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DAS SOLLTEN KINDER UND ERWACHSENE ÜBER KINDERARMUT IN DEUTSCHLAND WISSEN Obwohl Deutschland ein wirtschaftlich starkes Land ist, wachsen rund 2,1 Millionen Kinder unter 15 Jahren hierzulande in Armut auf. 1 Im Gegensatz zu anderen müssen diese Kinder im Alltag oft auf Dinge verzichten, die innerhalb unserer Gesellschaft als selbstverständlich gelten wie Lebensmittel, Kleidung oder Schulsachen. Oftmals werden sie ausgegrenzt, sogar von ihren Alters- genossen. Sie fühlen sich einsam. Außerdem haben sie geringere Bildungschancen als Kinder, die in finanziell gesicherten Verhältnissen aufwachsen. 2 Bei seinem Themenschwerpunkt lässt KiKA Kinder in ihren ganz unterschiedlichen Lebenswelten zu Wort kommen. In den beliebten KiKA- (Wissens-) Magazinen und Doku-Reihen erzählen sie ihre Geschichten und zeigen, wie sie mit ihrer individuellen Situation umgehen. Auch zahlreiche Spielfilme und Shows sind Teil des Sonder- programms „Respekt für meine Rechte! – Kinderarmut in Deutschland“. Foto: KiKA/Claus Langer INFORMATION | KiKA-Themenschwerpunkt 2015 „Respekt für meine Rechte! – Kinderarmut in Deutschland“ INFO 1/10 1 www.destatis.de/DE/PresseService/Presse/Pressemitteilungen/2015/08/PD15_311_228.html 2 www.br.de/nachrichten/armutsbericht-armut-reichtum-100.html

InformatIon KiKA-Themenschwerpunkt 2015...guTe WIrTschAfTszAhlen für deuTschlAnd • Deutschland zählt international zu den fünf stärksten 10 Wirtschaftsnationen.6 • Deutschland

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Das sollten KinDer unD erwachsene

über KinDerarmut in DeutschlanD wissen

Obwohl Deutschland ein wirtschaftlich starkes Land ist, wachsen rund 2,1 Millionen Kinder

unter 15 Jahren hierzulande in Armut auf.1 Im Gegensatz zu anderen müssen diese Kinder im Alltag

oft auf Dinge verzichten, die innerhalb unserer Gesellschaft als selbstverständlich gelten wie

Lebensmittel, Kleidung oder Schulsachen. Oftmals werden sie ausgegrenzt, sogar von ihren Alters-

genossen. Sie fühlen sich einsam. Außerdem haben sie geringere Bildungschancen als Kinder,

die in finanziell gesicherten Verhältnissen aufwachsen.2 Bei seinem Themenschwerpunkt lässt KiKA

Kinder in ihren ganz unterschiedlichen Lebenswelten zu Wort kommen. In den beliebten KiKA-

(Wissens-) Magazinen und Doku-Reihen erzählen sie ihre Geschichten und zeigen, wie sie mit

ihrer individuellen Situation umgehen. Auch zahlreiche Spielfilme und Shows sind Teil des Sonder-

programms „Respekt für meine Rechte! – Kinderarmut in Deutschland“.

Foto: KiKA /Claus Langer

InformatIon | KiKA-Themenschwerpunkt 2015 „Respekt für meine Rechte! – Kinderarmut in Deutschland“In

fo

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1 www.destatis.de/DE/PresseService/Presse/Pressemitteilungen/2015/08/PD15_311_228.html

2 www.br.de/nachrichten/armutsbericht-armut-reichtum-100.html

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Info

InformatIon | KiKA-Themenschwerpunkt 2015 „Respekt für meine Rechte! – Kinderarmut in Deutschland“

2 www.br.de/nachrichten/armutsbericht-armut-reichtum-100.html

3 www.armut.de/definition-von-armut_relative-armut.php, Statistisches Bundesamt /

Glossar; www.amtliche-sozialberichterstattung.de/glossar.html

4 Vgl. www.zeit.de/2015/15/armut-in-deutschland-einkommen-streitfall-faigle

5 www.br.de/nachrichten/armutsbericht-armut-reichtum-100.html

www.faz.net/aktuell/wirtschaft/wirtschaftspolitik/armut-und-reichtum/armutsbericht-

arm-auf-dem-papier-13442409.html

die aktuell weniger als 979 Euro netto im Monat zur Ver-fügung haben. Eine vierköpfige Familie gilt – je nach Rech-nung – bei weniger als 1.870 bis 2.450 Euro netto pro Monat als „arm“.4

KrITIK An der Berechnung „relATIver ArmuT“

Die Bekanntmachung und Interpretation der aktuellen Ar-mutszahlen in Deutschland (zum Beispiel durch den Deut-schen Paritätischen Wohlfahrtsverband) wurden von vielen Seiten kommentiert. Einer der Kritikpunkte: Die Statistiken zeigten lediglich, dass die Einkommen in Deutschland un-gleich verteilt seien. Aber ob jemand, der nur über 60 Pro-zent des Durchschnittseinkommens verfügt, tatsächlich zu arm ist, um seine materiellen Grundbedürfnisse zu erfüllen – darüber lieferten die Erhebungen keine Auskunft.5

„exTreme“ oder „ABsoluTe ArmuT“

Unter „extremer“ oder „absoluter Armut“ leidet, wer finan-ziell nicht in der Lage ist, grundlegende Bedürfnisse zu er-füllen wie zum Beispiel Ernährung, Unterkunft und Beklei-dung. Der von der Weltbank benannte Messwert liegt bei 1,25 Dollar pro Tag (1,14 Euro, Stand: August 2015): Wer we-niger Geld zum Leben hat, gilt als „extrem arm“. Die so ge-nannte absolute Armut soll es in Deutschland nicht geben.2

„relATIve ArmuT“

In Deutschland garantiert der Staat seinen Bürgern eine so genannte Grundsicherung. So muss hierzulande zum Bei-spiel niemand Hunger leiden. „Relativ arme“ Menschen sind im Vergleich zu den Mitbürgern in ihrem Land unterversorgt. Sie haben deutlich weniger als andere. Auch am sozialen Leben können sie nur eingeschränkt teilnehmen.3

WIe WIrd „relATIve ArmuT“ gemessen?

Als Berechnungsgrundlage dient das Durchschnittseinkom-men (Median) in einem Land. Wer weniger als 60 Prozent dieses Betrags zur Verfügung hat (Schwellenwert für Armuts-gefährdung), gilt demzufolge als „relativ arm“. Unter „rela-tiver Armut“ leiden dieser Definition zufolge Alleinstehende,

begriffsKlärung: wer ist „arm“?

Es gibt verschiedene Definitionen von „Armut“. Um in einem reichen Land (wie Deutschland)

als „arm“ zu gelten, werden andere Maßstäbe angelegt als in einem so genannten Entwicklungsland.

Entsprechend unterschieden wird zwischen „extremer“ und „relativer Armut“.

2/10 Foto: KiKA /Claus Langer

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Foto: ZDF/Florian Mag3/10

6 de.statista.com/statistik/daten/studie/157841/umfrage/ranking-der-20-laender-mit-dem-groessten-bruttoinlandsprodukt/

7 de.statista.com/statistik/daten/studie/37013/umfrage/ranking-der-top-20-exportlaender-weltweit/

8 www.wiwo.de/politik/europa/arbeitslosigkeit-in-der-eu-aufwaerts-in-trippelschritten/11580172.html

9 de.statista.com/statistik/daten/studie/74795/umfrage/jugendarbeitslosigkeit-in-europa/

10 Statistisches Bundesamt, www.amtliche-sozialberichterstattung.de/A1armutsgefaehrdungsquoten.html;

www.welt.de/wirtschaft/article135426783/Jeder-Fuenfte-leidet-unter-sozialer-Ausgrenzung.html

11 Paritätischer Wohlfahrtsverband, www.der-paritaetische.de/armutsbericht/die-zerklueftete-republik/;

www.spiegel.de/wirtschaft/soziales/armutsbericht-deutschland-zerfaellt-in-arm-und-reich-a-1019315.html

12 Deutscher Kinderschutzbund / Statistisches Bundesamt, www.dksb.de/CONTENT/SHOWPAGE.ASPX?CONTENT=459&TPL=0

13 Bertelsmann Stiftung 2015, www.bertelsmann-stiftung.de/de/mediathek/medien/mid/kinderarmut-unterversorgung-als-normalfall/

WIe vIele KInder In deuTschlAnd gelTen Als „Arm“?

Es gibt verschiedene Quellen, die auskunft darüber geben, wie viele menschen in Deutschland von armut betroffen bzw. „armutsgefährdet“ sind. Hier ein Überblick:

guTe WIrTschAfTszAhlen für deuTschlAnd

• Deutschland zählt international zu den fünf stärksten Wirtschaftsnationen.6

• Deutschland ist hinter China und den USA die drittgrößte Exportnation.7

• Innerhalb der EU hat Deutschland die geringste Arbeitslosenquote (Deutschland: 4,7 %, EU-Durch-schnitt: 11,3 %).8

• Beim Thema Jugendarbeitslosigkeit schneidet Deutsch-land innerhalb der EU am besten ab (Anteil der Arbeits-losen, 15 bis 24 Jahre: Deutschland: 7 %, EU-Durchschnitt: 21,9 %, Spanien, 48,6 %, Stand Juli 2015).9

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reiches DeutschlanD, arme KinDer

Die Sendung „Held ohne Geld“ zeigt

engagierte Jugendliche

• Laut Statistischem Bundesamt ist jeder Fünfte (insgesamt 20,3 % der Bevölkerung bzw. 16,2 Millionen Menschen) hier-zulande von Armut oder „sozialer Ausgrenzung“ betroffen. Das heißt, diese Menschen sind „armutsgefährdet“ (16,1 %) und/oder von „erheblichen materiellen Entbehrungen“ (5,4 %) betroffen und/oder haben eine sehr geringe „Erwerbsbe-teiligung“ (9,9 %).10

• Einen neuen „Armuts-Höchststand“ für Deutschland mel-dete im Februar 2015 der Paritätische Wohlfahrtsverband. Im Vergleich zum Vorjahr sei die Armut von 15 auf 15,5 % angestiegen. Demnach würden 12,5 Millionen Menschen in Deutschland als „relativ arm“ gelten. 400.000 Frauen, Män-ner und Kinder rutschten demnach innerhalb eines Jahres in die Armut ab.11

• Laut Angaben des Deutschen Kinderschutzbundes leben in Deutschland über 2,5 Millionen Kinder (19,4 % aller Perso-nen unter 18 Jahren) in Armut.12

• In Deutschland leben insgesamt 8,58 Millionen Kinder unter 15 Jahren. Rund jedes fünfte Kind von ihnen wächst in einer Familie auf, deren Einkommen unterhalb der Ar-mutsgrenze liegt. Das sind insgesamt 2,1 Millionen Kinder. 950.000 dieser Kinder leben in Familien, die staatliche Grundsicherung bekommen. 1,15 Millionen Kinder wachsen in Familien auf, die keine Sozialhilfe beziehen.13

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Info

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14 Paritätischer Wohlfahrtsverband 2015, www.spiegel.de/wirtschaft/soziales/armutsbericht-deutschland-zerfaellt-in-arm-und-reich-a-1019315.html

15 Hans-Böckler-Stiftung / Wirtschafts- und Sozialwissenschaftliche Institut (WSI), www.boeckler.de/38555_41904.htm

16 Institut der Deutschen Wirtschaft 2014, www.iwkoeln.de/presse/pressemitteilungen/beitrag/regionaler-armutsvergleich-grossstaedte-schneiden-schlecht-ab-179372

17 Bertelsmann Stiftung in Zusammenarbeit mit ZEFIR 2015, www.bertelsmann-stiftung.de/de/presse/pressemitteilungen/pressemitteilung/

pid/armut-ist-risiko-fuer-entwicklung-von-kindern/

armes unD reiches DeutschlanD: grosse regionale unterschieDe

• Armut und Reichtum sind in Deutschland regional un-gleich verteilt. In der Tendenz lässt sich zusammenfassen: Der Süden der Republik ist wohlhabender als der Norden. Und im Westen gibt es weniger Armut als im Osten.14

• In Bremen und Mecklenburg-Vorpommern gilt fast jeder dritte Einwohner unter 18 Jahren als arm. In Oberbayern ist es nur jeder Zehnte.15

• Armut ist urban. Zu diesem Schluss kommt das Institut der Deutschen Wirtschaft. Demnach sind in ländlichen Regionen im Schnitt nur 14 % „kaufkraftarm“, in den Städten sind es im Schnitt aber 22 %.16

• Beispiel Nordrhein-Westfalen: Hier leben 20,7 % der un-ter Dreijährigen in Familien, die auf Sozialgeld angewiesen sind, allein im Ruhrgebiet sind es 28,3 %.17

4/10 Abbildung: KiKA

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Info

• Einige Bevölkerungsgruppen tragen statistisch ein höhe-res Armutsrisiko. Hierzu zählen auch Kinder und Jugendli-che. Gelten in der Gesamtbevölkerung insgesamt 15,5 % als „relativ arm“, so sind es bei den Minderjährigen 19,2 %.18

• Ein besonders hohes Armutsrisiko tragen vor allem Arbeitslose (67,9 %), Alleinerziehende (37,1 %) und Singles (32,2 %). In den zurückliegenden zehn Jahren deutlich ge-stiegen ist die so genannte Armutsgefährdungsquote bei den so genannten gering Qualifizierten, also Menschen ohne abgeschlossene Schul- oder Berufsausbildung. Laut einer aktuellen Erhebung des Statistischen Bundesamtes liegt ihr Armutsrisiko jetzt bei 30,8 %. 2005 lag es bei 23,1 %.19

• Fast die Hälfte der Kinder von Alleinerziehenden ist von Armut bedroht. Jedes fünfte Kind wächst mit nur einem El-ternteil auf. Jährlich erleben rund 150.000 Kinder die Tren-nung ihrer Eltern. Das hat oft auch ernste finanzielle Folgen: Statt eines Haushalts (Wohnung etc.) müssen nun oft zwei bezahlt werden. Fast die Hälfte der Kinder von Alleinerzie-henden in Deutschland (40 %) lebt unterhalb der Armuts-grenze.20

5/10

armutsrisiKo: wer ist besonDers oft von armut betroffen?

Mareike (ganz rechts) bei Freunden

aus „Schau in meine Welt!“

• Statistisch sind kinderreiche Familien häufiger von „rela tiver Armut“ betroffen. Während in Familien mit ein bis zwei Kindern je nach Region die Armutsgefährdungs-quote zwischen 9,0 % und 11,6 % liegt, steigt sie bei Fami- lien mit drei und mehr Kindern auf 20,6 % bis 24,5 %. Mit 40,2 % das höchste Armutsrisiko tragen die Alleinerziehen-den-Haushalte mit drei und mehr Kinder unter 18 Jahren.21

•Rund jedes dritte Kind aus einer Einwandererfamilie ist von Armut bedroht: Mehr als jedes dritte Kind in Deutschland kommt aus einer Familie, bei der zumindest ein Elternteil nicht in Deutschland geboren wurde. Rund jedes dritte Kind (30 %) aus einer Einwandererfamilie ist armuts-gefährdet. Das ist doppelt so viel wie bei Kindern ohne so genannten Migrationshintergrund (14 %).22

•Generell sind Einwanderer in Deutschland fast doppelt so häufig von „relativer Armut“ betroffen (21,5 %) wie Menschen ohne Migrationshintergrund (11,3 %), so das Er-gebnis des „Datenreports 2013“ vom Statistischen Bundes-amts u.a..23

Foto: KiKA /Silvia Kaiser

18 Paritätischer Wohlfahrtsverband 2015, www.der-paritaetische.de/armutsbericht/die-zerklueftete-republik/

19 Statistisches Bundesamt 2014 / 2015, www.handelsblatt.com/politik/deutschland/singles-besonders-betroffen-jeder-sechste-in-deutschland-ist-armutsgefaehrdet/10899372.html

20 UNICEF-Bericht 2013, www.spiegel.de/forum/schulspiegel/unicef-bericht-40-prozent-der-kinder-von-alleinerziehenden-sind-arm-thread-104159-8.html

21 Statistisches Bundesamt / Familienland Deutschland 2011, www.bpb.de/nachschlagen/zahlen-und-fakten/soziale-situation-in-deutschland/61791/armut-von-familien

22 Hans-Böckler-Stiftung 2013, www.boeckler.de/38555_41904.htm

23 Statistisches Bundesamt / Bundeszentrale für Politische Bildung / Wissenschaftszentrum für Sozialforschung (WZB) / Sozioökonomischen Panel (SOEP) am DIW

(Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung), 2013, www.migazin.de/2013/11/27/sozialbericht-2013-migranten-doppelt-von-armut-betroffen/

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6/10 Fotos: ZDF/Phillis Fermer

24 ZEFIR in Zusammenarbeit mit der Stadt Mühlheim an der Ruhr, im Auftrag der Bertelsmann Stiftung 2015, www.bertelsmann-stiftung.de/

de/themen/aktuelle-meldungen/2015/mai/bedarfs-lagen-von-familien-in-prekaeren-lebensverhaeltnissen/

25 Hans-Böckler-Stiftung, 2014, www.boeckler.de/pdf/p_wsi_report_11_2014

26 Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) im Auftrag der Bertelsmann Stiftung 2015, www.bertelsmann-stiftung.de/de/presse/pressemitteilungen/

pressemitteilung/pid/armut-ist-risiko-fuer-entwicklung-von-kindern/

27 UN-Sozialbericht 2011, www.zeit.de/politik/deutschland/2011-07/uno-sozialbericht-deutschland

ernährung

•Viele Kinder, die in sozial schwierigen Verhältnissen leben, ernähren sich im Vergleich zu ihren Alterskameraden, die in finanziell gesicherten Verhältnissen aufwachsen, schlecht bzw. ungesund. Fast jedes zehnte Kind (8,8 %) leidet an starkem Übergewicht (Adipositas). Im Vergleich: Bei nicht-armutsgefährdeten Kindern sind es 3,4 %.26

•Auch wenn in Deutschland offiziell niemand Hunger leiden muss, bieten viele karitative Organisationen und Vereine einen Mittagstisch für bedürftige Kinder an. Die-se Angebote werden häufig als Nachmittagsbetreuung und Hausaufgabenhilfe deklariert, um zu vermeiden, dass Kin-der, die diese Einrichtungen besuchen, stigmatisiert werden. Nach einem Bericht der Vereinten Nationen (UN) geht jedes vierte Kind in Deutschland ohne Frühstück zur Schule.27

WohnrAum

•Rund jedes fünfte Kind (20 %), das in „relativer Armut“ lebt, wächst in „beengten Wohnverhältnissen“ auf. Bei Fa-milien, die nicht arm sind, haben im Vergleich „nur“ 3,9 % der Kinder zu Hause zu wenig Platz. Bei jedem dritten Kind aus sozial schwachen Verhältnissen (31 %) ist es zu Hause zu eng zum Spielen mit Freunden. Für ein gemeinsames Abend-essen mit Gästen hat die Familie oft nicht genug Geld.24

•Häufig sind die Wohnungen, in denen Familien mit wenig Geld leben, in einem sehr schlechten baulichen Zustand und befinden sich in so genannten Problembezirken am Stadt-rand. Rund jedes zehnte Kind aus armen Verhältnissen lebt in einer Wohnung mit feuchten Wänden (9,1 % im Westen, 14 % im Osten).25

Darauf müssen KinDer verzichten, Die in armut aufwachsen

In Familien, die finanzielle Unterstützung vom Staat bekommen, sind Ausgaben oft stark

eingeschränkt und streng reglementiert. Kinder, die so aufwachsen, können meist weniger am

sozialen Leben teilhaben und müssen auf materielle Güter oft verzichten. Hier eine Übersicht:

Jessica aus der Sendung „stark!“

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was betroffene eltern sich für ihre KinDer wünschen

nicht so oft „nein!“ sagen und die Wünsche ihrer Kinder ausschlagen müssen, zählt zu den am häufigsten genannten Wünschen von Eltern, die in finanziell schwierigen Verhältnis-sen leben müssen.32 Weiterhin ganz oben auf der Wunschliste in diesen Familien stehen laut einer aktuellen Studie der Ber-telsmann Stiftung: Genug Geld für eine gute Wohnung, gesun-des Essen und Medizin zu haben. Sie wollen Arbeit haben und Vorbild sein für ihre Kinder, ihnen regelmäßige Urlaube und Freizeitmöglichkeiten bieten. Immer wieder resignieren Eltern angesichts fehlender Selbstbestimmung und der Unzufrieden-heit mit staatlicher Unterstützung. Eltern, die von der Grundsi-cherung leben, klagen über zu viele behördliche Anlaufstellen, wechselnde Ansprechpartner und bürokratische Hürden.33

Quelle Grafik: Bertelsmann Stiftung 2015,

www.bertelsmann-stiftung.de/fileadmin/files/Projekte/

Wirksam_in_Bildung_investitieren/Kinderarmut_Familienleben.jpg

Matthias Enter / fotolia

guTes fAmIlIenleBen – AllTAgsWünsche von fAmIlIen In preKären leBenslAgen

7/10

28 Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) im Auftrag der Bertelsmann Stiftung 2015, www.bertelsmann-stiftung.de/de/presse/pressemitteilungen/

pressemitteilung/pid/armut-ist-risiko-fuer-entwicklung-von-kindern/

29 Wirtschafts- und Sozialwissenschaftliches Institut (WSI) 2014 / Hans-Böckler-Stiftung

30 Institut für Arbeitsmarkt und Berufsforschung (IAB) / Bertelsmann Stiftung 2015, www.bertelsmann-stiftung.de/de/publikationen/publikation/did/kinder-und-familienarmut/

31 Bertelsmann Stiftung, ZEFIR 2015, www.bertelsmann-stiftung.de/de/publikationen/publikation/did/der-einfluss-von-armut-auf-die-entwicklung-von-kindern/

32 Die Aussagen stammen aus der Studie Kinder.Armut.Familie, die die Kindheitsforscherinnen Sabine Andresen und Danijela Galic von der Goethe-Universität Frankfurt für die

Bertelsmann Stiftung durchgeführt haben und die 2015 veröffentlicht wurde; www.bertelsmann-stiftung.de/de/publikationen/publikation/did/kinder-armut-familie/

33 Andresen, Galic, Kinder.Armut.Familie, Hrsg. Bertelsmann Stiftung 2015, www.bertelsmann-stiftung.de/de/publikationen/did/kinder-armut-familie/

KleIdung Vor allem für ältere Kinder und Jugendliche spielt ihr Outfit eine große Rolle. Durch preiswerte Mode sieht man Kin-dern nicht auf den ersten Blick an, dass sie nur wenig Geld für Kleidung zur Verfügung haben. Doch auf angesagte Marken müssen Kinder aus armen Haushalten in der Regel verzichten.

•Kein Geld für Mode: Fast jedes dritte Kind kann sich nicht einmal ab und zu neue Kleidung kaufen.28

• Jedes zehnte Kind, das in einer armen Familie aufwächst, muss im Winter ohne ausreichend warme Kleidung auskom-men (9,7 % der Kinder in Westdeutschland, 12,1 % in Ost-deutschland).29

freIzeIT

•Kino, Konzerte? Geht nicht: Jedes zweite Kind (54 %), das in „relativer Armut“ lebt, kann es sich nicht leisten, einmal im Monat ins Kino oder auf ein Konzert zu gehen. Bei nicht armen Kindern ist das Verhältnis 1 zu 10.30

•Kein Urlaub: Eine Woche im Jahr in den Urlaub fahren. Dieser Wunsch ist bei drei von vier Kindern, die in armen Verhältnissen leben, unerreichbar (76 %). Bei den nicht ar-men Kindern fährt jedes fünfte nicht in den Urlaub.30

•Apropos fahren: 38 % aller armutsgefährdeten Familie besitzen kein eigenes Auto.30

•Ohne Internet: Ein Internetzugang ist gerade für die meis-ten älteren Kinder und Jugendlichen heute eine Selbstver-ständlichkeit. Doch jedes zehnte armutsgefährdete Kind (14 %) hat zu Hause nicht die Möglichkeit, einen Computer mit Internetanschluss zu nutzen.30

•Musik machen oder Sport: Gerade einmal jedes zehnte Kind, das in armen Haushalten groß wird, lernt, ein Mu-sikinstrument zu spielen (12 %). Fast dreimal so viele sind es bei den nicht armutsgefährdeten Kindern (29 %). Auch in Sportvereinen sind sie viel öfter aktiv (77 %). Nur jedes zwei-te armutsgefährdete Kind macht Sport im Verein (46 %).31

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Info

8/10 Fotos: KiKA /Claus Langer

was hilft: mehr chancen Durch bilDung

•Kinder, die in Armut aufwachsen, haben schon bei ih-rer Einschulung einen erheblichen und schwer aufholbaren Bildungs- und Entwicklungsrückstand, so das Ergebnis ei-ner aktuellen Studie der Bertelsmann Stiftung. Sie hätten oft eine schlechtere Körperkoordination, neigten häufiger zu Übergewicht und auch der Umgang mit Zahlen bereite ihnen im Vergleich zu Kindern, die in finanziell gesicherten Verhält-nissen aufwachsen, mehr Probleme. Die Stiftung empfiehlt daher eine frühe Sport-Förderung und den Besuch einer Kita.

•Mehrere Untersuchungen belegen, dass insbesondere frühkindliche Förderung Kindern hilft, der lebenslangen Armut zu entkommen. Als richtungsweisend gilt hier unter anderem die Langzeitstudie an der Perry Preschool in Ysi-lanti (USA) aus den 1960er Jahren mit 120 Dreijährigen aus sozial sehr prekären Verhältnissen: 60 von ihnen kamen in einen sehr guten Kindergarten, 60 Kinder, die nicht gefördert wurden, dienten als Kontrollgruppe. Noch Jahrzehnte später zeigten sich „dramatische Differenzen“ in der Einkommens-höhe, Abhängigkeit von Sozialhilfe und Kriminalitätsrate. Das Experiment zeige, wie rentabel frühkindliche Förderung für eine ganze Gesellschaft sein könne, so Felix Berth vom Deutschen Jugendinstitut. Kinderarmut schon im frühen Alter mit sehr guten Bildungsangeboten zu begegnen, sei dem-entsprechend nicht nur aus Gründen der Fürsorge wichtig, sondern auch im ökonomischen Sinne: So könne Deutsch-land seinen Wohlstand und seine Sicherheit erhalten.34

•Nach wie vor hängt der Bildungserfolg von Kindern und Jugendlichen in Deutschland stärker als in den meisten an-deren Industrienationen von ihrer sozialen Herkunft ab. Obwohl Deutschland sich im Bereich Bildung aus Sicht der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit (OECD) in einigen Punkten verbessert habe, bestehe bei der Chancen-gleichheit noch Aufholbedarf. Gerade für Schüler aus ärme-ren Familien erfülle sich das Versprechen „Aufstieg durch Bildung“ vergleichsweise selten, so die Ergebnisse des letz-ten OECD-Bildungsberichtes 2014. Auch bei den Gesamtaus-gaben für Bildungseinrichtungen ist man hierzulande ver-gleichsweise sparsam (Deutschland investiert demnach 5,1 % des Bundesinlandsprodukts in Bildung. Im OECD-Durchschnitt sind es 6,1 % des BIP).

•Kinder, die in armen Verhältnissen aufwachsen, lernen von klein auf, dass sich viele ihrer Wünsche nicht erfül-len. Das senkt mitunter auch das Vertrauen in ihre eigenen Leistungsmöglichkeiten. Gefragt nach den selbst gesteckten Wünschen für den Schulabschluss, gibt nur jedes fünfte arme Kind (19 %) als Ziel das Abitur an. Bei gleichaltrigen Kindern aus vermögenden Haushalten sind es drei von vier (76 %). Tatsächlich beenden nur 14 % der Kinder aus armen Familien ihre Schulzeit mit der allgemeinen Hochschulreife. Bei ihren Alterskameraden, die in finanziell gesicherten Verhältnissen aufwachsen, macht jedes dritte Kind (34 %) Abitur.

34 Felix Berth. „Die Verschwendung der Kindheit – Wie Deutschland seinen Wohlstand verschleudert“ 2011, www.bildungsxperten.net/

bildungschannels/schule/arme-kinder-reiche-perspektivlosigkeit/

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