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ISSA Prevention Series No. 2054 (G) Besondere Gefährdungen und Risiken bei Prozessanlagen Hinweise für die Praxis Internationale Sektion der IVSS für die Verhütung von Arbeitsunfällen und Berufs- krankheiten in der chemischen Industrie Internationale Sektion der IVSS für Maschinen- und Systemsicherheit 2007 ISSN 1015-8022 ISBN 92-843-7177-5 Instandhaltung und Änderungen

Instandhaltung und Änderungen - safety-work.org · Mitarbeit BASF AG, Ludwigshafen Berufsgenossenschaft der chemischen Industrie (BG Chemie), Heidelberg Clariant Produkte (Deutschland)

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ISSA Prevention SeriesNo. 2054 (G)

Besondere Gefährdungen undRisiken bei Prozessanlagen

Hinweise für die Praxis

Internationale Sektion der IVSS für die Verhütung vonArbeitsunfällen und Berufs-krankheiten in der chemischen Industrie

Internationale Sektion der IVSS fürMaschinen- und Systemsicherheit

2007ISSN 1015-8022ISBN 92-843-7177-5

Instandhaltung

und Änderungen

DIE INTERNATIONALE VEREINIGUNG

FÜR SOZIALE SICHERHEIT (IVSS)

hat über 350 Mitglieder (Regierungsbehörden und Anstalten) in mehr als150 Staaten. Rund die Hälfte der Mitglieder befasst sich mit der Arbeitssi-cherheit. Der Sitz der IVSS befindet sich in Genf, beim InternationalenArbeitsamt. Ihr Hauptziel ist die Förderung und der Ausbau der SOZIALENSICHERHEIT in allen Teilen der Welt.

Zur Intensivierung der Arbeitssicherheit in den Betrieben ist seit 1970 fürden Bereich der chemischen Industrie einschließlich der Kunststoff-,Sprengstoff-, Mineralöl- und Gummiindustrie die

INTERNATIONALE SEKTION DER IVSS

FÜR DIE VERHÜTUNG VON ARBEITSUNFÄLLEN UND

BERUFSKRANKHEITEN IN DER CHEMISCHEN INDUSTRIE

gebildet worden. Vorsitz und Sekretariat liegen bei der Berufsgenossen-schaft der chemischen Industrie, 69115 Heidelberg, Deutschland.

Homepage: http://chemistry.prevention.issa.int

Zur weiteren Verbesserung der Arbeitssicherheit und des Gesundheits-schutzes in den Betrieben wurde 1975 die

INTERNATIONALE SEKTION DER IVSS FÜR

MASCHINEN- UND SYSTEMSICHERHEIT

gegründet. Sie behandelt Fragen zur Sicherheit von Maschinen, Anlagenund Systemen. Vorsitz und Sekretariat: Berufsgenossenschaft Nahrungs-mittel und Gaststätten, 68165 Mannheim, Deutschland.

Homepage: http://machine-and-system-safety.prevention.issa.int

Instandhaltung & Änderungen | 2007 | 3

Besondere Gefährdungen und Risiken bei Prozessanlagen

Hinweise für die Praxis

Herausgeber:

Internationale Sektion der IVSS für die Verhütung von Arbeitsunfällen undBerufskrankheiten in der chemischen Industrie.

Kurfürsten-Anlage 62, 69115 Heidelberg, Deutschland.

Instandhaltung und Änderungen

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- [panta rei ] - alles fließt: Dieser Ausspruch des griechischenPhilosophen Heraklit (um 500 v.Chr.) beschreibt wie kein anderer dieSchnelllebigkeit unserer Zeit. Alles ist im Fluss, alles befindet sich in steterÄnderung. Dies gilt auch für verfahrenstechnische Anlagen: Anpassung anKundenwünsche, die Umsetzung neuer Ideen und kontinuierliche Verbesse-rungen im Sinne eines Qualitätsmanagements verlangen eine stetigeWeiterentwicklung des Bestehenden.

Instandhaltungstätigkeiten, die Bewährtes bewahren und Änderungen,die Innovationen umsetzen, gehören zum Tagesgeschäft eines Jeden, derVerantwortung für Anlagen trägt. Doch neben dem Betrieb der Maschinensind auch die Mitarbeiter und ihre Gesundheit, die Umwelt und die Nachbar-schaft zu berücksichtigen. In diesem Zusammenhang ist die Gefährdungs-bzw. Risikobeurteilung, die in zahlreichen Rechtsvorschriften und Normenthematisiert wird, zentrales Instrument sowohl des Arbeitsschutzes alsauch der Anlagensicherheit.

Die Praxis zeigt die Schwierigkeiten bei der Umsetzung dieser Anforde-rungen: Instandhaltungsarbeiten sind nach wie vor ein Unfallschwerpunktund Änderungen an Prozessen führen immer wieder zu schweren Unfällenmit Auswirkungen über den Betrieb hinaus. Neben dem menschlichen Leidhaben Unfälle, Störungen und Ereignisse oft auch juristische Konsequen-zen. Der wirtschaftliche Schaden durch Produktionsausfall und Imagever-lust kann die Existenz des gesamten Unternehmens in Frage stellen. Dahermuss der Aspekt der Sicherheit mit seiner sozialen, rechtlichen und wirt-schaftlichen Bedeutung für den Betreiber integraler Bestandteil aller Opti-mierungsstrategien sein.

Die Internationale Vereinigung für Soziale Sicherheit (IVSS) hat sich zumZiel gesetzt, durch Informationsaustausch, Veröffentlichungen und Kollo-quien Risiken für Beschäftigte an Arbeitsplätzen wie Arbeitsunfälle undBerufskrankheiten aufzuzeigen und Vorschläge zu ihrer Verhütung zumachen. Mit dieser Broschüre sollen besondere Gefährdungen, die mitInstandhaltungstätigkeiten und Änderungen verbunden sind, aufgezeigtund praktische Lösungen beschrieben werden. ■

Instandhaltung & Änderungen | 2007 | 5

Vorwort

Dr. Erwin Radek,Vorsitzender der Sektion Chemie der IVSS

Norbert Weis,Vorsitzender der Sektion Maschinen- und Systemsicherheit der IVSS

Dr. Erwin Radek Norbert Weis

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Impressum

Vorsitz Dr. Joachim SommerBerufsgenossenschaft der chemischen Industrie, Heidelberg

Mitarbeit BASF AG, LudwigshafenBerufsgenossenschaft der chemischen Industrie (BG Chemie), HeidelbergClariant Produkte (Deutschland) GmbH, SulzbachInstitut National de Recherche et de Sécurité (INRS), Paris und NancySiemens AG, NürnbergSchweizerische Unfallversicherungsanstalt (SUVA), LuzernWacker Chemie AG, Burghausen

Autoren Jean-Christophe BlaiseMartine BlochRolf BöschRudolf KappelmaierDr. Franz-Josef MüselerBernard MysliwiecDr. Klaus-Jürgen NiemitzDr. Joachim Sommer

Beiträge Udo BaitingerPhilippe CharpentierStephan RohnDr. Ruedi Rüegsegger

Konzeption Jedermann-Verlag, Heidelberg

Gestaltung und Grafik Peter Nardo, Mannheim/Heidelberg

Druck M+M Druck GmbH, Heidelberg

Instandhaltung & Änderungen | 2007 | 7

Inhalt

Vorwort 5

Impressum 6

Problemstellung 8

Instandhaltung und Änderungen unter dem Aspekt der Anlagensicherheit 11

Vorhersehbare, aber nicht erkannte Probleme bei Instandhaltung und Änderungen 17

Management of Change 21Der Anlagenänderungsschein 23Management of Change und Störungsbeseitigung 26Planung von Änderungen 27Außerbetriebnahme von Teilanlagen und Großabstellungen 32Freigabe geänderter Anlagen 33

Aspekte der Arbeitssicherheit bei der Vorbereitung und Durchführung von Arbeiten 34

Der Erlaubnisschein 38Ein Beispiel für sicheres Abschalten: der Sicherheitsschalter 41Einrichten und Anfahren 42Maßnahmen zum Abschluss der Arbeiten 43Bedeutung der Sicherheitskultur 44

Ereignisberichte 50

Glossar 67Gefährdung und Risiko 67Sicherheitskonzept 67Instandhaltung 67Änderungen 67Management of Change (MOC) 69Sicherheitsschalter 69

Literatur 70Broschüren und Veröffentlichungen 70Normen 71

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Problemstellung

Das Problem der Alterung und Abnutzung, das im Alltag von vielenGebrauchsprodukten bekannt ist, macht auch vor Maschinen und Anlagennicht halt. Dem Altern und Abnutzen setzt man in Industrieanlagen die Instandhaltung entgegen. In Anlehnung an die EN 13306 wird in dieser Bro-schüre der Begriff Instandhaltung verwendet für alle technischen und orga-nisatorischen Maßnahmen, die eine Anlage oder Maschine in funktionsfähi-gem Zustand halten oder in diesen zurückführen. Hierzu zählt einerseits dievorbeugende Instandhaltung mit den Teilaspekten Wartung und Funktions-prüfung, andererseits auch die korrektive Instandhaltung mit den Teilaspek-ten Reparatur und Störungsbeseitigung.

Ein weiterer Aspekt dieser Broschüre sind Änderungen. Diese werden alsAusdruck einer „positiven Motivation“ aktiv und zielgerichtet herbeigeführt,um so Verbesserungen an Anlagen, Verfahren und Abläufen zu erzielen.Änderungen können auch resultieren aus dem Versuch, aufgetretene Stö-rungen zukünftig zu vermeiden.

Abbildung 1: Instandhaltung und Änderun-gen an Prozessen und Anla-gen stehen an der Schnitt-stelle zwischen Stoff, Technikund Mensch

Witterung

WirtschaftlicheInteressen

GesetzlicheVorgaben

MenschTechnik

Stoff

Instandhaltungund

Änderungen

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Da Prozessanlagen durch eine außergewöhnliche Komplexität von Appa-raten und Rohrleitungen, von Stoffen und Prozessparametern sowie vonMitarbeitern und ihren Eingriffen gekennzeichnet sind, bedeuten hier Instandhaltung und Änderungen stets auch einen Eingriff in das komplexeSystem der Wechselwirkungen von Stoff, Technik und Mensch (Abbildung 1).Dabei ist neben der Arbeitssicherheit gegebenenfalls auch die Sicherheitder Anlage mit Auswirkungen auf Umwelt und Dritte berührt. Das Thema Gefährdungsbeurteilung bekommt dabei einen besonderen Stellenwert.

Änderungen an Anlagen werden häufig im Rahmen einer allgemeinenInstandhaltung durchgeführt – oft sogar parallel und von dem gleichen Per-sonal. Aus Sicht der Anlagensicherheit sind daher bei großen Prozessanla-gen Instandhaltung und Änderungen oft kaum voneinander zu trennen. Somüssen für die Zeit der Arbeiten manchmal Provisorien geschaffen oderwesentliche Anlagenteile außer Betrieb genommen werden, was als Ände-rung des bestimmungsgemäßen Betriebes zu sicherheitstechnischen Proble-men führen kann und deshalb einer eigenen Gefährdungsbeurteilung bedarf.

Bei allen Tätigkeiten können vorhandene Gefährdungen ihr Risikopoten-zial verändern. Und es können sich neue Gefährdungen ergeben, wenn beider Instandhaltung unbedachte Änderungen an der Anlage vorgenommenwerden oder wenn Änderungen ausgeführt werden, ohne dass die resultie-renden Wechselwirkungen ausreichend betrachtet wurden. Auch scheinbarbelanglose Eingriffe in eine Anlage können mit Änderungen verbunden sein,die die Sicherheit der Anlage berühren und ihr Sicherheitskonzept unwirk-sam machen. Deshalb muss die Gefährdungsbeurteilung die Besonderhei-ten von Instandhaltungsarbeiten berücksichtigen. Eine bewusste Betrach-tung aller Wechselwirkungen lässt so die veränderten Risiken sichtbar wer-den. Andererseits muss darauf geachtet werden, dass die Arbeiten tatsäch-lich nur in dem betrachteten Umfang, mit den betrachteten Arbeitsmittelnund innerhalb des betrachteten Zeitraums durchgeführt werden.

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Problemstellung

Ziel der Broschüre ist es,

■ Besondere Gefährdungen und erhöhte Risiken bei der Instandhaltungund bei Änderungen in Prozessanlagen aufzuzeigen und

■ Lösungsmöglichkeiten für die Sicherheit von Beschäftigten, Nachbarn,Umwelt und Sachwerte zu beschreiben, insbesondere durch Anwen-dung geeigneter Hilfsmittel für die sichere und ökonomische Durchfüh-rung von Instandhaltungsarbeiten und Änderungen.

Die beschriebenen Managementsysteme bedeuten letztendlich nichtsanderes als die Organisation der Frage „wer macht was, wann, wie undwarum?“ Die Festlegung und Einhaltung eines entsprechenden Ablaufsgewährleistet die systematische und sichere Durchführung und Dokumen-tation von Änderungen und Instandhaltungsmaßnahmen – unabhängig vonder Größe des Unternehmens.

Die Broschüre richtet sich sowohl an die Verantwortlichen im Betrieb, dieInstandhaltungsarbeiten und Änderungen planen und koordinieren als auchan Instandhaltungsfachkräfte, die diese Tätigkeiten durchführen. Allgemeinbekannte Vorsichtsmaßnahmen des Arbeitsschutzes, insbesondere die Ver-wendung persönlicher Schutzausrüstung, werden nicht im Detail darge-stellt. Methoden der Gefährdungsbeurteilung unter dem speziellen Blick-winkel der Anlagensicherheit sind in anderen Broschüren der IVSS [1]umfassend beschrieben.

Jeder Eingriff in eine Anlage muss sicher sein, sowohl die Durchfüh-

rung von Arbeiten, eventuelle Provisorien während der Arbeiten als auch die

Anlage im anschließenden Betrieb.

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Instandhaltung & Änderungen | 2007 | 11

Viele schwerwiegende Ereignisse der Vergangenheit hatten ihren

Ursprung in einer unzureichend durchdachten Instandhaltung oder Ände-

rung, in Verbindung mit einer unerwarteten Störung und dem missglückten

Versuch, diese ad hoc zu beheben. Einem scheinbaren Zeit- oder Profitge-

winn folgte ein Desaster, bei dem viele Menschen sterben mussten.

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Instandhaltung und Änderungen unter dem Aspekt der Anlagensicherheit

Das Ereignis von FLIXBOROUGH – 1974In einem Chemiewerk in Flixborough (England) wurde Caprolactam für

die Herstellung von Nylon produziert. Zu diesem Zweck erfolgte in einer gro-ßen Anlage mit sechs Kaskadenreaktoren ein kontinuierlicher Oxidations-prozess von Cyclohexan. Als festgestellt wurde, dass aus einem Riss amReaktor 5 Cyclohexan entwich, entschied die Betriebsleitung, während dererforderlichen Instandhaltungsarbeiten Reaktor 4 über eine provisorische

Abbildung 2: Explosion bei Flixborough

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Instandhaltung und Änderungen unter dem Aspekt der Anlagensicherheit

Bypass-Leitung direkt an Reaktor 6 anzuschließen, um die Anlage weiterbetreiben zu können. Planung und Umbau erfolgten unter wirtschaftlichemZeitdruck. Da die erforderlichen und spezifizierten Rohrdurchmesser für denBypass nicht im Lager vorrätig waren, wurden ersatzweise Rohre einergeringeren Nennweite mit flexiblen Kompensatoren eingebaut. Eine stati-sche Berechnung erfolgte nicht.

Am 1. Juni 1974 brach das provisorische Verbindungsstück, 50 t Cyclohe-xan entwichen und explodierten mit einer Stärke zwischen 15 bis 45 TonnenTNT. Das 24 ha große Werksgelände wurde verwüstet, die Flammen desnachfolgenden Brandes erreichten Höhen bis zu 100 m. 28 Tote und 89 Ver-letzte waren zu beklagen, im Umkreis von 3,5 km wurden 90 % der Häuserund Wohnungen beschädigt.

Das Ereignis von BHOPAL – 1984In der Nacht zum 3. Dezember 1984 traten aus einem Vorratstank eines

Herbizid-Werkes in Bhopal rund 20 Tonnen hochgiftiges Methylisocyanataus. Das giftige Gas breitete sich schnell in den umliegenden Wohngebietenaus. Die traurige Bilanz dieses wohl schlimmsten Chemieunfalls aller Zeiten:

■ Ca. 4000 unmittelbare Todesopfer, über 7000 Tote innerhalb wenigerTage, weitere 15.000 Todesopfer über die nächsten Jahre als direkteFolge des Gasaustritts

■ Ca. 100.000 chronisch Kranke, für die es keine medizinische Hilfe gibt

■ Insgesamt ca. 570.000 anerkannt „geschädigte Personen“

Anlässlich des zwanzigsten Jahrestages des Ereignisses erschienen vieleVeröffentlichungen, wie es zu diesem verheerenden Unglück kommenkonnte [7, 8]. Unter Anderem erschien ein Artikel in der Frankfurter Allgemei-nen Zeitung (FAZ) mit der Überschrift „Die verwundete Stadt“:

„ ... In kurzer Zeit reduzierte die neue Werkleitung das Personal von fast1.000 Mitarbeitern auf 642. In der besonders sensiblen Methylisocyanat-Produktionseinheit wurde die Belegschaft sogar halbiert. Ungelernte Arbei-ter übernahmen die Positionen von Fachkräften, selbst in Schlüsselfunktio-nen waren nun Männer beschäftigt, die die englischsprachigen Betriebsan-

Instandhaltung & Änderungen | 2007 | 13

weisungen nicht verstehen konnten. Die Wartungen wurden seltener, Ver-schleißteile nicht mehr alle sechs Monate, sondern nur noch einmal jährlichausgewechselt, Edelstahlrohre durch solche aus minderwertigen Materia-lien ersetzt, kleinere Lecks erst geflickt, wenn sie eine beunruhigende Größeerreicht hatten. Vor allem aber fuhren die beiden Chefs die aufwendigenAlarm- und Schutzsysteme herunter – um ein paar Rupien für Elektrizitätund Kühlstoffe zu sparen.

Als am Abend des 2. Dezember die verbliebenen Warnlampen blinkten,nahm dies zunächst niemand ernst. Erst Stunden später realisierte derWachtrupp, dass offenbar versehentlich Wasser in die Tanks gelangt war –das Ergebnis einer unfachmännischen Reinigungsaktion in Verbindung mitdefekten Ventilen. Die verheerende chemische Reaktion war nicht mehr auf-zuhalten.“

Abbildung 3: Unglücksbetrieb in Bhopal 20 Jahre später

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Instandhaltung und Änderungen unter dem Aspekt der Anlagensicherheit

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Das Ereignis von PIPER ALPHA – 1988Die Piper Alpha war eine große Bohrinsel in der Nordsee. Sie war

zunächst nur für die Ölgewinnung entworfen und gebaut, später auf Gasumgerüstet worden. Neben der eigenen Fördermenge wurde auch diegesamte Öl- und Gasproduktion zweier weiterer Bohrinseln über die PiperAlpha zum Festland gepumpt. Im Sommer 1988 wurde eine neue Gasleitunggebaut, außerdem standen zahlreiche Reparaturarbeiten an, da über einenlängeren Zeitraum keine größeren Wartungsmaßnahmen stattgefundenhatten. Trotzdem wurde die Produktion auf der Plattform, anders als bei frü-heren Revisionen, unvermindert weiterbetrieben.

Auf Piper Alpha gab es zwei große Kompressoren, bezeichnet mit A undB. Diese verdichteten das geförderte Gas, damit es zur Küste weitergeleitetwerden konnte und besaßen daher enorme wirtschaftliche Bedeutung. AmMorgen des 6. Juli 1988 wurde bei Kompressor A ein Überdruckventil zurWartung entfernt. Die entsprechende Arbeitsfreigabe war von der Stelleerteilt worden, die für die Sicherheitseinrichtungen der Bohrinsel verant-wortlich war. Weil die Arbeiten bis zum Schichtende nicht beendet werdenkonnten, verschloss der Wartungsmitarbeiter das offene Rohrstück proviso-risch und vermerkte auf dem Arbeitsfreigabeschein, dass der Kompressornicht betriebsbereit sei. Diesen Schein legte er im Büro der Sicherheitsab-teilung ab, ohne dass der diensthabende Vorgesetzte der Produktion vomZustand des Kompressors unterrichtet wurde. Ein verhängnisvolles Ver-säumnis.

Als am späten Abend Kompressor B unerwartet ausfiel, wurde aufgrundder fehlenden Information der Gasstrom auf Kompressor A umgestellt. Dasgeförderte Gas strömte über das offene Rohrende ins Freie, entzündete sichund führte zu einer ersten Explosion. Da die Bohrinsel ursprünglich alsÖlplattform gebaut worden war, waren die Feuerschutzwände nicht für dieDruckwirkung von Explosionen ausgelegt und stürzten ein. Dabei wurdenauch einige Ölleitungen zerstört und das austretende Öl fing an zu brennen.Dieses Feuer wäre wahrscheinlich bald wieder erloschen, wenn es nichtständig neue Nahrung erhalten hätte. Zwar wurde die Ölförderung auf PiperAlpha abgeschaltet, doch die beiden anderen Bohrinseln des Verbundesproduzierten weiter, weil die Verantwortlichen dort von den Vorgesetztenauf dem Festland die Direktive erhielten, die Öl- und Gasförderung weiter zu

Instandhaltung & Änderungen | 2007 | 15

betreiben. Dies wurde mit den hohen Kosten begründet, mit denen eineAbschaltung einer Plattform verbunden ist.

Das Ölfeuer brannte unter den mächtigen Gasleitungen, die von den Ver-bundinseln zur Piper Alpha führten. Zwanzig Minuten nach der ersten Explo-sion brach die erste der beiden Leitungen, eine halbe Stunde später diezweite. Drei Tonnen Gas traten jede Sekunde aus und verbrannten, in derGluthitze schmolz die Plattform und brach zusammen. Insgesamt starben167 Menschen. Von den Vorgesetzten auf der Piper Alpha waren keine Eva-kuierungsmaßnahmen eingeleitet worden und wegen der Hitze konnten dieRettungskräfte nicht zur Bohrinsel kommen. Erst nach den Explosionenstellten die anderen Bohrinseln endlich die Ölverpumpung ein.

Die Piper Alpha Katastrophe war bis dahin der größte Unfall auf einerBohrinsel und wurde ein Lehrbeispiel dafür, wie eine Kette aus Planungs-,Handlungs- und Managementfehler in eine Katastrophe führte. Katastro-phal waren auch der Image-Verlust und der wirtschaftliche Schaden für dasbetreibende Unternehmen.

Abbildung 4: Explosion auf Piper Alpha

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1. Unzureichende sicherheitstechnische Planung:

■ bei einer Rohrleitungsänderung

■ bei Änderungen des Betriebsmanagements

■ beim Umrüsten der Bohrinsel von Öl auf Gas

2. Unzureichende Kommunikation und Notfallvorsorge:

■ Durchführung der Arbeiten ohne Beachtung der internen Standards

■ Sicherheitsmanagement mangelhaft bzw. nicht existent, unzureichende Alarm- undNotfallpläne

■ Arbeitsfreigabe-Verfahren mit Kommunikationslücken

3. Fehlentscheidungen aus wirtschaftlichen Gründen:

■ Keine Produktionsunterbrechung während der Instandhaltungsarbeiten

■ Defizite im Bereich Wartung und vorbeugender Instandhaltung, langsame Verrottungdes Materials durch jahrelange Sparpläne

■ Falsch ausgewähltes Personal, unzureichendes Fachwissen, mangelnde Erfahrung,fehlende Schulung

■ Sicherheitssysteme außer Funktion, Schutz- und Überwachungseinrichtungen(Alarme) abgestellt

Instandhaltung und Änderungen unter dem Aspekt der Anlagensicherheit

Aus den Ereignissen lassen sich drei Kardinalfehler ableiten, die in gleicher Weise für die alltäglichen, kleinen Ereignisse gelten:

Instandhaltung & Änderungen | 2007 | 17

Häufige Fehler sind unbedachte Änderungen ...

■ des verwendeten Werkstoffs

■ der Verfahrensparameter

■ der Inertisierung

■ der Apparatekenngrößen

Vorhersehbare, aber nicht erkannte Probleme bei Instandhaltung und Änderungen

Abweichungen vom ursprünglich geplanten und durchdachten Vorge-

hen sind Änderungen am Sicherheitskonzept der Anlage, die erst sicher-

heitstechnisch hinterfragt werden müssen! Unbeabsichtigte oder unreflek-

tierte Änderungen müssen unbedingt verhindert werden!

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Bei der Planung und Durchführung von Instandhaltungsmaßnahmenkommt es oft vor, dass zwar das Ziel klar vor Augen steht, aber übersehenwird, dass es auf dem Weg dorthin zahlreiche Klippen und Fallen gibt. Daseine oder andere Problem, das sich dabei in der Vergangenheit völlig unge-ahnt auftat, hätte bei ruhigem und systematischem Nachdenken vorabdurchaus vorhergesehen und vermieden werden können. Häufig ergabensich auch ungewollt Änderungen als Folge einer fehlerhaften Instandhal-tung. Im Anhang sind Vorfälle dargestellt, bei denen so das Sicherheitskon-zept der Anlage ausgehebelt wurde.

Wie die Beispiele zeigen, können auch gezielte Änderungen an einerAnlage Auswirkungen haben, die aufgrund einer unvollständigen Gefähr-dungsbeurteilung übersehen worden sind. Problematisch ist insbesonderedas Zusammenwirken vieler kleiner Änderungen, die jede für sich unbedeu-tend und sicherheitstechnisch nicht relevant wäre, in Summe jedoch zueinem erheblichen Problem erwachsen können.

Bei einem entsprechenden Risiko kann auch aus einem scheinbar unbe-deutenden Eingriff eine dramatische Situation entstehen. Eine Erkenntnislässt sich aus zahlreichen Ereignissen ableiten:

Vorhersehbare, aber nicht erkannte Probleme bei Instandhaltung und Änderungen

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Die Abbildungen 5 und 6 illustrieren die Verteilung von 93 analysiertenUnfällen, aufgeschlüsselt nach den einzelnen Phasen der Instandhaltungund die im Hinblick auf die Unfallursache signifikanten Faktoren (nach [2]).

Abbildung 5: Unfallhäufigkeit aufgeschlüs-selt nach der Phase derInstandhaltung

Störungsbeseitigung 46% ■Ursachenermittlung 26% ■

Wiederinbetriebnahme 13% ■Einrichten/Prüfen 11% ■

Sonstiges 4% ■

Fehlende Schutzeinrichtungen 41% ■Eingriff in den laufenden Betrieb 39% ■

Zusammenarbeit mehrerer Personen 31% ■

Gefährdung nicht erkannt 27% ■Maschine absichtlich wiedereingeschaltet 25% ■

Automatischer Anlauf der Maschine 25% ■Kurzzeitiger Eingriff 17% ■Fehlendes Wissen 15% ■

Freisetzen gespeicherter Energie 14% ■Routineeingriff 14% ■

Einrichten der Maschine 11% ■Schutzeinrichtungen überbrückt 11% ■

Stolpern/Rutschen/Stürzen 9% ■Stress 9% ■

Einzelarbeit 8% ■Ausweichen einer Gefahr 5% ■

Fehlerhafte Absicherung 4% ■Unzureichende Qualifikation 4% ■

Änderungen 2% ■Übermüdung 2% ■

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Abbildung 6: Häufigkeit der beteiligtenFaktoren von 93 Unfällen

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Diese Zahlen lassen, ohne statistisch repräsentativ sein zu wollen, einigeinteressante Feststellungen zu:

■ Bei etwa 75 % der untersuchten Unfälle erfolgte ein Eingriff bei laufen-dem Betrieb der Anlage bzw. Maschine oder bei ihrer Wiederinbetrieb-nahme.

■ Bei etwa 40 % der untersuchten Unfälle fehlten die vorschriftsmäßigenSicherheitseinrichtungen oder waren außer Betrieb genommen.

■ Bei etwa 30 % der untersuchten Unfälle arbeiteten mehrere Personengleichzeitig an der Anlage, die Ereignisse waren eine Folge mangelnderKoordinierung.

■ Etwa 25 % der untersuchten Unfälle ereigneten sich bereits währendder Störungsermittlung (Nicht gesondert erfasst wurden die infolge feh-lerhafter Diagnose der Störung während der Instandhaltung aufgetrete-nen Unfälle).

Aus dem Blickwinkel der Sicherheit gibt es insbesondere bei der Störungsbeseitigung eine Reihe von Faktoren, die zu Problemen führenkönnen. Typisch sind das Aufschieben vorbeugender Instandhaltungs-maßnahmen und dann im Falle der Störung der starke Zeitdruck aufGrund organisatorischer und ökonomischer Faktoren, darunter insbeson-dere der Wunsch nach Systemverfügbarkeit. Aus einem vermeintlichenZeitgewinn resultiert schließlich unter anderem

■ eine unvollständige Gefährdungsbeurteilung vor Beginn der Arbeiten,

■ die Durchführung provisorischer Lösungen,

■ eine unvollständige Dokumentation nach Abschluss der Arbeiten.

Aus den Großschadensereignissen der Vergangenheit, den statistischenDaten der CRAM und allgemeinen Erfahrungen lassen sich einige grundle-gende Maßnahmen für die Sicherheit bei Instandhaltung und Änderungenableiten:

Quelle Abbildungen 5 und 6: [3]

Vorhersehbare, aber nicht erkannte Probleme bei Instandhaltung und Änderungen

20 | 2007 | Instandhaltung & Änderungen

Sicherheitsmaßnahmen bei Instandhaltung und Änderungen:

■ Systematische Ermittlung der Gefährdungen und Risikobeurtei-lung für (befristete) In- oder Außerbetriebnahme von Teilanla-gen

■ Voraussehbare Fehlhandlungen durch technische Maßnahmenverhindern

■ Kommunikation des Wissens durch Dokumentation der Gefähr-dungen (z. B. in Arbeitsanweisungen) und Unterweisung derBeschäftigten

■ Kontrolle nach Abschluss der Arbeiten: Schutzeinrichtungenmüssen vor der Wiederinbetriebnahme auf korrekte Ausfüh-rung und Wirksamkeit überprüft werden

■ Dokumentation der durchgeführten Maßnahmen, insbesondereder Änderungen

Zur Umsetzung dieser Sicherheitsmaßnahmen ist zunächst zu fragen, obsich vor, während oder nach Abschluss der Arbeiten Änderungen am beste-henden Sicherheitskonzept der Anlage ergeben. In diesem Fall ist das sogenannte Management of Change (MOC) anzuwenden. Ein wesentlicherBestandteil davon ist ein Anlagenänderungsschein, der gewährleisten soll,dass alle sicherheitsrelevanten und genehmigungsrechtlichen Aspekteeiner Änderung bedacht werden.

Auch ohne Änderungen am Sicherheitskonzept ist bei Arbeiten an Anla-gen eine Gefährdungsermittlung erforderlich. Relevante Aspekte sind indem Abschnitt Aspekte der Arbeitssicherheit bei der Vorbereitung undDurchführung von Arbeiten beschrieben. Als Hilfsmittel dient ein Erlaubnis-scheinverfahren, das gewährleisten soll, dass das bestehende Sicherheits-konzept nicht verletzt oder außer Kraft gesetzt wird und die Arbeiten sicherdurchgeführt werden können.

In den folgenden Kapiteln sind beide organisatorischen Abläufebeschrieben. Im Idealfall ergänzen sie sich gegenseitig und stellen gemein-sam sicher, dass sich die Anlage immer in einem sicheren Zustand befindetund Arbeiten ohne Gefährdungen durchgeführt werden können.

Instandhaltung & Änderungen | 2007 | 21

Während der bestimmungsgemäße Betrieb durch Sicherheitsbetrach-tungen und Betriebserfahrung in der Regel als sicher gelten kann, mussaußergewöhnlichen Betriebszuständen immer wieder von neuem einebesondere und systematische Aufmerksamkeit auch bei kleinen Detailsgeschenkt werden. Ein erheblicher Anteil von Ereignissen ist auf Änderun-gen zurückzuführen, die zwar geplant, aber

■ ohne eine ausreichende Gefährdungsbeurteilung im Sinne der Arbeits-sicherheit oder

■ ohne eine angemessene Störungsbetrachtung aus Sicht der Anlagen-sicherheit

durchgeführt wurden oder bei denen es zu gravierenden Fehlern bei derKommunikation oder der Ausführung kam.

Für die sichere Durchführung von Änderungen an einer Anlage ist einManagement of Change (MOC) gedacht. Die Notwendigkeit dafür ergibt sichaus der Störfallverordnung (Seveso II – Richtlinie) bzw. im US-Recht ausdem Code of Federal Regulations, aus dem der Begriff MOC stammt. Ziel istes, den Änderungsprozess selbst wie auch das Ergebnis der Änderung, d. h.den neuen, geänderten Betriebszustand sicher zu gestalten. MOC stehtsomit auch für ein „Informationssystem“, um Mängel bei der Kommunika-tion zu vermeiden. Mit Hilfe des MOC ist es möglich, die für Änderungen inkomplexen Anlagen notwendigen Maßnahmen in einem interdisziplinärbesetzten Team vorab im Sinne einer sachlichen Prüfung des Vorhabens zuhinterfragen, notwendige Maßnahmen festzulegen und die Änderungensicher, koordiniert und damit auch effizient durchzuführen.

Management of Change

Grundsätzlich ist zu bedenken: Sachkompetenz, d. h. Fachwissen und

Erfahrung, sind nicht durch noch so umfangreiche Managementsysteme zu

ersetzen!

Managementsysteme dienen nur dazu, den Fachmann bei seiner Arbeit zu

unterstützen, damit nichts Wesentliches übersehen wird und der Prozess

effizient ist.

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Management of Change

22 | 2007 | Instandhaltung & Änderungen

Eine durch MOC geleitete Änderung führt gezielt und auf sicherem Wegevon einem bisherigen, sicheren Betriebszustand zu einem neuen, ebenfallssicheren Betriebszustand. Dabei wird der bestimmungsgemäße Betrieb derAnlage, zu dem auch ein geregeltes An- und Abfahren zählt, zu keinem Zeit-punkt verlassen. Ob eine Änderung dauerhaft oder nur provisorisch ist,spielt dabei keine Rolle. Ein Provisorium wird nach einer bestimmten Zeitzurückgebaut, ist aber ebenfalls eine Änderung (Abbildung 7). Damit kanndas MOC auch sinnvoll für die Planung und Durchführung präventiverInstandhaltungsmaßnahmen eingesetzt werden. Die bewährten Methodender Arbeits- und Anlagensicherheit werden so Bestandteil des Prozesses.

Abbildung 7: Management of Change – dersichere Änderungsprozess Sicherer Betriebszustand 1

mit Sicherheitskonzept 1

Umbau = Änderung

Rückbau = Änderung

Sicherer Betriebszustand 2 mit Sicherheitskonzept 2:

dauerhaft (beim Umbau) oder vorübergehend (bei Provisorien)

Management of Change (MOC)mit Gefährdungsermittlungund fachlicher Überprüfung

Die Planung und Durchführung von Störungsbeseitigung und

Instandhaltungsmaßnahmen sowie von Änderungen in Anlagen muss

sowohl den Soll-Zustand nach den Arbeiten berücksichtigen als auch

mögliche Gefährdungen, die vor, während und nach diesen Arbeiten zu

kritischen Situationen führen können.

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Instandhaltung & Änderungen | 2007 | 23

Der AnlagenänderungsscheinIm einfachsten Fall wird zur Durchführung von Änderungen ein Formblatt

(und eine Arbeitsanweisung für die Anwendung des Formblattes) verwen-det. Das Ganze ist eine Art Checkliste für den Informationsfluss um sicher-zustellen, dass alle wichtigen Punkte einer Änderung abgearbeitet wurden.Formblatt und Arbeitsanweisung müssen praxistauglich sein, damit sie imBetrieb als nützliche Instrumente erkannt und „gelebt“ werden.

Das Formblatt sollte folgende Eigenschaften aufweisen:

■ Die Themenfelder müssen an die Organisation des Unternehmensangepasst sein.

■ Es darf nicht überladen sein.

■ Es muss eine gewissenhafte und eindeutig nachvollziehbare Gefähr-dungsermittlung erlauben.

■ Alles, was darüber hinaus hilfreich ist, wird verwendet.

■ Es wird im Laufe der Nutzung weiterentwickelt und unterliegt somitselbst einem kontinuierlichen Verbesserungsprozess.

Dabei gibt es keine direkt verwendbaren Musterlösungen und auch kein„richtig“ oder „falsch“, sondern vielmehr „hilfreich“ oder „nutzlos“. DasSystem muss vom Unternehmen je nach Anforderungen angepasst werden.

Typische Themenfelder eines Anlagenänderungsblatts:

■ Formalien (Nummer der Änderung, Datum, Anlage, R&I-Blatt)

■ Beschreibung der Änderung (was, warum, Ziele)

■ Zusatzinformationen (Termine, Kosten)

■ Ablaufplan: Was hat in welcher Reihenfolge zu erfolgen: Planung, Vorbereitung, Durchführung,Abschluss. Dieser Ablaufplan sollte durch das Ausfüllen des Formblatts sichergestellt werden!

■ Zu aktualisierende Dokumente (R&I’s, Genehmigungen, Ex-Schutz-Dokumente, Betriebsanweisungen,Sicherheitsbetrachtungen)

■ Prüfungen vor Inbetriebnahme (PLT-Einrichtungen, Rohrleitungen, Druckbehälter, Übernahme- undAbfülleinrichtungen)

■ Genehmigungen, Freigaben (mit Unterschrift und Datum)

24 | 2007 | Instandhaltung & Änderungen

Management of Change

Instandhaltung & Änderungen | 2007 | 25

Management of Change

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Management of Change und Störungsbeseitigung

Das Management of Change kann nur bei bewussten Änderungen grei-fen, nicht jedoch bei unbewussten Änderungen im Rahmen der Störungsbe-seitigung. Bei einer Störung verlässt die Anlage aufgrund eines technischenDefekts oder eines Bedienungsfehlers den bestimmungsgemäßen Betrieb.Die Anlage wird durch Schutzeinrichtungen oder organisatorische Maßnah-men, gegebenenfalls durch eine Notabschaltung, in einem sicheren Zustandgehalten. Durch geeignete Maßnahmen der Störungsbehebung wirdanschließend der ursprüngliche Betriebszustand wieder hergestellt (Stö-rungsmanagement). Dabei müssen zu jedem Zeitpunkt für die jeweiligenMaßnahmen Gefährdungsanalysen vorliegen, und es dürfen keine unge-wollten oder unreflektierten Änderungen durchgeführt werden.

Ist diese Störungsbeseitigung mit der Wiederherstellung des ursprüng-lichen Zustands nicht möglich oder nicht erwünscht, z. B. weil man zur Ver-besserung der Verfügbarkeit eine Änderung durchführen möchte, so mussdie Anlage (oder Teilanlage) abgestellt und das Management of Change(einschließlich einer neuen Gefährdungsbeurteilung) durchlaufen werden(Abbildung 8).

Abbildung 8: Management of Change undStörungsmanagement

Sicherer Betriebszustandursprünglicher, bestimmungs-

gemäßer Betrieb

TechnischerDefekt

Große/nicht vorhersehbare Störung:

Abschaltung(automatisch oder

manuell)große Reparatur,

ggf. mit Änderungen Individueller MOC-Prozess

Kleine/vorhersehbare Störung:

Störungsmanagement auf Basis von:

a) vorab erstellten Anwei-sungen für vorhersehbareoder

b) einem „sicheren Prozess“für nicht vorhersehbare Störungen

Dazu gehören:- Sicherung der Anlage- Gefährdungsermittlung- Störungsbeseitigung

Vorsicht bei Notfallmaßnahmen!

(Auch hier keine unreflektierten Maßnahmen zulässig!)

Vorgedachter Weg ohne Ände-

rungen

Bedienungs-fehler

Störung

Instandhaltung & Änderungen | 2007 | 27

Notfallmaßnahmen wie der Einsatz der Feuerwehr dienen primär dazu,einen größeren Schaden abzuwenden und in der Regel nicht der Störungs-beseitigung. Auch für Notfallmaßnahmen sind Gefährdungen zu ermittelnund entsprechende Maßnahmen zu ergreifen.

Planung von Änderungen Vor Änderungen sind für die Zeit der Durchführung der Arbeiten und für

den geänderten, neuen Zustand stets Fragen zu klären wie:

■ Ist das Sicherheitskonzept oder die Genehmigungssituation der Anlagebetroffen?

■ Ist Arbeitssicherheit oder das Notfallmanagement betroffen?

■ Ist eine erneute brand-/explosionsschutztechnische Betrachtung not-wendig?

■ Ist die Versorgung mit Energien und Hilfsenergien anzupassen?

■ Gibt es Auswirkung auf die Produktqualität?

■ Gibt es Auswirkungen auf Nachbaranlagen?

■ Ist die Änderung dauerhaft oder zeitlich befristet?

Sicherheitsbetrachtungen können nur Szenarien berücksichtigen, die

im Vorfeld identifiziert wurden. Nachträgliche Anlagenänderungen können

zu unzulässigen Fehlzuständen führen, die durch bestehende Sicherheits-

konzepte möglicherweise nicht mehr beherrscht werden können. Hier kann

im Vorfeld ein Management of Change weiterhelfen.

»

«

Ein Sicherheitskonzept muss über die gesamte Lebensdauer einer

Anlage wirksam sein und gegebenenfalls für Änderungen, Instandhaltungs-

arbeiten und Stillsetzung bzw. Demontage fortgeschrieben werden.

»«

Management of Change

28 | 2007 | Instandhaltung & Änderungen

Die Planung von Änderungen umfasst immer die Schritte:

■ Beschreibung der beabsichtigten Änderung, je nach Umfang Durch-sprache in einem interdisziplinär besetzten Team.

■ Bewertung der sicherheitstechnischen Bedeutung sowie möglicher Ab-weichungen während der Durchführungsphase und im geänderten Zustand.

■ Festlegen angemessener Sicherheitsmaßnahmen für beide Zustände.

■ Freigabe der geplanten Änderung durch Verantwortlichen.

Das Festlegen angemessener Sicherheitsmaßnahmen für Änderungenjeglicher Art sollte, um stets vergleichbare Ergebnisse zu erzielen, prinzipiellnach einem vorgegebenen Ablauf erfolgen. Dieser kann sich weitgehend amProzess der Planung neuer Anlagen und Einrichtungen anlehnen. Je nachUmfang der Arbeiten, der Tiefe des Eingriffs und der möglichen Gefähr-dungen kann der Aufwand höher oder geringer sein. Jede Änderung wäh-rend der Errichtungsphase erfordert eine neue Gefährdungsermittlung.

Schritte bei der Planung neuer Anlagen/Einrichtungen:Machbarkeitsstudie

■ Grundsätzliche Eignung des Standorts (Lage, Umfeld, Nachbarschaft, externe Gefahren-abwehrorganisation)

■ Infrastruktur am Standort (interne Gefahrenabwehrorganisation, geeignetes Personal)

■ Örtliche Infrastruktur (Ver-/Entsorgungsmöglichkeiten, Verkehrsanbindung)

Vorplanung

■ Gefährlichkeitsmerkmale der Stoffe (Brennbarkeit, toxisches Potential, ätzende Eigen-schaften, Langzeitwirkungen) unter Berücksichtigung von (Lager-) Mengen und Prozess-parametern (Druck, Temperatur, Konzentration)

■ Anlagenkonzeption (Freianlage, geschlossenes Gebäude, Batch-/Konti-Anlage)

■ Lage im Werk (Platzbedarf, Standort im Werk / Produktionsbetrieb)

■ Nötige Infrastruktur (Ver-/Entsorgungseinrichtungen, Werkverkehr)

Instandhaltung & Änderungen | 2007 | 29

Grundlagenplanung

■ Ex-Schutzkonzept (Ex-Zonen, Zündquellenvermeidung, konstruktiver Ex-Schutz)

■ Brandschutzkonzept (baulicher, vorbeugender, abwehrender Brandschutz)

■ Konzept zum sicheren Stoffeinschluss (drucktragende Wandungen, betriebliche Öffnun-gen, Druckentlastungseinrichtungen, Trennung von Teilanlagen)

■ Aufstellungsplanung (Abstände und Zuordnung der Anlagenteile, Zugänglichkeit)

■ Arbeitsstättenplanung (Verkehrs-, Flucht- und Rettungswege, Raumgröße, Beleuchtung,Lüftungs- und Klimatechnik)

■ Gefährdungsbeurteilung (systematische Sicherheitsbetrachtungen, Ermittlung undBewertung von Gefährdungen und Belastungen)

■ PLT-Konzept (Betriebs-, Überwachungs-, Schutz-, Schadensbegrenzungseinrichtungen)

Detailplanung

■ Festlegung konkreter Sicherheitsmaßnahmen (funktionelle Anforderungen und konkreteAusführung einzelner technischer Sicherheitseinrichtungen)

■ Einteilung von Sonderbereichen (Ex-Zonen, Schutz- und Sicherheitsabstände, Lärmbe-reiche, Strahlenschutzbereiche)

■ Benutzerfreundlichkeit der Einrichtungen (Anordnung der Bedienelemente, Software-Ergonomie, Arbeitsabläufe, Wartungsfreundlichkeit)

■ Notfalleinrichtungen (Erste Hilfe-, Brandbekämpfungs-, Rettungseinrichtungen, Notbrausen)

■ Aktualisierung der Sicherheitsmaßnahmen (Überprüfen der Aktualität der Sicherheits-maßnahmen, Einarbeiten beschlossener Änderungen, Aktualisieren der Unterlagen)

Errichtung/Realisierung

■ Umsetzung der Detailplanung

Inbetriebnahme

■ Überprüfung der korrekten Errichtung/Realisierung

■ Funktionsprüfung insbesondere aller Sicherheitseinrichtungen

Management of Change

Für alle Arbeiten ergibt sich folgendes Ablaufschema, wobei die sicherheitstechnischeRelevanz einer Änderung den Einstiegspunkt in diesen Prozess bestimmt:

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Stufe 1: Die Maßnahme ist unter dem Blickwinkel der Anlagensicherheit unkritisch und kann ohne tiefergehende Betrachtung nach dem Stand der Technik realisiert werden. Beispiel: Austausch identischer Bauteile

Stufe 2: Die Änderung ist sicherheitstechnisch bedeutsam; zusätzlich zu Stufe 1 ist die Eignungder vorhandenen Sicherheitsmaßnahmen vor der Realisierung zu überprüfen. Beispiele:Austausch nicht-identischer Teile, kurzfristige Außerbetriebnahme von Schutzeinrichtun-gen

Stufe 3: Die Änderung ist sicherheitskritisch; vor der Realisierung ist zusätzlich zu Stufe 2 dieÄnderung einer systematischen Sicherheitsbetrachtung zu unterziehen und die Sicher-heitskonzepte sind auf Aktualität zu überprüfen. Beispiele: Änderung von Prozess-schritten, Verwendung von Provisorien

Stufe 4: Die Änderung erfordert, dass das bestehende, grundsätzliche Sicherheitskonzept neuerarbeitet werden muss. Beispiel: Änderung ganzer Teilanlagen

ÄnderungenNeuplanung

Sicherheitstechnische BewertungMachbarkeitsstudie

Stufe 4 Stufe 3 Stufe 2 Stufe 1

VorplanungGrundlagen-

planungDetail-

planungErrichtung

RealisierungInbetrieb-nahme

Produktion

Für große Vorhaben wird in den meisten Unternehmen ein Projektan-trag gestellt, bei dem nach internen Vorgaben Betrachtungen zu Sicher-heits-, Gesundheits- und Umweltschutzaspekten notwendig werden. Beikleineren Vorhaben hat es sich bewährt, die Bewertung der sicherheits-technischen Bedeutung und die Notwendigkeit für die zu treffendenMaßnahmen im Team vorzunehmen, beispielsweise mit Betriebsleiter,technischer Betriebsbetreuung und Sicherheitsexperten. Die für größereNeuprojekte üblichen Schritte der Machbarkeitsstudie und der Vorpla-nung können für Änderungen in bestehenden Anlagen in den meistenFällen entfallen. Selbst die Grundlagenplanung ist bei kleineren Änderun-gen meist nicht notwendig, so dass direkt mit der Detailplanung begon-nen werden kann.

Ein wesentlicher Baustein bei der Planung von Änderungen undInstandhaltungsmaßnahmen ist die Gefährdungsbeurteilung. Diese kannmit Hilfe von Checklisten, Fragekatalogen („was ist wenn …?“) oder ande-ren bewährten Verfahren durchgeführt werden [1]. In einigen Betriebengibt es Checklisten, mit deren Hilfe z. B. das Anlagenpersonal eigenver-antwortlich den Grad der Sicherheitsrelevanz bestimmt und bei sicher-heitstechnisch bedeutsamen Änderungen Experten zu Rate zieht.

Im Vordergrund der Gefährdungsbeurteilung steht die Frage, wie diegeplanten Arbeiten in das Sicherheitskonzept der Anlage eingreifen.Hierzu muss jede Tätigkeit bereits im Vorfeld mit bestehenden Gefähr-dungsanalysen und Sicherheitsbetrachtungen abgeglichen werden. Ent-scheidend ist, dass unabhängig vom gewählten Verfahren jeder Zeit-punkt beispielsweise einer größeren Abstellung erfasst und hinterfragtwird. Dabei ist immer ein besonderes Augenmerk auf die Schnittstellezwischen den von der Änderung/Abstellung betroffenen Bereichen undanderen, die normal produzieren, zu legen. Gerade an dieser Schnitt-stelle entstehen, wie durch die Beispiele gezeigt, häufig Fehler, die zuEreignissen und Unfällen führen können.

Instandhaltung & Änderungen | 2007 | 31

Management of Change

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Werden Teilbereiche einer Anlage während einer Abstellung weiter-

betrieben, so darf es während dieser Zeit zu keinen undefinierten Prozess-

zuständen der Gesamtanlage kommen!

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Außerbetriebnahme von Teilanlagen undGroßabstellungen

Großabstellungen und die Außerbetriebnahme von Teilanlagen nehmeneine Sonderstellung ein, weil sich daraus sicherheitstechnische Auswirkun-gen auf die Gesamtanlage ergeben können.

Bei solchen Abstellungen wird die Anlage in einen temporären, neuenZwischenzustand überführt, der nach Abschluss wieder in den ursprüng-lichen Zustand übergeht. Für Abstellungen, die in regelmäßigen Abständenerfolgen, lohnt es sich, diese einmal sicherheitstechnisch ausführlich zu pla-nen und die Ergebnisse als Grundlage für alle späteren Abstellungen z. B. inForm einer Arbeitsanweisung oder Checkliste zu dokumentieren und zu ver-wenden. Bei diesen Planungen sind insbesondere sich ändernde Randbe-dingungen zu berücksichtigen, beispielsweise jahreszeitlich bedingte Tem-peraturunterschiede.

Bei Abstellungen kommt dem Wechsel von der bestimmungsgemäßenProduktion in den Abstellzustand und vom Abstellzustand zurück in denProduktionszustand eine besondere Bedeutung zu, da diese häufig unter-schiedliche Sicherheitskonzepte erfordern. Die einzelnen Schritte müssenim Vorfeld detailliert geplant und sicherheitstechnisch analysiert werden.

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Freigabe geänderter AnlagenEine geänderte Anlage darf für die Wieder-Inbetriebnahme erst dann frei-

gegeben werden, wenn:

■ alle für die Inbetriebnahme des geänderten Anlageteiles erforderlichenDokumente zumindest als Roteintrag aktualisiert sind,

■ die erforderlichen Prüfungen vor Inbetriebnahme erfolgt sind, diebetroffenen Mitarbeiter über Auswirkungen und Maßnahmen in Bezugauf die Änderungen informiert sind,

■ ggf. erforderliche behördliche Genehmigungen vorliegen bzw. diesbe-zügliche Anzeigen erfolgt sind.

Zu den Dokumenten, die in Folge von Änderungen aktualisiert werdenmüssen, gehören beispielsweise:

■ Gefährdungs-/Risikobeurteilung bzw. Sicherheitsbericht (nach Seveso-II-Richtlinie), Explosionsschutzdokument,

■ Brandschutzpläne, Rettungswege- und Notfallpläne,

■ Medien-, Emissions- und Anlagenkataster,

■ Liste vorgeschriebener Prüfungen an Behältern und Einrichtungen,

■ Betriebsanweisungen/Arbeitsanweisungen/Prozesshandbuch,

■ Untergrundplan, Aufstellungsplan und R&I-Schemata,

■ Maschinen- und Apparateliste, Rohrleitungsliste, Isometrien,

■ Messstellenverzeichnis/Funktionspläne, Grenzwertliste der Alarme undSchaltungen,

■ Sicherheitsventil- und Steckscheibenliste,

■ Instandhaltungspläne, Schichtpläne, Anlagenrundgänge, Messwert-kontrollen.

Wichtig ist eine Überprüfung vor Ort und in den Dokumenten, ob diedurchgeführten Änderungen mit der ursprünglichen Planung übereinstim-men, welche Abweichungen existieren und die Festlegung, wie damit zu ver-fahren ist (Anpassung des Konzeptes oder Korrektur der Abweichungen).Vor der geplanten Inbetriebnahme sind gegebenenfalls auch Fachstellen,Nachbarbetriebe und Energieversorger zu informieren.

Aspekte der Arbeitssicherheit bei der Vorbereitung und Durchführung von Arbeiten

Neben dem Management of Change, das die Eingriffe in das Sicherheits-konzept der Anlage im Fokus hat, ist auch die sichere Durchführung derArbeiten selbst von großer Bedeutung. Vor Arbeiten an Anlagen und Einrich-tungen muss gut überlegt werden, welche Gefährdungen von der Anlage,von Arbeitsmitteln oder von Teilen davon während der Tätigkeit auftretenkönnen. Gefährdungen können sich ergeben durch:

■ Gefahrstoffe (giftige, ätzende, erstickende, brennbare, explosionsfähigeStoffe),

■ Scher-, Quetsch-, Stich- und Einzugsstellen,

■ unkontrolliert bewegte Teile bzw. unerwarteter Anlauf von Arbeitsmit-teln, die von Motoren angetrieben oder die durch freiwerdende poten-tielle Energie bewirkt werden (Schwerkraft, Federkraft, Druckspeicher)

■ elektrischen Strom,

■ heiße oder kalte Anlagenteile,

■ Arbeiten auf Leitern und Tritten.

Darüber hinaus tragen bei der Störungsbeseitigung noch weiterePunkte zur Erhöhung des Risikos bei:

■ Die Unvorhersehbarkeit des Zeitpunktes und der Randbedingungen derStörung führen dazu, dass die Arbeiten selten vorgeplant werden.Zusätzlich erschweren Komplexität und Vielfalt der Arbeiten die Aneig-nung von Erfahrung.

■ Eine unzureichende Kenntnis des tatsächlichen Systemzustandes oderder Störungsursachen schaffen unbekannte Randbedingungen. Häufigwerden Arbeiten begonnen, ohne die tatsächlichen Ursachen zu kennen.

■ Die Ungewissheit erfordert häufig eine Bewältigung ungeplanterZwischenfälle und führt zu einem flexiblen Umdenken und Handeln, indessen Folge manchmal die eigenen Fähigkeiten überschätzt und unge-eignete Werkzeuge verwendet werden.

■ Eine Unterschätzung des (zeitlichen) Aufwands führt oft dazu, dass dieAbsicherung des Objektes und des Arbeitsplatzes unterbleibt.

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Instandhaltung & Änderungen | 2007 | 35

■ Unterschiedliche Einsatzorte und Tätigkeiten, insbesondere von Fremd-firmen-Mitarbeitern, erschweren die Kenntnis der Risiken in den ver-schiedenen Umfeldern und führen dazu, dass manchmal ungeeigneteArbeitsverfahren zum Einsatz kommen.

■ Bei der Planung der Anlage bzw. der Maschine werden die Aspekte„Störungsbeseitigung“ und „Instandhaltung“ häufig unzureichendberücksichtigt. Dies führt zu erschwerten Arbeitsbedingungen bei diesen Tätigkeiten.

Dem risikoerhöhenden Faktor ‚Zeitdruck’ kann durch geplante Instand-haltung und durch Anwendung von Diagnose- und Prognoseverfahren ent-gegen gewirkt werden. Diese erleichtern das Auffinden der Ursachen undermöglichen so sichere Arbeitsbedingungen.

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Aspekte der Arbeitssicherheit bei der Vorbereitung und Durchführung von Arbeiten

Erforderliche Maßnahmen zur Vorbereitung und Durchführung von Arbeiten aus der Sicht des Arbeitsschutzes sind unter anderem:

Analyse der Ausgangssituation und Gefährdungsermittlung

■ Besichtigung des Objektes und Aufnahme des Ist-Zustandes

■ Festlegung des Soll-Zustandes und der erforderlichen Zwischenschritte

■ Gefährdungsermittlung für die durchzuführenden Arbeiten

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Aus verschiedenen Regelwerken ergeben sich einige grundlegende Anforderungen an dasSicherheitskonzept der Anlage:

■ Bereits bei der Planung der Anlagen und Geräte muss deren Instandhaltung bedachtwerden (Zugänglichkeit, Austauschbarkeit, Anbau-/Ausbaufähigkeit, Demontage)

■ Bereitstellung und Erhalt der personellen Ressourcen unter Berücksichtigung von Erfah-rung, Qualifikation und Systemkenntnis des Instandhaltungs- und Betriebspersonals

■ Bereitstellung geeigneter Arbeitsmittel in ausreichender Anzahl, Verfügbarkeit vonErsatzteilen

■ Weitergabe von Anweisungen und Kommunikation sowohl zwischen Betrieb undInstandhaltung als auch zwischen allen beteiligten Unternehmen

■ Gestaltung sicherer Arbeitsbedingungen, unabhängig von zeitlichen und finanziellenZwängen, durch gründliche Vorbereitung der Tätigkeiten einschließlich Gefährdungs-beurteilung bzw. Risikoanalyse

■ Auswertung und Nutzung bestehender Erfahrung zur Vorgabe sicherheitsgerechterArbeiten und fortlaufende Dokumentation neuer Erkenntnisse

Festlegen der notwendigen Arbeiten

■ Arbeitsschritte und jeweilige Sicherheitsmaßnahmen festlegen

■ Benötigte Teile und geeignetes Werkzeug bereitstellen

■ Aufträge schriftlich erteilen

Instandhaltung & Änderungen | 2007 | 37

Organisation des Personals

Geeignetes Personal auswählen und unterweisen:

■ Einsatz- bzw. Montageleiter

■ Interne und externe Spezialisten

■ Koordinator

■ Aufsichtsführender und gegebenenfalls Sicherungsposten

Arbeitsstelle sichern / Notfall-Vorsorge treffen

■ Anlage oder Arbeitsmittel in einen sicheren Zustand überführen

■ Instandhaltungsarbeiten und Produktionsbetrieb möglichst zeitlich oder räumlich trennen

■ Sichere Zugänge und Arbeitsstellen schaffen (Podeste, Arbeitsbühnen, Absturzsicherungen für Personen und Gegenstände)

■ Richtige persönliche Schutzausrüstung (PSA) bereitstellen

■ Arbeitserlaubnis einholen; Kontrolle der Sicherheitsmaßnahmen durch einen Vorgesetzten

■ Verständigung sicherstellen

Wichtig:

■ Erst beginnen, wenn die Arbeiten gefahrlos möglich sind

■ Arbeiten koordinieren und deren Fortschritt dokumentieren

■ Arbeiten nach Unterbrechungen nicht unabgesprochen fortsetzen

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Aspekte der Arbeitssicherheit bei der Vorbereitung und Durchführung von Arbeiten

Der ErlaubnisscheinUm Fehler bei der Durchführung von Arbeiten zu verhindern, bedient

man sich geeigneter Hilfsmittel. Ein wichtiges Beispiel zur systematischenErmittlung der möglichen Gefährdungen bei Arbeiten in komplexen Anlagenist das so genannte Erlaubnisscheinverfahren, bestehend aus einemArbeitserlaubnisschein, einer Arbeitsanweisung zu dessen Verwendung,der Festlegung von Verantwortlichkeiten und der Schulung beteiligter Mitar-beiter.

Der Arbeitserlaubnisschein enthält in Form einer Checkliste betriebstypi-sche Gefährdungen und Sicherheitsmaßnahmen für die Vorbereitung,Abwicklung und Dokumentation von Arbeiten und muss vor deren Beginndurch den Verantwortlichen abgeprüft werden. Das Original des Scheinsverbleibt bei dem Aussteller, der so eine Übersicht aller aktuell durchgeführ-ten Arbeiten hat. Eine Kopie des Scheins erhält der Ausführende, der diegenannten Vorgaben exakt einzuhalten hat. Nach Abschluss der Arbeiten istdie Kopie – gegebenenfalls mit Bemerkungen – dem Aussteller zurückzuge-ben. Nur dieser kann dann die Freigabe der Anlage erteilen.

Für bestimmte Arbeiten wie das Befahren von Behältern und engen Räu-men oder Heißarbeiten ist ein entsprechender Freigabeschein gesetzlichvorgeschrieben. Nur mit einem solchen Procedere kann die Sicherheit vonAnlage und Beschäftigten gewährleistet werden. Ein Beispiel für einenArbeitserlaubnisschein ist auf den folgenden Seiten abgebildet. Es ist zubeachten, dass die spezifischen Gefährdungen des jeweiligen Arbeitsplat-zes und der ausgeführten Tätigkeiten berücksichtigt werden müssen. Ausdiesem Grund gibt es in verschiedenen Unternehmen beispielsweise unter-schiedliche Arbeitserlaubnisscheine für bestimmte Tätigkeiten.

Instandhaltung & Änderungen | 2007 | 39

ArbeitserlaubnisscheinGültigkeitsbereich

Tätigkeit:� Befahren eines Behälters/

einer Grube � Heißarbeiten � Bau-/Abrissarbeiten� Sonstiges: ..........................

Arbeitsbeschreibung:

...........................................................................................

...........................................................................................

Ort:Betrieb: ......... Gebäude: ........ X Einweisung vor Ort erforderlichMeister: ................ Tel.: .........� Koordinator erforderlich Koordinator: ......... Tel.: .........

Ausführung durch: � Betriebspersonal � Schlosserei� Fremdfirma: ...................................................................Aufsichtführender: .............................................................. � Unterweisung erfolgt am: ............ durch: ......................Unterschrift Fremdfirma: ....................................................

Zeitraum:am: ......................................... von: .......... Uhr bis .......... Uhr

Unterschriften:Freigabe der Arbeitstätigkeit: .............................................Freigabe durch Betrieb: .....................................................Freigabe durch Koordinator: ..............................................

Verlängert:am: ................................... von: .......... Uhr bis .......... Uhr

Unterschriften:Freigabe durch Betrieb: .....................................................Freigabe durch Koordinator: ..............................................

Arbeitsvorbereitung (ankreuzen wenn erforderlich, Unterschrift wenn durchgeführt)

Mechanische Antriebe � ja � nein� abschalten Unterschrift: ________� sichern mittels: ....................................... Unterschrift: ________

Gefahrstoffe vorhanden � ja � nein letzter Stoff: ...............................................

giftig ätzend reizend brennbar brandfördernd

� entleeren� reinigen und spülen mit ........................... Unterschrift: __________

Heizung/Kühlung vorhanden � ja � nein� abschalten Unterschrift: ________� sichern Unterschrift: ________

Belüftung erforderlich � ja � neinDauer:............... Art: .................................. Unterschrift: __________

Elektroinstallationen vorhand. � ja � nein� frei schalten � sichern Unterschrift: ________Strahlenquellen vorhanden � ja � nein� abschalten� sichern Unterschrift: ________

Messungen erforderlich � ja � neinStoff: ................. Methode: ......................... Freimessung: ..... % Luftsauerstoff / ..... % UEGMaßnahmen bei Arbeit erforderlich � nein � ja (� Seite 2) Unterschrift: __________ Absperrung erforderlich � ja � nein

� Zugangs- sperrung Unterschrift: ________� Gleissperrung Unterschrift: ________� ...................... Unterschrift: ________

Druckgeräte vorhanden � ja � nein� entspannen Unterschrift: ....................� gegen Drucksystem trennen durch

� Steckscheibe � abflanschen� ................. Unterschrift: __________

� sicher drucklos Unterschrift: __________Rettungsmöglichkeiten erford. � ja � nein� Rettungsgeschirr System: ...................................................� PSA für Absturz, Anschlagpunkt: .................................................................

Brandschutz erforderlich � ja � nein� Abdecken Brandgut und Öffnungen

in ... m Umkreis Unterschrift: ________� Feuerwehr informieren Unterschrift: ________� Feuerlöscher bereitstellen Art: ..... Anzahl: ... Unterschrift: ________� Brandmeldeanlage abstellen von: .... bis: .... Uhr Unterschrift: ________

Sonstige Maßnahmen erforderlich � nein� ja (z. B. Prüfung auf Energie- oder Produktleitungen, sonstige Gefährdungen)................................................................................................................................................

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Maßnahmen während der Arbeit (ankreuzen wenn erforderlich)

Produktreste möglich � ja � nein� Staubfilter� Filtermaske Typ .......................... � Umluft unabhängiges Atemschutzgerät � Tragezeitbegrenzung .................. � Fluchtfilter mitführen � .....................................................

Persönliche Schutzausrüstung� Schutzbrille � Korbbrille� Gesichtsschutzschirm� Schutzhandschuhe aus ...........................� Gummischürze � Gummistiefel� Schutzanzug aus .....................................� ..................................................................

Ex-Atmosphäre möglich � ja � nein� Belüftung sicherstellen � Messungen auf ............................ Prüfintervall: ................................

Brandgefahr vorhanden � ja � nein� Brandwache stellen von � Betrieb � Fremdfirma� ...................................................................

� Beobachter erforderlich, gestellt von � Betrieb � Fremdfirma� Sicherungsposten erforderlich gestellt von � Betrieb � FremdfirmaSonstige Maßnahmen erforderlich � nein� ja (z. B. Besondere Anforderungen an Werkstoffe)..................................................................................................................................................NOTRUF FEUERWEHR: ........... NOTRUF AMBULANZ: ........... NOTRUF BETRIEBSLEITUNG: ...........

Freigabe nach der Arbeit (ankreuzen wenn erforderlich, Unterschrift wenn durchgeführt)

Arbeitsmittel / Werkzeug entfernen X ja Unterschrift: ___________Isolierung anbringen � ja � nein Unterschrift: ___________

Absperrung entfernen � ja � nein� Gleissperrung Unterschrift: __________ � ........................ Unterschrift: __________

Mechanische Antriebe � ja � nein� Sicherung aufheben und einschalten � Datum Unterschrift: ___________

Strahlensachverständiger � ja � nein� Sicherung aufheben und einschalten Datum: ............... Unterschrift: __________ Elektroabteilung � ja � nein� Sicherung aufheben und einschalten � ....................................................................Datum: ............... Unterschrift: __________

� Brandmeldeanlage aktivieren ........ Uhr Unterschrift: ___________Brandwache erforderlich � ja � neinvon ...... Uhr bis ...... Uhr durch ...................� Feuerwehr/Pförtner informieren Unterschrift: ___________

Druckanlage prüfen � ja � nein� auf Dichtheit prüfen ................................... � ...................................................................Datum: ............... Unterschrift: __________

Sonstige Maßnahmen erforderlich � nein� ja (z. B. Besondere Anforderungen an Reinigungsmittel und Trocknung)..................................................................................................................................................Anlage übergeben von Fremdfirma: Datum: .................. Unterschrift: __________ Bemerkungen: ..........................................................................................................................

Arbeiten abgenommen durch Meister: Datum: .................. Unterschrift: __________ Bemerkungen: ..........................................................................................................................

Fertigmeldung durch Koordinator: Datum: .................. Unterschrift: __________ Bemerkungen: ..........................................................................................................................

Anlage freigegeben durch Datum: .................. Unterschrift: __________ Bemerkungen: ..........................................................................................................................

Instandhaltung & Änderungen | 2007 | 41

Aspekte der Arbeitssicherheit bei der Vorbereitung und Durchführung von Arbeiten

Ein Beispiel für sicheres Abschalten: der Sicherheitsschalter

Bei Arbeiten im Sonderbetrieb (Reinigen, Rüsten/Umrüsten, Einrich-ten/Einstellen, Fehler suchen und beheben) ereignen sich immer wiederUnfälle, weil aufgrund menschlichen Fehlverhaltens oder technischer Stö-rungen Maschinen oder Anlagen ungewollt in Bewegung gesetzt odergespeicherte Energien plötzlich freigesetzt werden. Immer wieder werdenauch erfahrene Mitarbeiter durch den unerwarteten, automatischen Anlaufeiner Anlage oder eines Arbeitsmittels überrascht und verletzt [4].

Bei Arbeiten im Sonderbetrieb müssen die gefahrbringenden Energienabgeschaltet und gespeicherte Energien abgebaut oder gesichert werden.Sofern die Steuerung für diese Tätigkeiten unter Spannung bleiben muss,kann der Hauptschalter (Anlageschalter) nur begrenzt als Sicherheitsschal-ter verwendet werden. In diesen Fällen kann ein zusätzlicher Sicherheits-schalter mehr Sicherheit bringen. Dieser wird erst betätigt, wenn eineAnlage oder ein Anlagenteil abgeschaltet ist und verhindert ein unerwarte-tes Wiedereinschalten [5].

Der Sicherheitsschalter unterbricht die Energiezufuhr zu den gefahrbrin-genden Einrichtungen wie Rührorgane in Behältern oder Antriebswellen vonFördereinrichtungen und verhindert, dass diese ungewollt oder unbefugt inGang gesetzt werden können. Damit kann das Instandhaltungs- oder Reini-gungspersonal gefahrlos arbeiten. Gegebenenfalls sollte in der Nähe jederFunktionseinheit ein Sicherheitsschalter installiert werden, damit nicht ananderer Stelle aufwändig die Energieversorgung unterbrochen werdenmuss.

Das grundlegende Konzept des Sicherheitsschalters kann auch auf alleanderen abzusichernden Hilfsenergien (z. B. Dampf, Druckluft und Inertgas)übertragen werden, indem entsprechende Ventilstellungen mit einem Ver-schluss gesichert werden.

42 | 2007 | Instandhaltung & Änderungen

Aspekte der Arbeitssicherheit bei der Vorbereitung und Durchführung von Arbeiten

Einrichten und AnfahrenSinnvoll für Einrichten und Anfahren ist ein in jeder Stellung abschließ-

barer Betriebsartenwahlschalter zur gezielten Außerkraftsetzung von Teil-funktionen. Im Einrichtmodus müssen dabei folgende Schutzfunktionengelten:

■ Die Automatiksteuerung und Maschinenbewegungen, die durch Sensoren ausgelöst werden, sind gesperrt.

■ Es sind nur Bewegungen möglich, wenn die Befehlseinrichtungen kontinuierlich betätigt werden (Befehlseinrichtungen mit selbsttätigerRückstellung, „Totmannschaltung“ oder Zustimmeinrichtung).

■ Gefährliche Bewegungen von Teilen sind nur mit zusätzlichen Sicher-heitsbedingungen möglich (z. B. reduzierte Geschwindigkeit, reduzierteLeistung, Schrittbetrieb oder sonstige geeignete Vorkehrungen).

■ Gefährdungen, die sich aus Befehlsverkettungen ergeben, werden ausgeschaltet.

Sofern durch den Wiederanlauf eine Gefährdung entstehen könnte,muss bei einem Energieausfall der spontane Anlauf einer Maschine nachWiederkehr der Energie verhindert werden. Auch bei dem Ausführen vonStopp-Befehlen oder dem Ansprechen von Schutzeinrichtungen muss einesolche Wiederanlaufsperre (z. B. selbsthaltendes Relais, Schütz oder Ventil)wirksam werden. Das Anlaufen von Maschinenfunktionen darf danach nurdurch Betätigung einer Start-Taste erfolgen. Nach Stillsetzen durch den Not-Aus-Taster darf der Start nur nach Entriegelung des Not-Aus-Tasters unddurch Betätigung der Start-Taste erfolgen.

Instandhaltung & Änderungen | 2007 | 43

Maßnahmen zum Abschluss der ArbeitenNach Beendigung und Kontrolle der ausgeführten Arbeiten ist die Anlage

in sicherem, funktionsfähigem Zustand dem Betreiber zu übergeben. Dieausgeführten Arbeiten, die verwendeten Ersatzteile und ungelöste Pro-bleme sind entsprechend zu melden und zu dokumentieren. Dass dies nichtimmer reibungslos funktioniert, zeigen zahlreiche Beispiele, bei denen zwardie Arbeiten unfallfrei durchgeführt wurden, sich aber in unmittelbarer Folgedieser Arbeiten Betriebsstörungen ereigneten.

Erforderliche Maßnahmen zum Abschluss von Arbeiten sind:

■ Ordnung schaffen, Verunreinigungen beseitigen, Abfälle entsorgen

■ Tiefpunkte entleeren, Tauchungen wieder befüllen

■ Entleerungs-/Entlüftungsarmaturen wieder schließen und sichern

■ Schutzeinrichtungen für den Normalbetrieb wieder anbringen/in Betrieb nehmen

■ Rücknahme der für die Arbeiten erforderlichen Sicherungsmaßnahmen, Absperrungen und Beschilderungen

■ Betrieb über Zustand und ggfs. Veränderungen informieren

Zum Abschluss der Arbeiten gehören auch:

■ Kontrolle des ordnungsgemäßen Zustands der Anlage

■ Funktionstests der (Sicherheits-) Einrichtungen

■ Freigabe der Anlage zur Wiederinbetriebnahme durch den Betrieb

Wichtig:

■ Bei Verwendung von Reinigungsmitteln chemische Verträglichkeit mit Werkstoffen undProdukten berücksichtigen, Witterungseinflüsse beachten

■ Absperrungen nicht vor Abschluss der Arbeiten und nicht unbefugt entfernen

■ Anlage erst nach Freigabe in Betrieb nehmen

Für die Sicherheit der Anlage sind alle Beteiligten verantwortlich – sowohl Instandhaltungsfachkräfte als auch die Mitarbeiter des Betriebs.

44 | 2007 | Instandhaltung & Änderungen

Aspekte der Arbeitssicherheit bei der Vorbereitung und Durchführung von Arbeiten

Bedeutung der SicherheitskulturEntscheidend für die Sicherheitsarbeit ist die im Unternehmen vorhan-

dene Sicherheitskultur. Der hohe Stellenwert der Sicherheit, der nicht zuGunsten wirtschaftlicher Gesichtspunkte vernachlässigt werden darf, mussden Mitarbeitern klar kommuniziert werden. Daraus resultiert die Erforder-nis einer Balance zwischen eigenverantwortlichem Handeln und Sicher-heitsgrundsätzen. Den Vorgesetzten kommt dabei mit Unterweisung undFührung eine wichtige Rolle zu.

In jüngerer Zeit häufen sich Veröffentlichungen, die verschiedene Strate-gien für die Instandhaltung von Anlagen und Maschinen aufzeigen. Meiststeht hierbei der ökonomische Aspekt im Vordergrund. Nicht zu vergessenist bei der Instandhaltung allerdings der Faktor Mensch. Unter diesemGesichtspunkt steht zum einen die Frage nach der Motivation des Men-schen, eine Maschine oder Anlage auch dann zu pflegen und auf eventuelleAbnutzung zu überprüfen, wenn diese noch scheinbar anstandslos läuft.Eine weitere Frage gilt Bedingungen, unter denen der Mensch bereit ist, sichwährend des Instandhaltens sicherheitsgerecht zu verhalten.

Menschen handeln eher schlau als klug.» «

Instandhaltung & Änderungen | 2007 | 45

Optimismus statt Prävention

Im Alltag denken und handeln wir hauptsächlich gegenwartsbezogenund optimistisch: So lange eine Anlage, ein technisches Gerät oder eine Vor-gehensweise funktioniert, machen wir uns weiter nicht viele Gedanken undrechnen damit, dass es auch in absehbarer Zukunft so bleibt. Das Bedürfnis,Energie in präventive Instandhaltung zu stecken, ist gering. Es sei denn, wirsind uns des Risikos bewusst und schätzen dieses als sehr hoch ein. Sonstaber glauben wir eigentlich nicht daran, dass uns ein Unfall zustoßenkönnte. Sollte wider Erwarten doch etwas geschehen, wird es sowieso dieandern treffen, da wir selber ja aufpassen! So denken die meisten – undhaben demzufolge kaum ein inneres Bedürfnis nach Prävention.

Ein fehlendes Bedürfnis nach (Arbeits-) Sicherheit im Allgemeinen undnach präventiver Instandhaltung im Besonderen könnte eigentlich durchErfahrung kompensiert werden: Wie in dieser Broschüre aufgezeigt, gibt esnachweislich gravierende Unfälle, welche durch präventive Instandhaltungund sicherheitsgerechtes Arbeiten hätten verhindert werden können. Leiderfunktioniert unsere Erfahrung – sozusagen aus statistischen Gründen –gerade anders herum: Verglichen mit der großen Anzahl sicherheitswidrigerHandlungen und Zustände geschehen sehr wenige Unfälle. Wir lernendadurch, dass sicherheitswidriges Verhalten mehrheitlich keine negativenFolgen hat und unterschätzen deshalb die Risiken. Wir unterlassen also bei-spielsweise die präventive Instandhaltung, und alles läuft wie erwartet amSchnürchen, möglicherweise jahrelang. Diese Erfahrung macht uns gewis-sermaßen leichtsinnig: Wir glauben nicht mehr, dass wirklich ein Unfallgeschehen kann. Hinzu kommt, dass wir unsere Fähigkeiten eher über-schätzen: Wenn es wider Erwarten brenzlig wird, glauben wir, noch kurzfri-stig reagieren zu können. Meistens ist aber der kippende Stapel, die heißeBrühe oder die Explosion schneller!

Viele Menschen unterschätzen Gefahren und überschätzen ihre Fähig-keiten. Sie glauben, dass sie richtig handeln und die Anforderungen der Prä-vention einfach übertrieben sind. Dieser Aspekt muss berücksichtigt wer-den, wenn Motivationsbotschaften so formuliert und umgesetzt werden sol-len, dass sie sicherheitsgerechtes Verhalten wirklich fordern und fördern.

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Verhalten bei Instandhaltungsarbeiten als Ergebnis einer Risiko-Entscheidung

Unser Handeln wird im Allgemeinen von Bedürfnissen gesteuert. Ange-sichts von Handlungsalternativen machen wir laufend Kosten-Nutzen-Rech-nungen: Welche Handlung bringt mir am meisten Bedürfnisbefriedigung beigeringstem Aufwand? Die Erfolg versprechendste Variante wird dann ausge-führt. Wird meine Annahme bestätigt und mein Bedürfnis befriedigt, handleich auf die gleiche Art, sobald sich das Bedürfnis erneut einstellt. Wurdemein Bedürfnis nicht befriedigt, probiere ich das nächste Mal ein anderesVerhalten aus.

Auf welche Weise eine Entscheidung zu Stande kommt, illustriert dasBeispiel „Störungsbehebung bei nicht sicher ausgeschalteter Anlage“. DerMitarbeiter hat grundsätzlich zwei Handlungsmöglichkeiten:

Aspekte der Arbeitssicherheit bei der Vorbereitung und Durchführung von Arbeiten

Sicherheitsgerecht: Er schaltet die Anlage vorschriftsmäßig ab und behebt die Störung.

■ Vorteil: Er handelt vorschriftsgemäß, und es ist nicht gefährlich.

■ Nachteil: Es dauert länger, ist wahrscheinlich umständlicher und ist mit einem Produktionsausfall verbunden.

Sicherheitswidrig: Er greift in die laufende Maschine ein und behebt die Störung.

■ Vorteil: Es geht schneller und ohne ärgerlichen Produktionsausfall.

■ Nachteil: Er verstößt gegen die Vorschrift, und es ist gefährlich.

Instandhaltung & Änderungen | 2007 | 47

Nun macht der Mitarbeiter eine Reihe von Kosten-Nutzen-Überlegungen,indem er die Eintrittswahrscheinlichkeiten folgender Ereignisse abschätzt:

1. Wie wahrscheinlich ist es, dass ich mich verletze, wenn ich in dieMaschine eingreife?

Mögliche Einschätzung: Ich kenne die Maschine und passe gut auf. Die Wahrscheinlichkeit erachte ich als sehr gering.

2. Wie wahrscheinlich ist es, dass mein Chef mich bei dem sicherheitswid-rigen Verhalten erwischt?

Mögliche Einschätzung: Mein Chef ist oft in Sitzungen und hat auchsonst viel Büroarbeit, so dass für Kontrolle wenig Zeit bleibt.

3. Wie wahrscheinlich sind Sanktionen, falls mein sicherheitswidriges Ver-halten doch an den Tag kommt?

Mögliche Einschätzung: Eigentlich muss die Firma ja dankbar sein, dasses keinen Produktionsausfall gibt.

4. Wie wahrscheinlich ist es, dass der Produktionsausfall bemerkt wird,wenn ich die Anlage abstelle?

Mögliche Einschätzung: Der wird ganz sicher bemerkt!

Der Mitarbeiter trifft seine Entscheidung zwischen den Handlungsmög-lichkeiten "sicherheitsgerecht" oder "sicherheitswidrig" meist sehr schnell.Der Entscheidungsprozess wird in der Regel sogar unbewusst ablaufen. Aufgezielte Nachfrage wird der Mitarbeiter aber Kosten-Nutzen-Überlegungenals Begründung für sein Handeln nennen können.

Der Mitarbeiter entscheidet sich anhand seiner Einschätzungen für jeneVorgehensweise, die ihm am wenigsten Nachteile und am meisten Vorteilezu bringen scheint. Welche das ist, hängt ab von seinem Wissen und derSicherheitskultur, die im Unternehmen herrscht. Schätzt er die Lage so ein,wie beispielhaft genannt wurde, wird er mit großer Wahrscheinlichkeitsicherheitswidrig arbeiten. Um diesen Entscheidungsprozess in Richtung„sicheres Verhalten“ zu verändern, muss der Betrieb Maßnahmen ergreifen,damit sich die eingeschätzten Wahrscheinlichkeiten ändern. Die Eingriffs-möglichkeiten zur Verbesserung der Sicherheitskultur liegen dabei einer-

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Aspekte der Arbeitssicherheit bei der Vorbereitung und Durchführung von Arbeiten

seits bei der Kontrolldichte und der Sanktionierung sicherheitswidrigen Ver-haltens. Wichtig ist auch die Unterstützung des Mitarbeiters durch die Sen-sibilisierung für Gefahrenwahrnehmung und die Tolerierung von Produk-tionsausfällen. Wissen, wollen, können und dürfen sind hierbei entspre-chende Schlagworte (Abbildung 9).

Abbildung 9:Psychologische Aspekte beimArbeitsschutz

Arbeitssituation

Technik

wissen wollen

motiviereninformieren einüben

unterweisen trainieren

erlauben

dürfenkönnen

Person Organisation

Für den Vorgesetzten ergeben sich hieraus folgende Aufgaben:

Ergänzung der Information und Instruktion: Es reicht nicht, den Mitarbei-tern zu sagen, was gefährlich ist. Wir müssen ihre möglichen Fehleinschät-zungen aufzeigen und erklären, wie diese zustande kommen. Wir müssenden Mitarbeitern sagen, dass wir verstehen können, wenn ihnen die Sicher-heitsmaßnahmen übertrieben erscheinen, dass diese aber notwendig undvom Unternehmen gefordert sind. Wir müssen ihnen auch erklären, dass esNachteile für sie hat, wenn es das eine Mal gerade sie trifft. Und es kann sietreffen, auch wenn sie das kaum glauben! Die Mitarbeiter müssen wissen,warum welche Regeln bei der Arbeit gelten. Sie müssen diese nachvollzie-hen und einsehen können. Sie müssen erkennen, dass ihre Gefahrenein-schätzungen häufig ungenügend sind. Hier helfen Beispiele von Menschen,welche in vergleichbaren Situationen die Gefahr auch falsch einschätztenund Verletzungen oder bleibende Schäden davontrugen.

■ Vorbildliches Verhalten zeigen

■ Gute Sicherheitsleistung der Mitarbeiter anerkennen

■ Kritik üben

■ Mitarbeiter in Entscheidungen einbeziehen

■ Wettbewerb stimulieren, Ziele setzen

■ Unfallmechanismen demonstrieren, Konsequenzen darstellen

■ Erleichterungen schaffen (technisch, organisatorisch)

Instandhaltung & Änderungen | 2007 | 49

Gute Planung und Festlegung der Verantwortlichkeiten: Da es schwierigist, alle Eventualitäten im Vornherein zu kalkulieren, braucht es Profis, diemit Hilfsmitteln wie Checklisten und Ablaufplänen die Grundlagen für einesichere Arbeit schaffen. Dies beugt auch dem weit verbreiteten Improvisie-ren vor. Dieses liegt dem Menschen im Blut, da er sich mit der Lern-Methode„Versuch und Irrtum“ viel innovatives Wissen und technisches Know-howaufgebaut hat.

Strikte Führung: Regelwidriges Verhalten darf nicht toleriert werden!Gute Führungskräfte verhalten sich jederzeit vorbildlich und unterstützendas gewünschte Verhalten der Mitarbeiter mit Lob und Anerkennung. Dasbedingt eine regelmässige Kontrolle der Arbeit.

Zeitgeist kalkulieren: Angesichts der rasanten technologischen Entwick-lung wird werterhaltende Instandhaltung von Anlagen zum Teil obsolet, dasie ja eh schon bald wieder durch neue ersetzt werden. Hier muss das Unter-nehmen darauf achten, dass es nicht falsche Signale aussendet. Auch beirelativ kurzen Einsatzzeiten ist präventive Instandhaltung sicherheitstech-nisch sinnvoll.

Zurückfragen: Es ist wichtig, die Mitarbeiter immer wieder einzubezie-hen, insbesondere bei der Planung von Instandhaltung. Wenn sie sichanders verhalten als wir es wünschen, lautet die erste Frage immer: „Warummacht ihr das so?“ Ist die Antwort eine Ausrede, müssen wir diese sachlichwiderlegen. Ist das Gegenargument stichhaltig, müssen wir das Problemlösen!

Abbildung 10: Richtiges Motivieren alsSchlüsselqualifikation

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Ereignisberichte

Fall 1Mangelhafte Vorbereitung

Fall 2Gespülte Pumpeunter Druck

In einem Industriebetrieb wurden bei Erdarbeiten die Kabel der Strom-versorgung beschädigt. Dadurch kam es zu einem Kurzschluss und zueinem größeren Stromausfall.

In einem anderen Fall wurde durch einen Bagger eine unterirdische Erd-gasleitung beschädigt. Das ausströmende Gas führte zu einer Explosion.

Eine Kreislaufpumpe, die in einer Raffinerie heißes Produkt förderte, wardefekt und musste repariert werden. Die Pumpe wurde abgestellt, diedruck- und saugseitigen Ventile geschlossen und der Zwischenraumgespült.

Bei der späteren Demontage des Pumpendeckels wurden die Reparatur-schlosser mit einem Schwall heißen Produkts übergossen. In einem der Ven-tile hatte sich verharztes Produkt abgelagert, so dass es nicht vollständigschließen konnte. So gelangte nach dem Entleeren und Spülen der Pumpewieder heißes Produkt unter Überdruck in den Pumpenraum [Quelle: 9].

■ Auch Einrichtungen außerhalb der eigentlichen Anlagen (hier: Stromkabel bzw. Gasleitung im Boden) können hohe sicherheitstechnische Bedeutung haben

■ Speziell bei Aushubarbeiten ist ein sorgfältiges Vorbereiten unerlässlich

■ Unzureichende Gefährdungsbeurteilung vor Beginn der Arbeiten

■ Nicht-Berücksichtigung der zeitlichen Entkoppelung von Vorbereitung und Durchführung

■ Der Erfolg vorbereitender Sicherungsmaßnahmen (hier: drucklos machen und reinigen)muss unmittelbar vor Arbeitsbeginn überprüft werden

■ Beim Öffnen von Anlagenteilen, die vorher im Betrieb waren, ist immer mit der Freisetzung von Produktresten zu rechnen

■ Für die Trennung von unter Druck stehenden Teilen gegen die Atmosphäre ist ein einzelnes Ventil nicht ausreichend, speziell wenn seine Dichtheit nicht zweifelsfrei feststeht

Instandhaltung & Änderungen | 2007 | 51

Fall 4Öffnen einer heißen anlage

Auf einer Rohrbrücke sollten Schweißarbeiten durchgeführt werden. Dader einweisende Meister nicht schwindelfrei war, erfolgte die Einweisungvom Boden aus. Der ausführende Mitarbeiter verwechselte die Rohrleitung,es kam zum Produktaustritt mit Verätzung des Mitarbeiters.

■ Die Einweisung sollte immer vor Ort erfolgen

An einem Trockner für Kunststoff-Pellets war eine Gummimanschetteundicht geworden und musste ausgewechselt werden. Hierzu gab es eineArbeitsanweisung, dass der Trockner vor dem Öffnen zunächst mit Stickstoffgespült werden müsse, bis die Temperatur im Innenraum von 180 °C auf 50 °C gefallen war.

Beim Öffnen des Apparates zu Beginn der Reparaturarbeiten entzünde-ten sich plötzlich Produktreste am Boden des Trockners, und es kam zueiner Explosion. Wie aus den Aufzeichungen hervorging, wurde bereits beieiner Temperatur von 125 °C der Stickstoff abgestellt und der Trockner geöff-net.

■ Gut gemeintes Vorziehen von Arbeiten entgegen der Arbeitsanweisung

■ Erst mit der Arbeit beginnen, wenn die geforderten Prozessparameter eingehalten sind

Fall 3Fehlerhafte Einweisung

52 | 2007 | Instandhaltung & Änderungen

Ereignisberichte

In einer kleinen Brauerei wurde aufgrund eines Defekts an der Schrot-mühle ein Teil des Malzes nicht richtig geschrotet. Als dies festgestelltwurde, richtete man die ganze Konzentration auf die Erhaltung der Bierqua-lität. Die Hektik führte dazu, dass am Abend der Stecker des Rührwerkmo-tors der Sudpfanne nicht gezogen wurde. Am folgenden Tag begann derSohn des Unternehmers mit der Reinigung der Sudpfanne. Er schaltete dieWasserpumpe ein und kletterte in den Kessel.

Als er die Reinigung beendet hatte, bat er seine Mutter, die Wasser-pumpe auszuschalten. Er wollte sich dadurch das Hinaus- und Hineinklet-tern in die Sudpfanne ersparen. Da Pumpen- und Rührwerkschalter inunmittelbarer Nähe zueinander installiert waren, verwechselte die Mutterdie Schaltknöpfe und setzte das Rührwerk in Gang. Normalerweise konntedas Rührwerk in der Sudpfanne nicht anlaufen, da es vom Netz getrenntwar. Jetzt wirkte sich das Versäumnis vom Vortag aus. Der Versicherte zogsich schwere Quetschverletzungen am rechten Zeigefinger zu; der Fingermusste amputiert werden.

■ Sichere Trennung gefahrbringender Energien war nicht gegeben

■ Vor jedem Arbeitsbeginn an/in Einrichtungen ist die sichere Trennung gefahrbringender Energien zu überprüfen

■ Bei nebeneinander angeordneten Schaltern ist immer mit Verwechslungen zu rechnen.Dem kann durch entsprechend auffällige Kennzeichnung vorgebeugt werden

Fall 5Verwechseln von Schaltern

Instandhaltung & Änderungen | 2007 | 53

In einem Kraftfutterwerk stellte der Anlagenführer eine Störung an einemMischer fest. Der Schichtführer wurde daraufhin zur Störungsbeseitigungan den Mischer gerufen, zusätzlich wurde der Betriebsleiter informiert. DerAnlagenführer schaltete den Hauptschalter am Mischer ab, danach prüfteder Schichtführer den geöffneten Mischer.

Zu diesem Zeitpunkt kam der Betriebsleiter zum Mischer und befürch-tete, dass der Hauptschalter nicht ausgeschaltet war und der Mischer nurdurch Betätigung des Endschalters stünde. Die Farbkodierung am Haupt-schalter führte beim Betriebsleiter zu einer Verwechslung. Er war der Mei-nung, die grüne Unterlegung des Stellteiles entspräche der Betriebs-stellung, entsprechend der Farbkennzeichnung einer Verkehrsampel. AmHauptschalter ist aber der sichere Zustand, also die „Stellung 0“ grün unter-legt.

Er schaltete vermeintlich den Hauptschalter ab, der Mischer lief an. Derlinke Daumen des Schichtführers wurde zwischen Mischergehäuse undMischwerkzeug abgeschert.

Fall 6Irrtümliches Einschalten einesRührers

■ Der Hauptschalter war nicht gegen Wiedereinschalten gesichert, zum Beispiel mittelsVorhängeschloss

■ Die gefahrbringende Bewegung, d.h. das Anlaufen der Mischerblätter, wurde durch das Betätigen des Hauptschalters ausgelöst. Ein zusätzliches Stellglied war nicht vorhanden

■ Die Bedienung von Einrichtungen darf nur durch dafür ausgebildetes Personal nachAbsprache mit allen Beteiligten erfolgen

■ Beschriftung und Kennzeichnungen, speziell von Sicherheitseinrichtungen müssen verwechslungssicher sein

■ Gefahrbringende Energien müssen gegen Wiedereinschalten gesichert sein

54 | 2007 | Instandhaltung & Änderungen

Ereignisberichte

In einem Autoklaven wurde eine Nitro-Verbindung mit Wasserstoff zueiner Anilin-Verbindung umgesetzt. Es war bekannt, dass sich die Aus-gangsverbindung in Anwesenheit von Buntmetallen in einer exothermenReaktion zersetzen konnte, weshalb der Autoklav ganz aus Edelstahl gefer-tigt war. Nach einigen Wochen fehlerfreien Betriebs hatte das Thermoele-ment einen Defekt. Ein Schlosser der Instandhaltungsabteilung des Unter-nehmens wechselte das Messinstrument aus, das mittels eines Hüllrohresgegen Chemikalieneinflüsse geschützt war.

Beim Anschrauben des Hüllrohres verwendete der Schlosser statt derursprünglichen Edelstahl-Schrauben versehentlich einige Messingschrau-ben. Bei dem nächsten Reaktionsansatz kam die Nitroverbindung mit demBuntmetall in Kontakt und zersetzte sich, was zu einem Druckaufbau in demAutoklaven mit Ansprechen der Berstscheibe und Austritt von Produkt in dieAutoklavenkammer führte.

■ Durch organisatorische Maßnahmen wie getrennte Ersatzteillagerung und gezielte Bereitstellung von Ersatzteilen kann eine Verwechslung von Einbauteilen verhindert werden

■ Durch gezielte Information der Beteiligten über die Hintergründe der Aufgabe („Sinn-Kommunikation“) kann die Gefahr einer Verwechslung verringert werden

■ In besonderen Fällen sollte die Ausführung durch Vorgesetzte überprüft werden

Fall 8Verwechseln vonWerkstoffen

An der Abwassersiebanlage einer Biogasanlage sollte am Einfülltrichtereine Spülwasserleitung angebaut werden, so dass das zu fördernde Mate-rial besser den Trichter hinunter zu einer dort befindlichen Förderschneckerutschen konnte. Der Mitarbeiter hatte bereits die Rohrschellen für die neueWasserleitung am Trichter befestigt, als ihm ein spezielles Teil in den Trich-ter fiel. Der Mitarbeiter wollte dieses Teil wieder herausholen.

Die Förderschnecke stand still und er stieg in den Trichter ein. Plötzlichlief unerwartet die Förderschnecke wieder an und verletzte beide Füßeerheblich. Unfallursache war, dass eine Ultraschallsonde an der Decke deneinsteigenden Mitarbeiter als „Material“ identifizierte und daraufhin denSchneckenmotor in Gang setzte.

■ Vor jedem Arbeitsbeginn an/in Einrichtungen ist die sichere Trennung gefahrbringenderEnergien zu überprüfen

Fall 7UnerwarteterAnlauf

Instandhaltung & Änderungen | 2007 | 55

Im Rahmen einer Funktionsprüfung an einem Trockner wurde zunächstdie gesamte Anlage mit Beheizung und Absauggebläse abgestellt.

Zu Testzwecken nahm das Personal dann die Förderschnecke wieder inBetrieb. Hierdurch wurden lösemittelfeuchte Produktreste, die an derSchnecke hafteten, in den Trockner gefördert. Der Trockner war zu diesemZeitpunkt noch warm. Das Lösemittel verdampfte, und es kam es zu einemDruckanstieg, der zum Ansprechen der Berstscheibe und zum Austritt vonProdukt- und Lösemitteldämpfen führte [Quelle: 9].

■ Nicht ausreichend durchdachte Abläufe bei der Durchführung einer Prüfung

■ Der Ablauf von Prüfungen (= anderer Betriebszustand) ist systematisch sicherheits-technisch zu hinterfragen

■ Dieses Hinterfragen muss auch mögliche Abweichungen vom geplanten Ablauf (hier: Einschalten der Förderschnecke, die mit Produktresten behaftet war) erfassen

Fall 9Einschalten einerFörderschnecke

Fall 10Abschalten einerBeheizung

In einem Flachbodentank wurde ein Stoff mit einem Schmelzpunkt von40 °C flüssig gelagert und mit Stickstoff inertisiert.

Zur Vorbereitung von Reparaturarbeiten wurde der Behälter soweit mög-lich entleert und die Beheizung der Überdrucksicherung abgestellt. Diesführte zum Zukristallisieren des Flammensiebes oberhalb der Überdrucksi-cherung. Durch den einströmenden Stickstoff kam es zum Druckaufbau imTank und zu einem Schaden durch plastische Verformung.

■ Das Schutzkonzept einer Anlage (hier: Verhinderung von Überdruck mittels Überdrucksi-cherung und nachgeschaltetem Flammensieb) muss systematisch bezüglich der Störein-flüsse, die die Schutzfunktion außer Kraft setzen können, analysiert werden

■ Das Schutzkonzept und die Ergebnisse systematischer Untersuchungen sind die Basisfür Betriebsanweisungen und Sicherheitsunterweisungen. Damit sind Mitarbeiter in derLage, die Auswirkungen von Eingriffen selbst zu erkennen

■ Die Funktion von Sicherheitseinrichtungen und ihren Hilfseinrichtungen (hier: Beheizungder Überdruckabsicherung) muss überwacht und gegebenenfalls ein Weiterbetrieb derAnlage bei Ausfall oder Abschaltung verhindert werden

56 | 2007 | Instandhaltung & Änderungen

Ereignisberichte

Das Förderband einer Produktionsanlage für Kunststoff-Vorproduktewar zur Verminderung der Emission methanolhaltiger Dämpfe eingehaust.An mehreren Stellen wurde in die Umhausung Stickstoff eingeleitet, um eineexplosionsfähige Atmosphäre durch das Eindringen von Luftsauerstoff zuvermeiden.

Als die Anlage wegen eines Schadens an anderer Stelle abgestelltwurde, wollte der Schichtführer die Abschaltung dazu benutzen, die Ursa-che für ein ungewöhnliches Geräusch in der Nähe des Förderbandes zuermitteln. Hierzu öffnet er die Inspektionsklappen, ohne dass der Innen-raum zuvor mit Wasserdampf ausgespült worden war. Diese Maßnahme wareigentlich vorgeschrieben, um eine explosionsfähige Atmosphäre in derAnlage zu verhindern. Kurz nach dem Öffnen der Inspektionsklappe kam eszu einer Explosion.

■ Schutzkonzept (hier: zur Verhinderung ex-fähiger Atmosphäre) muss allen Beteiligtenklar sein

■ Auch kurzzeitige Eingriffe (hier: nur schnell nachsehen) können ein Schutzkonzept aushebeln

■ Allen Beteiligten muss klar sein, dass niemand für rasche Hilfe zu Lasten der Sicherheitgelobt wird

■ Im vermeintlichen Interesse der Firma werden Sicherheitsvorgaben missachtet

Guter Wille allein genügt nicht, bei Mitarbeitern

und Führungskräften muss der Sicherheitsgedanke mit

allen Handlungen verknüpft sein.

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Fall 11Öffnen einer inertisiertenAnlage

Instandhaltung & Änderungen | 2007 | 57

In einem Tank mit einem Nennvolumen von 250 m3 wurde ein teerartigerStoff als Schmelze gelagert. Nach längerem Betrieb wurden Ablagerungenund Verschmutzungen am Tankboden vermutet, so dass der Tank geöffnetund komplett gereinigt werden sollte. Nach dem Leerpumpen wurde derTank komplett von der Anlage abgekoppelt. Als Ausrüstung für den Reini-gungsvorgang erhielt er eine separate Tauchung zur Absicherung gegenÜberdruck und eine Druckanzeige in der Messwarte sowie eine neue Befüll-leitung zur Beaufschlagung mit überhitztem Kondensat.

Um verbliebene Produktreste anzulösen, wurde Kondensat mit einerTemperatur von etwa 130 °C langsam in den Tank gefahren. Die überhitzteFlüssigkeit dampfte im Tank aus und führte zu einer Volumenausdehnungim Gasraum, die sich über die Tauchung entspannen sollte. Zu Beginn derTankreinigung wurde die Funktion der Überdruckabsicherung stichproben-weise kontrolliert. Nach zwei Stunden Kondensatzugabe riss plötzlich dasTankdach auf. Hauptursache für den unzulässigen Druckanstieg war eineVerwechslung der Dachstutzen. Die Tauchung für die Druckentlastungwurde nicht an den vorgesehenen, sondern an einen Stutzen mit Tauchrohrangeschlossen. Dieses geriet mit steigendem Füllstand unter Flüssigkeits-verschluss, und der Tank konnte nicht mehr entgasen. Der Innendruck stiegund überschritt den zulässigen Betriebsüberdruck.

Fall 12Fehlerhafte Montage

■ Verwechslung von Anschlussstutzen in Verbindung mit unterlassener Prüfung der korrekten Ausführung der Arbeit

■ Schutzeinrichtungen müssen vor der ersten Inbetriebnahme auf korrekte Ausführung und Wirksamkeit überprüft werden.

58 | 2007 | Instandhaltung & Änderungen

In einem Kondensatortank wurde Dampf in einer Flüssigkeitsvorlagekondensiert. Der Tank wurde über eine Leitung zur Atmosphäre entlüftet.Die Entlüftungsleitung endete ursprünglich in der Nähe eines Treppenauf-gangs, wodurch die Benutzung dieses Zugangs beeinträchtigt war. Zur Ver-besserung dieser Situation wurde die Leitung bis zum Dach des Gebäudesverlängert. In Folge der größeren Oberfläche des verlängerten Rohres kames zu einer verstärkten Dampfkondensation in der Entlüftungsleitung. Dader Leitungsdurchmesser unterdimensioniert war, wurde die Leitung durchdas Kondensat geflutet. Beim Öffnen der Leitung zu Wartungszweckenwurde ein Schwall von Dampfkondensat aus der Leitung emittiert.

Ereignisberichte

■ Technische Änderung der Anlage ohne systematische Analyse der Auswirkungen

■ Auch scheinbar kleinere Änderungen müssen technisch korrekt ausgeführt werden

■ Die Auswirkung unter Sicherheitsaspekten ist für jede technische Anlagenänderung zu hinterfragen

Fall 13Geänderte Entlüftung

Instandhaltung & Änderungen | 2007 | 59

In einem Rührbehälter wurde ein thermisch instabiles Zwischenprodukthergestellt. Das Sicherheitskonzept des Rührbehälters basierte darauf, dieTemperatur auf maximal 60 °C zu begrenzen. Das Reaktionsgemisch wurdedeshalb ausschließlich mit Warmwasser im Behältermantel beheizt. BeiÜberschreitung des Temperaturwertes wurde die Zufuhr des Warmwassersund der Einsatzstoffe automatisch unterbrochen. Aufgrund der vorliegen-den sicherheitstechnischen Untersuchungen des Reaktionsgemisches wardamit der Abstand zur Zersetzungstemperatur ausreichend bemessen.

Eine Anlagenänderung führte dazu, dass für das Ablaufrohr des Behäl-ters eine Dampf-Begleitheizung installiert wurde, die mit dem Warmwasser-kreislauf des Heizmantels verbunden war. Durch einen teilweise geschlos-senen Kugelhahn in der Warmwasser-Ablaufleitung kam es eines Tages zueiner Durchflussverringerung, der Dampf schlug in den Heizmantel desBehälters zurück. Die erhöhte Temperatur löste die Zersetzung desZwischenproduktes aus. Durch die Explosion und den darauf folgendenBrand wurden zwei Mitarbeiter schwer und weitere 15 leicht verletzt. Es ent-stand Sachschaden in Millionenhöhe.

■ Die Änderung (hier: Dampfbegleitheizung für Ablaufrohr) wurde nicht bezüglich möglicher sicherheitstechnischer Auswirkungen hinterfragt (hier: Dampfdurchschlag in Warmwasserkreislauf)

■ Systematische Sicherheitsbetrachtungen müssen auch scheinbar kleine Änderungenerfassen, da diese ein sicheres Konzept aushebeln können

Fall 14GeänderteBeheizung

60 | 2007 | Instandhaltung & Änderungen

Ereignisberichte

Bei dem routinemäßigen Wechsel eines Sicherheitsventils an einemPolymerisationsreaktor kam es zu einer Stichflamme. Die Untersuchung desEreignisses ergab, dass einige Zeit zuvor die Betriebsanweisung für dasSpülen des Rohrstückes vor dem Sicherheitsventil geändert worden war.Nach jahrelangem problemlosen Betrieb der Anlage hatte man die zunächsttäglichen Spülungen auf nur noch wenige Spülungen pro Monat reduziert,da nie Ablagerungen beobachtet worden waren. In dem Rohrstück konntesich nun ein Polymerfilm mit an Luft leicht entzündlichem Popcorn-Polymerbilden. Beim Wiedereinbau des Sicherheitsventils wurde die Polymerhautaufgerissen und das Popcorn-Polymer entzündete sich.

Auch scheinbar unbedeutende Anlagenände-

rungen und Verbesserungsvorschläge sind sicherheits-

technisch zu hinterfragen.

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■ Eine organisatorische Sicherheitsmaßnahme (hier: tägliche Spülung) wurde unter demAspekt Zeitersparnis geändert

■ Aufwandsreduzierende Änderungen an organisatorischen Maßnahmen (hier: Verlängerung von Prüfzyklen) dürfen nur in kleinen Schritten und unter systematischer Kontrolle der Auswirkungen jedes Schritts erfolgen

Fall 15Verlängerte Spülzyklen

Instandhaltung & Änderungen | 2007 | 61

Der Inhalt eines im Freien aufgestellten Acrylsäuretanks wurde mittelseiner Zirkulationspumpe ständig über zwei Rohrleitungssysteme im Kreis-lauf gefahren, um eine gleichmäßige Verteilung des Inhibitors im Gemischsicherzustellen und die Temperatur im Lagertank mittels eines Wärmeaus-tauschers konstant zu halten. Die mit dem Tank verbundenen Rohrleitungs-systeme führten u. a. durch das benachbarte Gebäude, dessen Dach wegenBauarbeiten teilweise abgedeckt war.

Aufgrund eines Stromausfalls kam die Zirkulationspumpe zum Still-stand, und die Beheizung des Gebäudes fiel aus. Bei niedrigen Außentem-peraturen kühlte das Gebäude schnell aus, und in nicht isolierten Rohrlei-tungsabschnitten kam es durch Auskristallisation der Acrylsäure zur Ver-stopfung. Die Temperaturüberwachung war in einem nicht eingefrorenenRohrleitungsbereich installiert, weshalb die Produkttemperatur nicht richtigerfasst wurde. Nach ca. 30 Minuten konnte die Anlage wieder in Betriebgenommen werden. Hierbei förderte die Zirkulationspumpe gegen die ver-stopfte Leitung. Dadurch erhöhte sich die Temperatur der Acrylsäure auf derDruckseite der Pumpe und eine Polymerisationsreaktion setzte ein. Nachdem Auftauen der eingefrorenen Leitungsabschnitte gelangten die Polyme-risationskeime über die Kreislaufleitung in den Lagertank zurück, in demeine zunächst langsam verlaufende Polymerisationsreaktion in Ganggesetzt wurde. Diese beschleunigte sich und führte nach vier Tagen zumBersten des Lagertanks und einem anschließenden Brand.

■ Eine Änderung im Umfeld (hier: geöffnetes Dach) wurde nicht als Änderung des Sicherheitskonzepts gegen Einfrieren erkannt. Die Stromunterbrechung und der damit verbundene Wegfall der Strömung in den Leitungen wurde nicht in Verbindung mit demgeöffneten Dach als Sicherheitsproblem erkannt

■ Auch Bauarbeiten in der Nähe von Anlagen können sicherheitsrelevante Randbedingungen verändern!

■ Mögliche Auswirkungen von (zeitlich befristeten) Änderungen (hier: Öffnen von Gebäude) hinterfragen

■ In manchen Fällen entstehen erst in Kombination mit geänderter Randbedingungengefährliche Zustände

Fall 16Zugefrorene Produktleitung

62 | 2007 | Instandhaltung & Änderungen

Ereignisberichte

In einem Tanklager für druckverflüssigte Gase wurde ein Kugelbehälterim Rahmen einer wiederkehrenden Prüfung einer Wasserdruckprobe unter-zogen. Bei diesem Vorgang gelangte Wasserdampf in das gemeinsameRohrleitungsnetz, über das Entspannungsgase einer Verbrennungsanlagezugeführt werden. Auf Grund der niedrigen Außentemperatur kam es anVentilen des Rohrleitungsnetzes durch Eisbildung zu einem Rohrleitungs-verschluss.

Als wenig später ein anderer Kugelbehälter entspannt wurde, kam eswegen des Eispfropfens im Entspannungssystem zu einem Druckanstieg imKugelbehälter und schließlich in Folge undichter Flanschverbindungen zumAustritt von Gas. Nur durch rasches Anlegen von Dampfschläuchen konntedie Vereisung beseitigt und ein weiterer Gasaustritt verhindert werden.

■ Einflüsse der Witterung in Verbindung mit Feuchtigkeit nicht bedacht, eingebrachte Hilfsstoffe nicht mehr vollständig entfernt

■ Eingebrachte Medien müssen nach Abschluss der Arbeiten wieder komplett entfernt werden. Dies ist zu überprüfen.

■ Der Einfluss der Witterung (hier: Kälte) muss auch in Bezug auf eingesetzteMedien/Hilfsstoffe während anderer Betriebszustände (hier: Prüfung) hinterfragt werden

Fall 17Zugefrorene Entspannungs-leitung

Instandhaltung & Änderungen | 2007 | 63

■ Wiederaufnehmen von Arbeiten ohne Kommunikation zwischen Instandhalter undBetriebspersonal

■ Maschine war nicht gegen Wiederanfahren gesichert

■ Arbeiten erst beginnen/fortsetzen, wenn alle Beteiligten informiert sind

■ Maschinen mit gefahrbringenden Energien müssen gegen Wiederanfahren gesichert sein

In einer Molkerei kam es zu einer Störung an einem Becherstapler. ZurStörungsbeseitigung wurde der Betriebsschlosser an die Maschine gerufen,der den Fehler schnell behob. Nachdem der Schlosser die Verdeckung zumSchutz der Quetsch- und Scherstellen wieder angebracht hatte, gab er dieMaschine frei.

Bereits nach wenigen Maschinentakten trat die Störung erneut auf.Umgehend schraubte der Schlosser die Verdeckung wieder ab. Er hatte dieMaschine allerdings vorher weder gegen Wiedereinschalten gesichert, nochhatte er die Fortführung der Arbeiten untersagt. Er ging davon aus, von demMaschinenführer bemerkt worden zu sein. Dies war nicht der Fall. DerMaschinenführer, der mit dem Rücken zum Schlosser stand, fuhr dieMaschine einen Takt weiter, um einen Becher einzusetzen. Da sich der Kopfdes Schlossers zwischen der Traverse des Becherstaplers und dem Maschi-nenrahmen befand, waren schwere Kopfverletzungen die Folge.

Fall 18Unkoordinierte Störungs-beseitigung

Nach Wartungsarbeiten an einer Chlorleitung wurde das Rohrstück mitAceton gereinigt. Bei der Wiederinbetriebnahme der Leitung reagierte dasChlor sehr heftig mit Resten des Lösemittels. Die Reaktionswärme war dabeiso groß, dass es zu einem Brand der Rohrleitung kam. Dieser so genannteChlor-Eisen-Brand ist typisch für Chlorleitungen, wenn es zum Kontakt mitorganischen Stoffen kommt [Quelle: 9].

■ Auftraggeber: Stoffspezifische Risiken von Reinigungsmitteln berücksichtigen und kommunizieren

Fall 19Reinigungsmittel in Chlorleitung

64 | 2007 | Instandhaltung & Änderungen

In einer Produktionsanlage zur Herstellung von Farbstoffen musste inder Abgasleitung ein Ventilator ersetzt werden. Bei den Reparaturarbeitenwurde das Wasser aus einem Tauchverschluss der Abgasleitung abgelas-sen. Hierdurch bestand eine offene Verbindung zwischen der Abgasleitungund einem Abwasserkanal. Beim Anfahren der Anlage kam es über denAbwasserkanal zur Freisetzung von giftigem Phosgen, das als Abgas beidem Prozess entsteht.

Ereignisberichte

Ein 1000 m3 großer Lagerbehälter wurde zur Verschrottung vorbereitet.Dazu wurde er mit Wasser gespült und mit Wasserdampf „ausgekocht“. ZurVermeidung von Geruchsbelästigungen deckte jemand in guter Absicht dieoffenen Flansche mit Aluminiumfolie ab. Diese scheinbar belanglose Maß-nahme griff in das Sicherheitskonzept gegen Unterdruck ein! Durch einenheftigen Gewitterregen kühlte sich der Behälter plötzlich stark ab. Dadurchkondensierte der Wasserdampf an der Behälterinnenwand, ohne dassdurch die abgedeckten Flansche im gleichen Maße Luft von außen nachströ-men konnte. Der Behälter wurde durch den Unterdruck stark eingezogen.Wegen der anstehenden Verschrottung war dies ein eher harmloses Ereignis.In jedem anderen Fall hätte es zu einem wirtschaftlichen Schaden geführt.

■ Eine gut gemeinte Verbesserung (hier: Abdeckung offener Flansche zur Reduzierung vonGeruchsbelästigungen) blockierte das Konzept gegen Über-/Unterdruck

■ Eingriffe in Systeme (hier: Verschließen) müssen mit allen Beteiligten abgestimmt werden

■ Witterungseinflüsse müssen bei Freianlagen immer berücksichtigt werden

Fall 20Abgedeckte Flansche

Fall 21Nicht befüllterTauchverschluss

■ Instandhalter: Nach Abschluss der Arbeiten Sicherungen wieder in Betrieb nehmen

■ Betreiber: Arbeiten nach Abschluss kontrollieren

■ Anlagenplaner: Möglichkeiten zur Funktionskontrolle von Schutzeinrichtungen vorsehen

Instandhaltung & Änderungen | 2007 | 65

Nach Beendigung von Instandhaltungsarbeiten in der Umspannanlageeines Kraftwerkes gab die verantwortliche Serviceeinheit ein Netzelementzur Wiederinbetriebnahme frei, obwohl die Erdungseinrichtungen nochnicht vollständig entfernt worden waren. Dadurch kam es zu einem Kurz-schluss, der einen größeren Stromausfall zur Folge hatte.

■ Instandhalter: Sicherungsmaßnahmen für Instandhaltungsarbeiten nach Abschluss derArbeiten wieder entfernen

■ Betreiber: Zustand der Anlage vor Freigabe kontrollieren

■ Anlagenplaner: Auswirkungen eines Kurzschlusses berücksichtigen

Fall 22Nicht entfernteErdung

■ Instandhalter: Nach Abschluss der Arbeiten Fremdkörper, Verunreinigungen und Arbeitsgerät entfernen

■ Betreiber: Arbeiten nach Abschluss kontrollieren

■ Anlagenplaner: im Sicherheitskonzept der Anlage Absicherung gegen Überfüllung vorsehen

In einer Füllkörperkolonne wurde das durch Oleumdestillation erzeugteSO3 mit Schwefelsäure absorbiert. Aufgrund einer Störung mussten an derKolonne Reparaturarbeiten durchgeführt werden. Bei den Reparaturarbei-ten fielen einige Füllkörper der Kolonne in das Kolonnenunterteil. BeimAnfahren der Anlage wurden diese Füllkörper in die Säureablaufleitunggespült und führten zu einer Verstopfung. Durch den Rückstau der Schwe-felsäure bis in die Höhe des Gaseintritts kam es dort zu einer heftigen Reak-tion. Durch die Wärmespannung brach die Glaskolonne und es kam zur Frei-setzung von SO3.

Fall 23VergesseneFüllkörper

66 | 2007 | Instandhaltung & Änderungen

Ereignisberichte

Beim Umschalten des Produktstroms an zwei wechselweise betriebenenFiltern kam es zur Freisetzung eines Reaktionsgemisches unter der Spritz-schutzhaube des zuvor gereinigten und instandgesetzten Filters.

Nach Reinigung und Instandsetzung sollte der Filter zunächst geöffnetbleiben. Hinweisschilder machten auf die nicht abgeschlossenen Arbeitenaufmerksam. Zum Zeitpunkt der Wiederinbetriebnahme des Filters – dreiTage nach seiner Reinigung und Instandsetzung – waren die Hinweisschil-der entfernt, der Filterdeckel zugeklappt und die Spritzschutzhaube aufge-setzt. Sie täuschte Betriebsbereitschaft vor und ließ nicht erkennen, dassder Filterdeckel unverschraubt war. Schriftliche Anweisungen für dieWiederinbetriebnahme des Filters bestanden nicht [Quelle: 9].

Weitere Ereignisbeschreibungen finden sich beispielsweise in Literatur [4].

■ Hinweisschilder nie ohne Rücksprache entfernen

■ Betreiber: Anlage nicht vor Freigabe wieder in Betrieb nehmen, Zustand der Anlage vor Freigabe kontrollieren

Bei Revisionsarbeiten an einem Lagertank wurde von dem zuständigenMesstechniker ein so genannter Stabstrahler (verwendet als Füllstands-messgerät) ausgebaut und ordnungsgemäß gelagert. Wegen Behinderungbei den weiteren Arbeiten wurde später durch die Schlosser auch dasSchutzrohr entfernt und nicht gekennzeichnet abgelegt. Beim Wiedereinbaudes Messgerätes wurde das Schutzrohr vergessen. Das Halteseil war damitden Medien im Behälter ausgesetzt und korrodierte.

Das Ausbauen des Schutzrohres wurde zwischen den Beteiligten nichtkommuniziert. Beim Wiedereinbauen wurde das Fehlen infolge verschiede-ner Zuständigkeiten nicht bemerkt [Quelle: 9].

■ Instandhalter: Arbeiten nicht unabgesprochen durchführen, Anlage vor Übergabe anBetrieb kontrollieren

■ Betreiber: Zustand der Anlage vor Freigabe kontrollieren

Fall 24Nicht eingebautesSchutzrohr

Fall 25Nicht verschlos-sener Filterdeckel

Instandhaltung & Änderungen | 2007 | 67

Glossar

Gefährdung und RisikoUmgangssprachlich werden für die Begriffe Gefahr, Gefährdung und

Risiko, manchmal auch regional verschieden, andere Interpretationen ver-wendet. In dieser Broschüre wird in Anlehnung an internationale Normenvon folgendem Begriffsverständnis ausgegangen:

In Anlehnung an die EN 1050 ist das Risiko, bezogen auf eine betrachteteGefährdung, eine Funktion von Ausmaß des möglichen Schadens, der durchdie betrachtete Gefährdung verursacht werden kann, und der Wahrschein-lichkeit des Eintritts dieses Schadens. Die erforderliche Risikobeurteilungerfasst die Risikoanalyse und die Risikobewertung.

SicherheitskonzeptDas Sicherheitskonzept einer Anlage beschreibt die Summe aller techni-

schen, organisatorischen und personenbezogenen Maßnahmen, die densicheren Betrieb der Anlage gewährleisten.

Instandhaltung In Anlehnung an die EN 13306 wird in dieser Broschüre der Begriff

Instandhaltung verwendet für alle technischen und organisatorischen Maß-nahmen, die eine Anlage oder Maschine in funktionsfähigem Zustand halten oder in diesen zurückführen. Hierzu zählt einerseits die präventive(vorbeugende) Instandhaltung mit den Teilaspekten Wartung und Funk-tionsprüfung, andererseits auch die korrektive Instandhaltung mit den Teilaspekten Reparatur und Störungsbeseitigung.

Änderungen Der Begriff Änderung im Sinne dieser Broschüre umfasst jede dauerhafte

oder zeitweilige Modifikation einer Anlage oder eines Verfahrens, durch diebeispielsweise:

■ Gebäude und Bauwerke,

■ Apparate, Rohrleitungen und Einrichtungen,

■ Einsatzstoffe, Hilfsstoffe und Rezepturen (z. B. Rohstoffe, Additive,Katalysatoren, Konzentrationen, Mengen),

■ definierte verfahrensspezifische Prozessparameter (z. B. Druck, Temperatur, Verweilzeiten),

■ Betriebsanweisungen, Steuerungs- oder Regelkonzepte (z. B. Reinigungs- und Wartungszyklen),

■ Werkstoffe,

68 | 2007 | Instandhaltung & Änderungen

Glossar

■ Sicherheitsfunktionen,

■ Kapazitäten und Emissionen

geändert werden, neu hinzukommen oder wegfallen und die Auswirkungenauf die Sicherheit oder die Genehmigungssituation der Anlage haben könn-ten, einschließlich Versuchsläufe, Stilllegung und Verschrottung.

Änderungen sind auch Veränderungen in Bezug auf:

■ Organisation (Prozeduren und Abläufe innerhalb einer Abteilung),

■ Kontraktoren,

■ Infrastruktur,

■ Reduzierung der Anzahl der Personen oder substantielle Änderung /Erweiterung des Aufgabenfeldes

● in der Produktion oder Instandhaltung,

● bei Personen mit Verantwortung für den Arbeitsschutz und das Notfallmanagement im Betrieb, z. B. durch Erhöhung der Komplexität von Anlagen.

MOC-relevante Änderungen

an:

■ Einrichtungen■ Verfahren■ Stoffen■ Anweisungen■ der Organisation■ der Betriebsweise■ der Art der Nutzung■ ...

z. B. durch

■ Montage/Demontage■ andere Betriebsparameter■ mehr, weniger, neue

Rohstoffe■ veränderte Reihenfolge■ anderes Personal■ Revisionen mit

Abstellungen■ Stilllage/Verschrottung■ ...

Instandhaltung & Änderungen | 2007 | 69

Management of Change (MOC)MOC steht für den systematischen Prozess, unter dem Aspekt der

Sicherheit eine dauerhafte oder auch nur vorübergehende Änderung ineiner Anlage oder Einrichtung vorzunehmen. Die Anlage wird dabei voneinem definierten, sicheren Ausgangszustand in einen neuen, geänderten,ebenfalls sicheren Zustand überführt.

SicherheitsschalterDer Sicherheitsschalter [5] wird auch Revisionsschalter, Wartungsschal-

ter, Reparaturschalter, Instandsetzungsschalter, Störschalter usw. genannt.Die Bezeichnung Sicherheitsschalter wird im deutschen Sprachraummanchmal auch für sicherheitsgerichtete Positionsschalter benützt.Dadurch können sich Missverständnisse ergeben. In dieser Broschüre wirdausschließlich die Bezeichnung Sicherheitsschalter verwendet. In der Lite-ratur [6] sind noch weitere Abschalteinrichtungen beschrieben wie: Trenn-einrichtungen, Hauptschalteinrichtungen, Einrichtung zum sicherenAbschalten, Notschalteinrichtung, Sonderbetriebssteuerung, Einrichtungzum sicheren Stillsetzen, Funktionsschalteinrichtung.

70 | 2007 | Instandhaltung & Änderungen

Broschüren und Veröffentlichungen

[1] IVSS-Broschüren „Das PAAG-Verfahren“ und „Gefahrenermittlung/Gefahrenbewertung“. Bezugsquelle: IVSS Sektion Chemie, c/o Berufsgenossenschaft der chemischen Industrie, D-69115 Heidelberg

[2] C. Grusenmeyer: Interactions Maintenance-Exploitation et Sécurité.Bezugsquelle: INRS ND 2166, F-75680 Paris Cedex

[3] CRAM Normandie: Analyse de 93 accidents de «dépannage»

[4] ESCIS-Bulletins, Nr.1: Der einfache Fehler, Nr.3: Routine – eine Gefahr?,Nr. 8: Immer wieder die gleichen Ursachen. Bezugsquelle: SUVA, Postfach, CH-6002 Luzern

[5] SUVA-Merkblätter 44042.d Sichern Sie sich sicher; CE93-9.d Der Sicherheitsschalter. Bezugsquelle: SUVA, Postfach, CH-6002 Luzern

[6] Schalteinrichtungen für die Sicherheit der an der Maschine tätigen Personen. Bezugsquelle: IVSS Sektion Maschinen- und System-sicherheit, c/o Berufsgenossenschaft Nahrungsmittel und Gaststätten,D-68165 Mannheim

[7] Clouds of injustice, Bhopal disaster 20 years on. © Amnesty International Publications 2004, ISBN: 0-86210-364-9www.amnesty.org

[8] Jochen Buchsteiner: „Die verwundete Stadt“, FAZ vom 26.11.2004 © alle Rechte vorbehalten. Frankfurter Allgemeine Zeitung GmbH,Frankfurt. Zur Verfügung gestellt vom Frankfurter Allgemeine Archiv.

[9] Datenbank sicherheitsrelevanter Ereignisse der Dechemawww.dechema.de/ereignis_db

Literatur

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Normen

EN 1050 Sicherheit von Maschinen – Leitsätze zur Risikobeurteilung

EN 13306 Begriffe der Instandhaltung

EN ISO 12100 Sicherheit von Maschinen – Grundbegriffe

EN ISO 13849 Sicherheit von Maschinen – Sicherheitsbezogene Teile vonSteuerungen

IEC 60204 Sicherheit von Maschinen – Elektrische Ausrüstung vonMaschinen

IEC 60447 Mensch-Maschine-Schnittstelle (MMI)

IEC 60812 Analysetechnik für Systemzuverlässigkeit. Verfahren fürFehlerart- und Effektanalyse (FMEA)

IEC 61882 Hazard and Operability Studies (HAZOP Studies)

ISO 4413 Sicherheit von Maschinen – Sicherheitstechnische Anforde-rungen an fluidtechnische Anlagen und deren Bauteile.Hydraulik

ISO 4414 Sicherheit von Maschinen – Sicherheitstechnische Anforde-rungen an fluidtechnische Anlagen und deren Bauteile.Pneumatik

ISO 14118 Sicherheit von Maschinen – Vermeidung von unerwartetemAnlauf

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Notizen

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Notizen

74 | 2007 | Instandhaltung & Änderungen

Notizen

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DIE IVSS UND DIE VERHÜTUNG VON ARBEITSUNFÄLLEN UND BERUFSKRANKHEITEN

Der besondere Ausschuss für Prävention der IVSS bringt Arbeitsschutzspezialisten aus aller Weltzusammen. Er fördert das internationale Vorgehen in diesem Bereich. Er koordiniert die Tätigkeiten deracht Internationalen Sektionen für die Verhütung von Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten, die in ver-schiedenen Industrien und in der Wirtschaft tätig sind und ihre Sekretariate in verschiedenen Ländernhaben. Drei weitere Sektionen befassen sich mit Informationstechniken im Bereich des Arbeitsschutzes,der einschlägigen Forschung und der Erziehung und Ausbildung zur Verhütung von Arbeitsunfällen undBerufskrankheiten.

Die Tätigkeiten der internationalen Sektionen der IVSS bestehen aus

■ dem Austausch von Informationen zuwischen den an der Verhütung von Berufsgefahren interessier-ten Gremien,

■ der Organisation der Tagungen von Fachausschüssen und Arbeitsgruppen, Rundtischgesprächenund Kolloquien auf internationaler Ebene,

■ der Durchführung von Erhebungen und Untersuchungen,

■ der Förderung der Forschungsarbeit,

■ der Veröffentlichung einschlägiger Informationen.

DIE MITGLIEDER DER INTERNATIONALEN SEKTIONENJede internationale Sektion der IVSS hat drei Kategorien von Mitgliedern:

■ Vollmitglied:Vollmitglieder und assoziierte Mitglieder der IVSS, Genf, und andere Organisationen ohne Gewinn-streben können die Aufnahme als Vollmitglied beantragen.

■ Assoziiertes Mitglied:Andere Organisationen und gewerbliche Unternehmen können assoziierte Mitglieder einer Sektionwerden, wenn sie über Sachkenntnisse im Aufgabenbereich der Sektion verfügen.

■ Korrespondent:Individuelle Experten können korrespondierende Mitglieder einer Sektion werden.

Weitere Informationen und Aufnahmeformulare sind direkt beim Sekretariat der einzelnen Sektionenerhältlich.