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Insulin-Antikörper und ihre klinische Bedeutung

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Page 1: Insulin-Antikörper und ihre klinische Bedeutung

KLINISCHE WOCHENSCHRIFT 36. JAHRGANG, HEFT 8 15. APRIL 1958

U B E R S I C H T E N

INSULIN-ANTIKORPER UND IHRE KLINISCHE BEDEUTUNG*

Von

ABRAM ]~. STAVITSK¥ ** l i nd EDWAI~D I=L AI~QUILLA ***

Departments of 25icrol)iology and Pathology, ~restern ]~eserve l~nive~si~y School of Medicine, Cleveland, Ohio, U S~k

Ziel dieser ]~bersicht ist eine kurze kritisehe Diskussioa folgender Punkte: Antigenitat yon Insulin, Eigenschaf~en yon Antik6rpern gegen Insulin und Bedeutung yon Insulinanti- kSrpern bei Insulinresistenz, Insutinallergie nnd bei der Er- zeugung eines experimentellen Diabetes. Die Betonung liegt dabei da~a~, day die Spezifitat dieser AntikSrper vor Mlem gegen Insulin und weniger gegen andere Proteine der tIormon- pr/~parate gerichtet ist, und auf dem grundlegenden immuno- logisehen Mechanismns, auf Grund dessen diese AntikSrper den Insulinbedari des Patienten beeinflnssen kSnnen. Diese Betonung ist dutch die f~borzeugung begriindet, dab die Rolle, welche Insulinantik6rper im Krankheitsverlauf spMen, dutch eine genauo immunotogisehe Analyse des InsulinantikSrper- systems geklar~ werden kann.

Antigenitgt yon lnsulin und Eigenscha/ten von InsuIinantik6rpern

Antigenitgt des Hormons und Spezi~itiit der Antik6rper. Die Antigeniti~t yon Insulin und die Spezifiti~t yon Insulin- antikSrpern wurden beim Versnehstier naehgewiesen duroh die Erzeugung yon Antik5rpe~% welehe zur AuslSsung yon Anaphylaxie~, ~, Hautreaktionen ~, Sehultz-DMe-l~eaktion ~, Komplementbindung ~, NeutrMisierung der physiologisehen Insulinwirkungen ~-s, zur Erzeugung eines Diabetes s and zur Agglutination und Lyse yon insulinkonjugierten Erythro- eyten ~ geeignet sin& Beim Mensehen wurde die Antigenit~t yon Insulinpr~p~raten demor~striert dureh die Entwiokhmg yon Insulinresistenz und Insulinallergie ~°-~, durch den Nachweis insulinneutralisierender odor -bindender AntikSrper ~ - ~ , und dureh gelegentliehe Beobaehtung pr~zipitierendor ~s, an, ~ komplementbindender ~s oder agglutinierender ~, a~, an-as Anti- k6rper.

Die Spezifit/~t der Antik6rper gegen Insulin wurde noch nieht eingehender untersueht. Es bestehen jedoeh fiber- zougende Hinweise dafiir, dab manehe dieser AntikSrper in erster Linie gegen Insulin und weniger gegen Verunreinigungen der Pr£parate geriehtet sind. So ist gezeigt worden, dab die im Verlaufo einer !mmunisierung mit muttipIen Injektionen beim Versuehstier und beim Menschen au~tretenden Anti- k6rper in der Lage sind, die hypoglykamisebe Wirkung yon Insulin beim Tier zu bloekieren ~, s, :t~, ~a, ~z, den insulinbeding- ten Glykogenaufbau im t~attenzwereh~etl zu verhindern ~ odor bei Injektion bei der ~{ans einen Diabetes hervorrufen s. Ebenso isg offensiehtlieh, day es insulinspezifische sensibfli- sierende AntikS~3oer odor I~eagine gibt. LOVELESS ~ be- obachtete im Patientenserum einen thormostabflen Anti- k6rper (thermostabiI bei Erhitzung auf 600 C fiir 2 Std), weleher die Allergenwirkang yon Insulin bei einem insulin- allergischen Patienten blockierte. Die Insulin-Spezifit~t dieser sog. ,,blockierenden" Antiseren geht auch daraus horror, dab sic den hypoglyk/~misehen Insulineffekt bei tier Mans zu neutralisieren vermSgen. Es karm daherangenomme n werden, dab die I~eagine des Mlergisehen Individunms insulinspezifisch waren, naohdem n/~mlieh die Reaktion zwischon Insulin und diesen AntikSrpern dureh voransgegangene Nisehung des Insulins mit dem spezifisoh bloekierenden Antiserum verhiitet werden konnte. Fiir oinen ganz sehlfissigen Bowels der Insulin- spezffit~t der sensibflisierendeu odor alIergischen Antik6rper

* Die Liter~tur wurde bis l~fai 1957 einschlieflIieh beriicksichtlg~. Es war dabei nicht beabsichtigt, alle F~lle yon Insulinresistenz oder Insulin- allergic a~zufiihren. ¥iehnehr wurden die Beobachtungen nur so welt beriicksichtigt, als ihr Studium gum gmmds~tzlichen Verst~ndnis der Problematik beitr~gt.

** Teilweise ausgeftihr~ im l~ahmen eines ~orschungsauftrages der American Kear~ Association.

*** Fellow der Arthritis und ~hemnatism-Foundation.

Kfin. Wschr., 36. Jahrg.

w/~re es Mlerdings edordorlich zu zeigen, dab die Antik6rper, welohe die Allergenwirkung yon Insulin blocMeren, identiseh sind mit den,ienigen, welohe die physiologischen tIormon- wirkungen aufheben. Eine derartige kombinier~o Unter- suchung wurde u. W. bisher noch nicht durchgefiihrt.

]}ianche F/~Ile yon Insulinallergie botreffer£ offenbar an- dere Antigone als Insulin. HULT u. JORPES s9 und PaL~Y u. T~UNB~ID~ ~° konnten dus Adftreten Mlergischor Re- aktionen bei iiberempfindHchen Patienten verhiiten odor ver- mindern, indem sic zu wiederholten MMen rekristaltisiertes Insulin verwandten. B~-KA~TZ u. IKLINaBERa 4~ untersuchten bei einom Kind mit Insulinallergie und -resistenz die Hant- reaktionen auf verschiedeno Insulinpraparationen. Lediglich mit einer L6sung des hyperglyk~misierenden Faktors (Gluca- gon) ergab sieh ein positiver tI~uttest, der dem nach kristal- linsm Insulin vergleichbar war. Die Allergenit~t eines handels- iibtichen Insulins wurde nicht beeinfluBt, wema es fiir 30 bis 180rain kochendem Wasser ausgesetzt wurde. Es wurde daher gefo!gert, dai3 die Allergic in diesem Fell gegon ein hitzestabfles Allergen anderer Natur Ms Insulin gerichtet war.

Gin wiohtiger Gesichtspunkt bei der Antigenit~t yon In- sulin ist die _~hnliohkeit odor Versehiedenheit yon Insulin versehiedener Species. An Hand der Untersuchungsmethoden der Anaphylaxie 1, ~, Komplementbindung 5, Diabeteserzeu- gung s, Allergenit/~t 3a, tt~molysehemmung 9 mid Lokalisation fluoreseinmarkierter InsulinantikSrper in PankreasinselzelIen ~2 ersoheinen Insuline verschiedensr S~ugetiere im Hinbliek auf ihro ~ntigeneigensch~ften ong rembrandt. In einer kfirzliehen Untersuehang mittels H/~molysohemmung 9 ergaben Antiseren gogon kristallines Rinder-Insulin erhebliehe Krenzre~ktionen mit menschlichem Insulin und der , ;A"-Komponente 4z yon Sehaf-, l~inder- und Sehweino-Insulin, zeigten jedoeh mit anderen Pankreasproteinen ale Insulin, beispielsweise mit Gtucagon, keine Reaktionen. Die Spezifitfi.t dieser Insulin- antikSrper zeigte sieh aueh darin, dab sic die hypoglyk/~misehe Insulinwirkung b e i d e r normalen Mans zu verzSgem in der Lage waren. Jedoeh konnte nieht n~ehgewiesen werden, ob die in vitro mit Insulin reagierenden AntikSrper identiseh waren mit denjenigen, welehe die physiologischon Wirkungen des Hormone in rive neutralisiorten.

Auf der anderen Seite wurden yon LoweLL und FRaNK- 5nv s Anhaltspunkte flit eine Speeies-Spezifit~ yon Insulin beigebraeht. Sic maehten Kaninehen resistent gegen die hypoglyk~misierende Wirkung einer Misehung yon Rinder- und Sehweineinsulin, indem sic die Tiere mit dem botreffenden Material immunisierten. Bei Injektion mit ungereinigtem menschliehem Insulin entwieketten diese Tiere jedoeb eine sehwcre ttypoglyk~mie. MOLOlV~¥ u. CorAL s immunisierten Schafe nnd Neorsehweinchen mit Schweineinsulin. Die Tiere bfldeten zirkulierende insulinneutralisierende Antik6rper. Zur gMehen Zeit erwiesen sic sich Ms resistent gegenfiber der physiologisehen ~,Virkung exogon zugefiihr~en Insulins yon 5 anderen Species Ms veto Sehwein. Trotzdem kam es bei den Meersehweinehen zu Hs~oglyk/~mie nnd Sehock, wenn sic mig ungereinigtem ,,nativem" Meerschweincheninsulin in- jiziert wurden. K i ~ l i e h wurdo in papieretektrophoretisehon Untersuehungen gefunden a°, dab insulim'esistonte Diabetiker ein y-Globulin in ihrem Serum besitzen, welches l~Lnder- insulin, jedoch nicht monsehliehes Insulin binder.

Die Antigenit~t und Speeiesspezifit~t diirfte in mauchen Fallen eher die Natur antigener Verunreinigungen ale des Insulinanteils selbst widerspiegein. Damit lassen sieh die moisten dor eben erw/~hnten Beobachtungon jodoch nieht er- kl~ren. Die plausibelste ErMgrung der Befunde, wie sie yon L o w ~ und F~ANKni~ s nnd CovA~ s vorgesohlage~ wm'de, besteht darin, dab endogenes Insulin odor ungereinigto Hor- monpr~parationen einer Species immnnologiseh versehieden

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842 A.B. STAVI~SXY und E. R. A]~qU~LLA: Insulin.AntikSrper und ihre klinisehe Bedeutung Knnische Wochenschrift

sein kSnnen yon hSher gereinigten Praparationen (vom Typ des handelstibliohen Insulins) der gleichen Species. M6glichcr- weiss ist endogenes Insulin speoiesspezi~sch, verliert abet diese Spezifit~t im Verlaufe des Reinigungsprozesses. Mit dieser M6gliehkeit wtirde die Beobgehtung in ~bereinstim- mnng s~ehen, da]~ Meerschweinehen und Schafe mit Anti- k6rpern gegen Sehweinelnsulin keine abnormen Glucose- toleranzkurven zeigten. Lowel l und F~Ah~K~ s machten Kaninchen gegenliber kristallinem Insulin resistent und f~n- den, da~ diese Tiers keine Resistenz gegenfiber ihrem endo- genen Insulin aufwiesen, wie ,us dem norm~len Glucose- toleranztest hervorging.

In einer anderen Untersuchung ~ produzierten Kaninehen, die mi~ Rinderinsuhn immunisiert wurden, AntikOrper, die in vitro mit Insulin yon Men"oh, Sehaf und Schwein reagierten, zeigten jedoeh w/~hrend verschiedener Phasen der Immuni- sierung regelm~l~ig sine normale Glueosetoleranz. Diese Tiers besaSen InsuIinanti]~Srper, welche offensichtlich nicht mi~ ihrem eigenen Insulin reagier~en. Dies kann entweder bedingt sein dutch einen Mangel an Spezifit~t die,or AntikSrper gegen- fiber endogenem Insulin odor durch das Fehlen sines Ken- takt~s z~dsehen zirkulierendem AntikSrper und gebundenem oder intracetlulgrem Hormon. Die Tat, ache, da$ Insulin im Blur nachgewiesen werden kann ~, scheint die letztere Er- kl~rung hinfallig nnd die erste wahrscheinlicher zu machen. Es ist allerdings zuzugeben, dal~ die Antigenit~t yon Insulin ver~ndm~ werden kSnnte, wenn das Hormon veto Ort der intracellularen Synthese in die K6rperfliissigkeiten iibergeht. Zwei Befunde spreehen jedoeh dafiir, dab das Insulin in den fi-Zellen identisch mit dem im KreislauI ist, n~mlioh erstens die Lokalisierung yon fluoreseinmarkierten InsulinantikSrpern in der Inselzelle ~, und zweitens die vergleiehende Unter- suchung yon Insulin odor Insulinvorstufen in fl-Zeligranula und yon Insulin in LSsung a~.

Zur Klgrung der Speeies-Spezifitat yon Insulinen sind noch welters Untersuchungen erforderlieh. Auch individnelle Untersehiede in der Art der gebildeten AntikSrper sind mOg- lieh, indem manche Patienten AntikOrper besitzen, welche sowohl menschliehes wie kristallines l~inderinsulin neutrali- sierenXL Allergische AntikSrper kSnnen weniger spezifisch sein als neutralisierende AntikSrper, und sine Sensibflisie~ng normaler mensehIicher Hunt sowohl gegen mensehliches wie Rinderinsulin ist erzielt wordenat Allerdings mug die brei- tere Spezifita, t die,or allergischen AntikS~39er zusamm enhgngen mit der Anwesemheit von AntikSrpern gegeniiber mehr ,is einem Protein der Hormonpr~parationen oder gegen andere antigone Konfigurationen des Insulinmolekiils als die, welche der Bildung neutralisierender AntikSrper zugrunde liegen.

Eine Reihe yon Untersuchungen l~$t erkennen, da$ die chemischen Gruppen, die mit der Antigenitgt des Insulin- molekfils zu tun haben, verschieden sind yon 8enen, die an tier hormonaleu ~Virkung beteilig~ sind. Mit Insulin, dessen hormonale Aktivitgt dutch Cystein zerstSrt wurde, lassen sich noeh immer AntikSrper erzeugen, welche die physiologi- schen Wirknngen des Hormons", ~ und die Hautreaktionen bei allergischen Patienten is, 4s bloekieren. Es ist weiterhin ersichtlich, da$ die Mengen sines Insulins der einen Species, welche bei den serologischen Reaktionen ben6tigt werden, gross Untersehiede zeigen kann yon der erforderlichen Menge yon Insulin einer anderen SpeeiesaL Diese Beobachtnngen legen nahe, dab die an der Insulinantigenitgt beteiligten ehe- mischen Grappen ge~rennt, abet wahrscheinlieh benachbart sind odor sich fiberschneiden mit jenen, welche fiir die physio- logische Wirkung des I~[ormons verantwortlich sind.

Physiko-chemische Eigenscha/tsn, Die Spezifit~t neutrali- sierender und sensibflisierender AntikSrper gegenfiber dem Insulinmolekiil vorausgesetzt, erscheint es wiinsehenswert, die Grundlagen der unterschiedliehen Wirkungswcise dieser beiden Antik6rpeffbrmen festzustelten. Low~nL s und LOVeLeSS und OAy~ xs zeigten, dab der sensibflisierende An%ik6rper thcrmo- labil ~st (bei 570 C fiir 1--2 Std)~ w~hrend die neutralisierenden Antik6rper sich unter diesen Bedingungen thermosta.bfl ver- halten. LOVeLeSS u. CAs~ ~s fanden die sensibflisierenden AntikSrper crier R, eagine gegen Insulins ha, uptsgchlieh in dcr 7-1- odor ~-Globulin-Fraktion menschlicher Seren, w/~hrend die neutralisicrenden AntikSrper in Seren insulinresistenter Patienten regelm~l~ig in der 7-2-Globulin-FraI~ion naeh- gewiesen wurden s~, s,-,0, ,s. Es ist jedoeh schwierig zu unter- scheiden zwischen dem Auftreten isolierter Spitzen yon Anti- k6rperaktivit~t, welche aufe ine Globulinfrak~ion begrenzt sind, nnd der Existenz eines Spektrums sich fiberlagernder Antik6rper mit Hinweisen auf sine bevorzugte Aktivit/~t in

der einen oder anderen Fraktion. Naeh den Elektrophorese- Untersuchungen yon LOVELESS U. CA ~ 23 scheint es jedoch vorl~ufig so, dab der Unterschied in den physiologisehen Eigenschaften yon sensibilisierenden und neutralisierenden oder ,,bloelderenden" AntikSrpern zwei versehiedenen Arten yon Proteinmolekiilen zugeschrieben werden kann. Diese ver- sehiedenen AntikOrper sind mOglieherweise gegen untersehied- liche, wean aueh wahrscheinlieh benachbarte Gruppierungen am Insulinmolekiil gerichtet.

Serologische Eigenscha/ten. Bei Untersuchungen mit Seren yon insulinresistenten Diabetikern oder Versuchstieren wurde nur selten fiber die Anwesenheit yon AntikOrpern berichtet, welche Insulin in vitro pr~zipitieren is, a% 3,. Die meisten Ver- such e, diese Reaktionsweise zu demonstrieren, waren erfolg- los 5, s, ~, 11, s6, ,5, as. Komplementbind~nde Antik6rper wurden im Serum yon insulinimmunisierten Xaninehen n~ehge- wiesen s. Agglutination yon insulinbel~tenen Kollodiumtefl- chert dureh das Serum einiger insulim'esistenter Patienten wurde beriehtet as, ,7. Der erste t~berei~stimmende Nachweis serologisch aktiver Antik6rper gegen Insulin im Serum insulin- resistenter Diabetiker und kfinstlich immunisicrter Versuehs- tiers wurde jedoch mit Hills der Hamagglutinations- und Hamolyse-Technik geffihrt 7, s. Insulin wurde mit Hil~e yon Bi-Diazo-Benzidin (BDB) an Schaf- odor Kaninchenerythro- cyten gebunden. Diese insulinbehandelten Zellen wurden dureh Insulin-Antiseren agghtiniert bzw. in Anwesenheit von Komplement zu spezifiseher H~motyse gebr~cht. Die Spezifitgt dieser Re&ktionen wurde im Hemmungsversuch nachgewiesen, indem die Anti,era vor Hinzufiigung der insulinkonjugierten Erythroeyten zuvor mit Insulin inkubiert wurden. Eine vorausgehende Inkubation mit anderen Pro- teinen ~Is Insulin fihhrte nicht zur ttemmung. Welters Be- weise 7, 9 far die Rolle sines' spezifischen Antik6rpers odor spezifischer An~ikSrper bei diesen Reaktionen kS~men folgen- derma~en znsammengefaBt werden:

1. Die Insulin-Antiseren fiihrten nicht zur Agglutination niehtsensibilisierter Schaf- ;odor Rattenerythroeyten. (Die Seren wurden vet Verwendung zur H~magglutinationsreaktion elner einm~ligen Absorption mit einem gMehen Volumen yon Schaferythrocyten unterzogen.)

2. Die hgmagglutinierenden Substgnzen wnrden in der y-Globulinfraktion der Kaninehensers gefunden.

3. Eine ~namnestisehe t~eaktion aufeine einzelne Insulin- injektion war bei i f , her immnnisierten Kaninehen ansl6sbsr.

4. Seren yon Kaninehen, welche sine langere Serie yon Injektionen mit l:Mnderinsulin erhslten hatten, zeigten Kreuzrea.ktionen mit Insulin yon versehiedenen Species.

5. Antiseren yon Kaninchen neutralisierten die physio- logische Insulinwirkung beider Maus.

Trotz des Naehweises h~m~gglutinierender und hamoly- sierender Antik6rper in diesen Kaninchen-Antiseren konnten mi~ den gleichen Seren keine Pr~cipitinreak~ionen hervor- gerufen werden. Dies AnsbMben einer Praeipitin-Reaktion kgnn aid sin odor zwei Wegen erkiart werden. Zuna, ehst ist es mSglieh, dab die Antik6rper nicht in ansreiehender Menge vorhanden waren, um mit den verwendeten Insulinmengen (38--300 y) siehtbare Aggregate zu bflden. Das ist sehr gut mSglieh, da auch 38 y einen grol~en Antigenfiberschnl~ It~r alle auf~er fiir die wirksamsSen Antisera darstellen l~nn. Daher ,011ten Anti-Seren, wenn grSBere Mengen zur Veffiigung stehen, mit Insulinmengen yon 0,1--2 odor 3 y und 1 ml odor gr6$eren Mengen Sermn a.u~ Prgcipitine getestet werden, wobei die Tests ffir eine Woche unter aseptisehen Bedingungen im Eissehraak verblelben, ehe sie zentrifugiert und abgeleseu werden. Die zweite M6glichkeit besteht darin, daft AntikSrper sines Type gebildet wurden, welche din-oh tt~magglutination und tt~molyse, jedooh nicht duroh Prgcipi~ation fiachgewiesen werden k6nnen. Dies kann jedoch ale unwahrscheinlidti an- gesehen werden, naehdem man gefunden hat ~, da~ nicht- prazipitierende'AntikSrper auch nicht zur Hgmagglutination yon mit dem homo]0gen Protein behandegen Erythrocyten ffihren, wie nach einer strikten Interpretation der Gitter- theorie so auch zu erwarteh ist.

Im Gegensatz zu den positJven Hamagglntinations- befunden mit Seren yon insulinimmunisierten Kaninchen und insulirrresistenten Diabetikern stehen die hog,riven Ergebnisse mit einem einzeInen Serum, welches yon einer insulinallergi- sehen Frau st,ramie s~ *; obwohl sine passive 13bertragung der Hautsensibilitg~ gegen Insulin mit diesem Serum mbglich

* Die Verfasser danken Dr. MAEY tt:. LOVELESS, die die,e, Serum zt~r Verffigung s~elI~e.

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Jg. s6, tIeft s A . B . S~AvrrsKY und E. R. A~qcmnA: Insulin,Antik6rper and ihre klinisehe Bedeutung 343 15. April 1958

w a r 1~, fiihrte es nicht zur H~m~gglutination yon mit der BDB-Methode insulinkonjugierte:n Erythroeyten.

Diese Ergebnisse mit der H~magglutinationsreaktion wur- den ktirzlich duroli STEIG:Et~WALD 38 und ~ANKELOWITCt~ et al. a~' best~tigt, welche im Serum yon Patienten einen Antik6rper naehwiesen, weleher mit der Tannins~ure-Methode yon BoYDnN s~ insulinbeladene Erythroeyten aggIutinierte. Eine dieser Gruppen ss benStigte jedoeh, um eine Agglutination zu erhalten, die Hinzuffigung eines einem Coombs-Serum ~hn- lishen Kaninchenserums, welches durch Injektion einer Ni- schung yon insulinresistentem Serum und Insulin gewonnen worden war. Komplementbindende AntikSrper gegsn Insulin wurden im Serum yon insulinimmunisiergen Kaninchen nach- gewiesen ~. Die Spezifitgt dieser AntikSrper wurde nieht ge- priift. Ihre Spszifitgt gegen Insulin untersteilt, bleibt die Frage ihrer Prgeipitabilit~tt jedosh nocli often. Antigen- Antik6rper-Pr~eipitate binden zwar Komplement, jedoch karm eine Komplementbindung aueh unter Bedingungen ein%reten, unter denen eins sichtbare Pr~sipitation nicht eintritt and 16sliche Antigeu-Antik6rperkomplexe gebildet werdenSa, s~. Wit hubert noch keine definitiven Kerm$nisse fiber die komple- mentbindenden Eigenschuften yon nuehgewiesenermagen niehtprgzipitiersnden Antiseren. Neuere Untersushungen spre- ehen aber daffir s~, dab eine wesentlich hShere Konzentration nichtprgzipitierender AntikSrper als pr~zipitierender Anti- k6rper erfOrderlieh ist, um eine en~sprechende Komplement- menge zu binden.

Neuerdings ist die in vitro-Bindung oder Neutrahsation yon Insulin dutch Seren yon Diabetikern naehgewiesen wor- den '~-a°. Mi~ Radiojod murkiertes und an Antiserum gs- bundenes Insulin zeigte eine elektrophorstisehe Wanderung mit der y-Globulinfraktion. Sxo~ u. TALMAen ~s gaben murkiertes IDsulin zu mensebtichem AntiJnsulin-Serum und inkubierten die Misehung I Std be i 40 C. Dann fiigten, sic Anti-tIumanglobulinserum veto Kaninehen hinzu in einer i~enge, welche zur maximalen Pri~cipitation des tIuman- globulins fiihrte. AnschlieBend wurde die I~adioaktivitat des Pr~cipitats bestimmt. Daraus lieg sich die vom Globulin gebundene Insulinmenge bereehnen und ans dem VergMch der Insulinbindung bei zwei untersehiedlishen Insulinkonzen- trutionen die Avidit~ig des AntikSrperglobulins Iiir Insulin ab- teiten. I n einer anderen, mittels Papierelektrophorese durch- gefiihrten Untersuchung a~ wanderte das markierte Insulin mit der y-Globulinh'uktion des Scruffs eines insulinresistenten Diabetikers. Da die Znfiignng des Antigens zu pr/izipitierenden AntikSrpern die Wanderung des ~ t i g e n s in. der Papierelektro- phorese offenbar verhindert ~, win'de yon diesen Autoren an- genommen, dug es sieh bei den InsulinantikSrpern um nicht- pr~zipitierende AntikSrper handele. Es ist jedoch nieht be- kannt, ob das Antigen-Antik6rper-VerhMtnis die Ergebnisso dieser Technik beeinflugt, undes mug eingergumt wsrden, dab 16siiche Komplexe yon Antigen und pr~zipitierendem Anti- k6rper (ira Bersich des Antigeniibersehusses) bei der Papier- elektrophorese in gleicher Wedse eine Wanderung zeigen, wie sic bei den Insulin-Antik6rperkomplexen beobaehtet wurde a°.

Auf Grund der vorliegenden Befunde l~Bt sieh daher nicht entscheiden, ob irgendwelehe der Insulinantik6rper nieht- pr/~zipitierend sired. Daher ist es auch nieht mSglich, die Menge der in Antiseren enthMtenen Insulh~antikSrper exakt zu bestimmem Eine genauere immunochemisehe Analyse s~ ist erforderlieh, um diese fiir die tteurteilung der mSglichen Rolle yon Insulinantik6rpern in der klinischsn Medizin ~uBerst wiehtige Frage zu kl~ren.

Bedeutung der Insulinanti/c6rper Insulinresistenz. Es kann nicht 1/~nger bezweffelt werden,

dug im Blut yon Patien~en und Versuchstieren, wslche mul- tiple Insulininjektionen erhalten haben, Substanzen auftreten, welehe zahlreiehe Eigensshaften yon Antik6rpern besitzen. Diese Substanzen kSnnen Insulin in vitro ak~iv binden, seine physiologisehen Witkungen in vitro und in vivo neutralisieren, seine Allergeniti~ bloekieren und das Verschwinden yon j~s~. markiertem Insulin ans dem Plasma bei dsr MehrzahI insulin- behandelter Diabetiker und Sehizophrener verzSgern. Die entseheidende Yrage ist jedoch, ob far den erh6hten Insulin- bedarf resisten~er Pa~ienten die Anwesenheit spezffischer Insulinantik6rper in ihrem Blur verantwor~hch gemasht werden kana. Daher soil eine Anzatd yon Untersuchungen diskutiert werden, bei denen insuli~meutralisierende, -bin- deride, -pri~zipitierende oder -agglutinierende Antik6rper im Patientsnserum gefunden wurden nnd in denen versuch~ wurde, Auftreten und Konzentration dieser An~ik6rper mit

dem Insulinbedarf in Korrelation zu setzen. Beobachtungen einzelner :F~lle yon Isasulir~resistenz bleiben dabei unberfick- sichtigt, soweit nicht d ie Fluktuationen yon Antik6rper- konzentration uud Insalinbedarf verfolgt und in Korrelation gesetzt wurden.

L l s R ~ -is besehrieb mehrere F~lle yon Insutinresistenz, bei denen der Resistenzgrad mit der AntikSrperkonzentration parat[el zu gehen schien. Als z. B. das Serum des ersten Falles mi~ einer InsulinverdiiImung yon 1:200000 naehweisbare zirknlierende AntikSrper enthielt, betrug der Tagesbedarf des Patienten 700E Insulin. Einige Monate sparer, als die Pr~eipitinreaktion erst bei emer Antigenverdiinnung yon 1:800 positiv ansfiel, war de1' Insulinbedarf auf 100E/Tag zuriickgegangen. Zwei weitere Patienten, deren Bedarf bis zu 2200 E/Tag betrug, besM~en insulinneutrMisierende Sub- stanzen in ihrem Serum. Zu einem sp/~teren Zeitpunkt, als der ]3edarf uuf 5 0 - 6 0 E/Tag abgefallen war, en~hielten die Seren keinerlei insulinneutralisierende Fuktoren. Der Insulinbedurf eines vierten Patienten sehwankte zwisehen 100 und 140 E/Tag; zu dieser Zeit lieBen sich keine AntikSrper im Blur naeh- weisen. Drei ~Ionate sparer jedoeh, ats der Bedarf anf 200 E ~nstisg, gab das Serum eiae Prgeipitinreaktion mit einer Antigsnverdfinnung yon 1:800. Eia Jahr sparer war der Itormonbedarf auf 46 E/Tag ubgefallen, und i m Serum liei3en sich keine Pr~cipitine naehweisen.

Obgleich L~MASS Fglle is eine Korrelation zwischen Insulinbedarf nnd AntikSrperspiegel zu zeigen sehienen, sind die Befunde ans 2 Griinden nieht beweissnd. Erstens wurde nieht naehgewiesen, dab die pr~zipitierenden AntikSrper fiir Insulin ~er ss spezifisch waren. So fanden K A ~ e t ~ l . a~ pr~zipitierende AntikSrper gegen Insulin im Serum sines insulinresistentert Diabetikers, ohne dug jedoeh die Mischur, g dieser Ant.ikSrper mit Insulin zur Inhibierung der hormonellen Wirkung beim Kaninshen fiihrte. Zwsitens ist die Anggen- verdiinnmagsmethode, die zur Quantifizierung des AntikSrper- spiegels benatzt wurds, nicht genau genug 5G, um die ge- zogenen Sehlul~folgerungen zu reshtfertigen.

LOWELL 10 beschrisb einen Diabetiker, der 14 Tage nach Beginn der Insulintherapie resistent win'de, wobsi zu dieser Zeit ein insulinneutrMisierender Faktor, vermutlich ein Anti- k51,per, im Serum auftrat. Die neutrahsierenden AntikSrper gingen zurfiek, als das Insulin abgesetzt wurde, und gleich- zeitig verminderte sieh die Resistenz gsgeniiber Insulin. Der Autor seh~tzte nach den NeutrMisationsbefunden an der M~us, clog die gesamte im Plasma des Patienten entha]tene AntikSrpermenge ansreiehend sein wfirde, um 1500 2000 E Insulin zu neutralisierenSL Angesichts der kontinuierhehen Anff~kgrperbildung und der m6gtiehen Anwesenheit yon 2mti- kSrpern im Gewebe, welche sich mit der M~useteshnik niehg nashweisen lassen, ist es erkl~rlieh, dug grebe Insulinmengen eriorderlieh sind, um bei eiuem solchen Patienten einen dsug- lichen BlntzuckerabfMl zu erzeugen.

2¢[ARSt~ U. HArJ~AalCD 21 unt~rsuehteu den EinfluB des Serums insulinresistenter F~he au~ die Insulinwirkung am t~attenzwerehfell. Die Glykogensynthese im halbierten I~at- tenzwerehfelI in Gegenwart, yon Serum und Insulin wurde mit der Glykogensynthese unter Insulin allein verghehen. Dabei kam eine dureh den Serumzusatz bewirkte Erniedrigung der wirksamen Insulinkonzentration in einer Vermiaderung des Glykogengehaltes im Vergleieh zur nut mit Insulin be- handelten Zweretffellh~lfte zum Ausdruek. Mit dieser Me- rhode liefi sich nachweisen, dab das Serum normaler und diabetischer Pa~ienten signifikaute Mengen insulinneu~rati- sierender Substanzen enthatt, dug diese jedoch im Serum insulk~resistenter Individuen in besonders groBer Menge vor- kommen. Es war jedoch nicht mSglieh, bei einem genauer untersuchten Patienten eine Korrelation zwischen der neu- trahsierenden ~Virkung des Serums und dem klinisehen Ver- lauf aufzufinden. Dariiber hinans zeigten spatere Serumproben dieses Patienten noeh immer eine insulinneutrahsierende Ak- tivit~t, obwohl keine Insulinresisteuz mehr bestand.

L o v e l e s s u. C ~ ' ~ ~ besehrieben einen Falt yon Insulin- resistenz bei einer Diabetikerin, in dem das Bloekierungs- vermSgen je ml Serum mehr als ansreiehend war, um ihren t~ghehen Insulinbedarf zn erklr~rem

A~QV~LLA u. S~AYrrsKY s testeten die Seren yon 23 dia- betisshen Putienten mit der H~magglutinationsteohnik unter Verwsndung yon Kaninchenerythrocyten, an welche Insuhn mit I-Iiife yon Bi-Diuzo-Benzidin gekoppelg war. Derurtig prgparierte Zellen wurden dutch das Serum insulinimmuni- sierter Kaninehen agglutiniert. Die Spezifit~t der Reaktion wurde dutch vorherige Inkubation des Antiserums mit Insulin

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gepl~ft; unter diesen Bedingungen war die Reaktion gehemmt. Die Befunde sind in Tabelle I zusammengefaBt. Die Seren yon II dieser Diabetiker enthielten AntikSrper gegen Insulin. Sieben der pos~tiven Seren stammten yon Patienten, welche 120--2000 E Insulin taglich erhielten. Vier andere Patienten mit Insulinantik6rpern benStigten 70~90E/Tag . Insulin. antik6rper waren nicht na~hweisbar bei 9 Patienf~n, yon denen 4 noch nie Insulin erhalten hatten. Ein Patient, bei dem keine Antik6rper gefunden wurden, bekam 100 E/Tag. Bei den 3 restlichen Patienten war die Anwesenheit yon Anti- kSrpern im Serum fraglich, d a die Titer niedrig waren und dutch vorherigo Inkubation mit 10 y Insulin nur gering redu- ziert ~rden. Insgesamt besteht keine eindeutige KolTelation zwisehen dem taglichen Insulinbedarf der Patienten und ihrem Titer an hamagglutinierenden AntikSrpern.

Tabelle 1. Hgimaggtutin~erende Antik6rper gegeu Insulin bei diabetischen Patienten *

Pa~ien- Insulinbedaff ten E/Tag

Bet. 2000 R . S . 2OOO W. 600 H. 500 0. S. 500 O. I t . 125 J . G . 120 D . S . 90 B . B . 85 Sed. 70 Cug. 40

A . S . nur Diat J . D . 40 D . R . 65

L . S . 100 A.C. 45 H . S . 40 N . F . 25 Wfl. 5 H . S . nur Diat W . J . kein Insulin :Bur. kein Insulin Jef. frischer

Diabetes

Anti- k6rper- Titer

1/160 1/~ 1/128o 1/32 1/6~ 1/160 1328 1/128 1/40 1/12 1/16o 1/32 1/16 1/16

0 0 0 0 1/8 0 0 0 0

Titer nach Inbukation

mit 10 Insulin

0 1/S 1/20 1/~ 1/16 1/2o 1/16 1/16 0 1/3 1/lO

Bemerkungen

Im Serum dieser P~tienten w~ren Antik6rper gegen Insulin vorhsnden

1/16 Fragtieher Gehult 1/8 an Insulin-Anti- 1/8 k6rpern im Serum

0

0 0

o o

0

Insulin-AntikSrper im Serum nicht nachweisbar

Die Verfasser danken folgenden Kolle fen, welehe Diabeti- ker-Seren zur Verfiigung stellten: Dr. J. C~Am, Depar~mt. of Med., Western Reserve Univ. School of Medicine, Cleveland, Ohio; Dr. E. P ~ Y IV[cCuLLA~t, Cleveland Clinic, Cleveland, Ohio; Dr. MARY tt . LOV~LnSS, New York Hospital, New York, Iqew York; Dr. BE~RD CHARB~S, ~[t. Sinai Hospital, Cleve- land, Ohio.

DITUR158 pnblizierte einen Fall yon insulinresistentem Diabetes bei einem Patienten mit Pankreasexstirpation. Dabei wurden mit der Hamagglutinationsteehnik 7 AntikSrper naeh- gewiesen, wobei yon der ersten Insulinin]ektion an eine Korre- lation zwischen den Schwankungen des Blutzuckers und der AntikSrperkonzentration zu bestehen schien.

COLW~L~ u. W~IG~R 2~ studierten einen Patienten mit l~tamoehromatose und sehwerem labilem Diabetes und hoch- gradiger Insulinresistenz. Die Beobachtungen erstreckten sieh kontinuierlieh fiber eine Periode yon 7 Monarch bis zum Tode des Patienten. W~.hrend der letzten 2 Monate wurde eine Serie von 17 Sernmproben au~ insulinneutratisierende 2~ktivi- ta t an der Marts gepriift. Diese Periode schloB eine Phase ansgesprochener Insulin-Resistenz (mit einem tagtichen Insulin- bedarf bis zu l1400E) ein sowie ebenso eine durch einen sehaffen Rtickgang der Resistenz gekennzeiehnete Phase, die mi t der Zufuhr yon ACTH znsammenhing. Die Serumproben zeigten deutliche insulininhibierende Eigenschaften, wahrend Insulinresistenz und y-Globulinwerte hoeh waren, und unter den umgekehrten Bedingungen f i e l d e r Titer der Insulin- neutralisation gleiehzeitig und entspreehend ab. Wahrend tier Resistenzphase deutete sich ein Abfall des Sernmkomplements

* Nach einer Tabelte irn ft. olin. Invest2. Die Verfasser danken dem Herausgeber dieses J'ournals fii~ die Erlaubnis zur Yerwendung dieses ~aterials.

am, wolcher mOglicherweise dutch eine Komplementbindung des Insulin-Antik6rperkomplexes bedingt war.

IVIoLON~¥ u. COVAL 8 erzeugten insulinneutraHsierende AntikSrper bei Meerschweinchen nnd Sehafen durch die In- jektion yon Insulin zusammen mit l~reundschen Adjunvan- tien~% Die Tiere, die derartige AntikSrper bildeten, erwiesen sieh als insulinresistent, und ihro Seren neutralisierten die hormonalen Insulinwirkungen.

BURROWS, P~T~I~S u. LOW]~LL ~° wiesen mit Hilfe der Papierelektrophorese die Bindung yon J13X-markiertem Insulin durch y-Globulin insulinresistenter Individuen nach. Im Serum yon insulinbehandelten, aber nicht resistenten Diabeti- kern lieB sieh keine Insulinbindung feststellen. Perioden yon Insulinresistenz, Tie sic aus dem tagliehen Insulinbedarf hervorgingen, und der j eweilige Spiegel insulin neutralisierender AntikSrper (im Mauseversueh) stimmte mit einer gesteigerten Insulinbindungsfahigkeit des y-Globulins fiberein.

Im Gegensatz zu diesen Befunden, welche fiir eine Korre- lation zwisehen der Anwesenheit und dem Spiegel yon Insulin- antik6rpern und dem Bestehen und dem Grad einer Insulin- resistenz sprechen, stehen jedoch verschiedene neuere Unter~ suehungen, bei denen eine derartige Xorrelation nicht be- obaehtet wurde. B]~I~SON et aL ~s und W]~Ls~ u. Mitarb. 29 fanden InsulinantikSrper im Serum bei der groBen Mehrzahl yon Patienten, die fiir eine Daner von ~Ionaten bis Jahren m i t Insuliu behandelt worden waren, im Gegensatz zu Per: sonen, welehe noch nie Insulin erhalten hatten, oder die weniger als 2--3 Monate behandelt worden waren. Bei Indi- viduen, die bereits fiber langere Zeit Insulin erhalten hatten, versehwand Jlal-markiertes Insulin wesent]ieh langs~mer ans dem Serum als in den anderen Patientengruppen. Diese ver- langerte Peristenz yon Insulin im Plasme~ insulinbehandelter Individuen ging mit Izlsulinbindung dutch ein erworbenes Globulin einher, welches die Kriterien eines AntikSrpers er- ~iillt. Das ~ax imum der Insulinbindung an Globulin, das bei diesen Patienten beobachtet wurde, betrug naeh der spezi- fisehen Ra~lioaJ~tivitgt und anderen Schatzungen etwa 60 bis 80 E Insulin 28. Das l~ehlen einer kliuischen Insulinresistenz war daher bei diesen Patienten nieht erstaunlieh. Sxo~ u, TAL~AGE ~6, die eine andere, im Absehnitt fiber die serologi- sehen Eigenschaften der Antik6rper besehriebene ~ethode benutzten, fanden ebenfalls insulinbindende Ant~Srper bei samtliehen insulinbehandelten Fallen°

tnsulinallergie. Zahlreiehe Einzelhei~n des Insulinallger- gie-Problems wurden bereits in den vorigen Abschnitten er- wahnt, Tie z .B. die Anaphylaxie-Erzeugung beim Meer- schweinehen und die Differenzierung zwischen sensibflisieren- den nnd neutralisierenden AntikSrpern einschlieBlich ihrer Spezifitat und ihrer I~chweismethoden. In diesem Absehnitt sollen andere Aspekte des Problems dargestellt werden, ins- besondere die Korrelation verschiedener Erseheinungsformen yon Insulin-]~berempfindliehkeit.

Wesentliehe grunds~tzliehe Kermtnisse kormten beim Studinm der seltenen F~lle yon Patienten, die sowohl Insulin- allergic Tie Insulinresistenz entwiekeln, gewonnen werden. LOWELLlO, 46 besehrieb einen derar~igen Fall, bei dem beide Phanomene hinsichtlich des Zeitpunktes yon Auftreten und Verschwinden der Symptome bzw. der sensibilisierenden und neutralisierenden AntikSrper einen voneinander unabhangigen Verlauf zeigten. Die allergischen AntikSrper persistierten and erwiesen sich als nicht speeiesspezifisch, d~ sieh positive t taut- reaktionen und Prausnitz-Kiistner-Tests sowohI mit mensch- liehem Tie l%inder:Insuiin erzielen lieBen. Diese AntikOrper waren hinsichtlieh einer Neutralisation mensehlichen Insulins wirkungslos. Die fibrigen Eigensehaften beider AntikSrper- typen wurden bereits oben besproehen.

LOVELESS I2 beschrieb die Koexistenz zweier Insulinanti- kSrper im Serum einer Diabetikerin, die eine hoehgradige Insutinallergie aufwies und im Vertanf yon 31/~Monaten ',desensibflisiert" wurde. Die ~eagine (thermolabile, sensi- bilisierende Ant ikSrper)gegen Insulin zeigten keine signi- fikanten Schwankungen, nach Untersuehungen mit passiver ~bertragung beurteilt. Wahrend der Desensibi]isierungs- behan~ung waren die thermostabilen SerumantikSrper in der Lage, 0,I E kristallines Insulin je ml Serum zu neutra- lisieren, Tie aus dem Test von Serum-Insulin-Mischungen an sensibilisierter Haut hervorging. Es war jetzt wesent- lieh mehr Insulin edorderlieh, um siehtbare allergisehe Re- aktlonen an Haut und Sehleimh~uten hervorzurufen. Diese Zeiehen einer Hyposensibflisierung versehwanden l~ngsam wieder, nachdem die Behandlung unterbrochen wurde, und die Patientin zeigte erneut die Symptome einer Insulin-

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Jg. 36, ~eft 8 A . B . STAWTSK¥ nnd E. R. AI~QUILLA: Insul in-~nt ikSrper und ihre klinische Bedeutung 345 15. April 1948

lJberempfindliehkeit . Zirkulierende thermostabfle AntikSrper nnd erhShte l~euktionsschwe]len an H a n t a n d Auge wurden dutch sine kurze Auffrisehunggbehandlnng mi t Insul in wieder- hergestellt. Die thermostabflen AntikSrper f i ihrten auch zur Inakt ivierung der hormonMen Insulinwiskung bei der Maus. LovE~,Sss ss zeigte wei~erhin, dab die thermostabi len Anti- k6rper aueh in vitro sine Bindung mi t Insulin eingingen und ~uf diese Weiss a]]ergisehe t~eaktionen bei In jekt ion yon AntikSrper-!nsulin-Mischungen an passiv sensibilisierter Hau t verhiiteten, Auf Grund der Beobaehtnng, dM~ die Grenz- wefts dieser Testserien bei erhi tztem und niehterhi tz tem Serum gleieh waren, konnte die I typothese ausgesehlossen werden, dab das ]31oekierungsphgnomen durch sin hitzedena- turier~es Reagin nnd n icht dureh einen untersehiedliehen, blockierenden AntikSrper bedingt ist.

S ~ I ~ A ~ ~0 berichtete fiber einen ~hntichen Fall yon kombinierter Insulinresistenz and -Mlergie. I m Gegens~tz zu Lov~anss ~* konnte er mi~ dem Serum, das die hormonMe Insulinwirkung bei der Maus neutralisierte, die Atlergenwir- kung you Insulin jedoeh nieht blockieren. MSglieherweise Let dieser negative Bef~nd dadurch bedingt, da~ sine unter- schiedliche Menge d~eser beiden Antik6rperar~en erforderlieh ist und in dem betreffenden Fall neutmlisierende AntikSrper nicht in ansreichender Menge vorhanden waren, urn die Allergen~Jrkung yon Insulin zu inhibieren. AuBerdem rau~ die MSglichkeit eingergumt werden, dab neutrMisierende und bloclderende AntikOrper nieht identiseh sind.

Erzeugung sines Diabetes. MOLO~EY u. Coven s stellten (lurch wiederholte- In jekt ionen kt~stMtinen Schweineinsutins bei IVIecrschweinchen Insulin-AntikSrper her. Durch wieder- holte [njekt ion dieser An£ik6rper konnten sic bei M~nsen emen Diabetes hervorrufen. Walirend der Periods der Serum- zufuhr zeig~en diese Manse einen abnorm hohen Blutzueker- spiegel, Gewiehtsverlnst and Aeetonk5rper ira Harm Da es sieh nm insulinspezifisehe AntikSrper handelte, i s t e s .wahr. scheinlieh, daB' diese Symptoms .yon einer Interferenz des Antik6rpers mit den physiologischen Hormonwirkungen resul- t ier ten und die Tiere prakt iseh unter einem Insulinmangel lit ten. Es gibt jedoch keine AnhMtspunkte dafiir, dab der raensehtiehe Diabetes du tch einen Immuni t~tsmechanismus hervorgerufen wird, da es unwahrscheinlieh ist, dab eine Immu~ nisierung mit endogenera Insulin jeraMs vorkommt. Dem- entsprechend waren auch die bei dieser Untersuchung s ver- wendeten Meersehweinehen gesund und wiesen w~brend der Immmxisie~ng keine Anderung der Glucosetoleranz auf. Low~Ln und FI~A~XLt~ s und AI~QUILLA u . STAVITSXY 7 fanden ebenfMls, dab sich die Ghcosetoleranzdosen yon immuni- sierten Kaninchen mi t hohen T i t em yon Insul inant ikSrpern regelmaf~ig norraM verhie]ten.

Diskussion Es ist nieht iiberrasehend, dab Insulin nur sehwaehe

~ntigene Eigenschaften besitzt, naehdem gezeigt wurde ~, 6o, dab Insulins verschiedener Species tdnsiehtlieh Aminosguren- znsammensevzung und -folge sehr ghnlich sind. Das relativ geringe Molekulargewieht yon etwa 12000 kann ebenfMls zur Erkl~rung der sehwaehen Antigenwirkung herangezogen wee- den. A]]erdings lieBen sich bei Verwendnng neuer Methoden spezifisehe Insul inantikSrper bei prakt iseh allen Versuehs- t ieren ~ nnd Menschen ~, es, ~s, welche Insulin fiir lunge oder ~uch nu t fiir kurze Zeitdauer erhal ten hat ten , naehweisen, einsehlieglieh soleher Fiflle, die keine manifests Insulin- resistenz entwiekelt batten.

Die ]3eziehung zwischen Insulinantik6rpern und der Ent- wickhmg einer Insulinresistenz is t aieht immer klar. Prak- t isch erwerben alle :patienten sehlieBIich Insulinantik6rper, und zweifellos kommen diese Antik6rper gelegentlich in Men- gen vor, die ansreiehend sind, den Insul inbedarf des Pat ienten zu erhShen. Die Resistenz kann dann veto Spiegel der zirku- tierenden AntikSrper abh~ngen, welehe uragekebrt wieder durch die Menge des zugeffih~en Insulins beeinfluBt werden. Auf diese Weise kSnnte jeder Fak~or, der zu einem gesteigerten Insulinbedarf fahrt , auf indirekte Weiss aueh sine vermehrte Antik6rperbildung a n d scblieBlich Insulinresistenz hervor- rufen, ira wesentliehen einfaeh deshMb, v~eil dera Pa~ienten zur Senkung seines Blutzuekers grS~ere Insnl inmengen gegeben werden.

In terpre ta t ion a n d Korrelat ion der zahlreiehen Arbeiten fiber die Bedeutung eines AntikSrpers bei der Entwicklung der Insulinresistenz werden dureh versehiedene Umstgnde er- schwer~i EinmM werden in versehiedenen Laborator ien anter- sehiedliehe Kri ter ien der Insulinresistenz nnd untersehiedliehe

Xlin. Wschr., 36. Jahrg.

Methoden des AntikSrpernachweises verwandt. Die Empfind- liehkeit, Reproduzierbarkeit nnd Genauigkei t dieser Me- thoden ist sehr untersehiedlich. Weiterhin wurde kein einheit- liohes ZeitintervM1 zwischen Blu tabnahme zum Antik6rper tes t a n d vorausgegangener Insulininjektion~eingehMten. Dieser Zeitfaktor ist w~chtig, da der AntikSrper nicht naehweisbar sein kann, solange er an Insul in gebunden ist v, 2~. Es mtiBte ein ~3bsrschul~ an Serumant ikSrpem vorhanden sein, wenn die Injekt ion yon Insulin den Antik6rper nicht vollst~ndig Ms Antigen-Antik6rperkomp]ex binden soil. Oder abet man miiBte naeh der Insulininjektion gsntigend Zeit verstreichen lassen, bis wiedsr A~ikSrpe r yon diesera Komplex freigesetzt oder in ausreichender Menge neu synthetisiel~ worden sind. SehlieBlieh seheint es in der Globulinfraktion des Blares insulinneutralisierende Faktoren zu geben, welche mit Anti- kSrpern verweehselt werden kOnnen, bei d e n e n e s sieh abet offensichtlich nicht um AntikSrper handel t s2, ss.

Wi t wissen heute, dab der Grad einer Insulinresistenz bei einer guBeren Belastung erheblichen Schwankungen unter~ liegt. Ein deutlicher Abfall des Insulinbedarfs wurde durch ACTH-Behandlung hervorgerufen. In einem besonders ein- drueksvollen Fall 6s sehien es, dab ACTH einen AbfM1 der neutrMisierenden AntikSrper verursaehte. Naeh der Behand- lung waren im Serum des Pa t ien ten keine Antik6rper hash, weisbar, w~hrend der :Patient vorher neutrMisierende Anti- kSrper besessen harts . Weiterhin s~ieg tier Insulinbedgrf bei Unterbrechung der ACTH~Therapie auf 600 E/Tag an, a n d die insulinneutrMisierenden Antik6rper t ra ten wieder auf. Zu dieser ZeJt hatte der l~atient sine FuBgangl~n, die dnreh Amputa t ion behandelt wurde, worauf sich die Insulinresistenz vSllig (auf 80 E tTag) zurOckbfldete an d die insulinneutrali- sierenden AntikSrper ans dem Serum verschwanden. Col,- w ~ u. W ~ m ~ 27 erzeug~en dutch ACTt t ebenfMls einen scharfen t~tiekgang der Insulinresistenz, der dureh einen Ab- fall der Anti-Insulin-Titer des SeI-ams gekennzeichnet war. Sic postutier~en einen Riiekgang des Insulinbedarfs auf Grund der ACTI-I-l~eaktion der Nebenniere mittels eines oder~beider der folgenden Mechanismen: 1. durch t{emmung der ex- cessiven ~-Globnlinproduktion und 2. durch Blockierung der anaranestisehen Bildung spezifischer InsulinantikSrper.

Wenn das Vorhandensein yon InsulinantikSrpern ge- legentlieh mi t einer Resistenz gegeniiber dem Hormon ver- bunden ist, en ts teht die Frage, wie man sich den Mechanismns der Steigerung des Insal inbedarfs vorstellen sell. Wenn man Versuehstieren, deren Blur pri~zipitierende Antik6rper ent- halt , alas homologe Antigen injiziert, werden die result ierenden zirkuherenden Antigen-AntikSrperkomplexe often.bar rasch abgebaut unter Verlust sowohl yon Antigen wie Antik6rper 6~. Dies seheint bei Pa t ien ten mit Insul inant ikSrpern jedoch nicht der Fall zu sein, da bei ihnen Insulin gerade langsamer ab- gebaut wird ale bei Individuen, die kein Insulin erhal ten ~s, ~9. Es muB daher notwendigei~veise angenommen werden, da$ die AntikSrper in irgendei~er W%ise das Insul in vor dem Abbau sehiitzen. Das Erfordernis zns~tzlieher Insulinmengen wi~re dutch die Bildung yon lnsuIin-AntikSrperkomplexen zu er- kli~ren, welche entweder physiologisch inakt iv sind oder den Ort der Wirkung nicht erreiehen crier dort keine Bindung eingehen k5nnen. Derartige Komplexe mtiBten entweder eine relativ gering e Dissoziation au~weisen, oder man miiBt~ sine i~sehe erneute Komplexbfldung zwischen Insulin und Anti- k6rpern auf Grund des dauernd zunehmenden Antik6rper- ti~ers annehmen.

Es sind einige AnhMtspunkte fSr die Dissoziation yon Insnlin-Antik6rperkomplexen vorhanden. Die Tatsache, dab die Mehrzahl der insulinbehandelten Diabetiker AnVLkSrper besitzt an d t ro tzdem wei~er anf exogen zugeffihrtes Insulin anspricht, lieBe sich dureh eine leichte Dissozierbarkeit der Insulin-AntikSrperkomplexe erkl~ren. ]:,eyeLess ~2 h~t an- genommen, da~ die bei manchen Diabet ikern gelegentlich viele- Stunden nach der le tzten Insulindosis vorkommende intermitt ierende Hypoglykgmie m6glieherweise durch die In- stabil i t~t yon Insulin-AntikSrperkomplexen bedingt~st. Welter wfirde mit der Dissoziationsfahigkeit des Komplexes vereinbar sein, dab Insulin-Antiseren veto Kaninehen die hypoglyk~rai- sche Insulinwirkung n n r d~nn signifikant verz6gern, wenn sic kiirzer als 15 rain mi t Insulin in vitro znsammengebraeht werden% Es erseheint mSglieh, dab nach 15 rain sin Tefl des komplexgebundenen Hormone wieder frei wird und zur Er- zeugung einer Hypoglyk~mie zur Verfiigung steht%

Die neutrMisierende ~ i r k u n g yon Insulin-AntikSrpern kann entweder einer direkten Verbindung mit den hormonal akt iven Gi-appen des Insulinmolekiils zngesehrieben werden.

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346 A . B . STAVZ~SKY nnd E. R. A~qwn~A: Insulin=AntikSrper und ihre klin/sehe Bedeutung ~ntsche Wochenschrift

oder aber auf einer Bindung mit benaehbarten Gruppen be- ruben, wodureh eine sterische Behinderung der physiologiseh aktiven Gruppen hervorgerufen wird.

Die the~waolabflen sensibflisierenden AntikSrper, die bei Insulinallergie vorliegen, sind zu unterscheiden yon den t ~ o s t a b i l e n AntikSrpern, welehe bei der Desensibilisierung des insulinallergischen Individuums mittels Injektionen des Hormons auftreten. Die Empfindliehkeit des Pa~ienteri hs`ngt mSgIicherweise yon den relatiwen I~engen beider AntikSrper- typen ab, da die blockierenden AntikSrper n/cht regelmgBig in der Lage sind, die Altergenwirkung von Insulin zu verhfiten. E twa 2 0 - 4 0 % aller Patienten bekommen 'nach Beginn der Insulinbehandlung leichte Hantreaktionsn, aber im allge- meinen versehwinden diese l%eaktionen wieder nnd treten anch nicht wieder erneut anf% Die Ursaehe dieser Reak- tionen und ihres Wiederverschwindens ist bisher n/cht auf- geklart; jedoeh kSnnte ihre vorfibergehende Natur dureh die Entwicklung ,,blockierender" AntikSrper, wie sic LOV]SLESS ~s beschrieben hat , beding~ sein.

Obgleich pro Jahr sehr grebe ~engen yon Insulin ver- braueht werden, sind relativ wenig Falle persistierender Insu- !inallergie berichtet worden, seit die hoehgereinigten, kristal- linen Insulinpraparate zur Verffig~mg stehen Sa. Friiher hat te die Verwendung yon relativ ungereinigten Pr&paraten ein welt haufigeres Auftreten yon l%eaktionen zur Folge, yon denen ohne Zweifel v ide gegen and ere Antigene als Insulin selbst gerichtet waren ~. Die geringe Zahl yon Fs,llen yon Insulin- allergie spiegelt sowohl die geringe Antigenit~t des Hormons wider wie die Tatsache, dab sieh sensibilisierende AntikSrper, analog den Verh~Itnissen bei allergischen Krankheiten, nur in einem geringen Prozentsutz yon Individuen, die zur Bfldung dieses AntikSrpertyps genetiseh pri~disponiert sind, entwiekelt. Auf der anderen Seite ist die Produktion blockierender oder neutralisierender AntikTrper bei Mensch und Tier mSglicher- weise als eine normale Reaktion auf parenterale Zu~uhr yon Insulin anzusehen. Der Nachweis insulinneutr~hsierender AntikSrper bei praktisch jedem Patienten, der nennenswer~e Insulinmengen erhalten ha t ~s, ~s, stiitzt diese Hypothese.

Eine Reihe yon wichtigen Problemen hs,ngt mit der Insulinresistenz trod -allergie znsammen. Eines davon ist der ofSensiehtliche Unterschied in der Antigenitat yon endogenem Insulin und handelsfiblichen Insulinprs,pa~aten. Bei der Be- handlung yon Insulinresistenz oder -allergic ist erwiinscht, einen adaquaten therapeutisehen Insulinspiegel ohne uner- wanseht~ Nebenreaktionen sufreehtzuerhalten. Es wurde wahrscheinlieh gemacht ~s, dab es yon Vortefl sein diirfte, bei Individuer/ mit Resistenz gegenfiber handelsiiblichem Sehweine- oder ginderinsulin ein vom Mensehen stammendes Insulin zu verwenden. 1V[OLONEY u. COVAL s betonen jedoch, dab die Wirksamkeit yon humanem Insulin bei resmtenten Patienten davon abhs`ngen wiirde, ob dies Insulin noeh den endogenen oder bereits den vers,ndertea Typ aufweist. Ge- nane immunchemische Studien dieser beiden Insulinformen sind erforderlieh, um die Ar t der Molekiilvers,nderungen auf- zuklaren, welche die offensichtliehe Veranderung der anti- genen Spezifitat bedingen. Da AntikSrper gegen Insulin haufig, wenn nicht immer gegen andere Tefle des Insulin- molekfils geriehtet sind als gegen die physiologisch aktiven Gruppen des Hormons, ist es klar, da~ Vergnderungen der Antigenitat ohne gleiehzeitige Vergnderungen der hormonsllen ~Virkung mSgHeh sind.

Obgleich verschiedene Typen yon AntikSrpern (insulin- neutralisierende, insulinbindonde, blockierende, komplement- bindende, anaphylaktische, hamagglutlnierende und hamoly- tische) im Serum yon Diabetikem und immunisierten Versuehs- tieren nachgewiesen worden sind, ist noeh unbekannt, ob diese Reaktionen durch einen einzigen Globulintyp oder eine Variets,t Yon AntikSrpern mit unterschiedlichen Antigenspezi- fitS, ten hervorgerufen werden, h~indestens ein Unterschied auf Grund der 10hysiologisehen l%olle dieser AntikSrper ist anerkannt~ namlieh der zwisehen dem sensibilisierendea oder Reagintyp und dem neutralisierenden Typ yon AntikSrpern. Es ist jedoch nieht bekannt, ob es zwei oder nur eine Ar t neutralisierender AntikSrper gibt. In Analogie zu den ver- schiedenen Typen yon Diphtherie-Antitoxin, die K u ~ s s s~ auf Grund seiner immunchemiseheri Untersuchtmge~ lOOstuliert hat, erscheint es mSglich, dab 3 Typen yon AntikSrpern gegen Insulin existieren, ns,mlich pr&zipitierende, sensibilisierende und bloekierende. Es ist mSglich, dab die prazipitierenden AntikSrper die gleiehen sind, die auch an Hamagglutination und }tamolyse betefligt sind; allerdings waren die Bemfihun- gen, mit hs,.magglutinierenden Seren eine Praeipit~tion zu er-

zeugen, bisher erfolglos% Quantitative ~e thoden sind zur Untersnchung dieser An tikSrper nooh n/cht angewandt wor- den, weft sieh keine Precipitation erzielen lieB. Das Fehlen quantitativer Unt~rsuehungen ist wahrscheinlioh dafiir ver- antwortlich zu maehon, dab sieh AntikSrperspiegol und In- stflinbedarf n/cht in Korretation bringen lieBen. Die Aus- arbeitung derartiger Verfahren kann mSglicherweise zur Ent- wiektung yon in vi~ro-Methoden ffihren, naeh denon rich der Insulinbedarf eines Patienten abseh~tzen t~Bt. Derartige Sehs,tzungen wfirden jedoeh immer einer gewissen Fehler- mSgtiehkeit tmterllegen, auf Grund yon anderen Faktoren, wie z .B. Stress und hormonalen Einfliissen, woleho Anti- kSrperspiegel oder Btutzueker beeinflussen.

Wie auch immer die Beziehungen zwisehen InsuHn-Anti- kSrpern und klinischer Irlstfli~_resistenz oder Insutinallergie sein mSgen das Studium dieser AntikSrper hat l~Iethoden erbracht, die zur Untersuchung des Diabetes mellitus ein- sehliel~lleh eines immunologischen Insulin-Nachweises geeignet sind mid Studien fiber die Beziehungen zwischen S tmktur und Punktion yon Insulin ermSgliehen. Es diirfte damit zu rechnen sein, dal~ die weitere Grundlagenforschung fiber die Eigensehaften dieser AntikSrper zur Entwieklung besserer Methoden der Verhfitung yon Insulin-Resistenz oder Insulin- Allergic und zur Behandiung dieser Syndrome fiihrt. SchlieB- lich wird erhofft, dab die d~rgestellten Befunde sowie die Gesichtspunkte, unter denen sic diskutiert wurden, einen Bei- trag zur An/age nnd Interpretation yon Experimenten leisten, welehe die klinische Bedeutung yon AntikSrpern gegen andere Hormone als Insuli~ betreffen.

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Page 7: Insulin-Antikörper und ihre klinische Bedeutung

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NEUE ¥1RUSARTEN UND NEUE KRANKHEITEN

Yon

GILBERT DALLDORF

Aus der Division of Laboratories and Research,

Seife und Sauberkeit sind wirksame Bollwerke gegen Schmutzkrankheiten, wie fieberha~te Darmerkrankungen und Dysenterien. Abet Seife und Sauberkeit kounten das Problem dcrjenigen Intestinalerkrankungen, die dutch V~ren start Bak- terien verursacht werden, nicht 15sen. Von diesel Erkrankungen ist die bekannteste die Poliomyelitis. Das hierfiir verantwort- liehe Agens ist ein sehr Ideines Virus, das, wenn fiberhanpt, nur wenig intestinale Symptome verursaeht, alas abet zum Tode oder zu schweren L~hmungen fiihren kann, wenn es das Zentralnervensystem befallt. Die Poliomyelitis ist wegen dieser an sieh relativ seltenen Komplikation intensiv unter- sucht worden. Ein Ergebnis dieser Unte1~suehnngen war die Entdeeklmg, dab die In]e~ion unter den riiekst~ndigen VSlkern nahezu universe]l verbreitet, die Kranlcheit selbst dagegen vie] weniger h~ufig ist und viel weniger schwer verl~uft als bei uns. Das Fetlaehen-Baby ist frtthzeitig mit einer Vielzahl yon intestinalen Bakterien- und Virnsarten infiziert. Die Bakterien sind in der Lage, das Fellaehen-Baby zu tSten, wghrend die Viren weniger sehadigen; wenn es aber die bakterielle Infektion iiberlebt, ist es zugleich immun gegen die Viren. Unsere Kinder sind Vor beiden, den Bakterien und den Viren, gesehfitzt. Sic sind robust und iiberleben. Abet viele sind empfanglich fiir das Poliomyelitis-Virus, und wenn sic sich im spateren Leben damit infizierert, ist die Gefahr viel grSBer, weil die Iu~ektion im jugendliehen Alter und bei Erwachsenen vi~l gef~hr]icher als beim Kleinkind ist.

Aus diesem Grunde war fiir nns die kiinstliche Immnnisie- rung gegen Poliomyelitis ein vordringliches Problem. Dagegen sind andere Nebenfragen weniger bekannt, aber doch yon allgemeinem Interesse.

Ein Nebenergebnis der intensiven Studien fiber das Poliovirus war die Entdeckung yon etwa 40 weiteren Virus- arten des menschliehen Vcrdauungstraktes. Es sind zwar nicht viele davon konsequent untersucht worden, aber soweit dies geschehen ist ,-ahneln diese dem Potiovirns sehr erheblieh. Sic sind ebenso klein, sic sind gleich resistent Hegel physikaH- sche Einwirknngen, sic erseheinen zu derselben Jahreszeit, sie haben dieselbe Lokalisation und auBerdem auch eine welt- weite Verbreitung. Sie sind also sowohl epidemiologiseh als auch physikalisch ahnlieh.

Zur Zeit teilt man diese Viren in zwei Famflien ein, deren grSBere die Familie der Coxsackie-Viren darstellt, die ihrerseits wiederum in zwei verschiedene Gruppen nnterteflt wurde. Die erste Gruppe A umsehlieBt 20 Typen, die Gruppe B mindestens frill . Diese Familie ist insofern auBergew5hn- lich, als sic schwere und t5dliehe Krankheiten bei neu- geborenen M~usen verursacht, dagegen nieht bei erwach- sencn Mausen. Die einzelnen Gruppen werden dureh den verschiedenen Verlauf der Erkrankung bei den Mansen unter- sehieden. Die Viren der Gruppe A zerstSren die Skeletmusku- latur, die der Gruppe B verursaehen dariiber hinans besondere Sehaden am Fettgewebe, am Gehim und manchmal auch an der Leber und am Pankreas.

Die zweite Familie wird jetzt ECHO-Virus genannt. Dies ist ein weiteres Nebenergebnis der Vielzahl yon Gewebs- kulturen, die beim Studium der Poliomyelitis gezaehtet war- den. Bei der Suche nach dem Poliovirus wurden bishcr mindestens 14 versehiedene andere Typen gefunden, die wie die Pohoviren aueh bestimmte Gewebskulturen zerstSren,

i'~ew York State Department of Health, Albany

aber trotzdem weder Polio- nach Coxsackie-Viren sind. Zur Zei~ nennt man diese ,,Enteric, Cytopathogenetie, Human .Orphans", was die Tatsache hervorhebt, dab wir nicht wissen, wie sic sich in das Gesamtschema der Binge einordnen lassen. Mindestens zwei der urspriinglichen Gruppe der ECI-I0s sind vermutlieh eigentliche Coxsackie-Viren, wghrend wir fiber die anderen erst am Anfang unserer Erkenntnisse stehen.

Unter dem ersten Emdruck der Entdeckun~ dieser ,,neuen Viren glaubte man, dab diese nur wenig Bedeutung a]s krank- heitsauslSsende-Faktoren haben. Diese Ansicht ist inzwischen aufgegeben worden, was gerade jetzt wieder sehr berechtigt erseheint. Die Medizin ist so alt wie der l~Iensch selbs~, und Kranlcheiten w-arden seit langer Zeit beobachtet und unter- sucht. Die meisten Leiden waren schon den alten/~gyptern bekannt. Unter diesen Umstanden ist es merkwtirdig, eine Reihe yon Viren zu linden, denen wir keine Krankheiten zuordnen konnten. Es wurde daher als wahrseheinlieh an- genommen, dab sic auch keine KrankJaeiten verursachten.

Diese Ansicht ist zwar verst~ndlich, hat sich aber als nicht richtig herausgesteUt. Man land n~mlJch die l~ank- heiten und stellte die Beziehungen zu den Viren lest. Viele dieser Viren sind in der Tat pathogen. Die Aufdeckung dieser Tatsachen zeigt uns crneut, wa s fiir eine merkwfirdige Relic Krankheiten im menschlichen Sein spiolen.

Es sei noeh erwahnt, dab man in den Anfangen der Unter- suchungen ilber Coxsackie-Viren annahm, dab diese das sog. ,,Bornholm-Fieber" (Bornholm disease, Pleurodynie, Myalgie) verursachen. Die Geschichte dieser Krankheit ist, meines Eraehtens, insofern der Poliomyelitis ahnlieh, als beide Erkrankungen urspriinglieh sehr selten wareu, und manche Praktiker mSgen hSchstens einen oder zwei Falle wahrend ihrer Praxis gesehen habcn. Keine yon beiden Erkrankungen zog zunachst die Aufmerksamkeit auf sich, bis sie schlieBlich Ende des 19. Jahrhunderts in Skandinavien gehauft und in kleinen Epidemien vorkamen. Die Bornholmsche Erkrankung ist nicht meldepfHchtig, und so wissen ~dr nicht, wie haufig sie jetzt ist. Ob es nun an unserem neu erwachten Interesse lieg~ oder an einer tats~chlichen Zunahme , es scheint so, dab sic hgufiger auftritt. Spgter konnte gczeigt werden, dab eine kurze fieberhafte Erkr~nkung der Kinder, die Herpangina, die sieh dutch kleine Blgsehen im Rachen aus- zeichnet, ebenfa]ls dureh Coxsaekie-Viren verursacht wird. Auch das hat zungchst kaum interessiert, wghrend es heute zum Allgemeinwissen gehSrt. Diese beiden Erkrankungen waren die ersten, die man mib dot Iafektion yon Coxsackie- ¥iren in Verbindung brachte.

Eine dritte Form der Infektion wurde bald darauf erk~nnt: Eine Reihe dieser Viren verursachen ngmlich Erkrankungen, die den abortiven bzw. aparalytischen Potiomyelitiden ghneln. Es war seit langem bekannt, dal~ Fieber, Kopfschmerz und l~ackenstcifheit Symptome unserer weitverbreiteten spat- sommerliehen Virus-Epidemien waren. Unter diesel FglIen sind gewShnlieh einige, bei denen es zu Lghmungen kommt. Da man keine anderen Ursaehen kannte, nahm man an, dab aUe diese Erkrankungen wahrseheinlieh dem Poliovirus zu- zuordnen sind. Was man nicht wuBte, und was man bis zur Entdeckung der ganzen Reihe yon ghnlichen Viren nicht anzunehmen br~uehte, war, dal~ diese leichteren Erkrankungen yon einer Vielzahl yon Viren Und nieht yon Poliovh'en allein