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Informierte Entscheidung Quo vadis? Tag der Krebsselbsthilfe Bonn, 18.11.2015 David Klemperer

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Informierte Entscheidung Quo vadis?

Tag der Krebsselbsthilfe Bonn, 18.11.2015 David Klemperer

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Interessen / Aktivitäten Deutsches Netzwerk Evidenzbasierte Medizin past president

Deutsche Gesellschaft für Sozialmedizin und Prävention Vorstand Unabhängige Patientenberatung Deutschland § 65 b SGB V Wiss. Beirat

AQUA-Institut - Sektorübergreifende Qualitätssicherung § 137a SGB V Wiss. Beirat Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft Außerordentliches Mitglied / Fachausschuss Unabhängigkeit und Transparenz in der Medizin AWMF: Delegierter DGSMP / Leitlinienkommission / ad-hoc Ag GKE Nationaler Krebsplan Ziel 11a Verbesserung der Information Sprecher Preventing Overdiagnosis Conference Scientific committee conference 2015/2016

International Choosing Wisely Cooperative Lown Institute Right Alliance Kooperation

Lancet Writing Group Right Care Series Honorar Forschung: Bertelsmann Stiftung, KVB/Techniker Krankenkasse Berufstätigkeit: Hochschullehrer, Arzt

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1.  Was ist Shared Decision Making ? 2.  Was sind die Herausforderungen? 3.  Was ist hilfreich?

Informierte Entscheidung è �partizipative Entscheidungsfindung PEF/ Shared Decision Making SDM

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1 Was ist Shared Decision Making?

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Shared Decision Making ist ein Interaktionsprozess mit dem Ziel, unter gleichberechtigter aktiver Beteiligung von Patient und Arzt auf Basis geteilter Information zu einer gemeinsam verantworteten Übereinkunft zu kommen Härter 2004 Arzt und Patient tauschen Informationen aus •  Arzt: Behandlungsmöglichkeiten •  Patient: Sicht / Lebensumstände / Werte /

Bedürfnisse / Ziele •  Arzt und Patient:

gemeinsames Überlegen / Abwägen / Entscheiden

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Klemperer nach Mulley et al. 2012, S.17 und Elwyn et al. 2012

Evidenz / Expertise / Patientenpräferenz

evidenzbasierte Informationen

Gespräch über Optionen

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Evidenzbasierte Medizin 1990

Schulungsprogramm für Assistenzärzte Patientenbehandlung / Studienwissen “scientific medicine” Medizinische Fakultät „bisher unwissenschaftlich?“ 2. Versuch evidence-based medicine è ”turned out to be a catchy one” Gordon Guyatt 2008. User’s Guide. S. XIX

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Definition EBM Evidence-based medicine is the integration of best research evidence with expertise and patient values.

EBM ist die Integration der besten Evidenz aus Forschung mit Expertise und Patientenwerten. Sacket et al. How to practice and teach EBM it. 2nd ed. 2000

Qualitätsdefinition Gesundheitsversorgung, Krankheitsprävention und

Gesundheitsförderung Gesundheitsleistungen für Individuen und Populationen è erwünschte gesundheitliche Ergebnisse (=SDM) è Leistungen entsprechend gegenwärtigem

professionellen Wissensstand (=EBM) SVRG, Gutachten 2000/2001 Band II Ziffer 127; Institute of Medicine 1990

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Nationaler Krebsplan Ziel 11a Verbesserung der Krebsinformationen

„Krebsinformationen sollen den Betroffenen ermöglichen, auf Grundlage realistischer Erwartungen informierte Entscheidungen zu treffen, die ihren Präferenzen und Bedürfnissen entsprechen. Die Informationen beziehen sich auf die Vermittlung gesundheitsrelevanten Wissens zu Krankheitsbildern, Behandlungsmethoden und auf die psychosozialen und praktischen Auswirkungen von Krankheit und deren Bewältigung. Krebsinformationen sollen evidenzbasiert sein und sich auf patientenrelevante Behandlungsergebnisse wie Verbesserung des Gesundheitszustands, Verlängerung des Überlebens, Verbesserung der Lebensqualität und Begleitumstände der Behandlung beziehen.“

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Herausforderungen Denkweisen

Wissensweisen Informationen

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Szenario: Lebenserwartung ohne Therapie 4 Monate 81 Patienten ≤ 1 Chemotherapie Schwelle an Lebenszeitgewinn durch Chemotherapie •  3 Monate: nein mehr als die Hälfte •  5 Patienten ja für 1 Woche •  9 Patienten nein auch bei 2 Jahren •  Median der Schwelle -  4,5 Monate für milde Toxizität -  9 Monate für schwere Toxizität

Chemotherapie bei fortgeschrittenem Lungenkrebs – was wollen Patienten?

Silvestri, Pritchard, Welch. BMJ 1998

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Zustimmung zur Chemotherapie 81 Krebspatienten Lebensverlängerung

milde Nebenwirkungen starke Nebenwirkungen

Lebenszeitgewinn durch Chemotherapie in Monaten

3 Monate < 50%

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•  Patient ja bei 1 Woche: vielleicht in dieser Woche Entdeckung der Heilung von Lungenkrebs

•  Patientin nein bei 24 Monaten: volles, produktives Leben geführt hat, für den Rest keine Beeinträchtigung der Lebensqualität

è Ergebnisse stehen teils im Gegensatz zur bis dahin erhaltenen Behandlung

è unterstützende Behandlung als Option: ¼ der Patienten erinnert sich an Darstellung

Silvestri, Pritchard, Welch 1998

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Herausforderung Medizinische Kultur

alte Kultur è Jahrtausende

Paternalismus / Ärzte entscheiden / Autonomie Grundlagen •  Pathophysiologie / Krankheitsmechanismen Plausibilität •  Erfahrung des klinisch tätigen Arztes

Fallbeispiele, anekdotische Eviden è „Eminenzbasierte Medizin“

neue Kultur è 20 Jahre alt

Partner / SDM / EBM / ärztlicher Entscheidungsspielraum ê / ärztliche Autonomie ê Grundlagen Empirie / Expertise / Patientenpräferenzen

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Herausforderung: Paternalismus in der Medizin Behandlungsziele Brustkrebs Frühstadium: was Ärzte denken was Patienten denken und was Patienten wirklich denken

Lee et al. 2010 Was ist am wichtigsten? Top 3

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Nicht-teilnehmende Beobachtung von 15 Tumor Boards HH-Eppendorf Schlussfolgerung •  kein Shared Decision Making •  Patientenperspektive abwesend

October 6, 2015

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Herausforderung: Wissensstand Ärzte

Kerninformationen für Brustkrebsfrüherkennung 20 deutsche Gynäkologen 55-jährige Frau 1.   Prävalenz

keine richtige Nennung 2.   Nutzen

zumeist relative Risikoreduktion 3.   Risiken

Strahlenbelastung, falsch positive Ergebnisse keine Nennung der Überdiagnose

Wegwarth und Gigerenzer 2011

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Esserman et al. Lancet 2014

Herausforderung kritische

Gesundheits- kompetenz

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Herausforderung: kritische Gesundheitskompetenz

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Herausforderung: Wissensstand Patienten

Grundlegend falsche Annahmen über Behandlungsziel

Patienten mit metastasiertem Lungenkrebs / Darmkrebs Heilung durch Chemotherapie möglich:

69% bzw. 81%

Weeks et al. NEJM 2012

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Herausforderung Wissen über neue Krebsmedikamente

71 Arzneimittel / Zulassung FDA 2002-2014 •  progressionsfreies Überleben +2,5 Monate Median •  Gesamtüberleben +2,1 Monate Median

Zulassungshürden niedrig •  30 von 71 „klinisch sinnvoll“ ASCO-Committee-Kriterien

•  Industrie: Anreiz für „me-too“-Therapien

Fojo et al. JAMA Otolaryngology–Head & Neck Surgery 2014;114:1225

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Patient 1.  Zulassung: Sicherheit 2.  erwünschte / unerwünschte

Wirkungen 3.  Endpunkte patientenrelevant

Lebenszeit Lebensqualität Belästigung durch Behandlung

4.  niedriger Preis

Industrie 1.  Zulassung: Schnelligkeit 2.  erwünschte Wirkungen

Wirksamkeit ≠ Nutzen 3.  Endpunkte: Surrogat

z.B. Senkung Blutdruck / Blutzucker / Blutfette / „Ansprechen“ des Tumors / progressionsfreies Überleben

4.  hoher Preis

Herausforderung: Arzneimittelzulassung

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Herausforderung: Denkweisen in der Medizin Mehr ist besser / Neu ist besser / Früher ist besser / Teurer ist besser / Behandeln ist besser als nicht behandeln / Technologie ist gut / Biologie vor Person ...

è intuitive Annahmen über den Nutzen medizinischer Interventionen

è kognitiver Bias Schnelles und langsames Denken Kahnemann Affekt-Heuristik Slovic

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Ressource Gute Praxis

Gesundheitsinformation

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von Hirschhausen in Klemperer 2015, S. 12

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Pressemitteilung 16.11.2015 Der Weg zu guten Gesundheitsinformationen Neue Fassung der Guten Praxis Gesundheitsinformation veröffentlicht Ziel der Guten Praxis Gesundheitsinformation (GPGI) •  Verbesserung von Gesundheitsinformationen. •  Kompetenzen von Bürgerinnen und Bürgern bzw. Patientinnen

und Patienten berücksichtigen und erhöhen •  Kommunikation mit den Professionellen im Gesundheitswesen

fördern •  Voraussetzung für informierte Entscheidungen verbessern. (...)

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Ressource Leitlinie evidenzbasierte Gesundheitsinformation

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Folie von Anke Steckelberg, EBM-Akademie Sept. 2015

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Folie von Anke Steckelberg, EBM-Akademie Sept. 2015

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Material von Anke Steckelberg, EBM-Akademie Sept. 2015

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Ressource Gemeinsam Klug

Entscheiden

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Ressource Kompetenz und

Teamwork

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§ 25 SGB V Organisierte Früherkennungsprogramme è umfassend und verständliche Information über Nutzen und Risiken

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