier, obwohl sie unter ungünstigeren Verhältnissen stehen als im benachbarten Serbien, ganz gut. Auch die aus der Krim herbeigelockten Tataren haben sich als besser erwiesen als es der ihnen vorangehende Ruf erwarten liess und sie be­finden sich jetzt ganz gut in ihrer neuen Heimat. Ja selbst die Tscherkessen-Ansiedlungen scheinen zu gedeihen, der reiche Lössboden gewährt ja schon bei geringerer Bethätigung bäuer­lichen Fleisses hinreichenden Ertrag.

Der Kaimakam (Kreisvorstand) von Adlieh sandte bald nach meiner Ankunft einen Offfcier mit der Anfrage, wie es mir ergehe und was ich für meine angekündigte Weiterreise am nächsten Morgen - für mich war auch in und um Adlieh nicht viel zu suchen - benöthigen würde, und versprach mir die verlangten Pferde (der eine Wagen wurde heimgeschickt) sowie andere Zaptiehs früh Morgens zu senden. - Nachdem er den, wie üblich, gereichten Kaffee getrunken und die angebotene Cigarrette geschmaucht hatte, überliess er uns der ersehnten, aber nur unter einiger Peinigung möglichen Ruhe. Wir waren zwar im "besten Han" abgestiegen, aber auch der liess nicht etwa nur in Bezug auf Comfort, sondern auch, was die pri­mitivste Reinlichkeit anbelangt, Alles zu wünschen übrig. Er

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ist in der kurzen Zeit seit 1870, wo ihn Kanitz noch als nett beschreibt, arg zurückgegangen.

Am nächsten Tage (15. August) passirten wir zuerst die Quellbäche des Vitbol. Der nördliche Bach hat sanfte Gehänge und die Thalfläche ist mit breiten Wiesengründen erfüllt; das nächste, dazu parallel verlaufende ThaI ist mit Eichengestrüpp bewachsen und in der Tiefe mit Mais bebaut. Noch ein drittes ThaI wurde durchquert und wir erreichten so dann das von Bulgaren bewohnte Dorf Starapatica. Ueber flache Rücken hin kamen wir nun in das Tscherkessendorf Hamidie. Armseligeres kann man sich nicht leicht denken als die Behausungen dieser "Helden vom Kaukasus. " Das ganze Dorf gleicht einer Menge von regellos nebeneinander liegenden Heu- und Strohhaufen, die sich auf niederen Lehmmauern erheben. In der Mitte der­selben ragen, kleinen Schanzkörben ähnlich, die Rauchfänge heraus. Schlechte, liederliche Hecken umgeben die einzelnen Gehöfte.

Auffällig war mir die Scheu meiner Zaptiehs, die uns sonst überall, oft recht rücksichtslos, die Wege freimachten, den trotzig und finster blickenden Tscherkessen gegenüber. Wie oft mussten ganze Wagenreihen von Walachen und Bulgaren - ohne Rücksicht darauf, wie sie es anstellten - vom Wege weichen; den Kaukasiern gegenüber überliessen sie uns regel­mässig so halb und halb unserem Schicksale. Ich muss jedoch sofort betonen, dass mir nirgends, wo ich auch mit den in bunte, oft recht lumpige Langröcke gekleideten Tscherkessen zusammengetroffen bin, auch nicht das geringste Ungemach widerfahren ist.

Wir näherten uns dem Doppeldorfe Rakovica. Dasselbe liegt an bei den Ufern des gleichnamigen Baches, nördlich das bulgarische, südlich das tatarisch-tscherkessische Dorf.

Bald darauf passirten wir das bulgarische Vlachoviti. Zwischen diesem Dorfe und Ra bis tritt das krystallinische Grundgebirge auf das deutlichste zu Tage. Die Vlachovicka Rieka hat den Granit blossgelegt und sprudelt über und zwischen den Riesenblöcken dahin. Auf diesem Untergrunde erhebt sich vollkommen isolirt ein weisser Berg, aus dich-

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tem Korallenkalk bestehend, der Berg von Rabis , die Magura oder der Pilav bair 1) genannt, indem er besonders von Nordwesten aus gesehen, "einem spitz zulaufenden Pilav­haufen ähnlich sieht." Das Gestein dürfte der tithonischen Etage angehören.

Er wurde nun mein Ziel. Während meine übrigen Be­gleiter im Schatten einiger Wallnussbäume lagerten, ritt ich, von Herrn Szombathy und einem Zaptieh begleitet, auf den etwa eine Viertelstunde vom Wege ab gelegenen Berg los. Durch niedriges Eichengestrüppe gelangten wir nach manchem kleinen Umwege, zu welchem uns mehrere tiefe Wasserrisse nöthigten, an den Fuss des Berges, wo wir dem Zaptieh die Pferde über­liessen und den Berg hinanstiegen, was nicht schwer ist, da die Abhänge wenig steil sind und sein Kamm kaum 100 Meter über die umgebende Fläche aufragt. Der Kamm ~treicht von Nordwest nach Südost und zeigt drei, nur wenig auffallende Höcker, von welchen der östliche der höchste ist. Die Aussicht ist eine wahrhaft bezaubernde, besonders nach Süden hin, wo sich vor dem stolzen Sveti Nikola die Stolo vi-Berge und die von der Ferne an Burgruinen erinnernden Felsen von Belo­gradcik aufbauen. Nach Westen überblickt man die serbischen Grenzberge. Am Fusse des viel steiler abfallenden Nordabhan­ges aber sieht man in den dunklen Spiegel des zuerst von Kanitz erblickten kleinen Sees von Rabis, des einzigen seiner Art im nördlichen Balkan-Gebiete.

Auf der Kiepert'schen Karte liegt er zu weit ab vom Berge und ü;t überdies der Weg nach Vlachoviti zwischen Berg und See eingezeichnet, während derselbe an dem Südfusse der Magura vorbeizieht.

Die leicht nach Süden geneigte schmale Plateaufiäche des Berges ist über und über mit niederem Strauchwerk bedeckt und zeigt Erosionsformen, welche an die Karrenfelder der Alpen erinnern. Besonders am Südfusse des Berges sind die Kalke arg zernagt und bilden die scharfkantigen und tieflöcherig

I) Reis heisst bulg. Pilav.

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gewordenen Schichtenköpfe ein böses Stück Weg, über das der Wagen mit steter Zerschellungsgefahr hinwegfuhr. Nachdem wir diese Stelle passirt hatten, kamen wir an einen Brunnen. Aus einem vielfach verstürzten Blockwerke bricht die Quelle hervor, um sich, eine Strecke weit hinrieselnd, plötzlich zu unserem nicht geringen Erstaunen in einen mehrere Meter tiefen Kessel hinabzustürzen.

Dieser ist fast cylindrisch ausgewaschen, nach vorne offen und mündet in eine 16 bis 20 Meter tiefe enge Schlucht mit so steilen und oft weit überhängenden Wänden, dass es schwer war, hinabzukommeIl. Zu oberst liegen mächtige Schotterbänke mit Lehmschichten wechselnd, darunter Sande und Mergel und im Bachbette selbst grosse Mengen von Kalktuff. In dieses leicht zu bewältigende Materiale hat sich das Wässerchen seine tiefe, im Kleinen an die merkwürdigen Callons von Nord­Amerika erinnernde Furche gezogen. - Nun brach die Nacht herein und wir waren noch zwei Stunden weit von Belo­gradCik, unserem Ziele für diesen Tag, entfernt. Da hiess es, sich sputen.

Wie eben hatte uns die Fläche geschienen, die Berge von Belogradcik wie nah - sie waren schier mit den Händen zu greifen gewesen - und wie schauerlich war der Weg! Unser alter, mürrischer Fuhrmann Alif fuhr mit aller Sorgfalt, so lang ihn die Dämmerung den Weg sehen liess, als es aber immer mehr dunkelte, ward's ihm zu viel; da lernte ich zum ersten Male das kennen, was man türkischen Fatalismus nennt. Anfangs fast wüthend, wurde er endlich lautlos still und fuhr dahin, ob auch der leicht gebaute Wagen in allen Fugen ächzte und krachte; das ging Stoss auf Stoss und fort, mochte auch dem Wagen noch so oft der Umsturz drohen. nNun, wenn wir da hinüberkommen, ohne Hals und Beine zu brechen, dann kann uns nichts mehr geschehen," so rief ich -selbst schon Fatalist - und wir kamen doch hinüber. Dann sahen wir aber endlich die abenteuerlichen Festungsfelsen neben uns auftauchen, wie eine Schaar ungeschlachter Riesen, gespenstig vom Monde umglänzt; jetzt erschienen auch die spärlichen Lichter des Städtchens, wir passirten einen Holz-

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schranken und nun fing das grässliche Poltern, das gehirn er­schütternde Stossen auf dem Geröllpflaster an. - BelogradCik umschloss uns, einer der merkwürdigsten und landschaftlich schönsten Orte von Europa.

4. In Belogradcik.

Belogradcik ist ein kleines Städtchen von beiläufig 200, meist sehr kleinen, ärmlichen Häusern. Die Einwohner bestehen zu zwei Dritttheilen aus Mohammedanern, während den Rest Bulgaren, Juden und Zigeuner bilden. Das Städtchen liegt auf der von Norden nach Süden leicht ansteigenden Ebene und zwar an dem äussersten Ende derselben, denn unmittelbar hinter dem letzten Häuschen befindet sich ein jäher Absturz, der in eine tiefe Schlucht führt. Diese wird von einem zum Lom gehörigen Bache durchflossen und macht durch ihre bi­zarren und abenteuerlichen Felsbildungen das sonst unschein­bare Städtchen zu einem der interessantesten Punkte von Europa. Die Wässerchen nördlich von dem Absturzrande rieseln dem Arcer zu.

Belogradcik ist auch in strategischer Beziehung be­merkenswerth. Auf der am höchsten aufragenden Gruppe der bald näher zu besprechenden Felsmassen liegen die Fortifi­cationen.

B I a n q u i , der verdienstvolle französische Akademiker, der diese Gegend, betraut mit der Mission, die Verhältnisse der christlichen Bewohner in Bulgarien zu untersuchen, im Jahre 1841 zuerst besuchte, schrieb die Festungsbauten Hus­sein Pascha, dem Gouverneur VOll Vidin, zu, der in der That auf seine eigenen Kosten, im Jahre 1837, die Wichtigkeit des Punktes erkennend, die meisten der Neubauten ausführen liess, wodurch die einzige auf türkischem Gebiete verlaufende Strasse von der Donau zur Nisava beherrscht werden kann. 1) F. Ka­nitz fand bei seinem Besuche in den höher gelegenen Befesti-

') Blanqui: Voyage en Bulgarie. Paris 1843, pag. 149.

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gungen Unterbauten von Thürmen und Mauern, die jedenfalls einer weit zurückliegenden Vergangenheit angehören. Er ist der Meinung, dass hier eines der vielen eastelle gestanden ha­ben dürfte, die einst zum Schutze der nach Ratiaria (an der Einmündung des Arcer in die Donau) führenden Heerstrasse gedient haben. 1)

Auf einer Anhöhe, zu der man durch eines der engen, holperigen Gässchen der Stadt ansteigt, liegen die zwischen Felsen hineingebauten Werke. Sie bestehen aus zwei grösseren Höfen, die von wenig hohen, crenelirten Mauern umgeben sind und einige Wohnhäuser und Magazine enthalten. Aus diesen gelangt man in einen kleinen, höher gelegenen, von riesigen Felsmassen und festen Mauern umgebenen dritten Hof und so dann zu dem obersten Werke, das, einem Adlerhorste ver­gleichbar, zwischen den Sandsteinspitzen liegt. Auf einer wackeligen Holztreppe und unter überhängenden Felsblöcken hindurchkriechend, erreicht man von hier aus nicht ohne Ge­fahr eine kleine Plattform, die, auf der Spitze des höchsten der Festungsfelsen gelegen, einen wahren "Lug ins Land" bildet. Einer Reliefkarte vergleichbar liegt das Land weithin vor den Augen des überraschten Beschauers. Von einigen mun­teren Soldaten geführt, erreichten wir diese luftige Höhe. Wir konnten, nordwärts schauend, unseren Weg genau verfolgen, bis über Rabis hinaus, ja die in der Sonne erglänzende Mina­retspitze von Adlieh liess uns die Lage dieses Ortes aufs beste erkennen. Das ganze weite Land erscheint eben - wie die Handfläche; die Wasserrisse, deren Passirung uns bei der Her­fahrt so sehr geplagt hatte, waren kaum zu erkennen. Nach Osten hin erheben sich die zu oberst mit einer steil abstür­zenden Kalkmauer gekrönten S t 0 I 0 v i oder Stuhlberge, eine Bildung, wie sie hierzulande ungemein häufig ist. Die höchste Partie dieser Gruppe ist der Vensac; im Norden davon liegt der eigentliche "Stolovi." Beide sind durch eine tiefe Einsatt­lung von einander geschieden, durch welche sich früher die Strasse nach Vidin hinzog, die noch im Jahre 1862, als sie

1) Kanitz: Donau - Bulgarien und der Balkan. Leipzig, 1875, pag. 265.

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von Kanitz zum ersten Male bereist wurde, im Argen lag und später hoch an den Abhang empor fertig gemacht wurde, bis sie endlich doch der grossen Schwierigkeiten halber aufgelassen und eine ganz gute Fahrstrasse etwas nördlich davon um die Stolovi-Berge herum geführt wurde.

Im Süden bietet sich dem Auge ein überraschender An­blick dar. Hunderte von rothbraun gefärbten Felsen, nach Art der die Festungswerke tragenden, ragen auf. Hier nadelspitzig, dort vielgezackt, den Ruinen von Städten oder Burgen ver­gleichbar. Dazwischen liegen enge Schluchten und unzählbare Spalten und Klüfte. U eber die Gipfel aller dieser Stein gebilde hinschauend, erkennt man von dem hohen Standpunkte aus auf das beste, dass alle einstens eine zusammenhängende Masse gebildet haben müssen, deren Oberfläche leicht nach Südost geneigt war. Durch das zerstörende Spiel der Wässer entstan­den die durch ihre Vielgestaltigkeit auffallenden Bildungen. Die im Anfange dieser Thätigkeit des Wassers nur wenig tiefen Rinnen, wurden ganz allmälig tiefer und tiefer ausgewaschen; vorhandene, senkrecht auf die Gesteinsschichten verlaufende Risse benützend, stürzten die Fluthen bei Regengüssen in die Tüife und je grösser die Fallhöhe war, mit desto grösserer mechanischen Gewalt zerstörten sie das Gestein. Dieselben Kräfte wirken auch heute noch umgestaltend ein und werden ihr Spiel treiben, bis alle jetzt noch in compacten Gruppen vereinigten Felsen getrennt, zertrümmert und endlich - freilich in unabsehbarem Zeitlaufe - völlig zerstört und weggeschwemmt sein werden.

Hinter diesen Felslabyrinthen baut sich eine Kette von spitzkegelförmigen, auf der Höhe mit Kalkabstürzen nach Art der Stolovi bedeckten Bergen auf. Und wieder höher anstei­gend, den Hintergrund abschliessend, ragt der Kamm des Sveti­Nikola-Balkan empor.

Der herrliche Anblick liess uns nicht ruhen, es drängte uns, hinabzusteigen in die gestaltenreichen Schluchten. Damit war auch ein praktischer Zweck verbunden; es galt die kaum zwei Kilometer vom Orte entfernten Steinkohlen -Vorkomm-

. nisse zu besichtigen, wobei der Aufseher über die Schurf-

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arbeiten, Herr Marian Moranski aus Bukarest,\ den Führer machte.

Wir folgten der in steilen Windungen den Abhang be~ wältigenden, im guten Zustande befindlichen Fahrstrasse und befanden uns bald mitten in der über alle Begriffe pittoresken Scenerie. Blanqui beschreibt sie (I. c. pag. 150) etwa folgen­dermassen : "Die enge Thalschlucht" (durch welche sich ein kleiner, dem Lom zufliessender Bach schlängelt und die Haupt­strasse nach Niß hinzieht) "wird von Felsen beherrscht, die durch das lebhafteste Roth und durch die malerischesten For­men ausgezeichnet sind. Sie stehen fast jeder von den anderen getrennt und gewähren den Anblick VOll obeliskenartigen Na­deln oder zeigen eine phantastische Aehnlichkeit mit Thieren, Schiffen und Häusern. Sie sind rechts und links von der Strasse angereiht wie die Bäume einer Allee. Zum Theile erreichen sie die Höhe von 200 Metern (wohl nur die allerhöchsten). Oberhalb dieser Cyclopen-Strasse kreisten Hunderte von Raub­vögeln. ~lalern und Geologen sei das Hinabsteigen von Belo­gradcik nach Verb ova empfohlen. Die Engpässe von Ollioulla in der Provence und von Pancorbo in Spanien, die Alpen und Pyrenäen, die wildesten Berge der Schweiz und Tirols können nicht damit verglichen werden. ii

Es lassen überhaupt nur diejenigen Terrains einen stich­hältigen Vergleich zu, welche aus ähnlichen Gesteinen bestehen, so z. B. die Sandsteinwelt der so hochberühmten und vielbe­suchten "sächsischen und böhmischen Schweiz." Doch was im EIbe - Sandstein - Gebirge auseinander gerückt, durch weite Thäler getrennt und fahlfärbig ist, zeigt sich hier auf einen engen Raum zusammengedrängt und in rothbräunlichem Farben­schmucke.

Das Material, woraus diese beiden, räumlich weit ent­fernten märchenhaften Steingebilde bestehen, hat einige Aehn­lichkeit. Hier wie dort sind es quarzige Sandsteine; doch ist das Gestein im EIbe-Durchbruche von gleichmässigerem, feinem Korne und gelblichweiss; bei Belogradcik sind es Sandsteine von gröberem Korne und Conglomerate mit Quarzstücken bis zur Kopfgrösse, die von einem feinsandigen, rothbraunen Binde­mittel umgeben sind. Während im sogenannten Quadersandsteine

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der sächsischen Schweiz Reste von Meeresthieren nicht gerade selten sind und dadurch das Alter der Bildungen, als zur obe­ren Kreideformation gehörig, festgestellt werden konnte, waren bisher in den Belogradciker Sandsteinen keinerlei organische Ueberreste aufzufinden.

Die Conglomerate haben ganz das Aussehen von Strand­geröllen und bestehen hier zumeist aus Stücken, die aus dem die Grundgebirge bildenden Schiefergesteinen stammen. Sie gleichen sowohl, was ihr geologisches Alter anbelangt, als auch in Bezug auf ihr Aussehen auf das auffallendste den im nörd­lichen Böhmen am Fusse des Riesengebirges auftretenden "Rothliegend-Sandsteinen." Dieses viel höhere Alter wird durch die Lagerungsverhältnisse klar gemacht, indem unmittelbar über den Sandsteinen am Aufstieg zum Stolo vi, plattige Kalke folgen, die reich sind an Fossilien der unteren Abtheilung der Triasformation, während unter dem Sandsteine, von diesem discordant überlagert, wenig mächtige Steinkohlenflötze liegen, die von dünnplattigen, sandigen Mergeln begleitet werden, in denen Pflanzenreste vorkommen, darunter eine Walchia, welche mit Walchia pinijormis aus der Dyasformation über­einstimmt.

Dadurch, dass die in den Alpen so gliederreiche Trias­formation hier nur durch die ältesten Bildungen vertreten ist und diese ihrerseits wieder unmittelbar von der oberen Jura­formation überlagert werden, wird eine überraschende Ueber­einstimmung mit den Lagerungsverhältnissen in Ober-Schlesien und Polen hergestellt.

Während wir die wenig versprechenden Schurfarbeiten, die mit einiger Sorglosigkeit unter der Strasse fortgesetzt wurden, besichtigten und auf den Halden nach Pflanzenresten fahndeten, brach, eben weil unser Suchen nicht ganz ver­geblich war, die Nacht herein. Als wir nichts mehr unter­scheiden konnten, brachen wir auf und wanderten unserem Quartiere zu.

Wie war nun die Landschaft mit einem Schlage ganz und gar verändert! Auch der Eindruck derselben auf die Sinne war ein ganz verschiedener.' Was wir früher als in hohem Grade malerisch angestaunt hatten, war jetzt unter dem fahlen

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Lichte des Vollmondes phantastisch und gespensterhaft. Wenn wir früher die Gestaltungskraft des erodirenden Wassers be­dacht hatten, lies sen wir nun unserer Phantasie freien Spiel­raum. Sie mochte Bilder schaffen, so abenteuerlich und wechsel­voll sie konnte.

Höher und höher stieg der Mond, über die unzählbaren Zinnen und Thürme der Felsmauern warf er sein zaubervolles Licht. - Mir war schwindelig zu Muthe, als wir endlich an dem hochauflodernden Feuer der elenden Zigeunerhöhle vor­bei, am Ausgange der Schlucht, am Rande des Absturzes ankamen und das wundervolle, unvergleichliche Bild beim Zu"' rückschauen unter dem aufsteigenden Nebelschleier halb und halb verschwand.

Belogradcik beherbergte uns volle zwei Tage in seinen wenig einladenden Lehmmauern. In Belogradcik berühren sich die Gegensätze: die herrlichste Naturschönheit neben der ab­stossendsten Armseligkeit der Bewohner. An keinem anderen Punkte hatten wir so viel von Ungeziefer zu leiden, wie in dem Han am Hauptplatze des Ortes, der überdiess von dem widerlichsten Gestank durchzogen ist. Wären nicht mehrfache Ausflüge nothwendig gewesen, wir hätten kein Verlangen ge­tragen, nach der ersten Nacht noch eine zweite und dritte da­selbst zu verbringen.

Am ersten Tage besuchten wir, wie schon erzählt, die Festung, die Felslabyrinthe und das Steinkohlenvorkommen in der Schlucht, am zweiten Tage aber unternahm ich einen Ritt auf den Stolo vi und auf der Strasse gegen Rabis, um das Wegstück, welches wir im Dunkel der Nacht zurückgelegt hatten, auch beim Lichte des Tages zu schauen, während Herr Szom­bathy mit Herrn Moranski ins ThaI der Staikovca Rieka ritt, um einige kleine Kt>hlenausbisse daselbst in Augenschein zu nehmen.

Alle diese Touren waren lohnend, um so mehr, als uns das herrlichste Reisewetter begünstigte, wenngleich die Temperatur einige Versuche machte, recht unleidlich zu werden.

Bei dem Ritte auf den Stolovi zeigte sich, dass dieselben Sandsteine, welche die bizarren Felsformen bilden, in den

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Stolovi-Bergen weit hinauf anhalten und am Rande ringsum abgebrochen und in die Tiefe gesunken sind, wodurch die Verhältnisse einigermassen verwickelt werden. Die lichten, hornsteinreichen Kalke bilden ein vielfach zerklüftetes Plateau, welches ähnlich wie am Rabgi-Berge und den meisten später noch besuchten Kalk-Hochflächen, mit einem schwer zu durch­dringenden Gestrüppe von wildem Flieder und Feld-Ahorn be­wachsen ist.

5. Ueber den Sveti-Nikola-Balkan.

Am 18. August früh am Morgen verliessen wir Belo­gradcik und fuhren nach Süden. Die rothen Sandsteine halten vier Kilometer weit an, bis vor den Mirkac-Han; sodann fol­gen an beiden Seiten der Strasse Thonschiefer und kr:ystal­linische Gesteine, welche das Liegende der ersteren bilden.

Vom Mirkac-Han nach Südosten folgt die Strasse der Staikovca Rieka, verlässt diesen Bach sodann beim Einflusse der Vrbova Rieka und zieht sich diesem klaren Gebirgswasser entgegen nach aufwärts, während der erstgenannte Bach in einem flachmuldigen Thale ostwärts fliesst. Das enge ThaI der Vrbova Rieka ist in grüngefärbte Schiefer eingeschnitten, doch verrathen schon die Blöcke im Bachbette eine baldiga Aende­rung des Gesteinscharakters. Rechts von der Strasse (am lin­ken Bachufer), bei einem kleinen, zu Vrbova gehörigen Weiler, öffnet sich eine enge Schlucht, die zur Zeit unserer Vorüber­reise trocken lag, aber mit zahlreichen Blöcken desselben rothen Sandsteines bedeckt war, die ein Wildbach herausbringt. Die aus Flechtwerk aufgeführten, mit Stroh bedeckten Hütten des Weilers erinnern an die zur Aufbewahrung der Feldfrüchte allenthalben in Anwendung stehenden Speicher (Kolibas). Sie liegen auf das lieblichste in einem förmlichen Walde von Wall­nussbäumen.

Bald hinter der kleinen Niederlassung passirt die Strasse ein enges Kalkthor. Vielfach ist der Vergleich der Erdschichten

. mit den Blättern eines Buches in Gebrauch und mit gutem

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Rechte, hier aber könnte man noch weiter gehen und an ein auf ge s chi a gen e s Buch denken, denn die wohlgeschichteten Kalkbänke scheinen auf beiden Seiten gegen die Strasse hin einzufallen, so dass diese und das auch hier noch recht was­serreiche Bächlein wie im Falze des Stein-Psalters verlaufen.

Stundenlang klopften und suchten wir auf das emsigste in den mergeligen Kalken, die nach den aufgefundenen Resten der oberen Abtheilung des Malm oder "weissen Jura" zuge-2:ählt werden müssen, und zwar der Schichte, welche durch das Vorkommen von Aspidoceras acanthicum gekennzeich­net ist.

Die fast zwei Kilometer lange Kalkschlucht steht im auf­fallenden Gegensatze zu dem bisher passirten 'bäumereichen Terrain. Die Kalkbänke sind weithin entblösst, über und über mit Kalkblöcken und Kalkschutt bedeckt und vollkommen steril. Von den grauweissen, kahlen Felsen strahlte eine ab· scheuliche Hitze aus, so dass ich es recht begreiflich fand, dass sich die Nichtbetheiligten endlich unter die grosse, für Hochwasser berechnete Steinbrücke legten und in einen Schlaf verfielen, dessen endliche Unterbrechung nicht eben leicht war.

Sobald man die Kalkpforte passirt hat, kommt man, an dem Dorfe Vrbova vorbei, in eine Thalweitung, die von Nord­west nach Südost verläuft. Nach Nordost blickend, hat man den Anblick von Kalkbergen, die, spitz aufragend, nach Süden allmälig abdachen, während sie nach Norden jäh abstürzen. Zwischen zwei derselben waren wir hindurchgekommen ; sie liegen wie eine Wächterschaar dem Hauptkamme vorgelagert, an dessen Ausläufer wir bald hinter dem Dorfe Cupren kamen. Bei diesem Bulgarendorfe gabelt sich die vom Sveti-Nikola kommende Strasse in zwei, wovon die eine nach Vidin, die andere nach Lom Palanka führt.

Hier wurden wir zum ersten Male an die Nähe des Insurrections-Schauplatzes gemahnt. Kurz vor uns war ein grösserer Trupp regulären Militärs hier eingetroffen, welches von Vidin nach Nis zog und oberhalb des Dorfes lagerte.

Nachdem wir ein frugales Mahl zu uns genommen, ver­liessen wir den Ort und zogen an der Cuprenska Rieka

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aufwärts. Zuerst führt die Strasse eine Stunde weit nach Westen, im weiteren Verlaufe jedoch nach Südwesten.

Die Fahrt war eine im hohen Grade lohnende. Das all­mälig immer engel' werdende ThaI ist auf beiden Seiten dicht bewaldet; Buchen und Eichen bilden die Hauptbestände. Wir befanden uns wieder auf den waldholden krystallinischen Ge­steinen und zwar passirten wir zuerst Thonschiefer, ähnlich denen von Vrbova; weiter aufwärts aber quarzreiche Phyllite und Glimmergneiss, in der Einsattelung herrscht Granit vor, der gros se Krystalle von Feldspath enthält. Er ist durchzogen von Gängen eines dunkelgrünen Gesteines, das auch durch eine grössere Widerstandsfähigkeit ausgezeichnet ist und die zu höchst aufragenden Bergspitzen zusammensetzt. Es ist ein aus­gezeichnetes Gabbrogestein mit grossen , in grünen Diallag umgewandelten Hornblende-Krystallen und feinkörnigem plagio­klastischem Feldspath. Unter diesen wurde mir eine, der höchste Gipfel im ganzen Gebirgsstocke, östlich von der Eillsattelung, als Mali-Cervica, der Gipfel im Westen davon als Utschkulak bezeichnet. Erst in der Dämmerung erreichten wir unser Ziel, die Belogradciker Karaula, so genannt, weil sie an der Grenze des Bezirkes von Belogradcik gelegen ist. Die Strasse ist auf dieser Strecke ein wahrer Kunstbau. Sie zieht sich in vielen Krümmungen am linken Ufer des in einer tiefen, steilwandigen Schlucht laut rauschend über die zahlreichen, oft viele Ku­bikmeter grossen Blöcke stürzenden Baches empor. Eine niedere Hütte gegenüber dem Karaula nahm uns auf. Bald flackerte ein mächtiges Feuer auf, dessen Rauch die kleine Stube vollauf erfüllte und uns die Thränen aus den Augen lockte.

Am nächsten Morgen weckten uns die Alarmtöne der vorüberziehenden Truppen. Wir hatten uns glücklich allesammt verschlafen; unser Plan, noch vor Anmarsch der Truppen den Pass zu passiren, war undurchführbar geworden Als wir vor die Hütte traten, hielten die Leute soeben die erste Rast. Sie drängten sich lebhaft um die vor dem Wachthause sprudelnden kalten Quellen. Die ganze Strasse war bedeckt mit Lastwägen, welche tausenderlei Utensilien langsam hinaufbeförderten. Auch wohl verschlossenen Arabas mit den Frauen und Kindern

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fehlten nicht, denn die Uebersiedlung war ja für längere Zeit in Aussicht genommen.

Mir war darum zu thun, einen Vorsprung zu erlangen, desshalb ritt ich unserem Fuhrwerke voran, um auf der Höhe eine barometrhiche Ablesung ohne sonderlichen Aufenthalt vor­nehmen zu können. Wie im Fluge ging es auf den munteren Pferden zwischen den Wägen und IJeuten hindurch. In drei­unddreissigmaligem Zickzack erreicht die Strasse von der Belo­gradciker Karaula aus die Pass höhe. Diese beträgt nach Kanitz 13JS Meter (AneroId-Bestimmung). Nach meinen Ablesungen (Kapeller'sches Quecksilber-Barometer) wird dieselbe auf 1408 Meter erhöht.

Eine stattliche Karaula, mit vier starken Eckthürmen und reich an Schiessscharten, beherrscht die Strasse. Gegenüber liegt ein geräumiges, leerstehendes, ebenerdiges Gebäude mit einem grossen, halb offenen Schoppen. Es sollte das Post­haus werden, doch würde es schwer halten, hier Pferde zu bekommen, da man diese erst aus einem der am Nord­oder Südfusse des Gebirges liegenden Dörfer herbeiführen müsste.

Als wir auf der Höhe anlangten, kamen wir in ein arges Durcheinander. Eine Unmasse von schweren Büffelkarren, Ara­bas und Munitionswägen, sowie hunderte von Menschen dräng­ten sich auf dem engen Raume und doch ging Alles ohne son­derliche Störung, verhältnissmässig ruhig vor sich.

Von ~er Aussicht genossen wir für dieses Mal nicht sehr viel, denn wir sputeten uns redlich. Dafür waren, als wir den Sveti-Nikola nach sieben Wochen zum zweiten Male, auf der Heimreise, passirten, die Umstände günstiger. Auch bei dieser Gelegenheit kam ich lange vor meinem mit Ochsen bespannten Wagen, in dem sich mein unpässlicher Begleiter befand, nur von einem Zaptieh begleitet, auf der Höhe an.

Vor dem kleinen Fort sassen in malerischen Gruppen mehrere Arnauten, deren Führer, ein Bosnier, mich auf das freundlichste und zuvorkommendste empfing und mich in seinem reinlichen, wohlthuend warmen Gemache im ersten Stockwerke mit Kaffee und Cigarretten bewirthete, wobei wir uns, unter

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grösstmöglichen Beweisen von gegenseitiger Geduld, in der Aller­welts-Zeichensprache unterhielten.

Bei diesem zweiten Besuche hatte ich nun Musse, die wundervolle Aussicht nach Nord, West und Süd zu geniessen. Nach Osten hin hemmen die hohen Berge die Aussicht. Die kahlen, grauen Hochgipfel des Gebirges, hier wohl noch mehr als 400 Meter hoch über den Sattel aufragend, waren weit herab mit einem frischen Schneemantel bedeckt. Nach Norden hin sieht man in die Schlucht der Cuprenska Rieka und über die Kalkberge hin bis gegen Vidin und über die walachische Ebene. Nach Süden blickend, übersieht man unzählbare Berge und Hügel. Das Land liegt vor den Augen wie ein in höchster Sturmbewegung plötzlich erstarrtes Meer. Eine Hügelkette baut sich hinter der anderen auf. Ferne im Südwesten hebt sich der langgestreckte Kalkkamm der Suva-Planina von den wal­digen Rücken ab. Noch viel weiter im Süden sieht man in das Waldgebirgsland zwischen Nisava und Morava, aus dem einige Bergkuppen auffallend hervortreten, die wir bald näher kennen lernen sollten.

Gegen Westsüdwest gewähren die serbischen Grenzberge einen malerischen Anblick. Die nahen Berge unmittelbar im Westen der Einsattelung sind kahl und geben mit ihren tief in die südliche Thalsclllucht reichenden Schutt- und Blockhalden ein wenig erfreuliches Bild. Gegen Süden hin ist der Absturz ebenfalls jäh, ganz ähnlich wie der Anstieg, über den wir von N orden her gekommen waren.

Dieser Theil des Balkans ist, wie wir gesehen haben, ein aus krystallinischen Massengesteinen aufgebauter Gebirgsstock, der die Wasserscheide zwischen dem Lom und dem Timok bildet. Die Hauptquelle des ersteren liegt auf der Nord-, die Quellen des letzteren befinden sich am Südfusse dessel­ben. Kanitz hat für diesen westlichsten Theil des Haupt­gebirges (Chodscha-Balkall türkisch, oder der Stara-Planina bulgarisch), nach der bei den Eingebornen gebräuchlichen Be­zeichnung des Sattels, den Namen Sveti-Nikola-Balkan vorge­schlagen.

Der Erste, der dieses Gebirge betrat, war der schon bei einer früheren Gelegenheit erwähnte Mr. Blanqui. Er gibt auf

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Seite 146 und 147 seines interessanten Reise-Journals ein kurzes Bild dieses Theiles von Hoch-Mösien. Die Ursache der gänzlichen Unbekanntheit dieses Theiles der europäischen Türkei noch vor 35 Jahren liegt darin, dass er ganz abseits von der Hauptstrasse nach Constantinopel liegt. War doch selbst das Land, das von dieser durchzogen wird, bis vor ganz kurzer Zeit, trotz seiner hoch wichtigen Bedeutung und trotz der grossen Frequenz der Strasse, auf weite Strecken hin un­bekannt, eine terra incognita; die Römer haben es besser gekannt als die Geographen unserer Tage. Zur Zeit, als Blanqui den Sveti-Nikola-Pass überschritt, lag die Sicherheit des ganzen Landes rings umher sehr im Argen. Eine wahre Gottesgeissei, trieben die behufs der Wiederherstellung der Ordnung ins Land gerufenen Arnauten ihr Unwesen. Ohne einen Einwohner zu sehen (die Leute hatten sich in den dich­testen Wälder verborgen), kam Blanqui "an den Fuss eines bewaldeten Berges," den er auf einem steilen und ermüdenden Fusssteige erklettern musste, und erreichte so den Sveti-Nikola, "eine schreckliche Mördergrube," wie er sagt, "ganz voll von den Gräbern ermordeter Leute." Die Arnautenbanden machten auch ihm viel zu schaffen und der stäten Sorge ist es wohl zuzuschreiben, dass wir von ihm über diesen interessanten Theile des Landes nur so wenige Mittheilungen erhielten. Nachdem er "von dem köstlichen Wasser getrunken" und sich an dem Anblicke des vor seinen Blicken ausgebreiteten Amphi­theaters von waldbedeckten Hügeln erfreut hatte, gin~ er nach Süden. Dabei erwähnte er Cupren so, als ob es am Südabhange des Kammes gelegen wäre, auf dem Wege nach Berilovca (Blanqui schreibt: Belilovsa).

Die nahe serbische Grenze und die dichten Wälder scheinen auch bis zur Stunde die Unsicherheit der schönen Strasse zu erhalten; wenigstens erzählt Kanitz, dass noch im Jahre 1870 die zehn Mann starke Karaulbesatzung "einen har­ten Kampf mit wegelagernden Gesellen bestanden hätte," die Grabhügel aber, von dellen Blanqui schreibt, sind einge­sunken.

Bezeichnend ist, dass diese ganz stattliche Poststl'asse bis in die neueste Zeit so wenig bekannt blicb und auf den

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. Karten ganz falsch dargestellt wurde. Erst auf der Kiepert'schen Karte der Türkei vom Jahre 1871 sind die Yerhältnisse nach den Kanitz'schen Reise-Ergebnissen im Grossen und Ganzen richtiggeRtellt. Und doch kann man auf ganz neuen Karten die Strasse durch serbisches Gebiet gezogen finden, vielleicht nach der Darstellung auf der Karte des russischen General­stabes vom Jahre 1853, wo ein Kloster Sanct - Nikolaja in Serbien verzeichnet steht, welches in Wirklichkeit gar nlcht existiren solL

Das laute Trompetengeschmetter, wodurch die Truppen zum Aufbruche gerufen wurden, trieb uns von der Höhe nach Süden. In zahlreichen Windungen bewältigt die Strasse den Absturz ohne zu grosse Steigung. Wir kamen nun in das Ge­biet des Trgoviski-Timok. Eine seiner Quellen ist der Bach von Ravnobuc, des ersten kleinen, aus nur wenigen, sehr ärm­lichen Häusern bestehenden, zum Theile an der Strasse, zum Theile in einer Schlucht rechts VOll derselben gelegenen Dörf­chens auf der südlichen Abdachung des Gebirges. Eine Karaula gleichen Namens liegt rechts an der Strasse. Das ThaI ist im oberen Theile weit und muldig, wie dies so häufig in den Qllellengebieten der Flüsse der Fall ist; es bildet einen in die Länge gestreckten Kessel, verengt sich jedoch sehr bald, bei dem nächsten Dorfe Janja. Hier befindet sich eine Karaula mit kreisförmiger Grundfläche und einer weit vorragenden, rings herum laufenden Galerie, die von einem flachen, auf Säulen ruhenden Dache überdeckt ist.

Das ThaI wird nun enge und auf eine weite Strecke hin schluchtenartig. Die Strasse zieht sich meist am J'('chtell Ufer des oft tief unten über mächtige Steinblöcke spru­delnden Baches. Hohe Bergrücken ragen zu beiden Seiten empor.

So bleibt die Scenerie bis zur Poststation Berilovca (Balta-Berilovca, wie man uns sagte), einem wohl gebauten Bul­garendorfe mit einem Kirchlein und einem kleinen Blockhause. Wenig und schlecht war, was man uns in dem stattlich aus­sehenden Han zu bieten batte.

Bei Berilovca vereinigt sich ein grösserer Bach, der von Südosten herkommt, mit dem Ravnohuc-Bache. Das ThaI von

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Berilovca ist weit und freundlich, die Bergabhänge sind an der . rechten Seite weit herab mit Gesteinsgrus bedeckt, wie dies in Granitgebirgen so oft der Fall ist. Die Berge werden nun all­mälig rundrückig. Die Strasse ist hier recht gut, so dass es in raschem Trabe in westlicher Richtung weiter ging.

Eine kurze Strecke unterhalb Berilovca kamen wir bei einem Dörfchen vorbei, das man Vrtoca nannte. Es liegt rechts von der Strasse. Links öffnet sich ein ThaI nach Süden mit ganz flachen Gehängen, an dessen östlicher Seite die Felsen aus rothen Sandsteinen bestehen, von ähnlicher Beschaffenheit wie die bei Belogradcik. Weiterhin folgt rechts von der Strasse Hinova und hierauf die Kalnia-Karaula bei dem gleichnamigen Dorfe.

An dieser Stelle vereinigt sich der Bach von Ravnobuc mit dem aus Süden kommenden Quellbache des Trgoviski­Timok, den Kanitz als die Sugrinska Rieka bezeichnet, und beide fliessen nun in nordwestlicher Richtung und kommen bei der Korenatac-Karaula auf serbisches Gebiet.

Wir folgten der Sugrinska Rieka bis zu der Stelle, wo die Isvorska einmündet. Auf dieser Strecke passirten wir ein enges, klausenartiges ThaI, in das wir durch ein imposantes Kalkthol' bei der Kalnia-Karaula eintraten.

Die Kalke traten schon etwas früher auf, nachdem wir aus dem Gebiete der Phyllite in das. der mesozoischen Abla­gerungen gekommen waren. Die Kalke von Kalnia enthalten Mergeleinlagerungen, die reich sind an Orbitulinen (vielleicht Orbitulina [Patellina] concava Lam.) und Korallen.

An der vorhin erwähnten Einmündungsstelle der Isvorska Rieka spaltet sich die Strasse in zwei. Die eine geht in dem­selben Thale weiter, die Sugrinska aufwärts, und nach Passi­rung der Wasserscheide durch das ThaI der quellenreichen Temska nach Pirot (Scharkiöi), während sich die zweite, der wir folgten, in dem Engthale der Isvorska aufwärts zieht. - Dieser Bach hat seinen Namen nach dem weit ausgedehn­ten Dorfe Isvor, wo wir spät Abends anlangten, unter nicht endenwollendem Gekläff der zahlreichen riesigen, an den scharf galoppirenden Pferden oft wie wüthend hinaufspringenden Hunde.

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Die Hütten des Dorfes sind auf das freundlichste von Obst­und Blumengärten umgeben.

Hier sei erwähnt, dass die Isvorska nahe bei Isvor ent­springt, und nicht, wie auf Kieperts Karte (von 1871) gezeich­net ist, erst südwärts von diesem Orte als Trgoviski-Timok in einem weiten Bogen nach Serbien eintritt. Die Darstellung, wie sie auf dem, dem Kanitz'schen Werke über Serbien beigegebe­nen Kärtchen (aus dem Jahre 1868) ersichtlich ist, entspricht den herrschenden Verhältnissen.

Oberhalb Isvor kamen wir auf ein ödes Kalkplateau, welches lebhaft an die Karst-Scenerie erinnert und sich weit nach Westen hin, bis in das südöstliche Serbien erstreckt. Diesem Terrain dürfte der unterirdische Lauf des Svrljicki­TinlOk angehören. Am Rande dieses Kalkplateau's liegt die Isvor-Karaula, auf deren vorzügliche Eignung für einen Fix­punkt bei einer einstmaligen geodätischen Aufnahme des Lan­des zuerst unser hochverehrter Altmeister Dr. Ami Boue, nach diesbezüglicher Mittheilung durch F. Kanitz, aufmerksam ge­macht hat. Herrlich ist die Hundschau von diesem Punkte aus; besonders gegen den Sveti-Nikola-Balkan und nach Nord­westen über die serbischen Gebirge hin. In dem ersteren fällt der den Hochgipfeln vorgelagerte, »einer vielzinnigen Burg" gleichende Babin-Zub (Grossmutter-Zahn) in den letzteren der scharf profilirte Rtagn vor Allem auf.

Bei der Miranovska-Karaula erreichten wir den Svrljicki­Timok, der von hier nach Nordosten fliesst und bei der Quarantaine und Grenz - Karaula Pandiralo nach Serbien gelangt.

Zwischen Isvor und Miranovska verläuft die Strasse kaum zwei Kilometer von der serbischen Grenze entfernt. Wir fuhren nun über eine Hochfläche hin, die zum grossen Theile aus sandigen und mergeligen Bildungen besteht, neben und unter denen vielfach lichte Kalksteine zu Tage treten. Während jene, wenn auch nur dürftig, mit Sträuchern und Bäumen be­deckt sind, erscheint das Kalkplateau überall öde und baumlos und gewährt dadurch keinen sonderlich erfreuenden Anblick. »Es ist ein weites Kalkterrain mit Karst-Charakter. Dolinen sind in grosser Anzahl auf der sterilen Hochfläche vorhanden.

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Die Kalke enthalten Korallen und kleine Nerineen in grosser Menge und erstrecken sich weit nach Westen," Zwischen Mi­ranovska und dem nächsten Ziele unserer Reise, dem Städt­chen Ak-Palanka, liegt nur ein grosser Han neben einer Karaula.

Deber die bis gegen 80 Meter hoch die steilen Berg­abhänge bedeckenden Schotterablagerungen hinab, erreichten wir das kleine, nette, in einer langgestreckten Thalweitung, am linken Ufer der Nisava liegende Städtchen Ak-Palanka.

6. Ak-Palanka-Bania-Nis.

Ak-Palanka, auch Bela-Palanka, oder nach dem Erbauer der Fortificationen Mustapha-Pascha-Palanka, was nach Ham­mer wieder richtiger Mussa-Pascha-Palanka heissen sollte: dies sind die vielen Namen des kleinen zwischen Pirot und Nis gelegenen Städtchens. Es ist verhältnissmässig nett und liegt am Fusse der Ausläufer der Suva-Planina (auf den Karten meist als Suha- oder Sucha-Planina bezeichnet), einem mäch­tigen Kalkgebirge , im südlichsten Punkte der Thalweite der Nisava, etwa 10 Meter über dem Flussniveau. Hinter dem Orte öffnet sich eine enge Thalschlucht, aus welcher ein kleiner Bach strömt, den man mir, bei meinem zweiten Besuche der Stadt, als Varos-Rieka bezeichnete, derselbe, den Boue die Mokra-Rieka nennt. Durch diese Thalenge zieht sich eine Strasse nach Westen, quer durch das Gebirge, nach Leskovac. Die Nisava macht hier einen weiten Bogen nach Süden; ihr ThaI ist breit und bildet ein in die Länge gezogenes Becken, dessen horizontale Grundfläche aus den Alluvionen des schnell­ßiessenden Flusses gebildet ist, während besonders am nörd­lichen Rande die diluvialen Geröllmassen hoch an die Berg­hänge emporreichen. Das Thalbecken ist fruchtbar und verhält­nissmässig reich bebaut.

Ak-Palanka ist mit Befestigungen versehen, die mich leb­haft an die Mauern erinnerten, womit die Klöster im östlichen Rustiland umgeben sind. Die Mauern des türkischen Schlosses

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sind oMn ausgezackt, haben aber keine Schiessscharten. Gräben und Schanzen fehlen. Nur die Thürme an den l'~cken scheinen fest zu sein. Boue bezeichnet die Fortificationen als nach albanesischer Art ausgeführt.

Wir hielten uns beim ersten Besuche nicht länger auf, als unumgänglich nothwendig war, um den müden Gliedern etwas Ruhe zu gönnen. Schon am nächsten Morgen verliessen wir das Städtchen und fuhren am linken Ufer der Nisava un­mittelbar am Gehänge der Berge hin. Wir kamen nahe dem Städtchen an einem kleinen, auf einem niederen Hügel liegen­den Fort und an dem Dörfchen IspaYr vorbei, passirten die Schlucht von Rugudinca und erreichten, in einem Bogen mehrere Vorhügel umgehend, Topolnica am gleichnamigen Bache, der aus einem tief eingerissenen Thale von Südwesten heraus­kommt.

Schon hier verengt sich das Nisava-Thal; eine halbe Meile weiter abwärts beginnen die schwer, ja stellenweise un­passirbaren Defileen. Aus diesem Grunde muss hier die Post­strasse den Fluss verlassen. Sie erreicht über flache, immer höher werdende Hügelrücken ein weites, vieldurchfurchtes Pla­teau, aus dem sich im Südwesten die hohen, grauweissen, kahlen Kalkmauern der S u v a - PI a ni n a erheben. Diese bildet eine grandiose Wand mit unzähligen Furchen an den oberen Theilen der Abhänge, und mit weiten Schutthalden unter den­selben. Ihr Hauptkamm verläuft von Westnordwest nach Ost­südost und macht im südlichen Theile einen Bogen nach Ost und Nordost, wodurch ein halbkreisförmiger Kessel gehildet wird. In allen tieferen Wasserrissen zeigt sich rother Sand, aus den die Grundlage der Kalke bildenden Sandsteinen ent­standen.

An den Strassen liegen nur wenige, meist leer stehende Gehöfte und mehrere Wachthäuser. Die Heerstrasse ist dem Anwohner nicht günstig, er meidet sie desshalh und zieht sich in die Thäler und Schluchten zurück, wo er weniger mit den Reisenden zusammentrifft. Wir hätten das Land hier ohen für öde und fast unbewohnt halten müssen, wenn uns nicht unsere Streifzüge in den nächstkommenden Tagen in die ahseits liegenden Bulgaren-Dörfer geführt hätten, wodurch wir eines

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Besseren belehrt wurden. Um 9 Uhr früh kamen wir an der Ploca-Karaula vorbei, von wo aus die Strasse, nachdem sie die Höhe von Radnidol passirt hat, wieder abwärts führt, in eine enge Thalschlucht, deren bewaldete Abhänge dunkel braunroth gefärbt sind. Die intensiv rothe Färbung der Berge an beiden Seiten der Strasse hält weithin an. Auch hier sind, wie bei Belogradcik, lichte Kalke auf den I'othen Sandsteinen aufgela­gert, wodurch die lichten Kronen auf einigen Bergspitzen ihre Erklärung finden.

Diese Lagerungsverhältnisse sind auch in einer anderen Beziehung interessant. Aehnlich wie die Quellen in den Alpen so häufig über einem sandigen Schiefergestein entspringen, scheinen auch hierzulande die rothen Sandsteine das Quellen­Niveau zu bezeichnen. Sehr schön fanden wir diese Thatsache bei der Morali-Karaula ausgeprägt, die nahe dem Ausgange aus der Schlucht gelegen ist. Hier entspringt eine Menge von Quellen neben und über einander. Das rauscht und rieselt, das quillt und träufelt ringsum, dass es eine Freude ist. Der kleine Bach, der die Schlucht durchfliesst, nimmt alle diese Zuflüsse auf und führt sie in die von der Suva herkommende Jelesnica-Rieka, die wir bald darauf überschritten, um sodann durch ein allmälig breiter werdendes ThaI in das weite Thal­becken von Bania-Nis hinauszutreten.

Unser nächstes Ziel war das Bad Ban i a, am südlichen Thalgehänge, auf einer Terrasse am Fusse der Kalkberge, und nahe dem östlichen Ende des Beckens gelegen. Wir verliessen die Hauptstrasse und folgten, nach links abzweigend, einem holperigen Seitenwege. Schon von Weitem sahen wir, lange bevor wir der in einer wenig tiefen Auswandung des Abhanges verborgenen Bade- und Wohnanstalten ansichtig wurden, Ruinen, die auf einer niederen Vorstufe, nur wenig über der Poststrasse gelegen sind. Sie bestehen aus den Mauerresten einer Moschee, wie durch das hoch aufragende Minaret ersichtlich ist, und den Resten eines türkischen Schlosses mit "arabisch-spitzbogi­gen Fenster- und Thürabschlüssen." F. Kanitz fand daselbst einige römische Ziegelsteine. Diese und die vielen antiken Mün­zen, die hier gefunden wurden führten ihn zur Annahme, dass die warmen Quellen schon zur Zeit der römischen Herrschaft

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bekannt waren und dass hier das zu Naissus (dem heutigen Nis) gehörige Medianum, ein Flecken mit einem kaiserlichen Lus t­schlosse, gestanden habe.

Dr. Ami Boue ist wohl der erste, der diese Ueberreste erwähnt. In seinen "Itineraires u (1., 240) beschreibt er das grössere Gebäude. Den Mauerresten wurde seither behufs Bau­stein gewinnung arg zugesetzt, so dass ausser dem Minaret wenig mehr übrig ist.

Das heutige Bad Bania (das gleichnamige Dörfchen liegt eine Viertelstunde weiter ostwärts in einem kleinen Thalein­schnitte) ist ein beliebter Ausflugsort für die Bewohner von NiS. Hier nahmen wir für die nächsten Tage Quartier, da uns über die Gesundheitsverhältnisse im nahen Nis auf unserer Herreise nicht die besten Mittheilungengemacht worden waren. Die ganze Badeanstalt besteht aus einem Frauenbade und einem zweiten, tiefer liegenden Männerbade; ausserdem aus einigen niederen Hütten mit ldeinen Stübchen für die Bade­gäste. Eine kleine Strecke vom Bade stand zur Zeit unseres Besuches ein grosses Zelt, das für die jungen Leute von der Isle-hane, der Handwerkerschule von Nis, zum zeitweiligen Aufenthalte aufgerichtet wurde. Das Frauenbad, von dessen Vorhandensein wir lange keine Ahnung hatten, ist durch eine hohe Holzeinfassung den Blicken entzogen. Eine Annäherung an dasselbe ist selbstverständlich auf das strengste verpönt. Dadurch wird auch das Betreten der hier leicht zugänglichen Bergabhänge zur Unmöglichkeit.

Noch am Tage unserer Ankunft versuchten wir die Wir­kung des Bades. Aus einem kleinen dunklen Vorhause kommt man in das Auskleidezimmer, mit den landesüblichen Divans reichlich versehen. Nachdem man eine Tasse heissen Kaffee getrunken hat, geht man auf hochgestellten hölzernen Pantoffeln wie auf Stelzen quer über das Vorhaus durch eine niedere Pforte in das Bassin. Dieses hat die Form eines Oetogons, einen Durchmesser von circa acht Metern und ist mit Kalk­quadern eingefasst. Das Wasser hat eine Tiefe von etwa 140 Centimetern. Der ganze Raum ist von einer Kuppel überwölbt und erhält sein Licht aus einer Anzahl von kleinen, vier­eckigen, regellos in der Decke befindlichen Löchern. Das Wasser

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strömt in zwei mächtigen Strahlen mit grosser Gewalt in das Becken und verlässt dasselbe durch eine seitliche Oeffnung im Mauerwerke. Es hat eine Temperatur von 38° C., ist vollkom­men klar und geruchlos. Uebet' den Ursprung der Quellen konnte ich mir aus dem vorerwähnten Grunde keine näheren Aufschlüsse verschaffen. Nur so viel steht fest, dass Bania in der unmittelbaren Nähe der Grenze zwischen den Kalken und dem krystallinischen Grundgebirge, über einer alten Verwerfungs­kluft des Gebirges gelegen ist.

Mit grosseI' Virtuosität wird der das Bad Verlassende in ein grosses weiches W olltuch gewickelt, rasch formt sich ein Turban auf seinem Haupte und auf den Holzschuhen stelzt er dann hinaus ins Freie. Nicht leicht aber entgeht er einer abermaligen Tasse heissen Kaffees. Das Bad wirkt ungemein erfrischend. Das die Bassins verlassende klare, bläulich schim­mernde und immer etwas dampfende Wasser bildet ausserhalb des Männerbades ein offenes Becken, eine Art von Freibad, in dessen Fluthen nackte Buben sich tummeln, neben den Pferden, die zeitweilig in das heilkräftige Nass geführt werden. Sodann ßiesst es zwischen hohen alten Weiden hin und bildet etwa achtzig Schritte vom Ausflusse einen weiten dampfenden Tüm­pel, aus dem es sich auf die Räder der unter dem Steilabhange der obersten Stufe stehenden Mühle stürzt. Im Tümpel herrscht noch immer eine Temperatur von 33° C. In demselben leben viele hunderte von Wasserfröschen (Rana esculenta), die es sich in förmlichen Hainen von Froschlöffelkraut (Alisma plantago) und Wasserknöterich (Polygonum amphibium) und unter einer weiten Decke von Wasserlinsen recht wohl sein lassen. Der Steilahhang bei der Mühle besteht aus Kalktuff, der noch fort und fort abgesetzt wird, wie die unzähligen, mit dünnen Kalk­krusten überzogenen Schalen von Clausilia, Helix, Pupa u. dgl. deutlich zeigen. Es sind auch grosse Massen von Kalktuff mit den bezeichnenden Tuffröhren und zahlreichen Blattabdrücken vorhanden. Derartige Tuffkegel sind mehrere am Rande des Absturzes sichtbar, auch an solchen Stellen, wo jetzt keine Wasserläufe mehr erhalten sind.

Eine zweite Quelle, etwas östlich von der grossen Bade­quelle, hat eine Temperatur von 19° C. und liefert das Nutz-

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w a~ser für die kleine Sommerniederlassung. Beide Wässer bilden vereinigt die Banjica, die sich nach ganz kUl'~em Laufe in die Nisava ergiesst. - Unsere erste Fahrt von Bania aus galt einem Besuche von Nis, wo ich mir erst die Erlaubniss, Aus­flüge in die Umgebung machen zu dürfen, holen musste.

Nachdem wir die dampfende Warmwasserpfütze passirt hatten, fuhren wir auf einem Nebenwege über die beiden Ter­rainstufen zur Hauptstrasse hinab, die schnurgerade bis in die unmittelbare Nähe der Stadt in der horizontalen Ebene ver­läuft. Auf dem Wege nach dem Städtchen überschreitet man auf einer Brücke zuerst die Kutinska-Rieka und kurz vor Nis die Denska-Rieka; erstere kommt aus einer weit nach Süden reichenden Thalmulde, die letztere, ein kleinerer Bach, aus der Selisevica-Gora, einem wenig hohen, rundkuppigen Wald­gebirge. Die Strasse ist breit und war, als wir darüber hin­fuhren, im besten Zustande; hochgewachsene Weiden stehen auf beiden Seiten. Das Thalbecken von Bania-NiS erweitert sich nach Westen hin. Es wird im Norden und Süden von niederen Bergen eingefasst, im Osten aber durch ein Kalkthor, das über einer rothbraunen Unterlage sich erhebt, begrenzt. Durch diese Enge strömt der Fluss in die Ebene heraus. Nach Westen hin vereiniget sich diese mit der viel ausgedehnteren Ebene der bulgarischen Morava, so dass man sie mit einer grossen, sich weit nach Osten hin erstreckenden Bucht, dieser letzteren vergleichen könnte. An der Vereinigungsstelle der beiden Becken liegt die befestigte Stadt Ni S, am N ordost-Fuss einer niederen, etwa 80 Meter hohen jungtertiären Anhöhe, die sich zwischen NiSava und Morava einschiebt und ein Fort trägt, das· die Stadt vollkommen beherrscht.

Kurz vor der Stadt kommt man an einem Denkmal recht eigenthümlicher Art vorbei: Neben einem Brunnen, mit türkischer Inschrift, erhebt sich nämlich der berüchtigte Schädel­thurm, der "Kele-Kelessi," eine türkische Siegestrophäe der schauerlichsten Art. Im Jahre 1809 vertheidigten die Serben, unter ihrem Führer Stephan Singelic, die nahe dem Vojnik (oder Kriegsberg, nördlich von NiS) gelegenen Schanzen gegen die stürmenden Türken und sprengten sich endlich sammt vielen T' ~inden in die Luft. Die Schädel der gefallenen Serben

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benützten die Türken zur Errichtung eines Thurmes, der sich über einer quadratischen Basis, von circa vier Meter Seiten­länge, zu etwa 6 Meter Höhe erhebt. Ich zählte wie Kanitz 16 Reihen mit je 16 Höhlungen, wonach also 1024 Köpfe ein­gemauert wurden. Diese sind schon fast alle entfernt, nur in den obersten Reihen ist noch hie und da ein Knochenrest sichtbar. Die Bulgaren haben sie im Laufe der Zeit entfernt. Gräulich mag der Anblick noch bei Blanqui's Besuch gewesen sein, denn er spricht noch "von Haaren, die im Winde flat­tern." Das schreckliche Monument ist allgemach eine Ruine geworden; aus einer blutigen Trophäe ward es zu einem ein­fachen Erinnerungszeichen an die grässlichen Kämpfe vergan­gener Tage. Man scheint ein gänzliches zerfallen verhindern zu wollen, wenigstens wurde an der einen Seitenkante eine neue Stützmauer aufgeführt. - Viel besser wäre es, der ganze Thurm würde demolirt; seine Schrecken hat er doch verloren, und wenn er auch vielleicht noch in serbisch-bulga­rischen Landbewohnern , die sich ihm nähern müssen, ein leichtes Grauen weckt, so vermehrt und erhält dies nur, wie Boue (Itiniraires, 1., 241) ganz richtig sagt, das Rachegefühl, anstatt es zu vermindern.

Nis unterscheidet sich nicht sonderlich von den übrigen Städten und Städtchen des Landes. Von Weitem reizend, fin­det man in der Nähe die Strassen winkelig, das Pflaster schlecht, die Mauern baufällig. Doch gibt es eine Anzahl recht netter Häuser, auch ein anständiges Gasthaus in der ausge­dehnten Bazarstrasse. NiS wird durch die Nisava in zwei durch eine grosse Rolzbrücke verbundene Theile geschieden.

Am linken Ufer liegt der grössere Theil der Häuser, die Bulgarenstadt, von der breiten Bazarstrasse durchzogen. Am rechten Ufer liegt die Türkenstadt mit der Citadelle.

Die Einwohnerzahl wird von den verschiedenen Reisenden verschieden angegeben: Boue nimmt 16.000 Einwohner an, wovon 6000 Muselmänner; Blanqui schätzt sie, offenbar zu hoch, auf 25.000; Hahn gibt (1858) 1000 mohammedanische und 1500 christliche Häuser an, welcher Angabe sich auch Kanitz anschliesst; das würde nach v. Hahn einer Bevölkerung von etwa 12- bis 13.000 Seelen entsprechen. Einen Zuwachs

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erhielt die Stadt im Jahre 1862 durch die von Belgrad hieher übersiedelnden Türken. Die bei den griechischen vielkuppeligen Kirchen liegen im südlichen Theile der Stadt.

Unser erster Besuch in Nis blieb resultatlos. Der "CiviI Pascha« (Ali Riza Pascha) war verreist, der "Militär Pascha" wenige Tage zuvor gestorben. Da war nichts zu machen, wir mussten warten. Denn der Secretär des Paschas wagte es, selbst auf die beiden grossherrlichen Fermane hin, nicht, uns die Erlaubniss zu geben, die benachbarten Berge zu besuchen. Schliesslich brachte ich es dahin, dass man telegraphisch die Erlaubniss einholte, die auch alsbald eintraf mit dem Befehl, mir die nöthigen Pferde und Zaptieh's zur Verfügung zu stellen. Glück auf!

7. An der Nisava und über die Suva l)·Planina.

Kaum hatte ich die Erlaublliss, "zu reiten, wohin ich wolle," in den Händen, als es auch ~chon zum Aufbruche ging. Noch am selben Tage verliess ich Bania, wo Herr Szombathy zurücl, blieb, der sich bei einem Falle den Fuss verstaucht hatte. Das Wetter liess sich nichts weniger als freundlich an. Ein heftiger, frischer Nordost blies uns entgegen, als wir über die Kalktuffe bei Bania gegen die Ni 8 a va hinabritten, deren grünliche Fluthen mit grosser Schnelligkeit aus dem imposanten Felsenthore hervorstürzen, welches den Eingang in die Nisava­Schluchten bildet. Dunkel braunrothe, thonige Schiefer mit Sandstein-Einlagerungen von derselben Farbe bilden den ersten Theil der Enge, die uns nun aufnahm, nachdem wir den Bach von J elesnica bei einem kleinen Weiler passirt und unsere hungrigen Gäule nicht ohne Mühe aus dem letzten Maisfelde herausgebracht hatten. Sandbänke und rothe Lehmmassen liegen an der Ausmündung der Schlucht in die Ebene. Auf den rothbraunen Sand steinen lagernd, erheben sich weiterhin

') Cyx, Such (altFlav.), cyba, suva (serb. bulgar.) = trocken oder dürr, daher der Name Suha- oder Suva-Planina, wie Kallitz schreibt.

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in bedeutender Höhe graue Kalke, die allmälig weiter und weiter gegen den Fluss herabreichen.

In Prosek war die Ernte in vollem Gange. Die als Steuercommissäre amtirenden Zaptieh's überwachten die Ver­theilung der Feldfrüchte. Auf einem wenig betretenen Steige am linl{en Ufer ritten wir auf der Sandstein-Vorstufe flussauf­wärts, dem kleinen Monastir zu, das wir zum Aufenthalte für die Nacht wählen mussten, da ein Unwetter heraufzog, das sich durch ein unheimliches fernes Grollen und bald auch durch fahl leuchtende Blitze ankündigte. Grosse Tropfen nöthigten uns zur Beschleunigung der Geschwindigkeit. Gerade zur rechten Zeit erreichten wir das kleine, einsam am Waldrande stehende Gehöfte des Klosters, denn kaum waren wir unter dem weit vorspringenden Dache angelangt, als sich das Ge­witter mit grimmigstem Wüthen entlud. Das ging Blitz und Schlag ohne Unterlass, und in Strömen floss der Regen nieder.

So unheimlich unser Eingang, so freundlich war unser Verbleiben in dem ärmlichen Waldhause. Oder war es vielleicht nicht das Unerwartetste oder U eberraschendste, was uns hier in den wilden Schluchten eines bulgarischen Waldgebirges be­gegnen konnte: auf das freundlichste in unserer lieben Mutter­sprache begliisst zu werden'? Und, was noch mehr, der Gruss kam aus dem Munde einer deutschen Frau und tönte uns innig verwandt in süddeutscher Klangfarbe entgegen.

Der türkische Militär-Oberarzt Szarvas, ein Ungar von Geburt, hatte sich, in Nis gefährlich erkrankt, mit seiner jun­gen Frau, einer Münchnerin, hieher zurückgezogen, um seine Gesundheit wieder zu erlangen.

Die "Kloster"-Gebäude sind das Einfachste, was man sich denken kann: ein stockhohes Wohnhaus, dessen untere Räume als Stall und Schoppen benützt werden, während sich oben einige kleine Stuben ohne Dielen und mit offenen Fenster­löellern befinden. Angenehm ist die geräumige, von dem weit vorspringenden Dache überdeckte Veranda, der Lieblingsaufent­halt der damaligen alleinigen Insassen. Der Raum war sonst nnbt'wohnt, nur an gewissen Feiertagen - und es giebt deren \licht wenige - kommt ein Pope von Sitjevo herüber und

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hält Gottesdienst, zu dem viele Leute von weit und breit her­beikommen.

Neben dem Wohnhause steht eine kleine CapelIe, deren Wände mit rohen Malereien bedeckt sind, die gerade von Händen aufgefrischt wurden, die der Intentionen des ersten Meisters vollkommen würdig waren.

Am nächsten Morgen (es war der 24. August) verliessen wir unsere freundlichen Wirthe, die selbst zu Gaste waren, und überschritten eine kurze Strecke unterhalb des Klosters die durch die Regengüsse hoch angeschwollene Nisava, die ihr klares Alpengrün von gestern mit einem dunklen Rothbraun vertauscht hatte; es war, als wälze sich ein ungeheurer Blut­strom durch das enge, stille ThaI.

Am rechten Ufer, dem Monastir gegenüber, erhebt sich die Ruine eines kleinen, unscheinbaren Thurmes. Von dieser Stelle aus gewährt das in einem kleinen Haine verborgene, aus dem Baumkranze freundlich herausblickende Monastir einen recht lieblichen Anblick.

Auf beiden Thalseiten treten nun bald die hohen, steil abstürzenden, lichtgrauen Kalke bis an den Wasserspiegel herab, deren Höhlenreichthum eine auffallende Eigenthümlich­keit bildet und lebhaft an das Vorkommen in den Donau­Engen erinnert. Zahlreiche Raubvögel kreisten hoch oben um die Steilwände. Das Dorf Sitjevo erreichten wir sehr bald. Es liegt in einem von Nord nach Süd streichenden Thale, des­sen fruchtbare Abhänge mit Obst und Wein bebaut sind.

Unmittelbar oberhalb des Ortes beginnt das erste De­filee, eine enge, steil geböschte Kalkschlucht, an deren Ein­gange der kleine Weiler Hutles unten im Thale gelegen ist. Wir ritten am rechten Ufer auf einer hohen Vorstufe hin, da der Thalweg nur bis zu dieser kleinen zu Sitjevo gehörigen Ansiedlung führt.

"Im ersten Defilee herrschen die rothen Sandsteine und dunklen Kalke vor, bis gegen das Monastir; darüber folgen graue Thonmergel und bei Sitjevo selbst, am rechten Ufer, finden sich unter den mächtigen, lichtgrauen, höhlenreichen Kalken sandige Kalksteine mit Crinoiden, Cidariten-Stacheln, Terebl'ateln und dgl." (Sitzber. d. k. Akad. October 1875.)

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Das erste Defilee ist kurz. Der Reitsteig führt bald in ein kleines Alluvialbecken, welches dasselbe von dem zweiten, viel grossartigeren Engpasse trennt. Dieses Becken ist von Schutt kegeln und rothen Sand- und Lehmmassen erfüllt, die allenthalben zeigen, wie sehr sie durch jedes neue Hochwasser aufs neue verändert werden.

In der südlichen Ecke des Beckens . liegt am Eingange in ein kleines, klausenartig verengtes Seitenthai das Dorf Ostro­vica. Wir blieben am rechten Ufer bis an den Anfang des zweiten Defilees. Hier durchritten wir abermals die Nisava und suchten in die Schlucht einzudringen. Dieser Versuch wurde jedoch von keinem Erfolge gekrönt. Denn kaum hatten wir die letzte grosse Schutthalde, .die mit Nussbäumen be­wachsen ist, umgangen, so standen wir auch schon am Ende des Ziegensteiges, dem wir gefolgt waren. Er zieht sich noch über einige grosse Riffe, aus horizontal geschichteten, plattigen, stark dolomitischen Kalken bestehend, hinüber und endet so­dann an den tief zerklüfteten, in pyramidenförmige Stöcke aus­gewachsenen Abstürzen. Jeder weitere Versuch musste hier aufgegeben werden.

Mehr als 200 Meter hohe, vertical zerklüftete Kalkwände bilden die Begrenzung einer Schlucht, in der wirklich nur der sich laut brausend hindurchwälzende Fluss Raum hat. Das starke Gefälle macht zum Ueberflusse das Wasser derart reissend, dass wir auch den Gedanken aufgeben mussten, das nur wenig über eine Wegstunde betragende schlechteste Stück des Defilees im Flusse selbst reitend zu bewältigen.

So wild die Scenerie aber auch ist, die türkischen Eisen­bahntracen führen trotzdem durch diese Schlucht, sie ist mit aufgenommen in die Route So f ja - N i S. Es wird ein Weg­stück werden, dem vergleichlich, welches an der Enns, im Gesäuse oberhalb Hieflau in Steiermark, bewältigt wurde.

Der Weg des Flusses ist tief eingenagt. U eber dem Sommerwasserspiegel ist auf beiden Ufern eine wenig deutliche Stufe, welche den Hochwasserstand bezeichnen dürfte, in dem Kalldelsen angedeutet.

Auf einem halsbrecherischen Wege erreichten wir Ostra­vica, von wo wir einem Bache entlang gegen Radnidol weiter

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ritten. Auf diesem Wege kamen wir durch sandige Kalke und weissaderige Sandsteine, welche reich an Versteinerungen sind. In Radnidol schlugen wir unser Nachtquartier auf. Das Dorf liegt, obwohl nur wenig von der Hauptstrasse entfernt, doch recht abgeschieden vom Verkehre, den Blicken der Reisenden entzogen, an dem bei Ostravica ausmündenden kleinen Bache. Die halbe Dorfbevölkerung war hier zu unserem Dienste bereit. Das Wetter hatte sich wieder zum Besseren gewendet, so dass wir für den nächsten Tag wieder gutes Reisewetter erwarten durften. Dem war in der That so.

Kaum eine Viertelstunde von Ravnidol passirten wir am nächsten Morgen ein wenig östlich von der Ploca-Karaula die Hauptstrasse, verliessen sie jedoch sofort wieder, um nach Südosten hin nach der Suva-Planina zu kommen.

Wir kamen auch auf diesem Wege wieder über Ver­steinerungen führende Schichten, deren nähere Bestimmung eine genauere Altersangabe der die Gebirge zusammensetzen­den Gesteine ermöglichen wird, deren Unterlage aber auch hier die schon so vielfach erwähnten rothen Sandsteine bil­den, deren Zerstörungsproducte an den Abhängen und in der Thalschlucht in der Form von riesigen braunrothen Lettenhal­den abgelagert sind.

Wir folgten einem tief eingerissenen Waldbachthale, das mit jungen Eichen, wilden Birnbäumell, Ahorn- und Weissdorn­bäumen so dicht bewachsen ist, dass es stellenweise zur fast undurchdringlichen Wildniss wird. Der Bach wendet sich weiter­hin in einem Bogen nach Nordosten und dürfte mit dem bei Topolnica in die Nisava fliessenden Wasser übereinstimmen. Dafür spricht auch der Name Topanica für ein Dorf weiter abwärts, bis wohin wir den Wasserlauf mit den Blicken ver­folgen konnten. Unweit davon soll sich das Dorf Gloguvac befinden.

Wir folgten nun einem der vielen von der Suva kom­menden Bäche, die sich alle mit der Topolnica - Rjeka ver­einigen.

Die hier flach geneigten rothen Sandsteine liegen auf blau­schwarzen Merg~lschiefern, welche bis über den Ort Veta hinaus

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anhalten. Von Veta aus folgten wir einem der Suva zu füh­renden wildromantischen Waldthale, in dem wir wenigstens hin und wieder schöne hochstämmige Rothbuchen antrafen. Die Ortskenntniss unseres Zaptiehs war hier zu Ende, und wir kamen dadurch um manche Stunde, bis wir endlich auf zwei Holzschläger trafen, die uns auf wenig betretenen Wegen nach der leicht passirbaren Einsattelung des Suva-Kammes brachten, die denselben in circa 950 Meter Höhe überschreitet. Es ist dies eine tiefe Einsattelung im nördlichen Theile des Kalk­gebirges, die von dem grossen Hauptstocke einen etwas weniger hohen, aber immer noch ansehnlichen Kalkrücken abtrennt, der dieselbe Richtung (nach Nordwest) beibehält, und dessen letzte Ausläufer die Abhänge bei Bania bilden.

Bei unserem Anstiege kamen wir zuerst über dolomiti­schen Kalk, während nach Südosten hin die höher ansteigen­den Rücken, die den Gebirgskamm bilden, aus geschichtetem, lichtgrauem Kalke bestehen, der in seinem petrographischen Aussehen lebhaft an den sogenannten Dachsteinkalk der öst­lichen Alpen erinnert, welche Aehnlichkeit auch durch den Reichthum an lithodendronal'tigen Korallen, die wir in zahl­reichen Stücken antrafen, sowie durch grossschalige Muscheln noch vel'grössert wird. Dr. Am i Bo ue 1) rechnet die Kuppen der Suva- oder Suha-Planina in der That dem Dachsteinkalke zu, während ich jetzt, gestützt sowohl auf das an früher er­wähnten Stellen (bei Belogradcik, UabiS und südlich vom Sveti­Nikola) beobachtete Auflagern von ober-jurassischen Kalken auf rothen Sandsteinen und palaeolithischen Schiefern, als auch aus den hier so wie an den erwähnten Localitäten angetroffe­nen Vel'steillerungen, auf ein weit geringeres geologisches Alter der Suva-Kalke schliesse, worüber ich an anderem Orte aus­führlicher berichten werde.

Wir mussten, da der Tag sich seinem Ende zuneigte, nachdem wir einen kleinen Ausflug entlang dem nach beiden Seiten hin jäh abstürzenden Kamme bis zur Höhe von circa 1100 Meter unternommen, auf den Abstieg bedacht sein,

') Sitzullgsber. d. k. Akad. d. Wiss., Februar '1870.

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obwohl wir uns nur schwer von dem schönen Bilde trennten, das sich unseren Blicken darbot. Nach Westen hin lag das fruchtbare, zum Theil reich mit Mais und Wein bebaute, zum Theil mit Wäldern bedeckte Land vor uns bis zur Morava, deren breites ThaI wir gegen Süd westen zwischen zwei Wald­gebirgen hindurch erblickten. Noch weiter westwärts sahen wir unter dichten Gewitterwolken, deren Ränder von dei' scheiden­den Sonne herrlich vergoldet wurden, die im Süden von Kur­schumlje und Prokoplje gelegenen Gebirge. Etwas weiter nord­wärts davon zeichneten sich die breiten, sanftgeböschten Rücken des Jastrebac scharf ab, die weitere Aussicht in dieser Rich­tung versperrend. Nahe an seinem östlichen Fusse aber sahen wir die Minarets von Nis herüberblicken.

Die der Morava vorgelagerten Waldberge sind durch ein flachmuldiges ThaI in zwei Gruppen ge!:>chieden. In der Mitte der Einsenkung liegt auf der Wasserscheide zwischen einem der Kutinska-Rjeka und einem kleineren, der Morava zuflies­senden Bache das Dorf Babes. Die nördliche Berggruppe be­zeichnete man uns als die Se 1 i c e v i c a Gor a, die südliche, grössere aber als die Ba b i c k a Gor a. Beide sind auf das dichteste bewaldet, besitzen aber keine bedeutende Höhe; von unserem Standpunkte aus betrachtet, lagen die Kuppen alle unter uns. Unzählige flache, noch weniger hohe Hügel erfüllen das Land bis an den Fuss der steil abstürzenden Suva-Planina. Unmittelbar unterhalb des Sattels liegt am Abhange, 400 Me­ter unter der Passhöhe , das Dorf J eglic, unser Ziel für diesen Tag.

Die Glocken des dahin zurückkehrenden Viehes, das Pfeifen und das Singen der Hirten drang einladend zu uns herauf, welcher Einladung wir, so schnell es in dem Wasserriss, durch welehen sich (leI' Steig herabzieht, möglich war, Folge leisteten. Unsere Pferde vor uns hel' treibend, kletterten wir auf dem beschwerlichen Pfade hinab. Nach einer und einer halben Stunde hatten wir den Leidensweg hinter uns und langten, schon war es Nacht, in Je g 1 i c an, einem in Kalkschutt- und Lehmschluchten hineingebauten Bulgareu-Dorfe.

Am nächsten Morgen (2G. August) ritten wir von Jeglic nach Koprivica und wieder über den Suva-Kamlll, der hier

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die Wasserscheide zwischen der Kutina- und der am Nord­abhange entspringenden Jelesnica-Rjeka bildet. Bald nachdem wir den Rücken passirt hatten, kamen wir auf eine tief ein­gerissene Schlucht, welche ein ausgezeichnetes Quellenterrain bildet. In einem weiten Halbkreise entspringen aus Dolomit­schutt in fast gleicher Höhe neun Quellen, deren Temperatur 11 0 C. beträgt. Mächtige Wallnussbäume beschatten den weiten Raum und erzeugen eine angenehme Kühle, die wohl auch den weiter abwärts im engen Thale zerstreuten Hütten den Namen Studena (studen = kalt) eingetragen hat. Es ist das untere Dorf dieses Namens: Dolne Studena. Die Quellen bilden sofort einen ansehnlichen Bach, der eine grosse Anzahl von Wald­mühlen treibt.

Im oberen Theile dieses engen Thales hat der Bach allenthalben mächtige Lager von Kalktuff abgesetzt, welcher am rechten Ufer im Orte selbst einen mehr als zwei Meter hohen Abhang bildet.

Das ThaI ist in den rothen, lettigen Sandstein ein­geschnitten, dem dolomitische Kalke aufgelagert sind. Unter­halb Dolne Studena bilden die letzteren ein schönes Felsenthor, durch welches sich der Weg im Bachbette halten muss, da nur für dieses Raum ist. Bei Hochwasser im Frühjahre wird das Wasser hier zuweilen zu einem kleinen See aufgestaut. Die auf beiden Ufern aufragenden dolomitischen Kalke bilden eine auffallende Scenerie, indem sie in unzähligen vielformigen Zacken emporragen. Die spitzen Felsriffe bildtm einen förm­lichen Wald von Palissaden auf den Abhängen und einen vielzackigen Wald auf den Höhen der Hügelrücken.

Auf dem letzten Wegstücke kamen wir über einen flachen Rücken, an dessen Ostfusse das grosse Dort Je I es n i c a liegt, und erreichten um Mittag das Bad Bania nach fast vier­tägiger Abwesenheit.

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11. Von Nis längs der bulgarischen Morava und der Vlasina- zum Ruj - Gebirge, und durch die Thäler der Odogoska und Luberasda nach Pirot

(Scharkiöi).

Früh Morgens am nächsten Tage (27. August) verliessen wir Bania wieder, um einen Ausflug ins ThaI der Ku tin a­Rj e k a und durch die Selicevica-Gora zu unternehmen. Kaum hatten wir den Eingang des Thales erreicht, als wir auch sofort eine Aenderung der die Berge zusammensetzenden Ge­steine wahrnahmen. Das ThaI der Kutina (nach dem am Ein­gange liegenden Bulgarendorfe so genannt) öffnet sich nach Süden hin, und es verläuft im Anfange direct an der Grenze zwischen den mesozoischen Kalken und Sandsteinen des Suha­stockes und den seidenglänzenden, lichten, talkreichen Schiefern (phyllitartig), ~welche die Unterlage der rothbraunen Sandsteine darstellen, vielfach gefältelt sind und muldige, mit rothem Con­glomerat gefüllte Sättel bilden.

Das ThaI bleibt eng, schluchtartig bis zu dem kleinen Dörfchen Lazal'ovski, von wo es sich beckenartig erweitert. Am rechten Ufer (links von dem ganz guten Strässchen) sind zwei Terrassenstufen deutlich zu erkennen. Wir verfolgten die Strasse bis zum Han vor eine!" Mühle von Draskovac (das Dorf liegt auf den Vorhügeln am Fusse der Suha IJlanina), von wo wir nach "'Vesten in dieselbe Thalmulde einbogen, die wir vom Suva - Kamme aus bis zur Morava hin verfolgen konnten.

Auf den nach Süden gerichteten Abhängen der flachen Hügdrücken liegen ausgech'hnte Weingärten, die, wie wir uns bald überzeugten, ganz gute Trauben liefern. Wir fielen näm­lich bei einem Weinhüter ein, und liessen ihn seine Gast­freundschaft beweisen, was er nicht ganz gerne that. Der Einsiedler hauste in einer kleinen, auf hohen H01zpfühlen ste­henden Hütte, von deren luftiger Höhe er die Gärten weithin überblicken konnte. Wir verweilten nur ganz kurze Zeit; sobald wir unseren Durst mit frühreifen Trauben etwas gestillt, ging

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es im raschesten Tempo, zu dem wir es bringen konnten, der nahen Wasserscheide zu.

Das rundrückige, dichtbewaldete Gebirge, die Babicka Gora im Süden und die Selicevica Gora, von ganz ähnlichem Charakter, im Norden, werden durch die flache Thalmulde von Barbes getrennt, welche aus horizontal gelagerten Sand steinen und thonigen Bildungen besteht, denen ich tertiäres Alter zu­schreiben möchte, weil sie durch ihr Aussehen sowohl als auch durch ihre Lagerungsform an die Gesteine der Braunkohlen­formation erinnern.

Auf halbem Wege zwischen Draskovac und Barbes liegt am Beginn einer fast horizontalen Fläche das Dorf G r tin je, an einem kleinen, tief in den grauen, glimmerreichen Sand­stein eingerissenen Bache. - Wir waren herzlich froh, als uns die schattenreichen Bäume von Barbes endlich unter sich aufnahmen, und wir uns an dem Wenigen laben konnten, was wir in dem, wie ausgestorben erscheinenden Orte, mit Mühe und N oth, nach langem Warten und wiederholtem ohrenzerreis­senden Commandoschreien des Dorfwächters endlich erlangten. Es war ein recht magerer Tag.

Auf einer Anhöhe über dem Dorfe liegt das Mon ast ir Pet l' 0 v dan. Das Hauptgebäude bildet eine aus Gneissquadern fest und dauerhaft erbaute Kirche, die, wenn nicht eine hohe Vorhalle mit grossen Thoröffnungen vorhanden wäre, im Bau­style auf das lebhafteste an eine grosse Schenke erinnern würde. Eine grosse, frei an einem Stricke herabhängende Metallplatte vertritt die Stelle der Glocke. Neben der Kirche stehen mehrere nierlere Hütten. Einige Steinkreuze bezeichnen den Raum hinter derselben als Begräbnissstelle.

Das Dorf Barbes zählt etwa 50 Häuser und ist nur von Bulgaren bewohnt.

Trotz der grossen Mittagshitze brachen wir sehr bald auf, da wir möglichst früh am Abend in Ni::; eintreffen wollten. Wir durchquerten die Selicevica Gora, ein Waldgebirge, das geologisch höchst einfach gebaut ist, indem wir auf dem gan­zen Wege immer im Gebiete eines glimmerigen Schiefergestei­nes (Glleisflphyllit) blieben. Nach dreistülltligem Ritte langten

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wir am nördlichen Abhange desselben an, der steil gegen das ThaI der Nisava abfällt und von tiefen Wasserrissen, wilden Waldthälern, durchschnitten ist. Nis lag vor uns, und darüber. hin sahen wir die Vereinigungsstelle der NiSava mit der Morava.

Das Thai, in das wir nun auf vielgewundenem Wege hinabstiegen, mündet nur wenige Minuten ostwärts von ~is aus und wurde uns als das ThaI der Denska Rjeka bezeichnet, so genannt nach dem Dorfe Den s k a. Etwas höher als Denska, liegt das Dorf Bar bat 0 va, und zwischen beiden Den s k a T sc h i fl i k, neben dem mir auf meine Frage nach Steinkohle, von einem Bulgaren zu meiner Freude in der That ein kleines, freilich unbedeutendes B rau n k 0 h I e n - Vor kom m engezeigt wurde.

Eingeschlossen in schwarzbraun gefärbten sandigen Let­ten von bedeutender Mächtigkeit - diesen hielt mein Führer für das von mir gesuchte schwarze Brennmaterial - finden sich einige kleine linsenförmige Massen von Braunkohle. Der Bach hat hier die auf dem krystallinischen Schiefergestein auf­liegenden jungtertiären Bildungen entblösst. In dem etwas bituminösen Letten fanden sich zahlreiche Fischschuppen (Cyclold - Schuppen) und einige schlecht erhaltene Pflanzen­abdrücke.

Unterhalb Denska erweitert sich das ThaI, die Abhänge sind ganz flach und grasbedeckt und bestehen aus jungtertiären und zum Theil wohl auch diluvialen Gel'öllmassen, die hier eine Mächtigkeit von GO-80 Meter erreichen.

Spät Abends langten wir in Nis an, tief in der Nacht aber war es, als wir endlich nach einem herrlichen Ritte über die menschenleere Strasse unsere Herberge in Bania erreichten, was uns übrigens bei einem Haar vereitelt worden wäre, da uns die Wache bei dem Thorschranken von Ni::; aufhielt und nicht passiren lassen wollte, weil wir keinen officiellen Begleiter bei uns hatten. (Unser armer Zaptieh litt nämlich derart am Wechselfieber, dass wir ihn für diesesmal zu Hause gelassen hatten.)

Nach kurzer Rast, die wir zum Verpacken unserer Samm­lungen benützten, verliessen wir Bania, um unsere Reise süd-

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wärts fortzusetzen. In Nis hielten wir uns nicht länger auf. Nachdem wir uns ein Bujurdu für die Weiterreise erworben hatten, das uns der mittlerweile in Nis wieder eingetroffene Ali Riza Pascha, der uns trotz des steten kriegerischen Lärmes auf das liebenswürdigste und zuvorkommendste entgegenkam, bereitwilligst ausstellte, - ging es am Abend über die flache Vorstufe der Lelicevica Gora nach Kurvingrad.

Auf der Höhe dieser Terrasse konnten wir die Jagdlust der Besatzung des kleinen, die Stadt beherrschenden Forts bewundern. Ein Hase war aufgejagt worden und wurde von den Soldaten lebhaft verfolgt, doch scheint ihnen der Schnell­füssige trotz mancher verpufften Pulverladung entgangen zu sein.

Einer meiner zeichnenden Begleiter fiel bei dieser Gele­genheit auf, und wir wurden dadurch längere Zeit aufgehalten, bis ein herbeigeeilter Tschausch unsere Papiere in Augenschein genommen hatte, ein Aufenthalt, den wir übrigens nicht bereu­ten; der J astrebac uud die Berge im Arnautluk repräsentirten sich uns im Abendsonnenschein auf das beste. Nach fast drei­stündiger Fahrt erreichten wir den "K u I' v i h a n," eine nahe bei dem Dorfe Klissura gelegene einsame Herberge, am Fusse eines steil abstürzenden Phyllitberges, der auf seiner Höhe die. Reste der alten Burg Kur v i n g rad trägt. Kanitz (Donau­Bulgaren etc. pag. 164) sagt von diesem Baurest, dass noch vor etwa 30 Jahren ausser den quadratischen Umfassungs­mauern auch noch das mit einem Relief geschmückte Portal erhalten gewesen ist. Nach einem römischen InschriftHtein, der als Baustein zufällig mitbenützt wordell war, sei Kurvingrad irrthümlich für einen römischen Bau, nach der zufälligen Aehn­lichkeit des Namens aber für ein Werk des Königs Mathias Korvinus gehalten worden. Kanitz erklärt. die Ruinen für die Reste einer der im Mittelalter entstandenen Serben burgen. Mit der Suva Planina hat der Berg von Kurvingrad nichts zu thun, er gehört der Selicevica Gora an, dem wohl umgrenzten kleinen Waldgebirge, das aber auch von der Babiska Gora (Boue, Itineraire I, pag. 77 schreibt Badiska) zu unterscheiden ist.

Wie ein Riegel schiebt sich beim Kurvihan am linken Morava-Ufer ein Phyllitfels quer über das ThaI und bildet eine kurze Thalenge, durch welche das Becken von Nis von der

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Thalweitung getrennt wird, das an der Vereinigungsstelle der aus Westen kommenden Toplica mit der bulgarischen Morava gelegen ist. Auch auf diesem Hügel liegt ein altes Gemäuer (die Reste eines alten Klosters).

Weiterhin zieht sich die Strasse am Berggehänge auf einer Terrasse fort, die stellenweise deutlich zwei Stufen er­kennen lässt. Hier fanden wir eine halbe Stunde vom KUl'vi­han entfernt ein interessantes Feuerstein-Vorkommen.

Bald darauf passirten wir die grosse, aber in einem recht erbärmlichen Zustande befindliche Brücke über die Morava bei dem Dorfe eie i n a.

Man kann nur die eine Hälfte derselben benützen, weil auf der anderen Seite die Pfeiler zum Theil zerstört sind, und die Fahrbahn ohne Unterstützung in die Luft ragt.

Die Morava fliesst am Fusse des hoch hinauf bebauten, etwa 400 Meter über das ThaI aufragenden, sanft abgerunde­ten Waldgebirges hin, während die Strasse im flachen Alluvial­gebiete verläuft, das im Westen durch niedere C etwa 200 Meter hohe) Hügel begrenzt ist.

Die Strasse ist auf ihrem ganzen Verlaufe im Flachlande mit hochstämmigen Weiden und Pappeln bepflanzt, auf ihren tiefst gelegenen Stellen ist sie jedoch vollkommen unfahrbar, indem sie hier .aus Flusssand und Geschieben besteht, die man damm­artig zwischen hohes Weidenflechtwerk aufgeschüttet hat, eine Art äusserer Formerfüllung, denn es ist wohl ein Ding der Unmöglichkeit, diese Theile des officiellell StrasseIlzuges zu befahren. An solchen Orten geht der befahrene Weg neben­her durch die Haiden und Felder hin.

Das vielfach versumpfte Alluvialgebiet ist überaus frucht­bar und reich bebaut mit Mais und Hanf; der letztere wird nicht selten bis gegen 3 Meter hoch. Ausserdem wird Korn und Raps angebaut. Im Frühjahre ist das ganze FlussthaI ein weiter See, und die Strasse wird dann weithin überfluthet.

Im Han und Karaul bei Pr e s t 0 v i c a stand das Wasser im vorjährigen Frühlinge wochenlang über einen halben Meter hoch. Am rechten Morava-Ufer lässt sich strecken weise eine

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Flussterrasse erkennen, auf welcher an der Ausmündung der Thalfurche von Barbes das Dorf Top an i ca liegt. Den hier ausmündenden Bach bezeichnet Hahn mit Unrecht als Ba r­bes-Rjeka. Das Dorf Barbes liegt schon im Gebiete der Ku tin a - Rj e k a. Im südlichen Thale der Alluvialweite liegt Lip ovi c a.

Bei P e c e n e v c a (ein Han und Tschiflik an der Strasse, das Dorf selbst in einem kleinen SeitenthaIe liegend) verengt sich das ThaI wieder. Ein Rücken, aus gneissartigem Phyllit gebildet, ist weit vorgeschoben, an seinem Ostabhang fliesst ein grösserer Bach (von Südwest kommend) hin, der nur durch einen flachen Schotterkegel von der Morava geschieden ist. Es ist die Jablanica, wie Hahn und v. Hochstetter angeben, und die Nadiska-Rjeka, wie Boue sagt.

Auf dem oben flachen, wie abrasirten Phyllithügel liegt eine kleine Kirche, nur wenige Minuten da von das Dorf Du b li an, noch weiter hin, auch an der J ablanica, das Dorf Vinarca. Das Bulgarendorf Cekmin liegt etwas nördlich von Pecenovca, westlich von der MOl'ava; gegenüber am östlichen Ufer über dem Flusse auf der vorhin erwähnten Vorstufe liegen die Dörfer G r t a n i ca (wie schon Boue richtig angege­ben [1., pag. 79]), und südlich davon Ras g v i n o.

An einer Anzahl herrlicher Eichen vorbei (eine davon hat einen Meter hoch über dem Boden sieben ~1eter Stammumfang) erreichten wir nun bald die diluviale Höhe zwischen der Jabla­nica und Veternica, von wo aus sich ein herrlicher Blick in die südliche Gebirgslandschaft eröffnet. Ueber eine Menge von niederen, waldbedeckten Hügeln und Bergen, erhebt sich ein ganz stattlicher Gebirgsstock mit kahlen Spitzen, unter welchen besonders eine über die benachbarten aufragt. Diesen Anblick beschreibt sehon Boue (Itineraire I, pag. 77), der den isolirten Kegelberg für die höchste Spitze (er schätzt sie wohl mit Recht auf 5000 Fuss) der "Kurbecka Planina" hält, für welche auf der Karte von Viquesnel (Voyage dans la Turquie d'Europe) der seltsame Name Mt. Spatz (2000 Meter hoch) angegeben wird (auf der älteren Kiepel't'schen Karte steht Spasch). Nach der Ablesung am Compass liegt dieser Punkt fast genau süd­lich von Leskovac (lGt)O), muss also ganz nahe bei Vnassia

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(südöstlich davon) gelegen sein. Auf der Hahn'schen Karte (1867) ist dort ein Kegelberg Namens Rujan (aber nur mit 2880' Höhe), und östlich davon ein zweiter Namens Sveti-Itija

angegeben.

Die Dovanica Planina südlich von Köstendie liegt so ziemlich in derselben Richtung, ist aber zu entfernt, um von Leskovac aus gesehen zu werden.

Gegen Westen schauend genossen wir den schönen An­blick, der weit im Hintergrunde eines welligen, reich bebauten Landes von Nord nach Süd verlaufenden Petrova Gora, deren fast genau im Westen liegende höchste Erhebung (27~-2800) zweigipfelig ist.

Leskovac erreichten wir um Mittag und überzeugten uns sofort beim Eintritte in die Stadt durch das Zigeunerviertel von der Thatsache, dass hier der Hauptstappelplatz des weit­hin berühmten dardanischen Hanfes ist, durch den wahrhaft pestialischen Gestank, der die Luft in der Nähe des die Stadt durchfliessenden Baches erfüllt. Hahn nennt Leskovac mit Recht eine grün durchwachsene behäbige Landstadt und schätzt die Einwohnerzahl auf 15.000, Boue aber, der gleichfalls 3000 Häuser annimmt, nur auf 12.000 Seelen. Auf den östlichen Gehängen der bis in die Stadt selbst vorgeschobenen Schotter-, hügeln gedeihen vortreffliche Trauben.

Noch am selben Abend (am 29. August) verliessen wir, nachdem die grösste Hitze überstanden, die Stadt, und wende­ten uns ostwärts dem Thale der VI a s i n a 0 der VIa s i d i ca­Rjeka zu.

Nach einer halbstündigen Fahrt übersetzten wir etwas oberhalb von Kr aj ni c a auf einer grossen Brücke die Morava, deren rechtes Ufer hier von einer circa 10 Meter hohen, aus Sand-, Lehm- und Geröllmassen bestehenden verticalen Wand gebildet wird, und kamen nun in eine weite, nach Osten reichende Bucht, an deren östlichem Rande die wasserreiche Vlasina hinfliesst.

Das ganze grosse Becken von Leskovac bis zu dem gros­sen Dorfe Vlasidica ist überaus reich bevölkert und gut angebaut.

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Eine ganze Reihe von Dörfern liegt am linken Morava­Ufer : Mrstana nahe am Einflusse der Vlasina in die Morava, südlich davon Krainica, Badinca (Radenice soll sich nach Aus­sage unseres Zaptiehs zwei Stunden weit von Leskovac in einem SeitenthaIe befinden) und Bonibrod. Am rechten Ufer der Morava liegt Namonica.

Wir waren auf halbem Wege zwischen der Morava-Erücke und Vlasidica, als wir durch einen von der Ferne komisch aussehenden Hügel jenseits der Vlasina beim Dorfe K 0 n 0 v­nie a (Boue schreibt Konapnica) davon abgezogen wurden. Wir übersetzten die bräunliche Vlasina und übernachteten im Mo­nostor auf der Nordseite des Hügels.

Dieser hat die Form einer, auf abgerundet rechteckiger Basis sich erhebenden Pyramide und ist oben mit einer Platt­form versehen, auf der sich deutliche Mauerreste erkennen lassen, die aus grossen quadratischen Backsteinen erbaut waren, die mit einfachen türkischen Zeichen versehen sind. Auch die nach Süden gekehrte, unter einem Böschungswinkel von 35 bis 40° abfatlende Fläche zeigt Spuren von Mauerwerk. Der Hügel war einst ohne Zweifel befestigt und war dazu, da er nahe dem Ausgange der Vlasina-Schlucht gelegen ist, recht gut geeignet. Er hat eine Höhe von etwa 30 Meter und be-' steht aus granatenführendem Glimmerschiefer. Seine Gestalt hat er offenbar nur unter Mitwirkung der menschlichen Thä­tigkeit erhalten. An seiner nördlichen Seite hängt er durch einen niederen Rücken mit den Ausläufern der östlichen Wald­gebirge zusammen.

An seinem westlicheh Fusse liegt das wohl eingehegte Monastir, und weiter nordwärts liegen die in einem von Nord nach Süd verlaufenden Thale zerstreuten Hütten von Konov­nica. In dem ersteren fanden wir Unterkunft beim Schulmeister des Ortes, der uns auf das bereitwilligste alle Dienste ver­richtete, während ein Substitut mit dem Amtsstabe ausge­stattet die lebenslustige Schuljugend im Zaume hielt.

Ein interessantes Vorkommen VOll trachytischen Tuffen und sanidinreichen Trachyten heschäftigte uns am nächsten Vormittage. Auch auf dem, die bis zu 200 Meter hoch auf-

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ragenden eruptiven Gesteine deckenden Quarzschotter, gedeiht ein trefflicher Wein.

Aus den festeren Sorten der mürben, lel~pt beai·bei.t­baren Tuffe, werden die zahlreichen Leichenstfl~hf( ft6 ·.JYfuhe,-medaner und Christen angefertigt. . : ,~ .. ,' " >

Die zahlreichen Wasserrisse im Gebiete der'· Tuffe. '.s'iud tief eingenagt und mit vertical abstürzend~t' Vvän;}ir.: "ver-

sehen. , Von V las i d i c a aus (ich hörte im ürte aU(,~ Vlasodince

und Vlasidnica nennen), wo wir nach einer halbstündigen Fahrt am rechten Ufer der Vlasina anlangten, traten wir eine siebentägige, an Abwechslung reiche Gebirgstour an, deren Ziel Pi rot (türkisch Sc h a r k i ö i) war. Die Entfernung dieser Stadt von Vlasidica beträgt nur 11 türkische Stunden oder etwa 50 Kilometer, freilich entlang einer im Ganzen recht gut angelegten Fahrstrasse. Diese verläuft bis Sv 0 dj e am rechten Ufer der Vlasina, verlässt hier diesen aus Südost kommenden Gebirgsfluss und folgt der aus Nordost kommenden Lu b e­ras da, um aus deren ThaI in das der Nisava über ein da­zwischen liegendes Kalkplateau überzugehen. Da wir nur schlechte Reitsteige zu erwarten hatten, liessen wir den mittler­weile erkrankten Alif mit unserem Gepäcke und den Wagen in Vlasidica zurück, und bestiegen die nicht ohne Mühe und einigem Aergel' erlangten Klepper, welche durch die plumpen landesüblichen Holzsättel gräulich zugerichtet waren. So klein und zerschunden die Thiere übrigens waren, bewährten sie sich doch als recht ausdauernd.

Das ThaI der Vlasina verläuft von Vlasidica bis eine halbe Wegstunde oberhalb Svodje im Allgemeinen in ostwest­licher Richtung (nach Hora 7), und ist eine enge, wilde Ge­birgsschlucht, eingeschnitten in die, im Grossen und Ganzen sehr eintönigen hrystallinischen Schiefer, unter welchen quarz­reiche, vielfach gefältelte Phyllite und gneissartige Gesteine die Hauptrolle spielen. Eigenthümliche Felsformen bilden nur die Quarzitlager, die in unzähligen Spitzen und Zacken verwittert emporragen.

Der erste Ort in der Schlucht ist Bol ans ka (oder Bolara 45 Minuten oberhalb Vlasidica), in einer kleinen, rings

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.v,qn Bergen eingeschlossenen Thalweitung, am rechten Ufer .;g€kgen. Vierzig Minuten später (wir ritten in mässigem Tempo) kaml'ln wir" nachdem wir einen Gneissrücken überschritten lratten, -hehn 'Monastir Sv e ti Ra n gel vorbei, und erreichten k~f~ aatalif den 'ärmlichen D aj an - H a n an einem kleinen Zti.fluflseMs Nord. Nun kommt man bis Svodje nur noch an wenigeG·:ärnil.~'chim Hütten vorbei.

Da(Bulgarerrdorf Sv 0 dj e liegt dort, wo die ~asserreiche Luberasda> in die Vlasina sich ergiesst, am linken Ufer des erstgenannten Baches. Um es zu erreichen mussten wir aber­mals einen Rücken überschreiten. Das Dorf liegt etwa 80 Meter höher als Leskovac.

Am 31. August brachen wir kurz nach Tagesanbruch auf - es war ein herrlicher Morgen - und erreichten bald die Stelle, wo sich die Thalrichtung in einem rechten Winkel ändert. An dieser Stelle liegt eine kleine, mit Schottermassen erfüllte Erweiterung des Thales, an deren östlichem Rande der Fluss verläuft. Der Thalgrund gehört bereits zu dem Gebirgs­dorf 0 ra. Der Oni-Han dürfte dem von Boue angeführten Krivilski-Han entsprechen.

Die Grenze zwischen den krystallinischen Schiefern und den mesozoischen Kalken und dolomitischen Gesteinen liegt ganz in der Nähe, wie alle die Schuttkegel bezeugen, die durch Wildbäche aus den kurzen Seitenthälern herausgebracht wur­den, und nun am rechten Flussufer eine förmliche Terrasse bilden.

Aus dem Thallehm werden unweit vom Oni-Han Ziegel verfertigt, besonders Hohlziegel zum Decken der Dächer.

Die Vlasina kommt in dieses kleine kesselartige Thal­becken aus einer engen, überaus wilden Schlucht, einem wahren SpaltenthaIe, so eng und tief, dass für den Reitsteig kein Raum bleibt, und dieser an der rechten Thalwand über die mit Phyllitblöcken übersäten Steilgehänge und theilweise auf der Höhe der plateauartig breiten Bergrücken hinführt.

Dieser Theil des Gebirges hat einen alpinen Charakter, es ist ein schönes, wildes Waldgebirge. Buchen (Fagus und Carpinus), Hasel- und Weissdorn, Ahorn (A. campestris), Eichen

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(Q. cerris und pubei:icens) und wilde Birnbäume bilden die Bestände an den Abhängen, Clematis und Bryonia winden sich um die Aeste, oft nur schwer durchdringliche Dickichte bildend.

Mitten in dieser Waldwildniss liegt, weithin zerstreut, aus etwa zweihundert Hütten bestehend, das Walddorf Gar e, an beiden Wänden der Schlucht. Eine kurze Strecke zuvor mündet ein mit der Vlasina parallel verlaufender grosser Wald­bach, die 0 d 0 gas kaR i e k a.

Der hochaufragende, mächtige Gebirgsstock westlich von Gare (am linken Ufer der Vlasina) wurde uns als die V u s PI a ni na bezeichnet, der weniger hohe, oben in eine Plateau­fläche auslaufende Rücken zwischen Vlasina und Odogoska aber als die Garski Planina. Diese Höhe erreichten wir nach Ueberwindung einer recht garstigen Rutschwand. Von der Höhe aus hatten wir einen schönen Anblick über die weniger hohen Gebirgszüge nach Westen und Norden. Mehrere Bergketten bauen sich nach Norden hin übereinander auf, die erste erhebt sich nordöstlich von Cervena Jabuka und wurde uns mit dem Namen Zr n i V r h bezeichnet, es ist ein mächtiger Gebirgs­stock, von dem eigentlich zwei Züge ausstrahlen, die südliche nalinte man V u eid e I, die nördlichere die Ces t 0 v 0 P I a­ni n a. Letztere zeigt schon den Charakter der Kalkberge. Darüber hin erhebt sich ein sehr bezeichnendes Kalkgebil'g"l' (dasselbe, dem der Stolski-Kamm angehört), welches die sü(l­östliche Fortsetzung der Suva Planilla bildet, ein Gebirge, das wir später in den Bergen an der Sukava Rieka kennen lernen sollten, einem mächtigen Kalkzuge, der von NW. nach SO. verlaufend auch die Kalkplateaus bei Trn, und weiter nach Süden die von der Struma umflossenen Kalkberge zwischen Köstendie und Radomir umfasst.

Zwischen diese Kette und die nördliche Fortsetzung dCR

"Zrni Vrh" schiebt sich ein Kalkstock ein, der von NO. nach SW. gerichtet ist, und mit dem Gebirge in Nordosten von Luberasda (siehe unten) übereinstimmen dürfte.

Die Stelle, von welcher aus unser Altmeister Boue VOI'

vier Jahrzehnten das Lano ringsum betrachtet hat, liegt noch etwas weiter südöstlich auf demselben zu oberst mit Wies­gründen bedeckten Phyllitrücken.

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Der Fluss hat hier ein ungemein starkes Gefalle, die Thalbildung ist im vollen Gange.

Das erste Häuschen von Gare liegt in einer Höhe von circa 350 Meter, das höchste zu Gare gehörige Haus aber fast 1000 Meter hoch. Das letzte Haus ist ein Han, doch konnte

. der Hantschi nicht gefunden werden, trotzdem ich länger als 2 Stunden hier verweilte, um einen meiner Begleiter, welcher zurückgeblieben war, zu erwarten.

Durch einen schönen Buchenwald reitend, erreichten wir bei einer Quelle mit vortrefflichem Wasser vorbei das Gebirgs­<torf Ja buk 0 v a (das Aepfeldorf). Es liegt theils noch· am Abhang an einem Wasserriss, theils in der Schlucht selbst, in der sich die Quellbäche der Vlasina sammeln. Der westlichere und grösste rlerselben ist die Vlasina, welche aus Südwesten kommend etwas unterhalb Jabukova einen Bogen macht, und in der von Südost nach Nordwest gerichteten Thalfurche weiterfliesst. Parallel mit ihrem obersten Laufe ist die Dar­kovska Rieka. Parallel mit dieser die Jabukovska Rieka. Ausser diesen wurde uns noch der östlichste Bach als die Kalanska Rieka bezeichnet, deren Thalrichtung die vereinigten Bäche beibehalten. Alle diese Bäche fliessen in überaus tief einge­schnittenen bewaldeten Schluchten mit bedeutendem Gefälle.

An der Vlasina liegen die Dörfer Dobrodol, Rupie und Vlasina (3, 5 und 6 Wegstunden von Jabukova entfernt). An der Darkovska liegt das Dorf Cerna trava, nach welchem der grosse Phyllitstock genannt wird, der sich demnach zwischen der Vlasina und der Dragovska befinden dürfte. An dem letzte­ren Bache liegen ausserdem noch die Dörfer Brod und nahe der Ausmündung in das Hauptthai Darkovce selbst. An der Kalanska endlich liegt zwei Wegstunden von J abukova der Ort Kalna.

Meine Frage nach der Sirena Planina (auch Siroka Planina), die auf den Karten in dieser Gegend verzeichnet ist (Boue führt sie in seinem Rec. Itin. I. 82 an), konnte mir trotz vieler Bemühungen Niemand beantworten.

Als ich nach dem Snegpolje fragte, bedeutete man mir, wie dies Hofrath Hochstetter an einem anderen Orte gerade

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so erfahren, Isnebol heisse der Bezirk von Trn, eine Snegpolje Planina aber kenne man hier nicht.

Südöstlich von unserem Standpunkte erhob sich ein an­sehnlicher Bergstock, den sie damals für Boue's Snegpolje hielten. Es ist ein stattlicher Kegelberg, der mit seinen wies­bedeckten, rundkuppigen Spitzen über alle vorliegenden Höhen hoch aufragt. Er wurde mir, als ich nach vier Wochen an seinem Südfusse Excursionen unternahm, als die R uj P I a­ni na bezeichnet, ein Name der zuerst von Hochstetter in die Karte gebracht wurde. Die Karaula Descani Kladanec, an einem Nordwest-Abhange gelegen, wurde unser Ziel, nachdem wir auch, sobald unsere Pferde abgefüttert waren, aufbrachen. Der Weg dahin ist im Anfange recht gut, und zieht sich durch eine Gegend, die man dem schönsten Wildparke vergleichen könnte, auf der Höhe zwischen der Kalanska und Odogo~ka hin. So­bald wir das Plateauland aber hinter uns hatten, wurde der Weg stellenweise recht halsbrecherisch. Zuerst kamen wir noch über krystallinische Schiefer, quarzreiche Phyllite und Glim­merschiefer wie bisher, dann folgten aber grünliche und braune Thonschiefer, auf welchen, zum Theil sehr kieselschieferreiche, ungemein harte Conglomerate und Sandsteine auflagern. Un­mittelbar vor der Karaula betraten wir ein ausgezeichnete~

Trachyt-Gebiet. Lichtgraue, mürbe Tuffe bilden die Haupt­masse; doch finden sich auch schöne Trachyte, welche viele Hornblendenadeln führen und hin und wieuer eine plattige Ab­sonderung zeigen.

Die Entfernung von Jabukova bis zur Karaula erwies sich viel grösser als wir geglaubt hatten, so dass wir das letzte Stück des Weges, und zwar gerade das schlechteste, in der Nacht zurücklegen mussten, was um so unangenehmer war, als der Himmel sich schon früher dicht umzogen hatte, und ein heftiger kalter Wind aus Südost, Regen verheissend, uns ins Antlitz blies. Wir hätten in einer Schäferhütte, etwa eine Stunde vom Ziele, unser Nachtquartier aufgeschlagen, wenn sie nicht gar so elend gewesen wäre, so dass wir lieber den qual­vollen Weg weiter verfolgten, der, nachdem eine Felsenschlucht passirt war, sich durch weisse, in Trachyttuff ausgewaschene Hohlwege hinzog, bis zur Karaula. Wir zogen diese dem

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benachbarten armseligen Han vor und verlangten Einlass, der uns nach einigen Unterhandlungen auch gewährt wurde.

Diese Karaula ist ein aus Stein gebautes festes Haus, umfasst nur einen einzigen derzeit bewohnbaren Raum, das zweite Gemach war fensterlos und diente als Magazin, somit blieb uns nur noch das Vor haus und· der Stall. Das erstere adaptirten wir. Es ward unser enges Schlafgemach für diese sturmbewegte Nacht. In das Heulen des Sturmes, dem wir den Eintritt durch die Schiessscharten bei der Thüre kaum ver­wehren konnten, mischten sich in Momenten der Windstille die melancholischen Töne der Tambora. 1) Einer unserer Wirthe spielte bis Mitternacht die eintönigen Weisen sich zur Lust und uns einigermassen zur Qual.

Der Morgen des ersten Septembers war nichts weniger als freundlich; dichter Nebel verwehrte uns jegliche Aussicht. Es war ein unablässiges Wogen in dem dichten Gewölke, das uns rings umgab und sich zeitweise in leichtes Geriesel con­densirte. Wir waren festgebannt und richteten es uns in dem rauchigen Han neben der Karaula möglichst wohnlich her. Der Aufenthalt wäre nicht so übel gewesen, wir konnten ja denken, wir sässen in den Alpen in einer Sennhütte, wenn nur irgend­wie Geniessbares vorhanden gewesen wäre. Die arme alte Bul­garin hatte aber keinerlei für europäische Mägen geeignete Speise zu bieten. Von schwarzem Kaffee und Paprika allein konnten wir uns aber nicht nähren. Desshalb musste unser etwas eigensinniger Dragoman, der meinem Wunsche, Reis und Hühner von Jabukova mitzunehmen, zu seinem eigenen Nach­theile nicht nachgekommen war, am frühen Morgen nach dem zunächst gelegenen, immerhin aber fast zwei Stunden weit ent­fernten Kalna reiten, um Mundvorrath herbeizuschaffen. Wir wollten auf keinen Fall fort, ohne dem Ruj einen Besuch ab­gestattet zu haben.

Die Zeit benützten wir trotz Regen, Sturm und Nebel zu einem Ausfluge auf dem Wege zurück, den wir am Abend

I) Die Tambora ist eine kleine Laute, die in den meisten Fällen nur zwei Metallsaiten besitzt.

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zuvor in der Dunkelheit zurückgelegt hatten. Wir konnten uns über die Vertheilung und Aufeinanderfolge der Gesteine und besonders über die Beschaffenheit des Trachytstockes, auf dem wir uns befanden, Aufklärung verschaffen. Die Schlucht bei der Schäferhütte liess es uns am Tage wie ein Wunder er­scheinen, dass wir und unsere müden Pferde hier nicht Hälse und Beine gebrochen hatten. Die Abstürze sind durch die schon erwähnten schwarzen, ungemein festen Kieselschiefer­Conglomerate und Sandsteine gebildet.

Um Mittag hellte sich das Wetter auf, und wir benützten diese Gelegenheit zu einem Besuche des R uj - Ge bi r g e s.

In ziemlich gellau östlicher Richtung führte unser Weg über einige Vorhügel, die mit Wald und Wiesen bedeckt sind, bis an eine Furche an der Südostseite des Berges, durch die eine Quelle niederrieselt, welche an der Stelle entspringt, wo auf der wiesbedeckten , sanft abgerundeten, hoch ansteigenden Hauptkuppe ein Riff aus grauem, dichtem Kalk auflagert. Der Wiesen teppich bedeckt den fast 1800 Meter hohen Berg bis zum schmalen, nach Süden steiler abstürzenden höchsten Kamme. Auf der Höhe ragen Felsmassen aus den mit alpinen Blumenflor gezierten Wiesen empor (besonders häufig war Gentiana asclepiadea). Das Gestein ist sehr fester, dunkler Hornblendegneiss in ganz typischer Ausbildung.

Der Aufenthalt auf der Höhe war nichts weniger als angenehm.

So lange wir die Höhe nicht erreicht hatten, ging es an, dann aber waren wir einem wüthenden Südost-Sturme ausge­setzt, der uns kaum von der Stelle kommen liess und uns zeitweise so dicht in Wolken hüllte, dass wir nicht fünf Schritte weit sehen konnten. Obwohl die Temperatur nicht unter 6'40 C. sank, war die Wirkung des Sturmes doch so, als ob der ärgste Frost herrschte; die Finger waren kaum im Stande, den Ham­mer zu regieren, um dem widerstrebenden Gestein das eine oder andere Handstück abzuringen.

Auf Momente zerriss der Sturm die Wolkencoulissen, und erlaubte uns Blicke in das weite und freundliche ThaI der oberen Sukava (der Klisurska Rieka oder Golema Woda) und

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über dieses hinaus in die Gebirgswelt im Südosten zu werfen, wo wir zum erstenmale den Anblick des imposanten Vitos­stockes genossen.

Wir konnten durch dies.en Anblick nur ahnen, wie herr­lich das Panorama von dieser luftigen Höhe bei schönem Wet­ter sein muss. Die Zeit war uns knapp zugemessen. Die Sonne neigte sich den waldigen Höhen im Westen zu, sie warf noch einmal unsere ungeheuren Schatten auf eine vorüberhuschende Wolke, um sofort wieder verhüllt zu werden.

Gar rasch erreichten wir zwar beim Abstieg die Quelle, doch kamen wir nicht vor tiefer Nacht zum Han zurück.

Am nächsten Morgen begann sich der Nebel endlich ernstlich zu lichten, und ich konnte mit Herrn Wang einen recht angenehmen kleinen Ausflug nach der Ra n 0 I u s k a PI a n i n a unternehmen, während die Herren Szombathy und Heger ein zweitesmal den Ruj bestiegen. Mein Weg führte zuerst nach SO. und sodann in einem weiten Bogen bis nach West, auf der Strasse die nach Cerna trava führt, welches von hier in 10 Stunden erreicht werden kann. Der tiefe Thalgrund im Norden, den ich auf diese Weise wie auf einem Walle um­ging, ist das Quellgebiet der Kalanska Rieka. Die Höhen sind alle mit üppigen Wiesen bedeckt, welche tausende von Schafen ernähren. Hier im Westen fand ich unter Anderem schwarzen Kieselschiefer anstehend.

Von der Karaula Descani Kladanec stiegen wir gegen Mittag in das ThaI von Cervena Jabuka hinab, welches von der Odogoska oder, wie man uns den Bach nannte, von der Te­gostica Rieka durchflossen ist.

"Auf diesem Wege passirten wir zuerst glimmerreiche Sandsteine (der Kreideformation angehörig) und darauf liegende grünliche Mergel und Inoceramen. Darunter folgen zuerst weissaderige, etwas dolomitische Kalke und unter diesen dünn­geschichtete, sandige Crinoidenkalke. Diese Schichten liegen discordant auf den grünlichen und violetten paläozoischen Thon­schiefern" (1. c. pag. 5.)

Cer v e n a Ja buk a erreichten wir nach mehr als drei­stündigem Ritte. Es liegt in einem engen Thale zwischen

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unzähligen Obstbäumen und hat eine ungeheure Länge. Kurz vor dem Beginn des Dorfes windet sich der Bach durch eine enge, ungemein steil geböschte Schlucht, und hat hier ein be­deutendes Gefälle. Der Steilabhang vor dem Dorfe ist mit hundert­jährigen Buchen besetzt, die in einem Lande, wo das, was wir Waldwirthschaft zu nennen pflegen, auch nicht einmal dem Namen nach bekannt ist, eine wahrhafte Freude bereiten. Dass dieser kleine Waldbestand in der unmittelbaren Nähe eines stark bevölkerten Dorfes so ungestört erhalten bleibt, hat auf jeden Fall seinen guten Grund. Dieser Wald ist ein Wetter­schutz für das Dorf.

Das ganze Dorf liegt im Bachbette auf den wenig hohen Terrassen. Das ThaI ist so eng, dass die Strasse auf weite Strecken hin fort und fort im Bachbette selbst verläuft. Dieses ist mit riesigen Kalkblöcken und mehrere Meter mächtigen Schuttmassen erfüllt, die kleinen Weitungen aber sind auf das beste angebaut. Es wird Hanfbau getrieben. Längs des Baches sind zahlreiche Gruben und kleine Teiche angelegt, in welchen der Hanf geröstet wird.

Von Cervena Jabuka ritten wir über Rakovdol nach Rad 0 v s i n. Dabei verliessen wir die Tegostica und ritten durch die Thalschlucht der Rakovska Rieka nach Norden, überschritten sodann einen Bergrücken und erreichten das in einer mit der Rakovska parallel verlaufenden Thalschlucht ge­legene Rad 0 v s i n.

Auf diesem Wege kamen wir zwischen Phyllit- und Chloritschiefer-Gesteinen hindurch, aus welchem sowohl Granite als auch dioritische Gesteine aufragen. U

Aus dem kleinen Thalbecken von Radovsin ritten wir am nächsten Morgen (am 3. Sept.) über lebhaft glänzenden violet­ten Thonschiefer, dunkel graublaue Kalkschiefer in ein aus­gedehntes Sandstei n -Terrain.

Von der Höhe oberhalb Radovsin (nahezu 1000 Meter hoch) sahen wir nach Westen hin längs der Vlasina-Furche bis in das Morava-Thal. Eine im Norden von Svodje, zwischen diesem Dorfe und Mali Boinica gelegene Berggruppe bezeich­nete man uns als die Mali Boinica Planina. Nach SW. hin bauten sich die waldigen Rücken der Garski und Vus Planina

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und hinter der letzteren die Cerna trava auf. Weiter nach Süden, in gleicher Entfernung mit der Vus Planina, wurde nur ein niederer Waldrücken als die Plana Preslavska bezeichnet.

Durch tiefe Schluchten kamen wir nach 11/ 2stündigem fiitte nach L e s k 0 v i c e und von' hier in nördlicher Richtung nach Berdui, das in einem von Süd nach Nord streichenden engen Thale gelegen ist.

Von hier erreichten wir auf steil abfallendem Wege die von Leskovac n~ch Pirot führende Hauptstrasse bei dem 1\10-nastir und Dorfe LuberaSda Rieka, demselben Flusse, dessen Einmündung in die Vlasina wir bei Sv 0 dj e gesehen hatten.

Auf dem ganzen Wege waren wir in dem Gebiete des auf das lebhafteste an die Karpathen - Sandsteine (mittlere Kreide) erinnernden Sandsteines geblieben. Die rundrückigen Berge sind mit Buchenwäldern bedeckt. Erst beim Abstieg zur LuberaSda verliessen wir diese Bildungen wieder, und kamen übel' schwarze, dünnplattige Kalke, die bis an den :Fluss hin anhalten.

"Von unserer Station an der Luberasda aus unternahm ich mehrere Ausflüge nach Westen, flussabwärts bis an die Grenze der grossen Phyllit-Zone. Auf dieser Route sind die eben erwähnten dunklen Plattenkalke sehr entwickelt und führen auch Versteinerungen, so dass sich ihr Alter hoffentlich ganz genau wird feststellen lassen. Auf diese Kalke folgen licht­graue, dichte Kalksteine, welche reich sind an Cidariten- und Crinoiden-Resten (oberer Malm oder Kreide-Formation), und hierauf ein schönes Vorkommen von licht gefärbtem Porphyr­tuff. Unmittelbar an der Strasse erhebt sich ein schöner Kegel­berg, der rings von den lichten, fast horizontal geschichteten Kalken umgeben ist." (1. c. pag. 5.)

Einer meiner Begleiter (Herr Wang) war bald nach unserer Ankunft in Luberasda mit meinem Dragoman nach Vla­sidica zurückgeritten, um unseren Wagen und unser Gepäcke zu holen. Leider ging diese Angelegenheit nicht so ruhig ab als ich gehofft. Dem noch immer kranken Alif begegnete der Unfall, dass er an dem steil abstürzenden Abhang beim Dorfe Mo u. l' es t e n a die Pferde nicht zurückzuhalten vermoehte, und

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so sammt dem Wagen in einen etwa 4 Meter tiefen Wasser­riss stürzte. Während Herr Wang und Steiner noch rechtzeitig abspringen konnten, fiel er unter den umkippenden Wagen. Es währte lange bis der wirre Knäuel, den die Pferde, der Wagen und das Gapäcke bildeten, entwirrt und der unter dem Wagen liegende arme Alif, der manche arge Quetschung erlitt, aus seiner schlimmen Lage befreit wurde. Auch mein Queck­silber-Barometer hat den bösen Fall mitgemacht, es kam jedoch in dem engsten Theil des Wa8serrisses so glücklich zu liegen, dass es vollkommen unverletzt blieb, wovon ich mich sofort überzeugte, als ich auf der Unglücksstätte anlangte.

Zwischen l\Iodrestena und Svodje erfragte ich noch einen Weiler Namens Mestraja, abseits der Strasse aber liegen nach Norden hin die Orte Boinica und Mala Boinica. Zwischen Modrestena und der Kalkschlucht bei Luberasda ist das ThaI weit, die Strasse verläuft am rechten Ufer und ist mit Aus­nahme weniger Stellen verhältnissmässig gut. Oberhalb des erwähnten eruptiven (porphyrartigen) Gesteines zieht sich der Fahrweg am Berggehänge hinauf.

. Oberhalb des LuberaSda-Han's kamen wir in eine enge Kalkschlucht, wo wir eine hübsche Petrefacten-Ausbeute mach­ten. Eine grosse Blockhalde liegt an der Ausmündungsstelle dieses Engpasses in die Thalweitung von LuberaSda. (Drei Thäler treffen hier zusammen. ) Unser Weg verfolgte hier die nördliche Richtung nnd führte uns in eine weite Thalmulde. Diese ist im Westen durch einen hohen, von Nord nach Süd verlaufenden Gebirgsrücken begrenzt, aus dem eine Anzahl Wasserläufe in das Becken münden und sich mit dem von Nord nach Süd verlaufenden Hauptbache vereinigen, den wir als LuberaSda kennen gelernt haben.

Dieses Becken hat beiläufig eine Länge von 2 Wegstun­den und ist im Norden durch einen Querrücl{en, dessen höchsten Punkt man uns als Slivnik Kamen bezeichnete, von dem Becken der Kutinska Rieka geschieden. In der südwestlichen Ecke der Mulde, alli. Eintritte der LuheraSda in die Thalenge, liegt Gorcinca am rechten Ufer, während der Hall an der Strasse am linken Ufer liegt. Kaum mehr als einen Kilometer nördlich davon zeigte man uns in einer Bucht der Berge das Dorf

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Raracevo, etwa 5 Kilometer davon an einem grösseren Bache im Hintergrunde eines Thales das grosse Dorf I s vor. Den Rücken, an dessen Nordost-Fusse dieser Ort liegt, nannte mein ortskundiger Zaptieh bei meiner zweiten Durchreise (am 30. Sept.) die Sabianska Planina.

Nördlich von Isvor liegen noch die Dörfer Pravelnik und Pradisefka. Alle die genannten Ortschaften liegen an den Berg­lehnen, im Grunde der fruchtbaren und gut angebauten Thai­mulde sah ich keine grösseren Niederlassungen. Dafür liegen auf den im Osten von dem breiten Kalkplateau gegen die Mulde auslaufenden niederen und bewaldeten Hügelreihen mehrere grössere Dörfer, und zwar habe ich von Süden nach Norden die folgenden selbst gepeilt: S t 0 I am Fusse des weit­hin sichtbaren Stolski Kamen oder Galemi Stol, eines massi­gen, hohen, steil abfallenden Kalkstockes Baba, am Rande des Beckens, am Ausgange einer tiefen Schlucht Slagucan mit einer die Hügelhöhe krönenden, aus Stein erbauten Kirche. Nordöst­lich davon liegt weiter im Gebirge Kuloceleva.

Die Strasse führt vom Gorcinca-Han im Thalgrunde fort, bis zu einem zwischen Slagucan und dem Avular Tschiflikge­legenen grossen Strassen-Han, von wo sie auf eine weite Strecke hin fort und fort ansteigt, bis ein Höhenrücken erreicht wird, auf dem weiter ostwärts das Dorf Radosefci liegen soll.

Bis hieher hatte uns trotz einigem Wankelmuthe immer noch die Sonne gelächelt, nun änderte sich jedoch das Wetter gründlich; während im Osten der Himmel klar blieb, regnete es bereits im Norden und Südwesten, und nur zu bald erhielten auch wir unseren guten Antheil davon, so dass bald jede Ar­beit unmöglich wurde.

Beim Abstieg in ein breites, freundliches, von Ost nach West gerichtetes ThaI, in welchem am rechten Ufer des gegen West fliessenden Baches die beiden Bulgarendörfer D 0 I n i und Gor n i K ern in a gelegen sind, konnte ich noch constatiren, dass sich dieselben Sandsteine, welche ich in dem soeben be­sprochenen Thalbecken an den Rändern anstehend gefunden und für Braunkohlen-Sandsteine gehalten hatte, auch hier noch vorkommen und bis nach Gorni Kernina anhalten, wo sie auf Nerineen- und Caprotinen-Kalken (Tithon und neocome Kreide?)

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auflagern. Dieselben Kalksteine, setzen von nun an das ganze ausgedehnte Plateau zusammen, das sich von NNW. bis SSO. verlaufend als ein hier bis circa 7 Kilometer breiter, mäch­tiger Wall ausdehnt, um gegen das ThaI und die Thalbecken der Nisava mit steilen Gehängen abzustürzen.

Da es schon dunkelte, und ich ein recht unangenehmes Frösteln verspürte, die Herren Szombathy und Heger aber überdiess etwas zurückgeblieben waren, wollten wir in Gorni Kernina übernachten. Das Verhängniss wollte es jedoch, dass der Han unbewohnt war, und dass unser Zaptieh, der hier mit der Gegend offenbar nicht mehr vertraut war, sich von den wenigen Dorfbewohnern, die sich sehen liessen, weiter schicken liess, weil angeblich bald ein Han zu erreichen und BI a t 0,

unser Ziel, schon sehr nahe sei. Da sich unsere Karten gerade in diesem Gebiete als ganz

und gar unbrauchbar erwiesen hatten, konnten wir uns auch auf diesen keinen Rath holen, und fuhren nun weiter in die Nacht hinein durch enge Kalkschluchten und über das endlos scheinende karstähnliche Plateau hin, dessen Untersuchung ich mir für einen späteren Ausflug hieher aufbehalten musste.

Spät Abends trafen wir erst in BI a t 0 ein. Es ist diess ein grosses, stark bevölkertes Dorf, etwa 6 Kilometer von Pirot entfernt, durch dessen Mitte die breite Strasse hindurchführt. Es liegt bereits im Thalbecken von Pi rot (oder Sc h a r k i ö i) auf einer mässig hohen, den Rand des Beckens umsäumenden Terrasse, am Fusse des hohen, kahlen und steil gegen das Becken abstürzenden Ostabhanges des Kalkplateaus. Später noch als wir traf übrigens Herr Szombathy von einem Zaptieh begleitet ein.

Trotz des Kautschuk-Mantels tüchtig durchnässt und starr vor Kälte trafen wir in dem ungastlichen Han ein. Dies wohl auch verbunden mit der höchst mangelhaften Nahrung der letzten beiden harten Arbeitstage reichte hin, mir und Herrn Szombathy das Wechselfieber zuzuziehen, weIches mich für die sechs folgenden Tage fast gänzlich arbeitsunfähig machte.

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12. Pirot (Scharkiöi), Sofia und der Vitos.

Pi rot (türkisch Scharkiöi), der Sitz eines Mudirs, ist ein Städtchen mit etwa 12.000 Einwohnern (Blanqui gibt 1841 1. c. 15.000 Einwohner an). Es liegt nahe dem östlichen Rande des von NW. bis SO. verlaufenden, etwa drei deutsche Meilen langen und an der breitesten Stelle wenig über eine Meile breiten Thalbecken, am Fusse der steil nach Süden abfallenden Bel a v a P I a n i n a, einem ansehnlichen Kalkstocke, der nur durch die tief eingeschnittene, vielgewundene Schlucht der· Nisava von den Kalkbergen des Balkans geschieden ist.

Auf einem niederen Kalkriffe dieses Gebirges steht das kleine feste Schloss, und über diesem auf der die Stadt beherrschenden Höhe "Assarlak" befindet sich eine kleine Schanze mit einem Blockhause. Das Castell ist durch einen wasserreichen Bach, die Bokud.za Rieka (Kallitz, Donau-Bulgaren, 176), von der Stadt geschieden, der sich mit der grösserell Rasnica Rieka vereinigt. Der letztere Bach kommt von dem im Orte von Pirot auf der Diluvial-Terrasse gelegenen Dorfe Rasnica her, und nimmt auch die von Blato und Kostur kommenden Bäche auf. Die Stadt wird von der Nisava mitten durchflossen, in die sich in der Stadt selbst ein kleines Bächlein ergiesst, das durch die Bazarstrasse fliesst. 1) Die Nisava ist überbrückt und von Häusern überbaut. Während das eigentliche Becken, wie erwähnt, gegen NW. sich erstreckt, zweigt sich bei Pirot ein schmales Thalbecken direct nach Norden ab, an dessen westlichelll Rande, stellenweise unmittelbar am Steilabsturz der Belava Planina, die Nisava hinfliesst. Die Höhen am linken Ufer des Flusses, reich an Weingärten, bestehen aus eruptiven (tuff­artigen) Gesteinen, während am rechten Ufer Kalke und Kreide­Sandsteine anstehen.

Nachdem ich die landesüblichen Quantitäten von Chinin nebst allem Anderen, was drum und dran ist, zu mir genom-

') Zugleich als Kloake benützt. Blanqui spricht von Bächen ammoniakalischer Flüssigkeiten "de la couleur et de l'odenr la plus re­poussante. "

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men, konnte ich mich am dritten Tage schon auf den viel besuchten und weithin berühmten Jahrmarkt wagen, der von weit und breit besucht noch immer ein sehr sehenswerthes Schauspiel darbot, obwohl er bereits officiell geschlossen war, und der freundliche behäbige Officier des Mudirs sich alle erdenkliche Mühe gab, eine unerbittliche strenge Miene zur Schau zu tragen, konnten sich die Verkäufer nur schwer ent­schliesscn, ihre Holzbuden zu leeren und ihre Güter zu ver­packen.

Am 8. September verliess ich Pirot auf den eindring­lichen Rath des mich behandelnden Arztes, um aus dem Fieberneste hinaus, nach dem höher gelegenen und gesunden Sofia zu gelangen.

Das erste Stück der Strasse führt fast genau südwärts durch das langgestreckte Thalbecken, das von der Nisava und einer Anzahl wasserreicher Bäche durchflossen wird. Die west­liche Begrenzung bilden die Abhänge des vorhin erwähnten Kalkplateaus, dem eine breite Diluvial-Terrasse vorgelagert ist. Nach Norden bildet die Belava Planina, im Osten aber die kahlen Vorhöhen des Ciposvica-Balkan die Grenze, niedere weisse Kalkberge, die in ihrer Gesteinsbeschaffenheit mit den gegenüberliegenden Kalken von Blato übereinstimmen.

Die Diluvial-Terrasse ist mit Wein bebaut. Nach einer ein und ein halb stündigen Fahrt kamen wir

an die Sukava-Brücke. Die S u k a v a kommt bei dem Dorfe gleichen Namens aus einer engen Kalkschlucht, und ist ein an­sehnlicher klarer Gebirgsfluss, der sich ein kurzes Stück unter­halb der Brücke mit der hier viel kleineren NiSava vereinigt. Die letztere hat bis hieher kaum eine Lauflänge von 25 Kilo­meter zurückgelegt, während die erstere weit aus Südwesten herkömmt; ihre Quellen liegen unweit des Vlasina-Ursprunges im Westen von Tl' n. Wenn man also dem bei NiS vorbeikom­menden Flusse den Namen Niiiava gibt, so sollte man densel­ben Namen auch dem Theile des Flusslaufes beilegen, der jetzt auf den Karten als Sukava-, Klisurska Rieka oder als Golema Wo da bezeichnet wird. (Kiepert, Karte der europ. Türkei, 1871, v. Hochstetter's Original-Karte der Central-Türkei in Peter­mann's geogr. Mitth., 1872, Taf. 1.)

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Kurz vor der Brücke passirten wir das Tscherkessendorf Metije (oder Marti). Zwischen die beiden Flü~se schiebt sich eine zungenförmige Alluvial-Terrasse ein. Hier zweigt die nach Tl' n (Isne 602) führende Strasse ab; sie verläuft übri­gens nicht im Thale der Sukava selbst, da diese auf weite Strecken hin unpassirbare Defileen durchfliesst, sondern hält sich auf den Plateauhöhen.

Wir folgten der Hauptstrasse nach Sofia über Cari-Brod, Kolatina, Dragoman und Slivnica (Alkali). Bis Cari-Brod ist das ThaI noch ziemlich weit, von hier weiter wird es aber enger und enger, die Begrenzung bilden die aus grauen Kalken und stellenweise versteinerung sr eichen Kreide-Sandsteinen be­stehenden niederen Berge, über welche ostwärts hohe Kalk­berge aufragen.

Oberhalb Kolatina (hier zweigt die Telegraphenleitung nach Berkovac ab) beginnt eine enge Schlucht, welche kaum für Strasse und Bach Raum gewährt und bis zur Karaula von Dragoman anhält.

Hier liegt rechts von der Strasse eine Ortschaft Dragovil, während D I' ag 0 man links von der Strasse gelegen ist. Beim Dragoman-Han bricht eine starlre Quelle aus den Felsen. Von dieser Stelle fuhren wir noch mehr als eine Stunde fort und fort leicht bergan über eine öde, traurige, mit kleinen Hoch­mooren bedeckte Plateaufläche hin, welche die Wasserscheide zwischen Nisava, Sukava und Isker bildet. Erst kurz vor Slivnica, es ist schon am Rande des weit ausgedehnten Beckens von Sofia gelegen, senkt sich die Strasse thalwärts.

Der weite Rücken, den wir auf diese Weise zwischen Sukava und Slivnica passirt hatten, ist ein Verbindungsglied zwischen dem eigentlichen Balkanzuge einerseits und den zwi­schen Morava und Nisava gelegenen Gebirgsgruppen anderer­seits, ja, derjenige Theil der letzteren, welcher durch das Vor­herrschen der mesozoischen Kalke und Sandsteine ausgezeich­net ist, lässt sich von dem westöstlich streichenden Balkanzuge nur schwer trennen. Freilich ist durch die Thalrinne der Ni­sava und die vier verschieden weiten Thalbecken (das Becken von Sofia, Pirot, Ak-Palanka und Nis-Bani) eine orographische Grenze gezogen, wir haben jedoch gesehen, dass die Strecken

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zwischen den alten Seebecken entweder enge, stellenweise unpassirbare Klausen, Engpässe des Flusses, bilden (Nisava­Defileen zwischen Nis - Ak-Palanka - und Pirot), oder ein Wasserscheide-Plateau vorstellen (zwischen Ph'ot und Sofia).

Der südliche Theil des westlichen Balkans ist durch weit ausgedehnte Plateauflächen , durch Hochplateaus hergestellt, welche geologisch ein Ganzes bilden bis zu der von NW. nach SO. verlaufenden Grenze zwischen den krystallinischen Schie­fern und den mesozoischen, ja theilweise sogar paläozoischen Gesteinen.

Für das hohe Alter des besprochenen Strassenzuges spricht das Vorkommen der Tumuli. Einen sehr schönen Tu­mulus sah ich oberhalb Sukava, zwei kleinere etwa eine Stunde oberhalb Slivnica.

Das Becken von Sofia erstreckt sich von WNW. bis OSO., zwischen Slivnica bis Djuredzia, östlich vom Seni-Han, in ~iner Länge von etwa 70 Kilometer, und ist an seiner brei­testen Stelle etwa 20 Kilometer breit. Zum grossen Theile ist es erfüllt mit diluvialen Ablagerungen, welche in Form von Terrassen und Vorhügeln die das Becken rings umgebenden Gebirge umsäumen. So ziemlich in der Mitte, dort, wo die Breitendimension am grössten sind, durchfliesst es der aus der Enge zwischen dem Brdo-Gebirge und dem Vitos-Stocke aus den höheren Thalbecken herabkommende I s k e r (Iskra), dem von allen Seiten her die Bäche zuströmen, welche im Laufe der Zeit in die Diluvial-Ablagerungen ringsum ihre Thalfurchen eingenagt haben. Reste der alten Seebedeckung sind noch in Form von sumpfigen Flächen erhalten, in der Nähe der Stelle, wo der Fluss in die merkwürdige Enge eintritt, um seinen Lauf quer durch den ganzen Balkan zu beginnen.

So ziemlich in der Mitte dieser weiten Mulde liegt etwa 525 Meter über dem Meere in einer vorzüglichen Lage S 0 f i a, slavisch Triadica, das alte S ar die a, eine Stadt, welche trotz­dem, dass ein wahres Netz von Strassen nach allen Richtun­gen hin ausstrahlen, und trotz der strategisch wichtigen Position gegenwärtig ohne sonderliche Bedeutung ist.

Die wichtigsten der in Sofia zusammentreffenden Strassen sind: Vor Allem die Reichshauptstrasse von Belgrad nach

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Constantinopel (die Strecke Sofia-Belgrad beträg t 72, Sofia_ Adrianopel 18 türkische Stunden), eine Strasse über Berkovica nach Lom (im Sommer in zwei Tagen zu erreichen), eine Strasse nach Orhanie und Etropie, eine weitere nach Radomir und Köstendie; von der Strasse nach Ichtiman zweigt eine Fahrstrasse nach Samakov ab. Es gehen somit Strassen nach Mösien, Macedonien, Thracien und Bulgarien von Sofia aus.

Hochstetter (Petermann, geogr. Mitth. 1872, pag.87) gibt die Einwohnerzahl mit 18.000 Seelen an, wovon 5500 Türken, 6500 Bulgaren, 5000 Juden und 1000 Zigeuner. Durch den Eisenbahnbau hat sich die Bevölkerung um ein Wesent­liches vermehrt; versicherte mir doch unser liebenswürdiger Vice-Consul, Herr Luterotti, dass im Jahre 1873 über 1000 Fremde in der Stadt ihre Wohnung aufgeschlagen hatten, von denen freilich seither viele und gar manche recht unliebsam enttäuscht abgezogen sind. Auch sonst haben sich die Verhält­nisse etwas gebessert. So gab es zur Zeit meines Besuches z. B. einen Gasthof in der Stadt, der auch westeuropäischen Anforderungen im Grossen und Ganzen entsprach.

Sofia ist sehr ausgedehnt gebaut und ist eine offene Stadt; die Wälle und Gräben, die es einst umgaben, sind längst ausser Benützung, die kleinen Forts im Osten ohne sonderliche Bedeutung. In der Stadt hat sich manches gebessert, das sieht man am besten, wenn man die von Boue (1. c. I. pag. 65) gegebene Beschreibung mit dem gegenwärtigen Zustande vergleicht, vor Allem hat die Reinlichkeit etwas zugenommen, wenigstens in den Hauptstrassen.

Einen neuen grösseren Aufschwung dürfte Sofia erst nach Vollendung der projectirten Eisenbahnverbindungen erfahren, von denen bis jetzt nur die Route zur Verbindung von Sofia mit Tatar Bozardcik und nach Radomir in Angriff genommen und in den Erdarbeiten streckenweise nahezu vollendet wurde, freilich blieben alle grösseren, schwierigeren Aufgaben noch zu thun, und was bis jetzt geschaffen worden ist, wird nun leider gl'ossentheils wieder zerstört werden, und fast wird man, wie die Verhältnisse im gegenwärtigen Momente stehen, zu der Befürch­tung geführt, die v. Hochstetter in seinem neuen Werke über die Zukunftsbahnen Asiens (Wien 1876, bei Hölder) in Bezug

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auf die asiatisch-türkischen Linien ausspricht, "dass dem Ende dieses Baues unsere Generation kaum mehr erwartungsvoll entgegenzusehen brauche."

Sofia hat in mir, ausseI'dem dass ich hier die zur Fortsetzung meiner Reisen nothwendige Gesundheit wieder erlangte, auch manchen anderen freundlichen Eindruck hinterlassen. Unver­gesslich aber wird mir eine Ueberraschung gar seltener Art bleiben, die mir einige unserer Landsleute bereiteten. In der zweiten Nacht vernahm ich von der Strasse her vierstimmigen Chorgesang, fast konnte ich es nicht glauben und meinte zu träumen, doch deutlich erklang das deutsche Lied 1 das Lied vom schönen deutschen Wald, von der Lorelei und wie sie alle heissen die lieben, trauten Weisen, die mir immer wieder das Herz bewegten, wie oft ich sie auch schon vernommen.

Es war ein deutsches Ständchen, hier im wildfremden türkisch-bulgarischen Lande. Des Häthsels Lösung ward mir sehr bald. Eine Anzahl Wiener Techniker, die vor mehreren Jahren, als ich noch Assistent am Polytechnicum gewesen, zum Theil daselbst studirt hatten und jetzt beim Bau der türki­schen Bahnen beschäftiget waren, hatten von meiner Ankunft erfahren und mir die grosse Ueberraschung bereitet.

Am 9. September waren wir in Sofia eingetroffen, und schon am 12. konnte ich einen Ausflug nach dem im SSW. von der Stadt sich erhebenden imposanten Vitos unternehmen. "Sofia und Vitos gehören zusammen wie Neapel und Vesuv, oder wie Kapstadt und Tafelberg; der Berg ist das Wahr­zeichen der Stadt, Wetterprophet und Wettermacher für die ganze Gegend," so sagt v. Hochstetter (Petermann, geogr. Mitth. 1872, pag.88), der den Berg im Jahre 1869 von Samakov aus bestiegen hat.

Wir verliessen die Stadt um G Uhr Früh und erreichten nach Süden fahrend um 8 Uhr das Monastir von Dragalica. Dabei passirten wir zuerst die alluviale Bucht, in welcher die Stadt liegt, sodann über eine niedere Stufe ansteigend die diluvialen Ablagerungen und erreichten endlich den grossen Schuttkegel, an dessen Fusse das Dorf Dragalica gelegen ist. Diese Schutt- und Blockmassen bestehen aus dunkelgrauen bis schwarzen Augitporphyr. Dieses Eruptivgestein bildet den

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Abhang bis hoch hinauf, bis dorthin wo die Hochflächen be­ginnen, welche in sanfterer Neigung bis zu dem höchsten Gipfelplateau emporführen.

Das Monastir von Dragalica ist ein umfangreiches· Ge­bäude, zu welchem ein Fahrweg führt, der zum Theil in der engen, tief eingerissenen, mit ungeheurem Blockwerk erfüllten Schlucht verläuft, durch welche ein wasserreicher Bach hinab­stürzt, der eine Temperatur von etwa 5° C. zeigte. Der Ab­hang ist mit einem dichten Buchenwalde bewachsen. Zwei Mauern schliessen das Kloster ab, in dem Raume zwischen beiden befindet sich eine Quelle.

Mit einem bulgarischen Hirtenjungen als Führer machten wir uns auf den Weg. Wir waren jedoch noch keine 1000 Schritte vom Monastir entfernt und ritten auf einem lieblichen Waldwege durch Buchen und Haselstauden hin, als der Junge bitterlich zu weinen begann: "Er fürchte sich, es sei nicht geheuer dort oben, er bitte uns, ihn wieder zurückgehen zu lassen" u. dgl. mehr, so dass ich nach unserem Zaptieh senden liess, der, um sein Pferd zu schonen, zurückgeblieben war und alsbald daherkam, mit dem Hirten die Führung übernahm, und uns auch auf das beste an Ort und Stelle brachte. Der Waldbestand war bald passirt; nach einem etwas beschwer­lichen Ritte durch die Schlucht des Baches kamen wir über ziemlich stark geneigte Matten, die streckenweise mit dichtem Juniperus-Rasell bedeckt sind. Hin und wieder tritt unter der Grasdecke noch immer der dunkle Augitporphyr hervor.

Nach zweistündigem Ritte erreichten wir einen steileren Absturz, der über und über mit riesigen Syenitblöcken übersäet ist, die an und für sich einen schwer passirbaren Wall bilden, und überdies in den Zwischenräumen zwischen den einzelnen Riesenblöcken moorige Pfützen enthalten. Unsere Pferde kamen aber auch darüber hin und gelangten auf eine ungeheuer weit ausgedehnte, muldenförmige Hochfläche, die nach Norden hin abdacht und von den grossartigsten Felsenmeeren überdeckt ist. Die "Felsenmeere, " die vom Felsberg im Odellwald vom Gipfel des Berges bis in die Tiefe der Thäler von Reichenbach und Beedenkirchcn hinabrcichen, werden durch die ebenfalls aus Syenit bestehenden Blockmassen, die hier ungeheuren Strömen

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ähnlich von dem höchsten Gipfelplateau bis an den vorhin er­wähnten Absturz am nördlichen Rande der Hochmulde sich erstrecken, an Grossartigkeit weit übertroffen. /';wischen den Felsblöcken rieselt und rauscht es, denn hier ist das grosse Sammelbecken für den Bach von Dragalica. Längs dieses Block­stromes ritten wir den vor uns im Süden zu imposanten Höhen aufragenden Hochspitzen der höchsten Erhebung des ganzen Gebirgsstockes zu. Die höchste Spitze ist jedoch nicht ganz leicht zu bestimmen, indem über einer undulirten, stellenweise versumpften Plattform ein Kranz von wild zerklüfteten mächti­gen Felspyramiden um einen in der Mitte sich erhebenden Fels aufragen. Nachdem wir mit dem Aneroid die Höhe der einzel­nen Gipfelpunkte bestimmt hatten, fanden wir, dass der in der Mitte stehende alle übrigen, wenn auch nur um Weniges, über­trifft. Die Höhe dieser Spitze bestimmte ich mit einem Kapel­ler'schell Quecksilber-Barometer (Heberbarometer) und einem Naudet'schen Aneroid. Das erstere ergab eine Höhe von 2294

Met e r über dem Niveau des Meeres, während sie nach dem letzteren Instrumente 238G Meter betragen würde. 1)

Das Gestein, welches die höchste Pyramide aufbaut, ist ein hornblendearmer Syenit. Dass ähnliche Felsenmeere, wie wir sie beim Anstieg gesehen, auch nach Süden hin vorkom­men, geht aus der Schilderung hervor, die Hofrath v. Hoch­stetter über seine Besteigung des Vitos gegeben hat. Er sagt: "Ein Chaos von lose übereinander liegenden Felstrümmern mit tiefen Spalten und Höhlungen schien uns den Weg zu ver­sperren. "

Die Aussicht, die wir von unserer hohen Warte aus ge­nossen, war über alle Begriffe grossartig. Sie selbst zu be­schreiben finde ich nicht den Muth, da Andere vor mir es auf das ausgezeichnetste gethan haben. So schreibt Lejeau (erst nach seinem Tode in Le Tour du Monde 1873 veröffentlicht), im Cap. VII über den Anblick des Beckens von Sofia vom Rande der grossen Plateaufläche : "Man überschaut mit einem

') Die Berechnungen wurden von Herrn Prof. J. \VaIspr ausgeführt. Ich nahm das Mittel von zwei l:lcohachtullgen um 1 Uhr und 2 Uhr Mit­tags, welche auf Vi(lill und Constantinopel herrcIlllet wurden.

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Blicke den ganzen prächtigen Circus von Sofia. Das ist wahr­haftig der Grund eines schönen ovalen Sees, dessen Wasser durch einen tiefen Riss fortgeflossen, den ich in der Mitte des Balkangehänges deutlich sah." Es ist die deutlich markirte Furche" durch welche der Isker in das Gewirre von Bergen und Bergketten eintritt. welche den Balkan bilden. Die höchste von hier aus sichtbare Erhebung liegt im Südosten von der Isker-Furche, sie erscheint als ein wohlumgrenzter Gebirgsstock, es ist der Etropol-Balkan. •

Die zahlreichen Dörfer, welche im Becken zerstreut liegen (auf der Original-Karte von Hochstetter sind deren fünfzig ver­zeichnet), "bezeugen Jie Productivität des Bodens, sie machen auf den Beobachter den angenehmen Eindruck der Wohl­habenheit. "

v. Hochstetter beschreibt das von der höchsten Plattform sich darbietende Bild folgendermassen : "Wie eine Reliefkarte liegt ein ungeheures Stück der Türkei vor den Blicken ausge­breitet. Von Ost über Nord gegen West übersetzt man den grössten Theil des Balkan. So mächtig die ostwestlich strei­chende Gebirgsmauer, deren schroffem Südabfall eine Dislo­cations-Spalte im Gebirgsbau entspricht, aus' der Ebene von Sofia und weiterhin über die vorliegenden Mittelgebirge sich erhebt, so steht sie doch an plastischer Gestaltung weit zurück gegen die 2500-2700 Meter hohen Felskolosse des Rilo und des Perim-Dagh, die mit wilden, zackigen Conturen den Ho­rizont gegen Süd und Südost abschliessen. . . . . So weit das Auge nach Westen reicht, Nichts als Berg und ThaI, und ver­geblich war alle Mühe, sich in diesem Gewirre von Gebirgen nach den bis jetzt bestehenden Karten der Türkei auch nur annähernd zu orientiren. (Mittheil. der k. k. geogr. Ges. 1871, pag. 327.)

Die grasigen Hochflächen sind mit einem reichen Blu­menflor geschmückt, wodurch sie an alpine Matten erinnern.

Nur, wenige Arten brachte ich nach Wien, es sind nach der Bestimmung' des Herrn Assistenten Ern. Hibsch:

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Vacciniwlt myrtillus L. Campanula pulla L. und alpina Jacq. Centaurea nervosa Willd. Gentiana Germanica W. Cherleria sedoides L. Diantlws microlepis Boiss. (eine echt türkische

Art) und Achillea sp.

Ebenso wie wir, ohne vom Pferde steigen zu müssen, ohne Unfall die Höhe erreicht hatten, kamen wir auch wieder wohlbehalten im Monastir - und freilich erst spät Abends in Sofia an.

10. Ueber den Berkovica-Balkan und durch die Iskerschluchten nach Sofia. 1)

Unter allen meinen vOljährigen Reisetouren hat mir die Bereisung der Iskerlinie zwischen Vraca und Sofia die reinsten und ungetrübtesten Eindrücke geschenkt, da der Reiz des Neuen und der, wenngleich nicht mühelose, so doch auch höchst genussreiche Ritt. durch die wilden und oft im hohen Grade malerischen Schluchten Fieber und jedwede andere Qual ver­bannte, - und ich auf dieser Strecke, wenigstens in geologi­scher Beziehung, vollkommen unbekannten Boden betreten -und Wege ziehen konnte, die vor mir nur Wenige verfolgt haben.

Dass mir die Ausführung meines Lieblingsplanes gelang, findet in einem glücklichen Zusammentreffen der Umstände seine Erklärung. Das Wetter war das beste, das man sich für eine solche Tour wünschen konnte, der Wasserstand, von dem die Passirbarkeit des Thalweges abhängig ist, war günstig, die Zaptiehs waren tüchtig und energisch, die Leute und Pferde

I) Mittheilungen der k. k. geographischen Gesellschaft in Wien. 1876. IV. Heft.

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gut und willig, wir selbst aber froh und gutes Muthes und durch nichts von dem vorgesetzten Plane abzubringen.

Mir war es nicht leicht geworden, die Erlaubnis zur Reise ins Gebirge zu erhalten.

Bei meinem ersten Besuche, den ich, geleitet von unserem liebenswürdigen Vice-Consul, dem Herrn Luterotti, dem Pascha von Sofia (Mahsar Pascha) abstattete, verweigerte mir derselbe, ohne jedoch die grösste Freundlichkeit auch nur für einen Augenblick vermissen zu lassen, die nöthigen Zaptiehs auf düs bestimmteste: "Er könne es auf keinen Fall zugeben, mich in so bewegter Zeit ins Gebirge zu lassen, wo nach seinen Reden zu urtheilen, hinter jedem Felsvorsprung und hinter jeder Hecke Gefahren in Gestalt von Militärflüchtlingen und den dieselben verfolgenden Arnauten, von aufrührerischen Bauern und Emissären meiner warteten." Auf meine Bemerkung hin, er möge mir eben die hinreichende Bedeckung geben, meinte er bedauernd, die Zaptiehs seien alle durch die fortwährenden l\1ilitärtransporte in Anspruch genommen, und wenn er mir auch deren mehrere mitgeben würde, wäre ich erstlieh dadurch nicht gefeit gegen die erwähnten Gefahren, ihm aber würden dann auch noch seine Leute niedergemacht.

Ich ging nicht sehr heiter vom Konak nach Hause. Die Oesterreicher und Deutschen, mit denen ich in Sofia zusam­mentraf, hatten Alle ähnliche Befürchtungen in Bereitschaft und waren nicht abgeneigt, clie Schaudergeschichten von Ausge­plünderten und Hingemorcleten ohneweiters zu glauben. Ich konnte mich dieser Anschauung nicht ullschliessen, sah ich doch die nach NW. führende Strasse nicht unbenützt und verödet liegen, wie es unter diesen Umständen hätte sein müssen. Kauf­leute von Lom-Palanka, Vidin und Berkovica waren in Sofia nichts seltenes. In dieser Meinung wurde ich noch von dem zu meiner Verfügung stehenden Zaptieh unterstützt, den ich bei einem Ausfluge auf den Vitos als verlässlich erprobt hatte, er meinte, es werde nicht gar so fürchterlich sein. Da ich überdies einen Fuhrmann gefunden hatte, der bereit war uns bis Berkovica und Vraca zu führen, ging ich ein zweitesmal zum Pascha, der mir nun, nachdem ich ihm durch Herrn Lu­terotti erklärte, dass es mein Wille sei, die Tour auszuführen,

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und dass ihn keine weitere Verantwortung treffen könne, wenn mir wider Erwarten ein Unfall begegnen sollte, den einen Zap­tieh überliess, der den Auftrag erhielt, die für meine Begleiter nöthigen Pferde aufzutreiben.

Noch ein drittesmal musste ich im Serai des Paschas vorsprechen, da die Pferde die man mir für Tagesanbruch ver­sprochen hatte, auch um Mittag noch nicht angekommen waren. Um 3 Uhr endlich konnte ich aufbrechen, nachdem ich seit 5 Uhr Früh reisefertig gewartet hatte. Obwohl die Zeit sehr vorgerückt war, verliess ich doch die Stadt, um nur aus der Ebene herauszukommen. Es war am 14. September.

Der Anfang der Reise war nichts weniger als vielverspre­chend. Eine dreistündige Fahrt brachte uns über die mit Schotter- und Lehmmassen erfüllte, von zahlreichen Wasser­rissen durchfurchte, gegen NW. hin sich verengende Ebene von Sofia, "das Becken von Sofia" genannt, an den Abhang einer etwa 40 Meter hohen Diluvial-Terrasse und über diese hin, höher und höher ansteigend, an einer einsam stehenden Her­berge den Medschidie Han. Auf dieser Vorstufe erblickten wir weder Baum noch Strauch, Alles ist kahl und öde. Tiefe Regenrisse durchfurchen die Lehm- unll Sandmassen, unter welchen die weissen Kalkfelsen zu Tage treten.

Schon um Mittag hatten wir die um den Vitos-Gipfel hängenden Wolkenberge mit ungünstigen Augen betrachtet. Im Laufe der Stunden war das Wetter trüber und trüber ge­worden, und ein gutes Stück Weg vor dem Han begann ein leichter Regen niederzufallen, der uns durch einen heftigen Wind aus Nord, vom Balkan herab, recht unangenehm ent­gegengeworfen wurde, so dass wir (drei von uns waren kurz zuvor vom Fieber genesen) recht froh waren unter Dach zu kommen. Damit war es nicht weit her. Die Stube hatte als Magazin gedient, Fenster waren noch nicht eingesetzt, und als sie gebracht wurden, zeigten sich die hier zu Lande als Glas­tafel-Surogat dienenden Papierblätter alle zerfetzt, so dass die Regenmäntel mithelfen mussten, Wind und Wasser ab­zuhalten.

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Auch der Morgen des nächsten Tages war nicht der angenehmste. Die Temperatur war unbehaglich, das Firmament umwölkt und Regen versprechend.

Rings um den Medschidie-Hall herrscht eine wahre Karst­Scenerie. Der weisse KOl'allenkalk zeigt streckenweise die eigenthümlicben, kahlen, vielfach durchfurchten, scharfkantigen Erosionsfonnen, welche den alpinen Schrattenkalk auszeichnen. Auch die trichterförmigen Einsturzlöcher oder Dolinen sind sehr häufig. Dieses Kalktel'rain bildet einen im Allgemeinen von NW. nach SO. verlaufenden breiten Rücken, auf den im Norden eine flache Mulde folgt.

In diesem liegen zwei zu dem, rechts von der Strasse an einem Hügel gelegenen Bulgaren-Dorfe Radoslavce gehörige Hütten.

Am Nordhange des erwähnten Bergrückens, sowie von nun an weiter nach Norden hin ändert sich die Gesteins­beschaffenheit ; es stellen sich wohlgeschichtete untcr-triadische Kalke von dunkelgrauer bis schwarzer Färbung ein, die auf grell gefärbten Sandsteinen und sandigen Schiefern lagern. Diese traten zuerst bei Radoslavce mit röthlicher Färbung und Fleckenzeichnung hervor, verschwinden sodann auf eine kurze Strecke weit unter den dunklen Kalken, um bei Peceno (Pucina) mit abwechselnd grüner und intensiv rother Farbe wieder auf­zutauchen und bis zur Pecenobrdo-Karaula anzuhalten.

Das Sandstein-Terrain ist durch niedere, flachrückige Berge und weite, aus der Zerstörung der leicht verwitternden Sandsteine entstandene Schutt- und Sandmassen charakterisirt, hat auch ein viel freundlicheres Aussehen als die Kalkregion, da diese fast vollkommen steril ist, während jenes eine Rasen­decke trägt, und hie und da mit niederem Strauchwerk und kleinen Wald stellen bedeckt ist. Grössere Wald bestände gehören auf der Südseite des westlichen Balkans zu den Seltenheiten. Die vielen Ziegen tragen einen grossen Theil der Schuld, doch haben auch die Menschen das ihrige gethan und thun es noch immer, um ja keinen Wald zur Entfaltung kommen zu lassen, auch an solchen Stellen nicht, welche recht gut bewaldet sein könnten.

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Der Bach von Pucina oder Peceno, man überschreitet ihn vor dem Anstieg zur Karaula auf einer Brücke, gehört bereits zu den Quellen des Iskrec, des bedeutendsten Zuflusses des Isker's im Balkan-Gebiete auf seinem linken Ufer.

Im Westen von der Karaula erhebt sich ein niederer Rücken und hinter diesem blickt man in eine weite Mulde, in der das Dorf Suma liegen soll. Das Wasser dieser Thalmulde dürfte schon zum Gebiete der Nisava und zwar zur Kolatina Rieka, einem Nebenflusse deri;elben, gehören.

Schon beim Medschidie-Han waren uns dickplattige Schie­fer aufgefallen, womit die Dächer bedeckt sind und zwar in einer Weise, dass es Verwunderung erregen muss, dass die­selben eine derartige Belastung ertragen können. Diese leicht spaltbaren, graublauen Schiefer treten östlich von der Karaula, beim Monastir von Pecenobrdo, in grösserer Entwicklung zu Tage. Hier holen sich die Leute aus den Dörfern ringsum die oft sehr gros sen, vielfach verwendbaren Platte!l. Nach Westen hin sind sie von den zuvor erwähnten Sandsteinen und den schwarzen Plattenkalken zum Theile überdeckt.

Die Strasse zieht sich am linken Thalgehänge, das hier recht hübsch bewaldet ist, empor. (Lejeau vergleicht das Thai des Iskrec mit den schönsten Kollas von Abessiniell.) Beiläufig eine Wegstunde nördlich von Pecenobrdo kamen wir, nachdem wir eine beträchtliche Höhe l ) in einem Sattel zwischen zwei Bergkuppen passirt hatten, in eine weite Einsenkung, die Thalmulde von Glinci. Zwei kleine ärmliche Herbergen liegen hier in kleiner Entfernung von einander an der Strasse, die erste bezeichnete man uns als den Glinci-, die zweite als den Beledie-Han. Von dem letzteren aus erreicht die Strasse in einer steilen Serpentine mit sieben Wegbiegungen eine höhere Stufe.

Hier begegneten wir zum ersten Male seit unserer Ab­reise von Sofia einem grösseren Waarentransporte, während wir

') Nach dem Aneroid Nr. 50567: 998 M., nach dem Aneroid Nr. 38582: 1007 M. über Vidin.

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bisher nur an einzelnen bulgarischen Bauern und einmal an einer kleinen Reitergesellschaft vorbeigekommen waren.

Am Westabhange fanden wir an mehreren Stellen die schönsten Absturzerscheinungen, verticale Kalkwände, die senk­recht auf den Gesteinsschichten stehen. Die Berge sind zum Theil mit steil abstürzenden Kalkmassen gekrönt, wodurch jene Bergformen entstehen, die von den Leuten hier zu Lande Sto­lovi oder Stuhl berge genannt werden. Das vorherrschende Ge­stein bilden nun bis zur Balkan-Passhöhe die dünnplattigen, meist 'dunkelgefärbten Triaskalke, welche auf den Schichtflächen oft über und über mit Muschelabdrücken bedeckt sind.

Rechts von der Strasse liegt in der Tiefe eines nach Osten streichenden Thales das Dorf Bratjevci. Seine gegen die rauhen Nordwinde geschützte Lage spricht sich schon durch die kleinen Felder aus, wo gerade die Ernte vorgenommen wurde.

Bei einem kleinen einsamen Gehöfte, es wurde mir gleich­falls als zu Glinci gehörig bezeichnet, am Fusse eines der kalk gekrönten Berge, auf einem recht unwirthlichen, öden Hochplateau gelegen, trafen wir in einer Mulde einen Sand­stein mit zahlreichen Versteinerungen der Liasformation. Da diese uns überall die grösste Freude machten, wo wir sie an­trafen, wird es erklärlich sein, dass wir die nahende Nacht nicht achtend zum grossen Unbehagen unseres Zaptiehs, der schon gerne im zum Ziel ersehenen Golovi-Han jenseits der Höhe gewesen wäre, unermüdlich spähten, klopften und ein­heimsten, was sich nur losbringen liess, so lange wir noch sahen. Wir wären hier sehr gerne über Nacht geblieben, um· am nächsten Morgen die Suche fortzusetzen, doch ging dies nicht an, der Bulgar war nicht in der Lage, uns auch nur das Nothwendigste zu bieten: Unsere Pferde und wir nicht minder bedurften der Nahrung, hier hätten wir nichts erhalten; über­dies war einer meiner Begleiter mit dem Dragoman vorausge­ritten, um Pilaf (Reis) und Pile (Hühner) vorzurichten, wir mussten also fort über die Höhe hin nach dem Golovi- oder den Doruk-Han, wie ihn die Türken nennen.

Es war ein recht unangenehmes Wegstück in der kalten Nacht, unter heulendem Sturm über das öde, flachmuldige

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Kalkplateau, das bis zur Einsattelung am Rande der Hoch­fläche langsam ansteigt. Die Entfernung war uns wieder einmal kürzer angegeben worden, als sie wirklich war, was dort zu Lande nicht selten vorkömmt, wenn man den Reisenden fort­wünscht.

Endlich sahen wir uns auf der Höhe und tief unter uns die beiden Lichtpunkte, links vom Han, rechts von der statt­lichen Karaula ausgehend.

Das bleiche Licht des vollen, hin und wieder aus der zerrissenen Wolken decke hervortretenden Mondes liess uns die Tiefe noch grösser erscheinen als sie wirklich ist (46-53 Met.). Der Abhang ist überaus jäh, so dass wir jetzt und jetzt einen Umsturz des Wagens erwarteten. Doch geschah nichts derart, wir holperten über die Wasserrisse und Steinblöcke hinab und erreichten wohlbehalten den ersehnten Golovi-Han .

. Eine Menge Leute, bulgarische Bauern, türkische Gensd­armen und einige nach Sofia bestimmte Recruten sassen um das riesige, lustig flackernde Feuer inmitten des mit Rauch erfüllten Raumes, doch rückten sie sofort enger zusammen, und man stellte uns die niederen dreifiissigen Schemel ans Feuer; hier ward uns nun bald wieder recht behaglich zu Muthe, und die erstarrten Glieder erlangten ihre frühere Beweglichkeit wieder.

Der nächste Morgen (es war der 1G. September) brachte uns eine Ueberraschung eigener Art. Als wir nämlich in der Frühe aus dem Hause traten, schneite es recht lustig bei völli­ger Windstille und so niederer Temperatur, dass der Schnee die längste Zeit liegen blieb.

Die Temperatur stieg erst nach 9 Uhr Vormittags über 0° C. Es blieb noch mehreres zu thun übrig: so wollte ich die Passhöhe bestimmen. (Sie beträgt etwa 1470 Metel', übertrifft also die Höhe des Ueberganges über den Sveti Nicola, da sich diese nach meinen Ablesungen mit nur 13ß3 Meter über Vidin und 1408 Meter über Constantinopel ergeben hat). 1) (Heber­Barometer von Kapeller in Wien.)

1) Die Ablesungen wurden beim Golovi-Passe auf zwei Naudet'schen Aneroiden, am Sveti Nicola ausserdem auf einem Kapeller'schen Queck-

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Ich machte mit Herrn Wang einen Ausflug auf dem Wege, I den wir am Abende zuvor in der Dunkelheit zurückgelegt hat­

ten, und wir brachten es zu einer hübschen Ausbeute an be­zeichnenden Versteinerungen aus der untersten Etage der Triasformation.

Der Pass ist in rothen und weissen grobkörnigen Sand­stein eingeschnitten, dem Alter nach mit dem von Belogradcik übereinstimmend, der dort die grossartigen Felslabyrinthe bildet.

Sobald man die Einsattelung nach Süden hin überschrei­tet, kommt man sofort auf Granit, welcher die Unterlage der Sandsteine und Kalke der südlichen Abclachung bildet und von zahlreichen mächtigen Gängen eines dunklen porphyrartigen Gesteines durchsetzt wird. Auch die Höhen des Gebirgskam­mes bestehen aus diesen plutonischen Gebilden. Ihnen ist wohl eine wichtige Rolle bei der Entstehung des westlichen Balkans zuzuschreiben.

Der Steilabhang liegt in diesem Theile des Ge b i r ge s na c h No r den hin. Von Süden her kommt man, wie wir gesehen haben, über weite, stufenförmig ansteigende Hochebenen, ein weithin ödes Land, das von mehreren niederen, im Allgemeinen parallelen Bergketten durchzogen ist, deren Abhänge fast völlig kahl sind; doch erscheinen die nach N or­den gerichteten Gehänge etwas besser bewachsen. Diese Hoch­flächen dehnen sich weit nach Westen aus und reichen bis nach Serbien, während ostwärts im Gebiete des Iskrec und Isker's eine Aenderung im geologischen Bau eintritt.

Lejeau vergleicht den orographischen Charakter dieses Terrains mit dem des Schweizer-Jura.

Vom Golovi-Han führt die Fahrstrasse an der Kataula vorüber, steil über den in Grus verfallenden Granit hinab, in eine herrliche, wildromantische, tief eingeschnittene Schlucht.

Hochaufstrebende Rothbuchen erfreuen den Wanderer hier um so mehr, als er sich aus einer wahren Steinwüste wie mit

silber-Barometer vorgenommen und von meinem geehrten Collegen Herrn J. Walser berechnet.

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einem Schlage in dichte Waldwildniss versetzt sieht. Laut brausend stürzt sich die schnell gross werdende Brzia links von der Strasse über die oft ungeheuren Blöcke der krystallinischen Massengesteine hinab. Bald ist sie stark genug, um eine Säge­mühle zu treiben. Ausser dieser steht nur noch ein einsames Wachhaus (Karaula) in der Schlucht. Hier wäre man wahrlich versucht, an Räuber und Wegelagerer zu glauben.

Und kommen nicht dort wirklich verdächtige Menschen­kinder zwischen den Bäumen hervor? Sie sind mit langstieligen Beilen versehen, einige tragen auch die langen Flinten -doch nein es sind bulgarische Arbeitsleute, die mit einem tür­kischen Telegraphenbeamten aus Vidin, er grüsst uns recht freundlich, daherkommen, um einige der unglaublich urwüchsi­gen Telegraphenstangeu wieder aufzustellen, die der letzte Sturm oder vielleicht die im vergangenen Winter besonders gewichtige Schneelast geknickt haben.

Ein einziges Dorf liegt zwischen dem Hauptkamm und Berkovica. Es führt den so oft wiederkehrenden Namen IOis­sura und verdient ihn auch mit vollem Recht. Die Häuser stehen an den Steilgehängen des engen Thales, es bleibt kaum der Raum für Fluss und Strasse. - Nun aber treten die Berge, die aus Granit und krystallinischen Schiefern bestehen, mehr und mehr auseinander, das ThaI erweitert sich zu einem kleinen Thalbecken, in dessen westlicher Ecke das Städtchen Be l' k 0-

vi c a (oder Berkovce) gelegen ist. Die Strasse hält von Klis­sura an noch längere Zeit die nördliche Richtung bei, entfernt sich jedoch etwas vom Flüsschen und wendet sich in einem Bogen nach Westen.

Berkovica unterscheidet sich durch nichts von den übri­gen Städten in Bulgarien: dasselbe nette Aussehen von der Ferne betrachtet, derselbe Schmutz in den über alle Begriffe holprigen Strassen.

Unmittelbar bei der Stadt erhebt sich am linken Ufer der mehrere Mühlen treibenden Berkovska Rieka ein niederer Hügelrücken, dessen östliches Ende kegelförmig aufragt und einen schönen Aussichtspunkt bildet. Der Rücken besteht aus Phyllit, seine Spitze jedoch aus schönem, bläulichweissem, kör­nigem Urkalk (Marmor). Dieser bildet ein mehrere Meter

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mächtiges Lager und ist zwischen den vertical stehenden Phyl­litschichten eingeschlossen .

. Auf der Höhe befindet sich eine kleine Plattform, die von einem steil geböschten Walle umgeben ist. Es ist ohne Zweifel eine alte Schanze, welche nicht nur die Stadt, sondern auch das ganze Becken beherrscht.

Von hier nach Süden blickend, gewährt die ganze Balkan­kette mit ihren dunkelgrünen Abhängen und den kahl auf­ragenden Gipfeln einen ganz imposanten Anblick, etwa dem vergleichbar, den das Riesengebirge, vom Hirschberget KesS'el aus betrachtet, gewährt. Die bis nahe an die Stadt reichenden Ausläufer schieben sich auch nach Westen hin vor und ver­hindern in dieser Richtung den weiteren Ausblick.

Im Norden der Stadt erheben sich mehrere niedere Hügel­reihen, im Osten aber ragen, nach Nord hin steil abstürzende Kalkmauern mit ziemlich gleichmässig verlaufendem Kamme über die nieueren rundrückigen Vorberge empor, und lagern sich gegen Süden hin an den krystallinischen Gehirgsstock

Am Rande des kleinen Beckens, welches von der aus den südwestlichen Schieferhergen kommenden Berkovska Rieka und der Brsia durchflossen wird, erhebt sich über einer. ganz niederen Vorstufe eine etwas höhere Terrasse. Beide Stufen sind bebaut, die letztere auch mit zerstreutem Buschwerk bedeckt.

Die Berkovska Rieka hat ihr Bett im Bereich des Städt­chens tief in die Phyllite eingenagt, Riffe derselben und der dazwischen eingelagerten schwarzen Kieselschiefer ragen allent­halben aus dem klaren Wasser empor.

In Berkovca trat ein, was ich seit unserem Abzuge vom Golovi-Han gefürchtet hatte. Herr Heger, der bisher unennüd­lich unsere Reiserouten zu Papier gebracht hatte, und allein fieberfrei geblieben war, verfiel dem Wechselfieber und wünschte am nächsten Morgen nach Sofia zurückzukehren, wohin ihn Herr Wang begleitete.

Am 17. Septemb. Vorm. verliessen wir (Herr Szombathy und ich) Berkovce, um allein nach Vraca weiter zu reisen.

Sohald wir die nach Norden (nach Lom-Palanka) ziehende Hauptstrasse verlassen hatten, begann ein Feldweg der gar

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'lieies zu wünschen übrig liess, so dass unser Fuhrmann zu wiederholten Malen laut klagte, wie sehr er sich in dem ein­gegangenen Geschäfte getäuscht habe, dass er in Berkovica, wo gerade ein Mangel an Fuhrwerk eingetreten, einen viel besseren Passagier erhalten hätte und dergleichen mehr. Durch das Zauberwort Bakschisch beruhigte sich seine bewegte Seele, und er trieb seine bedauernswerthen Gäule zu lustigerem Trabe.

Das erste Drittheil der Fahrt ging über ziemlich cou­pirtcs Terrain und über krystallinisches Gestein hin. Bei dem Tschiflik (Meierhof) im Osten von Berkovica zieht sich das Strässchen über einen niederen Rücken mit steilem Abfall nach Osten, wo am Fusse desselben das Dorf Slatina (llh M. von Berkovce) gelegen ist. 45 Minuten davon entfernt liegt das Dorf Draganica, nahebei das viel grössere Hazilar Malesi.

Schon bei Draganica änderte sich der Gesteinscharakter. Wir kamen von den bis dahin herrschenden krystalliuischen Schiefern auf echte Sedimente: Thonschiefer und Conglomel'ate; auch die so weitverbreiteten rothen Sandsteine traten wieller Berge bildend auf, so z. B. unmittelbar bei HadschilaI' Malesi. Wir durchquerten nun dies ThaI, dem wir eine Strecke weit gefolgt waren, und erreichten auf elendem Wege ein weithin sich erstreckendes Hochplateau. Als wir auf der Plateauhöhe anlangten, lag die imposante Kalkwand , die wir schon von Berkovica aus betrachtet hatten, mit ihren Steilgehängen und ungeheuren Schutthalden vor uns.

Wir fuhren nun längere Zeit abwechselnd durch niederes Eichengestrüpp und schlecht gepflegte, aber trotzdem überaus reichtragende Weingärten, die uns eine wahrhaft heissersehnte Labung darboten. Zaptieh, Fuhrmann und Dragoman wetteifer­ten, sich und uns an unseren Aufenthaltsstellen anf die billigste (landesübliche), wenn auch nicht rechtliche Weise mit den herrlichsten schon überreichen Trauben zu versorgen. Es war gerade um Mittag, und wir waren daran, unsere von Sofia aus mitgenommenen Mundvorräthe im Fahren zu vermindern, welche Thätigkeit gar oft unterbrochen wurde, wenn irgendwo eine Entblössung das Gestein hervortreten liess, als wir plötzlich

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an einen Steilabhang kamen, der in ein von einem breiten Gebirgsbache (einem Zuflusse des Ogust) durchströmtes ThaI führt.

Hier befinden sich alte Mauerreste und die Steinpfeiler einer Brückenruine. Die Thalgehänge bestehen aus einem weissen, dichten Kalkstein, in dem wir mancherlei schlecht­erhaltene Petrefacte fanden. Es ist wahrscheinlich eine riesige abgestürzte Scholle, durch die sich im Laufe der Zeit das Wasser seinen Weg ausgenagt hatte. U eber zwei Stunden währte hier das wenig ergiebige Geklopfe, dann ging cs wieder auf das Plateau hinauf und nachdem wir noch einen Wasserriss durchquert hatten, durch Eichengestrüpp und Weingärten weiter gegen Vraca. Rechts von der gerade hier wieder recht elenden Strasse erhoben sich die weisscn Kalkwände des" Kale"-Berges, an dessen Fusse sich ein Kalkofen befindet, wo Weisskalk ge­brannt wird.

Die Kalkabstürze bleiben uns nun zur Rechten bis Vraca und erstrecken sich darübcr hinaus noch weit gegen Südosten. Im NonIen crheben sich nur niedere Bergrücken über die Plateau fläche. Nach ciner einstündigcn Fahrt erreichten wir das Bett des Wassers von Vraca (zur Botunja gehörig), das durch seine Weite und die mächtigen GerölI- und Schutt­massen auf einen zeitweisen ungeheuren Wasserreichthum schliessen lässt.

Die Gerölle bestehen zum grössten Theil aus grauem Kalk, weniger zahlreich sind die Geschiebc aus rothem Sand­stein. - Kurz vor Vraca bemerkte ich 4 Tumuli, zwei davon liegen dicht nebeneinander.

V ra c a liegt unmittelbar am Ausgange einer engen Kalk­schlucht, am Fusse der erwähnten imposanten Kalkmauer. -Lejeau nennt Vraca eine langweilige Janitscharenstadt. Mir hat es recht wohl gefallen. Freilich brachte ich nur eine Nacht und den darauffolgenden Vormittag in seinen Mauern zu, da es mich drängte, an den Isker zu kommen, wo ich die besten Aufschlüsse über den Bau dieses Theiles der Balkankette zu erhalten hoffte.

Der grosse Han mitten in der Stadt (Vraca zählt circa 12.000 Einw. un(l hat nach Kanitz 7 Kirchen und 4 Moscheen)

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ward gerade gründlich renovirt. Wir fanden sogar Tische und Stühle vor. Auch brachte man uns riesige primitive Bretter­gerüste, welche als Bettstellen verwendet wurden. - Bald nach unserer Ankunft stellte sich ein vom Kaimakam abgesand­ter Officier ein, der uns auf das freundlichste entgegenkam und uns gar lange Gesellschaft leistete.

Den nächsten Vormittag benützte ich um die Beschaffen­heit der südlichen Thalgehänge zu studiren. Orbitulinenmergel und wohlgeschichtete Kreidesandsteine spielen hier die Haupt­rolle. Die Schichten stimmen an beiden Seiten des engen Tha­les überein. Ich verfolgte sie bis an die hochaufragenden lichten Kalke, die in unzählige kegelförmige Zacken und Säulen zerklüftet und zernagt, die enge Schlucht begrenzen, aus wel­cher der Bach von Isgurigrad (nder verbrannten Stadt") herausbraust.. Lejean und Rockstroh nennen ihn die Bresnica, Kanitz nennt ihn die Leva. (In den Bemerkungen zu dem Rockstroh'schen Aufsatz "Ueber den Balkan", Mitth. d. k k. geogr. Gesellsch. 1874, pag. 444.) Lejean beschrieb diese inter­essante Localität (in "Le tour du Monde" 1873, erst nach seinem Tode gedruckt) etwa folgendel'massen:

"Durch die Vorstadt Paliloula, an der halbruinirten, mit Moos be\vachsenen Wasserleitung, die über den Bach geführt ist, vorüber, kommt man in einen Circus von höchst eigen­thümlicher Art. Dieser ist durch die zahlreichen Bäche aus­genagt, die sich hier vereinigen, um die Bresnica oder den Fluss von Vraca zu bilden. Vertical abstürzende Kalkmauern begrenzen einen mit Gebirgsschutt erfüllten Kessel, der sich nach Süden hin verengt und dadurch eine leicht zu vertheidi­gende Klause (" eine Klissura U) bildet.

In diesem Circus liegen die Ruinen einer römischen Stadt." -

Der Raum ist sehr enge, so dass Rockstroh (I. c. pag. 446) wohl mit Recht die Meinung ausspricht, dass hier nicht die Stadt, Lejean hält sie für das Vratica des Prokopius (De aedi­ficiis Justiniani, IV, 4), sondern nur eine Befestigung zur Ver­theidigung des Passes und dass die Stadt selbst an Stelle des heutigen V raca gestanden habe.

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Darüber wird uns wohl sehr bald Herr F. Kanitz im II. Bande seines "Donau-Bulgaren und der Balkan« ausführlich belehren.

Ich verweilte in Vraca wie gesagt nicht länger, sondern brach schon um 2 Uhr Nachmittags nach Ljudbrod von Isker auf. Vorerst ritten wir, unser Fuhrmann hatte mit Verzicht­leistung auf den Bakschisch das Weite gesucht, direct nach Osten, wobei wir zunächst den mit kahlen Steinblöcken regellos übersäten Bestattungsraum passirten. Acht Tumuli zählte ich auf dieser Seite der Stadt; drei davon liegen im Leichenfeld und sind gleichfalls mit Grabsteinen besetzt.

Zu unserer Linken blieben die niederen Rücken, zur Rechten die Wände des Kalkgebirges, doch treten die ersteren weiter nach Süden vor, die letzteren aber weichen in einem weiten Bogen nach Südosten. Wir blieben den Steilgehängen nahe, auf dem sehr allmählig nach Südost abfallenden Terrain. Nach zweistündigem Ritte passirten wir unweit des Ortes Pra­volce (es ist wohl derselbe Ort, den F. Kanitz in den erwähn­ten Bemerkungen 1. c. pag. M9 als Pavlica anführt), einen tiefen Wasserriss. Ein kleiner Bach der aus dem hier auf das wildeste verstürzten Kalkfelsen kommt, hat eine etwa 15 Me­ter tiefe Schlucht in den mächtigen Kalktuffmassen ausgenagt und stürzt sich laut brausend unter einer hohen Steinbrücke hindurch in die Tiefe.

Bald darauf erreichten wir, an dem rechts von der Strasse am Bergabhang gelegenen Celopek vorbei, die Höhe von Ljud­brod, wo wir uns, gefesselt durch zahlreiche Versteinerungen die in dem mergeligen, zu oberst hornsteinreichen Kalke stecken, wieder so lange aufhielten, als uns das Tageslicht etwas er­kennen liess und bis die hereinbrechende Nacht uns zum Auf­bruche mahnte. Schnell wurde noch die errungene Beute ver­packt und dann gings vorwärts, über den steilen Abhang auf einem vielgewundenen Steige hinab, in eine Seitenschlucht des ersehnten Isker's, dessen Spiegel uns schon von Weitem an­lockte. Es war dies in der wenngleich herrlichen sternenklaren Nacht kein angenehmes Wegstück. Wir kamen dabei durch einen gelichteten Eichenwald und niederes Gestrüpp, welches unseren armen Kleppern nicht wenig Mühe bereitete, endlich

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an den Fluss, den unser Packpferd längst vor uns pas­sirt hatte.

Seeartig breit lag die nur wenig gewellte dunkle Wasser­fläche vor uns. Wir ritten aufwärts, bis uns eine der verticalen, durch Auswitterung und Auswaschung entstandenen, mauer­artig auf- und vorragenden Kalkwände, jeden weiteren Schritt wehrte. Lautlose Stille herrschte um uns her, nur durch das zeitweilige Gekläffe unterbrochen, das aus dem, am anderen Ufer liegenden grossen Dorfe zu uns herübertönte. Unser Zap­tieh trat nun als Störer der Ruhe hinzu und liess seine lauten Schreie herübergellen , die dem Fährmann galten, der uns lange genug warten liess. Es mögen nicht die freundlichsten Bezeichnungen gewesen sein, die er hinüberwetterte und die auch den bulgarischen Charon endlich bewogen, gute Miene zum bösen Spiel zu machen und uns in seinem unförm­lichen Kahne hinüber zu führen. Es war keine ganz leichte Arbeit, denn unsere Gäule wollten sich durchaus nicht dem ausgehöhlten Baumstamme anvertrauen. Wir erreichten ohne Unfall das rechte Ufer und ritten über den Abhang hinan in das Dorf.

Die flimmernden Sterne die in der dunklen Fluth sich spiegelten, die schwarzen Schatten im Flusse, der aufsteigende Mond, der den sichtbaren Theil des östlichen Himmels in Feuer tauchte, erzeugten in uns eine recht eigenthümliche feierliche Stimmung, die jedoch bald gestört wurde durch das Höllenconcert, womit uns die Hundemeute im Dorfe empfing, bis sie durch die hineinfliegenden Knüttel ihrer Eigenthümer winselnd die Bahn frei machten, so dass wir in das gastliche Bulgarenhaus eintreten konnten.

Luidbrod oder Ljutbrod hörte ich das Dorf nennen, Lejean und Rockstroh nennen es Ljubrod, Kanitz führt den Namen Lutibrod als den richtigsten an. Es ist dies nur ein kleines Beispiel für die eigenthümlichen Abweichungen in den An­gaben der Ortsnamen. 1)

Der nächste Tag (ein Sonntag) führte uns den Isker aufwärts zunächst nach dem Kloster Cerepis. Es war ein herr-

') Luti = Leute; Ljud = scharf, beisselld. 7*

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licher Ritt. Der ersehnte Isker war erreicht und wir im Be­griffe in seine Schluchten einzudringen. - Aus dem Dorfe zieht sich der Saumweg am rechten Ufer hoch oben am steil ab­stürzenden Gehänge hin. Das imposante Ausgangsthor durch das der Fluss aus den schauerlichen Engen in die kleine Thalweitullg von Ljutllrod herausbrauset, ist sehr interessant gebaut. Von der Höhe aus sahen wir es auf das beste. - Die Gesteinsschichten stehen fast vertical und streichen in beinahe nordsüdlicher Richtung quer über den hier fast genau west­östlich strömenden Fluss. Sie bestehen abwechselnd aus grün­lich gefärbten, sehr mürben Sandsteinen und stellenweise petre­factenreichen, plattigen Kalkbänken. Indem nun die leicht zer­störbaren Sandsteine theils durch die Gewalt der Fluthen, theils durch die Auswaschung durch das Regenwasser zerstört und fortgeführt wurden, ragen nun die widerstand fähigeren Kalk­bänke in Form von ungeheuren, Kalkmallern gegen den Fluss vor und bilden auf der Höhe die hochaufragenden Riffe. - Der auf schwindelnder Höhe hinziehende Klostersteig ist stellenweise in den Fels gehauen und seine im Laufe der Zeit glänzend glatt gewordene, oft nur wenige Decimeter breite Bahn ist schauerlich und halsbrecherisch genug.

An einigen unscheinbaren Mauerresten, vielleicht den Rui­nen römischer Castelle, vorbei, kann man in einer guten Stunde das Kloster Cerepis erreichen. Wir freilich, mit un­serem immerwährenden Geklopfe und Gesuche brauchten fast dreimal so lange.

Das Monastir liegt unmittelbar am Flusse auf, und zum Theil in die weissen Caprotinenkalke hineingebaut. Mehrere weitläufige Gebäude umgeben eine niedere, aber ziemlich ge­räumige Kirche. Auf das freundlichste bewillkommten uns die Mönche, brachten uns Brot, gute Schafbutter und Käse, sowie frischgepressten, wohlschmeckenden, rothen Traubenmost. Auch bereiteten sie uns einen guten Pilaf (Reis) und waren bereit einer Schaar Hühner die Hälse 2u brechen, worauf wir jedoch nach allem Gebotenen gerne verzichteten, da es uns zu viel der besten Reisezeit gekostet hätte. Kaum ein Stündchen währte unsere Rast. Hoch oben im Glockengerüste hatte man uns Sitze zurecht gemacht und von dieser luftigen Höhe aus

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betrachteten wir das Getriebe der aus den umliegenden Dörfern herbeigekommenen Gläubigen.

Nun ging es aufwärts, weiter nach Westen, dem windungs­reichen Laufe des Flusses nach.

"Seine Thalwände müssen über den Bau der Hauptkette des Balkans den besten Aufschluss geben," so vielverheissend spricht Hofrath v. Hochstetter im ersten Theile seiner umfas­senden Abhandlung über "die geologischen Verhältnisse des östlichen Theiles der europäischen Türkei" (Jahrb. d. geol. R.-A. 1870, pag. 412).

Ich hatte mir auf das hin zur Aufgabe gemacht, die geologischen Aufschlüsse im D e f i lee der Flusses zu studiren und musste zu diesem Zwecke an den Thalabhängen des Flus­ses bleiben. Glücklicherweise ward es uns möglich, diesen meinen Lieblingswunsch zu erreichen, ohne den Flussspiegel auch nur für das kleinste Stück aus den Augen zu verlieren.

Es war ein munterer Zug, der nun in die Schluchten eindrang. Zehn Mann zählte unsere Schaar, fünf davon waren zu Pferde, die fünf übrigen waren bulgarische Bauern, die Eigenthümer der Pferde und die Führer. - Das Packpferd trug unsere in wasserdichte Decken eingeschlagenen Reisebetten. -Es war der einzige Luxus den wir uns erlaubten und wahrlich nicht bereuten, denn es ist über alle Begriffe wohlthuend, sich nach einem tüchtigen Ritte, auf der handsamen Matratze aus­strecken zu können. Zwischen den beiden Rollen lagen als die grössere Last die Säcke mit den Beutestücken ; den Ge­steinsproben.

Es begann eine interessante Saumwegtour. Oft thurmhoch über dem Isker an den stellenweise vertical abstürzenden Berg­wänden. Unseren Thieren gebührt das Verdienst, dass wir nicht zerschellten. Zu Fuss wären die Wege an manchen Punkten kaum zu passiren gewesen, unsere Pferde aber brachten uns wohlbehalten darüber hin. Manchmal war es possirlich, aber auch recht gruselig anzuschauen, wenn die Bulgaren das Pack­pferd beim Kopf und Schwanz bugsirten, während ein dritter darauf losschlug und ein vierter und fünfter die Ladung im Gleichgewicht zu erhalten sich bestrebten. Gleich beim Kloster mussten wir über einen schmalen Rücken aus schieferig-sandigen

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Gesteinen und kamen unmittelbar oberhalb des Klosters in eine kleine Thalweite,

Zwischen dieser und dem Monastir treten die weis sen marmorartigen, vielfach löcherig ausgewaschenen Kalke auf beiden Ufern so nahe aneinander, dass nur für den Fluss Raum bleibt. Hier an dieser Enge staut sich alljährlich das Hochwasser viele :\Ieter hoch über den tiefsten Stand im September; die riesigen Höhlen am Abhange bezeugen die Ero­sionsthätigkeit während des Hochwasserstandes.

Hier mussten wir den Fluss zum erstenmal übersetzen, was ein einigermassen lustiges Stück Arbeit abgab. Uns Be­rittenen wenigstens gewährte der Uebergang immerhin einigen Spass, wenn auch das Wasser den Pferden oft bis an den Bauch reichte und an seichteren Stellen jeder Schritt des Thieres uns mit einem kleinen Wasserüberguss erfreute und wenn sich auch die Fussbäder nicht ganz umgehen liessen. Schlimmer waren die Bauern daran. Zwei derselben führten das Packpferd hinüber, bis über die Hüften im Wasser watend.

Am linken Ufer ritten wir nun eine weite Strecke im Flussbette selbst über die Geröllmassen hin.

Der Fluss behält, die zahlreichen Windungen abgerech­net, die westöstliche Richtung während des ersten Tages bei. Das ThaI verläuft hier ziemlich parallel dem Streichen der Gesteinsschichten, die, sobald die mächtigen Kalkmauern hinter Cerepis passirt sind, aus rothen Conglomeraten und weiterhin aus Quarzitschiefern bestehen. Wo zu unserer Rechten (nach Norden hin) eine Schlucht einen Einblick ins Gebirge erlaubt, zeigten sich überall die hochaufstrebenden, schroffen Kalk­

'massen, die in diesem Theile des Gebirges die höchste Erhe­bung bezeichnen. Wir waren hier in einem wahren Längen­thaie, das parallel der Hauptaxe des Gebirges verläuft.

In dem ersten nach Südost sich öffnenden Thale liegt etwa zwei Kilometer vom ]i'usse das Dorf Ignatica.

Der Weg ist hier ganz abscheulich. Er zieht sich unmit­telbar über dem Flusse hin, so nahe, das::; er im Frühjahre überfiuthet ist, in welcher Zeit vom Monastir aus der Bergweg über I g na ti ca (am rechten Ufer) ein gutes Stück abseits vom Flusse eingeschlagen wird.

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Das rothe Conglomerat bildet kurz vorher eine Fluss­enge, indem die mächtigen, roth gefärbten Bänke des Ge­steines vom Flusse, der hier eine kurze Strecke von Süd nach Nord verläuft, ausgenagt sind.

Kaum 10 Minuten flussaufwärts kamen wir durch das kleine armselige Dörfchen Co r 0 n i n o. Vor dem Orte erhebt sich eine kleine Kuppe von stark verwittertem granitischem Gesteine, das von Gängen eines dunkel gefärbten Eruptivgestei­nes durchsetzt wird, welches nun weiterhin auf beiden Ufern herrschend wird. Es ist ein ausgezeichneter Dioritporphyr. Zwi­schen Co r 0 ni n 0 und dem nächsten, gleichfalls am linken Ufer liegenden I I i sen a bildet dieses ungemein harte und schwer verwitterbare Gestein, das nur oberflächlich wie mit einer weissen dünnen Rinde versehen ist, zwei landschaftlich schöne Stromschnellen, über die sich der Fluss laut brausend hinüberwälzt.

Nach Ilisena tritt noch einmal ein kleines Granitvorkom -men auf, um sofort wieder dem Dioritporphyr Platz zu machen, der nun bis zu unserer Nachtstation 0 pie t n ja anhält.

Um dieses am linken Ufer, am Ausgange einer Kalk­schlucht gelegene Dorf zu erreichen, mussten wir von dem linken Ufer durch den Isker auf das rechte übergehen, dieses eine Strecke weit auf einem wahrhaft halsbrecherischen Wege verfolgen und sodann wieder durch den Isker auf das linke Ufer zurückgehen, wobei unser lebhafter Dragoman, dem der Weg längs der Furt zu weit schien, diese verlassend in eine Untiefe gerieth und nahe daran war uns von den Wellen mit fortgenommen zu werden. Glücklicherweise blieb der kleine Unfall ohne weitere Folgen, so dass wir wohlbehalten das ärmliche Dorf erreichten, wo wir in einer, aus Aesten und Zweigen geflochtenen, mit Lehm überstrichenen, nur eine ein­zige geräumige Stube umfassenden Hütte übernachteten.

Am nächsten Morgen unternahm ich einen Ausflug in die nach Norden sich öffnende romantische Schlucht, durch die ein munterer Gebirgsbach, mehrere kleine Mühlen treibend, heraus­sprudelt. Diese Miniaturmühlen für den Hausbedarf sind allent­halben in Anwendung. Sie bestehen aus einem kleinen, vier­eckigen Blockhäuschen, kaum vier Meter lang und ebenso breit.

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Das Wasser wird in einem scbiefgestellten ausgehöhlten Baum­stamm auf die verticalen Schaufeln eines horizontalen, sehr primitiven Wasserrades geleitet und treibt dieses recht schwer­fällig herum.

Auf beiden Seiten des Einganges in die Schlucht ragen steile Felsen empor, die Abhänge am rechten Ufer des Baches gebören einem Plateauberge an, den man mir als Djudjuvac oder Cucuvac bezeichnete.

Der Abhang auf der linken Seite der Schlucht zeigt recht schön die Auflagerung des rothen Sandsteines auf dem Diorit­porphyr und die zu oberst folgenden, fast horizontal liegenden wohlgeschichteten Kalke. Das Engthai hat eine starke Neigung, so dass man bald auf die Basis der dunkel gefärbten Kalke kommt. Den Hintergrund des kleinen Hochthalbeckens, das man nach längerem Steigen erreicht, biluet eine vielzerklüftete, durch die tiefgehenden Auswaschungen in viele stumpfpyra­midenförmige Massen aufgelöste imposante Kalkmauer. Sie dürfte eine Höhe von 300-350 Meter erreichen und zeigt eine Art von Bänderung, da über den wohlgeschichteten schwarzen Kalken eine mächtige Lage eines lichten, stark dolomitischen Kalkes und auf diesen wieder in Bänke geschieuene lichte Kalke folgen. Mächtige Schutthalden, die mit zerstreut stehen­den Bäumen bewachsen sind, ragen in das kleine Becken herab und füllen es zum Theile aus. Hier vereinigen sich die Wässerchen und bilden den kleinen Bach von Obletnja. Der Kamm des Gebirges erhebt sich, wie auch aus der Tiefe zu erkennen ist, noch ein gutes Stück über die vorliegenden Kalk­mauern. Doch dürfte er gerade hier schmal sein, indem die Schlucht von Obletnja sich der nach Süden hin ausgenag­ten Schlucht von Isgurigrad (bei Vraca) sehr nähert, wie dies nach Zusammenstellung der während der Reise von Herrn Szombathy angefertigten Croquis deutlich hervorgeht. Weiter hinauf zieht sich ein Fusssteig zu dem von Vraca aus über den Balkan führenden Wege.

Der Vormittag war sehr vorgeschritten, als wir von dem anregenden Ausfluge wieder nach Obletnja zurückkehrten, wo Alles zum Aufbruche bereit war.

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Der Weg durch den schattemcichen, kühlen Thalgrund, dessen saftige Kräuter ihn zu einem herrlichen Weideplatz gestalten, gehört zu dem Lieblichsten, was uns die Reise ge­boten hat.

Wir mussten sofort wieder durch den Isker auf sein rechtes Ufer und zogen hier über die dunkelgrünen Diorit­porphyre , die schön geschichteten rothbraunen Sandsteine, zu beträchtlicher Höhe bis an den Trias-Dolomit empor, über Wiesen und unter zahlreichen fruchtbeladenen Nussbäumen und durch lichte Eichenwälder hin. Die Eichen sind hier allenthal­ben auf das grausamste zugestutzt. Alljährlich werden die Aeste und Zweige abgeschnitten um als Ziegenfutter und als Heizmaterial benützt zu werden. Zwischen nahestehenden schlanken, der Laubkrone fast vollständig entbehrenden Stämmen, werden die so gewonnenen Laubmasscn hoch über dem Boden aufgestappelt, um im Winter, trotz der mächtigen Schneelagen, aufgefunden zu werden.

Nach zweistündigem Ritte, selbstverständlich immer nur im langsamsten, wenig förderndem Tempo, gelangten wir zu einer am Fusse der schwarzen Platten kalke cntspringenden Quelle, gegenüber welcher eine kleine Mühle liegt, die uns als zu 0 s i k 0 va gehörig bezeichnet wurde. Dieses grosse Dorf konnten wir vom :Flusse aus nicht erblicken, es liegt auf der, Höhe des Gebirges. Hier passirten wir abermals den Isker und blieben nun den ganzen Tag hindurch an seinem linken Ufer und kamen dabei fort und fort übel' die Diorite und dünnplat­tige Thonschiefer. Aber auch hier bilden die ersteren fortwäh­rend die Grundlage der rothen Sandsteine und wo sich eine Thalschlucht nach Nordwesten öffnet, sieht man auch hier noch immer die Kämme des Kalkgebirges.

Auf dem letzten Stück des an diesem Tage zurückgeleg­ten Weges setzen rothe und grü~lich gefärbte, seidenglänzende Thonschiefer alle Berggehänge zusammen und ihr leicht beweg­liches Trümmerwerk macht den Weg der hier wieder thurm­hoch über dem Flusse hinführt, zu einem recht unbehaglichen. Er zieht sich auf weite Strecken über Schutthalden hin, die sich bei jedem Schritte in Bewegung setzeIl und die grösste

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Bereitwilligkeit zeigen, Ross und Reiter unaufhaltsam in die Isker-Fluthen hinabzuführen.

Das Wegstück kurz von Cer ova gehört zu den schauer­lichsten und wildesten Partien in der Isker-Schlucht. Ueber hori­zontal geschichtete, unten weisse und oben rothe Sandsteine, die von dem Wasser in der abenteuerlichsten Weise ausgenagt erscheinen, erreichten wir das über alle Begriffe ärmliche- Dorf Cer 0 v a. Es liegt am Ausgange eines nach Westen verlaufenden Thales, im Hintergrunde einer kleinen Thalweitung, in deren Mitte sich ein recht eigenthümlich gestalteter Sandsteinfels erhebt, der mit seinen zahlreichen dünnen, verschieden weit vorragenden Steinplatten lebhaft an eine chinesische Pagode erinnert.

Lange ritten unsere Zaptiehs von einer Hütte zur anderen, das Dorf schien wie ausgestorben, endlich fanden sie ein Quar­tier, das elend genug war, um Alles bisher in dieser Bezie­hung Gesehene zu übertreffen, doch hätte es noch viel elender sein können (wenn dies überhaupt noch möglich war), ohne unseren frohen Muth zu trüben.

In dem niederen, mit dichten Rauch erfüllten Raume, dessen Mitte die übliche Feuerstelle mit dem gros sen hölzer­nen Schlot darüber einnimmt, wurde uns durch hinwegräumen der soeben geernteten Maiskolben und Paprika-Bälge, die in Haufen aufgeschüttet waren, auf der Erde Platz für unsere Matratzen geschaffen.

Die Eigenthümer der Hütte (es waren im ganzen Dorfe fast nur Weiber zu sehen) überliessen uns dieselbe, doch kamen sie auch in der Nacht mehrmals herein um das Feuer zu unterhalten und als ich vor Tagesanbruch erwachte, sah ich die Weiber schon auf den niederen Schemmein am prasselnden Feuer sitzen und lautlos in die Flammen starren.

Die verlangten Pferde waren schon an Ort und Stelle, trotzdem währte es länger als mir lieb war, bis wir wieder flott wurden.

Kurz nach Obletnja hatten wir eine im Allgemeinen süd­westliche Richtung eingeschlagen, von Cer 0 v a an ging es aber direct nach Süden. Dabei durchquerten wir zuerst die

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grünlich gefärbten paläozoischen Thonschiefer, kamen sodann durch mächtige Quarzite, welche Berge zusammensetzen mit steil abstürzenden, in unzählbare Spitzen und Zacken zerklüf­teten Gehängen.

Bis zur Einmündungsstelle des aus Westen kommenden wasserreichen Iskrec (1 St. von Cerova) fanden wir nur am rech­ten Ufer das kleine Dorf Sei e n. An der Vereinigungsstelle der heiden Gewässer aber, liegt in einem Thalbecken, am linken Ufer des Iskers und des Iskrec ein kleines Kirchlein, dem Sveti Petko geweiht, und neben demselben ein Han. Am anderen Ufer des Iskrec aber liegt gleichfalls am linken Ufer des Iskers auf einer niederen Uferstufe das Dorf Sv 0 dj e.

Unmittelbar beim Abstieg zum Iskrec kamen wir übel' einen lichten, stark glimmerigen, dünnplattigen Sandstein, in dem ich zu meiner nicht geringen Freude typische Pflanzen­reste der Steinkohlenformation entdeckte, wodurch es möglich wurde eine Altersbestimmung des ganzen Schiefergebietes, durch das wir die Zeit her gekommen waren, vorzunehmen.

Die Schiefer erinnerten mich an Ort und Stelle auf das lebhafteste an die im nördlichen Mähren und in Schlesien so weit verbreiteten Dachschiefer (Culmschichten genannt), welche Meinung durch Yergleich der aufgefundenen Pflanzenreste mit den von Herrn Bergrath D. Stur beschriebenen Fossilien der Culmflora, von diesem ausgezeichneten . Phytopaläontologen be­stätigt wurde.

Es konnten. folgende Arten sicher constatirt werden:

Archmocalamites radiatus Bl'ong. Lepidodendron (Sagenaria) Veltheimianum Schloth. Stigmaria inrequalis GÖpp. Cardiopteris polymorphus Stur und Neuropteris antecedens Stur.

Das bestimmt nachgewiesene Vorkommen der unteren Steinkohlenformation im Bereiche dieses Theiles der Hauptkette des BalkallS wird um so interessanter, da dadurch auch die zuerst von Dr. Ami Boue ausgesprochene Andeutung des Vor­kommens paläozoischer Ablagerungen im Etropol-Balkan unter-

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stützt und ihre weitere Fortsetzung nach Westen hin ausser Frage gestellt wird.

Hofrath v. Hochstetter, - dessen bahnbrechende Abhandlungen über "Die geologischen Verhältnisse des ö s t 1i ehe n T h eil e s der e u r 0 p ä i s ehe n Tür k e i" 1) nicht nur das Interesse für die geologische Erforschung dieses weiten, wenig gekannten Gebietes neuerdings auf das erfolg­reichste anregten, sondern auch das sichere Fundament bilden, auf dem dieses geologische Gebäude weiter geführt werden kann und soll, - hat auf seiner "Geologischen Uebersichts­karte des östlichen Theiles der europäischen Türkei 1870" eine Zone paläozoischer Gesteine angegeben und beschrieb auch zuerst die Schwarzkohlenformation bei SeIdsehe im Tchipka­Balkan (1. c. 1870, pag. 418-420), die hier unmittelbar auf Gneissgranit aufliegt und mit einer Schichtenreihe von Kohlen­sandstein, Thonschiefer und Grauwacken-Sandsteinen vorkommt. "Das Ganze macht durchaus den Eindruck einer paläozoischen Sehiehtengruppe. "

Ueber die richtige Stellung dieser, wegen des bisherigen Mangels an bezeichnenden Fossilien, nieht bestimmt einzu­reihenden Zone, kann nun wohl kaum mehr ein Zweifel bestehen.

Stundenlang blieben wir nun wieder im Bereiche der pa­läozoischen Thonsehiefer, welche fast genau von Westen naeh Osten streichen und im Allgemeinen fortwährend senkrecht auf die Thalrichtung verlaufen. Es ist ein eintöniger und be­seh werlicher Weg, der sich, nachdem wir bei Svodje wieder auf das rechte Ufer übergegangen, fortwährend auf diesem Gehänge hinzieht. Um Mittag kamen wir an dem weitausge­dehnten, hoch oben am linken Thalabhang liegenden Dorfe Re b r 0 v a vorbei, ritten sodann über weite Thonschieferflächen in ein breites, freundliches ThaI hinab, durch welches die Batuliska Rieka von Südosten her dem Isker zufliesst. Zahl­reiche Rinder, Schafe und Ziegen weideten hier. Der Einmün-

1) Jahrbuch der k. k. geol. R.-A. 1870, pag. 365-461, und ]872, pag.331-388.

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dungsstelle des Baches gegenüber liegt, ähnlich so wie Rebrova, ein Dorf, dessen Namen ich leider nicht erfragte. Von nun an werden die Gehänge sanfter, die Bewaldung etwas dichter und das Thai etwas weiter. Der Weg aber wird darum nicht besser.

Der niedere Wasserstand erlaubte uns den Thalweg ein­zuschlagen. Unser Packpferd aber schickten wir über das Ge­birge, da es zu oft den Fluss hätte überschreiten müssen.

Wir ritten an diesem Tage nicht weniger als dreizehnmal durch den Isker.

Kurz vor 3 Uhr Nachmittags erreichten wir das Tscher­kessendorf Ronca (GOl'ni- und Dolni - Ronca), welches am rechten Ufer, am Ausgang eines kleines Seitenthaies gele­gen ist. 1)

Bis hieher halten die Thonschiefer an und we1'<.len nun von den unten rothbraullen, in den oberen Partien aber weissen Sandsteinen und Conglomeraten überlagert. Sie bilden die pit­toreske Eingangsschlucht durch die der Isker, aus dem Becken von Sofia, in den Balkan eintritt.

Zwischen den Thonschiefern und den Sandsteillen ist bei ROllca eine Thonmergellage eingeschaltet.

Durch die enge Salldsteinschlucht eri'eichten wir nun bald das Dorf Korila, das bereits am Rande des weiten Beckens von Sofia liegt, kaum drei Wegstunden von dieser Stadt entfernt.

Nach kurzer Rast ging es von hier im lebhaftesten Trabe nach Sofia, wo wir schon nach 11/ 2 Stunden in wahrhaft freudig gehobener Stimmung' einritten.

An diese Reiseskizze will ich mir nur noch einige auf das Isker-Defilee zwischen Sofia und Ljudbrod bezügliche Be­merkungen anzuführen erlauben.

I) Zwischen Ljudbrod und Korila sind demnach die folgenden Orte im Defilee des Isker's gelegen:

Das Kloster Cerepis und die Bulgarendörfer : Ignatica (etwas abseits in einem Nebenthale) Coronino, IIiseina, Obletnja (von Osikovo ist nur eine Mühle sichtbar), Cerova, Selen, Svodje mit dem kleinen Monastir Sveti Petko, Rebrovo, das der Mündung der Batuliska Rieka gegenüberliegende Dorf, und Dolni-Gorni-Ronca.

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Das von Süden nach Norden verlaufende Stück des Thales ist auf allen Karten zu kurz angegeben, wodurch auch anstatt des fast rechtwinkeligen Umbuges kurz vor Osikovo, und der nahezu von West nach Ost ziehenden Thalfurche, eine mehr weniger nordöstliche Laufrichtung angenommen werden musste. Dadurch wird auch das Kalkgebirge südlich von Vraca unge­mein verbreitert, während es, wie wir gese.hen haben, ein ver­bältnissmässig viel schmäleres Gebiet einnimmt.

Auf der Scheda'schen Karte ist das hezügliche Stück des Flusses viel zu weit nach SO. gerückt und als unmittelbar am Isker liegend werden die Orte: Ogoja und Litakovo, sowie ein Ortszeichen ohne Namenangabe, verzeichnet. Alle drei Orte sind in Wirklichkeit nicht vorhanden, doch würden ihnen, was ihre Entfernungen von einander anbelangt, die Dörfer: Osikovo und Obletnja entsprechen.

Auf der Karte von Kiepert (1870) ist mir Litakovo als am Isker liegend angegeben, während es in Wirklichkeit (siehe z. B. Rockstroh 1. c. pag. 454) vier Stunden vom Isker ent­fernt liegt.

Auf der schönen Karte von Petermann (Stieler's Hand­atlas Nr. 56, 1874) sind die Orte Radotin und Litakovo als am Isker liegend angegeben, während doch auch der erstere (Rockstroh 1. c. pag. 454) 'yeitab vom Isker, nach Kanitz an der Raskovska Rjeka liegt.

Den posthumen Aufsätzen des um die Erforschung der europäischen Türkei so hochverdienten Lejean (in le tour du Monde 1873, pag. 135) ist eine Kartenskizze beigegeben, auf der längs des Iskers nur die Orte Rebrova und Iskrec ange­führt sind, ersteres so ziemlich an der richtigen Stelle, wäh­rend das letztere etwa an die Stelle des Monastirs bei Svodje gesetzt ist.

Die grossen , aus breiten Thälern kommenden Neben­flüsse am rechten Ufer sind auf jeden Fall total unrichtig an­gegeben.

Die Isker-Schluchten wurden erst in neuerer Zeit von einigen Reisenden aufgesucht und theilweise passirt.

Zuerst war es Lejean, der im Jahre 1869 auf seiner Reise von Vraca über Isgurigrad den hohen Kalkkamm des Balkans

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überschritt und bei Osikovo ins ThaI des Iskers hinabstieg und dieses auf der kurzen Strecke bis zur Einmündung des Iskrec verfolgte, um von hier über das Gebirge nach Sofia zu gehen (siehe Petermann, geogr. Mitth. 1870, pag. 290).

Lejean vergleicht das ThaI des Iskers, von dem er sagt, dass es "schwer sei, anderswo einen so reizenden und so schwer zu durchforschenden Flusslauf zu finden," wegen seiner steil abstürzenden Felsen, mit dem ThaI von Tempe in Thessalien und fügt bei, dass das ThaI wohl überall breit genug sei, um den Bau einer Eisenbahn zu gestatten, dass aber die zahllosen Gebirgswässer , die hier einmünden, hunderte von Brücken nothwendig machen würden. Ich schliesse mich in dieser Be­ziehung den Anschauungen Lejean 's vollkommen an: Die Isker-Linie ist der einzige Weg, auf dem eine Bahnlinie durch den Balkan gelegt werden k ö n n t e; die Schwierigkeiten sind zwar keine geringen, doch - wenigstens auf dem hier in Rede stehenden, von mir durchreisten Theile des Laufes - gewiss nicht unüberwindlich.

Im Sommer 1871 bereiste F. Kanitz diese Gegend. 1) Er verfolgte den Isker aufwärts auf der Strecke von Ljutbrod bis zum Monastir Cerepis, von hier ging er am rechten Ufer an­fangs "eine Stunde weit nach Süden" über Slidol, Ignatica, Oselna bis Lakatnik und zum Osikovskobreg, überschritt hier den Isker, über dessen Lauf er sich von einer Höhe oberhalb Bov orientirte, um über den hohen Vraca-Balkan nach Vraca zurückzukehren.

(Man vergleiche übrigens auch die Uebersicht von F. Ka­nitz' Reisen in Bulgarien 1870-1874 von A. Petermann, [Petermann's Mittheilungen 1874, Taf. 16] oder im I. Bande von Donau-Bulgaren etc. 1875).

Im Frühjahre 1875 endlich hat Herr Oberlieutenant Brüch, vom k. k. militär-geographischen Institute, die nördliche Hälfte des Defilees, so weit es das Hochwasser erlaubte, bereist.

1) Siehe Bemerkungen zu d. Aufsatze von Rockstroh I. c. pag. 455 und den kleinen Aufsatz im Ausland 1875, pag. 922-923.

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Er ging dabei von Ljudbrod über Cerepis nach Opletnja, von hier über das Gebirge nach Osikovo und noruwärts nach Hadzilar Malesi.

Vor ganz kurzer Zeit hat Herr Prof. L. Fr. Zekell in Berlin eine Festschrift: "Der Haemus und seine Nachbarn, die thracisch-illyrischen Gebirgssysteme, " (Berlin 1875), als Vor­läufer einer ausführlichen Studie über denselben Gegenstand veröffentlicht, die sehr viel des Interessanten enthält, über das Isker - Defilee jedoch aus Mangel an verlässlichen Angaben kaum einige Anueutungen machen konnte, welchen wir die oben angeführte Mittheilung im "Ausland", des durch seine historisch­geographisch - ethnographischen Reisestudien hochverdienten F. Kanitz veruanken.

11. Von Sofia nach Trn und über Pirot zurück nach Vidin.

Auf der Strecke Sofia-Trn folgte ich der von Hofrath Hochstetter im Sommer 18G!J eingeschlagenen Route l ). Dieselbe führt von Sofia aus WSW. übel' die diluvialen Schottennassen hinweg in die Schlucht von BaH Effendi, zwischen dem Nord­abhange des Vitos-Stockes unu dem viel niederern Lülün­Gebirge, dessen Abhänge mit ungemein mächtigen Scbuttmassen und grossen abgerundeten Blöcken bedeckt sind, in welche sich die. schnellfiiessende Vladai Rieka ihr tiefes Bett eingerissen hat, eine Arbeit, an der sie unausgesetzt weiter arbeitet. Die Eisenbahntrace liegt auf den Schutthalden, zuerst am linken, und weiterhin am rechten Ufer des Baches. Bei unserer Durch­reise herrschte grosse Aufregung unter den zahlreichen Arbei­tern. Die Arbeiten wurden soeben eingestellt, so dass fürs erste die halbfertigen Erdarbeiten der zerstörenden Thiitigkeit der Atmosphärilien überantwortet wurden, die in nicht zu lan-

1) Siehe IIochstetter; Die geologischen Verhältnisse des östlichen Theiles der europäischen Türkei. Zweite Abth. Jahrb. d. k. k. geol. R.-A. 1870, pag. 350-352.

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ger Zeit die Spuren der unfertigen Bahnlinie auslöschen werden.

Nachdem wir die Wasserscheide zwischen dem I s k e l' und der S tr um a passitt hatten, kamen wir in das kleine Braun­kohlenbecken von Cirkva, welches das oberste Quellbecken der Struma darstellt. Hier vereinigen sich die zahlreichen aus Norden vom Visker- und Lülün-Gebirge, aus Osten vom Vitos und von Süden her aus dem Golo Brdo-Gebirge kommenden Bäche (siehe Hochstetter's Karte der Central-Türkei), um nach Passirung der engen, kurzen Kalkschlucht bei Pernik in das Becken von Radomir abzufliessen.

Ich hatte Pernik schon einmal u. zw. am Tage nach der Partie auf den Vitos besucht, um mit einem im Dienste des Baron Hirsch stehenden, nach Kohlen fahndenden Herrn Kutschera zusammenzutreffen, mit dem ich, er stand eben im Begriffe nach Constantinopel abzureisen, nur einen kleinen Spa­ziergang machen konnte, um mich von dem Vorkommen der Braunkohlenflötze zu überzeugen.

Herr Kutschera hat an verschiedenen Punkten Probe­schächte abgeteuft und allenthalben die Braunkohle angetroffen. Diese ist eine ganz vorzügliche Braunkohle; die zahlreichen Flötze sollen aber zu wenig mächtig sein, um bauwürdig zu sein. Das stärkste unter 4 Flötzen soll 90 cm. mächtig sein. 1)

An der Struma liegen die Schichten vollkommen horizon­tal. Bei Bucina, Mosina und Bacindol, am rechten Struma­Ufer auf den sanft geneigten Gehängen gelegen, und bei Kalkac am linken Ufer, wurden Flötze nachgewiesen.

Bei unserer zweiten Durchreise hielten wir uns nur einige Zeit in Pernik auf, um die Lagerungsverhältnisse der schwar­zen Kalksteine in der Struma-Schlucht zu studiren und nach Versteinerungen zu suchen und fuhren sodann gegen Bresnik weiter. Bald verliessen wir die nach Radomir führende Strasse und fuhren nun nordwärts bis in ein recht elendes Nest Na­mens· So b i c a, rechts, abseits von der Strasse, wo wir über­nachten mussten, da das schlechte Wetter uns nicht erlaubte, bis Bresnik weiterzufahren. Auch am nächsten Tage hielt das

I) Man vergleiche Hochst. 1. c. pag. 355 und 356. 8

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Regenwetter an, wozu sich noch ein heftiger kalter Wind aus NW, kommend, gesellte, so dass alsbald wieder Fieberanmah­nun gen merkbar wurden. Der Weg ist hier streckenweise herz­lich schlecht. Um Mittag kamen wir vor dem Ba b s k aHa n, oberhalb K 0 ins k a, über die Wasserscheide zwischen der Struma und der Sukava und fuhren nun auf ein sehr interes­santes Kalkgebirge los, das in steilen, vielgestaltigen, weissen Spitzen und Kämmen aufragt und von tiefen, engen und ver­ticalwandigen Schluchten durchzogen ist.

Nach Westen hin erheben sich die Kalkmassen der Ba­ramun Planina mit dem Lubas, einem spitzen Kegelberge, nach N orden die Berge von Dragovci.

Bei Filipovci traten wir in diese Kalkregion ein. Wir passirten einen Bergriegel aus weissem Nerineenkalk, an dessen östlichem Fusse der Fluss von Filipovci durch eine enge Kalk: schlucht nach Norden abfliesst, um sich mit der Sukava zu vereinigen. Nachdem wir die besagte Höhe überwunden hatten, ging es in ein enges ThaI, das von Kreidesandsteinen (Ammo­niten führend) erfüllt ist. Unmittelbar vor Tm führt die Strasse über die schwarzen, plattigen Triaskalke und die rothen unter­triadischen Sandsteine.

T r n ist ein freundliches, von Bulgaren bewohntes Berg­städtchen und liegt in einer kleinen, beckenartigen Erweiterung der Sukava-Schlucht, tief unten im Thale, unmittelbar an dem stattlichen BergflüRschen. Bis vor Kurzem befand sich hier nur ein Mudir, bei unserem Besuche trafen wir bereits einen Kaima­kam, wohl den einzigen Menschen in Trn, der einen europäi­schen Anstrich hatte. Der Eindruck, den Tm auf mich machte, ist der angenehmste unter allen Punkten, die ich auf meiner vorjährigen Reise besucht habe; die romantische Lage des Ortes trägt wohl viel dazu bei. Die Häuser stehen in einer langen Reihe am Flusse und sind besonders nach Westen hin (flussaufwärts) verbreitet, in welcher Richtung man eine halbe Stunde weit, an den zerstreuten, zu Trn gehörigen Hütten hin­reiten kann, bis man in das grosse, weit ausgedehnte Thal­becken der oberen Sukava hinaustritt.

Nachdem wir am Morgen des 25. September dem Kaima­kam, den wir in Fieber-Reconvalescenz trafen, unseren Besuch

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abgestattet hatten, begannen wir unsere Ausflüge. Der erste führte uns nach Westen. Die Strasse führt am linken Ufer der Sukava hin, deren rechtes Ufer die steil abstürzenden, wohl­geschichteten Triaskalke bilden. Wie durch ein enges Thor tritt man etwa 3 Kilometer vom Bazar des Städtchens in das weite Thalbecken hinaus. Dort, wo von der Strasse der Weg nach Turiakovska abzweigt, steht gegenüber dem Han ein sehr schöner Tumulus. - Das fruchtbare ThaI ist an beiden Ge­hängen mit zahlreichen Dörfern besetzt. Auf der nördlichen Seite erheben sich die uns schon von der Nordseite her be­kannt gewordenen Berggruppen. Vor Allem zunächst den Kalk­bergen von Trn das R uj - G e b i I' g e. Dasselbe gewährt, von Süden betrachtet, einen ganz ähnlichen Anblick wie von Nor­den, es ist ein auf breiter Basis aufsteigender, rundkuppiger Bergstock, mit tiefen Furchen und Rippen auf den Gehängen, deren unterer Theil von rothen Sandsteinen im südöstlichen, und von Trachyttuffen im südwestlichen Theile umgeben ist. Aus dem ersteren erheben sich bei Sei e ni g rad einige iso­lirte Kalkfelsriffe. Gegen Westen hin erhebt sich ein zweiter weniger hoher Berg, der mir als der S t I' be k Kamen bezeichnet wurde, er liegt zwischen dem Ruj-Gebirge und dem breitrücki­gen, massigen, krystallinischen Stocke der (; ern a t r a v a, der die nordwestliche Grenze des Sukava-Beckens bildet. Die süd­lichen Gebirge bestehen, so weit man sie vom Thale aus über­sieht, aus einer Unmenge rundrückiger Berge, die erst weiter südwärts zu ansehnlicheren Höhen ansteigen. Die am linken (nörd­lichen) Ufer der Sukava befindlichen Orte sind alle auf der wiederholt erwähnten Karte der centralen Türkei von Hofrath v. Hochstetter angegeben, nur zeigen die mir angegebenen Na­men manchmal die landesüblichen Schwankungen; so wurde mir beispielsweise der Ort Ravanevci als Klavanovce und das im Westen von Nasalevci gelegene Dorf als Raneluk bezeich­net. Am rechten Sukava-Ufer erfragte ich in der südlich von Turiakovski gelegenen Thalweitung zwei kleine Dörfer im Nord­westen von Buznice (oder wie man uns sagte Burnica): Vukan und BereYnd, letzteres liegt nahe am Flusse, etwa dort, wo auf der Viquesnel'schen Karte Barevtzi steht. 1)

1) Scheda schreibt Burevci. Buznice liegt weit ab vom Flusse. 8*

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Mein Weg führte mich nach Turiakovska, von wo ich einen recht lehrreichen Ausflug in das enge ThaI unternahm, welches sich gegen Nordwest zur Ruj-Planina hinzieht, um sich in zwei Schluchten zu gabeln, die in dem krystallinischen Schie­fer des Gebirgsstockes eingeschnitten sind.

Von Turiakovska ritten wir sodann gegen S a pe 1 und da ein Unwetter heranzog, weiter nach SeI e n i gr a d. Dieser Weg führte uns über ein weites Schuttland, in das sich die Bäche tiefe Schluchten eingerissen haben. In Selenigrad lang­ten wir gerade zur rechten Zeit an. Kaum waren wir unter Dach, als auch schon ein gräuliches Wetter ausbrach und alle Berge ringsum im Nu mit Schnee bedeckte. Wir richteten uns in dem reinlichen Han häuslich ein, der Wirth schaffte einen alten eisernen Ofen herbei, der rasch aufgerichtet ward und uns das Verweilen angenehmer machte. Nach einer auf den Bänken verlebten Nacht, besuchten wir am nächsten Morgen, der wieder vollkommen klar und heiter war, die Schlucht von Selenigrad. An ihrem Eingang erhebt sich auf der Ostseite ein steiler Hügel, auf dessen Höhe sich Reste alter Befestigungen befinden sollen, wie uns der Ortsrichter versicherte, der uns auch einige römische Münzen zeigte, von denen er sich jedoch nicht gerne trennte. Wir hatten weder Zeit noch Musse, den Punkt, den er uns als Gradiste bezeichnete, zu besuchen.

Der Frost machte unseren Ausflug in die Schlucht recht unerquicklich. Die Temperatur betrug - 2° Cels. und erschwerte

. uns den Gebrauch der Hände. Der klare Bach war am Rande allenthalben mit dünnen Eiskrusten bedeckt. Nachdem wir die beiden Kalkriffe , die gleich zwei grossen Pfeilern den Thaleingang bilden, hinter uns hatten, ,kamen wir bald auf die krystallinischen Gesteine, die mit dem auf der Spitze des Ruj auftretenden Hornblendegneiss vollkommen übereinstimmen. U eber Mi los I a v c e ritten wir sodann bis vor Na s ale v ci, wo wir in das Trachytterrain kamen. Vor Nasalevci ist ein niederer Trachythügel gegen die Sukava auch Klisurska genannt vorgeschoben, in dem kleine Steinbrüche eröffnet sind, wo leicht bearbeitbare lichte Trachyttuffe gewonnen werden. Dieser Hügel bildet mit einem an das rechte (südliche) Ufer herantretenden Phyllithügel eine Thaisperre, wodurch zwei

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getrennte Thalbecken entstehen. Bei Raneluk (Ranevo) begin­nen die Phyllitberge.

Auf unserem Rückwege nach Trn benützten wir die Strasse bis zum Eingange der Enge in der das Städtchen liegt, wo wir uns mit der Besichtigung der, die Steilabstürze am rechten Ufer bildenden Kalke beschäftigten, bei welcher Thätigkeit mir die einzige Unbill im Verlaufe meiner Reise widerfuhr. Es war am Eingang in die Thalweitung selbst, also nane dem Bazar. Ich hatte den Zaptieh bei den Pferden am Flusse gelassen, da ich im Bereiche der Stadt keine Stö­rung erwartete, und war mit Herrn Szombathy an den Steil­hängen emporgeklettert, um ein Gebirgsprofil zu studiren, als wir einer Anzahl, tief unten im Thale heimkehrenden Ar­nauten, die nach Beendigung der Steuereinhebung das Städt­chen fröhlich verliessen, zur Zielscheibe einiger Schüsse aus ihren langen Flinten dienten, wobei die neben uns einschlagen­den Kugeln uns deutlich genug bewiesen, wie gut es die Kerle mit uns gemeint hatten. Glücklicherweise blieb das Ereigniss ohne schlimme Folgen.

Die Bulgaren, bei deren Hütten sich die Schützen auf­gestellt hatten, mögen ihnen wohl gesagt haben, dass wir unter Begleitung waren, denn sie luden nicht wieder und trollten sich, als wäre Alles in schönster Ordnung gewesen.

Als wir bei den Pferden wieder anlangten und unseren Zaptieh aus seinem Schlummer weckten, erschrack er nicht wenig, als wir ihm die Gefahr klar machten, der wir soeben entgangen waren. Auch der Kaimakam bedauerte leb haftest. Wie gesagt, es war glücklicherweise der einzige Zwischenfall dieser Art, den ich zu verzeichnen habe.

Am nächsten Morgen (am 27. September) unternahm ich einen Ausflug in das südöstliche Kalkgebirge, die Bar a m u n PI a n i n a, nach dem grossen, im Süden von Filipovce gelege­nen Dorfe so genannt.

Sie erhebt sich mehr als 400 Meter über Trn (Höchster Punkt derselben 1117 Meter ü. d. M.). Tief eingeschnittene Thalschluchten durchziehen das Gebirge. Eine solche besuchten wir bei Filipovce, sie zieht quer durch, und in der Mitte befin­det sich das Monastir Sveti Bogorodica, in einer von Osten

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her fast unzugänglich erscheinenden Stelle. Es ist ein Punkt von seltener landschaftlicher Schönheit. Die Schlucht wird von einem der Filipovce Rieka zußiessenden Bache durchzogen, der aus dem im Südosten von Trn gelegenen fruchtbaren Thalbecken von Mislavce kommt.

Es ist reich bebaut und stellt ein altes Seebecken dar. Wir überschritten das Kalkplateau von Baramun aus. Der Weg zieht sich hinter. dem Dorfe steil hinan über das ungefüge Blockwerk von weissem N erineenkalk. Vom Rande des Hoch­plateaus genossen wir einen unvergleichlich schönen Anblick der im Südosten sich aufbauenden Gebirgswelt.

Die Vitos-Masse, alle Gipfel waren damals mit einer glän­zend weisser Schneedecke überzogen, ragt hoch auf über die niederen Rücken des Lülün- und Visker-Gebirges im nörd­lichen und des Brdo-Gebirges im südlichen Theile. Hinter dem letzteren sieht man in weiter Ferne die sägezähnige Kammlinie des Rilo silberfarbig in die klare Luft emporragen.

Die Oberfläche des Hochplateaus ist reich an muldigen Einsenkungen und dolinenartigen, trichterförmigen Einsturz­oder Erosionslöchern und ist mit dichtem Strauchwerk bedeckt, unter welchem der wilde Flieder eine Hauptrolle spielt. Ausser" dem tritt Roth- und Weissbuche sowie die Hasel häufig auf. Die zahlreichen Blätter der schwarzen Niesswurz erinnern an' unsere Kalkalpen-Flora. Nach einem fast zweistündigen Ritte erreichten wir den Steilabhang gegen die Schlucht von Sveti Bogorodica, den wir nur mit Mühe bewältigten, indem wir die Pferde vor uns hertrieben und sich den Weg selbst finden liessen.

Leider erkrankte Herr Szombathy auf dieser Tour aber­mals heftig am Fieber, das ihn von diesem Momente an auch nicht mehr frei gab.

Am Ausgange der Schlucht gegen Mislavce hin studirte ich noch ein interessantes Gebirgsprofil und dann ging es über Istimirca, durch ein wild zerrissenes, hügeliges und schluchten­reiches Sandstein-Terrain nordwestwärts, nach Tm zurück.

Am Nachmittag des 28. Sept. verliessen wir das Berg­städtchen, indem wir an dem kleine.n, neuer bauten Tscher­kes~endorfe vorbei, in die nordwärts ziehende Sukava-Schlucht

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eindrangen, wobei wir sehr bald auf das krystallinische Grund­gebirge gelangten.

Dasselbe besteht aus demselben Hornblendegneiss, den wir in der Schlucht von Selenigrad angetroffen hatten. Woraus hervorgeht, dass der krystallinische Stock eine bedeutendere Ausdehnung hat und sich weit von West nach Ost erstreckt. Die Sukava fliesst hier durch eine überaus enge, wilde Klause, die jedoch erst weiterhin, dort wo die Kalke wieder beginnen, ganz unwegsam wird, so dass der Reitsteig den Fluss verlassen muss, und von der Einmündungsstelle des von NW kommen­den Lomnica-Baches an, über einen Bergrücken nach Pet a­sinca führt (am linken Sukava - Ufer am Berggehänge liegend).

Das ThaI der Lomnica hat flache, wiesbedeckte Gehänge. Das Dorf Lomnica liegt etwa eine halbe Stunde aufwärts

im Thale dieses Baches und nicht am rechten Ufer der Sukava, wie auf der Scheda'schen Karte angegeben ist, wo auch Seleni­grad und Miloslavce in einem Seitenthaie der Sukava ange­geben sind, das mit dem vom Lomnica-Bache durchflossenen übereinstimmen dürfte.

Etwas oberhalb Petasinca liegt in einer kleinen Thal­weitung unterhalb einer aus lichtem Nerineenkalk bestehenden Enge das kleine Dörfchen Bai n k a.

Von Petasnica, wo wir übernachtet hatten, überschritten wir einen niederen Sattel und folgten sodann der Sukava, die hier in einer grossen Verwerfungsspalte zu fliessen scheint. Über I s k r 0 v c e (eine Wegstunde von Petasinca), passirten wir sodann, eine Stunde weiter abwärts, einen aus West kommen­den Bach, die Ra k i t a R i e k a, in dessen Thale, eine Stunde aufwärts, das Dorf Sv 0 n c a und eine halbe Wegstunde weiter das Dorf Ra k i t a liegen sollen.

Das Sukava-ThaI wird bald wieder enger und wilder und vom Dorfe Ud u r 0 v c a abwärts vollkommen unwegsam. Hier treten nämlich Kalke, die bisher die Höhen gekrönt hatten, zahllose Kegelförmige Klippen und Spitzen bildend, an das Niveau des Flusses, der sie in einer engen Schlucht durch­bricht, welche nur für den Fluss Raum hat, wovon ich mich

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selbst überzeugte, indem ich allein bis an die Engspalte ritt,

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wo ich leider, so ungern ich es auch t.hat, umkehren musste: I

Wir verliessen desshalb das ThaI der Sukava und folgten der oberhalb U durovca mündenden Ku s a v r a n a R i e k a. Dieser Bach kommt aus Nordwest, während die Sukava von der Ein­mündungsstelle aus nach Nordost fliesst.

Das Dorf Kusavrano liegt eine und eine halbe Stunde weit thalaufwäl'ts und nicht wie sowohl auf der Kiepert'schen als auch der Petermann'schen Karte angegeben ist, an der Sukava.

Die Verhältnisse sind hier ganz andere als auf den ge­nannten Karten angegeben ist.

Die Sukava ist zu weit nach West gesetzt, das ThaI, welches auf der erstgenannten Karte, von Kusavrana bis gegen Stol, als von der Sukava durchflossen angegeben ist, entspricht dem von uns verfolgten Zuflusse aus Nordwest, während die Sukava, wie gesagt, ostwärts fliesst und vielleicht mit einem der als Zuflüsse gezeichneten Flussläufe zusammenfällt. Auf der Karte von Viquesnel ist ein derartiger, gegenläufiger Fluss als Rakovska Rieka angegeben, aber zu weit nach Süden geführt.

Das ThaI der Kusavrana Rieka "ist in glimmerige Sand­steine und Conglomerate der Kreideformation eingerissen. Diese liegen auf den weissen Kalken mit Nerineen." In dem östlich davon verlaufenden Hauptthale wurden mir, als wir die Passhöhe vor Stol erreicht hatten (nach ein und ein halbstün­digem Ritte von Kusavrana aus), die Orte Walonis, Studena, Strlec und Ralin angegeben, letzterer Ort am Fusse eines hochaufragenden Rückens, der Ralin Planina gelegen. Am Bergrücken im Westen soll Masurovca und jenseits des Rückens Cervena Jabuka liegen. Von Mazurovca abwärts wurde mir das Dorf Radininca genannt.

Nachdem wir die Wasserscheide (zwischen Sukava und Vlasina) passirt hatten, stiegen wir gegen das Bulgarendorf Stol hinab, wobei wir den Stolski Kamen (den Golemi Stol, das heisst den grossen Stuhl) im Westen umgingen) und ge­langten in dieselbe weite Thalmulde, die wir schon einmal, von der Luberasda kommend, durchzogen hatten.

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-Herrn Szombathy's Zustand verschlimmerte sich und da er ohne Aufenthalt nach Ph'ot weiter zu reisen wünschte, um dort einen Arzt zu Rathe ziehen zu können, blieb ich mit einem Zaptieh allein in Stol zurück, um das letzte Wegstück, hauptsächlich d,e Strecke zwischen Kernina und Scharkiöi, dessen genaueres Studium bei unserer ersten Reise, s. S> 74, durch die Ungunst der Witterung und das Fieber unmöglich gemacht worden war, zu untersuchen. Aber auch dieses Mal musste bei fortwährendem Regen gearbeitet werden.

Von Sc ha r k i ö i (Pirot) aus unternahm ich einen Aus­flug an die T em s k a und zur Bel a v a PI a n i n a. Dabei hatte ich Gelegenheit auch hier die Orbitulincn - Mergel in schöner Entwicklung zu verfolgen.

Sie liegen zwischen Sandsteinen eingeschlossen, welche sehr reich sind an wohlerhaltenen Korallen. Die Temska ist ein ganz stattlicher Fluss und kommt aus einem weiten, frucht­baren Thale, in das man von der grossen Steinbrücke, einem alten, festen Bauwerke, einen schönen Einblick geniesst.

Der Temslm-Mündung gegenüber liegt am linken Ufer der Nisava das grosse Dorf S ta nie in ce, an einer steil nach Norden abstürzenden Felswand der Belava Planina, deren Fuss mit vielem Trümmerwerk, den Zeugen eines grossartigen Felssturzes, bedeckt ist. Der weisse Kalk erinnert an die Nerineenkalke von Tm, ist jedoch arm an deutlichen Ver­steinerungen. Auf dem RÜt;kwege von S t a nie i n t; e nach Pi rot ritten wir durch eine kleine Thalmulde, zwischen der Belava Planina und dem gegen die Nisava vorgeschobenen Bergrücken und kamen dabei über ein ziemlich ausgedehntes Eruptiv - Gebiet, dasselbe, welches schon Dr. A. Boue 1) beschrieb.

Die doleritischen Tuffe halten, am linken Ufer der Ni­sava, bis kurz vor Pirot an, und sind mit gut gepflegten Weingärten bedeckt, in denen herrliche Trauben gedeihen. -Den ganzen Tag über war das Wetter trübe und blies ein kalter Wind aus NW.

1) Min. geogn. Detail etc. LXI. Bd. der Sitzber. 1870. Febr.-Heft. pag. 68 d. Sep.-Abdr.

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Am 2. October verliessen wir, da das Wetter keine Besserung versprach, bei leichtem Regen Scharkiöi, um nach Ak-Palanka zu reiten.

Die zahlreichen Militär-Transporte hielten 'uns vielfach auf und nöthigten uns streckenweise im grundlos aufgeweich­ten Ackerboden zu reiten, bis wir aus der Thalebene auf das Kalkgebirge gelangten, das als ein etwa 10 Kilometer breites Plateau die beiden Thalbecken (von Pirot und Ak-Palanka) von einander scheidet. Es ist dieselbe Formation, die wir auf dem Wege von Kernina nach Blato durchquert hatten. Nach drei und ein halbstündigem Ritte langten wir arg durchnässt in Ak-Palanka an.

Da wir auch hier keinen Wagen auftreiben konnten, ein solcher uns jedoch unumgänglich nothwendig wurde, da sich das Befinden meines Begleiters immer mehr verschlimmerte, sandte ich meinen Dragoman nach Nis, von wo er mir am nächsten Tage einen Wagen brachte, den er nicht ohne gros se Mühe aufgetrieben hatte.

Ich unternahm von Ak-Palanka aus einen Spaziergang auf der Strasse nach Leskovac, welcher mir zeigte, dass auch hier die Caprotinenkalke auftreten. Wir überschritten an die­sem Tage noch den Sveti Nikola und erreichten, indem wir auch die Nacht mitbenützten, am 5. October Belogradcik, von wo wir die Strasse über 0 sm a nie h und V id bol nach Vi d i n benützten.

Am Arcer bei Osmanieh fand ich einen schönen Aufschluss in den sarmatischen Schichten, welche bis zum Steil­abhang der Donau-Terrasse bei Vidbol anhalten.

Abends am 5. October trafen wir in Vidin ein, von wo wir ohne Aufenthalt nach Wien weiter reisten und daselbst am 8. Odober Abends wieder anlangten.

Wir qatten so nicht ohne manches Ungemach und unter unermüdlicher Arbeit unsere projectirtell Reiserouten zurück­gelegt, nur die letzte, von Pirot über Ciprovac nach Lom­Palanka musste leider unterbleiben, die Ungunst der Verhält­nisse vereitelte ihre Ausführung.

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~um Schlusse spreche ich nur noch den Wunsch aus, dass es mir gelingen möge, mit der Bearbeitung der während der Reise gesammelten wissenschaftlichen Materialien etwas mit beitragen zu können zur Mehrung unserer Kenntnisse von dem geologischen Bau der Hremusländer.

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Berichtigungen:

Seite 5~, Z. 12 v. o. !. Walkmühlen statt Waldmühlen. 5~, Z. 5 v. u. I. Wall statt Wald.

5.S, Z. 1 v. o. !. 8 statt 1l. 56, Z. 13 v. u. 1. Scheune statt Schenke. 58, Z. 7 v. o. 1. Selicevica. 59, Z. 11 v. o. I. Cecina. 60, Z. 13 v. o. 1. oder statt und.

60, Z. 18 v. o. 1. Vinarce.

60, Z. 19 v. o. 1. Pecenevca, 60, Z. 22 v. o. 1. Rasgoino. 60, Z. 1 v. u. 1. Vranja. 61, Z. 3 v. o. 1. Sveti Ilija. 61, Z. 5 v. o. I. Köstendil. 62, Z. 8 v. o. 1. konisch. 62, Z. 12 v. Q. I. Monastie.

65, Z. 18 v. u. 1. Certov~. 65, Z. 9 v. u. I. Köstendil. 65, Z. 3 v. u. !. Land .tatt Lano. 67, Z. 4 v. o. 1. wir statt sie.

74, Z. 14 v. o. 1. Golemi-Stol. 75, Z. 8 v. U. L wir übrigen traf. 76, Z. 1 v. o. 1. 9 statt 12. 76, Z. 17 v. Q. 1. Osten statt Orte.

77, Z. 20 v. o. 1. Ciprovica. 78, Z. 4 v. o. !. Isnebo!. 78, Z. 2 v. u. I. Rania. 79, Z. 16 v. o. 1. Jeni. 79, Z. 17 v. u. 1. ist statt sind. 80, Z. 4 v. o. !. Etropo!.

80, Z. 6 v. o. I. Köstendil.

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11. Dr. Franz Ragsky. (Ein Nekrolog.)

Zu Ende des Schuljahres 1875 wurde Direktor Dr. Franz Ra g s ky unserer Anstalt durch den Tod entrissen. Sie verlor ihren liebevollen Leiter, einen Mann von großer Gelehrsamkeit und ebenso großer Biederkeit und Humanität.

Zu Jungwoschitz in Böhmen am 27. März 1814 geboren, Sohn des dortigen Gemeinde-Müllers, fand er in der Haupt­schule in Böhmisch-Budweis seinen ersten Unterricht. Er kam im Jahre 1826 an das Prag-Neustädter Gymnasium, setzte seine Gymnasialstudien sowohl hier als in Budweis fort und absolvirte die zwei philosophischen Jahrgänge an der Prager Universität. Im Jahre 1834 trat er als Civil-Schüler in die k. k. med. chirurg. Josefs-Akademie zu Wien ein, wurde im Jahre 1840 zum Doktor der Medizin und Chirurgie, Magister der Augenheilkunde und Geburtshilfe graduirt und zum Ober­Feldarzte befördert. Noch als Doktorand wurde er wegen seiner besonderen Vorliebe und guten Verwendung in der Chemie, die er auch durch eingehende Arbeiten am chemischen Labo­ratorium am k. k. polytechnischen Institute in besonderer Weise bewiesen hatte, als provisorischer Assistent dieses Lehrfaches an der k. k. Josefs - Akademie angestellt. Im Jahre 1840 wurde Ragsky wirklicher Assistent und 1846 supplirender Pro­fessor der Chemie, nachdem er in den Jahren 1844 und 1845 auf Staatskosten Deutschland, Frankreich und Belgien bereist hatte, um die hervorragendsten Laboratorien kennen zu lernen. Am längsten verweilte er in Gießen, wo er unter der Leitung des berühmten Chemikers Justus Liebig arbeitete.

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Durch neun Jahre wirkte er an der k. k. J osefs-Akademie bis zu deren Auflösung und versah daselbst bis zu dieser Zeit außer der Lehrkanzel für Chemie auch die für Botanik. Außer­dem hielt er im Sommersemester 1846 auch Vorträge über spezielle Chemie am polytechnischen Institute.

Im Jahre 1848 verließ er den Militärdienst und wurde im nächsten Jahre Supplent der Lehrkanzel der chirurgischen Vorbereitungswissenschaften am Lyceum zu Salzburg. Im darauf­folgenden Schuljahre supplirte er Physik und Naturgeschichte am k. k. akademischen Gymnasium daselbst.

Erst im Jahre 1851 erhielt er eine seinen gründlichen Vorstudien mehr entsprechende Stelle als Vorstand des chemisch­agronomischen Laboratoriums der k. k. geologischen Reichs­anstalt in Wien, wo er bis zum Jahre 1854 in sehr erfolg­reicher Weise und mit aufopfernder Thätigkeit wirkte. Ein neues Feld seiner Wirksamkeit eröffnete sich ihm, als er in demselben Jahre zum Lehrer der Chemie an unserer Anstalt er­nannt wurde. Schon nach zwei Jahren ernannte ihn der Wiener Gemeinderath in Anerkennung seiner Verdienste um Schule und Wissenschaft zum Leiter der Anstalt. Zugleich wurde er auch Direktor der mit dieser Schule verbundenen Gewerbe­schule, in welcher Eigenschaft er als Freund der Wahrheit viele ihrer Mängel offen an den Tag legte und zugleich Winke gab, welche Reformen in dieser Hinsicht zu treffen wären. Seine Anregung wirkte mit, daß der Zustand in diesen Schulen in der Folge ein mehr erfreulicher wurde.

So wirkte Ragsky an der Gumpendorfer Realschule durch volle zwanzig Jahre als allgemein geachteter Direktor, als vorzüglicher und aufrichtiger Lehrer seiner Schüler, bis ihn nach kurzer Krankheit am G. Juli 1875 der Tod seiner untröst­lichen Gattin, seinen tiefbetrübten Kollegen und Freunden und seinen wahrhaft trauernden Schülern entriß.

Werfen wir einen weiteren Blick auf den Lebensgang und die erfolgreiche Thätigkeit dieses trefflichen Gelehrten und Schulmannes zurück, so finden wir, daß er einen großen Spiel­raum zU!' Verwerthung seiner gediegenen Kenntnisse auf dem Gebiete der Chemie und auch außerhalb der Schule fand. Schon während der Zeit seiner Thätigkeit an der k. k. Josefs-

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akademie wurden ihm die ehrenden Aufträge und Einladungen zu Theil, die wichtigsten Mineralquellen der· Militärgrenze zu analysil'en, und er rechtfertigte das in ihm gesetzte Vertrauen im höchsten Grade. So unterzog er die Mineralwässer zu Topusko, Lassinice und Tobonische im Jahre 1843 einer ganz genauen Untersuchung. Im Jahre 1847 erhielt er vom k. k. Hof­Kriegsrathe abermals den ehrenvollen Auftrag übel· chemische Beschaffenheit der Herkulesbäder zu Mehadia nach seiner gründlich vorgenommenen Analyse zu berichten, welcher Aufgabe er sich mit gewohntem Fleiße entledigte. Im selben Jahre führte er mit der ihm eigenen wissenschaftlichen Schärfe die Analyse des Windiscbgrätz-Sauerbrunnens bei Rohitsch aus. Auch die Mineralquellen von Ivanda bei Temesvar und die zu Marienbad in Böhmen wurden in der Folge von Ragsky auf gleich fleißige Weise untersucht.

Sowie Ragsky fern vom Orte seiner eigentlichen Wirk­samkeit für die Wissenschaft thätig war, ebenso fühlte er das lebhafte Verlangen, überall, wohin ihn sein Beruf führte, seine Kräfte seiner neuen Heimat zu widmen. Während seines Auf­enthaltes in Salzburg nabm er als Mitglied des landwirthschaft­lichen Vet·eines die chemische Analyse der Bodenarten dieses Kronlandes vor. Als ihm das Schicksal vergönnte, seine Thätig­keit in der Metropole des Reiches zu entfalten, suchte er auch hier seinen Wirkungskreis zu erweitern und nahm regen Antheil an den Sitzungen der k. k. geologischen Reichsanstalt, deren korrespondil'endes Mitglied er im Jahre 1855 gewonlen war. Sowie hier hielt er auch in den Wochenversammlungen des niederösterreichischen Gewerbevereines gediegene Vorträge. Ein reges Interesse riefen auch seine Experimente hervor, die er in diesem Vereine mit einem "neuen Zerstöl'Ungsmittel zur See" vornahm. In Anerkennung seiner großen Verdienste wurde er zum Comite-MitgliecIe gewählt. Mit der freundlichsten Bereit­willigkeit und gediegener Sachkenntnis förderte er auch 1860 die Arbeiten der Kommission für Untersuchung der hiesigen Wasserfrage, indem er zahlreiche Härtebestimmungen vornahm.

Von Rags]{y's im Drucke erschienenen Werken mögen folgende durch ihre Gediegenheit ausgezeichneten erwähnt werden:

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Darstellung einer neuen Methode den Harnstoff quantitativ zu bestimmen. (1845.)

Die Herkules-Bäder im BalJat. (Aus dem Jahrbuche der k. k. geologischen Reichsanstalt. H. Jahrgang. 1851.)

Chemische Untersuchung eines neuen fossilen Harzes (Jaulingit) aus der Jauling nächst St. Veit an der Triesting in Niederösterreich. (Vorgetragen in der k. k. Wiener Akademie der Wissenschaften am 26. April 1855. Veröffentlicht im ersten Programme der Gumpendorfer Kommunal-Realschule 1855.)

Physikalisch chemische Untersuchung des neuen Mineral­moores zu Mal'ienbad. (In Dr. Kar! Josef Heidler's Werke: Der neue Mineralmoor zu Marienbad als eine Bereicherung der medizinischen Vielseitigkeit dieses Kurortes. 1860.)

Aus den hinterlassenen Papieren des Dr. F. Ragsky zusammengestellt von Kornelius Proschko.

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