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Dr. Fritz
Infektionshygienische Problemstellungen in
Einrichtungen zur gemeinschaftlichen
Unterbringung (EgU)
Rechtliche Aspekte
Dr. Fritz Oberparleiter
Facharzt für Öffentliches Gesundheitswesen
Gemeinschaftseinrichtungen sind
durch das Zusammenleben und die
Zusammenarbeit einer Vielzahl von
Personen von besonderer
hygienischer Bedeutung.
Da in Gemeinschaftseinrichtungen eine relativ große
Zahl an Personen über längere Zeit in relativ engem
räumlichen Kontakt leben, ist die Einhaltung von
Hygieneregeln wichtig. Ansteckende Krankheiten
können sich dort schnell ausbreiten, daher besteht die
Hoffnung auf Abhilfe durch Hygienepläne.
Übertragbaren Krankheiten beim Menschenvorzubeugen, Infektionen frühzeitig zu erkennen
und ihre Weiterverbreitung zu verhindern, ist
Zweck des Infektionsschutzgesetzes (IfSG). Das
Gesetz setzt dabei in hohem Maße neben
behördlichen Aufgaben und Zuständigkeiten auch
auf die Eigenverantwortung der Träger und Leiter
von Gemeinschaftseinrichtungen sowie jedes
Einzelnen.
Werden Tatsachen festgestellt, die zum Auftreten
einer übertragbaren Krankheit führen können,
oder ist anzunehmen, dass solche Tatsachen
vorliegen, so trifft die zuständige Behörde die
notwendigen Maßnahmen zur Abwendung der
dem Einzelnen oder der Allgemeinheit hierdurch
drohenden Gefahren.§16 Abs.1 IfSG
§ 36 Infektionsschutz bei bestimmten
Einrichtungen, Unternehmen und Personen
(1) Folgende Einrichtungen und Unternehmen müssen in Hygieneplänen innerbetriebliche Verfahrensweisen zur
Infektionshygiene festlegen und unterliegen der infektionshygienischen Überwachung durch das Gesundheitsamt:
...
3. Obdachlosenunterkünfte,
4. Einrichtungen zur gemeinschaftlichen Unterbringung von Asylbewerbern, vollziehbar Ausreisepflichtigen,
Flüchtlingen und Spätaussiedlern,
5. sonstige Massenunterkünfte,
...
Hygienepläne
https://www.gesunde.sachsen.de/download/lua/RHPl_Gem_Erwachsene.pdf
(Länder-Arbeitskreis zur Erstellung von Rahmenhygieneplänen nach §§ 23 und 36 IfSG)
https://frankfurt.de/sixcms/media.php/738/Hygieneplan für EGE.doc
(Stadtgesundheitsamt Frankfurt a.M.)
https://www.nlga.niedersachsen.de/download/101340
(Niedersächsisches Landesgesundheitsamt)
https://www.bezreg-koeln.nrw.de/brk_internet/leistungen/abteilung02/20/leistungsbeschreibung.pdf
(Bezirksregierung Köln)
https://www.forum-verlag.com/media/pdf/LP_2537_hygieneplan.pdf
https://www.lgl.bayern.de/gesundheit/infektionsschutz/asylbewerber_gesundheit/index.htm
….
Hygienemanagement
Unter diesem Begriff wird ein System der Regelungen auf dem Gebiet
der Hygiene einer Einrichtung verstanden sowie die praktische
Durchsetzung der Erfordernisse und Verhaltensvorschriften.
„Hygienemanagement ist die Organisation, Leitung und praktische
Durchsetzung der zur Wahrung der Hygiene in einer Einrichtung
erforderlichen Maßnahmen. Besondere Aufgaben sind betriebliche
Regelungen zur Hygiene sowie deren laufende Durchsetzung und die
Kontrolle ihrer Einhaltung. Das Hygienemanagement ist eng verzahnt
mit dem Qualitätsmanagement Maßnahmen, die die Qualität der
Leistungen sichern oder verbessern sollen in Verbindung mit einer
laufenden Qualitätskontrolle (quality assurance).“
§ 15a IfSG Durchführung der
infektionshygienischen und hygienischen
Überwachung
1) Bei der Durchführung der folgenden infektionshygienischen oder hygienischen Überwachungen
unterliegen Personen, die über Tatsachen Auskunft geben können, die für die jeweilige
Überwachung von Bedeutung sind, den in Absatz 2 genannten Pflichten und haben die mit der
jeweiligen Überwachung beauftragten Personen die in Absatz 3 genannten Befugnisse:
...
2.infektionshygienische Überwachung durch das Gesundheitsamt nach § 36 Absatz 1 und 2,
...
3) Die mit der Überwachung beauftragten Personen sind, soweit dies zur Erfüllung ihrer Aufgaben
erforderlich ist, befugt,
1. Betriebsgrundstücke, Betriebs- und Geschäftsräume, zum Betrieb gehörende Anlagen und
Einrichtungen sowie Verkehrsmittel zu Betriebs- und Geschäftszeiten zu betreten und zu
besichtigen,
2. sonstige Grundstücke sowie Wohnräume tagsüber an Werktagen zu betreten und zu besichtigen,
3. in die Bücher oder sonstigen Unterlagen Einsicht zu nehmen und hieraus Abschriften,
Ablichtungen oder Auszüge anzufertigen,
4. sonstige Gegenstände zu untersuchen
§ 73 IfSG Bußgeldvorschriften
Ordnungswidrig handelt, wer vorsätzlich oder fahrlässig
entgegen § 15a Absatz 2 Satz 1, entgegen § 15a Absatz 3 Satz
2 ein Grundstück, einen Raum, eine Anlage, eine Einrichtung,
ein Verkehrsmittel oder einen sonstigen Gegenstand nicht
zugänglich macht,
(3a) Die Leiter von in Absatz 1 Nummer 2 bis 6
genannten Einrichtungen haben das Gesundheitsamt,
in dessen Bezirk sich die Einrichtung befindet,
unverzüglich zu benachrichtigen und die nach diesem
Gesetz erforderlichen krankheits- und
personenbezogenen Angaben zu machen, wenn eine
in der Einrichtung tätige oder untergebrachte Person
an Skabies erkrankt ist oder bei ihr der Verdacht
besteht, dass sie an Skabies erkrankt ist.
§ 6 IfSG Meldepflichtige Krankheiten
(1) Namentlich ist zu melden:
1. der Verdacht einer Erkrankung, die Erkrankung sowie der Tod in Bezug auf die
folgenden Krankheiten:
…
2. der Verdacht auf und die Erkrankung an einer mikrobiell bedingten Lebens-
mittelvergiftung oder an einer akuten infektiösen Gastroenteritis, wenn
a) eine Person betroffen ist, die eine Tätigkeit im Sinne des § 42 Abs. 1 ausübt,
b) zwei oder mehr gleichartige Erkrankungen auftreten, bei denen ein epide-
mischer Zusammenhang wahrscheinlich ist oder vermutet wird,
§ 8 IfSG
Zur Meldung verpflichtete Personen
...
7. im Falle des § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1, 2
und 5 die Leiter von Einrichtungen nach § 36
Absatz 1 Nummer 1 bis 6,
§ 73 IfSG Bußgeldvorschriften
(1a) Ordnungswidrig handelt, wer vorsätzlich
oder fahrlässig entgegen § 6 ... eine Meldung
nicht, nicht richtig, nicht vollständig, nicht in der
vorgeschriebenen Weise oder nicht rechtzeitig
macht,
§ 74 IfSG Strafvorschriften
Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geld-
strafe wird bestraft, wer eine in § 73 Absatz 1 oder
Absatz 1a Nummer 1 bis 7, 11 bis 20, 22, 22a, 23
oder 24 bezeichnete vorsätzliche Handlung begeht
und dadurch eine in § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1
genannte Krankheit oder einen in § 7 genannten
Krankheitserreger verbreitet.
(6) Die Landesregierungen werden ermächtigt, durch
Rechtsverordnung festzulegen, dass Personen, die nach dem
31. Dezember 2018 in die Bundesrepublik Deutschland
eingereist sind und die auf Grund ihrer Herkunft oder ihrer
Lebenssituation wahrscheinlich einem erhöhten
Infektionsrisiko für bestimmte schwerwiegende
übertragbare Krankheiten ausgesetzt waren, nach ihrer
Einreise ein ärztliches Zeugnis darüber vorzulegen haben, dass
bei ihnen keine Anhaltspunkte für das Vorliegen solcher
schwerwiegender übertragbarer Krankheiten vorhanden sind,
sofern dies zum Schutz der Bevölkerung vor einer Gefährdung
durch schwerwiegende übertragbare Krankheiten erforderlich
ist; § 34 Absatz 4 gilt entsprechend. Personen, die kein auf
Grund der Rechtsverordnung erforderliches ärztliches Zeugnis
vorlegen, sind verpflichtet, eine ärztliche Untersuchung auf
Ausschluss schwerwiegender übertragbarer Krankheiten im
Sinne des Satzes 1 zu dulden….
Unterbringung versus Wohnen
Unterbringung:
Pflicht, in einer Einrichtung zu wohnen z.B. AsylVfG,
Unterbringung durch die Landkreise und kreisfreien Städte
Asylbewerber im laufenden Verfahren eine pauschale
Verpflichtung zum Wohnen in Gemeinschaftsunterkünften
https://www.stmas.bayern.de/integration/kommunenportal/wohnen/index.php
Migranten haben besondere gesundheitliche, psycho-
soziale und ökonomische Belastungen. Sie zählen zu
einer besonders vulnerablen Bevölkerungsgruppe, sie
sind im Fall einer bestimmten drohenden Gefahr
besonders verletzlich.
Unterbringung versus Wohnen
Wohnen:
„Jeder hat das Recht auf einen Lebensstandard, der seine und
seiner Familie Gesundheit und Wohl gewährleistet,
einschließlich Nahrung, Kleidung, Wohnung, ärztliche
Versorgung und notwendige soziale Leistungen gewährleistet
sowie das Recht auf Sicherheit im Falle von Arbeitslosigkeit,
Krankheit, Invalidität oder Verwitwung, im Alter sowie bei
anderweitigem Verlust seiner Unterhaltsmittel durch
unverschuldete Umstände.“
– Allgemeine Erklärung der Menschenrechte - Art. 25 (1)
Das Wohnen stellt für jeden Menschen einen sehr
wichtigen Lebensbereich dar. Die Unverletzlichkeit der
Wohnung gehört in Deutschland zu den Grundrechten
jedes Menschen. Danach kann jede Person grund-
sätzlich selbst bestimmen, wie sie wohnt. Dies schließt
auch die Sauberkeit mit ein. Allerdings gibt es hier eine
Grenze, die nicht überschritten werden darf. Diese
Grenze ist dort zu ziehen, wo jemand durch seine Art zu
leben, die Rechte anderer beeinträchtigt.
Verwahrlosung bezeichnet einen
Zustand, in dem die Mindest-
erwartungen, die die Gesellschaft an
eine Person, ein Tier oder eine Sache
stellt, nicht erfüllt sind.
Wenn eine Unterkunft extrem vermüllt ist, kommt es
dort in aller Regel aufgrund organischer Verunreini-
gungen zunehmend zur Ansiedelung von Ungeziefer
oder anderen Schädlingen (Ratten oder Mäuse).
Dies bedeutet für die in der unmittelbaren Umge-
bung lebenden Menschen eine Gesundheits-
gefährdung.
(2) Wenn Gesundheitsschädlinge festgestellt werden und
die Gefahr begründet ist, dass durch sie Krankheits-
erreger verbreitet werden, so hat die zuständige Behörde
die zu ihrer Bekämpfung erforderlichen Maßnahmen
anzuordnen. Die Bekämpfung umfasst Maßnahmen
gegen das Auftreten, die Vermehrung und Verbreitung
sowie zur Vernichtung von Gesundheitsschädlingen.
§ 17 IfSG Schädlingsbekämpfung
Dr. Fritz
Oberparleiter
Bettwanzen - Bekämpfung
Es ist ein schwieriges, oft langwieriges und teures Unterfangen, Bettwanzen erfolgreich
zu bekämpfen. Der Grund: Bettwanzen sind sehr widerstandsfähig und reagieren
zudem auf viele Insektizide nicht mehr – sie sind resistent.
Nur professionelle Schädlingsbekämpfer verfügen über die richtigen Gerätschaften und
Mittel, um die Parasiten zu vernichten (sog. Entwesung). Bettwanzen tolerieren
Temperaturen von 5 bis 40 Grad Celsius, sie sind sehr anpassungsfähig. Bettwanzen
überleben monatelange "Dürrephasen", in denen sie kein Blut bekommen.
www.onmeda.de/krankheitserreger/bettwanzen-bettwanzen-bekaempfen-20384-4.html
Verwahrlosung
Ordnung ist eine ganz persönliche
Definition, die nicht mit
Verwahrlosung verwechselt darf
43
Grundlagen
Schäden durch tierische Organismen
• Gesundheitsschädlinge sind Tiere, die mehr oder weniger mit dem
Menschen assoziiert sind und seine Gesundheit schädigen.
• Blutsaugende Tiere z.B. Flöhe, Stechmücken
• Stechende Insekten z.B. Wespen
• Insekten die pathogene Keime übertragen z.B.
Lebensmittelkontaminieren (u.a. Schaben, Stubenfliegen)
• ekelerregende Insekten und Gliedertiere z.B. Silberfischen,
Ohrwürmer
Dr. Fritz Oberparleiter
Verwahrlosung
• Verwahrlosung
• Vermüllung
• Dissozialität
• Delinquenz
• Vernachlässigung
• Messie-Syndrom
• Tiersammeln („Katzenfrauen“)
• Vereinsamung
Vermüllung/Verwahrlosung hat einen psycho-
logischen Hintergrund, hat einen Sinn, den es
zunächst zu erkennen und akzeptieren gilt, wenn
man ihn verstehen möchte um erfolgversprechend
eingreifen zu können.
Dies bedeutet, es handelt sich um ein Sozial-
medizinisches Grundproblem nicht um ein primär
Hygienisches Problem.
Unterbringung versus Wohnen
Obdachlosigkeit
Wohnungslosigkeit
Ungesichertes Wohnen
Ungenügendes Wohnen
http://www.bawo.at/de/content/wohnungslosigkeit/definitionen.htm
l
Lfd. Nr. Anlass Vorgehen Zuständigkeit
1. Obdachlosigkeit Meldung beim Ordnungsamt der Gemeinde, wo die
Obdachlosigkeit entstanden ist.
Gemeinde
2. Psychisch Kranke
Akute Selbst- oder
Gemeingefährlichkeit
(öffentlich rechtliche
Unterbringung in einem
Bezirkskrankenhaus)
Zivilrechtlich - bei
Unterbringung ins BKH
zum Zwecke der
Behandlung
Psychisch Kranke,
auffällige Menschen, die
Probleme bereiten.
Verwirrte (alte) Menschen
Verwirrte, demente
Menschen die eine
gesetzliche Betreuung
bedürfen.
Bei akuter Situation kann die Polizei direkt unterbringen.
Das LRA - Ordnungsamt als Vollzugsbehörde schaltet die
Polizei und möglicherweise das Gesundheitsamt mit ein.
Einschalten des Betreuers - Einholen einer
vormundschaftsgerichtlichen Genehmigung – evtl. Verständigen
der Betreuungsstelle, wenn Polizeischutz erforderlich sein sollte
Meldung durch Bürgerinnen und Bürger oder Institutionen an die
dafür zuständigen Stellen.
Meldung an die Polizei oder das Gesundheitsamt
Einleitung von weiteren Maßnahmen
- Anregung von Betreuung und Unterbringung
- Sonstige Hilfen.
Formloser Antrag( jeder Bürger oder Institution) beim
Amtsgericht auf die Bestellung eines Betreuers. AG veranlasst:
- Ärztliches Gutachten
- Stellungnahme der Betreuungsbehörde
Polizei
Ordnungsamt
Betreuer (oder Betreuerbestellung)
Amtsgericht
Polizei
Gesundheitsamt
Sozialpsychiatrischer Dienst
Krisendienst,
Polizei (außerhalb der normalen Dienstzeiten)
Gesundheitsamt
Polizei
Amtsgericht
3. Verwahrloste Verständigung des Gesundheitsamtes
Einleitung weiterer Hilfen
- soziale Dienste
- Arzt oder Krankenhaus
- Schuldnerberatung
Gesundheitsamt
Soziale Dienste
Arzt
Schuldnerberatung