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Informationsplattform Regionales Stoffstrommanagement Potenziale erkennen, Prozesse optimieren, Mehrwert schaffen

Informationsplattform Regionales Stoffstrommanagement · Stoff- und Energieströme heute Regionen versorgen sich mit Energie und Rohstoffen aus benachbarten nationalen und internationalen

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Page 1: Informationsplattform Regionales Stoffstrommanagement · Stoff- und Energieströme heute Regionen versorgen sich mit Energie und Rohstoffen aus benachbarten nationalen und internationalen

InformationsplattformRegionales StoffstrommanagementPotenziale erkennen, Prozesse optimieren, Mehrwert schaffen

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Vorbemerkungen 2Zum Projekt 2

Das IfaS 3

Stoffstrommanagement 4Neue Handlungsansätze 4

Ursprung 5

Regionalentwicklung 6

„Null-Emission” 8

Management 9

Kernelemente 10

Netzwerke 11

Grundsätze 12

Projektbeispiele 13Ascha 14

Cochem-Zell 16

Greußenheim 18

Güssing (A) 20

Jühnde 22

Mauenheim 24

Morbach 26

Ostritz-St.Marienthal 28

Umwelt-Campus Birkenfeld 30

Verbandsgemeinde Weilerbach 32

Leitfaden 34Überblick 34

Masterpläne 36

Verschiedene Varianten 38

Fließende Übergänge 40

Vorgehen 41

DieInformationsplattform 42Weitere Informationen 42

Impressum 44

Inhalt

1

Page 3: Informationsplattform Regionales Stoffstrommanagement · Stoff- und Energieströme heute Regionen versorgen sich mit Energie und Rohstoffen aus benachbarten nationalen und internationalen

Knappe Ressourcen und belastete Senken stellen immer größere ökologische und

ökonomische Probleme dar. Die Nutzung regionaler, erneuerbarer Potenziale kann Ökosysteme

entlasten, neue Werte schaffen und alte Werte erhalten.

Mit diesem, durch die Deutsche Bundesstiftung Umwelt (DBU) geförderten Projekt, möchten wir

Ihnen eine Informationsplattform bieten, welche anhand von konkreten Projektbeispielen, einem

kurzen Filmbeitrag, zahlreichen Hintergrundinformationen und einem Leitfaden den Einstieg in

das breite Thema des regionalen Stoffstrommanagements erleichtert.

Die Informationsplattform ist multimedial aufgebaut und auf CD-ROM verfügbar. Ergänzend zur

CD-ROM möchten wir Ihnen mit dieser Broschüre einen kurzen Überblick und eine Kurzfassung

ausgewählter Inhalte der Informationsplattform zur Verfügung stellen. Wir hoffen, Ihnen mit

dieser ersten Auflage der Informationsplattform ein vielfältiges und interessantes Hilfsmittel zur

Verfügung stellen zu können.

Da sich das Thema Stoffstrommanagement durch zahlreiche Einflüsse ständig weiterentwickelt,

wird auch diese Informationsplattform sich weiterentwickeln. In einem weiteren Schritt möchten

wir die Informationen daher zukünftig auch online im Internet verfügbar machen.

Wir würden uns freuen, wenn Sie sich mit Wünschen, Verbesserungsvorschlägen und

Hinweisen zu interessanten Projekten an der Weiterentwicklung dieser Plattform aktiv

beteiligen.

Ihr Team des Instituts für angewandtes Stoffstrommanagement (IfaS)

Das Institut für angewandtes Stoffstrommanagement ist ein junges In-Institut der Fachhoch-

schule Trier mit Sitz am Umwelt-Campus Birkenfeld.

Das interdisziplinäre Team aus sechs Professoren, 30 Mitarbeitern und zahlreichen

Diplomanden, Praktikanten und Hilfskräften setzt sich u.a. aus folgenden Fachrichtungen

zusammen:

• Betriebswirtschaft

• Wirtschaftsingenieurwesen

• Maschinenbau

• Verfahrenstechnik

• Energietechnik

Unter der Leitung von Prof. Dr. Peter Heck betreut das IfaS in interdisziplinären Projektteams

nationale und internationale Projekte u.a. in den Bereichen regionales Stoffstrommanagement,

Erneuerbare Energien, Energieeffizienz, Biomasselogistik, Mittelstandsförderung, Klimaschutz

und Zertifikatehandel.

Im Rahmen des Masterstudiengangs „International Material Flow Management“ (IMAT) mit

Angeboten in Deutschland, Japan und der Türkei sowie bei akademischen und nicht-akade-

mischen Weiterbildungsangeboten bietet das IfaS zahlreiche Möglichkeiten zur Vertiefung des

Themas „Stoffstrommanagement“.

Wünschen Sie weitere Informationen zu den Dienstleistungen, Forschungsprojekten und

Weiterbildungsangeboten des IfaS können Sie uns unter folgender Adresse erreichen:

• Raum- und Umweltplanung

• Fortswirtschaft

• Agraringenieurwesen

• Umweltrecht

Institut für angewandtes Stoffstrommanagement (IfaS)

Fachhochschule Trier / Umwelt-Campus Birkenfeld

Postfach 1380

55761 Birkenfeld

Tel.: +49 (0) 6782 / 17-1221

E-Mail: [email protected]

URL: http://www.ifas.umwelt-campus.de/

VorbemerkungenVorbemerkungen

Informationsplattform Regionales Stoffstrommanagement

Zum ProjektInstitut für angewandtes Stoffstrommanagement

Das IfaS

2 3

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Stoffstrommanagement besteht aus zwei wesentlichen Aspekten: zum einen dem Aspekt der

Analyse und Bewertung aller Stoff- und Energieströme in einem System und der sich hieraus

ergebenden, technischen Optimierungsmöglichkeiten. Der zweite, weitaus diffusere Aspekt

des Stoffstrommanagements besteht im Management selbst. Es stellt eine besondere Heraus-

forderung dar, komplexe, administrative Systeme wie ein Bundesland oder eine Gemeinde

effizient zu managen. Dabei muss der Unterschied zwischen effizient verwalten und managen

klar aufgezeigt werden. Die aus ökologischen, sozialen und ökonomischen Notwendigkeiten

abgeleiteten neuen Stoffsysteme benötigen einen proaktiven, ehrgeizigen und stringenten

Handlungsansatz.

Dieser Handlungsansatz stellt eine Herausforderung dar, bietet aber auch vielfältige Chancen

für die Behörden, Verwaltungen und kommunalen Unternehmen. Die Anwendung neuer Tech-

nologien sowie die neue Anwendung alter Technologien birgt ein höheres Maß an Unsicherheit

und Risiko als die vertraute, althergebrachte Methodik. Der Wandel unserer ökonomischen,

ökologischen und sozialen Rahmenbedingungen erfordert jedoch neue Wege und neue

Managementansätze.

Die bisherige Verwaltung der Stoffströme ist an Prinzipien der Versorgungssicherheit, der

Hygiene und der umweltunbedenklichen Entsorgung ausgerichtet. Nachhaltige Wertschöpfung

im Sinne der Agenda 21 findet in der Regel nicht statt.

Stoffstrommanagement stellt den Versuch dar, Nachhaltigkeit als echte Handlungsoption

finanzierbar, technisch und administrativ möglich zu machen sowie sozial und politisch

akzeptabel zu präsentieren. Dabei spielen Pläne (Masterpläne, Geschäftspläne), Szenarien und

Sensitivitätsanalysen ebenso eine zentrale Rolle wie das Management von Schlüsselpersonen,

die Zuordnung von Verantwortlichkeiten, das Schaffen von Anreizen, das Monitoring und die

kontinuierliche Weiterentwicklung. Wege, diesen komplexen Managementansatz umzusetzen,

möchten wir Ihnen hier mit dem regionalen Stoffstrommanagement aufzeigen.

Prof. Dr. P. Heck

Geschäftsführender Direktor IfaS

Bekannte Ideen

Stoffstrommanagement (SSM) ist nicht neu. Bereits 1994 wurde es von einer Enquête-

Kommission als das „zielorientierte, ganzheitliche und effiziente Beeinflussen von

Stoffsystemen“ definiert. Im Bereich der Industrie wird Stoffstrommanagement schon lange zur

Optimierung der Betriebsabläufe eingesetzt. Ziel ist es, die bei der Produktion eingesetzten

Stoffe möglichst wertschöpfend bzw. gewinnbringend zu verwenden. Dies geschieht z.B. durch

die Vermeidung von Abfällen und die Kreislaufführung von Stoffen.

Regionale Stoffströme

Die Ansätze des betrieblichen Stoffstrommanagements lassen sich auch auf kommunale

Gebietskörperschaften übertragen. Bei einem Stoffstrommanagement auf kommunaler Ebene

wird eine Kommune als ein Gesamtsystem aus unterschiedlichen Stoffströmen verstanden.

Auch wenn man sie sich selten bewusst macht, so gibt es doch zahlreiche regionale

Stoffströme. Hier nur eine kleine Auswahl:

• Nährstoffe wie Stickstoff und Phosphat

• Abfälle und Reststoffe aus den Haushalten, der Industrie und dem Gewerbe,

• Abwasser und die aus der Abwasserbehandlung verbleibenden Reststoffe wie Klärschlamm,

• vielfältige Biomassen aus der Land- und Forstwirtschaft oder

• Energieträger in Form fossiler Rohstoffe oder Erneuerbare Energien wie Sonnenenergie

oder Windkraft.

Ziel des regionalen Stoffstrommanagements ist es, diese zahlreichen Stoffe möglichst effizient

zu nutzen und zu kombinieren, die Nutzungsdauer der eingesetzten Stoffe zu verlängern

oder nicht verwertbare Reststoffe möglichst kostengünstig zu behandeln. All diese Schritte

führen sowohl zu verringerten Umweltauswirkungen als auch zu einer höheren regionalen

Wertschöpfung.

StoffstrommanagementStoffstrommanagement

Herausforderung und Chance

Neue HandlungsansätzeVon der betrieblichen Optimierung hin zur Region

Ursprung

4 5

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Stoff- und Energieströme heute

Regionen versorgen sich mit Energie und Rohstoffen aus benachbarten nationalen und

internationalen Systemen. Nur ein geringer Teil der Wertschöpfung findet noch in der Region

statt. Die in der Region vorhandenen lokalen Ressourcen werden kaum oder ineffizient genutzt.

Hierdurch fließen große Mengen finanzieller Mittel aus der Region ab. Steigende Energie- und

Rohstoffpreise führen zu einem Verlust der Kauf- und Wirtschaftskraft der gesamten Region.

Die Bewohner der Region müssen für die gleiche (Dienst-) Leistung (Wärme, Licht, Nahrung,

Mobilität etc.) mehr bezahlen ohne jedoch zusätzliche Wertschöpfung zu generieren.

Regional optimierte Stoffströme

Die Optimierung der Stoff- und Energieströme erfolgt mit dem Ziel Stoffkreisläufe zu schließen

und möglichst erneuerbare, regionale Ressourcen einzusetzen. Durch die Nutzung regionaler

Ressourcen können verstärkt finanzielle Mittel in der Region gebunden werden. Hierdurch

werden die regionalen Wirtschaftskreisläufe gestärkt. Die Nutzung regionaler Potenziale

erfordert neue Techniken, neue, zum Teil hochqualifizierte Mitarbeiter und viel Kapital. Durch

geschicktes Management der regionalen Stoffströme können Dienstleistungen und Produkte,

bei gleichem Arbeitsplatzangebot und höherem Kapitalzufluss, günstiger angeboten werden.

Die Grundlage hierfür bildet die intelligente Verknüpfung der regionalen Potenziale. Der höhere

Kapital- und Managementaufwand refinanziert sich durch Suffizienz, Effizienzgewinne und auch

durch die langfristige Nutzung kostengünstiger oder kostenloser Stoff- und Energieströme wie

z.B. der Sonnenenergie.

StoffstrommanagementStoffstrommanagement

Wertschöpfung durch Klimaschutz

Regionalentwicklung

6 7

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Wertschöpfung durch Kreislaufführung

Emissionen sind allgegenwärtig. Die Vision einer völlig emissionsfreien Welt klingt somit

absurd. Durch den Menschen geschaffene Emissionen haben jedoch z.B. das Problem der

globalen Klimaveränderung geschaffen. An dieser Stelle setzt die Vision „Zero-Emission” bzw.

„Null-Emission” an. Menschliche Emissionen sind im Gegensatz zu natürlichen Emissionen

nicht oder nur schlecht in das Gleichgewicht des natürlichen Stoffkreislaufs eingebunden.

Gelingt es, die durch den Menschen verursachten Stoffflüsse in einem Kreislauf ähnlich

den natürlichen Stoffkreisläufen zu führen, lassen sich hierdurch die

Wertschöpfungsketten verlängern. Abfälle und Emissionen verursachen

steigende Kosten, ihre Nutzung oder Verringerung erhält Werte oder

kreiert neue.

Optimierung über Bereichsgrenzen hinaus

Eine „echte” Kreislaufwirtschaft geht weit über die Grenzen der

bisherigen Ansätze des deutschen Kreislaufwirtschafts- und

Abfallgesetzes hinaus. Sie ist die ganzheitliche Betrachtung und

Optimierung der Stoff- und Energieströme über alle Stationen ihres

Lebenswegs und über die klassischen sektoralen Grenzen (wie z.B.

dem Gewerbe, der Haushalte, der Landwirtschaft etc.) hinweg. Das

Werkzeug hierzu ist das Stoffstrommanagement.

„Null-Emission” als Managementkonzept

Die Vision „Null-Emission” steht für die permanente Optimierung

und andauernde Suche nach Suffizienz und Effizienz. Die einzelnen

Systeme wie Wasser, Abwasser, Abfall, Energie etc. werden

synergetisch und systemisch analysiert und vernetzt optimiert. Schritt für

Schritt wird sich so dem Ziel „Null-Emission“ angenähert.

Aktives Handeln

Das „Managen” von Stoffströmen bedeutet, aktiv in den Weg der Stoffflüsse

einzugreifen. Ein solches Eingreifen kann auf vielfältige Art und Weise erfolgen.

Manche Stoffströme können direkt durch das eigene Verhalten oder die eigene

Entscheidungskompetenz beeinflusst werden. Die Mehrheit der Stoffströme

in einer Region ist jedoch nur indirekt beeinflussbar. Doch auch hierbei bieten

sich zahlreiche Möglichkeiten: von der Kommunikation mit den Akteuren

über Anreizprogramme bis hin zu Vorgaben durch Satzungen oder andere

Regelungen.

Management-Kreislauf

Unabhängig von der Art der Beeinflussung ist jedoch die Frage, mit welcher

Zielrichtung die Stoffströme beeinflusst werden sollen. Management setzt

Planung voraus. Im Stoffstrommanagement bedeutet dies

• es muss die Ausgangssituation (Stoffströme, Kosten, Akteure etc.) bekannt

sein (Ist-Analyse) und

• es muss ein Plan entwickelt werden, wie die Stoffströme optimiert werden

sollen (Soll-Konzept / Masterplan).

Aufbauend auf der Planung (z.B. im Rahmen eines Stoffstrommanagement-

Masterplans) kann dann die schrittweise Umsetzung erfolgen.

Mit der Umsetzung endet jedoch nicht das Stoffstrommanagement. Einerseits muss eine

Überprüfung erfolgen, ob mit den umgesetzten Maßnahmen die definierten Ziele erreicht

werden. Andererseits entwickeln sich die Rahmenbedingungen weiter. Sowohl durch neue

gesetzliche Regelungen, durch neue wissenschaftliche Erkenntnisse oder durch neue

Technologien entstehen neue Anforderungen oder Möglichkeiten der Optimierung. Erst eine

kontinuierliche Weiterentwicklung und Fortschreibung der Planung garantiert den dauerhaften

Erfolg eines Stoffstrommanagements.

Planung

Umsetzung

Kontrolle

Weiterentwicklung

StoffstrommanagementStoffstrommanagement

Kreislaufwirtschaft durch Stoffstrommanagement

„Null-Emission”Planung, Umsetzung, Kontrolle und Weiterentwicklung

Management

8 9

Page 7: Informationsplattform Regionales Stoffstrommanagement · Stoff- und Energieströme heute Regionen versorgen sich mit Energie und Rohstoffen aus benachbarten nationalen und internationalen

Die im Stoffstrommanagement zu berücksichtigenden Aspekte sind vielfältig. Fünf zentrale

„Kernelemente” sind jedoch in allen Planungsschritten von zentraler Bedeutung:

• Der Bedarf nach Stoffen oder Energie ist in der Regel die Ursache der Stoffströme. In

erster Linie äußert sich dieser in einem messbaren Verbrauch der untersuchten Stoffe bzw.

Energieformen innerhalb der Region.

• Potenziale (genutzte oder ungenutzte) bilden die „Quelle” für Stoffströme. Auch Einsparung

kann als „Potenzial” definiert werden (in diesem Fall als „Stoff“ mit negativem Vorzeichen).

• Der Bereich Technik & Logistik ist das Bindegliede zwischen den Potenzialen und dem

Bedarf. Technik wandelt die Potenziale in eine nutzbare Form um, Logistik überbrückt

räumliche (Transport) oder zeitliche (Lagerung) Distanzen.

• Akteure beeinflussen alle Bereiche des Stoffstrommanagements. Sie lösen Bedarf aus oder

verfügen über Potenziale, sie entwickeln technische Lösungen und entscheiden über die

Finanzierung.

• Die Bereitstellung von Finanzmitteln ist in der Regel die Basis zur Umsetzung von

Maßnahmen. Im Rahmen des Stoffstrommanagements sind daher auch alle planerischen

und organisatorischen Tätigkeiten zur Mittelbeschaffung zu berücksichtigen.

Der Umfang der Betrachtung der einzelnen Aspekte

schwankt je nach Projekt und Arbeitsschritt. Die

regelmäßige Überprüfung, ob alle genannten

Kernelemente in den Überlegungen berücksichtigt wurden

hilft jedoch, bereits frühzeitig erste Fehlerquellen oder

mögliche Schwachstellen in einem Konzept aufzudecken.

Die Region als „Unternehmen”

Die Regionen, Kreise und Gemeinden bilden das zentrale Element bei der flächendeckenden

Umsetzung des Stoffstrommanagements. Sie müssen sich selbst als „Unternehmen“ verstehen,

welche die vorhandenen, regionalen Ressourcen sowie Stoff- und Energieströme aktiv zur

Erhöhung der regionalen Wertschöpfung, zur Verbesserung der Lebensqualität und zum

Schutz unserer natürlichen Lebensgrundlagen optimieren und managen. Hierzu muss das

Verwaltungshandeln durch ein strategie- und zielorientiertes Management ergänzt werden.

Netzwerke als Führungsinstrument

Im Gegensatz zu realen Unternehmen sind die Einflussmöglichkeiten auf die einzelnen

Akteure jedoch komplexer und vielschichtiger. Eine Steuerung durch Weisungsbefugnisse und

hierarchische Strukturen ist hier kaum möglich. Führung und Steuerung erfolgen hier vielmehr

auf der Basis der Kooperation und Kommunikation. Die enge Zusammenarbeit

der verschiedenen Akteure ist die Grundlage einer erfolgreichen Umsetzung.

Nur durch die Akteure und ihr Handeln vor Ort können die Stoff- und

Energieströme aktiv beeinflusst und optimiert werden.

Eine besondere Bedeutung kommt daher dem Aufbau und der Betreuung

regionaler Akteursnetzwerke zu. Durch die Analyse der für ein Stoffstrom-

managementprojekt relevanten Akteure, die gezielte Einbeziehung und die

Steuerung der Kommunikation mit und zwischen den Akteuren kann z.B. die

kommunale Verwaltung steuernd in den Prozess eingreifen.

Aufbau von Strukturen

Im Laufe des Prozesses können sich aus diesen Netzwerken auch

eigenständige Strukturen, angefangen von einem „Stoffstrommanagement-Rat”

als zentrale Steuerungsgruppe bis hin zu Organisationsformen wie einer

Genossenschaft oder einer „Stoffstrommanagement-GmbH” entwickeln.

StoffstrommanagementStoffstrommanagement

Zentrale Aspekte im Stoffstrommanagement

KernelementeErfolg durch Kooperation

Netzwerke

10 11

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Als Handlungsrahmen für das Stoffstrommanagement ist es empfehlenswert, den

übergeordneten Grundsatz der nachhaltigen Entwicklung zu konkretisieren und

herunterzubrechen. Die Formulierung der Grundsätze hilft bei späteren Entscheidungen,

z.B. bei der Abwägung unterschiedlicher Interessen oder der Auswahl alternativer

Technologien. Folgende Auswahl an Grundsätzen dient hier als Anregung und Empfehlung:

Umgang mit Energie- und Stoffströmen

• Maßnahmen zur ökoeffizienten Optimierung des Energie- und Ressourcenverbrauchs

haben Vorrang vor Maßnahmen zur Produktion von Energie bzw. zur Substitution von

Ressourcen („Einsparung vor Erzeugung”)

• Die Einsparung und die Nutzung von Abwärme haben Vorrang vor der

Wärmeproduktion.

• Die Bereitstellung elektrischer Energie durch thermische Prozesse muss eine

Wärmenutzung vorsehen und möglichst dezentral in direkter räumlicher Nähe zu

Wärmeabnehmern erfolgen (Kraft-Wärme-Kopplung).

• Die wirtschaftliche Nutzung erneuerbarer, regionaler Ressourcen hat Vorrang vor der

Nutzung nicht-erneuerbarer Ressourcen und dem Ressourcenimport.

• Die Verarbeitung von Rohstoffen vor Ort hat Vorrang vor dem Transport, sofern eine

Veredelung oder Weiterverarbeitung an anderer Stelle nicht nachweisbar in der

Gesamtbilanz ökoeffizienter ist.

• Die Kreislaufführung von Stoffen hat das Ziel einer möglichst hochwertigen

Wiederverwertung; „Downcycling“ ist zu vermeiden.

• Der Anteil an Reststoffen und Nebenprodukten, welche nicht zur Wertschöpfung

beitragen, ist zu minimieren.

• Die Schaffung und Veränderung von Infrastruktur muss grundsätzlich mit Maßnahmen

zur Energie- und Ressourceneffizienz verknüpft werden.

Dass regionales Stoffstrommanagement keine reine Theorie ist, zeigen die zahlreichen Ansätze,

welche bundesweit in Kommunen und Kreisen bereits existieren.

Auf den nachfolgenden Seiten stellen wir Ihnen unterschiedliche Beispiele aus Kommunen,

Landkreisen und einer Hochschule vor, die ihre Stoffströme aktiv managen. Die Beispiele

zeigen auch, dass trotz unterschiedlicher geographischer, wirtschaftlicher und rechtlicher

Rahmenbedingungen innovative Projekte erfolgreich realisiert werden können.

Allen Projektbeispielen gemeinsam ist ein ganzheitlicher Projektansatz. Im Vordergrund steht

nicht die Realisierung einzelner Maßnahmen, sondern die nachhaltige Weiterentwicklung der

betreffenden Kommune bzw. der gesamten Region. In Abhängigkeit von den politischen und

administrativen Rahmenbedingungen sowie den verfügbaren natürlichen und finanziellen

Ressourcen haben die Akteure dabei sehr unterschiedliche Vorgehensweisen gewählt. Grob

lassen sich jedoch alle Planungen und Prozesse in die Phasen Bestandsaufnahme/ Analyse,

Planung/ Projektentwicklung sowie Projektumsetzung untergliedern.

Die Beispiele zeigen auch, dass Stoffstrommanagement nicht bewusst im Vordergrund stehen

muss, sondern als Werkzeug in noch umfangreichere Prozesse und Planungen eingebunden

werden kann. Sei es im Rahmen eines Agenda-Prozesses, einer Klimaschutzstrategie oder

auch der Dorferneuerung - Stoffstrommanagement ist ein zentrales Werkzeug innerhalb einer

nachhaltigen Entwicklung.

Der Schwerpunkt der umgesetzten Einzelprojekte liegt im Bereich Erneuerbare Energien,

da aufgrund der politischen und gesetzlichen Rahmenbedingungen hier der größte

Handlungsspielraum besteht. Aber auch in den Bereichen Wasser/ Abwasser, Abfall und

regionale Produkte wurden Projekte realisiert und die regionalen Stoffströme im Sinne einer

regionalen Wertschöpfung positiv beeinflusst.

Die vorgestellten Praxisbeispiele bieten Ihnen einen ersten Eindruck von der Vielzahl der

vorhandenen Möglichkeiten und sollen zum Nachahmen motivieren.

Stoffstrommanagement

Handlungsrahmen des Managements

Grundsätze

Projektbeispiele

12 13

Erfolge im ganzen Land

Projektbeispiele

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Wege von der Vergangenheit in die Zukunft

Unter dem Leitbild „Wege von der Vergangenheit in die Zukunft“ hat die

1.536-köpfige Gemeinde Ascha (Kreis Straubing-Bogen) einen beispielhaften

Agenda 21-Prozess eingeleitet und mit ihrem vorbildhaften Engagement große

Aufmerksamkeit auf sich gezogen. So wurde die Gemeinde für ihre Aktivitäten

mehrfach ausgezeichnet und im Jahr 2005 sogar zur EU-Modellgemeinde gekürt.

Mit Engagement zum Erfolg

Seit 1988 ist die Gemeinde bereits im bayerischen Dorferneuerungsprogramm und hat sich

vor diesem Hintergrund schon frühzeitig mit einer ganzheitlichen Gemeindeentwicklung

auseinandergesetzt. So war es nicht verwunderlich als Ascha 1998 als erste Gemeinde im

Landkreis, einen durch außergewöhnliches bürgerschaftliches Engagement gekennzeichneten

Agenda 21-Prozess einleitete. Mit Hilfe der ganzen Dorfgemeinschaft und einer systematischen

Bestandserfassung ist es der Gemeinde gelungen, Probleme und Chancen zu identifizieren und

viele gute Projekte zu entwickeln.

Vielfältige Umsetzung

Das Spektrum der umgesetzten Projekte ist sehr breit gefächert und umfasst beispielsweise:

• den Bau eines Biomasseheizkraftwerks

• den Bau von Photovoltaikanlagen und Solarthermieanlagen

• die energiesparende Sanierung der alten Schule und Neubau der Schule im

Niedrigenergiehaus-Standard

• die Durchführung von Energiesparaktionen

• die Ausweisung eines ökologischen Wohngebiets

• die Optimierung der Trinkwasserversorgung

• die Optimierung der Abwasserentsorgung

• die Gründung von „Ascha aktiv e.V.“ zur Vermarktung regionaler Produkte

Wertschöpfung in der Region

Insgesamt investierte die Gemeinde in den letzten 10 Jahren mehr als 15 Millionen € in die

nachhaltige Umgestaltung ihrer Infrastruktur. Durch den Einsatz Erneuerbarer Energien, die

Maßnahmen zur Wasserver- und entsorgung, die energetische Sanierung, energieeffiziente

Neubauten sowie Einsparmaßnahmen beim Stromverbrauch profitieren die Gemeinde und

die Bürger durch eine langfristig sichere Versorgung und niedrige Nebenkosten. Insgesamt

konnte die regionale Wertschöpfung deutlich gesteigert werden, da das Geld, das früher für

Energieimporte aufgegeben wurde, nun in der Region verbleibt.

Klimaschutz vor Ort

Ein weiterer positiver Effekt ist die CO2-Einsparung, die durch viele Projekte erzielt

werden konnte. Allein durch das Biomasseheizwerk können im Vergleich zu einer fossilen

Wärmeversorgung knapp 600 t CO2/ a eingespart werden. Hinzu kommen die CO

2-

Einsparungen aus den Photovoltaik- und Solarthermieanlagen, die indirekten Einsparungen

durch die Vermarktung regionaler Lebensmittel sowie die Sicherung und Schaffung von

Arbeitsplätzen vor Ort.

Nicht zuletzt wurden durch die vielfältigen Beteiligungsmöglichkeiten für die Bürger und die

zahlreichen durchgeführten Aktionen und Veranstaltungen die bürgerliche Gemeinschaft und

das regionale Bewusstsein gestärkt.

Kontakt:

Verwaltungsgemeinschaft Mitterfels

Burgstr. 1

94360 Mitterfels

www.ascha.de

ProjektbeispieleProjektbeispiele

Auszeichnung zur EU- Modellgemeinde

Ascha

14 15

Page 10: Informationsplattform Regionales Stoffstrommanagement · Stoff- und Energieströme heute Regionen versorgen sich mit Energie und Rohstoffen aus benachbarten nationalen und internationalen

Erfolg durch Umsetzung

Realisiert wurden bisher unter anderem die folgenden Projekte:

• Astrid-Lindgren-Schule: Austausch der veralteten Gaszentralheizung gegen eine

Pelletheizung; erstmalige Finanzierung über Contracting

• Schulzentrum Cochem-Zell: Austausch der alten Ölheizung gegen eine neue, effizientere

Hackschnitzelheizung, Brennmaterial aus dem kommunalen Forst, Finanzierung über

Contracting

• Freizeitzentrum Cochem: Wärmeversorgung des „Moselbads“ über eine neue Holzhack-

schnitzelheizung, Brennmaterial aus dem kommunalen Forst, Finanzierung über Contracting

• Lutzerath: Wärmeversorgung mehrerer öffentlicher Gebäude mit der Abwärme aus einer

Biogasanlage

• Biogasanlage Alflen: Wärmeversorgung des NATO-Flughafens Büchel mit der Abwärme aus

einer Gemeinschaftsbiogasanlage

Einsparung und Wertschöpfung

Insgesamt wurden im Zeitraum der Projektstudie rund 8 Millionen € in den Bau von Biomasse-

anlagen investiert (öffentliche und private Investitionen). Durch das Contracting und den

günstigen Brennstoff Holz, sparen der Landkreis bzw. die Stadt Cochem mehrere 10.000 € pro

Jahr.

Darüber hinaus konnte durch die Aktivierung der lokalen Biomassepotenziale die regionale

Wertschöpfung gesteigert werden. Die Forstwirtschaft erzielt aufgrund der Lieferverträge

langfristig sichere Einnahmen, und auch viele Landwirte konnten sich ein zweites Standbein als

Energiewirte aufbauen.

Chancen erkennen und nutzen

Cochem-Zell, ein Landkreis, der abseits von großen Industriezentren liegt,

hat die Chancen erkannt, sich von fossilen Energieträgern unabhängig

zu machen und durch die Nutzung der eigenen Ressourcen die regionale

Wertschöpfung zu fördern. In Zusammenarbeit mit dem Institut für angewandtes

Stoffstrommanagement (IfaS) hat der Landkreis die Projektstudie „Regionale

Wertschöpfung durch regionales Stoffstrommanagement im Landkreis

Cochem-Zell“ durchgeführt, mit der er die Nutzung heimischer Biomasse zur

Energieversorgung im Landkreis etabliert hat. So wurden im Rahmen dieses Projektes

kommunale Heizungsanlagen gegen neue Heizungen auf Biomassebasis ausgetauscht und die

Errichtung privater Biogasanlagen unterstützt.

Netzwerke zur Umsetzung

Bereits im Rahmen der Lokalen Agenda 21 wurden die verstärkte Nutzung

regenerativer Energien thematisiert und erste Projektideen entwickelt. Im

Rahmen der Projektstudie wurden dann die land- und forstwirtschaftlichen

Biomassepotenziale ermittelt, der Landkreis hinsichtlich der Umsetzung

einzelner Projekte beraten und weitere Projektideen entwickelt.

Einerseits forcierte der Landkreis in mehreren kommunalen Liegenschaften den

Austausch alter Heizungsanlagen gegen neue Heizungen auf Biomassebasis.

Parallel dazu unterstützte der Landkreis auch private Investoren im Bereich

Biomassenutzung. Gemeinsam mit dem IfaS vermittelte er zwischen den

unterschiedlichen Akteuren, leistete Aufklärungs- und Überzeugungsarbeit, beriet die Investoren

bei der Finanzierung und trieb die notwendigen Genehmigungsverfahren voran.

Kontakt:

Kreisverwaltung Cochem-Zell

Endertplatz 2

56812 Cochem / Mosel

www.cochem-zell.de

ProjektbeispieleProjektbeispiele

Regionale Wertschöpfung durch regionales Stoffstrommanagement

Cochem-Zell

16 17

Page 11: Informationsplattform Regionales Stoffstrommanagement · Stoff- und Energieströme heute Regionen versorgen sich mit Energie und Rohstoffen aus benachbarten nationalen und internationalen

Gemeinsam Projekte entwickeln

Aufgrund des überragenden Engagements aller Beteiligten, konnten im Bereich der

Energieversorgung und der Wasserver- und entsorgung viele gute Projekte umgesetzt werden,

darunter:

• die Errichtung eines Biomasseheizwerks zur Wärmeversorgung mehrerer kommunaler und

privater Gebäude im Ortskern

• die Errichtung zahlreicher Photovoltaikanlagen auf kommunalen und privaten Dachflächen;

auch der neu gebaute Dorfbrunnen wird mit Solarenergie betrieben

• die Errichtung eines Niedrigenergiehauses in Greußenheim, das als Beratungszentrum für

die Bürger hinsichtlich Energieeinsparung und dem Einsatz Erneuerbarer Energien diente

(durch die Bayernwerk-Gruppe im Rahmen des Programms „Energiezukunft Bayern“)

• der Einsatz von regionalem Pflanzenöl als Kraftstoff für mehr als 10 umgerüstete

Dieselfahrzeuge

• Extensivierung der landwirtschaftlichen Flächen und Ausweisung eines neuen Trinkwasser-

schutzgebiets

Grundstein für nachhaltige Kommunalentwicklung

Mit diesen Projekten legte die Gemeinde den Grundstein für eine nachhaltige

Kommunalentwicklung. Durch den Einsatz Erneuerbarer Energien und die Ausweisung

eines eigenen Trinkwasserschutzgebiets profitieren die Greußenheimer von einer langfristig

sicheren und günstigen Grundversorgung. Zudem konnte die regionale Wertschöpfung deutlich

gesteigert werden: Durch das Biomasseheizwerk und die Nutzung von Pflanzenöl als Kraftstoff,

werden Arbeitsplätze in der Region gesichert.

Auch zukünftig hat die Gemeinde noch einiges vor. So sollen z.B. innerhalb der nächsten zwei

Erfolg mit Engagement

Im Rahmen eines Agenda 21-Prozesses ist es der bayrischen Gemeinde

Greußenheim gelungen, ihre Wasser- und Energieversorgung nachhaltig

umzugestalten. Dabei reicht das Engagement der Gemeinde und der Bürger

weit über die üblichen Maße hinaus. Nicht umsonst hat Greußenheim schon

viele nationale und internationale Preise für ihr Engagement im Natur- und

Umweltschutz bekommen.

„Mitdenken - Mitreden - Mitgestalten”

Mitte der 1990er Jahre glich die Situation der Gemeinde Greußenheim der

vieler ländlicher Gemeinden. Insbesondere sah sich die Gemeinde mit einem

erheblichen Sanierungsbedarf im Ortskern, einer hohen Zahl von Auspendlern,

einem Rückgang der dörflichen Strukturen sowie einem hohen Handlungsbedarf

im Bereich Klimaschutz konfrontiert.

Um diese Probleme anzugehen, leitete die Gemeinde 1998 unter dem Motto

„Mitdenken - Mitreden - Mitgestalten“ einen Agenda 21-Prozess ein. Gemeinsam

mit den Bürgern führte die Gemeinde eine Bestandsaufnahme durch und

erarbeitete in zahlreichen Sitzungen, Besprechungen und Workshops

Zielvorstellungen und Projektideen.

Die meisten Projekte wurden in Eigenregie unter der Mitarbeit vieler freiwilliger

Helfer durchgeführt. Bei größeren Projekten schaltete die Gemeinde auch

regelmäßig externe Fachplanungsbüros hinzu, um die Details zu klären und

eine optimale Lösung zu finden. Die Gemeinde steuerte den Prozess durch

Aufklärungsarbeit und organisierte die Beschaffung der Finanzmittel in Form von

Fördergeldern und Krediten.

Kontakt:

Gemeinde Greußenheim

Rathaus, Birkenfelderstraße 1

97259 Greußenheim

www.greussenheim.de

ProjektbeispieleProjektbeispiele

Die umweltbewußte Gemeinde

Greußenheim

18 19

Page 12: Informationsplattform Regionales Stoffstrommanagement · Stoff- und Energieströme heute Regionen versorgen sich mit Energie und Rohstoffen aus benachbarten nationalen und internationalen

20

Wertschöpfung durch Energie, Tourismus und Forschung

Die bis heute erzielten Erfolge sind beachtlich:

• Die regionale Wertschöpfung im Energiesektor betrug im Jahr 2005 13,6 Millionen €/ a, d.h.

dieses Geld floss früher aus der Region hinaus (Energieimporte) und verbleibt nun in der

Region (Nutzung nachwachsender, heimischer Ressourcen).

• Durch die energetische Optimierung aller im Gemeindezentrum befindlichen öffentlichen

Gebäude konnten die Ausgaben für Energie beinahe halbiert werden und auch im privaten

Bereich sanken die Energiekosten deutlich.

• Durch ein spezielles Betriebsansiedlungsprogramm konnte die Zahl der Betriebe von

ca. 840 im Jahr 1981 auf über 1.000 im Jahr 2001 gesteigert werden. Insbesondere im

Bereich Umwelttechnologie, im Bereich Laubholztrocknung und Parkettherstellung sowie im

Tourismusbereich konnten neue Arbeitsplätze geschaffen werden.

• Die Zahl der Beschäftigen in der Stadt stieg von ca. 5.000 (1981) auf über 6.000 (2001).

• die Kommunalsteuer der Stadtgemeinde stieg zwischen 1990-2005 um ca. 400.000 € auf

über 1.200.000 €.

• Durch die Gründung des „Europäischen Zentrums für erneuerbare Energie“

(EEE) entwickelte sich Güssing zum Zentrum zahlreicher Veranstaltungen und

Forschungsaktivitäten rund um das Thema Erneuerbare Energien.

• Darüber hinaus sanken die CO2-Emissionen der Stadt Güssing zwischen 1995 und 2008 um

rund 25.000 t/ a auf nunmehr 12.000 t/ a.

Für ihre Leistungen erhielten die Stadt Güssing sowie das „Europäische Zentrum für

erneuerbare Energie“ (EEE) zahlreiche Preise. So wurde die Stadt im Jahr 2004 als innovativste

Gemeinde Österreichs ausgezeichnet und erhielt im gleichen Jahr den Europäischen Solarpreis.

Inzwischen arbeitet das EEE daran, das „Modell Güssing“ auf die gesamte Region zu

übertragen. Derzeit wird der Strombedarf des Bezirks Güssing zu 34% und der Wärmebedarf

bereits zu 55% durch Biomasse gedeckt.

Unabhängige Energieversorgung als Wirtschaftsmotor

Eine kleine südburgenländische Stadt in Österreich trotzt im 21. Jahrhundert der

Energieaußenwelt. Ihre Zauberformel ist die energetische Unabhängigkeit bei

Strom, Wärme und Kraftstoffen von allen Energieversorgern.

Die durch ein sehr ländliches Umfeld geprägte Stadt zählte 1988 noch zu den

ärmsten Regionen Österreichs. Gründe dafür waren insbesondere: die Nähe

zum Eisernen Vorhang (Ungarn), fehlende Industrie- und Gewerbebetriebe,

der Niedergang der Land- und Forstwirtschaft sowie die fehlende Verkehrsinfrastruktur.

Zusätzlich zu diesen Problemen gab es eine starke Kapitalabwanderung aus der Region durch

Energieimporte (Heizöl, Strom, Kraftstoffe).

Diese drohende Abwärtsspirale versuchte die Stadt Güssing zu durchbrechen

und verabschiedete 1990 den Beschluss zum 100%igen Ausstieg aus der fossilen

Energieversorgung. Von Anfang an standen wirtschaftliche Ziele im Vordergrund, ökologische

Vorteile sah man lediglich als positiven Nebeneffekt. So hoffte die Stadt, den durch

Energieimporte verursachten Finanzabfluss zu drosseln und eigene Einnahmen zu erzielen,

ohne die Bürger zusätzlich zu belasten.

100% schon heute

Vor 18 Jahren, als dieses Konzept der Öffentlichkeit vorgestellt wurde, löste

es großes Gelächter aus. Heute ist die Stadt energieunabhängig. Insgesamt

versorgen zwei Biomasseheizwerke, drei Biomasseheizkraftwerke, eine Ölmühle

sowie mehrere Photovoltaik- und Solarthermieanlagen die Stadt mit Strom,

Wärme und Treibstoff. Der in den Biomasseheizkraftwerken und von den

Photovoltaikanlagen produzierte Strom deckt zu 100% den Bedarf der Stadt

Güssing. Bei der Wärmeversorgung liegt der Deckungsgrad sogar bei 140%.

Darüber hinaus konnte die regionale Wertschöpfung enorm gesteigert werden.

Kontakt:

Europäisches Zentrum für erneuerbare Energie

Europastraße 1

A-7540 Güssing

www.eee-info.net

ProjektbeispieleProjektbeispiele

Europäisches Zentrum für erneuerbare Energie

Güssing (A)

21

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Genossenschaft als Basis des regionalen Wirtschaftens

Betrieben werden diese Energieanlagen von der genossenschaftlich organisierten

„Bioenergiedorf Jühnde eG“, ein Zusammenschluss aus Landwirten, Wärmeabnehmern sowie

Mitgliedern der Gemeinde und der Kirche. Somit können die Bürger direkten Einfluss auf die

Entscheidungen des Unternehmens ausüben.

Außerdem tragen die genossenschaftliche Organisation der Anlagen und die dezentrale Energie

versorgungsstruktur zur Stärkung der regionalen Wirtschaftskreisläufe bei. Die nachwachsenden

Rohstoffe werden in der Gemeinde Jühnde hergestellt und verarbeitet und die selbst erzeugte

Energie anschließend in den Häusern vor Ort genutzt. Die Betreibergesellschaft zahlt rund

230.000 €/ a an die Energielieferanten. Hiervon entfallen 90% auf die Energiepflanzen

liefernden Landwirte und 10% auf die Holz liefernden Forstbetriebe. Damit können in beiden

Sektoren Arbeitsplätze gesichert werden. Neben den Land- und Forstwirten profitieren auch

Handwerksbetriebe und Dienstleistungsbetriebe wie Banken, Versicherungen, Steuerberater

oder Wartungsfirmen vom Bau bzw. Betrieb der Bioenergieanlagen.

Beispiel für viele andere Gemeinden

Das Beispiel der Gemeinde Jühnde zeigt, dass es möglich ist, ein ganzes Dorf aus lokalen,

nachwachsenden Rohstoffen mit einem vertretbaren Kostenaufwand zu versorgen. Zwar

wurde das Projekt „Bioenergiedorf Jühnde“ durch öffentliche Fördergelder bezuschusst, da

das Eigenkapital und die Darlehen zur Finanzierung der Anlagen nicht ausreichten, doch

die zunehmende Nachahmung der Idee zeigt, dass bei den heutigen Energiepreisen die

Realisierung von Bioenergiedörfern auch ohne Zuschüsse wirtschaftlich sein kann.

Nicht zuletzt leistet das „Bioenergiedorf Jühnde” durch die CO2-neutrale Energieerzeugung und

das umweltfreundliche Anbaukonzept einen wichtigen Beitrag zum Klima- und Umweltschutz.

Mit vereinten Kräften ans Ziel

Das „Bioenergiedorf Jühnde” ist ein erfolgreiches Beispiel dafür, wie mit vereinten

Kräften die Energieversorgung eines ganzen Dorfes nachhaltig umgebaut werden

kann.

Die Idee zur Verwirklichung des Projekts „Das Bioenergiedorf“ stammt vom

Interdisziplinären Zentrum für Nachhaltige Entwicklung (IZNE) der Universität

Göttingen und Kassel/ Witzenhausen. Im Oktober 2000 startete das Modellprojekt.

In einem mehrstufigen Auswahlverfahren entschieden sich die Wissenschaftler

schließlich für den Ort Jühnde. Für den Ort sprachen insbesondere folgende Kriterien:

• Einwohnerzahl zwischen 400 und 1.000

• aktives Vereinsleben im Dorf

• kein Anschluss ans Gasnetz

• mindestens drei bis vier aktive Landwirte im Dorf

• ausreichendes land- und forstwirtschaftliches Biomassepotenzial

• geringe Höhenunterschiede

• mindestens ein großes Versammlungsgebäude im Dorf

• großes Interesse der Dorfgemeinschaft an dem Projekt

• technische Machbarkeit und positive Wirtschaftlichkeitsbetrachtung

Energie aus der Landwirtschaft

Der Bau der Energieanlagen erfolgte zwischen 2003 und 2006. Das Energiekonzept

besteht aus einer Biogasanlage und einem Holzhackschnitzelheizwerk, die mit land- und

forstwirtschaftlichen Rohstoffen betrieben werden. Ein an die Biogasanlage angeschlossenes

Blockheizkraftwerk produziert Strom und Wärme. Der Strom wird ins öffentliche Netz

eingespeist und deckt theoretisch den Bedarf von 1.200 Haushalten. Die Wärme wird mittels

eines Nahwärmenetzes zur Beheizung und Warmwasserversorgung der Häuser genutzt.

Die Grundlast der Wärmeversorgung in Jühnde wird aus der Abwärme der Biogasanlage

bereitgestellt und deckt den Bedarf zu ca. 60%. Im Winter deckt das Hackschnitzelheizwerk den

zusätzlichen Wärmebedarf der Haushalte.

Kontakt:

Bioenergiedorf eG

Koppelweg 1

37127 Jühnde

www.bioenergiedorf.de

ProjektbeispieleProjektbeispiele

Das erste Bioenergiedorf

Jühnde

2322

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Die Finanzierung und Umsetzung des Hackschnitzelheizwerks, sowie des Nahwärmenetzes

und der Photovoltaikanlagen erfolgte über die neu gegründete Kommanditgesellschaft

„solarcomplex GmbH & Co. KG Bioenergie Mauenheim“. Die Mauenheimer Bürger konnten

sich mit einer Mindesteinlage von 2.500 € als Kommanditisten an der Betreibergesellschaft

beteiligen. Insgesamt wurden 605.000 € Bürgerkapital gezeichnet. Der Rest wurde über ein

KfW-Darlehen und einen Zuschuss des Landes Baden-Württemberg aus dem Energieholz-

Förderprogramm finanziert. Die Betriebsführung der Energieanlagen und die Vollhaftung obliegt

der solarcomplex GmbH, die hier als Komplementär auftritt.

Zusätzlich zur Finanzierung übernahm die neu gegründete Betreibergesellschaft „solarcomplex

GmbH & Co. KG Bioenergie Mauenheim“ sämtliche Dienstleistungen, die zur erfolgreichen

Abwicklung des Projektes notwendig waren, dazu zählen insbesondere die Wirtschaftlichkeits-

und Steuerberechnungen, die Öffentlichkeitsarbeit und das Aushandeln der Verträge mit den

Projektpartnern.

Übertragbarer Erfolg

Mauenheim besitzt in vielerlei Hinsicht Modellcharakter. Durch das auf den heimischen

Energieträgern basierende Energiekonzept konnten regionale Stoffkreisläufe geschlossen

werden und die Wertschöpfung in der Region gesteigert werden. Die Gründung einer

Kommanditgesellschaft ermöglichte es den Bürgern, sich an der Finanzierung des Konzepts zu

beteiligen und Gewinne zu erwirtschaften.

Interessant ist, dass diese Idee sehr gut auf andere Gemeinden übertragen werden kann. Daher

hat sich das Regionalunternehmen solarcomplex zum Ziel gesetzt, zukünftig

ein Bioenergiedorf pro Jahr zu realisieren. Das nächste Projekt in Lippertsreute

befindet sich bereits in der baulichen Umsetzung, die Inbetriebnahme ist im

September 2008 geplant. Zwei weitere Bioenergiedörfer sind für 2009 in der

Planung.

Zweites Standbein für die Landwirtschaft

Der kleine Ort Mauenheim im Landkreis Tuttlingen ist das erste Bioenergiedorf in

Baden-Württemberg. Die Idee aus Mauenheim ein Bioenergiedorf zu entwickeln

entstand Anfang 2005: Zwei Mauenheimer Landwirte planten zu dieser Zeit

die Errichtung einer Biogasanlage, um sich ein zweites Standbein neben der

Viehzucht und dem Ackerbau aufzubauen. Zur Realisierung ihrer Idee suchten die

Landwirte daher einen Partner, der über entsprechendes Wissen und Erfahrung

verfügt. Diesen Partner fanden sie im Regionalunternehmen solarcomplex,

dessen Ziel es ist, mit Geldern von Bürgen und Firmen aus der Region, den Bodenseeraum mit

regenerativen Energien zu versorgen. Gemeinsam erarbeiteten sie ein Konzept, das neben der

Stromproduktion auch die Nutzung der Abwärme in einem Nahwärmenetz vorsah.

Energiemix als Grundlage

So wurde der kleine Ort Mauenheim das erste Bioenergiedorf in Baden-Württemberg. Seit

dem Herbst 2006 beziehen die Mauenheimer ihren Strom und ihre Wärme weitgehend

aus heimischen erneuerbaren Energieträgern. Die Wärmeversorgung erfolgt über ein

Nahwärmenetz, das von dem Blockheizkraftwerk (BHKW) einer Biogasanlage und einem

Hackschnitzelheizwerk gespeist wird. Außerdem wurden im Rahmen des Gesamtkonzepts auch

mehrere große Photovoltaikanlagen installiert. Der in den Energieanlagen erzeugte Strom wird

ins öffentliche Netz eingespeist und deckt rund den achtfachen Bedarf des gesamten Dorfes.

Gemeinsam finanzieren

Neben dem Energiekonzept stellt auch das Finanzierungskonzept eine Besonderheit dar, denn

ein Großteil der Energieanlagen wurde von Bürgern aus Mauenheim und Umgebung selbst

finanziert. Die beiden Landwirte, die das Projekt initiiert hatten, wurden zu den Eigentümern und

Betreibern der Biogasanlage. Außerdem sind sie die wichtigsten Rohstofflieferanten für diese

Anlage.

Kontakt:

solarcomplex AG

Ekkehardstraße 10

78224 Singen

www.bioenergiedorf-mauenheim.de

ProjektbeispieleProjektbeispiele

Das Bioenergiedorf am Bodensee

Mauenheim

24 25

Page 15: Informationsplattform Regionales Stoffstrommanagement · Stoff- und Energieströme heute Regionen versorgen sich mit Energie und Rohstoffen aus benachbarten nationalen und internationalen

Bildung und Tourismus integrieren

Neben der energetischen Nutzung wird das Gelände der MEL auch für Bildungs- und

Touristikzwecke genutzt. Schon jetzt werden Führungen von der Gemeinde angeboten, in

denen die einzelnen Anlagen besichtigt und erläutert werden. Durch die große Transparenz

sowohl während der Planungs- als auch der Betriebsphase stößt das Projekt auf große

Akzeptanz in der Bevölkerung.

Mit der Entwicklung der „Morbacher Energielandschaft“ ist es der Gemeinde Morbach gelungen

eine ökonomisch und ökologisch sinnvolle Nachnutzung für die Konversionsfläche zu finden

und zu entwickeln. Die Gesamtinvestitionen belaufen sich auf rund 35 Millionen €, eine Summe,

die nachhaltig in der Region verbleibt. So konnten in der Morbacher Energielandschaft neue

Arbeitsplätze geschaffen werden und weitere Arbeitsplätze in der Land- und Forstwirtschaft

gesichert werden. Die Gemeinde selbst profitiert von den Pacht- und Gewerbesteuereinnahmen

und baut sich ein weiteres Standbein im Tourismus auf. Auch die Bürger hatten die Möglichkeit

sich finanziell an den Projekten zu beteiligen. Außerdem werden durch den Einsatz

Erneuerbarer Energien in der „Morbacher Energielandschaft“ rund 30.940 t CO2 pro Jahr

eingespart.

Die Entwicklung der „Morbacher Energielandschaft” ist jedoch längst noch nicht abgeschlossen.

Die Gemeinde schmiedet bereits weitere Zukunftspläne: So sollen dort in den nächsten Jahren

weitere Anlagen zur Energieerzeugung sowie ein Informationszentrum errichtet werden.

Innovation durch Konversion

Die Einheitsgemeinde Morbach zählt zu den Modellgemeinden des Landes

Rheinland-Pfalz. Die Ausgangslage für die „Morbacher Energielandschaft“ (MEL)

war eine etwa 145 ha große Waldfläche im Gebiet der Einheitsgemeinde, die von

den US-Luftstreitkräften in der Zeit von 1957-1995 als Munitionsdepot genutzt

wurde. Anschließend fiel das ehemalige Munitionsdepot an die Einheitsgemeinde

zurück. „Eine Fläche, die praktisch nach Folgenutzung rief“, wie Bürgermeister

Gregor Eibes die Situation beschreibt.

Gesamtkonzept statt Einzelanlagen

Inzwischen hat sich die ehemalige Konversionsfläche zu einem Modellprojekt

entwickelt, das weit über die Grenzen des Landes hinaus bekannt ist. In der

„Morbacher Energielandschaft“ sind verschiedene Techniken zur Nutzung

Erneuerbarer Energien auf engstem Raum verwirklicht und miteinander vernetzt.

Nicht die Realisierung einzelner Anlagen stand im Vordergrund, sondern ein

schlüssiges Gesamtkonzept. Zu den wesentlichen Bausteinen gehören:

• ein Windpark mit einer Gesamtleistung von 28 MW,

• eine Freiflächen-Photovoltaikanlage mit einer Leistung von 490 kWp,

• eine Biogasanlage mit einer Leistung von 500 kWel

und 700 kWth sowie,

• ein Holzpelletwerk mit einer Kapazität von derzeit 8.000 t Pellets pro Jahr.

Eine Besonderheit stellt auch die Vernetzung der einzelnen Anlagen dar. So wird ein Teil

des Windkraftstroms und die Abwärme der Biogasanlage zum Betrieb des Holzpelletwerks

genutzt. Neben der Nutzung von energetischen Synergieeffekten besteht, insbesondere durch

die Biogasanlage und das Holzpelletwerk, auch eine enge Verzahnung mit der regionalen

Landwirtschaft, der Forstwirtschaft und dem produzierenden Gewerbe.

Kontakt:

Gemeindverwaltung Morbach

Bahnhofstr. 19

54497 Morbach

www.morbach.de

ProjektbeispieleProjektbeispiele

Die Morbacher Energielandschaft

Morbach

26 27

Page 16: Informationsplattform Regionales Stoffstrommanagement · Stoff- und Energieströme heute Regionen versorgen sich mit Energie und Rohstoffen aus benachbarten nationalen und internationalen

Energie über die Region hinaus

Heute ist Ostritz eine „Energie-ökologische Modellstadt“, die mehr Wärme und Strom

aus Erneuerbaren Energien produziert als sie selbst verbraucht. Die Basis bilden ein

Biomasseheizkraftwerk, ein Windpark, mehrere Photovoltaik- und Solarthermieanlagen

und ein wieder in Betrieb genommenes Wasserkraftwerk. Darüber hinaus entstand im

Klosterstift das „Internationale Begegnungszentrum St. Marienthal“ (IBZ), das mit seinem

grenzüberschreitenden Programm in den Bereichen Bildung und Begegnung, Natur- und

Umweltschutz, Regionalentwicklung sowie Glaube im Gespräch mehrere 10.000 Besucher pro

Jahr anzieht.

Erfolg wird zum Selbstläufer

Aufbauend auf den vorhandenen natürlichen Ressourcen ist es der Stadt Ostritz gelungen, eine

neue nachhaltige Infrastruktur aufzubauen und die Umwelt- und Lebensqualität entsprechend

zu verbessern - die Luft ist sauberer, die Neiße klarer und die Wälder grüner. Durch die

Nutzung der heimischen Ressourcen für die Energieversorgung verbleibt die Wertschöpfung

in der Region. Darüber hinaus hat sich das Kloster St. Marienthal zu einem attraktiven

Begegnungszentrum und zu einem Ort des Austausches und der Erholung entwickelt und damit

weitere positive Effekte, insbesondere im Kultur- und Tourismusbereich, ausgelöst. Allein auf

dem Klostergelände wurden mehr als 50 neue Arbeitsplätze geschaffen.

Zunächst aus der wirtschaftlichen Notwendigkeit heraus geboren und anfangs durch den

Stadtrat und die Verwaltung auf den Weg gebracht hat sich das Projekt inzwischen zum

Selbstläufer entwickelt. Das Internationale Begegnungszentrum entwickelt stetig neue Projekte

und fungiert so als Entwicklungsmotor in der Region.

Die Bürger der Stadt Ostritz haben das Konzept längst verinnerlicht und unterstützen es

mit vielen kleinen und großen Initiativen. So ist mit dem Modellstadtprojekt auch wieder die

Hoffnung auf eine neue wirtschaftliche Entwicklung der Stadt Ostritz und des Klosters St.

Marienthal eingekehrt.

Wirtschaftlicher Umbruch

Die Stadt Ostritz - St. Marienthal liegt im Dreiländereck Deutschland - Polen

- Tschechien zwischen Zittau und Görlitz. Noch bis in die 1980er Jahre hinein

war die Stadt Ostritz durch die ansässige Textilindustrie und die umliegenden

Braunkohlekraftwerke geprägt. Die Bezeichnung der Region als „Schwarzes

Dreieck“ spiegelte die damit einhergehende Umweltverschmutzung treffend

wieder.

Die politische Wende und die deutsche Einheit brachten dann den Niedergang

für viele Industriebetriebe. Viele Menschen verloren ihren Arbeitsplatz und insbesondere junge

Menschen wanderten aus der Region ab. Auch das über 770 Jahre alte Zisterzienserkloster,

das Wahrzeichen der Stadt, musste sich neu orientieren. Vor diesem Hintergrund entstand

die Idee der „Energie-ökologischen Modellstadt“. Der Grundgedanke war, die heimischen

Ressourcen wieder zu nutzen, regionale Wirtschafts- und Stoffkreisläufe zu schließen und

die Stadt umweltfreundlich mit Energie zu versorgen. Dazu standen folgende Potenziale zur

Verfügung:

• die Wasserkraft der Lausitzer Neiße

• der beständige böhmische Binnenwind

• die Sonnenenergie, die auch für den östlichsten Weinberg Deutschlands ausreichend

Kraft hat und

• die Biomasse aus der umgebenden Land- und Forstwirtschaft

Integration kultureller Werte

Auch die institutionellen und kulturellen Ressourcen sollten gebündelt werden. So war es für

die Stadt naheliegend, das Kloster St. Marienthal mit seinen Liegenschaften, den Bewohnern

und seinem unschätzbaren kulturellen Wert für die Region in das Konzept der „Energie-

ökologischen Modellstadt“ mit einzubinden. Neben der praktische Demonstration innovativer

Umwelttechnologie, d.h. dem Bau von Modellanlagen insbesondere im Bereich Erneuerbare

Energien, sollte auch ein attraktives Bildungs- und Kulturprogramm entwickelt werden und das

touristische Potenzial weiter ausgebaut werden.

Kontakt:

Stadtverwaltung Ostritz

Markt 1

02899 Ostritz

www.ostritz.de

ProjektbeispieleProjektbeispiele

Vom „Schwarzen Dreieck” zur Energie-ökologischen Modellstadt

Ostritz-St.Marienthal

28 29

Page 17: Informationsplattform Regionales Stoffstrommanagement · Stoff- und Energieströme heute Regionen versorgen sich mit Energie und Rohstoffen aus benachbarten nationalen und internationalen

Innovative Ver- und Entsorgungskonzepte

Neben der Versorgung durch das Biomasseheizkraftwerk wurden vielfältige Technologien zur

Energieeinsparung und - erzeugung in das Konzept integriert, z.B.

• großflächige Photovoltaikanlagen auf den Dächern der Gebäude und an den Fassaden

• eine großflächige Solarthermieanlage auf dem Dach des „Zentralen Neubaus“, deren

Wärmeenergie je nach Jahreszeit für die Erwärmung des Duschwassers, die Unterstützung

des Heizungssystems oder den Betrieb einer Adsorptionskältemaschine genutzt wird

• eine zentrale Lüftungsanlage mit integrierter Wärmerückgewinnung und Vortemperierung

der Luft durch Erdkollektoren

• eine „transparente Wärmedämmung“ im „Zentralen Neubau“

• eine energiesparende Beleuchtungstechnik in allen Gebäuden der Fachhochschule

• die Regenwasserbewirtschaftung (das gesamte Regenwasser wird auf dem Gelände

versickert oder zur Toilettenspülung und Kühlung genutzt)

• wassersparende Armaturen (z.B. wasserlose Urinale) in den Sanitärräumen zur Minimierung

des Wasserverbrauchs

• energieeffiziente Wohnheime im Niedrigenergie- und Passivhausstandard

Auch für die Zukunft sind zahlreiche weitere Maßnahmen geplant: So sollen die Ost- und

Westdächer (die den größten Flächenanteil darstellen) mit Photovoltaik-Dünnschicht-Modulen

belegt und das Abwasser des Campus gemeinsam mit den am Campus anfallenden Bioabfällen

direkt auf dem Gelände des Campus verwertet werden.

Nicht umsonst wurde der Umwelt-Campus Birkenfeld im Rahmen der Standortinitiative

„Deutschland – Land der Ideen“ als „Ausgewählter Ort 2008“ ernannt.

Vom Lazarett zur Hochschule

Der am Rande des Naturparks Saar-Hunsrück gelegene Umwelt-Campus

Birkenfeld (ein Außenstandort der Fachhochschule Trier) ist eines der

erfolgreichsten Konversionsprojekte in Rheinland-Pfalz. Er wurde auf dem

Gelände eines ehemaligen Militärlazaretts errichtet und basiert auf dem aus

amerikanischen Hochschulen bekannten „Residential-Campus“-Konzept, das

Leben, Lernen und Arbeiten an einem Ort vereint.

Mit seinen mehr als 2.000 Studierenden und 500 Wohnheimplätzen bildet

der Campus selbst schon „ein kleines Dorf”. In seiner erst jungen Geschichte

hat der Umwelt-Campus Birkenfeld seinem Namen bereits alle Ehre gemacht

und sich zu einem Vorzeigeobjekt weit über die Grenzen von Rheinland-Pfalz

hinaus entwickelt. Mit einem innovativen Energiekonzept stellt der Campus ein

praktisches Beispiel für die nachhaltige Entwicklung einer Konversionsfläche und

ein Vorbild für die Studierenden dar.

Optimierte Stoffströme

Schon bei der Konzeption des Campus stand das Ziel optimierter Stoffströme im

Vordergrund. Auch wenn eine Campus nicht direkt mit einer Gemeinde verglichen

werden kann, können hier doch vielfältige Ver- und Entsorgungskonzepte

entwickelt und getestet werden.

Bereits heute ist ein großer Teil der Idee eines „Zero-Emission-Campus“

umgesetzt. So versorgt das benachbarte Biomasseheizkraftwerk den Campus

CO2-neutral mit Strom und Wärme aus Holzhackschnitzel und Biogas. Darüber

hinaus wurden beim Umbau der ehemaligen Lazarettgebäude und bei den

Neubauten vorwiegend ökologische Baumaterialien eingesetzt.

Kontakt:

Umwelt-Campus Birkenfeld IfaS

Postfach 1380

55761 Birkenfeld

www.umwelt-campus.de

ProjektbeispieleProjektbeispiele

Null-Emissions-Campus

Umwelt-Campus Birkenfeld

3130

Page 18: Informationsplattform Regionales Stoffstrommanagement · Stoff- und Energieströme heute Regionen versorgen sich mit Energie und Rohstoffen aus benachbarten nationalen und internationalen

Vielfältige Umsetzung

Bereits während der Erstellung der Studie wurde mit der Umsetzung der ersten Projekte

begonnen. Bis heute sind u.a. folgende Maßnahmen realisiert:

• 5 Windkraftanlagen (5 x 2 MW)

• 4 Nahwärmenetze (für mehr als 350 Wohneinheiten) auf Biomassebasis

• mehr als 50 Kleinfeuerungen (Pellets, Holzhackschnitzel, Scheitholz) in privaten Haushalten

• über 100 PV-Anlagen mit einer Leistung von ca. 650 kWp

• 250 Solarthermieanlagen mit einer Kollektorfläche von über 2200 m²

• energetische Sanierung aller Grundschulen mit einer durchschnittlichen

Heizenergie-Einsparung von 50%

Bis heute wurden durch diese und weitere Maßnahmen mehr als 25 Millionen € in der

Verbandsgemeinde investiert.

Kontinuierliche Weiterentwicklung

Aufbauend auf den bisherigen Erfolgen, verfolgt die Verbandsgemeinde Weilerbach einen

kontinuierlichen Verbesserungsprozess. Dies bedeutet, nicht die kurzfristigen Erfolge stehen im

Vordergrund, sondern die ständige und dauerhafte Optimierung der Stoffströme hin zum Ziel

„Zero-Emission“. Dies zeigt auch die Planung zahlreicher weiterer, aufeinander abgestimmter

Projekte wie z.B. die Überprüfung einer Biogasanlage, die Planung weiterer Nahwärmenetze

oder die Ausweitung der Photovoltaiknutzung. Begleitet werden diese Planungen durch

zahlreiche Einzelinitiativen bis hin zu Existenzgründungen wie z.B. die Gründung eines

Bioenergiehofs zur Energiebereitstellung aus Forst- und Landwirtschaft. Das Projekt „Zero-

Emission-Village Weilerbach” ist daher mehr als nur die Summe verschiedener Einzelprojekte.

Vielmehr ist es ein ganzheitliches, langfristiges Konzept zur optimierten Nutzung aller

Ressourcen innerhalb einer Region.

Der Erfolg des Konzepts zeigt sich in der Übertragung der Idee auf den Landkreis

Kaiserslautern, in der Teilnahme an verschiedenen EU-Projekten und an verschiedenen

Auszeichnungen.

Wertschöpfung und Klimaschutz

Global denken, lokal handeln - dieser Leitgedanke der nachhaltigen Entwicklung

war einer der Auslöser für das Projekt „Zero-Emission-Village Weilerbach“

(ZEV). Die westpfälzische Verbandsgemeinde (VG) Weilerbach entwickelte

gemeinsam mit dem Institut für angewandtes Stoffstrommanagement (IfaS) und

der Landeszentrale für Umweltaufklärung (LZU) des Ministeriums für Umwelt

und Forsten Rheinland-Pfalz (MUF) im Jahr 2001 die Idee einer möglichst CO2-

neutralen Energieversorgung für die gesamte Verbandsgemeinde Weilerbach.

Durch die Optimierung der Stoffströme in der Region und die effiziente Nutzung regionaler

Ressourcen sollte so nicht nur ein Beitrag zum globalen Klimaschutz erfolgen, sondern

gleichzeitig auch eine Erhöhung der Wertschöpfung in der Region realisiert werden.

100% sind möglich

Die vom März 2001 bis Juni 2003 durch das IfaS durchgeführte Projektstudie zeigte, dass

eine CO2-neutrale, 100% regenerative Versorgung der 14.700 Einwohner (6.850 Haushalte)

der Verbandsgemeinde durch die regenerativen Energiepotenziale der Region und durch

die ermittelten Potenziale zur Energieeinsparung möglich ist. Bereits während der Studie

wurde daher mit der praktischen Umsetzung begonnen. Unterstützt durch eine intensive

Öffentlichkeitsarbeit und durch die Vernetzung der regionalen Akteure (Verbandsgemeinde,

Energieversorger, Landwirte, Privatpersonen, etc.) wurden so seit Projektbeginn im Jahr 2001

vielfältige Projekte entwickelt und umgesetzt.

Kontakt:

Verbandsgemeinde Weilerbach

Rummelstraße 15

67685 Weilerbach

www.weilerbach.de

Projektbeispiele

Verbandsgemeinde Weilerbach

Projektbeispiele

Zero-Emission-Village

3332

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Die Umsetzung eines regionalen Stoffstrommanagements ist durch die Komplexität eine

Herausforderung für alle Projektbeteiligten. Durch eine Strukturierung und Unterteilung kann

jedoch auch ein Stoffstrommanagement-Projekt wie jedes andere Projekt in überschaubare

Schritte unterteilt und umgesetzt werden.

Grob können unter dem Dach des Stoffstrommanagements die folgenden Bausteine

unterschieden werden:

• Die Leitbilder, Grundsätze und übergeordneten Ziele bilden den Rahmen für das gesamte

Stoffstrommanagement-Projekt; in der Regel sind diese Leitbilder von den grundsätzlichen

Gedanken der Nachhaltigkeit und von Konzepten wie z.B. der Kreislaufwirtschaft („Circular

Economy“) abgeleitet.

• Die Stoffstrommanagement-Masterpläne bilden den zentralen Baustein im

Stoffstrommanagement. Sie verknüpfen die allgemeinen Vorgaben der Leitbilder und

Ziele mit der Situation vor Ort und entwickeln daraus konkrete Projekte. Der Masterplan

ordnet hierbei die Planungen in ihrer zeitlichen Dringlichkeit und zeigt die kurz-, mittel- und

langfristigen Planungshorizonte auf. Ebenso werden alle wesentlichen Erkenntnisse und

Planungen zusammengefasst und aufbereitet.

• Auf Basis der Masterpläne erfolgt die konkrete Projektumsetzung. Ausgehend von den in

den Masterplänen entwickelten Projektideen werden Machbarkeitsstudien sowie konkrete

Geschäftspläne erstellt und Finanzierungsoptionen geprüft.

• Die Masterpläne müssen mittels Szenarien und Sensitivitätsanalysen Systemveränderungen

vorhersagen. Um eine langfristige und dauerhafte Verbesserung sicherzustellen, muss die

Erreichung der Ziele regelmäßig überprüft werden. Die Masterpläne werden kontinuierlich an

die sich ändernden Rahmenbedingungen angepasst.

Das abgebildete Managementmodell zeigt die einzelnen Bausteine noch einmal im

Zusammenhang und stellt vereinfacht den Ablauf des Stoffstrommanagements dar.

Beispiele für die einzelnen Bausteine finden sich viele: Eine Auswahl von Grundsätzen

finden Sie am Ende des Kapitels „Stoffstrommanagement”. Zahlreiche weitere Grundsätze

und Leitbilder wurden im Rahmen von Lokale-Agenda-21-Prozessen entwickelt oder z.B.

durch die Enquête-Komission „Schutz des Menschen und der Umwelt“ des deutschen

Bundestages veröffentlicht. Die Erstellung von Masterplänen war die Grundlage für viele der

im vorangegangenen Kapitel vorgestellten Projektbeispiele (z.B. Weilerbach, Morbach etc.).

Aufbauend auf den Masterplänen wurden in diesen Gemeinden bereits eine Vielzahl von

Einzelprojekten umgesetzt und neue Projektideen entwickelt.

LeitfadenLeitfaden

Von der Vision zum Geschäftsplan

Überblick

3534

Page 20: Informationsplattform Regionales Stoffstrommanagement · Stoff- und Energieströme heute Regionen versorgen sich mit Energie und Rohstoffen aus benachbarten nationalen und internationalen

Alle wesentlichen Schritte

Masterpläne bilden das zentrale Planungsinstrument in einem Stoffstrommanagement-Projekt.

Die Erstellung der Masterpläne umfasst alle wesentlichen Schritte von der Analyse und

Bewertung bis hin zur strategischen und operativen Planung. Der Weg zur Erstellung und

Fortschreibung der Masterpläne ist daher auch der Kern des tatsächlichen „Managements“.

Der Plan selbst ist die Zusammenfassung und Dokumentation aller Erkenntnisse, sowie der

geplanten Maßnahmen und Zeitschienen.

Beantwortung zentraler Fragen

Unabhängig von den Schwerpunkten und der genauen Ausgestaltung der Inhalte soll ein

Masterplan Antworten auf die zentralen Fragestellungen in einem Stoffstrommanagement-

Projekt beinhalten. Hierzu zählen insbesondere die folgenden Fragestellungen:

• Was soll erreicht werden?

• Wie ist die Ausgangssituation?

• Welche Potenziale stehen zur Verfügung?

• Welcher Bedarf muss gedeckt werden?

• Was sind die wesentlichen Stoffströme im betrachteten Gebiet und wie fließen diese?

• Welche Akteure müssen einbezogen werden?

• Welche Methoden, Technologien und Konzepte stehen zur Optimierung zur Verfügung?

• Wie können diese Methoden, Technologien und Konzepte auf die Situation vor Ort angepasst und angewandt werden?

• Wie sind die ökonomischen Rahmenbedingungen?

• Welche Finanzierungsmöglichkeiten können eingesetzt werden?

• In welchen Zeiträumen wird gehandelt?

• Wie findet die Umsetzung statt?

• Wie können für die regionalen Akteure Anreize zur Umsetzung geschaffen werden?

• Wie wird die Erreichung der Ziele kontrolliert?

• Wie findet eine kontinuierliche Weiterentwicklung statt?

Welcher Umfang?

Soll ein Stoffstrommanagement-Masterplan erstellt werden, ist eine der ersten

Fragen: „Wie umfangreich soll die Untersuchung sein?“. Der ganzheitliche Ansatz des

Stoffstrommanagements erfordert es, Prozesse und Stoffströme über die klassischen Grenzen

hinaus zu betrachten. Es genügt daher z.B. nicht, einseitig die Frage der Abwasserbehandlung

zu betrachten und die damit verknüpften Energie- und Nährstoffströme auszublenden.

Andererseits stellt sich die Frage, wo denn die Grenze gezogen werden muss. Die tatsächlichen

und zukünftig möglichen Verknüpfungen zwischen verschiedenen Stoffströmen sind nahezu

unbegrenzt. Um den Untersuchungsrahmen jedoch sowohl organisatorisch handhabbar als

auch finanzierbar zu machen, müssen Eingrenzungen getroffen werden. Diese Eingrenzungen

erfolgen sowohl räumlich als auch inhaltlich (bezogen auf die untersuchten Stoffströme).

Wer macht was?

Neben der inhaltlichen Frage stellt sich auch die Frage der „Zuständigkeit“, d.h. wer erstellt die

Masterpläne?

Abhängig von der jeweiligen Zielsetzung können die unterschiedlichen räumlichen Ebenen

bzw. Organisationseinheiten (Region, Landkreis, Kommune) auf ihre jeweilige Ausgangslage

zugeschnittene Masterpläne erstellen. Diese Masterpläne sollten sowohl zwischen den

über- bzw. untergeordneten Ebenen als auch zwischen den benachbarten Kommunen und

Kreisen kooperativ abgestimmt werden. Der Detaillierungsgrad der Pläne nimmt nach unten hin

zu, d.h. je kleiner die Betrachtungsebene, umso stärker ist der konkrete Bezug zu konkreten

Maßnahmen und zur Projektplanung.

LeitfadenLeitfaden

Mehr als nur ein Plan

Masterpläne

3736

Page 21: Informationsplattform Regionales Stoffstrommanagement · Stoff- und Energieströme heute Regionen versorgen sich mit Energie und Rohstoffen aus benachbarten nationalen und internationalen

Umsetzung als Gesamtkonzept

Ist das Ziel des Projekts die Erarbeitung und Umsetzung eines umfassenden Gesamtkonzepts,

wird in der Regel vor und z.T. parallel zur Planung einzelner Maßnahmen (z.B. Bau einer

Photovoltaikanlage) eine umfangreiche Ermittlung der verfügbaren Potenziale, des Bedarfs,

möglicher Technologien, einzubindender Akteure und verfügbarer Finanzierungsmöglichkeiten

erfolgen. Hierauf aufbauend wird dann eine Projektstrategie festgelegt, der die einzelnen

Maßnahmen untergeordnet werden.

Der kurz-, mittel- und langfristige Planungsrahmen der Strategie ermöglicht die koordinierte

Abarbeitung der Maßnahmen und gibt den beteiligten Akteuren eine Planungsgrundlage für

zukünftige Entscheidungen. Durch die Festlegung der Strategie können z.B. auch gegenläufige

Planungen und Konkurrenzen um einzelne Stoffströme verringert werden. Insbesondere

im Bereich der Biomassenutzung zeigt sich mehr und mehr die Notwendigkeit solch einer

koordinierenden Strategie.

Beispiele zu einem solchen Vorgehen finden Sie u.a. bei der „Morbacher Energielandschaft”

oder dem Projekt „Zero-Emission-Village“ in der Verbandsgemeinde Weilerbach.

Schrittweise Umsetzung durch Einzelmaßnahmen

Die Planung und Umsetzung eines Gesamtkonzepts erfordert in der Regel einen hohen Einsatz

an personellen und finanziellen Ressourcen. Je nach Projektziel ist ein solcher Aufwand nur

schwer zu rechtfertigen bzw. nicht realisierbar.

In diesem Fall kann nach der Projektentwicklung auch eine schrittweise Umsetzung der

einzelnen Maßnahmen erfolgen. Die Phase der strategischen Planung findet hierbei nur in

verkürzter Form statt. Die Ermittlung der Potenziale, des Verbrauchs etc. wird anhand grober

Abschätzungen durchgeführt. Aufbauend auf diesen Abschätzungen werden die entwickelten

Projektideen aufeinander abgestimmt, bewertet und z.B. in einer Projektliste mit Prioritäten

versehen. Auch hierdurch wird eine, wenn auch verkürzte, Strategie entwickelt.

Die detaillierte Datenermittlung erfolgt dann spezifisch für die einzelnen Anlagen im Rahmen der

operativen Planung in den jeweiligen Machbarkeitsstudien.

Ein solches Vorgehen ermöglicht, die Planungen an die personellen und finanziellen

Ressourcen anzupassen und schrittweise zu erweitern. Es besteht jedoch die Gefahr, dass

hierdurch Synergieeffekte durch die Kombination von Stoffströmen und Anlagen übersehen

oder nicht genutzt werden können bzw. dass durch die groben Abschätzungen Fehler bei der

Beurteilung von Projektideen entstehen.

LeitfadenLeitfaden

Gesamtkonzepte vs. Einzelpläne

Verschiedene Varianten

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Page 22: Informationsplattform Regionales Stoffstrommanagement · Stoff- und Energieströme heute Regionen versorgen sich mit Energie und Rohstoffen aus benachbarten nationalen und internationalen

Die Grenzen zwischen einer schrittweisen Umsetzung und der Erstellung eines

Gesamtkonzeptes sind fließend. Oftmals findet man auch innerhalb eines Projektes

Handlungsbereiche (z.B. Energie), welche umfassend im Rahmen eines Gesamtkonzeptes

behandelt werden, während andere Handlungsbereiche nur grob skizziert sind bzw. erst nach

und nach vertiefend behandelt werden.

Allein aufgrund der Vielfalt der Handlungsbereiche muss schon eine Einschränkung zugunsten

der Handhabbarkeit eines solchen Projektes erfolgen. Der Umfang eines solchen Projektes

muss den eigenen Handlungsmöglichkeiten angepasst werden, wenn das Projekt erfolgreich

umgesetzt werden soll. Wichtig hierbei ist jedoch, dass unabhängig von der Art der Umsetzung

(schrittweise/ Gesamtkonzept) eine Beurteilung der Stoffströme hinsichtlich ihrer Relevanz und

ihrer Verknüpfung untereinander stattfindet.

Allgemein lässt sich sagen, dass der Anteil der übergeordneten, strategischen Planung mit

der Größe des Betrachtungsraumes steigt. So liegt z.B. bei der Betrachtung einer ganzen

Region der Schwerpunkt stärker in der strategischen Ebene, während auf Gemeindeebene die

Projektplanung zur Umsetzung konkreter Maßnahmen überwiegt. Im Optimalfall ergänzt sich

eine übergeordnete Strategie auf regionaler Ebene mit den konkretisierenden Planungen und

Detailstrategien auf der Kreis- und Gemeindeebene.

Die wesentlichen Schritte im Überblick:

• Systemdefinition: Welcher Raum wird betrachtet (eine oder mehrere Gemeinden, Kreis,

Gewerbegebiet etc.)?

• Analysen

Welche Mengen fließen?

Welche relativen Mengen fließen (pro Zeiteinheit, pro Stück, pro m2 etc.)?

Wo sind die Quellen, wo die Senken?

Was löst die Stoffströme aus?

Welche Qualität haben die Stoff- und Energieströme (Energiegehalt, Schadstoffbelastung, Temperaturniveau etc.)?

Welche Auswirkungen haben die Stoff- und Energieflüsse (Klimawirkung etc.)?

Wie wird das System belastet (z.B. durch Kosten)?

Welche Akteure beeinflussen die Stoffströme?

Welche Ziele verfolgen die Akteure ("Förderer" / "Hinderer")?

• Planung("ChangeManagement")

Brainstorming mit den Akteuren zur Entwicklung von Projektideen (z.B. PV-Anlage, Gebäudesanierung, Klärschlammtrocknung, Bürgerberatung etc.)

erste Bewertung der Projektideen und Erstellen einer Prioritätenliste, Weiterentwicklung der Ideen zu Projektskizzen

Überprüfung der Machbarkeit (technisch / wirtschaftlich)

Entwicklung von Zeitplänen (kurz-, mittel- und langfristige Umsetzung)

Erstellung von Geschäftsplänen / Umsetzungskonzepten

Zusammenfassen der Ergebnisse in einem Masterplan

• Umsetzung (z.T. bereits parallel zur Planung)

• Kontrolleund Weiterentwicklung

Werden die Ziele erreicht?

Haben sich die Rahmenbedingungen geändert?

Gibt es neue Technologien / Konzepte?

LeitfadenLeitfaden

Gesamtkonzepte vs. Einzelpläne

Fließende Übergängeim regionalen Stoffstrommanagement

Vorgehen

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Bezugsquelle

Sie erhalten die „Informationsplattform Regionales Stoffstrommanagement” bei folgender Adresse:

Institut für angewandtes Stoffstrommanagement (IfaS)

Fachhochschule Trier / Umwelt-Campus Birkenfeld

Postfach 1380

55761 Birkenfeld

Tel.: +49 (0) 6782 / 17-1221

Fax.: +49 (0) 6782 / 17-1264

E-Mail: [email protected]

Schutzgebühr CD-ROM: 45,- Euro

Schutzgebühr Broschüre: 10,- Euro

Zur Wiedergabe der Inhalte benötigen Sie einen PC mit CD-ROM-Laufwerk und

einen Browser der aktuellen Generation (Internet Explorer ab 7.0, Firefox. ab 2.0)

mit ADOBE® FLASH® PLAYER.

Technische Umsetzung

Die technische Umsetzung der Informationsplattform erfolgte durch:

ifuInstitut für Umweltinformatik GmbHGroße Bergstraße 21922767 HamburgE-Mail: [email protected] · www.umberto.de · www.sabento.com · www.e-sankey.com

Wir möchten uns auf diesem Weg bei unserem Projektpartner, der ifu Hamburg GmbH, für

die hervorragende und unkomplizierte Unterstützung bei der technischen Umsetzung der

Informationsplattform sowie für die zahlreichen konzeptionellen Anregungen bedanken.

Die multi-mediale „Informationsplattform Regionales Stoffstrommanagement“ auf CD-ROM

gliedert sich in vier Module:

• Im Bereich der Lernplattform haben Sie die Möglichkeit, sich über die Ideen, Konzepte und

theoretischen Hintergründe zu informieren. Neben einem Einführungsfilm finden Sie hier

sowohl Textbeiträge als auch multimedial aufbereitete Informationen.

• Die Projektbeispiele verdeutlichen anhand unterschiedlicher Regionen und

Gebietskörperschaften die Möglichkeiten ganzheitlicher, vernetzter Projektansätze von der

Projektidee bis zu der Umsetzung der einzelnen Maßnahmen.

• Unter „Technologien & Konzepte" finden Sie zahlreiche Anregungen, z.B. zu technischen

Lösungen, Organisationsformen oder Finanzierungsmöglichkeiten, welche Sie als

gedankliche Bausteine für die Entwicklung Ihres eigenen Projekts heranziehen können.

• Der Leitfaden unterstützt Sie Schritt für Schritt bei der Konzeption und Durchführung eines

Stoffstrommanagement-Projekts in Ihrer Region. Ergänzende Hilfsmittel erleichtern hierbei

die Arbeit und verringern den Vorbereitungsaufwand für ein solches Projekt.

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Ausführliche Infos auf CD-ROM

Weitere Informationen

Die Informationsplattform

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Herausgeber: Institut für angewandtes Stoffstrommanagement (IfaS)

Fachhochschule Trier / Umwelt-Campus Birkenfeld

Postfach 1380

55761 Birkenfeld

Tel.: +49 (0) 6782 / 17-1221

E-Mail: [email protected]

WissenschaftlicheLeitung: Prof. Dr. Peter Heck

Redaktion: Björn Becker, Kerstin Felten

Grafik und Layout: Björn Becker, Roberto Weichelt (IfaS)

Patrick Hardt ( , Trier)

TexteundBilder: IfaS sowie alle beschriebenen Gemeinden,

Unternehmen und Kooperationspartner

Stand: 1. Auflage (pdf-Version, 1.01), Oktober 2008

Für die in der Broschüre zur Verfügung gestellten Informationen und daraus abgeleiteten

Handlungen wird keine Haftung übernommen.

Das Werk ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des

Herausgebers unzulässig. Dies gilt insbesondere für die Vervielfältigung, Übersetzung,

Mikroverfilmung sowie die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.

Copyright: Institut für angewandtes Stoffstrommanagement (IfaS), Birkenfeld 2008

Das Projekt wurde gefördert durch die Deutsche Bundesstiftung Umwelt (DBU)

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Impressum

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