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Institute for Clinical Neuroanatomy Dr. Senckenbergische Anatomie J.-W. Goethe Universität, Frankfurt am Main Peter Jedlička Sind wir neuronale Maschinen? Philosophische Analyse des Neurodeterminismus „Der Mensch ist eine Maschine.“ Jacque Monod

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Institute for Clinical Neuroanatomy

Dr. Senckenbergische Anatomie

J.-W. Goethe Universität, Frankfurt am Main

Peter Jedlička

Sind wir neuronale Maschinen? Philosophische Analyse des

Neurodeterminismus

„Der Mensch ist eine Maschine.“Jacque Monod

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Leopold & Loeb

• Motive: L&L waren überdurchschnittlich intelligent und hielten sich für Übermenschen im Sinne Nietzsches; sie wollten zeigen, daß sie das perfekte Verbrechen begehen können; sie suchten den mit der Tat einhergehenden Nervenkitzel.

• Die Familie Loebs engagierte den berühmten Rechtsanwalt Clarence Darrow als Verteidiger, einen erbitterten Gegner der Todesstrafe.

• Nathan Leopold & Richard Loeb waren zwei wohlhabende Studenten an der University of Chicago, die 1924 den 14-jährigen Bobby Franks ermordeten.

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Leopold & Loeb

„Ist eine Schuld damit verbunden, wenn jemand Nietsches Philosophie ernst nimmt und sein Leben danach ausrichtet? (...) Es ist nicht fair, einen 19-jährigen Jungen für die Philosophie aufzuhängen, die ihm an der Universität gelehrt wurde.“

“Die Natur ist stark und unbarmherzig. Wir sind ihre Opfer. Die Natur tut ihren Job und wir spielen nur unsere Rollen darin….. Was hatte dieser Junge damit zu tun? Er war nicht sein eigener Vater, seine eigene Mutter, seine eigenen Großeltern. Alles das wurde ihm gegeben. Er hat sich nicht selbst gemacht. Und trotzdem soll er gezwungen werden dafür zu zahlen.”

• Darrow hielt eine Rede, die als die beste seiner Karriere galt

• Für die Unschuld von L&L benutzte Darrow ein Argument, das auf Determinismus beruhte:

• Darrow über Loeb: „Eine intellektuelle Maschine außer Kontrolle“

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Leopold & Loeb

"Richten Sie nicht die Jungen. Richten Sie ihre Familien. Dies ist das Ergebniss ihrer Vererbung."

•L&L wurden zu einer lebenslänglichen Freiheitsstrafe verurteilt

„Ich bin der festen Überzeugung, dass ein Mensch sein Verhalten nicht besser kontrollieren kann als ein Holzindianer. Der Holzindianer hat sogar den Vorteil, nicht einmal zu denken, dass er frei sei."

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Leopold & Loeb

• Das Verbrechen inspirierte Alfred Hitchcock zu seinem Film Rope (Cocktail für eine Leiche, 1948).

• Andere Verfilmungen: Compulsion (Der Zwang zum Bösen) 1959 Richard Fleischer, Swoon 1992 Tom Kalin, Murder by numbers (Mord nach Plan) 2002 Barbet Schroeder

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• Haben sich Leopold und Loeb frei entschieden oder war ihre Tat zu 100% von sozialen und biologischen Faktoren determiniert?

Waren sie für den Mord Franks verantwortlich? Oder waren sie „intellektuelle Maschinen außer Kontrolle“?

• Ist der Mensch frei?

• Oder ist der Mensch eine Maschine?

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„,Sie‘, Ihre Freuden und Leiden, Ihre Erinnerungen, Ihre Ziele, Ihr Sinn für ihre eigene Identität und Willensfreiheit – bei alledem handelt es sich in Wirklichkeit nur um das Verhalten einer riesigen Ansammlung von Nervenzellen und dazugehörigen Molekülen. Lewis Carrolls Alice aus dem Wunderland hätte es vielleicht so gesagt: ,Sie sind nichts weiter als ein Haufen Neurone.‘“

Francis Crick, Was die Seele wirklich ist (1994)

„Wir betrachten uns … als frei in unseren Handlungen, obwohl diese Willensfreiheit neurobiologisch betrachtet gar nicht existiert.“

Wolf Singer, Gehirn & Geist (2002)

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„Die Wahl ist …möglich, aber was nicht möglich ist, ist nicht zu wählen.“

„Der Mensch ist verurteilt, frei zu sein.“

Jean-Paul Sartre

„Der Mensch ist nicht frei von seinen Bedingungen, aber

er ist frei, zu seiner Bedingtheit Stellung zu nehmen.“    

Viktor E. Frankl

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Definition einer freien Entscheidung

Eine Entscheidung muss folgende 3 Bedingungen erfüllen, um als frei gelten zu können:

1. Die Bedingung des Anders-Handeln-Könnens oder Anders-Entscheiden-Könnens: Die Person muss eine Wahl zwischen Alternativen haben; sie muss anders handeln bzw. sich anders entscheiden können, als sie es tatsächlich tut.

2. Urheberschaftsbedingung: Welche Wahl getroffen wird, muss entscheidend von der Person selbst abhängen.

3. Kontrollbedingung: Wie die Person entscheidet, muss ihrer Kontrolle unterliegen. Diese Kontrolle darf nicht durch Zwang ausgeschlossen sein.

Ansgar Beckermann

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Idealbild einer deterministischen Welt: Laplacescher Dämon

• LD ist ein intelligentes, rechnendes Wesen dem zu einem beliebigen Zeitpunkt alle in dem Kosmos wirkenden Kräfte sowie die Lage aller Teilchen zueinander (deren Zustand) bekannt sind. Dann wäre es nach den Gesetzen der Mechanik für dieses möglich, die Entwicklung des Weltalls sowohl in die Zukunft voraus - als auch in die Vergangenheit zurückzuberechnen.

Laplacescher Dämon (Laplace, 1814) ist eine Metapher für die 100% deterministische (mechanistische) Welt:

• In einer solchen Welt, wäre weder Platz für das Wirken eines Gottes noch für menschliche Willensfreiheit, die Geschichte und die Zukunft wäre vollständig determiniert und berechenbar.

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Definition des Determinismus

Lancet 2, 66

• Wenn ein Laplacescher Dämon die Naturgesetze und den Zustand der Welt zu einem Zeitpunkt bis ins kleinste Detail kennen würde, dann könnte er jedes Ereignis in der Zukunft vorhersagen.

• Neurodeterminismus: ZG = Zustand des menschlichen Gehirns und seiner Umgebung (ZG als ein Teil von Z)

Z0 Z1 Z2

N N

Der Determinismus ist wahr, wenn gilt:

• Wenn Z eine vollständige Beschreibung des Zustands unserer Welt zu einem bestimmten Zeitpunkt t und N eine vollständige Beschreibung aller in dieser Welt geltenden Naturgesetze ist, dann implizieren Z und N zusammen logisch eine vollständige Beschreibung der gesamten Geschichte unserer Welt nach t.

F = m . A = m . d2s/dt

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Z0 Z1 Z2

N N

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Einteilung des Determinismus nach determinierenden Ursachen

• biologischer Determinismus (genetischer Determinismus – R. Dawkins, E. O. Wilson; Neurodeterminismus – W. Singer, F. Crick)

• psychologischer Determinismus (S. Freud)

• soziologischer Determinismus (historizismus, K. Marx)

• theologischer Determinismus (J. Calvin)

„nature vs. nurture“ Debatte

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Albert Einstein:

Unser Handeln sei getragen von dem stets lebendigen Bewußtsein, daß die Menschen in ihrem Denken, Fühlen und Tun nicht frei sind, sondern ebenso kausal gebunden wie die Gestirne in ihren Bewegungen.

In der Natur geschieht nichts ohne Ursache.

Gott würfelt nicht.

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Determinismus?

ja nein

Willensfreiheit?

ja nein

Soft-Determinismus

Kompatibilismus

Hard-Determinismus

Libertarismus (Indeterminismus)

Inkompatibilismus

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Determinismus?

ja nein

Willensfreiheit?

ja nein

Soft-Determinismus

Kompatibilismus

Hard-Determinismus

Libertarismus (Indeterminismus)

InkompatibilismusKompatibilismus: Freiheit und Determinismus sind vereinbar.

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Determinismus?

ja nein

Willensfreiheit?

ja nein

Soft-Determinismus

Kompatibilismus

Hard-Determinismus

Libertarismus (Indeterminismus)

InkompatibilismusInkompatibilismus: Freiheit und Determinismus sind nicht vereinbar.

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Determinismus?

ja nein

Willensfreiheit?

ja nein

Soft-Determinismus

Kompatibilismus

Hard-Determinismus

Libertarianismus (Indeterminismus)

Inkompatibilismus

Libertarier: Inkompatibilist, der der Meinung ist, dass es Freiheit gibt und dass daher der Determinismus falsch ist.

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Determinismus?

ja nein

Willensfreiheit?

ja nein

Soft-Determinismus

Kompatibilismus

Hard-Determinismus

Libertarismus (Indeterminismus)

Inkompatibilismus

Weicher Determinist: Kompatibilist, der der Meinung ist, dass es Freiheit gibt und dass die Tatsache, dass der Determinismus wahr ist, daran nichts ändert.

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Determinismus?

ja nein

Willensfreiheit?

ja nein

Soft-Determinismus

Kompatibilismus

Hard-Determinismus

Libertarismus (Indeterminismus)

Inkompatibilismus

Harter Determinist: Inkompatibilist, der behauptet, dass es keine Freiheit gibt, weil der Determismus wahr ist.

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Determinismus?

ja nein

Willensfreiheit?

ja nein

Soft-Determinismus

Kompatibilismus

Hard-Determinismus

Libertarismus (Indeterminismus)

Inkompatibilismus

Clarence DarrowAlbert Einstein

Thomas Hobbes

David Hume

Baron d`HolbachWolf Singer Peter van Inwagen

Karl Popper

John Eccles

Daniel Dennett

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Determinismus?

ja nein

Willensfreiheit?

ja nein

Soft-Determinismus

Kompatibilismus

Hard-Determinismus

Libertarismus (Indeterminismus)

Inkompatibilismus

Das Konsequenz-Argument

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Das Konsequenzargument für den Inkompatibilismus

Christoph Jäger(2006)

Inkompatibilismus: Deterministische Auffassungen der Welt schließen Willensfreiheit/moralische Verantwortlichkeit aus.

Das Konsequenzargument (Unvermeidbarkeitsargument):

Alle menschlichen Taten und die ihnen zugrunde liegenden Entscheidungen (Wünsche, Absichten, Überzeugungen, usw.) sind unausweichliche Konsequenzen von Naturgesetzen sowie von Weltzuständen, die lange vor der Existenz menschlicher Wesen herrschten.

Da sowohl solche Weltzustände als auch die Naturgesetze unbeeinflussbar sind, scheinen auch ihre Konsequenzen, einschließlich sämtlicher menschlicher Handlungen und Entscheidungen, unbeeinflussbar und unvermeidbar zu sein.

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Das Konsequenzargument für den Inkompatibilismus

Christoph Jäger(2006)

Die Logik des Konsequenzarguments:

Z0 ... ein beliebiger vollständiger Zustand der Welt in ferner Vergangenheit (bevor die Menschheit existiert hat)N ... die herrschenden Naturgesetze,P ... eine beliebige menschliche Tat, die durchgeführt wurde (oder durchgeführt werden wird)

Neurodeterminismus:

ZG (gehört zum Z1) P Z0 Z1 Z2

N N

1. Z0 und N, und niemand ist verantwortlich, daß Z0 und N (Prämisse 1)2. Z0 und N implizieren zwangsläufig P (Prämisse 2 - die aus der deterministischen These folgt)

-----------3. P und niemand ist verantwortlich, daß P (Schlussfolgerung – die aus 1, 2 und R folgt)

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Z0 Z1 Z2

N N

R. Loeb

B. Franks

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Das Konsequenzargument für den Inkompatibilismus

Christoph Jäger(2006)

Angeblich wurde im Jahre 1685 eine Glocke ausgepeitscht, weil sie für Ketzer geläutet hatte.

Christoph Jäger:

„Man sagt, die Glocke habe geläutet; aber wir finden die Bestrafung einer Glocke heute abwegig. Denn…die Glocke…kein geeignetes Objekt von Verantwortungszuschreibung ist.

Konsequenzargumente zeigen: Wenn der kausale Determinismus wahr ist, ist das Tun von Personen wie das Läuten von Glocken. Befestigt an den Seilen der Vergangenheit und der Naturgesetze, wären auch unsere Handlungen und Entscheidungen prädeterminierte Stationen eines unbeeinflussbaren Weltverlaufs.“

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Konsequenzen des Neurodeterminismus – Konsensus der Libertarier und harter Deterministen

Wolf Singer:

„Die … gängige Unterscheidung von gänzlich unfreien, etwas freieren und ganz freien Entscheidungen erscheint in Kenntnis der zu Grunde liegenden neuronalen Prozesse problematisch.“

„Wenn eingeräumt wird, daß das bewußte Verhandeln von Argumenten auf neuronalen Prozessen beruht, dann muß es neuronalem Determinismus in gleicher Weise unterliegen, wie das unbewußte Entscheiden, für das wir dies zugestehen. Dies folgt aus der zwingender Erkenntnis, daß neuronale Vorgänge in der Großhirnrinde nach immer gleichen Prinzipien ablaufen und daß sowohl bewußte als auch unbewußte Entscheidungen auf Prozessen in dieser Struktur beruhen.“

„Keiner kann anders als er ist.“

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Konsequenzen des Neurodeterminismus – Konsensus der Libertarier und harter Deterministen

Gilbert Keith Chesterton:

„The determinists…may well call their law the 'chain' of causation. It is the worst chain that ever fettered a human being. …the determinist speculator…is not free to raise, to curse, to thank, to justify, to punish…, to make New Year resolutions, to pardon sinners, to rebuke tyrants, or even to say “thank you” for the mustard“.

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Ist die deterministische Auffassung der Welt wahr?

Zufall: die Ursache ist Nichts (Sartres Absurdität?) oder etwas ausserhalb des Systems (Dualismus?)

Nach den meisten QM-Interpretationen ist das Ergebnis einer Messung objektiv zufällig, es gibt keinerlei Grund (innerhalb der physikalischen Welt), warum eine Messung ein bestimmtes von mehreren möglichen Ergebnissen hat.

Wahrscheinlich nicht! Die Quantenphysik ist indeterministisch. Viele Physiker denken, daß die Quantentheorie einen erfolgreichen Exorzismus vom Laplaceschen Dämon durchgeführt hat.

Laplacescher Dämon

Selbst bei vollständiger Kenntnis des aktuellen Zustands eines quantenmechanischen Systems ist es nicht möglich, das Ergebnis einer Messung eindeutig vorherzusagen/berechnen. Es lassen sich für die möglichen Meßergebnisse nur Wahrscheinlichkeiten angeben.

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Ist die neurodeterministische Auffassung der Gehirnaktivität richtig?

Neuronale Prozesse zeigen auf allen Ebenen stochastische Elemente:

Membranprozesse (Ionenkanalrauschen, synaptisches Rauschen)

zytoplasmatische Prozesse (stochastische Protein-Interaktionen)

nukleare Prozesse (stochastische Genexpression)

Neuronale Signalverarbeitung: Wo können wir indeterministische (stochastische) Prozesse finden?

geringe Anzahl von Molekülen (Vesikel für Transmittersfreisetzung, postsynaptische Rezeptoren, Signalmoleküle in Spines) stochastische Prozesse werden wichtig

Überall...

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Stochastische Neurotransmitterfreisetzung

• stochastische Modelle der Transmitterfreisetzung können die Daten zur synaptischen Plastizität besser reproduzieren/erklären als deterministische Modelle (z.B. Cai et al. J Neurophysiol 2007)

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Postsynaptische Membran als eine stochastische Nanomaschine

Choquet and Triller Nat Rev Neurosci 2003

Holcman & Triller Biophys J 2006

PSD

• "Receptortrafficking" durch zufällige Bewegung von Rezeptoren in die PSD hinein und heraus

• In der PSD können Rezeptoren durch Bindung an "Ankerproteine" stabilisiert werden• Wenn wenige (<15) Rezeptoren involviert sind, ist ein stochastisches Modell notwendig

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Stochastische Kalciumsignale in synaptischen Dornen

• Stochastik ist wichtig, wenn die Anzahl beteiligter Molekülen klein ist

• z.B. 50 nm Kalziumkonzentration im dendritischen Dorn 3 freie Kalziumionen;

1 mM 60 freie Ionen biochemische Veränderungen

stochastische Modelle (Monte-Carlo Simulationen) sind notwendig, um postsynaptische Kalziumsignale realistisch darzustellen

Franks & Sejnowski, Bioessays 2002

• stochastische molekulare Fluktuationen können in der Zelle spontane Zustandsveränderungen induzieren (z.B. bistabiler LTP/LTD 'switch', Song et al. Biophys J 2006 )

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Biologische Vorteile stochastischer Mechanismen

• Erhöhung der Variabilität, Flexibilität, Diversität Überleben

(z.B. unvorhersehbares Verhalten in kompetitiver Umgebung)

• Interaktion der Stochastik mit Nichtlinearität führt zu neuer und sogar paradoxer neuronalen Dynamik! (Swain & Longtin, Chaos 2006; Destexhe & Contreras, Science 2006)

(z.B. Detektieren unterschwelliger Signale)

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Einfluss des synaptischen Rauschens auf die Input-Output Funktion einzelner Nervenzellen

• kein Rauschen --> Input-Output Kurve entspricht einer Alles-oder-Nichts Antwort

• synaptisches Rauschen --> unterschwellige Reize werden verstärkt, überschwellige Reize werden unterdrückt

Destexhe and Contreras Science 2006

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• stochastische Genexpression wurde direkt beobachtet (intrinsic vs. extrinsic noise)

McAdams and Arkin, Trends in Genet 1999

Goutsias, Biophys J 2007

Samoilov, Price & Arkin, Sci. STKE 2006

Song et al. Biophys J 2006

Trends Genet. 1999

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Ist die neurodeterministische Auffassung der Gehirnaktivität richtig?

Neuronale Signalverarbeitung: Wo können wir indeterministische (stochastische) Prozesse finden?

Überall...

Aber, geht es hier um zufällige oder nur pseudozufällige Prozesse?

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‚Quantum Brain‘ Hypothese

Es gibt Vorschläge, daß der Quanten-Indeterminismus auch im Gehirn eine Funktion haben könnte (‚Quantum Brain‘ Hypothese). Könnte dieser 'echte' Indeterminismus einen Weg zur Freiheit öffnen?

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Das Körper-Geist-Problem (Body-Mind-Problem)

Wie verhalten sich die mentalen Zustände (oder der Geist, das Bewusstsein, das Psychische, die Seele) zu den physischen Zuständen (oder dem Körper, dem Gehirn, dem Materiellen, dem Leib)?

Handelt es sich hier um zwei verschiedene Substanzen? Oder sind das Mentale und das Physische letztlich eins?

Sind wir in unserem Denken und Wollen frei?

Willenskraft

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Verschiedene Lösungsversuche des Mind-Body-Problems

Dualismus

Eigenschaften-Dualismus

Substanz-Dualismus

Monismus

Materialismus Idealismus

Behaviorismus Physikalismus

Identitätstheorie

Funktionalismus

Computer Funktionalismus (AI)

(Solipsismus)

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Verschiedene Lösungsversuche des Mind-Body-Problems

Dualismus

Eigenschaften-Dualismus

Substanz-Dualismus

Monismus

Materialismus Idealismus

Behaviorismus Physikalismus

Es gibt Materie und Geist nebeneinander

(Solipsismus)

Identitätstheorie

Funktionalismus

Computer Funktionalismus (AI)

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Verschiedene Lösungsversuche des Mind-Body-Problems

Dualismus

Eigenschaften-Dualismus

Es gibt zwei Substanzen: Körper und Geist

Monismus

Materialismus Idealismus

Behaviorismus Physikalismus

Es gibt Materie und Geist nebeneinander

(Solipsismus)

Identitätstheorie

Funktionalismus

Computer Funktionalismus (AI)

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Verschiedene Lösungsversuche des Mind-Body-Problems

Drei Substanzdualismen (die Pfeile beschreiben den Weg der kausalen Interaktion)

Die Hauptprobleme des Dualismus: • Wie soll eine kausale Interaktion zwischen zwei völlig unterschiedlichen Substanzen - materiellem Körper und immateriellem Geist überhaupt funktionieren?

• Wie soll im Dualismus der Mensch als Einheit gedacht werden? (Ghost in the machine?)

Descartes

Popper & Eccles

LeibnizHuxley

Substanz-Dualismus: eine Person ist aus 2 Substanzen/Entitäten//Sachen zusammegesetzt: materieller Körper (res extensa) und immaterieller Geist/Ich/Seele (res cogitans)

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Möchten sie noch ein Bier, Monsieur

Descartes?Ich denke nicht….

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Monsieur Descartes, wo

sind sie denn hin?

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Verschiedene Lösungsversuche des Mind-Body-Problems

Dualismus

Eigenschaften-Dualismus

Substanz-Dualismus

Monismus

Materialismus Idealismus

Behaviorismus Physikalismus

(Solipsismus)

Identitätstheorie

Funktionalismus

Computer Funktionalismus (AI)

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Verschiedene Lösungsversuche des Mind-Body-Problems

Dualismus

Eigenschaften-Dualismus

Substanz-Dualismus

Monismus

Materialismus Idealismus

Behaviorismus Physikalismus

Identitätstheorie

Es gibt nur Geist

(Solipsismus)

Identitätstheorie

Funktionalismus

Computer Funktionalismus (AI)

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Verschiedene Lösungsversuche des Mind-Body-Problems

Dualismus

Eigenschaften-Dualismus

Substanz-Dualismus

Monismus

Materialismus Idealismus

Behaviorismus Physikalismus

(Solipsismus)Alles was existiert, existiert nur in meinem Geist

Es gibt nur Geist

Identitätstheorie

Funktionalismus

Computer Funktionalismus (AI)

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Verschiedene Lösungsversuche des Mind-Body-Problems

Dualismus

Eigenschaften-Dualismus

Substanz-Dualismus

Monismus

Materialismus Idealismus

Behaviorismus Physikalismus

Es gibt nur Materie

(Solipsismus)

Identitätstheorie

Funktionalismus

Computer Funktionalismus (AI)

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Verschiedene Lösungsversuche des Mind-Body-Problems

Dualismus

Eigenschaften-Dualismus

Substanz-Dualismus

Monismus

Materialismus Idealismus

Behaviorismus Physikalismus

Es gibt nur Materie

(Solipsismus)

Mentale Zustände sind Verhaltensbeschreibungen bzw. – dispositionen weil nur als solche beobachtbar..

Identitätstheorie

Funktionalismus

Computer Funktionalismus (AI)

Skinner: "Das wirkliche Problem ist nicht, ob Maschinen denken, sondern ob die Menschen es tun."

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Behaviorismus

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Das Problem des Behaviorismus: Mentale Zustände (z.B. Schmerz, Trauer, Freude, Vergnügen) lassen sich nicht als Verhalten fassen.

Aus einem Gespräch zwischen Paul und Sara, die radikale Behavioristen sind…

Es war großartig für dich. Wie war es für

mich?

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Verschiedene Lösungsversuche des Mind-Body-Problems

Dualismus

Eigenschaften-Dualismus

Substanz-Dualismus

Monismus

Materialismus Idealismus

Behaviorismus Physikalismus

Identitätstheorie

Es gibt nur Materie

(Solipsismus)

Funktionalismus

Computer Funktionalismus (AI)

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Verschiedene Lösungsversuche des Mind-Body-Problems

Dualismus

Eigenschaften-Dualismus

Substanz-Dualismus

Monismus

Materialismus Idealismus

Behaviorismus Physikalismus

Identitätstheorie

Es gibt nur Materie

(Solipsismus)

Mentale Zustände entsprechen bestimmten Hirnzuständen

Funktionalismus

Computer Funktionalismus (AI)

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Verschiedene Lösungsversuche des Mind-Body-Problems

Dualismus

Eigenschaften-Dualismus

Substanz-Dualismus

Monismus

Materialismus Idealismus

Behaviorismus Physikalismus

Identitätstheorie

Es gibt nur Materie

(Solipsismus)

Funktionalismus

Computer Funktionalismus (AI)

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Verschiedene Lösungsversuche des Mind-Body-Problems

Dualismus

Eigenschaften-Dualismus

Substanz-Dualismus

Monismus

Materialismus Idealismus

Behaviorismus Physikalismus

Identitätstheorie

Es gibt nur Materie

(Solipsismus)

Funktionalismus

Computer Funktionalismus (AI)

Mentale Zustände = funktionale Zustände des Gehirns

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Verschiedene Lösungsversuche des Mind-Body-Problems

Dualismus

Eigenschaften-Dualismus

Substanz-Dualismus

Monismus

Materialismus Idealismus

Behaviorismus Physikalismus

Identitätstheorie

Es gibt nur Materie

(Solipsismus)

Funktionalismus

Computer Funktionalismus (AI)Mentale Zustände = rechnerische (computational) Zustände des Gehirns (Brain/Mind = Hardware/Software)

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‚Ich‘ als Computer(Computational theory of mind)

Psyche/Bewußtsein/Geist = Computerprogramm/Software

neuronale Netzwerke = Hardware

Computer = mechanistisches deterministisches System

“The brain is just a. computer made of meat.” (Marvin Minsky)

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Stimulus Black-box

Response

Algorithmischer Mechanismus des menschlichen Bewußtseins?

Ist es möglich, das Bewußtsein mit Hilfe eines Computermodells vollständig zu beschreiben (zu simulieren)?

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Chinesisches-Zimmer-Argument (John Searle)

Kann ein Programm allein dadurch, dass es Symbole nach formal-syntaktischen Regeln manipuliert, verstehen ?

(In diesem Raum sitzt jemand, der Chinesisch spricht.)

Ich manipuliere chinesische Zeichen nach Regeln aus diesem Buch. Ich verstehe kein Wort auf Chinesisch.

Nimm aus dem Korb Nr. 1 und plaziere es neben aus dem Korb Nr. 2.

Computer-Programm

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Chinesisches Zimmer (John Searle)

• Das Gedankenexperiment kritisert die These, daß die menschliche Intelligenz (Das Verstehen von Bedetung – Semantik) durch Computerprogramme (Syntax) nachgeahmt werden kann:

Axiom 1: Computerprogramme sind formal (syntaktisch) – sie folgen blind bestimmte Regel.

Axiom 2: Dem menschlichen Denken liegen geistige Inhalte (Semantik) zugrunde.

Axiom 3: Syntax an sich ist nicht hinreichend für Semantik.

Folgerung: Programme an sich sind nicht hinreichend für Semantik.

„Manipulating the symbols is one thing, knowing their meaning another.“

John Searl

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Lucas-Penrose Argument (begründet auf Gödels Unvollständigkeitstheoremen)

„Alle Kreter sind Lügner“

Formales System (Logiksystem):

Axiome = bestimmte wahren Grundaussagen (z. B. 1 = 1)

Ableitung/Berechnung/Beweis (über Ableitungsregel)

Theoreme = weitere (ableitbare/beweisbare) wahre Aussagen

selbstreferetielle Aussage

Aussage G: "Ich (G) bin eine unbeweisbare (unableitbare/unberechenbare) Aussage".

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Lucas-Penrose Argument (begründet auf Gödels Unvollständigkeitstheoremen)

Aussage G: "Ich (G) bin eine unableitbare/unberechenbare/unbeweisbare Aussage".

1. Aussage G ist falsch die Aussage G muss ableitbar sein das logische System ist widersprüchlich (weil in ihm ein falscher Satz abgeleitet werden kann)

2. Aussage G ist richtig G ist nicht ableitbar, aber (gerade deshalb!!) wahr; das logische System ist widerspruchsfrei, aber unvollständig

Es gibt nur 2 Möglichkeiten

Gödel: Jedes (nichttriviale) widerspruchslose formale (mechanistische/syntaktische) System ist unvollständig

es ist prinzipiell unmöglich, alle seine wahren Aussagen (Formel) zu beweisen/berechnen/abzuleiten.

Nur wenn man aus dem (syntaktischen) System aussteigen kann, kann man ihn von außerhalb vollständig (semantisch) beschreiben (inklusive der Bedeutung/Wahrheit der G-Aussage).

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Gödel zufolge gibt es grundsätzliche Grenzen formaler Systeme

Es ist prinzipiell nicht möglich vollständige Kenntnis eines formalen Systems nur mit den Mitteln des Systems selber zu erreichen.

Vollständiges Wissen ist nur von außerhalb möglich – wenn man die formale (syntaktische/rechnerische) Ebene verlässt, um über sie auf der (semantischen) Metaebene zu reflektieren.

Semantische „Einsicht“ + formale Regel > formale Regel

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Lucas-Penrose Argument (begründet auf Gödels Unvollständigkeitstheoremen)

• Roger Penrose: intelligente Einsichten (Einblicke in den Sinn logischer Strukturen) sind wesentlich nich-algorithmischer (nicht-rechnerischer) Natur

Menschliches Denken und Bewußtsein besitzt unberechenbare (nicht-algorithmische) Eigenschaften.

• Computer (deterministische rechnenden Maschinen) sind technische Realisierungen formaler Systeme

• Gödel zufolge gibt es grundsätzliche Grenzen formaler Systeme

• Also gibt es grundsätzliche Grenzen maschineller Systeme

• das Denken eines Logikers kann etwas, was innerhalb des formalen Systems oder der Maschine nicht möglich ist:

aus dem formalen System aussteigen und „von oben“ (von der Metaebene) in das System hineinschauen und dadurch die Wahrheit/Bedeutung der Aussage G einsehen

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Verdammt! Das Passwort! Wie war das Passwort!

Kauf dir endlich mal einen neuen Speicher!

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Lucas-Penrose Argument (begründet auf Gödels Unvollständigkeitstheoremen)

Es gibt zwei Möglichkeiten:

1. Wir sind (neuro-)deterministische computer-like Maschinen

Wir können es nicht beweisen/berechnen, weil für uns (wie für alle nicht-trivialen formale Systeme) eine vollständige Beschreibung/Berechnung uns selbst (unseres ‚Softwares‘) prinzipiell nicht möglich ist.

(Ein Determinist kann glauben, daß er eine deterministische Maschine ist, er kann es aber nie beweisen, sonst wäre sein Denken (sein Software) widersprüchlich.)

2. Wir sind keine (neuro-)deterministische Maschinen.

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(Roger Penrose, John Lucas)

Neues (nicht-algorithmisches) Prinzip (quantum brain) oder indeterministische Philosophie

oder beides

Then a non-computational process occurs

Stimulus Black-box

Antwort

Freie Entscheidungen, Bewußtsein

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Selbstbewußtsein - kognitives ‚Big – Bang‘ in der Evolution?

G. K. Chesterton: „Man is not merely an evolution but rather a revolution.“

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Verschiedene Lösungsversuche des Mind-Body-Problems

Dualismus

Eigenschaften-Dualismus

Substanz-Dualismus

Monismus

Materialismus Idealismus

Behaviorismus Physikalismus

Identitätstheorie

Funktionalismus

Computer Funktionalismus (AI)

(Solipsismus)

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The First Law of Philosophy: For every philosopher, there exists an equal and opposite philosopher.

The Second Law of Philosophy: They're both wrong.

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Verschiedene Lösungsversuche des Mind-Body-Problems

Dualismus

Eigenschaften-Dualismus

Substanz-Dualismus

Monismus

Materialismus Idealismus

Behaviorismus Physikalismus

Identitätstheorie

Funktionalismus

Computer Funktionalismus (AI)

(Solipsismus)

Emergentismus/Holismus?

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Verschiedene Lösungsversuche des Mind-Body-Problems

Dualismus

Eigenschaften-Dualismus

Substanz-Dualismus

Monismus

Materialismus Idealismus

Behaviorismus Physikalismus

Identitätstheorie

Funktionalismus

Computer Funktionalismus (AI)

(Solipsismus)

Emergentism/Holism?Geist (Information) + Materie = neue Einheit (Mensch)

„I believe that we human beings are psychosomatic unities, a package deal with mind and matter in inseparably complementary relationship to each other.“

John Polkinghorne

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Das ganze Mysterium der Mystik besteht darin: daß der Mensch alles kraft dessen verstehen kann, was er nicht versteht. Der morbide Logiker bemüht sich überall um Klarheit und schafft es, alles ins Geheimnis zu hüllen. Der Mystiker findet sich damit ab, daß es ein einziges Mysterium gibt und schon wird alles andere klar. Der Determinist arbeitet die Theorie der Kausalität ganz klar aus, nur um festzustellen, daß er nicht einmal mehr zu [jemandem] "dürfte ich Sie bitten" sagen kann.

„I am persuaded, that somehow…you and I posses that incomprehensible power we call free will…. But I have no insight into the nature of the transcendental magic that operates inside our skulls. I believe that the magic is neither fate nor chance, yet how it escapes those two categories is beyond my grasp. …free will is best left..an impenetrable mystery. Ask not how it works because no one on earth can tell you.“

Martin Gardner

G.K. Chesterton

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Ich kenne nur den Sinn des Lebens – der alte

Goopta da drüben weiss, was die Frauen wollen.