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3 IMPRESSUM Abbildungsnachweis soweit nicht anders vermerkt: Archiv Autorin und Michael Imhof Verlag, aktuelle Fotos Autorin und Michael Imhof, Zeichnungen und Aquarelle von Carl Theo- dor Reiffenstein: Historisches Museum Frankfurt am Main Gestaltung und Reproduktion: Michael Imhof Verlag, Petersberg Druck und Verarbeitung: Gutenberg Beuys Feindruckerei, Langen- hagen Printed in EU © 2018 Michael Imhof Verlag GmbH & Co. KG Stettiner Straße 25 D-36100 Petersberg Tel. 0661/9628286; Fax 0661/63686 www.imhof-verlag.de ISBN 978-3-7319-0638-4 INHALT Einleitung Verlust der Bausubstanz. Veränderungsprozesse seit Ende des 18. Jahrhunderts Hochhaus-Cluster und die „Neue Altstadt“ Literatur zum Thema Geschichte. Die Bedeutung des Krönungs- und Messeprivilegs für die Entwicklung Frankfurts Topografische, politische, wirtschaftliche, soziale und kulturelle Einflussfaktoren auf das Stadtbild Das Krönungsprivileg Das Messeprivileg Religiöse Konflikte: Einwohnerwachstum durch Glaubensflüchtlinge und Kaufleute Niedergang und Neuorientierung der Messe – Entstehung des Börsenhandels Morphologisch-typologische Untersuchung Merianplan von 1628 und 1770 Ulrichplan von 1832 Stadtbefestigung und Stadtstruktur Karolingische Stadt mit Erweiterungen Erweiterung der Staufer. Entstehung der Oberen und Unteren Stadt Öffentlicher Raum – Straßennetz, Straßennamen und Plätze Typologische Untersuchung: Gebäude nach Parzellengröße und Nutzung Kirchen und Klosteranlagen (noch vorhandene und verlorene Bauten) Gutshöfe und Wehrburgen vor der Stadt Stadtburgen und Messehöfe in der Altstadt: Erbauer und Merkmale Stadtburgen und Messehöfe der Altstadt Adels- und Bürgerpaläste in der Neustadt – Zeil und Roßmarkt Patrizier- und Bürgerhäuser Häuser der Handwerker, Krämer und Händler – Kleine Parzellen ohne Innenhof Schlussfolgerung zur typologischen Studie der Altstadt Frankfurt anhand des Plans von 1832 Literatur 6 8 9 10 11 12 13 14 20 24 27 28 34 38 42 43 44 51 52 66 71 80 148 171 200 235 239 Salzhaus (links) und das nördlich anschließende Haus an der Wedelgasse, das um 1905 abgebrochen wurde, Foto von Fay um 1890 Titelbild: Blick vom Römer zum Dom, computer-kolorierte Ansicht unter Grundlage von zwei Fotos aus der Zeit um 1900 Vorsatz: Ansicht von Frankfurt am Main von Matthäus Merian dem Älteren von 1628 Nachsatz: Belagerungsplan von Frankfurt am Main, Holzschnitt von Conrad Faber von Creuznach 1552 S. 1: Stadtansicht von Frankfurt am Main, Kupferstich von Matthäus Merian d. Ä. 1658 S. 4/5: Panorama Frankfurts vom Turm der Katharinenkirche nach Norden (oben) und Süden (unten), gezeichnet von Ferdinand Rothbarth und lithografiert von Thomas Rothbarth 1850 Dank Wir danken Herrn Dr. Jan Gerchow vom Historischen Museum Frankfurt für seine Unterstützung. Unser Dank gilt auch Frau Dr. Evelyn Brockhoff vom Institut für Stadtgeschichte in Frankfurt sowie ihren Mitarbeitern Herrn Dr. Markus Häfner und Frau Ulrike Heinisch.

INHALT · pe liegt in einem besonders dazu angebrachten, an der nordöstlichsten Ecke des Hauses in das Aliment oder Höfchen vortretende sechseckige Türmchen, das in seinem obersten

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Page 1: INHALT · pe liegt in einem besonders dazu angebrachten, an der nordöstlichsten Ecke des Hauses in das Aliment oder Höfchen vortretende sechseckige Türmchen, das in seinem obersten

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I M P R E S S U M

Abbildungsnachweissoweit nicht anders vermerkt: Archiv Autorin und Michael Imhof Verlag,aktuelle Fotos Autorin und Michael Imhof,Zeichnungen und Aquarelle von Carl Theo-dor Reiffenstein: Historisches MuseumFrankfurt am Main

Gestaltung und Reproduktion: Michael Imhof Verlag, Petersberg

Druck und Verarbeitung: Gutenberg Beuys Feindruckerei, Langen-hagen

Printed in EU

© 2018Michael Imhof Verlag GmbH & Co. KGStettiner Straße 25D-36100 PetersbergTel. 0661/9628286; Fax 0661/63686www.imhof-verlag.de

ISBN 978-3-7319-0638-4

I N H A LT

Einleitung

Verlust der Bausubstanz. Veränderungsprozesse seit Ende des 18. Jahrhunderts

Hochhaus-Cluster und die „Neue Altstadt“

Literatur zum Thema

Geschichte. Die Bedeutung des Krönungs- und Messeprivilegs für die Entwicklung Frankfurts

Topografische, politische, wirtschaftliche, soziale und kulturelle Einflussfaktoren auf das Stadtbild

Das Krönungsprivileg

Das Messeprivileg

Religiöse Konflikte: Einwohnerwachstum durch Glaubensflüchtlinge und Kaufleute

Niedergang und Neuorientierung der Messe – Entstehung des Börsenhandels

Morphologisch-typologische Untersuchung

Merianplan von 1628 und 1770

Ulrichplan von 1832

Stadtbefestigung und Stadtstruktur

Karolingische Stadt mit Erweiterungen

Erweiterung der Staufer. Entstehung der Oberen und Unteren Stadt

Öffentlicher Raum – Straßennetz, Straßennamen und Plätze

Typologische Untersuchung: Gebäude nach Parzellengröße und Nutzung

Kirchen und Klosteranlagen (noch vorhandene und verlorene Bauten)

Gutshöfe und Wehrburgen vor der Stadt

Stadtburgen und Messehöfe in der Altstadt: Erbauer und Merkmale

Stadtburgen und Messehöfe der Altstadt

Adels- und Bürgerpaläste in der Neustadt – Zeil und Roßmarkt

Patrizier- und Bürgerhäuser

Häuser der Handwerker, Krämer und Händler – Kleine Parzellen ohne Innenhof

Schlussfolgerung zur typologischen Studie der Altstadt Frankfurt anhand des Plans von 1832

Literatur

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Salzhaus (links) und das nördlich anschließende Haus an der Wedel gasse, das um 1905 abgebrochenwurde, Foto von Fay um 1890

Titelbild: Blick vom Römer zum Dom, computer-kolorierte Ansicht unter Grundlage von zwei Fotos ausder Zeit um 1900

Vorsatz: Ansicht von Frankfurt am Main von Matthäus Merian dem Älteren von 1628

Nachsatz: Belagerungsplan von Frankfurt am Main, Holzschnitt von Conrad Faber von Creuznach 1552

S. 1: Stadtansicht von Frankfurt am Main, Kupferstich von Matthäus Merian d. Ä. 1658

S. 4/5: Panorama Frankfurts vom Turm der Katharinenkirche nach Norden (oben) und Süden (unten),gezeichnet von Ferdinand Rothbarth und lithografiert von Thomas Rothbarth 1850

Dank

Wir danken Herrn Dr. Jan Gerchow vom Historischen Museum Frankfurt für seine Unterstützung.Unser Dank gilt auch Frau Dr. Evelyn Brockhoff vom Institut für Stadtgeschichte in Frankfurt sowieihren Mitarbeitern Herrn Dr. Markus Häfner und Frau Ulrike Heinisch.

Page 2: INHALT · pe liegt in einem besonders dazu angebrachten, an der nordöstlichsten Ecke des Hauses in das Aliment oder Höfchen vortretende sechseckige Türmchen, das in seinem obersten

und den unregelmässigen Thüren und Fenstern

ist in einer Weise verändert, die alles, was mir

bis jetzt von Unverständniss der Bauformen

vorgekommen ist, weit hinter sich zurück-

lässt.“ und 8. November 1879: „An die StelIe

des alten Thores ist nun ein neues getreten,

das mit einem Rundbogen überwölbt ist.“ 28.

Juni 1880: „Mittlerweile sind die Wiederher-

stellungsarbeiten vollendet und lassen an Ge-

schmacklosigkeit und Unverständniss der

Bauformen nichts zu wünschen übrig. Der lei-

tende Architekt hat sich da ein sonderbares

Denkmal gesetzt, dessen Eindruck nur da-

durch abgeschwächt wird, dass man dahier

an derartige Schöpfungen gewöhnt ist.“

Fürsteneck

Das Fürsteneck wurde 1362 von Johann von

Holzhausen (der Alte, † 1393) und seiner Frau

Guda (bzw. Gudechen) von Goldstein (Abbil-

dung des Grabmals siehe S. 73) an der Ecke von

Gar küchen platz und Fahrgasse als befestigte

Burg aus Stein erbaut. Die festungsartige Ge-

stalt erklärt sich aus der ursprünglich isolierten,

jedoch strategischen Lage am östlichen Ende

des damaligen Domfriedhofs mit Zugang zur

verkehrsreichsten Ader Frankfurts, der Fahrgas-

se 17. Sie erklärt sich aus den unsicheren politi-

schen Verhältnissen und dem Willen zur Macht-

demonstration des Erbauers gegenüber den

aufständischen Handwerkern, die in Zünften

organisiert waren und sich 1355 gegen die herr-

schenden Geschlechter erhoben hatten: Johann

von Holzhausen war als älterer Bürgermeister

wesentlich daran beteiligt, die Machtergrei-

fung der Zünfte zu verhindern. Er ersetzte 1364

vorzeitig den 1. Bürgermeister Jakob Knoblauch

und drängte auch den 2. Bürgermeister und

Volksführer Henne Wirbel aus seinem Amt. Die

Burg stand auf ursprünglich von Juden bewohn-

tem Gebiet: Konflikte zwischen den „Reichs-

kammerknechten“ und Handwerkern, die – we-

gen wirtschaftlicher Rückschläge – bei ihnen

verschuldet waren, entstanden Anfang des 14.

Jahrhunderts. Nach dem Ausbruch der Pest 1349

sollen Geißlerscharen die Juden der Brunnen-

vergiftung und Brandstiftung beschuldigt ha-

ben. Die gesamte jüdische Bevölkerung wurde

ermordet, ihre Wohnhäuser wurden von der

Stadt eingezogen, zuerst vermietet und dann

verkauft. Aus einer Urkunde ist der Neubau von

1362 belegt. Nach zweihundertjährigem patri-

zischen Besitz ging das Anwesen 1582 in die

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oben: Fürsteneck um 1400, rekonstruierende Zeichnungvon Heinrich Pauser 1938

links: Haus zur Wiede, Fahrgasse 15 und Fürsteneck,Darstellung von C. Th. Reiffenstein 1874

rechts: Fürsteneck und Turm zu den drei Sauköpfen,Fahrgasse 17, Garküchenplatz, Erdgeschossgrundrissund Schnitt A-B, Carl Knabenschuh, Oktober 1939,ISG S 8-3, Signatur 38, Bd. BI/S

oben: Ausschnitte aus dem Ravensteinplan von1861 bzw. Merianstich

links: Turm zu den drei Sauköpfen, Foto von CarlAndreas Abt 1905

Mehlwaage und Fürsteneck, vom Garküchenplatz aus gesehen, Foto von C. F. Fay um 1880

Page 3: INHALT · pe liegt in einem besonders dazu angebrachten, an der nordöstlichsten Ecke des Hauses in das Aliment oder Höfchen vortretende sechseckige Türmchen, das in seinem obersten

hier die Stilelemente des Burgbaus wie beim

nicht weit entfernten Fürsteneck zu finden –

kurz nach der Niederlage von Kronberg sollte

möglicherweise der wichtige, gewinnbringende

Leinwandhandel vor fremder Übernahme gesi-

chert werden: Außerhalb der Frühjahrs- und

Herbstmessen mussten alle Leinwände, Garn,

Flachs und Hanf hier gelagert werden, wofür

ein Zoll, Mess- und Hausgeld erhoben wurde.

An der Fassade zum Weckmarkt befanden sich

zwei eiserne Normal-Ellen, nach welchen die

städtischen Leinwandmesser und Händler ihre

Maße zu richten hatten. Bevor das Gebäude

1550 nach Süden erweitert wurde, konnte es zur

Abhaltung von Festlichkeiten gemietet werden;

im Hof fanden mehrfach Turniere statt. Später

wurde das Haus auch für die Lagerung von Le-

bensmitteln genutzt und entwickelte sich zu

einem „Mehrzweckbau“. Der burgartige Cha-

rakter des zweigeschossigen Baus entstand

durch den zinnenbekränzten Wehrgang mit Bo-

genfries, der das steile Walmdach umlief und

Zugang zu den vier Turmerkern an den Ecken

bot. Wegen eindringender Feuchtigkeit wurde

der Wehrgang später durch ein Vorziehen des

Daches überdeckt. Über drei Spitzbogentore

trat man vom Weckmarkt aus in eine Vorhalle

ein, die zu einer Kapelle führte und über eine

Treppe zu dem hochwasserfreien Teil des Erd-

geschosses.

Das ganze Obergeschoss nahm eine Halle mit

mächtigen Holzpfeilern ein, die durch regelmä-

ßig angeordnete Kreuzstockfenster belichtet

wurde. Nach einer kompletten Renovierung 1752

wurden 1791 Messläden im Erdgeschoss einge-

baut, die 1880 sogar zu Schlachträumen um-

funktioniert wurden. War der Leinwandhandel

schon ab der Mitte des 18. Jahrhunderts durch

den Messeverlust an Leipzig rückläufig, so war

er durch die Industrialisierung und den Bau von

Eisenbahnen im 19. Jahrhundert eingebrochen.

oben: Leinwandhaus am Weckmarkt (erbaut1399) vor dem Umbau, Zeichnung 1890

links: Stadtwaage mit Schirnanbauten vonOsten vor dem Umbau, Foto von C. F. Fay 1874

unten: Stadtarchiv und Leinwandhaus nachdem Umbau, Foto von Max Junghaendel 1898

oben: Stadtwaage, Neues Kaufhaus und Leinwandhaus vor dem Umbau, Foto von Carl Friedrich Mylius 1871

rechts: heutiger Zustand nach Wiederaufbau

unten: Kriegsruine des Leinwandhauses vor dem Wiederaufbau von 1980, Foto von Kurt Liese und Robert Strouhal (Harald-Reportagen) Mitte der 50er Jahre

Page 4: INHALT · pe liegt in einem besonders dazu angebrachten, an der nordöstlichsten Ecke des Hauses in das Aliment oder Höfchen vortretende sechseckige Türmchen, das in seinem obersten

Westen, zum Nürnberger Hof hin, offen ist. Der

Ravenstein-Plan von 1862 bildet diesen dagegen

geschlossen ab. 1693 wurde der Nordflügel des

Innenhofes durch einen repräsentativen Neu-

bau mit steinernem Erdgeschoss und Schweif-

giebel, ähnlich dem des Hauses Klein-Nürnberg,

ersetzt. Die Besonderheit war, dass die geschie-

ferten Giebelgeschosse auf fünf Holzstützen ei-

ner offenen Galerie des ersten Obergeschosses

(das Stuckdecken aufwies) ruhten, die wieder-

um ihre Last auf zwei Steinsäulen im Erdge-

schoss abtrugen. Zur gleichen Zeit entstand

wohl auch der westliche Seitenflügel, ebenfalls

mit Arkadenzone im Erdgeschoss und hölzer-

nen Lauben im 1. Obergeschoss, allerdings mit

geringeren Geschosshöhen, sodass man zwi-

schen den Galerien eine Ausgleichstreppe be-

nötigte. 1755 wurde schließlich der baufällige

Südflügel im Stil des Rokoko neu errichtet, mit

einer großzügigen Durchfahrt zum Hof, einem

in 6 Bogenöffnungen aufgelösten Erdgeschoss,

zwei verputzten Obergeschossen mit paarwei-

se gruppierten Fenstern und einem schiefer-

bedeckten Mansarddach. Von 1755 stammt

auch der Säulenbrunnen mit vergoldetem

Lämmchen, der ursprünglich in der Gasse

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bergerhofgässchen. Unten im Erdgeschoss hat

es eine gewölbte Halle, welche auf zwei Pfeilern

ruht und aus sechs Kreuzgewölben besteht, die

den ganzen Raum des Hauses einnehmen. Die

Verzierungen an denselben deuten auf eine sehr

späte Zeit; doch weil das Ganze aus einem Guß

hervorgegangen ist, macht es keinen schlech-

ten Eindruck. Das Haus ist gebaut für ein Kauf-

haus, das heißt für ein Haus, in dem im unteren

Geschoss ein Warengeschäft betrieben und des-

sen übriger Raum von einer Familie allein be-

wohnt wird. Dies bezeugen die in das Gewölbe

eingebundenen eisernen Haken für die Waage

usw. Die zu den oberen Räumen führende Trep-

pe liegt in einem besonders dazu angebrachten,

an der nordöstlichsten Ecke des Hauses in das

Aliment oder Höfchen vortretende sechseckige

Türmchen, das in seinem obersten Stockwerk

beinahe ringsum eine entzückende Aussicht

über die Stadt gewährt und die Bewohner des

Hauses, welche durch Verhältnisse und Ge-

schäft an das dunkle winklige Haus gekettet

sind – wie dies in früher Zeit häufig der Fall war

– hinreichend entschädigt. [...] Das Bedürfnis

nach Licht und Luft suchte und fand den vor-

trefflichen Ausweg in der Anlegung von Türm-

chen und sogenannten Altanen.“ Das Haus

Klein-Nürnberg wurde im Rahmen des Dom-

Römer-Projektes rekonstruiert.

Goldenes Lämmchen

Das Goldene Lämmchen, „Hinter dem Lämm-

chen“ 6, das erstmals 1354 erwähnt wurde, war

wie der Nürnberger Hof Patriziersitz und Mes-

sehof zugleich. Die Besitzer, die im Laufe der

Jahrhunderte wechselten, stammten aus den

gesellschaftlich und wirtschaftlich hochstehen-

den Frankfurter (Adels-)Geschlechtern: 1361 war

der Hof im Besitz von Hans zu Lüneburg, einem

Wein- und Metallhändler, von 1431 bis 1500 im

Besitz der Patrizier und Eheleute Agnes Weiss

und Wolf Blum, die gegen 1444 einen Um- bzw.

Neubau des Hofs veranlassten und wahrschein-

lich auch die Madonna (von 1460) an der Süd-

westecke des Hauptgebäudes anbringen lie-

ßen. 1537 kam durch Heirat von Hieronymus

Glauburg mit Lucrecia Stalburg, der Tochter

des reichen Patriziers Claus von Stalburg, der

Hof in den Besitz der Familie Glauburg, den

früheren Eigentümern des Nürnberger Hofs.

Ab 1594 wurde der Messehof Eigentum einer

Ganerbschaft.

Die ursprüngliche städtebauliche Konfigurati-

on ist nicht eindeutig nachvollziehbar: Während

der Merianplan von 1628/1770 nur einen eizigen

Hof zeigt, stellt der Ulrichplan von 1832 zwei

unabhängige Höfe dar, wovon der südliche nach

Blick in die Gasse „Hinter dem Lämmchen“ nach Westen, Foto um 1900 (links) und 2018 (rechts; Rekonstruktion von 2017/18)

Goldenes Lämmchen während der Sanierungs -maß nah men 1909–11, Foto von C. Iffland

unten: Hausmadonna an der Fassade desLämmchens auf einer Konsole von 1460, Fotovon Carl Friedrich Fay 1896

Goldenes Lämmchen nach seiner Rekonstruktion 2016–18

Page 5: INHALT · pe liegt in einem besonders dazu angebrachten, an der nordöstlichsten Ecke des Hauses in das Aliment oder Höfchen vortretende sechseckige Türmchen, das in seinem obersten

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derheit aus, nämlich einen steinernen Überhang

auf fünf Konsolen über dem Erdgeschoss, der

durch einen Entlastungsbogen zwischen dem 1.

und 2. Obergeschoss gestützt wurde. Das Haus

zum Wolf an der Fahrgasse 16, im 17. Jahrhundert

das Haus des ersten Frankfurter Porzellanfabri-

kanten Johann Christof Fehr, wurde 1715–30 von

dem Arzt Johann Friedrich Ochs in einer Mi-

schung aus Barock und Régence neu errichtet.

Es hatte stilistisch eine gewisse Verwandschaft

mit dem Engelthaler Hof und bestand aus Vor-

derhaus, Seitenflügel und Hinterhaus. Im Hof

befand sich ein Altan, eine hölzerne Galerie, ein

typisches Element der Frankfurter Altstadt.

Goldene Waage

Das Haus zur Goldenen Waage an der Ecke von

Markt und Höllgasse wurde 1323 erstmals er-

wähnt (Haus zum Colman). Es stand gegenüber

dem Dom und mit seiner südlichen Mauer di-

rekt über der karolingisch/ottonischen Pfalz.

1618/19 ließ der reformierte Glaubensflüchtling

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oben links: Fahrgasse nach Süden,vom Garküchenplatz aus gesehen,Foto um 1900

oben Mitte: Haus „Zum Wolf“,Fahrgasse 16, Foto um 1900. Es standgegenüber dem Fürsteneck undneben dem Haus Falkenstein

oben rechts: Haus „Drei Schinken“,Saalgasse 13, ein Steinbau mit aus-kragenden Obergeschossen,Bauaufnahme der Fassade, aus:Baudenkmäler Band 3

links und rechts: Haus „Roter Hahn“mit Eckerker und Wehrgang,Klostergasse 2/Ecke Predigerstraße,Zeichnung nach Reiffenstein (links)und Foto Anfang 20. Jahrhundert

oben links: Goldene Waage vor der Fachwerkfreilegung von 1899 und vor Abbruch derOstzeile an der Höllgasse (Foto von Fay)

links: Goldene Waage, Foto Anfang des 20. Jahrhunderts

oben rechts: Giebelansicht der Goldenen Waage nach der Rekonstruktion 2016–18,Foto 2018

Page 6: INHALT · pe liegt in einem besonders dazu angebrachten, an der nordöstlichsten Ecke des Hauses in das Aliment oder Höfchen vortretende sechseckige Türmchen, das in seinem obersten

erbrachte das Gebäude durch Vermietung bei

Messen und Krönungsfeierlichkeiten gute Ein-

nahmen.

Der Große und Kleine Engel bestand ursprüng-

lich aus zwei Gebäuden von 25 qm bzw. 22 qm

im Erdgeschoss. Durch die Auskragungen von

insgesamt 1,25 m ergab sich im 3. Obergeschoss

ein Flächengewinn von 18 qm (65 qm anstatt

47 qm) für beide Parzellen. Nach dem Kauf

oben: Hühnermarkt nach Südwesten nach derRekonstruktion 2016–18, Foto von 2018

linke Seite oben: Hühnermarkt nach Norden,Foto von Fay 1904, mit dem „Haus zumEsslinger“ mit barocken Fensteröffnungen,Mansarddach, Zwerch haus mit Dreiecksgiebelund Oculusfenster

linke Seite unten: Hühnermarkt nach Nordennach der Rekonstruktion 2016–18, Foto von 2018

rechts: Sanierungsmaßnahmen im Dombereichvor 1939 im Ulrichplan von 1832

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Page 7: INHALT · pe liegt in einem besonders dazu angebrachten, an der nordöstlichsten Ecke des Hauses in das Aliment oder Höfchen vortretende sechseckige Türmchen, das in seinem obersten

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durch die Stadt Frankfurt 1905 wurden beide

Gebäude mit einem einzigen Treppenhaus zu-

sammengefasst und das Fachwerk durch Stadt-

baumeister Felix Grörich freigelegt. Der Große

und Kleine Engel wurde im Rahmen der Rekon-

struktion der Ostzeile 1982–84 neu errichtet und

2010 nochmals saniert.

Luthereck

Im Gegensatz zum Großen und Kleinen Engel

ist das sogenannte Luthereck am Domplatz we-

nig dokumentiert, auch wenn es häufig foto-

grafiert wurde. Es wurde kurz nach dem Engel,

nämlich 1576, errichtet. Seinen Namen hatte es

von einer Lutherbüste, die der protestantische

Eigentümer an der Fassade gegenüber dem ka-

tholischen Dom 1577 anbringen ließ, mit dem

provozierenden Bibelspruch: „In silentio et spe

erit fortitudo vestra“, zu deutsch: „Im Schwei-

gen und Hoffen wird eure Stärke sein“. (Quelle:

Frankfurt in alten Ansichten). Das Gebäude be-

saß unter dem steinernen Erdgeschoss (in dem

sich eine Weinstube mit Weinhandlung befand)

auf einer Grundfläche von ca. 5 x 12 m drei Kel-

lergeschosse und darüber drei verschieferte

Fachwerkgeschosse, die durch einen turmar-

tigen gerundeten Eckerker betont waren. Die

im Plan von 1832 ablesbaren vier Parzellen sind

im Kataster von 1944 zu zwei Parzellen zu-

sammengefasst; auf alten Postkarten um 1900

sind noch drei Häuser am Domplatz ersicht-

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oben: Blick vomRömerberg überden Altmarktzum Domturm,kolorierteGrafik vonRudolf 1845

links: Großerund KleinerEngel:Bauaufnahmefür dieSanierung von1905

oben links: Blick vom Römerberg überden Altmarkt zum Domturm, Foto um1910

oben rechts: Gleiche Situation, Foto2018

unten links: Blick vom Markt zumRömer mit Seitenansicht des Großenund Kleinen Engels, Ansichtskarte um1910

unten rechts: Großer Engel, Innenraummit frühbarocker Stuckdecke (Ende17. Jahrhundert)