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Investors’ Insight Vontobel Asset Management Inflation versus Deflation: Ein Leitfaden für Anleger

Inflation versus Deflation: Ein Leitfaden für Anleger

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Inflation versus Deflation: Ein Leitfaden für Anleger

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Inflation versus Deflation: Ein Leitfaden für Anleger

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Die Geldpolitik aller wichtigen Zentralbanken ist auf «Stimulierung» ausgerichtet. Die Leitzinsen liegen auf absoluten Tiefstständen zwischen 0 % und 1% und die Geldmengenaggregate wachsen zum Teil im zweistelli- gen Bereich. Viele Investoren befürchten aufgrund dieser Rahmenbedingungen einen baldigen, starken Anstieg der Inflation. Seit Längerem besteht jedoch kaum mehr ein bedeutender Zusammenhang zwischen Geldmengen-wachstum und Inflation. Entscheidender für die Beurtei-lung der Geldpolitik hinsichtlich Inflationsentwicklung ist die sogenannte «Taylor-Regel».

«Seit Längerem besteht kaum mehr ein

bedeutender Zusammenhang zwischen

Geldmengenwachstum und Inflation.»

Sie weist aktuell auf eine angemessene Geldpolitik der wichtigen Notenbanken hin. Die Inflation dürfte demnach in den kommenden Jahren tiefer bleiben als allgemein an-genommen. Allerdings ist im Falle geld politischer Fehler eine Inflationsgefahr nicht auszuschliessen. In inflationä-ren Phasen seit 1900 erweisen sich Rohstoffe und teilwei-se Aktien als bester Inflationsschutz, Gold hingegen ist mehr ein Krisenschutz als ein expliziter Inflationsschutz.

Einleitung

Die Studie folgt folgendem Aufbau:

Kapitel 1 erläutert die wesentlichen Treiber der Inflation und zeigt unsere Inflationserwartungen für die kommen-den Jahre auf.

Kapitel 2 widmet sich der Frage, wie sich Anleger ver-halten sollten, welche von einer stark steigenden Inflation ausgehen. Es werden die realen – also inflationsbereinig-ten – Renditen der wichtigsten Anlageklassen aufgezeigt und erläutert. Der Sonderrolle von Gold wird ein eigener Abschnitt gewidmet.

Kapitel 3 zeigt die Performance der Anlageklassen in deflationären Zeiten auf.

Kapitel 4 fasst zusammen und zeigt die Konklusionen für den Investor auf.

Dr. Thomas Steinemann, Chefstratege der Vontobel Gruppe

Oliver Russbuelt, Senior Investment Strategist

Dr. Walter Metzler, Senior Economist

September 2010

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Die expansive Geldpolitik der vergangenen zwei Jahre hat Befürchtungen geweckt, dass eine drastisch steigende Inflation unausweichlich sei. In der Tat waren die globalen Leitzinsen und in der Folge die Obligationenzinsen auf-grund der Finanzkrise noch nie so tief wie derzeit. Hinzu kommt, dass die Notenbanken das sogenannte «Quan-titative Easing» betreiben, was einer Fortführung der Leit-zinssenkungen mit anderen Mitteln entspricht. Vereinfacht ausgedrückt handelt es sich dabei um eine Verlängerung der Zentralbankbilanz, indem die Notenbank Wertpapiere kauft und längerfristige Refinanzierungen mittels Noten-bankpresse tätigt. Als Folge der schweren Rezession im Jahr 2009 ist die Kernteuerung (Konsumenteninflation ohne Nahrungsmittel und Energiepreise) in den Industrie-ländern zurzeit dennoch sehr niedrig. Dies wirft die Frage auf, wovon der Verlauf der Teuerung wirklich abhängt.

In den Siebzigerjahren dominierte die monetaristische Überzeugung, dass Inflation die Folge davon sei, dass zu viel Geld zu wenigen Gütern gegenüberstehe. In den Achtzigerjahren wurde der empirische Zusammenhang zwischen Geldmenge und Inflation jedoch zunehmend weniger bedeutsam (siehe Grafik 1).

Dies bedeutet, dass die Entwicklung der Geldmenge den In-flationsverlauf nicht mehr erklären oder prognostizieren kann. So war das Geld mengenwachstum in den USA von 1980 bis 1995 – als die Inflation deutlich rückläufig war – sogar leicht höher als in den inflationären Siebzigerjahren. Umgekehrt verlangsamte sich die monetäre Expansion von 2005 bis 2008 und trotzdem stieg die Teuerung an. Aus diesem Grund ver folgen die US-Notenbank, die Bank of England und die Schweizerische Notenbank auch kein Geldmengenziel mehr. Einzig die Europäische Zentralbank (EZB) verfolgt noch das Geldmengenwachstum in der Abgrenzung M3.

Aus der aktuell stark ausgedehnten US-Geldmenge im Zuge der quantitativen geldpolitischen Lockerung kann deshalb nicht zwingend auf eine künftig stark steigende Inflation geschlossen werden.

Kapitel 1: Was treibt eigentlich die Inflation?

Sprunghaft höhere Nachfrage nach Liquidität in der Finanzkrise als Grund für Geldmengenwachstum Der Hauptgrund, weshalb die US-Notenbank die Geld-menge erhöhte, lag darin, die in der Finanzkrise massiv gestiegene Nachfrage nach Liquidität zu befriedigen. So wollten die Banken sich gegen plötzliche Abflüsse ab sichern und die Risiken in ihrer Bilanz vermindern, in-dem sie mehr liquide Mittel hielten. Da sich die Banken aber gegenseitig nicht mehr vertrauten, suchten sie vor allem sichere kurzfristige Anlagen, d. h. Reserven bei der Notenbank. Angesichts der extrem hohen Unsicherheit in der Krise wollten neben den Banken auch Unternehmen sowie private Haushalte mehr Liquidität halten. Hätte die Notenbank diese massiv höhere Nachfrage nicht erfüllt, wären die Zinsen stark gestiegen, was die Wirtschaftskrise weiter verschärft hätte.

Dass die erhöhte Geldmenge vor allem eine Antwort auf die erhöhte Liquiditätsnachfrage war, ist auch daran ersichtlich, dass die Banken ihre Ausleihungen an Unter-nehmen und Haushalte seit Beginn der Finanzkrise nicht erhöht haben, obwohl sie aufgrund ihrer grösseren Re-serven dazu in der Lage wären. Auch die Wirtschaft hat die grössere Liquidität nicht zu mehr Käufen von Gütern und Dienstleistungen verwendet. Dies ist daran ersichtlich, dass das Verhältnis von Sozialprodukt zu Geldmenge – die Umlaufsgeschwindigkeit des Geldes – seit Beginn der Finanzkrise markant gesunken ist.

Teuerung als Resultat von Kapazitätsauslastung und Geldpolitik Da sich die Geldmenge seit den Achtzigerjahren zu neh mend als unzuverlässiger Indikator für die künftige Teuerung erwies, zog man zur Erklärung der Inflationsentwicklung vermehrt die Auslastung der Produktionskapazitäten heran. Diese lässt sich beispielsweise mit der Kapazi täts auslastung in der Industrie oder mit dem sogenannten «Output Gap» (Produktionslücke) messen. Der Output Gap zeigt auf, wie stark die aktuelle Wirtschaftsleistung von ihrem Potenzial abweicht. Ein po sitiver Output Gap zeigt dabei eine Über hitzung, ein negativer Output Gap eine Unterauslastung der Produk-tions ka pazitäten an (siehe Grafik 2).

Wie stark die Inflation in einer Überhitzungsphase anzieht, hängt davon ab, ob die Geldpolitik zu expansiv oder zu restriktiv ist. Um beurteilen zu können, ob die Geldpolitik angemessen ist, hat sich die Taylor-Regel als Orientie-rungsgrösse etabliert. Der Leitzins sollte sich dabei an folgenden Kriterien ausrichten (siehe Kasten Taylor-Regel):1. dem Output Gap 2. der Abweichung der Inflation von ihrem Ziel 3. dem mittelfristigen Realzins und der aktuellen Inflation

Quelle: Datastream, Vontobel

Grafik 1: Inflation in den USA seit 1980 von Geldmenge entkoppelt.

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– 4%1965 1970 1975 1980 1985 19951990 2000 2005 2010

Geldmenge M1 Inflation

Gleitender Durchschnitt

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Anhand der Taylor-Regel zeigt sich, dass die US-Leitzinsen in den Siebzigerjahren deutlich zu niedrig waren, was die hohe Inflation erklärt (siehe Grafik 3). Der Inflationsrückgang in den Achtzigerjahren war die Folge der sehr restriktiven Geldpolitik unter dem damaligen US-Notenbankchef Paul Volcker, als die Zinsen markant höher waren, als die Taylor-Regel ergeben hätte. In den Neunzigerjahren war die Geld-politik weitgehend angemessen und die Inflation entspre-chend niedrig. In der Phase 2000 bis 2004 waren die Leit-

zinsen zu niedrig, sodass die Teuerung wieder bei 5 % lag. Auf dem Höhepunkt der Finanz- und Wirtschaftskrise im Herbst 2008 empfahl die Taylor-Regel für die USA sogar negative Zinsen. Da dies praktisch nicht möglich ist, griff die Notenbank zum Quantitative Easing, also zur quantitativen Lockerung, und dehnte die Geldmenge mittels Wertschrif-tenkäufen markant aus, was wie eine zusätzliche Zinssen-kung wirkte. Dies entsprach der Taylor- Regel und den dra-matischen Umständen der damaligen Zeit.

Ein gewisses Inflationsrisiko in den USA Gegenwärtig zeigt die Taylor-Regel einen angemessenen Leitzins von rund 1% an, während der Leitzins nach wie vor bei 0,25 % liegt. In zwölf Monaten empfiehlt die Taylor-Regel auf der Basis unserer Wachstums- und In fla-tionsprognosen einen Leitzins von 1,5 %. Wir erwarten allerdings, dass die US-Notenbank den Leitzins in den nächsten zwölf Monaten lediglich auf 0,75 % anheben wird. Dies impliziert ein gewisses Inflationsrisiko, zumal die US-Notenbank auch das Quantitative Easing vor erst beibehält. Zudem ist die US-Fiskalpolitik ebenfalls deut-lich expansiv und wird dies vermutlich auch bleiben.

Mittelfristig rechnen wir im Hauptszenario mit einer weiterhin gedämpften, unterdurchschnittlichen wirtschaft-lichen Erholung und damit, dass die Leitzinsen nur ver-zögert an das Taylor-Niveau angenähert werden. Die Infla-tionsrate könnte deshalb mittelfristig auf 3% bis 4% an-steigen, nachdem das «De leveraging» in einigen Jahren abgeschlossen sein wird. Wird von einer stärkeren wirt-schaftlichen Entwicklung ausgegangen, rechnen wir mit 4 % bis 5 %. Auch die Gefahr der politischen Einflussnah-me auf die Geldpolitik, diese länger als angemessen expan-siv zu belassen, kann nicht völlig ausgeschlossen werden. Wir rechnen aller dings nicht mit einer anhaltend höheren Teuerung, da die US-Notenbank bei klaren Anzeichen einer nachhaltig starken Konjunktur die Geldpolitik mar-kant straffen würde.

Taylor-Zins = realer Geldmarktzielzins + aktuelle Infla tion + 0,5 × (Inflation – Inflationsziel) + 0.5 × Output Gap

Output Gap =

Potenzielles BIP = BIP bei Vollauslastung des Kapital-stocks und des Arbeitsmarktes Das Inflationsziel und der reale Geldmarktzielzins sind von Land zu Land unterschiedlich. Während das Infla-

Die Taylor-Regel

aktuelles BIP – potenzielles BIPpotenzielles BIP

25%

20%

15%

10%

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–5%1970 1975 1980 1985 19951990 2000 2005 2010

US-Leitzins Taylor-Regel in 12 Monaten

Grafik 2: Output Gap und Inflation in den USA.

14%

12%

10%

8%

6%

4%

2%

0%

–2%

–4%

–6%

–8%1970 1975 1980 1985 19951990 2000 2005 2010

Output Gap Inflation

Gleitender Durchschnitt

Quelle: Datastream, Vontobel

Quelle: Datastream, Vontobel

Grafik 3: Taylor-Zins und effektiver Leitzins in den USA.

Zinssätze

tionsziel die Stabilitätskultur eines Landes widerspiegelt, hängt der reale Geldmarktzins wesentlich vom Poten-zialwachstum ab.Die Beurteilung der Geldpolitik anhand des Zinssatzes statt der Geldmenge hat den Vorteil, dass erratische Verschiebungen bei der Geldnachfrage als Quelle einer falschen Geldpolitik ausgeschaltet werden. So hätte eine friedmansche (monetaristische) Geldmengenregel in der Finanzkrise wohl zu einem Zinsanstieg geführt, weil die massive Erhöhung der Geldnachfrage nicht gestillt worden wäre.

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Kapitel 2:Was soll ein Anleger in inflationären Zeiten tun?

Wie im letzten Kapitel erläutert, gehen wir davon aus, dass die Inflationsrate bis auf Weiteres nicht signifikant steigen wird. Dies gilt jedoch unter der Annahme, dass die Zentralbanken keine drastischen Fehler machen, die Exit-Strategie rechtzeitig umgesetzt wird und das Deleveraging des privaten Sektors noch einige Zeit in Anspruch nehmen wird. Dennoch kann ein Inflationsszenario nicht völlig ausgeschlossen werden. Daher untersuchten wir, welche Anlageklassen in inflationären Phasen real eine positive Rendite erwirtschaften. Betrachtet wurden die folgenden Anlageklassen für die USA: Cash, Staats anleihen, Unter-nehmensanleihen, Aktien, Rohstoffe, Gold und Immo-bilien für den Zeitraum von 1900 bis heute. In dieser Zeit-spanne gab es sechs inflationäre Phasen, in denen die Inflation über 5 % stieg (siehe Grafik 4).

In den sechs inflationären Phasen ergaben sich für die verschiedenen Anlageklassen die folgenden durchschnitt-lichen realen Renditen (siehe Grafik 5). «Buy and Hold»-Strategie hat ausgedientNicht überraschend schneiden Staatsanleihen am schlech-testen ab, gefolgt von Gold, Cash und Unternehmens-anleihen, welche alle negative Realrenditen erzielten. Po sitive reale Renditen hingegen wiesen Immobilienanla -gen und Rohstoffe auf. Die höchsten Renditen erzielten Ak tien mit einer inflationsbereinigten Rendite von durch-schnittlich knapp 4 %. Allerdings rentierten Aktien nicht in je dem einzelnen Jahr der Inflationsperiode positiv.

25%

20%

15%

10%

5%

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1. WK1914–1919

Infla

tion

Defl

atio

n

Kurze,aber starkeDeflation

1920–1921

GrosseDepression1929–1933

2. WK1939–1947

Börsencrash1987–1990

Ölkrise I u. II 1973–1981

Korea-Krieg

1950–1951

Vietnam-Krieg

1967–1970

1900 1910 1920 1930 1940 1950 1960 1970 1980 1990 2000 2010

Grafik 4: Sechs Inflations- und zwei Deflationsperioden in den USA seit 1900.

Quelle: Global Financial Data, Datastream, Vontobel

4%

3%

2%

1%

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Aktien Roh-stoffe

ImmobilienCash Gold

Staats-anleihen

Unter-nehmens-anleihen

Quelle: Global Financial Data, Robert Shiller, Datastream, Vontobel

Grafik 5: Durchschnittliche reale Renditen in Inflationsphasen.

Reale Renditen p. a.

Betrachtet man nur die Jahre, in denen die Inflationsrate jeweils Höchststände erreichte, ergibt sich ein anderes Bild (siehe Grafik 6). Ak tien schnitten in diesen Jahren schlecht ab; einzig Rohstoffe lieferten positive Realrendi-ten. Für den Investor gilt deshalb, in inflationären Zeiten keine «Buy and Hold»-Strategie zu verfolgen, sondern im Rahmen einer taktischen Anlagestrategie diesen Erkennt-nissen Rechnung zu tragen.

Insgesamt bestätigen diese Resultate jedoch, dass in in-flationären Phasen Realwerte wie Rohstoffe, Aktien und Immobilien höhere Renditen erwirtschaften als Nominal-werte (siehe Grafik 5 und 6).

Inflation/Deflation

Page 7: Inflation versus Deflation: Ein Leitfaden für Anleger

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Gold eher ein Krisen- als ein InflationsschutzErstaunlich ist, dass Gold offenbar keinen so guten Infla-tionsschutz bietet, wie allgemein angenommen wird. In den sechs inflationären Phasen des 20. Jahrhunderts erzielte Gold lediglich in einer Phase – nämlich zwischen 1973 und 1981 – eine beachtliche positive Realrendite von 15 % pro Jahr. In allen anderen Inflationsperioden warf Gold keine positive Rendite ab. Allerdings war Gold bis 1973 nicht frei handelbar und der Goldpreis fixiert. Zudem war der private Besitz von Gold zeitweise verboten.

Gold hatte seit 1900 drei bedeutende Haussephasen. In den Dreissigerjahren wurde Gold unter dem Goldstandard per Dekret aufgewertet, was die erste Goldpreishausse – notabene in einer stark deflationären Periode – bewirkte. Nach der Aufhebung des Bretton-Woods-Systems 1973 konnte sich der Goldpreis schliesslich frei bewegen und stieg in der folgenden Inflationsperiode real deutlich an. In der bisher letzten Inflationsperiode 1987 bis 1990 war Gold mit real rund minus 7 % pro Jahr aber wieder die schlech teste Anlageklasse.

8%

6%

4%

2%

0%

–2%

–4%

–6%

–8%

RohstoffeCashAktienGoldImmobilien

Staats-anleihen

Unter-nehmens-anleihen

Quelle: Global Financial Data, Robert Shiller, Datastream, Vontobel

Grafik 6: Durchschnittliche reale Renditen in den Jahren mit

den höchsten Inflationsraten.

Reale Renditen p. a.

10 000

1000

100

10

11900 19201910 1930 1940 1950 1960 1970 1980 1990 2000 2010

S&P 500 ohne Dividenden Goldpreis

Preise in USD (logarithmierte Skala)

Deflation Inflationtiefe Inflation/

Deflation

Grafik 7: Die drei Goldhaussephasen.

Quelle: Global Financial Data, Datastream, Vontobel

Die dritte und bisher letzte Goldhausse ab 2001 fiel erneut in eine tendenziell deflationäre Phase mit dem Platzen der Technologieblase. Goldpreishaussen kommen somit sowohl in Inflations- als auch in Deflationsphasen vor. Wenn nicht die Inflation, was könnte den Goldpreis erklä-ren? In Grafik 7 erkennt man, dass die drei Goldhausse-phasen alle in Zeiten stattfanden, in denen die Aktien-märkte schwach waren und über längere Zeit seitwärts tendierten.

In dieser Optik wäre Gold eine gute Ergänzung zu Aktien aber mehr als Krisenschutz anzusehen und weniger als In-flationsschutz. Andererseits erkennt man in Grafik 8, dass Gold nur dann eine vergleichbare Rendite wie Aktien auf-weist, wenn man die Aktiendividenden weglässt. Rechnet man diese hinzu, zeigt sich eine deutliche Überlegenheit von Aktien gegenüber Gold .1 Grafik 8 verdeutlicht, wel-chen signifikanten Beitrag Dividenden zu hohen Renditen liefern.

Was bedeutet dies für den Anleger? Anleger, die von einem bedeutenden Anstieg der Inflation in den kommen-den Jahren ausgehen, können vermehrt auf Realwerte wie Rohstoffe, Immobilien und Aktien setzen. Nominal-werte wie Obligationen oder Bargeld sollten dagegen untergewichtet werden. Zu beachten ist allerdings, dass Rohstoffe und demzufolge auch Gold in US-Dollar ab-gerechnet werden und der Euro- und Schweizer-Franken- Investor das Wechselkursrisiko tragen muss.

Eine Inflationsabsicherung bieten auch inflationsgeschütz-te Anleihen, welche hauptsächlich in US-Dollar denomi-niert sind («TIPS» = Treasury Inflation-Protected Securities). Solche Anleihen werden auch in britischen Pfund und Euro emittiert, nicht aber in Schweizer Franken.

1 Dies gilt auch für andere Rohstoffe.

5000

4000

3000

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1000

0

Preise indexiert (1973=100)

USD3500.–

USD1100.–USD1050.–

1973 1978 1983 1988 1993 1998 2003 2008

S&P 500 inklusive Dividenden S&P 500 ohne Dividenden Goldpreis

Grafik 8: Aktien mit und ohne Dividenden im Vergleich zu Gold.

Ein Investor, der Ende 1973 100 US-Dollar in den amerikanischen

Aktienmarkt oder in Gold investierte, hätte nun …

Quelle: Global Financial Data, Datastream, Vontobel

Preise in USD (logarithmierte Skala)

Preise indexiert (1973 = 100)

Page 8: Inflation versus Deflation: Ein Leitfaden für Anleger

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Im Unterschied zum Hochinflationsszenario befürchten einige Beobachter ein Deflationsszenario. Damit wäre zu rechnen, wenn die Weltwirtschaft im Rahmen eines «Double Dip» wieder in eine Rezession gerät. Obwohl dies nicht unserem Hauptszenario entspricht, untersuchten wir, wie sich die einzelnen Anlageklassen in einer deflatio-nären Phase verhalten. Seit 1900 gab es in den USA zwei wesentliche Deflationsperioden (siehe Grafik 4), dabei ergaben sich die folgenden durchschnittlichen realen Ren-diten (siehe Grafik 9).

Im Vergleich zum Inflationsszenario zeigt sich bei einem Deflationsszenario ein gegenteiliges Bild. Reale Assets rentieren deutlich schlechter als nominale, da Deflationen in der Vergangenheit auch immer mit Rezessionen ver-bunden waren. Für den Investor heisst das, dass Obliga-

Kapitel 3:Wie anlegen in deflationären Phasen?

Grafik 9: Durchschnittliche reale Renditen in deflationären Phasen.

15%

10%

5%

0%

–5%

–10%

–15%

Unter-nehmens-anleihen

Cash Gold ImmobilienStaats-anleihen

Aktien Rohstoffe

Quelle: Global Financial Data, Robert Shiller, Datastream, Vontobel

Reale Renditen p. a.

Ist der «Fall Japan» für den Westen relevant?In Japan waren die letzten zwanzig Jahre gekennzeichnet durch eine tiefe Inflation, teilweise sogar eine Deflation, ein unterdurchschnittliches Wirtschaftswachstum und anhaltend tiefe Zinsen. Der Grund für diese Entwick lung liegt im Platzen der japanischen Immobilienblase der Achzigerjahre. Japanische Unternehmen kauften im gros-sen Stil mittels Hypotheken Grundstücke und Immobilien. Der drastische Zerfall der Immobilienpreise seit 1990 zwang diese in der Folge, die Schulden abzubauen und entsprechend wenig zu investieren. Diese Phase, welche bis heute in Folge noch immer nicht stabilisierter Immo-bilienpreise andauert, wird als Deleveraging bezeichnet. Solche Phasen sind aufgrund der niedrigen gesamtwirt-

schaftlichen Nachfrage mit tiefen Inflationsraten verbun-den. Selbst eine expansive Geldpolitik, wie sie die japa-nische Notenbank seit Langem verfolgt, führt nicht zu hohen Inflationsraten. Warum? Während sich der private Sektor entschuldet, werden kaum neue Kredite nach-gefragt. Dies hat zur Folge, dass Geld, welches durch die Notenbank in Umlauf gebracht wird, nicht in die Wirt-schaft fliesst und somit keine inflationäre Wirkung hat. Dieser Wirkungszusammenhang ist auf die aktuelle Situation in den westlichen Ländern, insbesondere auf die USA, übertragbar. Da sich aber im Gegensatz zu Japan die US-Immobilienpreise bereits wieder stabilisiert haben, dürfte die Phase des Deleveraging nur zwischen drei und fünf Jahren dauern.2

8%

6%

4%

2%

0%

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1999

2000

2001

2002

2003

2004

2005

2006

2007

2008

2009

2010

2011

in 12 MonatenRepo Rate Taylor-Regel

Quelle: Datastream, Vontobel

Grafik 10: Taylor-Zins und effektiver Leitzins in der EWU.

Zinssätze

tionen, die sowohl von Staaten als auch von Unternehmen emittiert werden, vorzuziehen sind. Aktien und Rohstoffe hingegen sind unterzugewichten.

Gemäss unseren Einschätzungen erscheint in Europa das Deflationsrisiko etwas höher als in den USA. In der Eurozone lag die Inflation aufgrund einer ausgeprägteren Stabilitätskultur traditionell tiefer als in den USA. Zwar blieb die Geldpolitik von 2000 bis 2008 ebenfalls unter den Taylor-Empfehlungen zurück (siehe Grafik 10). Die Ab weichung war jedoch geringer als in den USA. Ent-sprechend lag die Teuerung in dieser Periode über dem Ziel der Europäischen Zentralbank (EZB), jedoch tiefer als in den USA.

In der Finanz- und Wirtschaftskrise 2008/2009 empfahl die Taylor-Regel ebenfalls negative Leitzinsen. Die EZB betrieb jedoch keine eigentliche quantitative Lockerung. In den letzten zwei Jahren hielt die EZB die Leitzinsen auf einem über dem Taylor-Zins liegenden Niveau.

2 Siehe Vontobel Asset Management, «Von der Finanz- zur Schuldenkrise: Auswirkungen auf Wirtschaft und Finanzmärkte», März 2010

Page 9: Inflation versus Deflation: Ein Leitfaden für Anleger

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Dies trug mit zur schwachen konjunkturellen Erholung in Euroland bei. Aktuell empfi ehlt die Taylor-Regel zwar einen etwas höheren Leitzins – auf zwölf Monate ist der von uns unverändert erwartete Leitzins aber wieder angemessen.

Da die Fiskalpolitik in manchen EWU-Ländern im Zuge der Schuldenkrise nun gestrafft wird, ist die Wirtschafts-

politik insgesamt doch restriktiv. Wir rechnen in unse -rem Hauptszenario zwar nicht mit einem Rückfall in die Rezession und damit mit einer Defl ation, jedoch bleibt das Wachstum unterdurchschnittlich und die Infl ation steigt nur gering auf rund 2 % an.

Quelle: Datastream, Vontobel

Grafi k 11: Taylor-Zins und effektiver Leitzins in der Schweiz.

14%

12%

10%

8%

6%

4%

2%

0%

– 2%

Libor CHF 3 Monate Taylor-Regel

1980

1982

1984

1986

1988

1990

1992

1994

1996

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0

2002

2004

2006

2008

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in 12 Monaten

Zinssätze

Die Schweiz auf dem Pfad der TugendDie Schweiz hielt sich in den letzten zehn Jahren am engsten an die Taylor-Regel. In der Finanzkrise prakti-zierte die Schweizerische Nationalbank (SNB) ebenfalls eine dezidierte quantitative Lockerung, wie dies der negative Taylor-Zins anzeigte.

Gegenwärtig liegt der Leitzins etwas unter dem Taylor-Zins. In den nächsten zwölf Monaten empfi ehlt die Taylor-Regel, basierend auf unseren Konjunktur- und Infl ationsprognosen, eine Zinserhöhung auf rund 1,5 %. Wir erwarten in dieser Zeit jedoch unverändert einen Leitzins von 0,35 %. Grund ist der anhaltend starke Auf-wertungsdruck auf den Schweizer Franken. Gemäss Einschätzung der SNB hat eine 3%-ige reale Aufwer-tung des Schweizer Frankens den gleichen Effekt wieeine Zinserhöhung um 1%. Um den negativen Effekt des aktuell starken Schweizer Frankens auszugleichen, darfder Zins um rund 1,5 % tiefer sein als bei strikter Anwen-

dung der Taylor-Regel. So wohl aktuell als auch in den nächsten zwölf Monaten ist die schweizerische Geld -po litik damit insgesamt als angemessen zu bewerten.Dies bedeutet, dass in der Schweiz auf absehbare Zeit kein nennenswertes Infl ationsrisiko besteht.

Page 10: Inflation versus Deflation: Ein Leitfaden für Anleger

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Kapitel 4: Zusammenfassung und Konklusionen für den Anleger

Der Zusammenhang zwischen Geldmengenentwicklung und Inflationsentwicklung hat sich in den vergangenen Jahrzehnten deutlich gelockert. Wichtiger zur Beurteilung der zukünftigen Inflation ist deshalb die Taylor-Regel. Diese impliziert, dass aktuell die Notenbanken eine ange-messene, nicht inflationäre Politik betreiben.

«Wir erwarten in den kommenden

Jahren keinen substanziellen Anstieg

der Inflation.»

Der durch die Immobilienkrise verursachte Entschuldungs-prozess der privaten Haushalte und Unternehmen wird zudem noch einige Jahre anhalten. Wir erwarten in den kommenden Jahren keinen substanziellen Anstieg der Inflation. Falls die Notenbanken den Leitzins zu lange tief halten – gemessen an der Taylor-Regel – dürfte die Infla-tion jedoch anziehen. Anleger, welche von einer inflationären Zukunft ausgehen, sind mit einem Übergewicht in realen Anlageklassen wie Rohstoffen, Immobilien und Aktien gut bedient. Wird hingegen von einem deflationären Bild ausgegangen, so sind Staats- und Unternehmensobligationen vorzuziehen. Unsere Analyse inflationärer Perioden hat aber gezeigt, dass die Performance der Anlageklassen nicht homogen verläuft: Zwar rentieren Aktien real in inflationären Pha-sen grundsätzlich gut, in Jahren mit den höchsten Infla-tionswerten schneiden sie hingegen schlechter ab. Aus diesem Grund ist ein differenziertes Vorgehen im Gegen-satz zu einer reinen «Buy and Hold»-Strategie für in fla-tionäre oder deflationäre Perioden zu empfehlen. Der Investor kommt somit nicht umhin, taktische Asset-Allo-cation-Entscheide selbst zu treffen oder diese an einen professionellen Vermögensverwalter zu delegieren.

Page 11: Inflation versus Deflation: Ein Leitfaden für Anleger

DisclaimerObwohl die Bank Vontobel der Meinung ist, dass die hierin enthaltenen Angaben auf verlässlichen Quellen beruhen, kann die Bank keinerlei Gewährleistung für die Qualität, Richtigkeit, Aktualität oder Vollständigkeit der in dieser Studie ent haltenen Informationen übernehmen. Dieses Dokument dient nur zu Informationszwecken und ist weder eine Auf-forderung zum Kauf oder Verkauf von Wertpapieren noch zur Abgabe eines Kauf- oder Zeichnungsangebots.Diese Studie wurde vom Bereich Asset Management unseres Institutes erstellt und ist nicht das Ergebnis einer Finanz-analyse. Die «Richtlinien zur Sicherstellung der Unabhängigkeit der Finanzanalyse» der Schweizerischen Bankiervereini-gung finden auf die Studie keine Anwendung. Einschätzungen und Meinungen, welche in dieser Broschüre vertreten werden, stammen vom Autorenteam und widerspiegeln die Einschätzungen und Meinungen der Bank Vontobel. Jede Verwendung, insbesondere der gesamte oder auszugsweise Nachdruck oder die Weitergabe an Dritte, ist nur mit vor-heriger schriftlicher Zustimmung der Bank Vontobel AG gestattet.

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