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LUAT Lehrstuhl für Umweltverfahrenstechnik und Anlagentechnik Univ. Prof. Dr.-Ing. habil. K. Görner Universität Essen Einführung in die Abfalltechnik und fortschrittliche technische Entwicklungen Prof. Dr.-Ing. K. Görner Universität Essen, Lehrstuhl für Umweltverfahrenstechnik und Anlagentechnik, Essen Lehrstuhl für Umweltverfahrenstechnik und Anlagentechnik Universität Essen Leimkugelstraße 10 45141 Essen Tel.: 0201-183 7511 Fax: 0201-183 7513 e-mail: [email protected] http://www.luat.uni-essen.de VDI - Fortschrittsberichte Wirtschaft, Wissenschaft und Umwelt Band 5 Universität GH Essen 06. März 1997

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LUAT

Lehrstuhl für Umweltverfahrenstechnik und Anlagentechnik Univ. Prof. Dr.-Ing. habil. K. Görner

Universität Essen

Einführung

in die Abfalltechnik

und fortschrittliche technische

Entwicklungen

Prof. Dr.-Ing. K. Görner Universität Essen, Lehrstuhl für Umweltverfahrenstechnik

und Anlagentechnik, Essen

Lehrstuhl für Umweltverfahrenstechnik und Anlagentechnik Universität Essen

Leimkugelstraße 10

45141 Essen Tel.: 0201-183 7511 Fax: 0201-183 7513

e-mail: [email protected] http://www.luat.uni-essen.de

VDI - Fortschrittsberichte

Wirtschaft, Wissenschaft und Umwelt Band 5

Universität GH Essen

06. März 1997

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Einführung in die Abfalltechnik und fort-schrittliche technische Entwicklungen

Klaus Görner Prof. Dr.-Ing. habil.Universität GH EssenLehrstuhl für Umweltverfahrenstechnik und Anlagentechnik und Institut für Umweltverfahrenstechnik

Inhalt

1. Einführung 2

2. Stoffkreisläufe 32.1 Nachhaltigkeit 32.2 Kreislaufwirtschaftsgesetz 42.3 Kumulierter Energieaufwand 62.4 TA Siedlungsabfall 9

3. Mögliche Entsorgungspfade 10

4. Verbrennungsverfahren 114.1 Verbrennung auf dem Rost 11

4.1.1 Schematisches Verfahrensfließbild 114.1.2 Aufbau der Verbrennungseinheit 124.1.3 Beeinflussung der Verbrennungsführung 124.1.4 Simulation der Feuer- und Strahlraums 134.1.5 Reststoffe und ihre Entsorgung 14

4.2 Wirbelschichtverbrennung 154.3 Drehrohrverbrennung 15

5. Entgasungs-/Vergasungsverfahren 165.1 Übersicht 165.2 Schwel-Brenn-Verfahren 16

5.2.1 Verfahrensübersicht 165.2.2 Verfahrensparameter 175.2.3 Verhältnisse in der Hochtemperaturbrennkammer 195.2.4 Reststoffe und ihre Eigenschaften 21

6. Reststoffkonditionierungsverfahren 22

7. Sonderabfallverbrennung 24

8. Zusammenfassung 26

Literatur 26

Wirtschaftsforum der Universität GH Essen und der IHK zu Essen, 6.3.1997

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1. EinführungDurch zunehmend verschärfte Umweltschutzauflagen forciert ist die Entwicklung vonVerfahrensstufen zur Gasreinigung soweit vorangeschritten, daß der Betrieb vonAbfallverbrennungsanlagen mit extrem niedrigen Emissionswerten verbunden ist. Diesmußte natürlich durch entsprechende Betriebs- und damit Entsorgungskosten erkauftwerden.

Während in der Vergangenheit die Verbrennung auf dem Rost als das Standard-verfahren bezeichnet werden konnte, traten in neuerer Zeit alternative thermischeVerfahren in den Vordergrund der Diskussion. Bei diesen Verfahren wird diethermische Abfallumsetzung in einen Vergasungs-/Entgasungsschritt und eineanschließende Hochtemperaturumsetzung der Pyrolysegase und der festen Pyrolyse-rückstände aufgetrennt. Die Hochtemperaturumsetzung der festen Pyrolyserückständeführt zu einer deutlich verbesserten Deponiefähigkeit.

Die Diskussion über die Abfallentsorgung ist geprägt durch verschiedene Themen-kreise:

ú welche grundsätzlichen Entsorgungspfade sind möglich und finden gleichzeitiggesellschaftliche Akzeptanz,

ú welche technischen Randbedingungen sind relevant für eine vergleichendeBewertung,

ú welches Verfahren, bei sonst gleichen Randbedingungen, bieten ein wirtschaft-liches Gesamtoptimum.

Überlagert davon ist die Frage, mit welchem Abfallaufkommen zukünftig zu rechnen ist.Eng zusammen hängt damit die Anzahl der neu zu errichtenden Anlagen anbestehenden Standorten oder die Einrichtung neuer Standorte, z.B. in den NeuenBundesländern. Die derzeit in Betrieb befindlichen Anlagen haben zusammen eineEntsorgungskapazität von 12 Mio t/a, bei einer durchschnittlichen Jahreskapazität von240.000 t/a/Anlage. Die Prognosen für das Abfallaufkommen in 10 Jahren liegen imBereich zwischen 20 und 30 Mio t/a, wodurch sich eine Zubaukapazität von 30 bis 80Anlagen ergeben würde. Entscheidend in diesem Zusammenhang ist auch die Frage,ob weiterhin mehr zentral entsorgt werden wird, oder, ob vor allem in größerenIndustriebetrieben zusätzliche, dezentrale Entsorgungskapazitäten aufgebaut werden.Vor allem bei der dezentralen Variante in Betrieben der chemischen Industrie wäre einÜbergang zu Entgasungs-/Vergasungsverfahren in Bezug auf eine stoffliche Kopplungmit Herstellungsprozessen sinnvoll.

Neben dem absoluten Aufkommen spielt die zukünftige Entwicklung der Abfall-zusammensetzung eine wichtige Rolle für die Verfahrensauswahl. In diesemZusammenhang ist insbesondere die Entwickung des Heizwertes zu nennen.Befürchtungen aus der Vergangenheit, daß der Heizwert durch das Inkrafttreten derVerpackungsverordnung oder das Duale System stark abfallen würde und damit eineselbstgängige Verbrennung nicht mehr möglich ist, hat sich nicht bestätigt, dagleichzeitig inerte Bestandteile wie Glas, Keramik und Metalle vor der thermischenBehandlung aussortiert wurden oder der Abfall getrennt gesammelt wurde.

Görner (Hrsg.): Technische Entwicklungen im Hinblick auf neue Abfallkonzepte

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2. Stoffkreisläufe2.1 Nachhaltigkeit

Um das Abfallaufkommen und die Abfallzusammensetzung in der Zukunft abschätzenzu können, ist es sinnvoll, Stoffkreisläufe bei industriellen Herstellungsprozessenaufzustellen und zu analysieren. Dies kann sich "im Kleinen" auf die Herstellung einesProduktes beziehen, bei der die notwendigen Einsatzstoffe einerseits und möglicheProkuktionsabfälle andererseits betrachtet werden oder "im Großen" auf dieStoffbilanzen ganzer Industriezweige [1]. Aus ökonomischer wie aus ökologischer Sichtsind Stoffkreisläufe möglichst geschlossen zu halten. Der Gesetzgeber wirkt zurErreichung dieser Prämisse über das Kreislaufwirtschaftsgesetz [2] auf die Industrieein.

Andererseits muß zur ganzheitlichen Betrachtung und Bewertung eines Produktesnicht nur der direkt für die Herstellung notwendige Material- und Energieeinsatzberücksichtigt werden, sondern der gesamte Energieeinsatz für die Herstellung, dieNutzung und die Entsorgung eines Prokuktes. Die dabei relevante Größe ist dersogenannte "kumulierte Energieaufwand" (KEA). Aus dessen Analyse ergeben sichauch für die Abfallentsorgung wichtige Erkenntnisse, da Entsorgungsverfahren, die "imKleinen" sinnvoll sich in eine Prozeßkette einfügen, bei einer Betrachtung "im Großen"nicht ebenfalls sinnvoll sein müssen.

Beide Betrachtungsweisen gründen sich letztendlich auf der Basis eines nachhaltigenWirtschaftens oder eines nachhaltigen Umgangs mit der Umwelt. Der Begriff der Nach-haltigkeit stammt ursprünglich aus der Forstwirtschaft. Hier wird darunter eineWaldbewirtschaftung verstanden, die gerade soviel Holz entnimmt, wie im gleichenZeitraum nachwächst. Dahinter steht der Gedanken, von den Zinsen zu leben undnicht vom Kapital selbst. Mit der Nachhaltigkeit ist damit der übergeordnete Gedankedes Umweltschutzes weltweit verbunden.

Bei allen Anstrengungen der Ressourcenschonung wird immer ein mehr oder wenigergroßer Stoffstrom aus einem Herstellungs-/Nutzungszyklus als nicht mehr weiterstofflich nutzbar einzustufen sein. Dieser Teilstrom sollte energetisch verwandt werden.Hierzu kommen Verfahren der Verbrennung oder der Entgasung/Vergasung in Frage.Auf die Umwelt bezogen spielen zwei Schadstoffemissionspfade eine Rolle:

ú die Emission von Spezies mit dem Rauchgasstrom und ú der Anfall von festen Rückständen.

Die Rauchgasbeladung besteht aus gasförmigen und festen Schadstoffkomponenten.Die zulässigen Grenzwerte sind für Abfallverbrennungsanlagen in der 17. BImSchV [3]geregelt. Die festen Verbrennungsrückstände (Schlacken, Flugstäube) müssen einermöglichst umweltverträglichen Deponierung zugeführt werden. Auf gesetzgeberischerSeite sind die damit verbundenen Anforderungen im wesentlichen unter der TASiedlungsabfall [4] zusammengefaßt.

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2.2 Kreislaufwirtschaftsgesetz

Der exakte Titel des Gesetzestextes lautet:

"Gesetz zur Vermeidung, Verwertung und Beseitigung von Abfällen - Gesetz zur För-derung der Kreislaufwirtschaft und Sicherung der umweltverträglichen Beseitigungvon Abfällen (Kreislaufwirtschafts-und Abfallgesetz - KrW-/AbfG) vom 27. September1994" [2]

Mit diesem Gesetz wurde das Verursacherprinzip eingeführt. Dies bedeutet, daß derHersteller eines Produktes verantwortlich für dieses ist, bis es nach seiner Nutzungstofflich oder energetisch genutzt oder entsorgt ist (vgl. Bild 2.1).

Bild 2.1: Anzustrebender geschlossener Stoffkreislauf

Im Sinne dieses vorsorgeorientierten Abfallbegriffs wurde auch eine Änderung der bis-herigen Terminologie verbunden: Sekundärrohstoffe sind jetzt "Abfälle zur Verwertung"und nicht mehr zu verwertende Abfälle werden als "Abfälle zur Beseitigung" be-zeichnet.

Der erklärte Zweck des Gesetzes ist die Förderung der Kreislaufwirtschaft zur:

ú Schonung der natürlichen Ressourcen und ú die Sicherung der umweltverträglichen Beseitigung von Abfällen.

Dabei wird eine Prioritätenfolge vorgegeben:

ú Die oberste Prämisse ist die Vermeidung von Abfällen.

ú Durch die Rückführung von noch verwertbaren Abfällen in den Produktions-prozeß soll eine Ressourcenschonung und damit eine Nachhaltigkeit(sustainability) erreicht werden.

ú Für Abfälle, die nicht mehr stofflich genutzt werden können, soll gleichzeitig dieEntsorgung mit dem übergeordneten Ziel der Umweltschonung geregelt werden.

Görner (Hrsg.): Technische Entwicklungen im Hinblick auf neue Abfallkonzepte

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Produktion

Verkauf

Nutzung

Abfall

Abfälle zurVerwertung

Veredelung

Abfälle zurBeseitigung

Rohstoff-gewinnung

Kreis-lauf

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ú Deponiert werden dürfen damit nur noch Abfälle, die weder stofflich nochthermisch verwertet werden können.

Am Beispiel eines Verwertungskonzeptes für Altkunststoffe kann dies nochmals ver-deutlicht werden (Bild 2.2). Die innerste Schale, das "Material-Recycling" beschreibt diedirekte Materialrückführung und den Einsatz im gleichen Produktionsverfahren odereinem ähnlichen. Die zweite Schale, das "Chemische Recycling", verläuft über dasentsprechende Monomer, aus dem dann z.B. Verunreinigungen wie Farbpigmente,Füller oder Stabilisatoren abgetrennt werden können. Das daraus erzeugte Polymerweist der Originalsubstanz sehr ähnliche Eigenschaften auf. Von Seiten des stofflichenRecyclings betrachtet ist dies deranzustrebende Weg, jedoch ist derenergetische Aufwand gegenüber dem Material-Recycling deutlich höher. Die dritte und vierte Schale, das"Thermische Recycling" und die"Deponierung" sind in diesemZusammenhang selbsterklärend.

Bild 2.2: Verwertungskonzept für Alt-kunststoffe als Vierschalenmodell des: Materialrecycling, Chemischen Recycling, Thermischen Nutzung und Deponierung [5](Farbbild vgl. Anhang).

Die Entscheidung darüber, welches Entsorgungskonzept für welchen Abfallstrom letzt-endlich das wirtschaftlichste ist, hängt von einer großen Anzahl von Einflußfaktoren ab.Hierzu zählen bei Kunststoffen z.B. das Mono- bzw. das Polymer selbst, die Art undForm von Begleitstoffen, die abgetrennt werden müssen, und die Anforderungen an dieProduktqualität. Zu letzterem Punkt sei z.B. die Molekulargewichtsverteilung genannt,die bei Polyethylen ganz wesentlich das thermische Verhalten bestimmt (Einsatz alsGefrierbeutel im Nieder- oder als Backfolie im Hochtemperaturbereich).

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2.3 Kumulierter Energieaufwand

Für die Beurteilung und Bewertung von Produkten und Verfahren (Zielgrößen) in Be-zug auf ihre ökologische Wirkung ist die Wahl einer geeigneten Bilanzhülle von aus-schlaggebenden Bedeutung. Wird isoliert die Herstellung, die Nutzung oder die Ent-sorgung betrachtet, dann sind andere Zielgrößen zu bevorzugen als bei einer ganz-heitlichen Betrachtung. Dies soll anhand von zwei Beispielen erläutert werden.

Im ersten wird der Gesamtaufwand (kumulierter Energieaufwand KEA) für ein Abfall-sammelsysten betrachtet. Dabei wird das Behältersystem, das Transportverfahren undeine eventuell notwendige Sortierung berücksichtigt (Bild 2.3). Aus Bild 2.3 ist zu er-kennen, daß ein Bringsystem das vom Gesamtauf-wand ungünstigste Verfahren darstellt.

Bild 2.3: Vergleichverschiedener Müll-sammelsysteme [7](Farbbild vgl. An-hang)

Bei biologischen Verfahren der Hausmüllbehandlung ist grundsätzlich zwischen:

oder Vergärung undoder Kompostierung

zu unterscheiden.

Ein Vergleich von Kompostierungsanlagen muß noch zwischen zwei möglichen Inten-sionen für diese Behandlung unterscheiden:

oKompostieranlage mit dem Ziel:ú Herstellung von verwertbarem Kompost.

oRestmüllaufbereitungsanlage mit den Zielen:ú größtmögliche Volumen-/Massenreduktion undú Verbessserung der Deponiefähigkeit.

In Bild 2.4 sind die Einzelbeiträge (Herstellung und Nutzung) und der KEA für dieseEntsorgungmöglichkeiten dargestellt. Man erkennt den mit Abstand geringsten Auf-wand für die reine Vergärung.

Görner (Hrsg.): Technische Entwicklungen im Hinblick auf neue Abfallkonzepte

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Müllsammlung Holsystem Bringsystem

Private Anlieferung

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Summe

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Bild 2.3: Vergleichverschiedener bio-logischer Verfahren zur Behandlung von Hausmüll [6](Farbbild vgl. An-hang)

Interessante Aspekte ergeben sich auch, wenn der kumulierte Energieaufwand für dieMüllsammlung und den -transport für verschiedenen Systeme verglichen wird (Bild 2.4).

Bild 2.4:Vergleichverschie-dener Sammel-und Ent-sorgungs-pfade([7])

Hieraus geht insbesondere hervor, daß ein Bringsystem gegenüber einem Holsystemenergetisch unsinnig ist. Auch beim Vergleich der Entsorgung (Deponie, thermischeBehandlung und Deponie) ergibt sich, daß m.E. die Müllverbrennung die energetischsinnvollste Variante darstellt.

Aus diesen Beispielen wird ersichtlich, wie wichtig die einer vergleichenden Beurtei-lung zugrundeliegenden Randbedingungen bzw. Voraussetzungen sind. Oft wird überdiese Wahl das Ergebnis präjudiziert.

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Kompostierung Verrottung Vergärung

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Beim zweiten Beispiel wird die Entsorgung eines LKW beleuchtet. Als erste stofflicheNutzungsebene wird die Wiederverwendung einzelner funktionaler Einheiten wie Mo-tor, Getriebe, Reifen betrachtet. In der zweiten Ebene steht die rein stoffliche Nutzungim Vordergrund (Bild 2.5). Nach einem Shredder-Prozeß werden im wesentlichenMetalle rückgeführt. DieShredder-Leichtfraktion(hauptsächlich Kunststoffeund Verbundmaterialien)werden dann energetischgenutzt. Dies kann entwederin einem einstufigen Prozeß(Verbrennung) oder in einemzweistufigen (Entgasung/Vergasung und anschlie-ßende Verbrennung) erfol-gen. Wichtig für dieseNutzungsform ist, daß sichgegenüber einer direktenShredderung als ersterSchritt eine geänderte Stoff-zusammensetzung und da-mit andere Verbrennungs-eigenschaften ergeben.

In der Gesamtheit gesehenkann bei einem solchen Ent-sorgungskonzept von einerdeutlich höheren stofflichenNutzung ausgegangenwerden. Ob sich ein solchesKonzept wirtschaftlichvertretbar umsetzen läßt,hängt wesentlich von denerzielbaren Erlösen für dieentnommenen funktionalenEinheiten und für die sorten-reinen Shredderfraktionenab.

Bild 2.5: Massenbilanz und Recycling am Beispiel eines

LKW ([6])

Die wirtschaftliche Umsetzbarkeit wird ebenso stark geprägt von der Anlagengröße unddamit durch das Einzugsgebiet. Da die Gesamtanlage, bestehend aus Demontage,Shredder und Verbrennungseinheit sehr investitionskostenintensiv ist, lohnt ein Baunur bei vergleichsweise hohen Durchsätzen. Hiermit steigen die Transportlogistik undmit dem Transportaufkommen auch die negativen Umwelteinflüsse.

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2.4 TA Siedlungsabfall

Die Technische Anleitung zur Verwertung, Behandlung und sonstigen Entsorgung vonSiedlungsabfällen regelt als 3. allgemeine Verwaltungsvorschrift die Deponierung vonAbfall- und Reststoffen [4].

Unter anderem sind darin die Zuordnungswerte für die beiden Deponieklassen I und IIspezifiziert (Anhang B). Dies geschieht anhand der Parameterklasse:

ú Festigkeit,ú Organischer Anteil des Trockenrückstandes der Originalsubstanz,ú Extrahierbare lipophile Stoffe der Originalsubstanz undú Eluatkriterien.

Daraus seien nur die am heftigsten in Diskussion befindlichen Werte für den Organi-schen Anteil des Trockenrückstandes der Originalsubstanz zahlenmäßig wiederge-geben (Tab. 2.1).

Tab. 2.1: Zulässiger orga-nischer Anteil für die Zuord-nung nach TA Siedlungsab-fall ([4]).

Die Bestimmung dieser Grenzwerte als Basis für die Überwachung der Einhaltung be-reitet ebenfalls Schwierigkeiten, da meßtechnisch nicht exakt zwischen dem biologischabbaubaren Kohlenstoff und dem nicht biologisch aktiven Kohlenstoff (z.B. Koks)unterschieden werden kann [8].

Der zweite wesentliche Parameter ist das Eluationsverhalten. Es wird nach DIN 38414bestimmt, in dem die Eluatmedien und das Eluationsprozedere festgelegt ist. ImGegensatz zu anderen Eluattests wird hierbei mit neutralen und nicht mit saurenWaschmedien gearbeitet. Dieser Umstand muß beim Vergleich mit anderenstandardisierten Verfahren, wie z.B. dem Schweizer Einheitstest (SET), berücksichtigtwerden.

Sollten die oben angeführten Werte ab dem 1.7.2005 in Kraft treten, dann wären damitbiologische Verfahren für eine Hausmüllentsorgung nicht mehr einzusetzen, da hiermitdiese Werte nicht erreichbar sind.

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[ 3[ 1bestimmt als TOC

[ 5[ 3bestimmt als Glühverlust

Massen-%Massen-%III

Deponieklasse

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3. Mögliche EntsorgungspfadeEine Einteilung der möglichen Entsorgungspfade orientiert sich an jeweils einge-setzten technischen Verfahren und gliedert sich in:

o Verbrennungsverfahren und Entgasungs-/Vergasungsverfahren ("Heiße" Verfahren),

o Biologische Verfahren ("Kalte" Verfahren) undo Verfahren der Deponierung.

"Heiße" Verfahren

o Verbrennungs-Verfahren:ú Rostverbrennungs-Verfahren,úWirbelschicht-Verbrennungsverfahren undú Drehrohrofen-Verfahren (Sondermüll) .

o Entgasungs-/Vergasungsverfahren zur energetischen Verwertung:ú Schwel-Brenn-Verfahren (Siemens KWU),ú Thermoselect-Verfahren (Thermo Select),ú Noell-Konversions-Verfahren (Noell),ú Duotherm-Verfahren (von Roll),ú DBA-Verfahren (Deutsche Babcock),ú u.v.a.m.

o Entgasungs-/Vergasungsverfahren zur stofflichen Verwertung:ú große Anzahl an Verfahren zur Depolymerisation, hydrierendenVergasung, hydrierenden Dearomatisierung u.v.a.m.

"Kalte" Verfahren

o Kompostierung:ú zum vermarktbaren Produkt Kompost,ú zur Konditionierung des Abfalls für die Deponie,

o Vergärung.

Deponie

o Hausmüll-Deponie,o Sondermüll-Deponie undo Hochsicherheits-Deponie.

In den folgenden Abschnitten wird ausschließlich auf die klassische Verbrennung undzwei ausgewählte Entgasungs- / Vergasungsverfahren eingegangen. Mit dieser Aus-wahl ist keinerlei Wertung verbunden.

Hervorzuheben ist jedoch, daß die Abfallverbrennung ein in vielen Anlagen und mitgroßer Langzeiterfahrung verknüpftes Verfahren ist. Großtechnische Erfahrungen beimSchwel-Brenn-Verfahren und beim ThermoSelect-Verfahren werden mit den beidenersten Anlagen erst im Jahre 1997 bzw. 1998 erwartet. Erst auf dieser Basis ist einrealistischer Systemvergleich möglich.

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4. Verbrennungsverfahren4.1 Verbrennung auf dem Rost

Die Verbrennung auf dem Rost ist eines der ältesten Verfahren zur Thermischen Be-handlung von Abfällen. Es ist besonders geeignet für stückige Abfälle wie Hausmülloder hausmüllähnlichen Gewerbemüll, wenn keine besonderen Anforderungen an einehohe Verbrennungstemperatur oder lange Aufenthaltszeit, wie bei der Sonderabfall-verbrennung, gestellt werden.

4.1.1 Schematisches Verfahrensfließbild

Eine schematisches Verfahrensfließbild für ein Rostverbrennungsverfahren zeigt Bild4.1. In der ersten Verfahrensstufe, einem Rostverbrennungssystem, wird der Abfall aufeinem Rost durch den Feuerraum transportiert und thermisch umgesetzt. DieGesamtfeuerung wird überstöchiometrisch betrieben, wobei die Luftzahl zwischen 1,3und 1,6, je nach Alter der Anlage, liegt. Ein Teil der Verbrennungsluft wird an derHauptreaktionszone vorbei als Sekundärluft zugegeben. Die heißen Rauchgasewerden in einem nachgeschalteten Dampferzeuger energetisch genutzt. Dabei wird dieGastemperatur auf Werte zwischen 200 und 250 °C abgesenkt. In denRauchgasreinigungsstufen, die nur schematisch dargestellt sind, werden diezulässigen Emissionswerte eingestellt. Besonders zu vermerken ist derAktivkoksadsorber, der zur Dioxinabscheidung und als "Polizei"-Filter dient, da hierinbeladener Aktivkoks anfällt, der geeignet zu entsorgen ist. Eine Möglichkeit bestehtdabei in der Rückführung in die Feuerung. Bezüglich der adsorbierten Dioxine/Furanestellt die Feuerung eine Senke dar, bei Quecksilber würde sich durch Rückführung derQuecksilberinventar in der Anlage aufschaukeln. Daher ist besonders auf eineQuecksilbersenke in der Anlage zu achten.

In Bild 4.1 sind insbesondere auch die anfallenden Reststoffströme eingetragen. Aufderen Eigenschaften und weitere Konditionierung wird noch gesondert im Abschnitt 6eingegangen.

Bild 4.1: Verein-fachtes Fließbildeiner Abfallver-brennungsanlage

Wünschenswert wäre natürlich, wenn alle Reststoffströme mechanisch wie chemischsoweit konditioniert werden könnten, daß sie unbedenklich deponiert werden können.Technisch ist dies möglich, nur in einem nachgeschalteten Prozeß zur eigentlichenHauptanlage meist von den Investitions- und Betriebskosten relativ teuer. Dies ist einerder Gründe für die Entwicklung von "alternativen" thermischen Verfahren.

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4.1.2 Aufbau der Verbrennungseinheit

Eine typische Rostverbrennungseinheit, hier ausgeführt als Walzenrost, ist in Bild 4.2dargestellt.

1 Müllaufgabeschacht 2 Absperrschieber 3 Müllzuteiler 4 Walzenrost 5 Aschetrichter 6 Einsteigetür 7 Primärluftanschluß 8 Schlacketrichter 9 Luftabschlußklappen10 Pressentschlacker11 Schwingrinne für Schlackeabzug12 Sekundärluftanschluß13 Füllstandsanzeige

Bild 4.2: Aufbau einerRostverbrennungsein-heit mit Walzenrost [9](Farbbild vgl. Anhang)

4.1.3 Beeinflussung der Verbrennungsführung

Die Verbrennungsführung ist darauf ausgerichtet, einen möglichst vollständigen Aus-brand zu erzielen. Diese Aussage bezieht sich auf das Unverbrannte in denFlugstäuben und in der Rostschlacke und auf CO im Rauchgasstrom. Gleichzeitig solljedoch die primäre Schadstoffentstehung, vor allem von NOx, möglichst niedriggehalten werden. Beide Ziele stehen stehen in einem gewissen Konflikt zueinander.

Eine zielführende Maßnahme ist die Aufteilung der Verbrennungsluft in Primär- undSekundärluft, wobei die Primärluft als Unterwind durch die Müllschicht geführt wird.Hierdurch wird eine unter- oder nahstöchiometrische Verbrennung im Feuerraum er-reicht, wodurch auch bereits gebildetes NO wieder reduziert werden kann. Durch Zu-fuhr der Sekundärluft wird die Gesamtstöchiometrie eingestellt. Gleichzeitig kann derSekundärluftimpuls für eine intensive Durchmischung der Feuerraumgase eingesetztwerden. In der Sekundärluftaufteilung und -düsenanordnung liegen erhebliche Poten-tiale für eine optimale Gesamtumsetzung. Gerade zu dieser Fragestellung kann diemathematische Modellbildung und numerische Simulation bedeutende Beiträge liefern.

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4.1.4 Simulation des Verbrennungsraums (Feuerraum und Strahlraum)

Bild 4.3: Geschwindigkeitsverteilung im Bild 4.4: Verteilung der CO-Konzentra-Feuerraum / Strahlraum als Vektorplot tion im Feuerraum / Strahlraum(Farbbild vgl. Anhang) (Farbbild vgl. Anhang)

Die Bilder 4.3 und 4.4 zeigen exemplarisch das Ergebnis einer dreidimensionalenSimulationsstudie für den Feuerraum / Strahlraum einer real existierenden Müllver-brennungsanlage. Der Vergleich mit Meßwerten zeigt eine befriedigende Überein-stimmung, die hier jedoch nicht näher gezeigt werden soll.

Im vorliegenden Fall sollte der Fragestellung nachgegangen werden, wie die vierSekundärluftdüsenreihen gegenüber der Feuerraumwand anzustellen und mit Stufen-luft zu beaufschlagen sind, um bezüglich der O2-Einmischung in den Rauchgasstromeine vorgegebene Homogenität zu erzielen. Da von der Sauerstoffverteilung und derjeweiligen örtlichen Temperatur die CO-Umsetzungsrate und damit die CO-Konzentration abhängen, können über eine solche Simulationsrechnung Aussagenüber den Umsetzungsverlauf in der Gasphase (CO dient hier als Leitgröße) und auchm.E. über das Korrosionsverhalten der Rauchgase gemacht werden.

Simulationsrechnungen für den Gasraum und die Gasphasenumsetzungen wurden mitdem Programmpaket FLUENT durchgeführt

Die wichtigsten Randbedingungen für diese Rechnung sind an der Müllbahnoberflächevorzugeben. Da sich mehr als 90 % des thermischen Umsatzes des Mülls in der Müll-bahn vollziehen, wird deren Bedeutung offensichtlich. Hierfür wurde ein eindimensio-nales, externes Näherungsmodell erstellt und getestet. Es gewährleistet einerseits dieKonsistenz (thermisch wie stofflich) und adaptiert andererseits die anlagen-spezifischen Größen wie Luftzonen (Geometrie und Beaufschlagung) mit demzugrundegelegten Gittersystem für die Berechnung.

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4.1.5 Reststoffe und ihre Entsorgung

Bild 4.5 zeigt die bei einen konventionellen Abfallverbrennungsanlage anfallendenRauchgas- und Reststoffströme pro eingesetzte Tonne Müll.

Daraus wird ersichtlich,daß nur etwa 40-60 kgRückstände auf die De-ponie verbracht werdenmüssen.

Für diese Stoffe ist dasEluationsverhalten zubestimmen und zu beur-teilen. Für die Beurtei-lung einer möglichennegativen Auswirkungauf die Umwelt, hier imbesonderen auf dasGrundwasser, ist einVergleich mit den Kon-zentrationen der jeweili-gen Substanzen in dernatürlichen Erdkrustezweckmäßig. In Bild 4.6wurde die Bandbreiteaus einer großen Anzahlvon ausgeführtenAnlagen (dargestellt als Bild 4.5: Stoff- und Energiebilanz um eine MVA oberer und unterer Wert) für Rückstände unter-schiedlicher Provenienz (hier:Rostschlacke, Kesselasche undFilterstaub) als Anreicherungswertgegenüber der natürlichen Erdkrustedargestellt. Man erkennt daraus, daßalle dargestellten Substanzen einenAnreicherungsfaktor größer 10 auf-weisen. Schwermetalle wie Cad-mium, Zink, Blei, aber auch Schwe-fel liegen im Filterstaub bei Anrei-cherungsfaktoren von 1000 undhöher. Allein diese wenigenZahlenwerte unterstreichen dieNotwendigkeit einer Konditionie- rung dieser Rückstände. Bild 4.6: Anreicherungsfaktoren ausgewählter

Substanzen gegenüber der Erdkruste

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Kesselsche

Filterstaub

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Die Eluationswerte (wiederumBandbreite für ausgeführte Anlagen)sind in Bild 4.7 dargestellt. Hierinsollen nicht die absoluten Wertediskutiert werden, sondern nur eineBasis für den späteren Vergleich mitanderen thermischen Verfahren(vgl. Abschitt 5) gelegt werden.

Bild 4.7: Eluatwerte für einigeSchwermetalle, dargestellt alsMinimal- und Maximalwerte über eine große Anzahl ausgeführterAnlagen (Farbbild vgl. Anhang)

4.2 Wirbelschichtverbrennung

Sowohl für die Verbrennung als auch für die Vergasung von Abfällen bietet sich eineWirbelschicht an. Durch die gute horizontale Vermischung wird ein gleichmäßigerReaktionsumsatz in der Brennkammer erreicht. Durch die niedrigen Verbrennungs-temperaturen kann die Stickoxidbildung durch primäre Maßnahmen soweit reduziertwerden, daß damit bereits die gesetzlichen Auflagen erfüllbar sind. Die Aerodynamikeiner Wirbelschicht stellt jedoch erhöhte Anforderungen an die Bernnstoffaufbereitung(Zerkleinerung).

Im Rahmen dieses Beitrages soll nicht weiter auf die Wirbelschicht eingegangenwerden, sondern auf einen weiteren Beitrag aus dieser Reihe verwiesen werden, indem charakteristische Verfahrensgrößen und Vorteile gegenüber anderen Verfahrendargestellt sind (vgl. Mergler et al.: Thermische Entsorgung : Künftige Lösungen unterBerücksichtigung wirtschaftlicher und gesetzlicher Randbedingungen, dieser Band).

4.3 Drehrohrverbrennung

Die Verbrennung im Drehrohr stellt dann das Verfahren der Wahl dar, wenn großeFeststoffverweilzeiten bei gleichzeitiger hoher Verbrennungstemperatur gefordert sind.Es bietet sich daher für die Sonderabfallverbrennung als erste Verfahrensstufe an.

In diesem Zusammenhang sei auf den Abschnitt 7, Sonderabfallverbrennung undeinen weiteren Beitrag dieser Reihe (vgl Seifert: Industrielle Sonderabfallverbrennung -Verschiebung der Anforderungen, dieser Band) verwiesen.

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0,00001

0,0001

0,001

0,01

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1

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Elemente

Elu

atw

erte

nac

h D

EV

S4

[m

g/l]

Cd Cu Ni Cr-IV Zn Pb

Rostf. DEV S4 min.

Rostf. DEV S4 max.

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5. Entgasungs-/Vergasungsverfahren5.1 Übersicht

Bei der Verbrennung durchläuft der Müll auf der Rostbahn die Phasen der:

oErwärmung und Vortrocknung (Phase 1),oEntgasung und Vergasung (Phase 2),oVerbrennung (Phase 3) undoRestausbrand (Phase 4).

Bei Entgasungs-/Vergasungsverfahren wird der Hochtemperaturumsetzungsschritt(Phase 2 und 3) in zwei Teilapparaten realisiert. In einer ersten Stufe wird der Müll beiTemperaturen von 400 bis 550 °C zunächst entgast und dann teilvergast, es entstehtein Schwelgasstrom. Der verbleibende Feststoffstrom wird in einer nachgeschaltetenHochtemperaturstufe mit den Schwelgasen umgesetzt mit dem Ziel, die inertenBestandteile in die schmelzflüssige Phase zu versetzen. Die so behandelte Schlackeverspricht ein verbessertes Eluationsverhalten von Inhaltsstoffen (z.B. Schwermetalle).Eine Reihe verschiedener Verfahren arbeiten nach diesem Schema, wobei beispiel-haft:

o das Schwel-Brenn-Verfahren undo das Thermoselect-Verfahren

genannt werden sollen. Beide unterscheiden sich apparatetechnisch in der Ent- / Ver-gasungsstufe und in der Behandlung des festen Schwelrückstandes. Beim Schwel-Brenn-Verfahren wird der Rückstand ausgeschleust und zerkleinert, beim Thermo-select-Verfahren gelangt er direkt, ohne Abkühlung in die Hochtemperaturbrenn-kammer.

5.2 Schwel-Brenn-Verfahren

5.2.1 Verfahrensübersicht

In Bild 5.1 ist das vereinfachte Verfahrensschema des Schwel-Brenn-Verfahrens dar-gestellt. Daraus ist insbesondere die vorgeschaltete Schwelung (Entgasung-/ Ver-gasung) und die Abtrennung der inerten Bestandteile vor der Hochtemperaturum-setzung ersichtlich. Ein weiteres wichtiges Merkmal ist die mögliche Rückführung von:

o Kesselaschen,o Filterstäuben undo beladenem Aktivkoks,

so daß diese Stoffe zusammen mit den aufbereiteten Pyrolyserückständen in dieHochtemperaturstufe geführt werden.

Die Schwelung selbst erfolgt in einem Drehrohr, das indirekt beheizt wird, wobei dieAustauscherrohre gleichzeitig Homogenisier- und Mischorgane darstellen. Hierdurchwird, verfahrenstechnisch gesehen, eine große Wärme- und Stoffaustauschfläche ge-schaffen. Der Wärmeübergang vom Beheizungsmedium auf den Reaktorinhalt stellt je-doch einen gewissen Engpaß dar. Nach der Abtrennung von inerten Bestandteilen ausdem festen Pyrolyserückstand wird dieser gebrochen, um in der nachgeschaltetenHochtemperaturbrennkammer einen möglichst vollständigen Ausbrand zu erzielen.

Görner (Hrsg.): Technische Entwicklungen im Hinblick auf neue Abfallkonzepte

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Die Abkühlungauf nahezuUmgebungs-temperaturstellt einenenergetischenVerlust dar.Die Mahlungbereitet wegendes stark abra-siven Charak-ters derSchwelrück-stände Ver-schleißpro-bleme.

Bild 5.1:Verfahrens-fließbild fürdas Schwel-Brenn-Ver-fahren

5.2.2 Verfahrensparameter

Die wichtigsten Verfahrensparameter der Entgasung-/Vergasung sind in Tabelle 5.1dargestellt. Sie gelten für die erste großtechnische Anlage in Fürth.

Tab. 5.1: Verfahrensparameter der Entgasung-/Vergasung beim Schwel-Brenn- Verfahren (anlagenunabhängiger Teil)

_____________________________________________________________________ Prozeß

o Schweltemperatur ts 450 - 540°C

Produkto Schwelgastemperatur tSG 450°Co Schwelgaszusammensetzungú Wasser 50,85 %cH2O

ú Asche cAsche 1,04 %ú Kohlenstoff cc 9,36 % ú Kohlenwasserstoff cCxHy 9.16 %ú Stickstoff 8,88 %ú Wasserstoff 2,35 %ú Kohlenmonoxid 5,56 %ú Kohlendioxid 12,5 %ú Schwefel 0,2 %ú Spurenstoffe (NH3, HCN, HCL, HF, H2S)

o Schwelgasheizwert Hu,SG 10.400 kJ/kgo Reststoffheizwert Hu,RS 12.700 kJ/kg

_____________________________________________________________________Eine zweisträngige Pyrolyseanlage ist in Bild 5.2 dargestellt. Im linken, oberen Bildteilist die Müllaufgabe zu erkennen, zwischen den Drehtrommeln ist der Heißgaserzeuger

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zur Trommelbeheizung angeordnet. Hierin werden Flächenbrenner eingesetzt, um dasim Kreislauf gefahrene Heizgas auf die gewünschte Temperatur zu erwärmen.

Bild 5.2: CAD-Entwurf einer zweisträngigen Pyrolyseeinheit mit Drehrohr und gemein-samer Heißgaserzeugung

Der Schwelgasführung zwischen Schweltrommel und der Hochtemperaturbrenn-kammer muß besondere Aufmerksamkeit gewidmet werden, da die Teerbestandteileder Schwelgase bei auftretenden Kältebrücken auskondensieren können undzusammen mit Staubbestandteilen zu erheblichen Anbackungen führen.

Auch mitgeführte fasrige Staubanteile neigen zu einer Agglomeration und damit zueiner Knäuelbildung. Hierauf muß bei der Brennerauslegung der BrennkammerRücksicht genommen werden.

Görner (Hrsg.): Technische Entwicklungen im Hinblick auf neue Abfallkonzepte

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Entsprechende Verfahrensparameter für den nachgeschalteten Hochtemperaturprozeßin der Brennkammer sind Tab. 5.2 zu entnehmen.

Tab. 5.2: Verfahrensparameter der Hochtemperaturumsetzung (Brennkammer)beim Schwel-Brenn-Verfahren

_____________________________________________________________________ Prozeß

o Verbrennungstemperatur tV 1250 [°C]

o Verbrennungsstöchiometrien 0,7 [-]k1

0,9 [-]k2

1,3 [-]k3o Ascheeinbindegrad EA > 40 %

Produkt

o Ascheabzugo Rauchgaszusammensetzung ú Gesamtkohlenstoff cc < 5 mg/Nm3

ú Stickoxide cNO < 400 mg/Nm3

ú Kohlenmonoxid cCO < 30 mg/Nm3

_____________________________________________________________________

5.2.3 Verhältnisse in der Hochtemperaturbrennkammer

Die Hochtemperatur- brennkammer und ein Teil des nachgeschalteten Leeerzuges istin Bild 5.3 dargestellt.

In der Brennkammer sollder Koksausbrand weit-gehend abgeschlossenund die schmelzflüssigenTeilchen in den Schlacke-film eingebunden wer-den. Die Strömungsum-lenkung zum vertikalenLeerzug dient zur Parti-kelabscheidung. An dertiefsten Stelle wird dieschmelzflüssige Schlak-ke abgezogen. Um diesenAbzug sicher zu gewähr-leisten, wurde auf dieAustragsöffnung ein zu-sätzlicher, fossil befeuer-ter Brenner gerichtet.

Bild 5.3: Brennkammer

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In der Hochtemperaturbrennkammer werden die folgenden Teilschritte des Gesamtver-fahrens realisiert:

ú Einschmelzen der aufbereiteten Pyrolyserückstände (mit höherem C-Gehalt),ú Einschmelzen der rückgeführten Kesselaschen (mit niedrigerem C-Gehalt),ú Einschmelzen der rückgeführten Elektroabscheiderstäube (mit niedrigerem

C-Gehalt) undú vollständiger Ausbrand der Schwelgase, die gleichzeitig den thermischen Input für

die Hochtemperaturumsetzung liefern.

Dabei ist es wichtig, die Kokspartikel und die Stäube möglichst lange in der Flugphasezu halten, um bei hohen Aufenthaltszeiten und hohen Temperaturen einen möglichstvollständigen Ausbrand zu erzielen. Andererseits müssen die Partikel durch eine ge-eignete Strömungsführung (z.B. Drall) am Ende der Brennkammer an die Wand ge-schleudert werden, um damit schmelzflüssig abgeschieden werden zu können. DerEinbindegrad der Flugstäube in die Schlacke ist ein wichtiger Auslegungs- und Garan-tiewert. Mitgerissene Flugstäube, die noch schmelzflüssig und damit klebrig sind,würden den nachgeschalteten Dampferzeuger übermäßig verschmutzen bzw. ver-schlacken.

In einem mehrjährigen Versuchsbetreib der Firma Siemens-KWU in Ulm-Wiblingenwurde des Verfahren unter realitätsnahen Bedingungen getestet. Dennoch stellt eineÜbertragung auf eine Großanlage einen erheblichen Unsicherheitsfaktor dar. Dies istim wesentlichen auf den skale up-Faktor von 10-20 zurückzuführen.

Gerade für eine Maßstabsübertragung bietet sich das Werkzeug der Modellierung undSimulation an, wenn gewährleistet ist, daß keine zusätzlichen oder anderenphysikalisch/chemischen Randbedingungen auftreten. Zur Optimierung des Schwel-gasbrenners wurden Rechnungen durchgeführt ([10]), um damit die geometrischeAusgestaltung (Konstruktion) im Hinblick auf Zündstabilität, Ort und Beaufschlagungder Reststoffaufgabe (Pyrolyserückstände, Kesselaschen u.a.) zu optimieren. Nebendieser detaillierten Untersuchung der Brennkammer selbst wurde auch das SystemBrennkammer und erster Leerzug des Kessels untersucht. Diese Berechnung sollte dieBedingungen des Restausbrandes und des Partikelverhaltens bei weiterer Abkühlungdes Rauchgases klären. Vor allem durch die Berechnung von Partikeltrajektorien inBrennkammer und Leerzug kann eine Partikel-Temperatur-Geschichte aufgestelltwerden. Diese läßt eine Beurteilung von Simulationsergebnissen durch Vergleich mitErgebnissen aus Batch-Labor-Versuchen zu.

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5.2.4 Reststoffe und ihre Eigenschaften

Der massenmäßig bedeutenste Reststoffstrom aus der Anlage ist der aus der Hoch-temperaturbrennkammer. Zur Beurteilung des Deponieverhaltens dieses Reststoffesund damit zur Einordnung in die Deponieklasse, die die Deponierungskosten be-stimmt, wird das Eluationsverhalten nach den Verfahren DEV S4 [11] eingesetzt. InBild 5.4 sind die wesentlichen Eluationswerte als Richtwerte zusammengefaßt.

0,0001

0,001

0,01

0,1

1

10

Element

Elu

atw

erte

nac

h D

EV

S4

[m

g/l]

Cd Cu Ni Cr-IV Zn Pb

Schwel-Brenn-V. DEV S4

Rostf. DEV S4 min.

Rostf. DEV S4 max.

Bild 5.4: Eluationsverhalten von Reststoffen aus dem Schwel-Brenn-Verfahren(Farbbild vgl. Anhang).

Eine Einordnung dieser Werte und damit ein Vergleich mit anderen Verfahren (Ge-samtverfahren oder Verfahren der thermischen Nachbehandlung von Schlacken) ist inKap. 6 dieses Beitrags zu finden.

Die entscheidende Erkenntnis aus diesem Bild ist jedoch, daß mit Ausnahme von Bleialle Eluationswerte der Schlacken aus den Schwel-Brenn-Verfahren ein besseresEluationsverhalten zeigen als die Rostschlacken. Die Verbesserung liegt im Bereichzwischen einer und zwei Zehnerpotenzen. Gerade in dieser Tatsache ist einwesentlicher Vorteil des Verfahrens begründet. Natürlich kann durch eine thermischeKonditionierung der Rostschlacken deren Eluationsverhalten auf ähnliche Werteverbessert werden (vgl. Abschnitt 6), dies ist jedoch mit einem erheblichen Zusatz-energieverbrauch und damit erheblichen Kosten verbunden.

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6. Reststoffkonditionierungsverfahren

Auch für die anfallenden Reststoffe aus einer Thermischen Abfallentsorgungsanlagegilt, daß anstelle einer Deponierung möglichst eine stoffliche Nutzung zu erfolgen ha-be. Um diese Nutzung in speziellen Einsatzgebieten realisieren zu können, müssenmechanische, thermische und chemische Eigenschaften der Reststoffe geprüft wer-den, um auf dieser Basis entscheiden zu können, ob sie eingesetzt werden können.Werden die Anforderung an die jeweilige Nutzung nicht erfüllt, dann ist zu prüfen, obdurch eine gezielte mechanische, chemische oder thermische Bedandlung (Konditio-nierung) die geforderte Eigenschaft eingestellt werden kann.

Beispielhaft seien die folgende Anforderungen an feste Rückstände angeführt:

oMechanische Eigenschaften:ú Mineralischer Aufbau,ú Kornform,ú Korngrößenverteilung,ú Dichte (Schüttdichte, Materialdichte),ú Kornfestigkeit,ú Schlagfestigkeit,ú Wassergehalt.

oThermische Eigenscahften:ú Thermische Wechselbeanspruchung.

oChemische Eigenschaften:ú Chemische Zusammensetzung,ú Eluierbarkeit,ú Schadstoffgehalte (z.B. Salze, Schwermetalle),ú Unverbranntenanteil.

F e u e r u n g K e s s e l E - F i l t e r A K - F i l t e r

A b f a l l

L u f t

R o s t -s c h l a c k e

K e s s e l -a s c h e

F i l t e r - R G R -R ü c k s t ä n d e

B e l a d e n e rA k t i v k o k s

K a m i n

s t a u b

R G - W ä s c h e

W ä s c h e

R e s t s t o f f -a s c h e

S c h w e r m e t a l l -k o n z e n t r a t

L ö s l i c h e rA n t e i l

Bild 6.1: Verfahren zur sauren Wäsche von Rückständen (Farbbild vgl. Anhang).

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Bild 6.1 zeigt das Schema eines chemischen Behandlungsverfahrens, bei dem dieRostschlacke, die Kesselaschen und die Filterstäube einer sauren Waschung unter-zogen werden, um hiermit Schwermetalle zu lösen und die Rückstände damit leichterdeponieren zu können. Schwermetallkomponenten und andere Bestandteile werdendadurch nicht wie bei thermische Verfahren immobilisiert, sondern aus der Schlackeherausgelöst. Im Sinneeiner Gesamtstoffstrom-optimierung kann hervor-gehoben werden, daß fürdie Waschung die saurenRückstände aus der Gas-reinigung verwendet wer-den können.Ein thermisches Verfahrenzur Konditionierung zeigtdas Bild 6.2. Bei diesemVerfahren werden alle zubehandelnden Rückständeeiner Glasschmelzwannezugeführt und dort mitZuschlagstoffen, fossil oderelektrisch beheizt, in dieschmelzflüssige Phasegebracht. Dieses Verfahrenist unter den Namen SO- LUR-Verfahrens (FirmenSorg und Lurgi) bekannt.Nachteil des Verfahrens ist Bild 6.2: Verfahrensfließbild des SOLUR-Verfahrensder hohe Zusatzenergiever- brauch. Ein Vorteil besteht in der leichten Nachrüstbar-keit bestehender Anlagen.

Die deutliche Verbesserungdes Eluationsverhaltens imVergleich zu den Werten fürSchlacken aus der Rostver-brennung und denen ausdem Schwel-Brenn-Verfah-ren kann Bild 6.3 entnom-men werden. Hieraus isteine weitere Verbesserungder Eluatwerte gegenüberdem Schwel-Brenn-Ver-fahren um den Faktor 10 zuerkennen.

Bild 6.3: Eluatwerte für das SOLUR- im Vergleich zumSchwel-Brenn- und Rostverbrennungs-Verfahren

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Feuerung Kessel E-Filter AK-Filter

Abfall

Luft

Rost-schlacke

Kessel-asche

Filter- RGR-Rückstände

BeladenerAktivkoks

Kamin

staub

RG-Wäsche

stoffeSchmelze

Zuschlags-

Staub-Abscheider

HCl/SO2-Absch.

Hg-Abscheider

Abgas

Rückstände

(optional)

GlasGlasgalle

0,00001

0,0001

0,001

0,01

0,1

1

10

Elu

atw

erte

nac

h D

EV

S4

[m

g/l]

Cd Cu Ni Cr-IV Zn Pb

Solur-V. DEV S4

Schwel-Brenn-V. DEV S4

Rostf. DEV S4 min.

Rostf. DEV S4 max.

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7. Sonderabfallverbrennung

Die Verbrennung von Sonderabfällen wird im Regelfall in einer Anlage realisiert, wie siein Bild 7.1 zu sehen ist. Diese besteht aus den Komponenten:

ú Drehrohrofen,ú Nachbrennkammer,ú Dampferzeuger undú Gasreinigungsstufen (verschiedene Schaltungen möglich).

Im Drehrohr lassen sich hohe Feststoffaufenthaltszeiten (> 1 h) bei gleichzeitiger hoherTemperatur (>1200 °C) erreichen, wodurch die Zerstörungseffizienz auch für thermischsehr stabile Verbindungen sehr hoch ist. Gleichzeitig hat sich das Drehrohr als "Alles-fresser" bewährt, d.h. es können neben festen und pastösen Abfällen auch Gebindeund Behälter aufgegeben werden. Der Restausbrand erfolgt in der nachgeschaltetenNachbrennkammer, in der gasförmige und flüssige Abfälle aufgegeben werdenkönnen.

Bild 7.1: Sondermüllverbrennungsanlage mit Drehrohrfeuerung, Nachbrennkammer,konvektive Kesselzüge, Elektroentstauber, zweistufiger Wäscher, Kamin (v.r.n.l.)(Farbbild vgl. Anhang).

Bei Sonderabfallverbrennungsanlagen muß in der Nachbrennkammer eine Aufent-haltszeit der Rauchgase von > 2s bei einer Mindesttemperatur von 1200 °C sicher ein-gehalten werden. Nicht zu vermeidenden CO-Strähnen aus dem Drehrohr muß auchbei diesen Bedingungen durch eine optimale Sauerstoffeinbringung und damit -vertei-lung entgegengewirkt werden. Dieses Problem ist dem bei Hausmüll-Verbrennungsan-lagen sehr ähnlich. Daher wird in diesem Bereich ebenfalls mit Simulationsrechnungengearbeitet. Ein grundsätzliches Problem dabei sind jedoch die Einströmbedingungen in

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Bild 7.2: Strömungssituation im Drehrohr und in der Nachbrennkammer (links) undSimulation der Sauerstoffverteilung in der Nachbrennkammer (rechts) (Farbbild vgl.Anhang).

die Nachbrennkammer, da die Verhältnisse im Drehrohr, und hier vor allem in der"Schüttschicht" noch nicht befriedigend beschrieben werden können. Hierfür sind zwei-dimensionale Näherungsmodelle derzeit in der Erprobung.

Auf dieser Basis gewonnene Ergebnisse einer Nachbrennkammersimulation zeigt dasBild 7.2. Sehr realitätsnah wird darin die Einmischung von Sauerstoff (bzw. Luft) überdie Sekundärluftdüsen nachvollzogen, wobei insgesamt in der runden Brennkammereine Drehbewegung aufgeprägt ist. Im Austrittsquerschnitt der Brennkammer ist eineweitgehende O2-Gleichverteilung erreicht. Mit solchen Rechnungen lassen sich dannauch Strategien erarbeiten, wo und wie flüssige Abfälle in die Nachbrennkammereingedüst werden können und ob die Zufuhr von Stützbrennstoff erforderlich ist.

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8. ZusammenfassungZiel dieses für eine Gesamtveranstaltung einführenden Beitrages war es, den derzei-tigen Stand der Technik im Bereich der Thermischen Abfall- und Reststoffentsorgungaufzuzeigen und damit eine Grundlage zu legen für die weiterführenden Beiträge, diesich mit speziellen Themenbereichen beschäftigen.

Dies wurde exemplarisch anhand des klassische Rostverbrennungsverfahrens undzweier "alternativer" thermischer Verfahren durchgeführt. Dadurch muß der Anspruchauf eine Gesamtdarstellung natürlich aufgegeben werden.

Der Vergleich der Verfahren wurde durch energetische Betrachtungen, im wesent-lichen aber durch einen direkten Vergleich der Eluatwerte und damit der Deponiefähig-keit der Rückstände angestellt.

Außerdem wurden an mehreren Stellen die Möglichkeiten einer begleitende Simulationhervorgehoben. Dies jeweils als ergänzendes und nicht als ersetzendes Mittel einerVerfahrensauslegung.

Literatur

[1] N.N.: Bericht der Bundesregierung über die Konferenz der Vereinten Nationen für Umwelt und Ent-wicklung im Juni 1992 in Rio de Janeiro (speziell darin enthaltenes Dokument: Agenda 21)

[2] Kreislaufwirtschaftsgesetz - Gesetz zur Förderung der Kreislaufwirtschaft und Sicherung der um-weltverträglichen Beseitigung von Abfällen (Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz KrW-/AbfG),27.9.1994

]3] Siebzehnte Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (Verordnung überVerbrennungsanlagen für Abfälle und ähniche brennbare Stoffe - 17. BimSchV). BGBl. I 2545,23.11.1990

[4] TA Siedlungsabfall - Dritte allgemeine Verwaltungsvorschrift zum Abfallgesetz Technische An-leitung zur Verwertung, Behandlung und sonstigen Entsorgung von Siedlungsabfällen. 14.5.1993

[5] Schadow, E.: Perspektiven der chemischen Verfahrenstechnik. In: FDBR-Veranstaltung, 13./14.Juni 1996, Bad Wildungen

[6] Eyerer, P.: Ganzheitliche Bilanzierung - Werkzeug zum Planen und Wirtschaften in Kreisläufen.Springer-Verlag, Berlin, 1996

[7] Mauch, W.: Kumulierter Energieaufwand verschiedener Entsorgungswege für Hausmüll. BWK,46(1994)Nr.5, S.230-232

[8] Kowalczyk,U.; Schirmer,U.;Truppat,R.: Differenzierung zwischen dem gesamten organischenKohlenstoff (TOC) und dem abbaubaren organischen Kohlenstoff (AOC) in Rostaschenvon Ver-brennungsanlagen für Hausmüll und hausmüllähnliche Abfälle. VGB Kraftwerkstechnik 75(1995)H.11, S.961-967

[9] N.N.: Lentjes Industriekessel, Firmenschrift, 1994

[10] Babcock-Lentjes-Kraftwerkstechnik, interne Mitteilung

[11] DIN 38414, Arbeitsvorschrift S4 der Deutschen Einheitsverfahren zur Wasser-, Abwasser- undSchlammuntersuchungen.

Görner (Hrsg.): Technische Entwicklungen im Hinblick auf neue Abfallkonzepte

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