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Die Fachzeitschrift für Spezialisten In Kooperation mi der Bauförderung Landwirtschaft

In Kooperation mi der - Schweizer Milch Bei der bakteriologischen Untersuchung streicht das Labor die Viertelgemelksproben auf einen Nährboden. Im Brutschrank wachsen dann - bei Vorhandensein

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• • Die Fachzeitschrift für Spezialisten

In Kooperation mi der

Bauförderung Landwirtschaft

EUTERGESUNDHEIT

Die Diagnose der Mastitis Ein wesentlicher, die Milchqualität beeinflussender Faktor stellt die Euterentzündung (Mastitis), ins­besondere deren subklinische Form, dar. Die klinische Mastitis besitzt unter ökonomischen Gesichts­punkten eine hohe Relevanz, wobei zusätzlich der Tierschutzaspekt berücksichtigt werden muss. Da es ebenfalls zahlreiche verschiedene Erreger gibt, ist eine Diagnostik unbedingt notwendig, um eine erfolgreiche Therapie zu gewährleisten.

Michael Zschöck, Landesbetrieb Hessisches Landeslabor, Gießen

Hohe Anzahl verschiedener Erreger macht Diagnostik unverzichtbar

Allgemein zählen Mastitiden zu den wichtigsten Erkrankungen im Rinder­stall und sind nach den Fruchtbarkeits­störungen zweithäufigste Abgangsursa­che von Kühen. An der Krankheitsent­stehung sind neben der Kuh selbst auch zahlreiche Umweltfaktoren sowie spezi­fische Krankheitserreger, die sogenann­ten Mastitiserreger, beteiligt. Es gibt Un­terschiede zwischen den verschiedenen Erregerarten, auch innerhalb einer Art wurden unterschiedliche Stämme mit unterschiedlichen Virulenzfaktoren be­schrieben. Prinzipiell kann man klassi­sche oder kontagiöse (z. B. Streptococcus agalactiae) sowie umweltassoziierte oder konstitutionelle (z.B. Streptococcus ube-

ris) Erreger unterscheiden. Diese vari­ieren bezüglich ihrer krankmachenden Wirkung zum Teil erheblich. Zur Beur­teilung des Eutergesundheitsstatus ei­ner Milchviehherde sowie zur Einleitung von Sanierungs- oder Therapiemaßnah­men ist eine eingehende vorausgehen­de Diagnostik daher alternativlos. Die Grundlage der Diagnostik der Masti­tis bildet eine Kombination aus Erreger­nachweis und Entzündungsnachweis im Euterviertel.

Sowohl die Probenahmetechnik als auch die Labormethoden für diese so­genannte zytobakteriologische Untersu­chung wurden auf der Grundlage inter­nationaler Empfehlungen vom Sachver­ständigenausschuss der Deutschen Vete­rinärmedizinischen Gesellschaft (DVG) in Form von Leitlinien zusammenge­stellt und ergänzt.

Ein geschwollenes und gerötetes Euter sind äußerer Symptome einer Mastitis. Foto: Reinecke

2 • Milchpraxis Special Eutergesundheit 4/2016 (50. Jg.) •

Die Ergebnisse bakteriologischer Un­tersuchungen von Viertelanfangsge­melksproben sind als fundamental für die Beurteilung des Status der Euterge­sundheit und für die Einleitung spezifi­scher Sanierungsmaßnahmen anzuse­hen. Zudem wird zunehmend der Ein­satz von Chemotherapeutika bei land­wirtschaftlichen Nutztieren infrage ge­stellt. Daher sollten antibiotische The­rapiemaßnahmen nur bei strengster In­dikationsstellung und möglichst gezielt erfolgen und nur auf die notwendigen Fälle beschränkt bleiben. Auch dabei un­terstützt die bakteriologische Untersu­chung.

Wie erfolgt eine bakteriologische Untersuchung?

Um eine aussagekräftige bakteriolo­gische Untersuchung durchfü hren zu können, muss genauestens darauf ge­achtet werden, dass möglichst keine Kei­me aus der Umgebung der Tiere (Haar­kleid) in die zu untersuchende Milch ge­langen. Wird dies nicht beachtet, kön­nen Schmutzkeime die bakteriologische Auswertung erheblich erschweren bzw. unmöglich machen. Weiterhin wird die Interpretation des Befundes erschwert. Dann kann - insbesondere beim Nach­weis umweltassoziierter Mastitiserreger - im Nachhinein nicht mehr sicher beur­teilt werden, ob der isolierte Keim die Ur­sache der Euterentzündung ist oder ob es sich um eine Kontamination aus der Um­welt handelt. Für die Milchprobenent­nahme sind unbedingt sterile Proben­röhrchen zu verwenden.

Im Labor werden die Viertelgemelks­proben mittels eines sterilen Glasspatels auf einen geeigneten Nährboden aufge­bracht. Diese Agar-Platten enthalten al­le notwendigen Nähr- und Wuchsstoffe,

um das Bakterienwachstum in der Kultur zu ermöglichen. Es erfolgt die Bebrütung in einem Brutschrank bei 37 °C, zunächst für 18-24 h. Nach einer 1. Beurteilung müssen die Kulturen für weitere 18-24 h in den Brutschrank. Bestimmte Bakterienar­ten zeigen erst nach 36-48 h ihr charakteristisches Wachstum. Die meisten Mastitiserreger können aufgrund ihres charakte­ristischen Aussehens bereits in der Kultur identifiziert werden. Gelegentlich sind jedoch noch weitergehende Untersuchungen (Biochemie, MALDI-TOF, Molekularbiologie) notwendig, um die Bakterienart bis auf Spezies- oder sogar Stammebene zu bestimmen. Dabei werden zum Beispiel bestimmte Stoffwech­selleistungen der Bakterienisolate geprüft, um anhand dieser Einzelergebnisse eine Diagnose des vorliegenden Mastitiserre­gers zu erhalten. Diese kulturelle Anzüchtung der Mastitiser­reger bietet zudem den Vorteil einer sogenannten In-Vitro-Re­sistenztestung, also der Antibiotikaempfindlichkeitsprüfung (Antibiogramm). Dabei wird die Wirksamkeit der verschiede­nen Wirkstoffe im Labor (in vitro) überprüft und es erfolgt ei­ne Einteilung des Erregers in empfindlich, mäßig empfindlich oder resistent. Durch die Erstellung von Antibiogrammen kann das betroffene Euterviertel gezielt mit einem wirksamen Präpa­rat behandelt werden und die Entstehung von Resistenzen kann durch die direkte Wahl eines geeigneten Antibiotikums mini­miert werden.

Neue Techniken zur kurzfristigen Diagnose

Diese zuvor beschriebene mikrobiologische Diagnostik dient der Identifizierung ggf. auch Isolierung pathogener Mikroorga­nismen, wobei derzeit in der Bakteriologie kulturelle Untersu­chungsverfahren nach wie vor dominieren. Abhängig von der Wachstumsdauer der Erreger nimmt die Untersuchung einige Tage (i. d. R. 2) in Anspruch. Demgegenüber erfordert therapeu­tisches Handeln i. d. R. eine kurzfristige Diagnosestellung. Auch aus diesem Grund werden moderne Nukleinsäure-gestützte Verfahren (z.B. die Polymerase-Kettenreaktion - PCR) zuneh­mend auch in der mikrobiologischen Diagnostik eingesetzt.

Diese Methoden ergänzen bzw. komplettieren zurzeit kultu­relle Untersuchungstechniken. Auch in der veterinärmedizini­schen Mastitisdiagnostik lässt sich die PCR prinzipiell zur Un­tersuchung von Milchproben (Viertelgemelksproben/Einzel­milchproben/Sammelmilchproben) anwenden. In der internati­onalen Literatur wurden bereits einige PCR-Nachweisverfahren zu den wichtigsten Mastitiserregern veröffentlicht. Aktuell sind sogar bereits kommerzielle Testkits auf dem Markt verfügbar. Der DVG-Sachverständigenausschuss hat mögliche Einsatzge­biete in der Mastitisdiagnostik benannt. Unter Würdigung der · bisher publizierten PCR-Untersuchungsverfahren zu den ver­schiedenen Mastitiserregern wurden Empfehlungen für den zu­künftigen Einsatz dieser Techniken gegeben.

Bei der klinischen Mastitis kommen prinzipiell verschiede­ne Erreger bzw. Erregergruppen in Betracht, die aufgrund des Krankheitsbildes allein nicht unterscheidbar sind. Da aktuell nicht für alle potenziell infrage kommenden Mastitiserreger PCR-Tests zur Verfügung stehen, kann derzeit auf eine kultu­relle Untersuchung nicht verzichtet werden.

Demgegenüber sind bestimmte Mastitiserreger (z.B. Myco­plasmen, Chlamydien und Rikettsien) schwer kultivierbar und werden im Rahmen der Routinediagnostik bisher nicht oder

EUTERGESUNDHEIT

Bei der bakteriologischen Untersuchung streicht das Labor die Viertelgemelksproben auf einen Nährboden. Im Brutschrank wachsen dann - bei Vorhandensein - die Bakterienkulturen an, die

Flocken in der Milch weisen auf eine klinische Mastitis hin.

anschließend identifiziert werden können. Foto: Zschöck

nur auf besondere Anforderung erfasst. Im Hinblick auf das diagnostische Spekt­rum und die Schnelligkeit der Testdt1rch­führung ergeben sich hier klare Vorteile beim Einsatz dieser PCR-Tests.

Therapie hängt von Erregern ab

Auch im Falle antibiotisch vorbehan­delter Patienten könnte die PCR vorteil­haft eingesetzt werden. Aufgrund derbe­sonderen Gegebenheiten bei der Unter­suchung von Milchproben sind jedoch Kriterien zur Ergebnisbeurteilung drin­gend erforderlich. Während z.B. allein der qualitative Nachweis kontagiöser Mastitiserreger (S. agalactiae, S. aureus) positiv zu bewerten ist, bedarf es bei den umweltassoziierten Mastitiserregern ei­ner quantitativen Beurteilung. Um Fehl­bewertungen durch Kontaminationen der Proben - umweltassoziierte Erreger sind in der Umgebung der Tiere weit ver­breitet - oder Strichkanalbesiedlung si­cher auszuschließen, sind entsprechende Beurteilungsstandards notwendig. Glei­ches gilt für die Bewertung von Misch­kulturen.

Bei der subklinischen Mastitis handelt es sich um eine Leitkeim- und Herdendi­agnostik. Welche Mastitiserreger können als Ursache in dem betreffenden Betrieb angesprochen werden? Abhängig von den nachgewiesenen Erregern kommen unterschiedliche Therapie- und Prophy­laxekonzepte zur Anwendung. Es gelten prinzipiell die bereits bei der Diagnos­tik der klinischen Mastitis angeführten

Argumente. Schwer kultivierbare Erre­ger haben hier allerdings ebenso wie der Faktor „Zeit" eher eine untergeordnete Bedeutung. Auch die Antibiotikatherapie besitzt gegenüber der Umsetzung des Sa­nierungskonzepts meistens eine geringe­re Priorität. Dementsprechend wird ak­tuell im Bereich der subklinischen Mas­titis, nicht zuletzt nach Abwägung der Kosten-Nutzen-Relation, keine vordring­liche Indikation für den Einsatz der PCR gesehen.

Tan~milchscreening als Uberwachung

In der Tank-/Bestandsmilch kön­nen verschiedenste Bakteriengattun­gen und -arten nachgewiesen werden. In Verbindung mit Fragen zur Euterge­sundheit deutet der Nachweis von kon­tagiösen oder klassischen Mastitiserre­gern immer auf ein vorliegendes Masti­tisproblem hin. Demgegenüber bedeutet der Nachweis von coliformen Erregern (E. coli, Enterobacter sp., Citrobacter sp.) oder sogenannten Umweltstreptokok­ken (S. uberis, S. dysgalactiae) sowie Ko­agulase-negativen Staphylokokken nicht zwingend eine erhöhte Mastitis-Vorkom­menshäufigkeit.

Eine Untersuchung der Tank- oder Be­standsmilch kann allerdings niemals ei­ne Viertelgemelksprobenuntersuchung ersetzen . Vielmehr dient das Verfahren lediglich als laufende Überwachung der Eutergesundheitssituation (Screening). Auch in diesem Bereich könnte ein mög-

4 • Milchpraxis Special Eutergesundheit 4/2016 (50. Jg.) •

Foto: Reinecke

liches Einsatzgebiet für die PCR liegen. Bestandsmilchproben könnten regelmä­ßig sensitiv und spezifisch auf kontagiöse Mastitiserreger untersucht werden. Auch wäre die Möglichkeit der Automatisie­rung der PCR hier ein Vorteil. «

• Fazit Bei der Diagnostik der klinischen Mastitis und beim regelmäßigen Tankmilchscreening auf kontagiöse Erreger ergeben sich somit mögliche Einsatzgebiete der PCR. Das Unter­suchungsverfahren stellt somit eine sinnvolle Ergänzung, auch in der Mas­titiserregerdiagnostik, dar. Allerdings werden gegenwärtig noch nicht alle möglichen Erreger abgedeckt, sodass auf die herkömmliche l<ulturuntersu­chung nach wie vor nicht verzichtet werden kann .

•KONTAKT•••

Michael Zschöck

Landesbetrieb Hessisches Landeslabor (LHL), Gießen

[email protected]

EUTERGESUNDHEIT

Was leistet der Eutergesund­heitsbericht?

Eine Euterentzündung ist sowohl für die Milchkuh als auch für den Landwirt keine Bagatelle. Für das Tier bedeutet es starke Schmerzen mit der Gefahr von Folgeschäden bis hin zum Abgang, für den Landwirt bedeutet es erhebliche finanzielle Verluste durch Behandlungsaufwendungen und Milch­geldausfall. Um das zu vermeiden, stellt die Milchleistungsprüfung die Grundlage für die Überwa­chung der Eutergesundheit dar. Was aber bietet der sogenannte Eutergesundheitsbericht?

Dr. Ute Philipp, TVL, Meiningen

Nicht zu unterschätzen ist neben dern finanziellen Verlust auch die emoti­

onale Belastung, wenn ein Tier, welches man viele Jahre gefüttert und versorgt hat, schwer erkrankt und gegebenenfalls den Bestand verlassen muss. In 'föürin­gen, wie auch in anderen Bundesländern, resultieren die meisten Abgänge der ver­gangenen Jahre aus Eutererkrankungen - sie bilden somit den größten monetä­ren Verlust und verursachen einen erheb­lichen volkswirtschaftlichen Schaden.

Eutergesundheitsbericht erweitert M LP

Voraussetzung für die Einschätzung der Eutergesundheit einer Herde ist die

regelmäßige und umfangreiche Erfas­sung von Daten. Die Milchleistungsprü­fung bietet hierfür die Grundlage und liefert die notwendigen Informationen für den monatlichen MLP-Bericht. Al­lein dieser Bericht ist für ein erfolgrei­ches Herdenmanagement mit dem Fokus auf eine gute Tiergesundheit unerläss­lich. Die Erweiterung des MLP-Berichtes um den Eutergesundheitsbericht ist ein gelungener Schritt, aus den monatlichen Zellzahlen jeder Milchkuh zusätzliche Kennzahlen und Vergleichswerte für das innerbetriebliche Management zu gene­rieren.

Milchkuhbetriebe in Thüringen ver­fügen in den meisten Fällen über Her­denmanagementprogramme, die be-

reits umfangreiche Auswertungsmög­lichkeiten zur Eutergesundheit liefern. Die Nutzung dieser Module ist jedoch sehr differenziert und geht gehäuft im Alltagsgeschehen unter. Darüber hi­naus ist ein überbetrieblicher Vergleich nicht gegeben. Die Kennzahlen des Eu­tergesundheitsberichtes sind für uns als Berater durch die Nutzung von speziel­ler Agrarsoftware nicht neu. Viele Kenn­zahlen wie z.B. Heilungsrate, Neuinfek­tionsrate oder Erstlaktierendenmastitis­rate konnten bereits betrieblich genutzt werden . Der Eutergesundheitsbericht fokussiert aber auf ein grundsätzliches Problem, bereitet vorhandene Daten für alle Betriebe einheitlich auf und liefert Vergleichskennzahlen. Diese „Bewusst­seinsschmiede" ist ein eindeutiges Be-

Eine saubere und trockene Abkalbebucht ist Voraussetzung für einen eutergesunden Start in die Laktation. Foto: Philipp

• Milchpraxis Special Eutergesundheit 4/2016 (50. Jg.) • 5

EUTERGESUNDHEIT

0 Botrlab: M. Oplus

Eutergesundheitsbericht B•zlrk. S3lll mllch plus !1LP: 11.10.2011,

> Zellzahlverlauf der vergangenen 1.2 Monate (in 1.000 Zellen/ ml)

180

160

140

120

100

80

60

40

" Ok1 2013 No, "" ''" Feb Mä, Ap, Mai '"" Aug s,p Okt2014

- Kühe ~ 2. Laktation (Okl: a 1 so.ooo Zellen/rn!) - Erstla~tierende (Okt: O 102.000 Zellen/ml)

> Anteil Tiere in Zellzahlklassen (in °/, )

100

80

60

40

20

April Mol '"" A"g ,,, - s l00.000 > 100.000 · s 200.000 - > 200.000. s400.000 - > 400.000

> Newinfektionsrate in der Laktation'

o) noch Prllfmonaten (in %)

,0 1

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- ~ b - - =

Okt

> Eutergesunde Tiere'

Zellzahlklassen Anuhl Anlell (%1 Tendenz Spitzen-zum belriebe

Vo1mona1 1%1

ZZ .s 100.000 166 55 .,.

76

U > 100.000 - s 200.000 60 20 ,1.

zz > 200.000 • < 400.000 52 17 t 22 > 400.000 22 ,1.

--------Total 300

1 Ant!;!li derTie<c mir .s: 100.000 Zel11m/ n1l ;in "lle.n laktlerend1m Tieren In der aktuellen MLP

b) nach Loktotlonstogen (Okt 2014)

Laktal lan!lage s 100 101-200 lOl-300 > 300 ----Anzahl eutergesunde Tiere im Vormonat 80 40 20 lO

Am:ahl Neuinfektionen 10 0

Anteil Neuinfektionen (%) 13 0 20

- Neuinfektions,.ite (%) in den Prürmonaten

- Neuinfektionsrate (-111) der besten Belllebe

2 Anteil de, n e,e mit > 100.000Z(!llen/mll11 der aktueUenMLP an a1ll'nTleren mil s 100.000Ze!len/ml In der vorhe1l9en MLP

Total

160

16

10

Der Eutergesundheitsbericht bietet zusätzliche Kennzahlen und verbessert damit die Über-wachung der Gesundheit. Foto: mi/chQp/us

kenntnis zur Verbesserung der Gesund­heit und Robustheit unserer Milchkühe und liegt damit im Interesse der Milch­erzeuger.

Die Nutzung und Interpretation des Eutergesundheitsberichtes ist für erfah­rene Milchproduzenten und Berater ein­fach und teilweise selbsterklärend. Vo­raussetzungen sind zum einen Kennt­nisse über betriebsspezifische Manage­mentstrategien und zum anderen Beson­derheiten der verschiedenen Prüfmetho­den. Die geringeren Zellzahlen im Mor­gengemelk und die leicht erhöhten Zell­zahlen im Abendgemelk müssen mit der Anwendung der alternierenden Prüfme­thode bei der Interpretation des Euterge­sundheitsberichtes Berücksichtigung fin­den.

Welche neuen Kennzahlen gibt es?

Ein verringerter Anteil eutergesunder Tiere in Kombination mit einer gestiege­nen Neuinfektionsrate in der Laktation sollte den Betrieb veranlassen, nach ak­tuellen Schwachstellen z.B. in der Melk­technik oder im Melkprozess zu suchen. Dazu hat sich Thüringen eine eigene Checkliste „Verfahrensanalyse Milchge­winnung" erarbeitet. Fehlerhafte Melk­routine birgt Gefahren, die oft kostenfrei reguliert werden können. Durch erfahre­ne Außendienstmitarbeiter wird hier ge­meinsam mit den Melkern während des Melkprozesses nach Schwachstellen in der Technik bzw. im Melkablauf und der Melkhygiene gesucht. Weitere Analysen in den Bereichen Herdenmanagement

6 Milchpraxis Special Eutergesundheit 4/2016 (50. Jg.) •

und Fütterung sollten zusätzliche Be­rücksichtigung finden. Auch hier bieten wir in Thüringen neutrale Beratungsleis­tungen an. Der Eutergesundheitsbericht ist in jedem Fall Bestandteil dieser Bera­tungen. Gerade in größeren Milchkuh­beständen gilt es, objektive Bewertungs­maßstäbe zu ermitteln, um den subjek­tiven Blick betrieblicher Mitarbeiter zu klären und eventuell alte Gewohnheiten und Erfahrungen neu zu prüfen.

So vielfältig wie die Kälber- und Jungrinderaufzucht ist in den verschie­denen Betrieben das Management der Trockenperiode. Hier unterscheiden sich die Betriebe im Verfahren des Trocken­stellens, der Haltung, Fütterung und Länge der Trockenstehzeit erheblich. Die Neuinfektions- und Heilungsrate in der Trockenperiode sind Kennzahlen, die das gesamte Verfahren objektiv bewer­ten. Die Anwendung prophylaktischer Maßnahmen, wie antibiotische Trocken­steller und Zitzenversiegler, geraten ge­nauso auf den Prüfstand wie die Hal­tungshygiene in der gesamten Trocken­periode bis h in zur Abkalbung.

Die Erstlaktierendenmastitisrate ist nach zwei Jahren Aufzucht die ers­te Kennzahl zur Eutergesundheit ei­ner Milchkuh. Die Ursachen einer dies­bezüglich bestehenden Problematik sind vielfä ltig und setzen voraus, dass man den Milchkuhstall verlässt, um die ,,Blackbox" der Kälber- und Jungrinder­aufzucht transparenter zu gestalten. Be­reits hier sind mögliche Ursachen einer späteren Euterproblematik in einer man­gelnden Versorgung der Milchkälber zu finden. Natürlich spielen auch insbe­sondere bei den Färsen alle Faktoren der Haltung und Fütterung im Abkalbebe­reich eine Rolle.

Ab wann ein Tier als chronisch eu­terkrank gilt, war in der Vergangen­heit im Beratungsgespräch oft ein strit­tiger Diskussionspunkt. Erst einheit­liche, wissenschaftlich fundierte Vor­gaben machen eine Bewertung des An­teils euterkranker Tiere mit schlech­ten Heilungsaussichten im mon atli­chen Verlauf innerbetrieblich und im Vergleich überbetrieblich sinnvoll. Die Darstellung der Einzeltiere fokus­siert sowohl den Landwirt als auch den Tierarzt auf die entsprechenden Tie­re und erleichtert gemeinsam mit den einzeltierbezogenen zusätzlichen Di­agnose- und Behandlungsdaten die Ent­scheidung für ein weiteres Vorgehen.

Welche Kennzahlen liefert der Eutergesundheitsbericht?

1. Anteil eutergesunder Tiere = Anteil der Tiere mit::; 100.000 Zellen/ml an allen laktierenden Tieren in der aktuellen MLP.

2. Neuinfektionsrate in der Laktation = Anteil der Tiere mit> 100.000 Zellen/ml in der aktuellen MLP an allen Tie­ren mit::; 100.000 Zellen/ml in der vorherigen MLP.

3. Neuinfektionsrate in der Trockenperiode = Anteil der Tiere mit> 100.000 Zellen/ml in der ersten MLP nach der Kalbung an allen Tieren mit::; 100.000 Zellen/ml zum Trockenstellen.

4. Heilungsrate in der Trockenperiode = Anteil der Tiere mit::; 100.000 Zellen/ml in der ersten MLP nach der Kalbung an allen Tieren mit> 100.000 Zellen/ml zum Trockenstellen.

5. Erstlaktierendenmastitisrate = Anteil der Erstlaktierenden mit> 100.000 Zellen/ml in der ersten MLP nach der Kalbung an allen Erstlaktierenden in einem Jahr.

6. Anteil chronisch euterkranker Tiere mit schlechten Heilungsaussichten = Anteil der Tiere, die jeweils > 700.000 Zellen/ml in den letzten 3 MLP aufwei­sen, an allen aktuell laktierenden Tieren.

M edikamenteneinsatz optimieren

Neben der Zielstellung, die Gesund­heit und Robustheit der Milchkühe zu verbessern, ist es ein weiteres allgemei­nes betriebliches Bestreben, den Medi­kamenteneinsatz zu optimieren. In Thü­ringen werden bereits seit 10 Jahren in zahlreichen Betrieben Gesw1dheitsda­ten erfasst, aktuell bereits von 30 % al­ler Thüringer Milchkühe. In diesen Be­trieben wissen wir insbesondere wie viel Prozent des Bestandes eine Euter­entzündung, d . h. Mastitiserkrankung in den letzten 12 Monaten hatten und vor allem, wie häufig und intensiv eine Behandlung notwendig war. Gemein­sam mit dem Eutergesundheitsbericht und den Diagnosen zur Mastitiserkran­kung kann der Betrieb konkrete Aussa­gen zum Status der Eutergesundheit tref­fen und gemeinsam mit dem Tierarzt Behandlungsstrategien prüfen. So ist ein Milchkuhbestand mit geringen Zel­len, aber einem hohen Anteil an Tieren mit Mastitisdiagnose genauso wenig er­wünscht wie ein Milchkuhbestand mit hohen Zellen und einem nur geringen Behandlungsaufwand. In beiden Fällen sind gezielte Maßnahmen über den Tier­arzt und Herdenmanager einzuleiten. Hier werden theoretische Kennzahlen mit praktischen Daten verknüpft. Diese liefern gerade hinsichtlich des sinnvollen Medikamenteneinsatzes, d. h. bezüglich

der Intensität und des Erfolges, einen Mehrwert an Informationen.

Fazit

Der Eutergesundheitsbericht ist in je­dem Fall eine gelungene Investition in die Zukunft. Das Bestreben der Landwir­te, sich nicht mehr mit den 25 % besten Betrieben in der Milchleistung, sondern mit den 25 % Betrieben mit der niedrigs­ten Herdenzellzahl zu vergleichen, wird in zahlreichen Beratungsgesprächen deutlich. Der Eutergesundheitsbericht und speziell in Thüringen der Gesund­heitsbericht, der u. a. den Anteil aller be­handelten Mastitisdiagnosen ausweist, sind gemeinsam ein erfolgreiches Instru­ment, die Gesundheit und Nutzungsdau­er unserer Milchluihbestände zu verbes-sern.

•KONTAKT•••

Dr. Ute Philipp

Thüringer Verband für Leistungs- und Qualitätsprüfungen in der Tierzucht e. V. (TVL), Meiningen

Telefon: 0163 7497738 [email protected]

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EUTERGESUNDHEIT

Welche Kosten verursachen Mastitiden?

Störungen der Eutergesundheit gehören zu den häufigen Erkrankungen der Milchkühe. Auch wenn die deutschen Milchkühe in den letzten Jahren messbar eutergesünder werden, treten noch immer Euter­erkrankungen auf. Diese können subklinisch (nicht direkt sichtbar - nur anhand der Zellzahl identifi­zierbar) oder klinisch (direkt sichtbar z.B. durch Flocken in der Milch oder andere Veränderungen der Milch, der Milchdrüse oder der Allgemeingesundheit des Tieres) sein. Verursacht werden Störungen der Eutergesundheit überwiegend durch Mikroorganismen, aber auch durch Verletzungen oder che­mische Reize.

Volker Krömker und Jan-Hendrik Paduch, Hochschule Hannover

Subklinische und klinische Mastiti­den verursachen hohe Kosten, die

sich aus Verlusten und direkten Ausga­ben zusammensetzen. Wesentliche Po­sitionen stellen die Kosten einer redu­zierten Milchleistung, die Verluste durch nicht lieferfähige Milch, Merzung bzw. Remontierung, Verbreitung eines Infek­tionserregers in einem Bestand, für die Therapie (Arzneimittel, Tierarztkosten) sowie das erhöhte Risiko für ein Tier, an anderen Gesundheitsstörungen zu er­kranken, dar (IDF, 2005).

Verluste

Euterentzündungen führen zu Milch­leistungsminderungen der betroffe­nen Drüsenkomplexe, die bis zur to­talen Stagnation der Milchproduktion auf diesem Viertel führen können. Im Mittel sinkt die produzierte Milchmen­ge von erkrankten Drüsenvierteln um ca. 30 %. Im Gegenzug können die be­nachbarten Drüsenviertel diesen Ver­lust durch Mehrleistung von bis zu 15 % in 14 Tagen zum Teil kompensieren. Der Umfang des Milchleistungsrück­ganges ist von der Art des verursachen­den Erregers, dem Umfang der Schädi­gung, dem Zeitpunkt der Schädigung, dem Alter der Kuh und der Anzahl er­krankter Euterviertel abhängig. Neben dem Leistungsrückgang fallen Verluste durch Hemmstoffrnilch, durch Mehrar­beit und durch eine erhöhte Remontie­rungsrate aufgrund von Störungen der Eutergesundheit sowie ggf. Abzüge vom Auszahlungspreis der Milch aufgrund der Überschreitung von Zellzahlgrenz-

Gesunde Euter führen zu deutlichen Kostenreduktionen, da Mastitiden die teuersten Er­krankungen in Milchviehbetrieben darstellen. Eine klinische Mastitis kostet zwischen 200 und 550 Euro. Foto: AgroConcept

werten an (Krömker 2000, Seegers et al. 2003).

Den ökonomischen Verlusten durch nicht abgelieferte Milch, die aufgrund ei­ner klinischen Mastitis oder von Hemm­stoffen nicht in die Lieferkette gelangen darf, stehen jedoch die weiterlaufenden Kosten für die Fütterung gegenüber (IDF 2005). Nicht lieferfähige Milch wird al­lerdings häufig zur Fütterung der Kälber als „kostengünstige" Alternative zum Milchaustauscher verwendet (IDF 2005), obgleich durch diese Praxis möglicher­weise Antibiotika-Resistenzen entstehen

und - falls kein Milchpasteur eingesetzt wird - die Eutergesundheitsstörungen verursachenden Mikroorganismen (ins­besondere Streptococcus agalactiae und Mycoplasmen) in einem Betrieb verbrei­tet werden können.

Aufgrund von Verarbeitungsbeschrän­kungen und Produktionsbelastungen durch zellzahlhohe Milch kommen wei­tere, nur schwer einschätzbare Verluste hinzu. So können auf der Ebene der Mol­kerei Ausbeuteverluste und sensorische Fehler, auf der Produktebene Haltbar­keitsprobleme entstehen.

8 • Milchpraxis Special Eutergesundheit 4/2016 (50. Jg. ) •

Einen beispielhaften Überblick über die wirtschaftlichen Verluste dmch Mas­titiden gibt die Abbildung (siehe Seite 10).

Ausgaben

Erhöhte Ausgaben entstehen für not­wendige diagnostische und therapeuti­sche Maßnahmen.

Verschiedene Arbeiten aus unter­schiedlichen Ländern beziffern die Mastitiskosten pro Kuh und Jahr einer Milchviehherde mit Werten von 60 bis 100 € (Huijps et al. 2008, Halasa et al. 2009, Hagnestam-Nielsen et al. 2009, Bar et al. 2012). Jeder klinische Mastitisfall verursacht Kosten zwischen 200 und 550 €(z.B. Steeneveld et al. 2011). Dabei ent­stehen die höchsten Kosten, wenn Masti­tiden im ersten Laktationsdrittel auftre­ten.

Hinzu kommt, dass Mastitiden die Entstehung anderer Gesundheitsstörun­gen begünstigen können. So kommt es nach Mastitiden z.B. zu Störungen der Fruchtbarkeit (längere Güstzeit, höhe­rer Besamungsindex, niedrigere Träch-

EUTERGESUNDHEIT

Eine langfristige Senkung der l<osten von Mastitiden gelingt nur, wenn die Neuinfektions-rate in der Laktati~n und in der Trockenperiode sinkt. Foto: landpixel

tigkeitsraten und höhere Embryosterb­lichkeit (Barker et al. 1998, Schrick et al. 2001, Chebel et al. 2004, Santos et al. 2004, McDougall et al. 2005, Lavon et al. 2011)).

Untersuchungen aus Niedersachsen kommen zu dem Ergebnis, dass die mas­titisbedingten Kosten jeden Liter produ­zierter Milch mit 1,5 bis 2 Cent belasten (EGD 2003, Krömker 2015). Damit sind

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EUTERGESUNDHEIT

Abbildung: Kalkulation der durch Mastitiden verursachten wirtschaftlichen Verluste für einen Beispielbetrieb mit 100 Künen

Tierarztkosten 1 %

Hemmstoffmilch 3 %

Arzneimittel 4 %

Remontlerungskosten 37%

Mehrarbeit 1 %

verringerte Milchproduktion 54 %

Beispiel bei 9.000 kg laktationslelstung, 30 % Remontierungsrate, ca. 200.000 Zellen/ml HSM, 40 % klln. Mastitisfälle = 19.800 € Mastltisgesamtkosten

die Kosten durch Mastitiden pro Kuh einer Herde größer als die Kosten von Lahmheiten oder Fruchtbarkeitsstörun­gen.

Auch wenn eine vollständige Realisie­rung dieser Beträge sicher nicht wahr­scheinlich ist, zeigen Spitzenbetriebe, dass eine Realisierung von mindestens 1 Cent pro kg Milch bei sehr hohen Leis­tungen möglich ist.

Weiterhin ist zu berücksichtigen, dass bei Wiederholungsfällen in einer Lakta­tion die direkten Kosten für die Behand­lung und durch die Verluste durch nicht lieferfähige Milch höher sind als bei Erst­fällen. Zurückzuführen ist dies vermut­lich auf die schlechtere Heilung der Wie­derholungsfälle und eventuell auf die längere Therapie (Pinz6n-Sänchez et al. 2011, Grieger et al. 2014).

Untersuchungen aus den Niederlan­den zeigen, dass Landwirte die wahren

Kosten von Mastitiden häufig unter­schätzen. Nur 8 % der Landwirte schät­zen die Kosten von Mastitiden für ihre Betriebe richtig ein und 71 % der Land­wirte unterschätzen diese (Hogeveen et al. 2014).

Maßnahmen der Verbesserung

Eine langfristige Verringerung der Kosten von Mastitiden gelingt nur, wenn die Neuinfektionsraten der Milchdrüsen in der Laktation und in der Trockenpe­riode sinken. Diese Größen lassen sich einfach kontrollieren, da sie im Rahmen der Milchleistungsprüfung ermittelt und ausgewiesen werden.

Eine Senkung der Neuinfektionsraten kann durch verbesserte Standards der täglichen Arbeit erreicht werden. Hierzu gehören vor allem:

1 0 Milchpraxis Special Eutergesundheit 4/2016 (50. Jg.)

• die Stall- und Boxenhygiene, • die Melkarbeit und Melkhygiene, • die Fütterung und • die Behandlungs- und Merzungskon­

zepte.

Die Qualität dieser Standards ist messbar und somit bewertbar. Beim Vergleich von Betrieben mit geringen und mit durchschnittlichen Kosten durch Mastitiden ist feststellbar, dass Arbeitsstandards mit etwas höheren zeitlichen Aufwendungen für die oben genannten Bereiche einhergehen - die­se betreffen zum einen die Verrichtun­gen selbst, aber auch die Zeit, die zur Festlegung von Arbeitsabläufen und zur Kontrolle und Bewertung dieser erfor­derlich ist (Volli ng 2011). Für die Fest­legung der optimalen Konzepte ist eine externe Hilfe sinnvoll . Investitionen in Standardverbesserungen gehen nahezu immer mit reduzierten Mastitiskosten einher. Für jeden hier investierten Euro kommt es zu verringerten Mastitiskos­ten von 1,5 € bis 5,0 €.

Die Literatur ist bei den Verfassern erhältlich. «

• Fazit Mastitiden sind wahrscheinlich die teuersten Erkrankungen in Milchvieh­herden . Die Verbesserung der Euter­gesundheitssituation eröffnet Mög­lichkeiten zur deutlichen l<ostenre­duktion . Die Verbesserung der Ar­beitsstandards ist dabei der effektivs­te Schlüssel. Der dabei unter Umstän­den notwendige höhere Zeitaufwand wird in der Regel deutlich ökonomisch kompensiert.

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Prof. Dr. Volker l<römker Dr. Jan-Hendrik Paduch

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EUTERGESUNDHEIT

Einfluss des Betriebsmanagements auf die Eutergesundheit

Mit größer werdenden Herden nimmt auch die Komplexität der Arbeit rund um die Tiere zu. Während das Einzeltier in vielen Betrieben nach wie vor im Mittelpunkt der Arbeit steht, gewinnt bei zuneh­menden Tierzahlen die Vorbeugung von Erkrankungen auf Herdenebene an Bedeutung. Diese Verän­derung des Managements lässt sich am Beispiel der Eutergesundheit sehr gut darstellen, da sowohl vermehrte Einzeltiererkrankungen (also klinische Mastitis) ebenso wie insgesamt erhöhte Zellzahlen den wirtschaftlichen Erlös, die Herdenstruktur und nicht zuletzt die Arbeit an den Tieren, beispiels­weise im Melkprozess, stark bestimmen.

Dr. Joachim Lübbo Kleen, Cowconsult, Uplengen

Relevante Faktoren

So vielfältig das Betriebsmanagement eines Milcherzeugers ist, so verschieden sind auch die Einflüsse auf die Euterge­sundheit der Herde. Eine erschöpfen­de Darstellung erscheint kaum möglich, aber es sollen im Folgenden einige beson­ders wichtige Aspekte beleuchtet werden, die die zwei relevanten Faktoren der Eu­tergesundheit beeinflussen: Die Neuin­fektionsrate und den Anteil auffälliger Tiere. Diese Faktoren stellen gewisser­maßen die zwei Seiten der Eutergesund-

heit einer Herde dar: Während die Neu­infektionsrate angibt, wie viele Tiere in­nerhalb einer bestimmten Zeitspanne eine neue Euterinfektion erleiden, wird der Anteil euterkranker Tiere maßgeb­lich von der Heilung und Entfernung der auffällig gewordenen Tiere bestimmt, denn je weniger euterkranke Tiere durch Selbstheilung, erfolgreiche Therapie oder letztlich auch zielgerichtete Merzung aus dieser Gruppe herausfallen, umso stär­ker wird der Anteil dieser Gruppe an der Gesamtherde steigen. Es mag hierbei zu­nächst erstaunen, Merzung als Maßnah-

In Zusammenarbeit mit dem Tierarzt sollte ein Betrieb regelmäßig seinen Leitkeim bestim-men lassen, damit man bei Bedarf gezielte Therapien durchführen kann. Foto: /andpixel

me aufgelistet zu sehen, doch sollte die Entfernung von Tieren aus der Milchpro­duktion als Teil des Eutergesundheitsma­nagements verstanden werden.

Regelmäßige Datenanalyse

So geben die Eutergesundheitsberich­te innerhalb der Milchleistungsprüfung (MLP) mittlerweile regelmäßig die Tie­re an, die dreimal in Folge eine Zellzahl von mehr als 700.000 Zellen/ml aufwei­sen. Diese Tiere sind als unheilbar an­zusehen, daher sollten Therapieversuche bei diesen Tieren unterbleiben und die Tiere baldmöglich gemerzt werden. Die­se Maßnahme kann nicht nur schnell die Gesamt-Zellzahl der Herde senken, sie reduziert je nach Erregerlage unter Um­ständen auch das Ansteckungsrisiko für andere Tiere und kann dabei helfen, Res­sourcen des Betriebes auf die Tiere zu lenken, bei denen eine Heilungsmöglich­keit besteht. üblicherweise wird mit Hei­lung erkrankter Tiere natürlich die Be­handlung euterkranker Tiere verbunden. Auf die Einzelheiten der Mastitisthera­pie kann und soll hier nicht im Detail eingegangen werden, allerdings betref­fen die Voraussetzungen einer erfolgrei­chen und zeitgemäßen Behandlung von Eutererkrankungen auch unmittelbar das Betriebsmanagement: Eine regelmä­ßige Analyse der Eutergesundheitsdaten, wie sie in der MLP erhoben werden, lenkt den Blick auf die Tiere, die einer Unter­stützung bedürfen, und schafft Klarheit über die kurz- und langfristigen Verän­derungen in der Eutergesundheit.

• Milchpraxis Special Eutergesundheit 4/201 6 (50. Jg.) 11

EUTERGESUNDHEIT

Melkhygiene: Zitzen mit speziellen Eutertüchern reinigen, saubere Handschuhe tragen und

Kühe mit hoher Zellzahl zuletzt melken. Foto: agrarfoto

Zusammenarbeit mit dem Tierarzt betreuenden Tierarzt erfolgen, um so auch den Erfolg bisher durchgeführter Maßnahmen besser abschätzen zu kön­nen. Ebenso in Abstimmung mit dem

Idealerweise sollte diese Auswertung der Daten in Zusammenarbeit mit dem

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Tierarzt sollte regelmäßig die Bestim­mung des sogenannten „Leitkeims" der Herde erfolgen. Hierbei wird anhand ei­ner passenden Stichprobe von bakterio­logisch zu untersuchenden Milchproben auffällig gewordener Tiere festgestellt, welche Erreger die Erkrankungen in der Herde verursachen und welche Maßnah­men, insbesondere in der Therapie, da­raus abzuleiten sind: Diese sind bei so­genannten „kuh-assoziierten" Erregern grundsätzlich anders als bei den „um- t weit-assoziierten" Erregern. Auch für die Auswahl passender Arzneimittel durch ij den Tierarzt ist die Information über den Leitkeim von überragender Bedeutung. Dies spielt insbesondere im Trockenste­hermanagement eine Rolle.

Besonderes Augenmerk gilt der Trockenperiode

Die Trockenperiode kann allgemein als die Phase im Laktationszyklus an­gesehen werden, in der eine echte Hei­lung von euterkranken Tieren am bes­ten möglich ist. Ein vom Tierarzt ziel­gerichtet ausgewählter antibiot ischer Trockensteller kann die Heilungswahr­scheinlichkeit ebenso erhöhen wie der Einsatz von nicht antibiotischen Zit­zenversieglern. Der Effekt von Maßnah­men rund um die Trockenperiode lässt sich ebenfalls gut mithilfe des Euterge­sundheitsberichtes der MLP-Auswer­tung beobachten. Die Grundlage einer eutergesunden Herde mit einem gerin-

Dermatologisch getestet

gen Anteil euterkranker Tiere und ent­sprechend niedriger Gesamt-Zellzahl ist also vor allem das-Monitoring der Ge­samt-Situation durch MLP-Auswertung und die Kenntnis der Erregerlage. Nur diese Informationen ermöglichen ein zielgerichtetes und wirksames Manage­ment der Eutergesundheit auf Betriebs­ebene.

Melkhygiene

Auch die Neuinfektionsrate ist von be­sonderer Bedeutung: Je mehr Tiereinei­nem bestimmten Zeitraum, also etwa von MLP zu MLP, ein Eutergesundheits­problem entwickeln, desto mehr klini­sche Euterentzündungen werden auftre­ten, und auch die Gesamt-Zellzahl wird umso schneller steigen. Das Betriebsma-· nagement kann die Neuinfektionsrate in verschiedener Weise reduzieren. Hierbei ist wiederrum der Leitkeim innerhalb der Herde zu berücksichtigen, da eu­terpathogene Organismen wie z.B. Std­phylococcus aureus insbesondere wäh­rend des Melkvorgangs übertragen wer­den. Die bekannten Elemente einer guten Melkhygiene sind hier von besonderer Bedeutung: Die Vorreinigung der Zitzen mit kuh-individuellen Tüchern, saube­re Handschuhe und eine sinnvolle Melk­reihenfolge, die Kühe mit hoher Zell­zahl zuletzt in den Melkstand lässt, sind als Maßnahmen auf jedem Betrieb um­zusetzen und zu relativ geringen Kosten wirksam in der Verringerung von Neu­infektionen.

W ie steht es um die Fütterung?

Die Fütterung spielt sicherlich eine wichtige Rolle in der Tiergesundheit all­gemein, jedoch sollte die unmittelba­re Wirkung von Fütterungsfehlern auf die Eutergesundheit nicht überschätzt werden. In jedem Fall ist die Fütterung aber dort von höchster Wichtigkeit, wo diese die Stoffwechselgesundheit beein­flusst. Kommen Tiere also beispielswei­se mit einer ungünstigen Körperkondi­tion (engl.: body condition score, BCS) zur Abkalbung, so steigt ihr Risiko, eine klinische oder subklinische Stoffwech­selstörung (Ketose) zu entwickeln. Die­se hat auch Einfluss auf die Infektions­abwehr im Euter und begünstigt so ver­mehrte Neuinfektionen in der Transit­periode. Eine regelmäßige Überprüfung des BCS und damit verbunden der Tro­ckensteherfütterung als Teil der Stoff-

wechselkontrolle ist daher auch als zen­trales Element des Eutergesundheitsma­nagements zu sehen.

Worauf kommt es bei der Stallhygiene an?

Insbesondere bei Eutererkrankungen, die durch sogenannte „Umweltkeime" verursacht werden, gewinnt die Stall­und Tierhygiene eine besondere Bedeu­tung. Auch hier kann, z.B. durch regel­mäßige Hygienescores, eine Überprü­fung als Teil des Managements erfolgen. Die Liegeflächen der Tiere beeinflussen deren Hygienestatus unmittelbar. All­gemein ermöglichen Tiefboxen, die mit Strohmischungen, Sand oder auch ange­trockneten Produkten wie z.B. Gärresten gefüllt werden, eine bessere Hygiene am Tier und insbesondere am Euter. Für al­le Einstreusubstrate gilt allerdings, dass sie eine regelmäßige Pflege der Liegebox durch Glätten und Nachstreu verlangen, insbesondere um ein „Versumpfen" der Box zu verhindern. Insbesondere Rest­produkte werden häufig kritisch gesehen, ermöglichen aber bei guter Boxenpflege eine hervorragende Eutergesundheit des Bestandes. Zu beachten ist hierbei die Kategorisierung dieser Substrate als bio­logischer Produktionsrest. Auch „Hoch­boxen", also erhöhte Liegeflächen mit einer Auflage, ermögl.ichen grundsätz­lich eine gute Hygiene am Tier. Hier gilt umso mehr, dass Pflege die Vorausset­zung für den Erfolg ist. Bei der Wahlei­ner Ein- bzw. Aufstreu ist hierbei vor al­lem auf eine feuchtigkeitsbindende Wir­kung des gewählten Substrates zu achten, um die Entstehung eines stark haftenden Schmierfilms zu verringern. Sägemehl ist wegen der oft hohen Keimbelastung und abrasiven Wirkung kritisch zu sehen, be­währt hat sich dagegen fein gemahlenes (nicht gehäckseltes!) Stroh. Dies kann, z.B. in Kombination mit anderen Subs­traten regelmäßig nachgestreut, auch auf Gummi- oder Kunststoffflächen für eine gute Hygiene am Euter sorgen und so die Neuinfektionsrate reduzieren. <<

aKONTAl<T •••

Dr. Joachim Lübbo Kleen

Cowconsult , Uplengen

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Höhere Konzeptionsrate bei der ersten Besamung

Weniger Besamungen bis zur Trächtigkeit

Höhere Trächtigkeitsrate am Tag 120 nach der Kalbung

Außerdem: erhöhte bakterio­logische Heilungsrate

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Quelle: ' McDougall er ol. Addition or meloxicam lo the

treatment of clinical mastllis lmprolles subsequent reproductive perfermance. Akzeptiert Im Journal of Dalry Sclence.

EUTERGESUNDHEIT

Ein verdrehtes Melkzeug führt zu einer ungleichmäßigen Viertelbelastung und somit zu langen Blindmelkzeiten einzelner Euterviertel.

Wie beeinflusst die Melktechnik die Eutergesundheit?

Während des Melkvorgangs gibt es viele Faktoren, die Einfluss auf die Milchqualität bzw. damit ein­hergehend Einfluss auf die Eutergesundheit nehmen. Was vor, während und nach dem Melkprozess genau zu beachten ist, erläutert der folgende Beitrag.

Jürgen Oe/gesch/äger, Landwirtschaftskammer Niedersachsen

Die Gewinnung von Qualitätsmilch · hat in der heutigen Zeit auf den

Milcherzeugerbetrieben einen hohen Stellenwert erreicht. Dies beginnt schon mit dem Eintrieb in den Melkstand und sollte mit der nötigen Ruhe und Gelas­senheit erfolgen. Bei einem vorgelager­ten Vorwartehof sollte dieser nicht grö­ßer sein, dass die Wartezeit nicht über 1,5 Stunden hinausgeht. Für den Platzbedarf sind min. 1,5 m2 pro Kuh zu kalkulieren. Bei einer Nachtreibehilfe sollte diese mit einem akustischen Signal ausgerüstet sein. Auf den Einsatz von Strom sollte in diesem Bereich verzichtet werden.

Richtiges Anmelken

Bekanntermaßen handelt es sich bei Das Vormelken erfolgt korrekterweise in der Milchabgabe um einen neurohor- den Vormelkbecher.

14 • Milchpraxis Special Eutergesundheit 4/2016 (50. Jg.) •

monell gesteuerten Vorgang, dem durch eine entsprechende Stimulation Rech­nung getragen werden muss. Beim Vor­melken mit Melkerhandschuhen reichen 2-3 kräftige Milchstrahlen aus, um die Zitzenzisternenmilch abzumelken und diese dann auf sinnfällige Veränderun­gen prüfen zu können. Für die Zitzenrei­nigung haben sich trockene oder schleu­derfeuchte Mehrwegtücher bewährt, die in der Zwischenmelkzeit gewaschen wer­den und zur nächsten Melkzeit wieder zur Verfügung stehen. Selbstverständlich wird jeweils ein Tuch pro Kuh benutzt. Bei der Verwendung von gebrauchsfer­tigen, feuchten Eutertüchern sollten Sie darauf achten, dass die Reinigungslö­sung keinen Alkohol enthält, da dieser zum Austrocknen der Zitzenhaut neigt und diese auflange Sicht spröde und ris­sig werden lässt.

Positionierung des Melkzeuges

Nach dem Ansetzen der Melkzeuge ist eine gute Positionierung des Melkzeu­ges von großer Bedeutung. Ist eine aus­reichende Positionierung bei herkömm­lichen 30°-Melkständen oder Tandem­melkständen durch den Einsatz eines Servicearms gegeben, mehren sich dies­bezüglich die Probleme bei den Melk­standformen, bei denen das Melkzeug durch die Hinterbeine der Kühe ange­setzt wird! Hier sind insbesondere der 50°-Fischgrätenmelkstand, der Side-by­Side-Melkstand und der seit mehreren Jahren vermehrt installierte Swing-Over­Melkstand zu nennen. Es gilt, durch ge­eignete Maßnahmen das Gewicht des langen Milchschlauches abzufangen und durch eine gute Milchschlauchführung ein Verdrehen des Melkzeuges zu verhin­dern. Beides führt bei Nichtbeachten zu einer ungleichmäßigen Viertelbelastung des Euters und somit zu einem unter­schiedlich schnellen Ausmelken der ein­zelnen Euterviertel.

Zitzengummis

Grundsätzlich wird bei Zitzengum­mis nach Größe, Material, Festigkeit, und Form unterschieden. Um den für die Herde passenden Zitzengmmni zu fin­den, sollte in regelmäßigen Abständen ei­ne Zitzenbonitur durchgeführt werden. Bei der Größe des Zitzengummis sind der Kopflochdurchmesser und der Schaft­durchmesser entscheidend. Ein passen­des Kopfloch vermeidet Einschnürungen an der Zitzenbasis der Zitze, ein passen­der Schaft sorgt für eine möglichst lange Haftreibung zur Zitze und verhindert ein vorzeitiges „Klettern" des Zitzenbechers.

Vakuum und Pulsation

Das Betriebsvakuum ist die Vakuum­höhe, die auf dem Manometer im Melk­stand regelmäßig abgelesen wird bzw. werden sollte. Um die richtige Einstel­lung zu bestimmen, bedarf es jedoch einer Messung unter Melkbedingun­gen ! Um zügig und gleichzeitig euter­schonend zu melken, sollten im kurzen Milchschlauch, bei vollem Milchfluss, Werte zwischen 35-40 kPa erreicht wer­den (siehe Abb. 1). Hohen Einfluss haben in diesem Zusammenhang die Lage der Milchleitung - hoch oder tief verlegt -und der Einfaltdruck (Festigkeit) des Zit­zengummis.

EUTERGESUNDHEIT

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Grundsätzlich wird bei der Pulsati­on zwischen Wechsel- und Gleichtakt­pulsation unterschieden. Weitere Kenn­zahlen sind die Taktzahl, die besagt, wie oft das Zitzengummi pro Minute öffnet und schließt, und sie gibt das Pulsver­hältnis an. Das Pulsverhältnis gibt Aus­kunft darüber, wie lange das Zitzengum­mi pro Takt geöffnet bzw. geschlossen ist, und wird in Prozentpunkten ange­geben - Öffnen und Schließen pro Zeit­einheit ergeben immer 100 %, z.B. 60:40 oder 65:35. Probleme bereiten in der Pra­xis Pulsatoren, die vornehmlich in der Melkphase keine ausreichende Vakuum-

Dauer [ms]

stabilität erreichen. Das heißt, es kommt zu einem kurzen Vakuumabfall und in der Druckphase, wo eigentlich Nullva­kuum herrscht, ist ein kurzzeitiger Va­kuumanstieg zu verzeichnen.

Die beschriebenen Einflussfaktoren der Mell<technik auf die Eutergesund­heit - Auswahl des Zitzengummis, Hö­he des Betriebsvakuums, Einstellung der Pulsation - spiegeln sich in der Zit­zenkondition wider, die unmittelbar nach der Melkzeugabnahme und in re­gelmäßigen Abständen beurteilt wer­den sollte. Dieses Scoring beinhaltet die Ringbildung an der Zitzenbasis, Rot-

Der Luftfilter der Pulsatorfrischluftleitung - angebracht im Kopfbereich der Kuh - kann dafür sorgen, dass Kühe den Melkstand nicht gern betreten.

• Milchpraxis Special Eutergesundheit 4/2016 (50. Jg.) • 15

EUTERGESUNDHEIT

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Dr. Heinz-Peter Pütz (Chefredakteur und V.i.S.d.P. verantwortlich für den Inhalt), Dipl.- Ing. agr. Günter W eiß (stellv. Chef­redakteur), M.Sc. agr. Vanessa Aufmkolk, E-Mail: [email protected]

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Titelfoto: DLG

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und Blaufärbungen der Zitzen und den Grad der Hyperkeratosen. Zitzenkon­ditionsstörungen mindern die Erreger­abwehr der Zitzen und lassen so Masti­tiden entstehen. Ist die Melkanlage gut eingestellt, sollten die Zitzen nach dem Melken genauso aussehen wie vor dem Melken.

Reinigung und Desinfektion

Nicht zuletzt die Reinigung und Des­infektion aller milchföhrenden Anlagen­teile und Geräte direkt nach dem Mel­ken ist ein Grund für das hohe Maß an Qualität. In der Regel übernehmen Rei­nigungsautomaten diese Aufgabe, die aus Vorspülen, Reinigung und Desinfektion sowie Nachspülen besteht (siehe Abb. 2), aber auch hier gilt: ,,Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser".

Verschiedene Reinigungsarten kom­men heutzutage zum Einsatz. Dies sind

16 Milchpraxis Special Eutergesundheit 4/2016 (50. Jg.) •

die Zirkulationsreinigung, die Ko­chendwasserreinigung und die Stapel­reinigung. Bei der Zirkulationsreini­gung durchströmt die Reinigungslösung (Wasser+ Reinigungs- und Desinfekti­onsmittel) mehrmals die Anlage. Bei der Kochendwasserreinigung durchläuft das heiße Wasser unter Zusatz einer Salzlö­sung einmalig die Anlage. Bei der Stapel­rein igung handelt es sich auch um eine Zirkulationsreinigung, mit der Beson­derheit, dass das Nachspülwasser aufge­fangen und für die darauffolgende Vor­spülung genutzt wird. Grundsätzlich gilt es zunächst, die Milchreste aus der Anla­ge zu entfernen, danach zu reinigen und zu desinfizieren, um anschließend mit klarem Wasser von Trinkwasserqualität nachzuspülen.

Um alle milchführenden Teile einer Anlage zu reinigen, ist es notwendig, dass das Wasser bzw. die Reinigungslö­sung das Milchleitungssystem und die angeschlossenen Bauteile (Melkzeuge) mit ausreichender Turbulenz durch­strömt. Im Gegensatz zum Melken, wo der Schichtenmilchfluss einen scho­nenden Milchabtransport gewährleistet und die Vakuumversorgung zum Melk­zeug sicherstellt, muss bei der Reinigung ein Spülpfropfen im Milchleitungssys­tem erzeugt werden, der unter anderem durch die Luftförderleistung der Vaku­umpumpe bestimmt wird. Gerade bei großen Milchleitungsquerschnitten oder Anlagenerweiterungen ist diese Leistung wichtig. Die DIN/ISO spricht hier vom „Luftbedarf der Reinigung". Zusätzlich werden bei größeren Anlagen Luftinjek­toren eingesetzt, die durch Einströmen atmosphärischer Luft diesen mechani­schen Reinigungseffekt unterstützen.

Die bei der Reinigung von Melkanla­gen verwendeten Reinigungsmittel be­nötigen eine ausreichende Einwirkzeit. Bei der üblichen Zirkulationsreinigung sind während der Hauptreinigung meist 15-20 min notwendig. Da in dieser Zeit Wärmeverluste auftreten können, ist entweder eine hohe Ausgangstempera­tur oder aber eine Nachheizeinrichtung erforderlich. Bei älteren Reinigungsauto­maten, die während der Hauptreinigung die Reinigungslösung aufheizen, ist die Einwirkzeit entsprechend länger. Eine Ausnahme bildet die Kochendwasserrei­nigung, deren gesamte Dauer ca. 7 Minu­ten beträgt. Bei dieser Art der Reinigung muss in allen milchführenden Anlagen­teilen über einen Zeitraum von mind. 2 Minuten eine Temperatur von 77 °Cer-

Kontrolle der Reinigungsmittelmenge.

reicht werden, um eine desinfizierende Wirkung durch das heiße Wasser zu ge­währleisten.

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Mehrkanalmessung am Melkzeug.

Für die Reinigung von Melkanlagen kommen alkalische (z.B. Kali- oder Nat­ronlauge) und saure (z.B. Phosphor-

EUTERGESUNDHEIT

Melkanlagen müssen regelmäßig gepflegt und gewartet werden - hier eine verdreckte Vakuumregeleinheit. Fotos: Oe/geschläger

säure) Mittel zum Einsatz, wobei meist kombinier te Reinigungs- und Desin­fektionsmittel verwendet werden. Die

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EUTERGESUNDHEIT

Wartungscheckliste Mel kan lagen

Täglich

Lufteintrittsbohrung am Milchsammelstück auf freien Durchlass überprüfen - WICHTIG: auch bei viertelspezifischem Lufteinlass (z.B. BioMilker, Zitzengummis mit Kopfbelüftung oder Belüftung an den kurzen MIichschiäuchen)

Kontrolle des Betriebsvakuums - zusätzliches Vakuummeter im Melkstand zur Kontrolle während des Melkens

Zitzengummis sowie Milch- und Luftschläuche auf Beschädigungen prüfen

Melkzeugpositionierung während des Melkens (Schläuche verdreht?)

Exemplarische Funktionskontrolle einer Melkeinheit (Taktzahl Pulsator)

Kontrolle des Milchfi lters nach dem Melken

Wiedereinsetzen eines gereinigten bzw. sauberen Filters vor Beginn der Anlagenreinigung, bei der Installation eines Rohr­oder Plattenkühlers

14-tägig

Ölstand und Keilriemenspannung der Vakuumpumpe kontrollieren - Wasserstand bei Wasserringpumpen

Automatische Entwässerung am Vakuumbehälter kontrollierefl

Halbjährlich

Zitzengummiwechsel entsprechend den Herstellerangaben -i.d. R. nach 750 Betriebsstunden bei Nbr-Zit zengummis bzw. 1500 Betriebsstunden bei Silikonzitzengummis, das entspricht in etwa 2500 bzw. 5000 Melkungen

WICHTIG: bei zusätzlich verwendetem Kannenmelkzeug ­Gummialterung der Zitzengummis, Milch- und Luftschläuche und der Deckeldichtung berücksichtigen!

Frischluftversorgung der Pulsatoren kontroll ieren - Luftfi lter reinigen

Luftfilter am Vakuumregelventil reinigen - je nach Staub­belastung auch öfter

Melkanlagenreinigung kontrollieren:

Dosierung der Reinigungsmittel

Rücklauftemperatur der Reinigungslösung

Kontrolle des Milchlagertanks und der Kühlung

Lager- und Reinigungstemperatur

Frisch luftzufuhr am Kühlaggregat

Jährlich

Alle milchführenden Gummiteile ersetzen

Melkanlagenprüfung entsprechend gültiger Norm -DIN/ISO 6690

Anlagenservice und Austausch von notwendigen Verschleißteilen durch autorisiertes Fachpersonal

18 Milchoraxis Soecial Eutere-esundheit 4 /2016 (50. Je-.l

erledigt

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wird erledigt bis ...

alkalische Rein igungslösung versei ft Milchfett und löst Proteine, die saure Reinigungslösung entfernt m ineralische Ablagerungen. Das DLG -Gütezeichen gibt einen Anhaltspunkt für die Qualität der R + D-Mittel, denn diese Mittel wer­den kontinuierlich auf d ie Einhaltung ihrer Rezeptur, die rein igende und des­infizierende Wirksamkeit, die Material­vert räglichkeit und das Schaumverh al­ten getestet.

Bei der Zirkulationsreinigung werden mit „handwarmem" Wasser die M ilch­reste aus der Melkanlage entfernt (Vor­spülen). Die Hauptreinigung sta rtet -wie bereits beschrieben - mit einer ho­hen Ausgangstemperatur (z.B. 55-60 ~C), wobei hier norm alerweise das vor­gewärmte Wasser aus der Wärmerückge­winnung genutzt wird. Das Heizsystem im Rein igungsautomat soll te eine Rück­lauftemperatur von mindestens 40 °C si­cherstellen. Das Nachspülen erfolgt mit klarem, kaltem Wasser von Trinkwasser­qualität. «

• Fazit .

Ein ruhiger und tiergerechter Umgang mit den Kühen, eine praktikable und zweckmäßige Melkroutine sowie eine gut eingestellte Melkanlage mit ent­sprechender Reinigung und Desinfek­t ion verhelfen zu einem zügigen und g leichzeit ig euterschonenden , ma­schinellen Milchentzug und gewähr­leisten so die Voraussetzungen fü r ei­ne hohe Eutergesundheit.

KONTAKT•••

Jürgen Oelgeschläger

Fachberater Melktechnik Landwirtschaftskammer Niedersachsen [email protected]

EUTERGESUNDHEIT

Welchen Einfluss hat die Fütterung?

Gesunde, fruchtbare und leistungshomogene Färsen sind das Kapital der Zukunft. Von daher muss schon in der Färsenaufzucht ein entsprechendes Augenmerk auf die Fütterung gelegt werden. Dieser Beitrag beschreibt fütterungsbeeinflussende Faktoren auf die Eutergesundheit und gibt Tipps zur ge­zielten Vorgehensweise bei der Eingliederung von Erstkalbskühen.

Thomas Bonseis, Landesbetrieb Landwirtschaft Kassel

Durch die Kosten der Färsenaufzucht tritt der Milch produzierende Be­

trieb in Vorlage und erwartet eine ent­sprechende Amortisation. Dies bedeu­tet, dass Erstkalbskühe mind. 3,5 Lakta­tionen mit einer Lebensleistung von über 40.000 kg Milch (gemerzter Bestand) oder besser mehr als 15 kg Milch je Le­benstag erbringen müssen, um letztend­lich wirtschaftlich zu sein.

Hoher Jungkuhanteil

Die Situation in den Milchvieh-hal­tenden Betrieben stellt sich häufig an­ders dar. Betrachtet man die Zusam­mensetzung unserer Milchkuhherden nach Laktationen, liegt der Anteil der Erstkalbskühe bei knapp 35 %, der An­teil der ersten und zweiten Laktation zu­sammengefasst bei etwa 60 % an der Ge­samtherde.

Dieser hohe Jungkuhanteil kann, aus­gelöst z.B. durch „oxidativen Stress", ne­gative Auswirkungen auf die Immunität und damit auf eine erhöhte Infektionsan­fälligkeit der Herde haben, wie z.B. die Entwicklung der somatischen Zellzah­len zeigt. Zellzahlgehalte der Kühe in der 1. Laktation von über 150.000, bei den 2. laktierenden Kühen über 200.000 deu­ten auf Defizite sowohl in der Aufzucht als auch der Haltung und Fütterung hin. Eutergesunde Herden liegen bei un­ter 100.000 Zellen. Zudem mindern ho­he Zellzahlgehalte über 200.000 den Milchertrag um bis zu 2,0 kg/Tier/Tag! Die Gründe, warum Kühe aus der Pro­duktion ausscheiden, sind vielfältig. Al­lerdings sind Merzungen aufgrund von ,,Eutererkrankungen" nach „Unfrucht­barkeit" und „Klauen und Gliedmaßen" mit etwa 13- 15 % die dritthäufigste Ab­gangsursache.

In der Jungrinderaufzucht beugt ein Erstkalbealter von mindestens 24 Monaten und tägli­

chen Zunahmen von unter 900 g im 2 . Lebensjahr Stoffwechselprobleme und Verfettung

vor. Foto: landpixel

Zum anderen hat der hohe Anteil an Färsen natürlich auch Auswirkungen auf das Fütterungsregime dieser jungen Her­den und damit auf die benötigten Futter­qualitäten, insbesondere bei Grobfutter, zumal die Milchleistung gegenüber den letzten 10 Jahren uin etwa 1000 bis 1200 kg je Laktation angestiegen ist.

Aufzuchtintensität prägt

Die pränatale und früh-postnatale Energie- und Nährstoffversorgung be­einflusst nach Metges (2008) die weitere Entwicklung der Jungtiere. An der LLFG Iden wurde 2002 ein Aufzuchtversuch mit Kälbern durchgeführt und die Aus­wirkungen eines „tränkereduzierten" mit einem „herkömmlichen" Tränkever­fah ren auf die Milchleistung und die Ab-

gangsrate in der l. und 2. Laktation ver­glichen. Die Kühe aus dem „herkömm­lichen Tränkeverfahren" hatten eine um knapp 900 kg höhere Laktationsleistung sowie mit 40 % eine um 33 % niedrige­re Abgangsrate in der 1. und 2. Laktati­on. Die Versorgung der neugeborenen Kälber unmittelbar nach der Geburt mit Kolostrum in ausreichender Menge und Qualität führt zu einem Antikörperspie­gel von mehr als 8,0 Gramm je Liter Blut­serum. Wird dieser Antikörperspiegel nicht erreicht, kommt es zu einer erhöh­ten Erkrankungsrate und deutlich hö­heren Verlusten während der Aufzucht (Trilk u. Münch, 2010). Zudem hat die Erkrankungshäufigkeit negative Auswir­kungen auf die weitere Entwicklung der Tiere und damit auf das Erstkalbealter. Auch die Intensität der weiteren Auf­zucht zeigt deutliche Unterschiede. So

• Milchpraxis Special Eutergesundheit 4/2016 (50. Jg.) • 19

EUTERGESUNDHEIT

Abb. 1: Erkrankungszeitpunkte wirtschaftlich relevanter Milchkuhkrankheiten

'Abb. 2, Problemkreis Acidose - - - :

Nachgeburtsverhaltung • Ketose Labmagen • Gebärmutterentzündung . • Mastitis Klauen/Gliedmaßen

100

90

80

70 Pansen

~ 60

0 - • .... 50 C: ., N e 40 0.

wenig Essigsäure

• 30 Östrogenmangel

20 • Stillbrunst, schlechte

10 Follikelreifung

0

Strukturmangel in der Ration

• Übersäuerung der Schleimhäute

• Gebärmutter

f übermäßige

Keimbes iedlung

• Gebärmutter-enhündung

• Ausfluss

Milchdrüse

• Euter-entzündungen

0-30 Melktage 31-60 Melktage > 60 Melktage

Weigel. Universität Wisconsin in NL 1/2004

Störung des Allgemeinbefindens, Auftreten von Klauenkrankheiten (Mortellaro, Klauengeschwüre, Klauenrehe) etc.

wurde ebenfalls an der LLFG Iden (Fi­scher 2007) in einem Vergleich des Erst­kalbealters (EKA) bei Tieren mit einem EKA von 22,7 Monaten mit 15,8 % ei­ne doppelt so hohe Totgeburtenrate wie bei Tieren mit einem EKA von 24,4 Mo­naten festgestellt. Zu ähnlichen Ergeb­nissen kam man an der LLFG Köllitsch. Auch hier hatte die intensiv aufgezogene Gruppe (EKA 24,8 Monate) mit 13,4 % eine doppelt so hohe Totgeburtenrate wie die Kontrollgruppe (EKA 25,3 Monate). Fette Färsen haben gegenüber fetten Kü­hen ein höheres Risiko hinsichtlich Tot­geburten, wobei das Risiko bei fetten und gleichzeitig alten Färsen am höchsten ist (I. Steinhöfel 2011).

Auch hinsichtlich der Stoffwechselpa­rameter zeigten die intensiv aufgezoge­nen Tiere im Zeitraum um die Kalbung gegenüber der Kontrollgruppe deutlich höhere ß-Hydroxybutyrat-Gehalte, die für eine stärkere Mobilisation von Kör­perfett sprechen.

Insgesamt waren die intensiver aufge­zogenen Tiere stoffwechselmäßig insta­biler. Die Verluste der Intensiv-Gruppe in Form von Jungkuh-Abgängen lagen gegenüber der Kontrollgruppe um knapp 12 % höher.

Insgesamt bedeutet dies, die Jungrin­deraufzucht zu optimieren mit einem Erstkalbealter von mindestens 24 Mona­ten mit einem intensiven Kälberwachs­tum und täglichen Zunahmen im 2. Le­bensjahr unter 900 Gramm, um einer Verfettung und damit verbundenen Pro­blemen rund um die Kalbung vorzubeu­gen.

Aus Abbildung 1 wird deutlich, dass Erkrankungen wie Nachgeburtsverhal-

ten, Ketose, Labmagen oder eine Gebär­mutterentzündung in den ersten 30 Ta­gen nach dem Abkalben zu einer insge­samt instabilen Immunitätslage führen, in deren Folge sich Erkrankungen der Milchdrüse oder der Klauen und Glied­maßen aufsatteln (Weigel, 2004).

Immunsystem stärken

Auslösender Faktor für eine Schädi­gung des Immunsystems kann oxidati­ver Stress bei Milchkühen, hervorgeru­fen z.B. durch eine zu geringe Futterauf­nahme, ein Struktur- und/oder Energie­defizit mit anschließender Acidose oder Ketose, sein.

Eine Acidose, vor allem im subklini­schen Verlauf, betrifft nicht nur den Pan­sen, sondern hat gleichzeitig negative

Leckschalen ergänzen das Mineral- und Spurenelementangebot. Foto: Bonseis

2 0 • Milchpraxis Special Eutergesundheit 4/2016 (50. Jg.) •

Auswirkungen auf die Gebärmutter und die Milchdrüse (siehe Abb. 2).

Ebenso negativ wirkt sich eine Unter­versorgung mit Calcium, Phosphor und Schwefel, Vitamin E, ß-Carotin oder Se­len, ein Mangel an Zink, Kupfer oder Mangan aus.

Aber auch Verletzungen und Schmer­zen z.B. durch Klauenerkrankungen oder Geburtsstress sowie sub-optimale Haltungsbedingungen (Überbelegung, Hitze, Wasserversorgung etc.) und man­gelnde Futterhygiene schädigen das Im­munsystem.

Die Auswirkungen von oxidativem Stress zeigen sich in einem Rückgang der Futteraufnahme, einer erhöhten In­fektionsanfälligkeit wie Zellzahlanstieg, Mastitis und Klauenerkrankungen sowie schlechter Fruchtbarkeit, fötaler Fri:ihtot, Totgeburten, Gebärmutterentzündun­gen, Nachgeburtsverhaltungen, ungenü­gender Folikelreifung bzw. -entwicklung bis hin zu Leberschädigungen und un­spezifischen Erkrankungen.

Fütterung am Bedarf ausrichten

Die Auswirkung von Fütterungsfeh­lern, ihre Wirkung und die Folgen für die Eutergesundheit sind vielfältig. Tabelle 1 zeigt verschiedene Faktoren auf. Neben den „alten Bekannten" wie der Ketose infolge einer mangelnden Energieauf­nahme nach dem Abkalben, einer über­höhten Proteinversorgung und damit verbundener Leberbelastung, einer Pan­senacidose aufgrund nicht angepasster Kohlenhydrateversorgung, einem Calci­um-Mangel mit Auswirkungen auf einen

nicht mehr funktionierenden Schließ­muskel des Strichkanals treten auch Fak­toren in den Vordergrund, die zu einer Immunsuppression und damit zu Folge­erkrankungen der Milchdrüse führen.

Von daher erfordern Färsen in Ver­bindung mit hohen Einsatzleistungen und zudem noch nicht abgeschlossenem Wachstum spezielle Fütterungskonzep­te. In einem Versuch an der LVZ Futter­kamp wurde das Fressverhalten von Fär­sen und Kühen mit 2'. 2 Laktationen un­tersucht. Die Färsen hatten im Zeitraum der 1.-15. Laktationswoche 0 7- 8 Futter­schalenbesuche pro Tag, ältere Kühe re­alisierten ihre Futteraufnahme in 0 5- 6 Besuchen. Die durchschnittliche Futter­aufnahme der Färsen betrug 17,3 kg TM/ Tag, die der älteren Kühe 21,8 kg. Bezo­gen auf das Lebendgewicht war die Fut­teraufnahme der Färsen damit um ca. 13 % niedriger.

Einen positiven Einfluss auf die Futter­aufnahme hat eine eigene Färsengruppe, auch in Kombination mit frischlaktieren­den Kühen. Frischlaktierende Kühe ha­ben in den ersten 4-5 Wochen nach dem Abkalben ebenfalls eine um 20-25 % ge­ringere Futteraufnahme, sodass hier eine speziell auf diesen Abschnitt abgestimm­te Ration vorgelegt werden kann. Nicht zuletzt lassen sich Spezialfuttermittel wie Hefen, Propylenglykol, Glycerin, pan­senstabile Aminosäuren oder geschütz­te Fette bei einer Gruppenfütterung leis­tungsspezifisch und damit kostenopti­miert einsetzen.

Hochleistende Kühe mit einer Milch­leistung von 40 kg müssen, um ei­nem Abbau von Körpermasse entge­genzuwirken, eine Futteraufnahme von etwa 24 kg TM mit einem Ener­giegeh alt von 7,0 MJ NEL/kg TM si­cherstellen. Für die gleiche Leistung ist bei Färsen eine TM-Aufnahme von knapp 22 kg mit einer Energiekon­zentration von 7,3 MJ NEL/kg TM not­wendig (Tabelle 2). Sowohl für Färsen als auch Kühe ergibt sich in den ersten etwa 70 Laktationstagen eine negative Ener­giebilanz, die allerdings -10 MJ NEL/Tag nicht überschreiten sollte.

Während im Laktationsverlauf die Milchleistung etwa in der 9. Laktations­woche ihren Gipfel erreicht, trifft dies für die Futteraufnahme erst deutlich spä­ter zu. Die Kunst besteht nun darin, die­ses auftretende Energiedefizit so gering wie möglich zu gestalten und dem Ab­bau von Körperreserven, in dieser Phase vermehrt Körperfett, entgegenzuwirken. Das Einschmelzen von Körperreserven,

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Tab. 1: Fütterungsfehler und ihre Folgen

Faktor Wirkung

Energieversorgung p.p. i Leberschaden Ketose Phagozytose -subklinisch -klinisch

Immunsuppression

Proteinversorgung t NH,-N im Pansen Leberbelastung

Kohlenhydrateversorgung t Pansenacidose

Rohfaserversorgung i Ca ! Mykotoxine Immunsuppression

Nitrat/Nitrit Immunsuppression

ß-Carotin ! Immunsuppression

Vit. E/Selen Antioxidantlen

gerade zu Laktationsbeginn, sollte auf max. 500 Gramm pro Tag (etwa 10 MJ NEL) begrenzt werden, um einer ketoti­schen Stoffwechsellage vorzubeugen. Ke­tonkörper und Ammoniak in der Milch hemmen die Barriere des Euters gegen eindringende Mikroorganismen (Klu­cinski et al., 1988) und gehen in der Re­gel mit erhöhten Zellzahlen einher (Jaco­bi, 1999).

Ab dem 150. Laktationstag erhalten die Färsen einen „Energiezuschlag" von 5, ab dem 251. Laktationstag von 10 MJ NEL/ Tag für Wachstum, Kalb und Energie-ausgleich. ·

Dies erfordert als Rationsbasis qualita­tiv und hygienisch einwandfreie Grobfut­ter, vor allem Grassilagen, mit Energie­gehalten von rnind. 6,2-6,4 MJ NEL/kg TM, damit die Eckdaten der Gesamtra­tion hinsichtlich Grobfutter-Kraftfutter­Verhältnis von max. 50 % Kraftfutteran­teil, bezogen auf TM, eingehalten werden können.

Zur exakten Rationskalkulation ist der TM-Gehalt der Grobfutterkomponenten und der vorgelegten Trogration wichtig. Fehlinterpretationen, z.B. 40 statt 45 % TM führen zu Abweichungen in der TM­Aufnahme von 1,0 kg, entsprechend et­wa 7,0 MJ NEL/kg TM bzw. knapp 2,0 kg Milch!

ECM-Milch TM-Aufnahme NEL kg/Tier/Tag kg/Tier/Tag MJ/kgTM

10 12,5-13,5 6,0

15 14,0- 15,0 6,2

20 15,5-1 6,5 6.4

25 17,0-18,0 6,7

30 19,0- 20,0 6,9

35 20,5- 21,5 7,1

40 21,5-22,5 7,3

!

Folgen

Mastitis Zel lzahl t Fettabbau

t subklinische Mastitis klinische Mastitis

Zellzahl t klinische Mastitis

Zellzahl t Zellzahl t subklinische Mastitis

latente Infektionen

Das Ermitteln der täglichen Futter­aufnahme sollte die Basis einer gezielten Fütterungsstrategie sein, um einem even­tuellen Mangel auf die Spur zu kommen. Ein Indikator kann die Berechnung der ,,Futtereffizienz" (FE), also der Milch­leistung je kg Trockenmasseaufnahme (TM), sein. Die FE gibt u. a. auch einen Hinweis auf Stoffwechselstörungen. Eine FE von> 1,7 kg Milch/kg Futtertrocken­masse in der Färsen- und Frischmelker­gruppe signalisiert einen zu starken Kör­permasseabbau, ansonsten liegt die Ziel­größe der Futtereffizienz bei 0 1,4-1,5 in einer gesamt-laktierenden Herde mit et­wa 150-220 Laktationstagen. «

• Fazit Die Eutergesundheit von Färsen ist neben anderen Einflussfaktoren sehr eng verknüpft mit deren Auf­zucht und der nachfolgenden Ernäh­rung. Der begrenzten Futter- und da­mit Energieaufnahme dieser noch im Wachstum befindlichen Tiere kann nur durch Rationen mit Top-Silagen begegnet werden . Eine Gruppenhal­tung der Färsen zusammen mit frisch­laktierenden Kühen kommt deren Be­dürfn issen nahe und lässt ein geziel­tes Controlling für diesen sensib len Bereich zu.

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Haltungsbedingungen und Eutergesundheit

Durch Züchtung auf Leichtmelkbarkeit und hohe Leistung haben die heutigen Milchkühe kürzere und weitere Strichkanäle sowie schwächere Schließmuskeln. Dies erleichtert das Eindringen von Krank­heitserregern maßgeblich. Saubere, trockene Liegeboxen und Laufgänge sind daher eine der wichtigs­ten Grundvoraussetzungen für eutergesunde Kühe.

Dr. Hans-Joachim Herrmann, LLH Hessen, Wetzlar

75 % der Erlöse stammen bei deutschen Milcherzeugerbetrieben aus dem

Milchverkauf. Daher sind gesunde Euter und die Produktion von Qualitätsmilch ein wesentlicher Beitrag zur Einkom­menssicherung.

Euterentzündungen führen zu einem Mehrkostenaufwand von 60 € je Durch­schnittskuh und Jahr. Die Hauptver­luste entstehen dabei durch verminder­te Milchleistung und nicht verwertbare Milch. Dazu kommen erhöhte Remontie­rungskosten, erhöhter Arbeitsaufwand, erhöhte Tierarzt- und Medikamenten­kosten.

Welche Faktoren begünstigen Euterentzündungen?

Mastitis wird nicht allein durch Krankheitserreger wie Bakterien, He­fen und andere Mikroorganismen ver­ursacht. Vor allem unzulängliche Hal­tungsbedingungen, unsachgemäßes Melken und eine beeinträchtigte kör­pereigene Abwehr der Kuh können die Erkrankung begünstigen. Die Mastitis wird daher als Faktorenkrankheit be­zeichnet.

Ein weiterer äußerst wichtiger Grund für die Minimierung von Euterent­zündungen ist die Vermeidung von Schmerz und Leiden bei akuten Euter­mastitiden.

Spaltenroboter führen dazu, Verschmut­

zungen der Euter so gering wie möglich

zu halten, da sie die Laufgänge ständig

abschieben.

Ob ein Erreger ins Euter gelangt, sich dort einnistet und krank machend wir­ken kann, hängt zum größten Teil von der gesundheitlichen Verfassung der Kuh ab. Die Gesundheit wiederrum hängt vor allem von den Lebensbedingungen der Milchkuh ab.

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Tab. 1: Die häufigsten l<uhassozi ierten Mastitiserreger (Quelle; Re1necke, 2015) I - -

Erreger S. aureus S. agalactiae Koagulase-negative Staphylokokken (KNS)

Vorkommen Euter, Haut, Wunden Milch Haut

Symptome hohe Zellgehalte In der Herdenmllch und Häufig zu beobachten; subkllnische Mas- Es überwiegen subklinische Mastitiden mit viele subklinische Mastitisfälle. titiden, d. h. abrupte, deutliche Anstiege /eichten Zellgehaltserhöhungen. Werden Die Viertel weisen meist tastbare, im Zellgehalt auf Einzeltierebene mit Mastitissymptome sichtbar, so gehen die abgegrenzte Verhärtungen auf oder sind kurzfristigen Effekten auf Tankmilchebe- Mastitisfälle meist mit Eiterflocken einher. insgesamt verhärtet. ne. Seltener sind klinische Mastitiden mit Auch Mastitiden mit Sekretveränderung, Se0kretveränderungen. vorrangig in Form von Eiterflocken, und sogar Fieber und gestörtes Allgemeinbe-finden sind möglich

Infektionsweg Euter über den Zitzenkanal in das Euter über den Zitzenkanal in das Euter über den Zitzenkanal in das Euter

Zielort milchbi/dendes Gewebe (Alveolen) Milch, Milchgänge Milchgänge

Nachweis kulturell oder PCR kulturell oder PCR kulturell oder PCR

Infektionsdauer Monate bis Jahre Monate bis Jahre Wochen

Fokus der Infektion Die meisten Infektionen finden während Es besteht ein sehr hohes Ansteckungs- Während KNS bei Färsen zu den häufigsten, der Laktation statt, wobei Melkerhände, potenzial, wobei die meisten Infektionen rund um die Abkalbung nachgewiesenen das Melkgeschirr, Eutertücher usw. die wie auch bei 5. aureus während der Lak- Erregern gehören, kann bei Kühen zwar Übertragung vom infizierten auf das nicht tation stattfinden. Warum bereits Färsen ebenfalls eine Häufung von Infektionen zu infizierte Viertel begünstigen. Es besteht den Erreger mit der Milch ausscheiden, Laktationsbeginn festgestellt werden. Einen eine hohe Ansteckungsgefahr ist bislang nicht ausreichend geklärt. Eine speziellen Fokus auf Trockenstehzelt oder

Ansteckung von Kälbern über das Kolost- Laktation gibt es jedoch nicht. rum wird immer wieder diskutiert.

22 • Milchpraxis Special Eutergesundheit4/2016 (50. Jg.) •

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Tab. 2: Die häufigsten umweltassoziierten Mastitiserreger (Quel le: Reinecke, 2015) 1

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Erreger coliforme Keime Umweltstreptokokken

Vorkommen Kot, Einstreu, Wasser Einstreu, ,Kot, Haut

Symptome Häufige Symptome sind: schwere klinische Mastitis mit stark geschwollenem, öde- Häufige Symptome sind : klinische Mastitis mat isiertem Euter, wässrigem Milchsekret, Fibrinflocken, Fieber, teils Festliegen mit mit Eiterflocken, teils mit, teils aber auch Todesfolge ohne Schwellung des Eutergewebes

Achtung: Achtung: Auch Staphylokokken oder Streptokokken können entsprechende Symptomatik verur- Auch Mastitiden infolge von Infektionen sachen. Ebenso können subkl inische Mastitiden oder milde klinische Mastitiden ohne mit Umweltstreptokokken können mit Störung des Allgemeinbefindens durch coliforme Keime verursacht werden . Fieber, gestörtem Allgemeinbefinden und

Sekretveränderungen mit Fibrinflocken einhergehen.

Infektionsweg Euter • hauptsächlich über den Zitzenkanal in das Euter über den Zitzenkanal in das Euter • selten über den Blutstrom in das Euter (über Wunden an der Körperoberfläche, über

den Magen-Darm-Trakt oder über die Gebärmutter bzw. die Geburtswege gelangen Erreger in das Blutgefäß und vermehren sich dort. Über den Blutstrom werden sie dann unter anderem zum Euter abgeschwemmt

Zielort Blutkreislauf

Nachweis kulturell oder PCR

Infektionsdauer Tage bis Wochen

Fokus der Infektion Die meisten Infektionen finden in der Trockensteherzeit statt.

Auf die Eutergesundheit wirken drei Haupteinflussfaktoren ein. Dazu zählt das Tier selbst, die Haltungsumwelt und die Art der Mastitiden und Anzahl (siehe Tab. 1 und 2).

Genetik und Laktationsstadium

Zu den tierbedingten Faktoren gehö­ren eine Reihe von Einflüssen. Dazu zäh­len unter anderem die erblichen Veran­lagungen der Eutergesundheit. Dies be­inhaltet die Rasse, Kuh- und Bullenfa­milie. Die züchterischen Hilfsmerkmale für die Eutergesundheit haben nur einen mittleren bis niedrigen Erblichkeitsgrad. Durch die große genetische Streuung ist jedoch eine langfristige Selektion mög­lich.

Ein weiterer wichtiger Faktor ist das Laktationsstadium, in dem sich die Kühe gerade befinden. Besonders die erste Wo­che nach dem Trockenstellen stellt ein er­höhtes Infektionsrisiko dar, da in dieser Phase keine Keime mehr über die Milch ausgeschwemmt werden. Auch die letzte Woche vor der Abkalbung stellt ein er­höhtes Risiko dar.

Kühe mit tief hängendem Euter haben eine erhöhte Verletzungsgefahr. Durch offene Stellen und Wunden können die Keime leichter eindringen und es besteht bei diesen Kühen eine erhöhte Infekti ­onsgefahr. Aufgrund der heutigen Zucht auf Leichtmelkbarkeit kommt es häufig zu kürzeren und weiteren Strichen, was den Erregereintritt in das Euter erleich­tert.

Umwelt- und Haltungs­bedingungen

Ein weiterer wichtiger und oftmals noch vernachlässigter Einfluss auf die Entstehung von Euterentzündungen sind die Umwelt- und Haltungsbedingungen der Tiere.

Das Stallklima wirkt sich direkt und indirekt auf Gesundheit, Kuhkomfort und Produktivität aus. Dies zeigt sich vor allem im Sommer, wenn die Tiere bei zu niedriger Luftgeschwindigkeit und gleichzeitig zu hoher Luftfeuchte durch fehlende Ventilatoren Hitzestress erlei­den müssen. Dies führt häufig zu einer erhöhten Zellzahl und geringeren Milch­leistungen.

Die Laufgänge sind durch automati ­sche Schieber oder Spaltenroboter sau­ber zu halten. Verschmutzte Laufgänge führen zu Kotanhaftungen an den Klau­en und damit zu verschmutzten Liege­bereichen . Dies verursacht eine erhöhte Schmutzanhaftung im Bereich des Euters und der Zitzen. Der Verschmutzungs­grad des Euters wiederrum steht in enger Beziehung zum Neuinfektionsrisiko mit Umwelterregern. Vor allem automati­sche Reinigungssysteme in Robotern sto­ßen bei einem hohen Verschmutzungs­grad des Euters an ihre Grenzen. Im kon­ventionellen Melkstand führen stark ver­schmutzte Euter ebenso zu einem erhöh­ten Arbeits- und Zeitaufwand.

Bei den Liegeboxen sollte darauf ge­achtet werden, insbesondere das hinte­re Drittel der Box sauber und trocken zu halten. Nasse Liegeflächen sind nicht nur verdichtet und unbequem, sie beherber­gen außerdem mastitiserregende Keime.

Milch, Milchgänge

kulturell oder PCR

Tage bis Monate

Zum Sauberhalten der Liegeboxen müs­sen diese mindestens einmal pro Tag ge­reinigt werden. Nachgestreut werden sollten die Boxen, wenn die Schicht in der Liegebox im vorderen Bereich nied­riger als hinten ist. Die Steuereinrichtun­gen, wie Bugschwelle und Nackenrohr der Liegeboxen, sollten korrekt einge­stellt werden. Falsch eingestellte Steuer­einrichtungen führen zu einer schlech­teren Akzeptanz der Liegeboxen und im schlimmsten Fall zu Spaltenliegern. Durch schlecht gemanagte Liegeboxen kommt es zu geringeren Liegezeiten und Intervallen. Dies wirkt sich negativ auf die Milchbildung und Eutergesundheit aus, da vorrangig im Liegen neue Milch produziert wird. Auch auf die Klauenge­sundheit hat das längere Stehen einen ne­gativen Einfluss.

Durch Fütterungsfehler wie eine Ener­gieunterversorgung, Rohfaser- bzw. Strukturmangel (Ketose und Acidose) sowie Unterversorgungen mit Wirkstof­fen, vor allem Vitamin A, E und Selen und anderen, kommt es zu einer erhöh­ten Infektionsgefahr. Dies wiederrum begünstigt das Risiko einer Mastitis. «

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