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Indo-Asiatische Zeitschrift Mitteilungen der Gesellschaft für indo-asiatische Kunst 17 . 2013 Inhalt / Contents Vorwort ................................................................. 4 The Identification of Kizil Paintings VI Monika Zin ....................................................... 5 Fruits of Research on the History of Central Asian Art in Berlin: The Identification of Two Sermon Scenes from Kizil Cave 206 (Fußwaschungshöhle) Robert Arlt & Satomi Hiyama ....................................... 16 Das Geschenk der Hetäre Åmrapålï in der narrativen buddhistischen Kunst von Gandhåra Die Identifikation der Textgrundlagen Tadashi Tanabe .................................................. 27 The Arrangement of Hariharahira½yagarbha a Unique Image in the Collection of the Asian Art Museum, Berlin Uta Schröder .................................................... 37 Revanta Images from Mathura Region Vinay Kumar Gupta ............................................... 50 Transzendenz in transkultureller Perspektive Die indo-portugiesischen Elfenbeinfiguren des „Guten Hirten“, Teil II Alberto Saviello .................................................. 57 Curiosity and its Aesthetics. Alexander von Humboldt, Prince Waldemar of Prussia, the Schlagintweit Brothers and India Jutta Jain-Neubauer ............................................... 71 Südasien-Studien in Berlin ................................................. 85 Traueranzeigen: Dr. Dr. Kurt Sandmair; Doris Gröpper ........................... 89 Ausstellungskalender / Upcoming Exhibitions .................................. 90 Autoren / Contributors ..................................................... 93 Mitglieder der Gesellschaft für indo-asiatische Kunst 2013 ........................ 94 Impressum / Imprint ...................................................... 96

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Indo-Asiatische ZeitschriftMitteilungen der Gesellschaft für indo-asiatische Kunst

17 . 2013

Inhalt / Contents

Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4

The Identification of Kizil Paintings VIMonika Zin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5

Fruits of Research on the History of Central Asian Art in Berlin: The Identificationof Two Sermon Scenes from Kizil Cave 206 (Fußwaschungshöhle)

Robert Arlt & Satomi Hiyama . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16

Das Geschenk der Hetäre Åmrapålï in der narrativen buddhistischen Kunstvon Gandhåra – Die Identifikation der Textgrundlagen

Tadashi Tanabe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27

The Arrangement of Hariharahira½yagarbha – a Unique Image in the Collection ofthe Asian Art Museum, Berlin

Uta Schröder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37

Revanta Images from Mathura RegionVinay Kumar Gupta . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50

Transzendenz in transkultureller Perspektive – Die indo-portugiesischen Elfenbeinfiguren des „Guten Hirten“, Teil II

Alberto Saviello . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 57

Curiosity and its Aesthetics. Alexander von Humboldt, Prince Waldemar of Prussia,the Schlagintweit Brothers and India

Jutta Jain-Neubauer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 71

Südasien-Studien in Berlin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 85

Traueranzeigen: Dr. Dr. Kurt Sandmair; Doris Gröpper . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 89

Ausstellungskalender / Upcoming Exhibitions . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 90

Autoren / Contributors . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 93

Mitglieder der Gesellschaft für indo-asiatische Kunst 2013 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 94

Impressum / Imprint . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 96

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Indo-Asiatische Zeitschrift 17 % 2013: 57-70

Transzendenz in transkultureller Perspektive –Die indo-portugiesischen Elfenbeinfiguren

des „Guten Hirten“, Teil II

Alberto Saviello

Im ersten Teil dieses Aufsatzes (SAVIELLO 2012) wurdeeine Herleitung der Ikonographie der Elfenbeinfiguren des„Guten Hirten“ versucht, die spätestens ab der Mitte des17. Jahrhunderts in den portugiesisch besetzten Gebietenin Indien in großer Stückzahl gefertigt wurden (Abb. 1).1)

Statt der bisherigen Erklärungen, welche die für die

europäische Tradition ungewöhnliche Gestaltung der El-fenbeine auf buddhistische Vorlagen zurückführen – wasangesichts der vollständigen Verdrängung des Buddhis-mus in Südindien seit dem 8. Jahrhundert sehr unwahr-scheinlich ist (PAL 1988: 16, 227) –, wurden die Skulptu-ren als eine Verbindung christlicher Motive mit dem in derRegion weit verbreiteten Bildtypus des ̃ iva Dak¹i½åm÷rtibeschrieben. Aus diesem die Objekte prägenden Nexusdifferenter religiöser Bildtraditionen ergibt sich die Fragenach der Aussageintention der Elfenbeine und ihrenmöglichen Lesarten seitens der verschiedenen historischenAkteure. Dabei ist zu bedenken, dass die Figuren im Kon-text der durch weitgehend asymmetrische Machtverhält-nisse geprägten christlichen Mission in Indien entstan-den.2) Diese Problematik wird im Folgenden diskutiert,wobei auch die Wiedereingliederung der Objekte in deneuropäischen Diskurs und ihre Wirkung auf die iberischeKunst in den Blick geraten. Besonderes Augenmerk giltdabei dem Phänomen, das im ersten Teil des Artikels inAnlehnung an Louis MARIN (2001) und Édouard GLIS-SANT (2009: 69-71) als „Opazität“ beschrieben wurde.Wie zeitgenössische Quellen und die bisherige kunsthisto-rische Forschung nahelegen, scheint eine vollständige undwiderspruchsfreie Erklärung des ikonographischen Pro-gramms der Guten Hirten weder aus einer christlichennoch aus einer hinduistischen Sichtweise möglich. Die Un-ergründlichkeit, die den Figuren ungeachtet der Vertraut-heit des ihnen zugrundeliegenden Modells und der anihnen erscheinenden Einzelmotive eignet, soll als spezifi-sche Qualität beschrieben und hinsichtlich ihrer Bedeu-tung bei der Bewertung der Guten Hirten als koloniale undreligiöse Artefakte erläutert werden.

1) Der Livro de contas dos Jesuítas de 1684 a 1692, ein jesuiti-sches Rechnungsbuch aus den Historical Archives of Goa, Pan-jim (Arch. Nr. 2088), lässt keine Zweifel an der Fertigung derObjekte in Indien. In den Listen des Buches werden neben Aus-gaben für Verbrauchsmaterial (Nahrung, Kleidung etc.) auchZahlungen an Handwerker und der Ankauf von Kunstobjektenaufgeführt. Bei den meisten Einträgen, wie im Oktober 1686 beider Zahlung von gut anderthalb Xerafin für die Figur eineskindlichen Hirten („De hum menino pastoril –1.2.37“) (f. 141r),finden sich keine Angaben zur Provenienz. In diesen Fällen istdavon auszugehen, dass es sich um Produkte des lokalen Mark-tes handelt. Beim Ankauf gleich mehrerer Positionen von Figu-ren im Mai des folgenden Jahres wird hingegen die Herkunftbenannt (f. 155v): Die 18 kleinen Figuren eines kindlichen Hir-ten („De dezoito meninos pastoris pequenos“) für 18 Xerafin,24 großen („De Vinte e quatro meninos pastoris grandes“) für48 Xerafin, sowie die sechs „Kindchen mit Thronen“ („De Seismeninos cõ Seus Tronos“) für 24 Xerafin sind alle mit dem Zu-satz vermerkt, dass sie aus der portugiesischen Niederlassungin Diu stammen („que vieraõ de Dio“). Wahrscheinlich handeltes sich bei diesen Figuren um unterschiedlich große und kost-spielige Ausführungen von Figuren des Guten Hirten. Hinsicht-lich ihrer Einzelpreise zwischen einem und vier Xerafin ent-sprechen sie anderen im Rechnungsbuch genannten Elfenbein-figuren. Eine weitere Großlieferung wurde im Januar 1689 für227 Xerafin erstanden (f. 190v): 60 Kindchen aus Elfenbein ausDiu, 24 Kruzifixe, zwei Figuren unserer Heiligen Jungfrau undzwei Reliefs („De 60. meninos de marfim q[ue] vieraõ de Dio.24 crucifixos, duas Image[n]s de N. S.[enho]ra e duas Lami-nas“). — Mit der Bezeichnung „Guter Hirte“ sind in diesemAufsatz, wenn nicht anders erwähnt, die indo-portugiesischenElfenbeinfiguren des 17. Jahrhunderts gemeint und nicht die ausder römischen Antike bekannte und im Frühchristentum verbrei-tete Figur des sein Schaf schulternden Jünglings.

2) Zur Missionspolitik in den portugiesischen Kolonien vgl.MENDOÇA 2002; BOXER 1978; D’COSTA 1965.

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58 A. SAVIELLO

Abb. 1 Guter Hirte, c. 1675-1750, Elfenbein mit Spuren vonÜbermalung, Indien, Goa(?). Victoria and Albert Museum,London, A.58-1949. Photo © Victoria and Albert Museum

Abb. 2 Vi¹½u als Dak¹i½åm÷rti am Vimåna des VijayacanarTempel, Varaku½ama¼kai, Nattam, T÷ttuku∙i District, TamilNadu, bemalter Stuck. Photo: R.K.K. Rajarajan (nach RAJA-RAJAN 2011: fig. 2)

Transreligiöse TopoiDie Elfenbeine des Guten Hirten sind nicht die einzigenreligiösen Artefakte, bei denen das für die Darstellungdes ̃ iva Dak¹i½åm÷rti konstitutive ikonographische Mus-ter eines auf einem Felsen unter einem Baum meditie-renden und von einem Tierfrieden umgebenen AsketenAnwendung fand. Zunächst ist anzumerken, dass das¸ivaitische Götterbild wohl selbst auf Darstellungen desBuddha bei seiner Erleuchtung unter dem bodhi-Baum

und seiner ersten Predigt im Gazellen-Park zurückgeht.Diese Ikonographien wurden wahrscheinlich während derPallava-Dynastie um die Mitte des 7. Jahrhunderts alswirksame Bildformeln vom hinduistischen Kult adaptiert,um ˜iva in Konkurrenz zu Buddha ebenfalls die Gestalteines spirituellen Lehrers zu verleihen.3)

Für das 16. und 17. Jahrhundert lässt sich zudem eineÜbernahme der Ikonographie durch den Vi¹½uismus auf-zeigen. R.K.K. RAJARAJAN hat auf zahlreiche Darstellun-gen des Dak¹i½åm÷rti an Vi¹½u-Tempeln der Nåyaka-Dy-nastie von Madurai (1529-1763) in Tamil Nadu hingewie-sen. Ebenso wie die Figur des ̃ iva Dak¹i½åm÷rti (dak¹i½a:südl. / m÷rti: Form, Bild) erscheine Vi¹½u hier an den süd-lichen Wänden der Tempeltürme (vimåna) in der Gestalteines asketischen Lehrmeisters.4) Die unterschiedlichenFiguren zeigten einerseits bisweilen typisch ¸ivaitischeAttribute wie den banyan-Baum (va¶a v¡k¹a), die Personi-fikation der überwundenen Ignoranz (Apasmåra) oder dieHandtrommel (∙amaru). Andere Zeichen, wie die blaueHautfarbe, der Diskus (cakra) und das Schneckenhorn(¸a¼kha) entstammen jedoch der gängigen IkonographieVi¹½us (Abb. 2).5) Auch die Sonderform des Vï½ådharaDak¹i½åm÷rti, des die vï½å spielenden Lehrers der Mu-sik, wurde an den Tempeltürmen von ˜iva auf die Figur

3) Vgl. GAIL 2008: 458. Für weitere Literatur zur buddhistischenAbstammung der Ikonographie siehe SAVIELLO 2012: 68.

4) Vgl. RAJARAJAN 2011: 132. Für den Hinweis auf diesen Auf-satz danke ich Gerd Mevissen herzlich.

5) Vgl. RAJARAJAN 2011: 139-140.

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Transzendenz in transkultureller Perspektive – Die indo-portugiesischen Elfenbeinfiguren des „Guten Hirten“, Teil II 59

Abb. 3 Sanvala zugeschrieben, Ma™ n÷n wird in der Wüste vonseiner Mutter und seinem Onkel besucht, 1595-96, Buchmalerei.British Library, Or.S12208, f. 150v. Photo nach LOSTY/ROY2012: 51

Vi¹½us transferiert.6) Etwa zur selben Zeit der Entstehungdes Figurentyps des Guten Hirten ist damit ein weitererFall gegeben, bei dem das ikonographische Grundmusterdes ̃ iva Dak¹i½åm÷rti auf die zentrale Figur einer anderen,konkurrierenden Glaubensvorstellung übertragen wurde.

Das den asketischen ̃ iva Dak¹i½åm÷rti und die Figurdes Guten Hirten prägende Muster findet sich auch im is-lamischen Kontext: Darstellungen des wegen seiner uner-füllbaren Liebe zu Laylå in der Wüste lebenden Ma™n÷naus der persischen und mogulischen Buchmalerei zeigenden ausgemergelten Dichter begleitet von friedlich neben-einander lagernden Beute- und Raubtieren in einer natür-lichen Umgebung mit Felsen, Baum und Wasserlauf(Abb. 3). Während es sich bei der Figur des Vi¹½u Dak¹i-½åm÷rti wohl um einen direkten Bildtransfer zwischenverschiedenen hinduistischen Kulten handelt, können dieÜbereinstimmungen mit den Darstellungen Ma™n÷nsdurchaus auch akzidentieller Natur sein.7) Allerdings dientdas ikonographische Setting auch im Falle Ma™n÷ns derEvokation von Sakralität, denn der sich in seiner Liebeverzehrende und dabei die Grenzen der Rationalität über-schreitende Dichter wurde im Sufismus zum Sinnbild desmit übernatürlichen Kräften begnadeten Gottessuchers.8)

Die positive Deutung der Figur war so ausgeprägt, dassihr ikonographisches Modell als Würdeform sogar für dieSelbstdarstellung der Herrscher in der mogulischen Buch-malerei angewandt wurde.9) Die im Kontext der christli-chen Mission in Indien entstehenden Elfenbeinfiguren desGuten Hirten schließen damit an einen visuellen Toposan, der im 16. und 17. Jahrhundert sowohl im ˜ivaismusund Vi¹½uismus wie auch im islamischen Sufismus desnordindischen Mogulreichs verbreitet war.

Sakralität in Übersetzung Der Felsen, auf dem die Figur des kindlichen Hirtenthront, wurde zusätzlich und bisweilen auch in Abwei-chung vom Standardprogramm – das neben Schafen, Vö-geln und Raubkatzen, einen zentralen Brunnen und in derBasis des Felsens die in einer Höhle liegende EinsiedlerinMaria Magdalena umfasst – vor allem bei aufwändigerenExemplaren mit weiteren Figuren und narrativen Szenenausgestaltet. Hierbei handelt es sich meist um christlicheHeilige und Episoden aus der Heilsgeschichte, die, wieMarsha GAIL OLSON vermutet, der anschaulichen Religi-onsvermittlung gedient haben können.10) Ein schönes Bei-spiel ist der heute im British Museum befindliche Felsen,

6) Vgl. RAJARAJAN 2011: 138, fig. 9. Die Ikonographie des Vï½å-dhara Dak¹i½åm÷rti war wohl auch Vorbild für eine besondereAusführung des Guten Hirten, die sich heute im Museu-Bibliotecada Casa de Bragança befindet; vgl. SAVIELLO 2012: 61, Abb. 3.

7) Eine historische Herleitung der Ikonographie Ma™n÷ns kannhier nicht geleistet werden.

8) SCHIMMEL 1985: 204; DÜDÜKÇÜ 2007: 52, 69-70.9) Neben den Argumenten, die Ebba KOCH (2010: 279-306) für

eine symbolische Identifikation der Mogulherrscher Ğahångïr(r. 1605-27) und Ğahån (r. 1628-58) mit Ma™n÷n vorträgt, findetsich auch eine Zeichnung, in welcher der junge Kaiser Akbar(r. 1556-1605) als unter einem Baum auf einem Felsen sitzenderWeiser dargestellt wird – allerdings ohne den für die DarstellungMa™n÷ns typischen Tierfrieden; siehe ’Abd us-Samad, Akbarim Gespräch mit einem Derwisch, 1586-87 (Sammlung PrinzSadruddin Aga Khan, Genf, M.147).

10) GAIL OLSON 2007: 139. Kleine Figuren wurden von den Mön-chen als Preise an besonders eifrige Schüler der christlichenTexte vergeben. Dabei wird es sich meist um sehr kostengüns-tige Objekte, wie Holz- und Metallfiguren und auch Druckgra-phiken, gehandelt haben. Aber auch Elfenbeinfiguren sind alsPreise nachweisbar; vgl. Rellação da jornada que fizerão oPadre Fr. Ambrozio dos Anjos 1628: 233. Hinweis darauf inOSSWALD 1996: 74; vgl. auch DESAI 1982: 78; WICKI 1956:798; OLIVEIRA LOPES 2011: 198-200.

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60 A. SAVIELLO

Abb. 4 Berg des Guten Hirten, Elfenbein, um 1650, Indien,Goa(?), Höhe 31,4 cm. British Museum, London, 1926,1007.1.Photo © British Museum

Abb. 5 Detail von Abbildung 4

Abb. 6 P÷r½agha¶a-Motiv aus Mathura.Nach AGRAWALA 1965: 17

Abb. 7 Göttin ˜rï-Lak¹mï auf der Lotusblüte eines p÷r½a-gha¶a, c. 150 v.u.Z., graphische Skizze nach einem Relief aufeinem Brüstungspfeiler in Bharhut. Nach AGRAWALA 1965: 10

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Transzendenz in transkultureller Perspektive – Die indo-portugiesischen Elfenbeinfiguren des „Guten Hirten“, Teil II 61

bei dem die bekrönende Figur des Hirtenkindes und diemeist als Anstückungen gefertigten Äste allerdings nichterhalten sind (Abb. 4). Zusätzlich zum gewöhnlichenBildprogramm befindet sich auf der obersten Ebene einPelikan, der als ein geläufiges Symbol für das OpferChristi seine Kinder mit dem eigenen Blut nährt.11) Aufden darunter liegenden Plateaus erscheinen die HeiligenFranziskus und sein Ordensbruder Antonius zu Seiteneines Brunnens sowie weitere Heilige und Wüstenväter.12)

In der größten Nische des Felsens ist die Geburt Christimit der Anbetung der Hirten dargestellt. Neben dieseneindeutig christlichen Motiven findet sich in der Sockel-zone der Skulptur das Relief einer bauchigen Vase, ausderen Öffnung eine kleine, wie eine geschlossene Blüteanmutende Spitze herausschaut und über deren Rand zubeiden Seiten große und schwere Blätter hängen (Abb. 5).An diesen erfreuen sich zwei Schafe, die achsensymme-trisch zur Mitte der Vase angeordnet von der Pflanze zufressen scheinen.

Anders als bei den bisherigen Motiven ist zu vermu-ten, dass die Vase unmittelbar auf indische Traditionenzurückgeht. Der p÷r½agha¶a (auch p÷r½akala¸a oder p÷r-½akumbha), eine mit Wasser bzw. dem Elixier des Lebens(am¡ta) gefüllte und von Pflanzen überquellende Vase, istspätestens seit der ̃ u¼ga-Dynastie, dem zweiten Jahrhun-dert v.u.Z., bis heute ein in ganz Indien und bei fast allenreligiösen Gruppen verbreitetes Symbol für Fruchtbarkeitund Überfluss in materieller, moralischer und spirituellerHinsicht (Abb. 6).13) Der p÷r½agha¶a ist zum einen einunerlässliches Objekt bei religiösen Zeremonien, er er-scheint aber auch in künstlerischen Darstellungen als At-tribut oder Sitz der Götter (Abb. 7) und als ein dekorati-ves Element in der Tempelarchitektur. In all diesen Funk-tionen wird die Vase im Kontext der hinduistischen Reli-gionen wie auch im Buddhismus und Jainismus als glück-verheißendes Zeichen für die schöpferischen Energienund mysteriösen Kräfte des Lebens verstanden.14)

Die Darstellung dieses in Indien weithin verwendetenKultobjekts und Symbols hat der Schnitzer der Elfenbein-arbeit sowohl formal wie inhaltlich sinnvoll in die Kom-position eingefügt. Als unterer Abschluss der Frontansichtdes Felsens fügt sich der p÷r½agha¶a folgerichtig in dieReihe der ebenfalls auf der Mittelachse in den darüberliegenden Ebenen dargestellten Objekte ein (Abb. 4). Un-mittelbar über dem Sockel teilen zwei in einer Höhle sit-zende Einsiedler einen Brotlaib, der durch die göttlicheGnade eines herbeifliegenden Vogels, der einen weiterenLaib in den Krallen hält, verdoppelt wird, sodass für beideMänner gesorgt ist.15) Über den Broten folgen auf dennächsten Ebenen weitere Figuren und Objekte, welche aufdie heils- und lebensspendende Kraft des Christentumsverweisen: der neugeborene Christus selbst, die HeiligeSchrift, ein Brunnen und auf dem höchsten Plateau derbereits genannte Pelikan. Diese christlichen Symbole desLebens und der Heilserwartung16) hat der Künstler nichtnur in eine Reihe mit dem in Indien als Ausdruck meta-physischer Lebensfülle verstandenen p÷r½agha¶a gesetzt,er hat zugleich die auf allen Ebenen dargestellte mensch-liche oder tierische Teilhabe an der Heilsquelle mit den anden Blättern knabbernden Schafen – die wiederum füreine hinduistische Darstellung des p÷r½agha¶a ungewöhn-lich wären – zum Ausdruck gebracht. Selbst die Einglie-derung des Motivs in die Basis der Skulptur muss nichtnotwendigerweise als eine Unterordnung unter die christ-lichen Symbole verstanden werden, denn auch bei Dar-stellungen von ˜rï-Lak¹mï erscheint die Vase als Basisder göttlichen Erscheinung (Abb. 7).17) Die Verwendungeines den einheimischen Betrachtern vertrauten Sym-bols zur transkulturellen Vermittlung eines transzenden-ten, christlichen Sinngehalts zeigt die Möglichkeit, aberauch die Problematik von Übersetzungen. Denn mit der

11) Der Pelikan war seit dem 3. Jahrhundert als Symbol für das Opferund die Auferstehung Christi bekannt; vgl. LCI 1971: 390-392.

12) Die Heiligen zu Füßen des zentralen Christuskindes ergebeneine weitere Übereinstimmung mit der Figur des ̃ iva Dak¹i½å-m÷rti, die ebenfalls häufig von mystischen Sehern und Weisen(¡¹is) umgeben ist; vgl. SAVIELLO 2012: 69-70, Abb. 6, 8.

13) Für den Hinweis, dass es sich bei der Darstellung der Vase umeinen p÷r½agha¶a handeln kann, bin ich Martina Stoye zu Dankverpflichtet; vgl. AGRAWALA 1965: 2-3; BÄUMER 20032: 445-447; CHANDRA 1996: 4-24.

14) Vgl. AGRAWALA 1965; BÄUMER 20032: 445-447.

15) Wahrscheinlich handelt sich um die Darstellung des heiligen Ere-miten Paulus von Theben und des ihn besuchenden AntoniusAbbas, die an diesem Tag von einem von Gott gesandten Rabendie doppelte Ration an Brot erhalten. Vgl. SAUSER 1973: 211-212.

16) Zur Symbolik des Brotes vgl. FORSTNER 19865: 428-429; zum„Buch“, ebd.: 368-371; zum „Brunnen“ THOMAS 1971: 331-336.

17) Bei der Aushandlung von Bildern und Symbolen zwischen ver-schiedenen Kulturen unterscheidet Gauvin Alexander BAILEYzwischen drei verschiedenen Modi: der Unterordnung (“juxta-position”) fremder Zeichen, der Übereinstimmung von Zeichen-bedeutungen (“convergence”) und dem Synkretismus (“syncre-tism”) als einem visuellem Bilingualismus. Innerhalb dieser Ka-tegorisierung wäre das Verhältnis des p÷r½agha¶a zu den christ-lichen Symbolen als weitgehende Übereinstimmung zu bezeich-nen. BAILEY 1999: 28.

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62 A. SAVIELLO

Übertragung ging zugleich eine Verfremdung der ur-sprünglichen Aussage einher.18) Während die christlichenSymbole des Brots und des Pelikans auf den OpfertodChristi verweisen, steht der p÷r½agha¶a sinnbildhaft fürden fruchtbaren Mutterleib und ist nicht mit einem sol-chen Opfergedanken verbunden.19)

Artefakte der Akkommodation?Wie sind die an den Figuren der Guten Hirten zu erken-nenden kompositorischen und motivischen Anleihen andie hinduistische Bildtradition in ihrem historischen Ent-stehungskontext zu bewerten? Zunächst ist festzuhalten,dass die dargelegten Übereinstimmungen zwischen denGuten Hirten und den zeitgenössischen hinduistischenKultbildern und Symbolen im Vergleich zu den Differen-zen eher gering ausfallen. Dies ist nicht verwunderlich,denn eine mögliche Verwechslung entsprach keineswegsder Intention der Missionare.20) Hinduistische Götterfigu-ren wurden von den christlichen Geistlichen gemeinhinals teuflische Götzen verurteilt und nachdem König JoãoIII. (r. 1521-57) 1540 den Befehl erteilt hatte, die Tempelin Goa niederzureißen, kam es in den folgenden Jahrzehn-ten in den portugiesisch beherrschten Gebieten mehrfachzu systematischen Zerstörungen hinduistischer Kultorte.21)

Auch der Besitz von hinduistischen Götterbildern war denEinheimischen verboten und wurde von der 1560 einge-richteten Inquisition mit drastischen Strafen belegt.22)

Eine Quelle von 1568 bezeugt die Achtsamkeit derMissionare darauf, dass die indischen Handwerker den

von ihnen geschaffenen christlichen Figuren keine „ex-pressões pagãs“23), also keine heidnischen Ausdrücke,verliehen. Ein markanter Unterschied zwischen den Bil-dern der verschiedenen Religionen dürfte den indigenenBetrachtern auch bei den Guten Hirten aufgefallen sein.Die geschlossenen Augen der zentralen Figur des Chris-tuskindes widersprechen der hinduistischen Praxis derdurch den Blickkontakt mit der Götterfigur zu erfahren-den Segnung (dar¸an) eklatant, weshalb eine Figur mitgeschlossenen Augen aus hinduistischer Sicht nicht dieFunktion eines Kultbildes erfüllen kann.24) Trotz dieserikonographischen Differenz und trotz des klar artikulier-ten Willens der Missionare zur visuellen Abgrenzungscheinen die Ähnlichkeiten der Guten Hirten mit der indi-schen Bildtradition nicht ganz zufällig.

Eine mögliche Erklärung ihrer Gestalt kann in derMissionsstrategie der Akkommodation liegen, die vorallem vom Orden der Jesuiten betrieben wurde.25) Grund-lage dieser Strategie war es, kulturelle Elemente der zubekehrenden Gruppen in den christlichen Kultus zu über-nehmen, um so die Annahme und das Verständnis deschristlichen Glaubens zu erleichtern bzw. überhaupt erstzu ermöglichen. Der bekannteste Vertreter der Akkom-modation in Indien, der in Madurai tätige Jesuit Robertode Nobili (1577-1656), hatte daher nicht nur die loka-len Sprachen erlernt, sondern sich auch in Kleidungund Lebensart an die Sitten der Brahmanen angepasst(Abb. 8).26) Das druckgraphische Portrait, das de Nobilials in seiner Erscheinung einem heiligen Mann der Hin-dus (sannyåsin) gleichend zeigt, ist somit zugleich einSinnbild seiner Missionsmethode (ŽUPANOV 2005: 169).Allerdings war die Akkommodation seit Beginn des 17.Jahrhunderts sehr umstritten. Ihre Gegner fürchteten, dass

18) Bezüglich des Problems der Übersetzung religiöser Konzeptein andere Sprachen, die immer mit einer Bedeutungsverschie-bung einhergehen, vgl. ŽUPANOV 2005: 27-28.

19) Vgl. AGRAWALA 1965: 6; BÄUMER 20032: 446. Rai GovindCHANDRA (1996: 22-24) sieht in der Form des p÷r½agha¶aeine Verbindung zu Darstellungen prähistorischer Muttergott-heiten. Umgekehrt geht die Figur der sogenannten Lajjå Gaurï,die mit gespreizten Beinen ihre Scham (lajjå) präsentiert, wohlauf eine fortschreitende Anthropomorphisierung des p÷r½a-gha¶a-Motivs zurück. Vgl. RADCLIFFE BOLON 1992; JANSSEN1993.

20) Verwechslungen seitens der Christen, die hinduistische Bilderfür Darstellungen christlicher Themen hielten, sind mehrfachbelegt; vgl. OSSWALD 2005: 148.

21) Vgl. MENDOÇA 2002: 201-205; RAO 1963: 36, 43-44.22) Neben der massenhaften Zerstörung indischer Tempel gehörten

Zwangstaufen, die Enteignung und Verbannung hinduistischerFamilien, Berufsverbote, die Verweigerung von Ämtern und seit1562 auch die Hinrichtung auf dem Scheiterhaufen zu den vonGesetzen des portugiesischen Vizekönigs unterstützten Praktikender Mission; vgl. RAO 1963: 43-44; D’COSTA 1965: bes. 193, 196.

23) Constitutciones do Arcesbispado de Goa, approvadas pello pri-meiro Cõcilio Provinncial, Goa 1568, (BNL, Res 134ª); zitiertnach MENDES PINTO 1999: 337.

24) Dies gilt natürlich hauptsächlich für anthropomorphe Kultbil-der. Aber selbst nichtfigürliche Kultbilder werden bisweilenmit Augen versehen, um den Kontakt der Gläubigen mit derGottheit zu ermöglichen. Das „Öffnen“ der Augen ist der letzteAkt bei der rituellen Einführung einer neuen Kultfigur; vgl.ECK 19963: 7; MALLEBREIN 1998: 10-11; BLURTON 2007: 57.

25) Zur Geschichte der Missionsstrategie der Akkommodation vgl.RUBIÉS 2005. Zur Akkommodation und Akkulturation und ihrerbesonderen Bedeutung für die jesuitische Missionskunst vgl.BAILEY 1999: 10-11, 28-31.

26) Zu der vor allem von Roberto de Nobili betriebenen Praxis derAkkommodation und der Adaption indischer Riten in denchristlichen Kult vgl. ŽUPANOV 1999: 167-168.

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Transzendenz in transkultureller Perspektive – Die indo-portugiesischen Elfenbeinfiguren des „Guten Hirten“, Teil II 63

Abb. 8 Bildnis Roberto de Nobilis in der Kleidung eines Brah-manen, Kupferstich. Photo nach PLECHL 1979: 111

durch die Annahme der indigenen Bräuche und Sitten derWesenskern des katholischen Glaubens korrumpiert wer-de. Der sogenannte Ritenstreit, in dessen Zuge am Vor-abend der europäischen Aufklärung die zentrale Fragenach der Unterscheidung zwischen kultureller und religi-öser Praxis diskutiert wurde, blieb lange unentschieden.Während de Nobilis Vorgehen von einer Bulle 1623 zu-nächst bestätigt wurde, verbot ein weiteres Papstschrei-ben aus dem Jahr 1645 die Akkommodationsmethodegenerell. Dieses Interdikt wurde 1693 wieder aufgehobenund schließlich 1742 durch eine Bulle von Papst Bene-dikt XIV. (r. 1740-58) erneuert.27)

Neben der im ersten Teil des Aufsatzes vorgestelltenLesart, welche den Felsen der Guten Hirten mit dem„monte pequeno“, dem vermeintlichen Ort des Martyri-ums des Apostels Thomas in Mylapore (Chennai), ver-

glich und ihn als ein Symbol für die Tradition der christ-lichen Mission in Indien auslegte, spricht die Verwendungder Figuren in der Mission durchaus auch für ihre Gestal-tung im Sinne der Akkommodation. So dürfte die zentraleFigur des kindlichen Hirten den indischen Konvertitendurch ihre Nähe zu K¡¹½a als jugendlichem Kuhhirten(gopåla) ebenso wie durch die Adaption des ikonogra-phischen Musters des erleuchteten und barmherzigen Leh-rers Dak¹i½åm÷rti vertraut erschienen sein.28) Zudem ent-spricht der anhand der Verwendung des p÷r½agha¶aerläuterte Versuch einer Übersetzung und Vermittlungchristlicher Glaubensinhalte durch hinduistische Zeichenden Bestrebungen de Nobilis und anderer jesuitischerMissionare, in den einheimischen Religionen und Spra-chen äquivalente Konzepte und Begriffe zur christlichenLehre zu finden.29)

Dennoch muss das Phänomen der motivischen Über-einstimmungen nicht notwendigerweise auf das planvolleHandeln der Missionare zurückgeführt werden. Es istgleichfalls möglich, dass die Gemeinsamkeiten ganz oderzum Teil auf die indischen Schnitzer selbst zurückzufüh-ren sind. Diese werden unabhängig davon, ob sie Hindusoder ,neue‘ Christen waren, bei der Umsetzung der christ-lichen Themen auf die ihnen vertrauten bildnerischen Mit-tel zurückgriffen haben. Die Möglichkeit einer sich derartaus der künstlerischen Praxis ergebenden Formwanderungwird zudem dadurch begünstigt, dass es in den indischenKünstlerwerkstätten durchaus üblich war, gleichzeitig fürAuftraggeber unterschiedlicher Religionen zu arbeiten(PAL 1988: 27). Mehrfach wurde versucht, die Positionder hinduistischen Künstler zu schwächen. 1546 lies JoãoIII. per Gesetz verbieten, dass „heidnische“ Künstlerchristliche Figuren oder Bilder fertigten (KEIL 1938: 16).Offensichtlich erfolglos wurde das Verbot durch das Pro-vinzialkonzil in Goa 1567 und 1598 erneuert, was dafürspricht, dass die Nachfrage nach Kunst- und Kultobjektenschlichtweg zu groß war, als dass sie von den christlichenKünstlern alleine hätte gedeckt werden können (DIAS

27) Den Ritenstreit im Zuge der überseeischen Missionen undseine Auswirkung auf die Diskurse der Aufklärung schildertRUBIÉS (2005).

28) Auf die Ähnlichkeit des Guten Hirten mit K¡¹½a haben bereitsLuís KEIL (1938: 15) und Bernardo Ferrão de Tavares eTÁVORA (1983: 86, Nr. 114) hingewiesen.

29) Die Bemühungen, christliche Konzepte in den Sprachen der zuMissionierenden auszudrücken, können als die ersten prakti-schen Umsetzungen der Akkommodation gelten; vgl. ŽUPANOV2005: 31, 232-258. Zur zentralen Problematik der Übersetzungdes Gottesbegriffes in den asiatischen Missionen und besondersin Bezug auf das Vorgehen von Roberto de Nobili, vgl. KIM2004: 102-117.

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[1993]: [100]). Das Aufscheinen hinduistischer Elementein den Guten Hirten kann also nicht nur als künstlerischeUmsetzung der Akkommodationsmethode und damit alsder christlichen Strategie entsprechend gedeutet werden,es lässt auch Zweifel an der Kontrolle und Diskurshoheitder Missionare zu.

Opazität im kolonialen DiskursEbenso wie die Urheberschaft der Gestaltung der GutenHirten nicht zweifelsfrei einer Partei der historischen Ak-teure zugeschrieben werden kann, sondern als ein Produkttranskultureller Aushandlung anzusehen ist, so entziehtsich auch ihre Ikonographie einer eindeutigen Lesart. InBezug auf ihre Rezeption durch die indigene Bevölkerungsind bisher keine Zeugnisse bekannt. Allerdings deutendie Quellen darauf hin, dass die Auslegungen der Figurendurch europäische, mit der christlichen Ikonographie ver-traute Rezipienten keineswegs eindeutig waren. In zeitge-nössischen Inventaren firmieren die Guten Hirten unter-schiedlich. In einem jesuitischen Rechnungsbuch aus Goawerden sie recht bedeutungsoffen als „kindliche Schäfer“(meninos pastoris) betitelt,30) in anderen europäischen In-dices erscheinen sie aber auch in klarem Bezug auf Chris-tus als „Guter Hirte“ (bom pastor)31) oder als „Johannes-knabe“ (S. João).32) Nicht nur die historischen Betrachterwaren über die Bedeutung der Figuren uneins. In dermodernen Kunstgeschichte nahm nicht nur die Vielfaltchristlicher Interpretationen zu, die Figuren wurden bis-weilen auch als K¡¹½a, Buddha oder als zoroastrischeGottheit Yima identifiziert.33)

Die relative Bedeutungsoffenheit der Figuren lässt sichauf ihre gleichzeitige Zugehörigkeit zu unterschiedlichenBildtraditionen zurückführen. Dass sich ihr Sinngehalt bis-her weder durch eine christliche, noch durch eine hinduis-tische Ikonographien in Rechnung ziehende Interpretationvollständig entschlüsseln lies, verweist darauf, dass dieObjekte etwas anderes sind als die bloße Summe der inihnen zusammengeführten kulturell differenten Bildzei-chen. Homi BHABHA hat diese für koloniale Artefakte

typische Verfremdung,34) die mit einer Destabilisierung dervon ihnen repräsentierten kulturellen Identität einhergehe,„die weniger als eines und zugleich doppelt“ ist, als „Hy-bridität“ bezeichnet. Diese Hybridität habe aber nicht nurein subversives, sondern zugleich auch ein kreatives Po-tential und vermöge es, die asymmetrische und polareMachtstruktur des kolonialen Diskurses zu unterlaufenund einen „dritten Raum“ zu eröffnen, in dem „neue For-men des Wissens, neue Modi der Differenzierung, neueOrte der Macht“ möglich seien (BHABHA 2000: 176-177).

Statt den Begriff der Hybridität zu verwenden, dernicht nur problematisch ist, weil er (entgegen BHABHAsIntention) den konzeptuellen Gegenpol einer kulturellen„Reinheit“ evoziert, sondern auch wegen seiner Tendenz,die Problematik kolonialer Repräsentation im unvermeid-lichen Effekt der Hybridisierung zu finalisieren und auf-zulösen,35) soll das an den Figuren der Guten Hirten auf-scheinende Phänomen der Verfremdung und ihres damiteinhergehend nicht eindeutig festlegbaren Sinngehalts als„Opazität“ beschrieben werden. Nach Louis MARIN istOpazität zunächst ein zeichentheoretisches Phänomen,das der „Transparenz“, nämlich dem eindeutigen Verweiseines Signifikanten auf ein Signifikat, entgegensteht. Beider Opazität ist diese Verweisstruktur gestört und das Zei-chen (Signifikant) geht nicht in seinem Bezug auf die vonihm angezeigte Bedeutung (Signifikat) auf. In seinerUndurchsichtigkeit bleibt das Zeichen selbst als Zeichensichtbar, wodurch das Objekt insgesamt einen enigmati-schen Charakter erhält und gleichzeitig seine ästhetischeFaktur und Materialität an Relevanz gewinnen. Andersgesagt: Durch die Opazität verliert der vom Artefakt zei-chenhaft vermittelte Sinn zu Gunsten der Wahrnehmungseiner ontischen Qualitäten an Bedeutung.

Zugleich bedeutet Opazität durch die bewirkte Stö-rung der für eine Repräsentation gebotenen Eindeutigkeitauch einen Verlust an Macht.36) Denn die in der semanti-schen Opazität aufgebrochene Verweisstruktur eröffnet

30) So im bereits erwähnten Rechnungsbuch der Jesuiten; vgl. Livrode contas dos Jesuítas de 1684 a 1692, Historical Archives ofGoa, Panjim (Arch. Nr. 2088), f. 141r, 155v.

31) Im Neuen Testament bezeichnet Jesus sich selbst als „gutenHirten“; Johannes-Evangelium (10,11-16).

32) OSSWALD 1996: 73-74.33) Vgl. ESTELLA MARCOS 1984, 1: 135; 2: 249; OSSWALD 1996: 78.

34) So etwa am Beispiel „Verfremdung des englischen Buches“ imkolonialen Diskurs; vgl. BHABHA 2000: 167. Oder angesichtsder Forderung der Einheimischen nach einer indischen Versiondes Evangeliums; ebd.: 175-180.

35) Zu den Problematiken von BHABHAs Hybriditätskonzept vgl.MERSMANN 2004: 108; MILL 2005. Jonathan FRIEDMANN(1999: 197-201) sieht sogar Anzeichen einer sich über kulturel-le Hybridität definierenden, elitären kosmopolitischen Identität.

36) Nach MARIN führt die Opazität durch den Einbruch des Fakti-schen, Materiellen zu einem Sichtbarwerden und Bruch dersubjektiven Repräsentation; vgl. MARIN 2001: 50-51, 55.

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die Möglichkeit neuer, vom herrschenden Diskurs abwei-chender Interpretationen und ist als Widerpart der Defini-tionsgewalt somit von sozialer Relevanz. In diesem Sinnhat der Dichter und Philosoph Édouard GLISSANT dasmenschliche Recht auf Opazität eingefordert, denn nur inder opaken, unklaren, offenen und eben nicht festgelegtenDeutung sieht er die Möglichkeit einer gleichberechtigtenBegegnung mit dem anderen.37) Der entscheidende Vorteildes Opazitätsbegriffes gegenüber dem der Hybridität liegtdarin, dass er nicht behauptet, das Fundament einer neuenErkenntnis zu sein und den Konflikt kolonialer Asymme-trien, gleich einer Synthese, auf einer höheren Diskurs-ebene aufzulösen. Stattdessen impliziert Opazität die Un-abschließbarkeit und Unmöglichkeit eines vollständigenVerstehens, die eine Begegnung mit dem anderen in im-mer neuen Relationen bedingt und so seiner Subjektivie-rung bzw. Unterdrückung entgegenwirkt.

Auch die Guten Hirten verweigern sich einer vollstän-digen Ausdeutung und taugen daher weder als Repräsen-tationen kolonialer Macht noch als Zeichen indigenerResistenz. Als Artefakte, die wahrscheinlich aus afrika-nischem Elfenbein von indischen Handwerkern nachüberwiegend europäischen Vorlagen für die christlichenMärkte in Asien, Lateinamerika und Europa gefertigtwurden, sind sie vielmehr Ausdruck der durch die kul-turellen Aushandlungen erfahrenen gegenseitigen Ver-fremdung und Wandlung, die sich nicht in die gängigenkulturellen Identitätszuschreibungen und kunsthistori-schen Kategorien einfügen.

Erneuerung in der FremdeDie Verfremdung der christlichen Motive und der damiteinhergehende Verlust ihrer Eindeutigkeit scheint der Be-liebtheit der Guten Hirten jedoch keinen Abbruch geleistetzu haben. Im Gegenteil sprechen die hohe Zahl an Figu-ren, die sich weltweit in privaten Sammlungen und Muse-en findet, und die Datierung einzelner Stücke bis ins 19.Jahrhundert für ihre Produktion in großen Stückzahlen undüber einen langen Zeitraum.38) Es ist zu vermuten, dass dieOpazität der Figuren nicht nur die Wahrnehmung ihresMaterials, ihrer spezifischen Form und Herkunftbegünstigte, sondern im Zusammenspiel mit diesen Kate-gorien sogar als eine Qualität wahrgenommen wurde.

Die nach Europa importierten Elfenbeinfiguren warennicht nur materiell kostbar, bei ihrer Reintegration in deneuropäischen Kontext resultierte ihr ferner Ursprung oftin einer mythischen Aufladung. Durch die narrative Aus-gestaltung wurde die Reise zu einer mit dem Objekt ver-bundenen Eigenschaft. So wird von einem Elfenbeinkruzi-fix aus Goa berichtet, dass es Piraten in die Hände gefallensei und in Nordafrika, von Muslimen verspottet und trak-tiert, eine zweite Passion erlebt, bis es durch ein Wunderzu bluten begonnen habe. Ein als Sklave festgehaltener ita-lienischer Karmeliter habe schließlich sich selbst und dasKreuz freigekauft und es nach Varazze gebracht, wo esnoch heute zu sehen ist.39) Eine andere Geschichte betrifftdie Figur eines Guten Hirten, die im Castillo de Javier inNavarra aufbewahrt wird. Von ihr heißt es, sie habe demneuen Apostel Indiens gehört, dem 1552 verstorbenen Je-suiten Franz Xaver (1506-52), und sei von ihm selbst fürden Ort seines früheren Studiums bestimmt worden.40)

Die narrative Verklärung der Elfenbeine ist nicht ver-wunderlich, denn aus christlicher Sicht kam der Indien-mission eine besondere Bedeutung zu. In Indien glaubtendie Katholiken die christlichen Wurzeln wiederzufinden,die durch die Spaltungen der Kirche in Europa begraben,wenn nicht gar verloren schienen. Während in Rom erst-mals eine systematische Untersuchung der frühchristli-chen Katakomben begonnen wurde (vgl. LEGNER 1959:37), traten auch in Indien immer wieder vermeintlicheZeugnisse des frühen Christentums zutage. Der JesuitPietro Maffei berichtet in seiner Historie delle Indie von1585 von einem Bronzekruzifix, das während der Belage-rung Goas durch ein muslimisches Heer in den Ruineneines Tempels aufgefunden worden sei und den Christenschließlich den Sieg eingebracht hätte. In seiner Würdi-gung des Fundes hebt er hervor, dass dieses vermeintlichantike Kruzifix nicht nur ein Zeichen für das schon zuapostolischer Zeit in Indien blühende Christentum sei,sondern dass sich mit dem Glauben dort auch der sakraleGebrauch der Bilder verbreitete habe, welchen die Protes-tanten nun abschaffen wollten.41) Für die Hoffnung auf

37) Vgl. GLISSANT 1990: 203-209; 2009: 69-71.38) Zur Produktion der Guten Hirten vgl. SAVIELLO 2012: 62-63.

39) Vgl. FAILLA 1981/82: 197-198 (mit einer sehr überzeugendenindischen Lesart des Kruzifixes).

40) Was angesichts der Datierung der Figur ins 17. Jahrhundert alsLegende zu bewerten ist; vgl. ESTELLA MARCOS 1984, 2: 249.

41) MAFFEI 1589: 77r: „E per fare questa opera, mentre che si ruina-no i tempi de gli Idoli, o sepolchride gentili, & altri edificii, frale ruine d’una fù trovato un Crocifisso di bronzo, argomentocerto, che in quelle regioni era già verdeggiata, per traditionede gli Apostoli, non solo la fede Christiana, ma con essa ancora

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Abb. 9 Bartolomé Esteban Murillo, Der Gute Hirte, nach 1660, Öl auf Lein-wand, 123 x 101,7 cm. Museo del Prado, Madrid. Photo © Museo del Prado

eine Wiederentdeckung des ursprünglichen Christentumsin Indien finden sich in den Briefen der Jesuiten zahl-reiche Belege. Die Missionare verglichen die Situationvor Ort mit der ecclesia primitiva,42) der Urkirche desChristentums, und bezeichneten Indien als ein Land vollerWunder, dessen pagane Bevölkerung bald vollständigchristianisiert sei.43) Indien erschien als ein Ort zur Erneu-

erung der Christenheit, wobei diese Erneuerungzugleich eine Rückkehr zu den eigenen Wur-zeln sein sollte.

Gerade im Kontext einer Suche nach derUrsprünglichkeit des eigenen Glaubens könnendie Figuren des Guten Hirten von besondererBedeutung gewesen sein. Nach christlicher Aus-legung wurden sowohl das mit der JungfrauMaria assoziierte Material des Elfenbeins alsauch das Lebensalter der Kindheit mit den Tu-genden der Reinheit und Unschuld verbunden.44)

Zudem ergab sich durch die ikonographischeVerschmelzung des Hirtenmotivs, das durchAntonio Bosios Roma Sotteranea von 1632 alseine vor allem im Frühchristentum verbreiteteBildform bekannt war, mit den Darstellungendes schlafenden Christuskindes nach Wierix, dievor allem in der Herzensmystik des 16. und 17.Jahrhunderts beliebt waren, gleichsam das Leit-bild eines ursprünglichen und emotional erfahr-baren Christentums.45) In die motivische Be-tonung kindlicher Unbefangenheit fügen sichschließlich auch die semantische Uneindeutig-keit der Figuren und ihre Ästhetik, die wenigerhandwerkliche Virtuosität als vielmehr Detail-freude und Einfachheit vermittelt. Die Unge-wissheit, ob es sich bei dem Hirtenkind um einJohannes- oder Christuskind handelt, dürfte da-bei weniger als eine Unsicherheit im Glauben,

als vielmehr ein durch die vermeintliche Unverbildetheitdieser ,frühchristlichen‘ Objekte und ihrer Schöpfer be-dingtes Phänomen verstanden worden sein. Zusammen mitder Herkunft ermöglicht die semantische Opazität der Ob-jekte aus Sicht der europäischen Betrachter die Projektioneiner positiv bewerteten Alterität, die in weiten Teilen mitder Vorstellung von der eigenen verlorenen Kindheit kor-reliert. Bei einer Betrachtung der Guten Hirten als künst-lerische Medien sakraler Thematik verbinden sich dieil salutare uso delle imagini (il qualche questi moderni inimici

dell’antica pietà [i protestanti], & et interpreti della divina vo-lontà, si sforzano di radicare del tutto) [...].”

42) Zur Idealvorstellung der Urkirche (ecclesia primitiva), die seitdem 16. Jahrhundert mit einer Verfallstheorie des Christentumskorrespondierte, vgl. VOLP 2011.

43) Vgl. WICKI 1948: 222; 1950: 91, 140, 250; 1954: 357, 722;1956: 9, 209, 430, 836; 1970: 57, 257; 1981: 596. Angesichtsder schließlich enttäuschenden Missionserfolge wurde die mitder Vorstellung einer ecclesia primitiva verbundene Hoffnungeiner baldigen Durchsetzung des Christentums in Indien aller-dings auch kritisch hinterfragt; vgl. WICKI 1968: 17; 1975: 95,468; D’COSTA 1965: 196.

44) Zur liturgischen Bedeutung des Elfenbeins siehe SHALEM 1996:142. Zur theologischen Bewertung der Kindheit in Mittelalterund Neuzeit vgl. HERMSEN 2006: 43, 105. Zur sich im 17. Jahr-hundert verstärkt durchsetzenden Sichtweise einer kindlichenUnschuld und ihrer Verbindung zur katholischen Erziehung vgl.CUNNINGHAM 20052: 56-57.

45) Zur Deutung des Guten Hirten als eine Verbindung dieser Ikono-graphien vgl. SAVIELLO 2012: 65. Zu den Christuskind-Bildernder Graphikerfamilie Wierix in der Herzensmystik des 17. Jahr-hunderts vgl. DEKONINCK 2005: 361-366; BOSIO 1632: 624-625.

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Abb. 10 José de Mora, Das Jesuskind als Guter Hirte. Abadíadel Sacro Monte, Granada. Photo nach SÁNCHEZ-MESA MARTÍN1988: Abb. 22

opaken Verweise der Bildzeichen zudem passend mitdem dargestellten Thema. Denn das Kind erlebt die Epi-phanie des in der Baumkrone dargestellten Gottvatersund des Heiligen Geistes (Abb. 1) selbst im Zustand desSchlafes oder der Meditation und verweist damit auf eineForm gleichsam visionärer Wahrnehmung, die sich nichtauf eindeutig auslegbare Zeichensysteme stützen kann. Indiesem Bezug auf transzendente Sinngehalte erscheintdie Opazität als eine schlafwandlerische Sicherheit desGlaubens, dessen Zielgerichtetheit und Authentizität aufeiner vermeintlich unmittelbaren, natürlichen und empha-tischen Erfahrung basiert und kaum einer dogmatischenbzw. ikonographischen Rückversicherung bedarf. Die ausder transkulturellen Genese der Guten Hirten hervorge-hende Opazität würde damit umschlagen in einen Hin-weis auf die Natur transzendenter Erfahrung, die sicheiner rationalen Entschlüsselung entzieht und sich in derspezifischen Gestaltung der Objekte als eine vermeintlichoriginäre und unverbildete Verarbeitung dieser Erfahrungartikuliert.

Zwar muss ungeklärt bleiben, ob die semantischeOpazität der Guten Hirten als exotisch, naive Verfrem-dung oder als kohärente Polyvalenz und Symbolhaftigkeitdes Bildprogramms überhaupt reflektiert wurde. Dennochist es naheliegend, dass die Guten Hirten als Ausdruckeines neuen, gleichsam unverbrauchten Erlebens deschristlichen Glaubens verstanden wurden. Die lusitani-schen Zeitgenossen scheinen von den Elfenbeinfigurenjedenfalls zu einer produktiven Auseinandersetzung mitder Ikonographie des Guten Hirten angeregt worden zusein. Bei ihrer künstlerischen Reintegration in den euro-päischen Diskurs wurden die vielfältigen und zum Teilaustauschbaren Motive am Felsenthron des Guten Hirtenweggelassen, und der Fokus auf die Hauptfigur und dieAspekte der Kindlichkeit und der Emotionalität gelegt.Aus dem sechsten Jahrzehnt des 17. Jahrhunderts, also zueiner Zeit, in der die Guten Hirten aus Indien in Europanachgewiesen sind,46) stammen mehrere Darstellungendes Themas von Bartolomé Esteban Murillo (1617-82)(Abb. 9). Diese Werke können sich zwar auf eine reichesevillianische Tradition an Christuskind-Darstellungenstützen – überhaupt kennzeichnet sich die Epoche und imSpeziellen das Oeuvre Murillos durch eine Vorliebe fürKinderbilder –, konkrete europäische Vorlagen für dieDarstellung des Christuskindes als Hirte wurden bisher

aber nicht gefunden.47) Es ist daher möglich, dass es diein Kirchen und auf Hausaltären in spanischen Heimenstehenden Guten Hirten aus Indien waren, die Murilloveranlassten, diese Ikonographie in sein Werk und damitin den Kanon der christlichen ,Hochkunst‘ zu integrieren.In seinem heute im Prado befindlichen Gemälde erscheintder Hirte als Knabe vor einer Landschaft mit antiken

46) Vgl. SAVIELLO 2012: 63.

47) Vgl. VALDIVIESO GONZÁLEZ 2010: 164-169; CHERRY 2001: 23-26; SÁNCHEZ-MESA MARTÍN 1988. Eine von LEGNER (1970:295) erwähnte frühere Darstellung des Guten Hirten, die AlonsoCano 1650 für die Sakristeitür der Iglesia de Santiago in Madridmalte, ist leider nicht erhalten. Allerdings geht aus den Quellennicht hervor, ob es sich dabei um einen kindlichen Hirten han-delte; vgl. DÍAZ MORENO 2008: 288. Ein weiterer Hinweis LEG-NERs auf ein Bild eines kindlichen Guten Hirten, das Pedro Or-rente vor 1600 für die Kirche von de San Francisco de Murciagemalt haben soll, konnte bisher ebenfalls nicht verifiziert wer-den. Sicher ist jedenfalls, dass eine Popularisierung der Ikono-graphie des kindlichen Guten Hirten in Spanien erst in der zwei-ten Hälfte des 17. Jahrhunderts einsetzte.

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Ruinen und einer Schafherde, die im Hintergrund auseinem etwas tiefer gelegenen Bach trinkt. Das Alter desHirten kontrastiert dabei mit den Ruinen einer alten,scheinbar von der Zeit überholten Kultur (der klassischenAntike), womit das Kind als Sinnbild des der Zeit wider-stehenden, immer jungen christlichen Glaubens verstan-den werden kann.48)

Neben den Guten Hirten Murillos, die ihrerseits viel-fach nachgeahmt wurden, finden sich spätere Werke wieetwa die Skulptur des auf einem Felsen sitzenden GutenHirten des spanischen Bildhauers José de Mora (1642-1724), die wohl in direkter Anlehnung an die indo-portu-giesischen Elfenbeine entstanden (Abb. 10).49) Auch indiesem Fall wurde das ikonographische Programm aufdie Hauptfigur und die Schafe reduziert und durch dieDarstellung des Kindes als weinend scheint eine primäremphatische Rezeption intendiert. Dies wird vor allemdadurch deutlich, dass sich der Grund für die Tränen ausdem Werk selbst nicht erschließt. Der emotionale Aus-druck des Kindes bildet also die zentrale Aussage undwird nicht in einen narrativen Kontext eingebunden. Bei-de Adaptionen des Bildthemas sprechen dafür, dass dieGuten Hirten aus Indien auf die europäische Kunst zu-rückwirkten. In der Wahrnehmung der christlichen Euro-päer konnten die Figuren zu den Objekten einer Projek-tion werden, die unter den Leitvorstellungen der kind-lichen Unschuld und Emotionalität die Erneuerung dereigenen Religiosität suchte.

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48) Eine derartige Interpretation der Darstellungen des jugendli-chen Christus war im 17. Jahrhundert bekannt und wird etwaauch von Antonio BOSIO (1632: 623) vertreten.

49) In der Folge widmeten sich spanische Bildhauer vermehrt die-sem Thema; vgl. SÁNCHEZ-MESA MARTÍN 1988: Abb. 18, 19.

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English Summary

After the description of the Good Shepherd ivory figures as objects that combine elements of bothChristian and Hindu artistic tradition in the first part of this article, the second part is dedicated tothe analysis of the artifacts’ role in the discourses of the Catholic mission in India.

Although the figures manifest a missionary impetus in their resemblance to a common Indianinter-religious iconography and their attempt to communicate Christian meaning through localmotifs, the authorship and design of the objects can be ascribed neither to the Christian missionariesnor to the Indian craftsmen alone. Originating in a transcultural negotiation, the Good Shepherdsseem to subvert clear-cut cultural attributions and can be co-opted neither as representations ofcolonial domination nor as signs of indigenous resistance. Analogous to the unclear ascription ofthe figure’s design also their iconographic legibility appears to be disturbed by a general semanticpolyvalence.

The article discusses this semantic opacity as a significant characteristic of the Good Shepherdivories in regard to their reception and re-semantization in Europe.