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XXXVII .Jahrgang Heft6 ANZEIGERFURSCHADLINGSKUNDE vereinigtmit SCHADLINGSBEKAMPFUNG Begrundet1925vonGeh .-Rat P rof.Dr .med.et. p hil.Dr .h .c .Dr.h.c .K.Escherich T andProf.Dr .F .Stellwaag Ausdem LandespflanzenschutzamtRheinland-Pfalz,Mainz IntegrierteSchadlingsbekampfungalsneuerWeg imPflanzenscbutz VonW .HERFS Unter„Pflanzenschutz"verstehenwirdieBe- muhungendesMenschen,dievonihmangebau- tenPflanzenvoreinerWertminderungodergar Vernichtung durchSchadlinge, Krankheiten, KlimaeinfliisseoderandereFaktorenzuschiit- zen .DarinsindsamtlicheKulturpflanzenein- begriffeneinschliel3lichderdarausgewonnenen Produkte ;letzterezuerhalten,istAufgabedes „Vorratsschutzes" .UmfangandAufwandder jeweiligenPflanzenschutzmallnahmerichtensich verstandlicherweisenachdemWertderzuschiit- zendenPflanzenart . MankanngrundsatzlichdreiGruppenvon Pflanzenschutzmal3nahmenunterscheiden :1 .che- mische,2 .biologischeand3 .Kulturmallnahmen . JededieserGruppenlaBtsichwiederuminvor- beugendeAktionen(Pflanzenhygiene)andbe- handelndebzw .heilendeMalnahmen(Pflanzen- therapie)unterteilen . ChemischeandbiologischeSchadlingsbekamp- funghabensichweitgehendnebeneinanderent- wickelt(MAYER,1959 ;FRANZ,1961) .Erstumdie dreil3igerJahrediesesJahrhundertshatmitzu- nehmenderIntensivierungderLand-andForst- wirtschaftdiechernischeSchadlingsbekampfung immermehranBedeutunggewonnenandist nachdemzweitenWeltkriegedurchdieEntwick- lunghochwirksamerandvielfachauchhochgif- tigerSubstanzenbeigleichzeitigemGrolleinsatz zueinemHohepunktgelangt .DiebiologischeBe- kampfungstandzunachstmehrimHintergrund, wennmanvondenklassischenErfolgendieser MethodeumdieJahrhundertwendeandinden darauffolgendenJahreninNordamerikaabsieht . DerAufstiegderSchadlingsbekampfungbe- ganninDeutschlandmitdemorganisiertenAuf- bauderangewandtenEntomologiealsWissen- schaft,derdurchESCHERICHeingeleitetwurde (ESCHERICH, 1912,s .auchSCHIMITSCHEK, 1963) . JedochkamnichtnurdieAnregung,sondern aucheingrol3erTeilderbiernotwendigen GrundlagenforschungausdenKreisenderForst- entomologie .ZudennochheuteaktuellenUn- tersuchungenderdamaligen,Pionierzeit"ge- horendieokologischenArbeitenvonFRIEDERICHS Juni1964 (1927,1937),ZWOLFER(1931,1933)andSCHIMIT- SCHEK(1931) .DieBedeutungvonMassenwechsel andUmweltfaktorenwurdevonBODENHEIMER (1928,1930),ZWOLFER(1932),FRIEDERICHS(1939, 1943),JANISCH(1939)andSCHEDL(1939)unter- SuCht.SCHIMITSCHEK(1931)andUVAROV(1931) studiertendenEinflul3desKlimasaufdieInsek- ten .BesonderesAugenmerkaufbiozonotische Untersuchungen richtete damals THIENEMANN (1918,1920,1925)imBereichederHydrobiologie sowieFRIEDERICHS(1930)andZWOLFER(1933)inl Forstschutz .SCHIMITSCHEK (1939) erkanntedie AuswirkungenderKulturmallnahmenaufdie BiozonosedesWaldes .Solieiensichnochzahl- reicheBeispielefiirdievielseitigeEntfaltungder angewandten Entomologie in jenen Jahren nennen .AlletheseArbeitenhabendasFunda- mentdesheutigenPflanzenschutzesgelegt,wo- beisievorwiegendderbiologischenSchadlings- bekampfungzugutekommen .Diefastgleichzei- tigerfolgteEntwicklungderchemischenSchad- lingsbekampfunghattrotzihrerhervorragenden ErfolgezubeachtlichenSchwierigkeitengefiihrt . DiebereitserwahnteIntensivierungderLand- undForstwirtschaftindenletzten20Jahren hatteverstandlicherweiseeineentsprechendeIn- tensivierungderPflanzenschutzmaf3nahmenzur Folge,diesichvorallemaufdiechemischen Methoden auswirkte, zumal vielfach kultur- bedingteZunahmenderSchadlingskalamitaten auftraten .DerdamitbegriindetemassierteEin- satzchemischerPflanzenschutzmittelhatinzu- nehmendemMaf3ezunachteiligenNebenwirkun- gengef- dhrt .BARNER(1953)gibtinseinerBiblio- graphiederPflanzenschutzliteratur87Arbeiten an,dievon1940bis1945fiberSchadigungen durchPflanzenschutzmittelveroffentlichtwurden . Alleinfur1951werdenvonBARNER(1955)153 diesbezdglicheVeroffentlichungen zitiert . Im RahmendieserUntersuchungenstelltemanu .a . fest,da13beidemGebrauchdervielfachiiblichen breitenwirksamenchemischenSchadlingsbekamp- fungsmittelnichtnurdieinFragekommenden Schadlinge,sonderndariiberhinausauchdie meistenaufdenbehandeltenPflanzenlebenden

Integrierte Schädlingsbekämpfung als neuer Weg im Pflanzenschutz

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XXXVII. Jahrgang Heft 6

ANZEIGER FUR SCHADLINGSKUNDEvereinigt mit

SC HAD LINGS BE KAMPFUNG

Begrundet 1925 von Geh .-Rat Prof. Dr. med. et. p hil. Dr . h . c . Dr. h. c . K. Escherich T and Prof. Dr . F . Stellwaag

Aus dem Landespflanzenschutzamt Rheinland-Pfalz, Mainz

Integrierte Schadlingsbekampfung als neuer Wegim Pflanzenscbutz

Von W. HERFS

Unter „Pflanzenschutz" verstehen wir die Be-muhungen des Menschen, die von ihm angebau-ten Pflanzen vor einer Wertminderung oder garVernichtung durch Schadlinge, Krankheiten,Klimaeinfliisse oder andere Faktoren zu schiit-zen. Darin sind samtliche Kulturpflanzen ein-begriffen einschliel3lich der daraus gewonnenenProdukte; letztere zu erhalten, ist Aufgabe des„Vorratsschutzes" . Umfang and Aufwand derjeweiligen Pflanzenschutzmallnahme richten sichverstandlicherweise nach dem Wert der zu schiit-zenden Pflanzenart .Man kann grundsatzlich drei Gruppen von

Pflanzenschutzmal3nahmen unterscheiden : 1 . che-mische, 2. biologische and 3 . Kulturmallnahmen .Jede dieser Gruppen laBt sich wiederum in vor-beugende Aktionen (Pflanzenhygiene) and be-handelnde bzw . heilende Malnahmen (Pflanzen-therapie) unterteilen .

Chemische and biologische Schadlingsbekamp-fung haben sich weitgehend nebeneinander ent-wickelt (MAYER, 1959 ; FRANZ, 1961) . Erst um diedreil3iger Jahre dieses Jahrhunderts hat mit zu-nehmender Intensivierung der Land- and Forst-wirtschaft die chernische Schadlingsbekampfungimmer mehr an Bedeutung gewonnen and istnach dem zweiten Weltkriege durch die Entwick-lung hochwirksamer and vielfach auch hochgif-tiger Substanzen bei gleichzeitigem Grolleinsatzzu einem Hohepunkt gelangt . Die biologische Be-kampfung stand zunachst mehr im Hintergrund,wenn man von den klassischen Erfolgen dieserMethode um die Jahrhundertwende and in dendarauffolgenden Jahren in Nordamerika absieht .Der Aufstieg der Schadlingsbekampfung be-

gann in Deutschland mit dem organisierten Auf-bau der angewandten Entomologie als Wissen-schaft, der durch ESCHERICH eingeleitet wurde(ESCHERICH, 1912, s . auch SCHIMITSCHEK, 1963) .Jedoch kam nicht nur die Anregung, sondernauch ein grol3er Teil der bier notwendigenGrundlagenforschung aus den Kreisen der Forst-entomologie. Zu den noch heute aktuellen Un-tersuchungen der damaligen ,Pionierzeit" ge-horen die okologischen Arbeiten von FRIEDERICHS

Juni 1964

(1927, 1937), ZWOLFER (1931, 1933) and SCHIMIT-SCHEK (1931) . Die Bedeutung von Massenwechseland Umweltfaktoren wurde von BODENHEIMER(1928, 1930), ZWOLFER (1932), FRIEDERICHS (1939,1943), JANISCH (1939) and SCHEDL (1939) unter-SuCht. SCHIMITSCHEK (1931) and UVAROV (1931)studierten den Einflul3 des Klimas auf die Insek-ten. Besonderes Augenmerk auf biozonotischeUntersuchungen richtete damals THIENEMANN(1918, 1920, 1925) im Bereiche der Hydrobiologiesowie FRIEDERICHS (1930) and ZWOLFER (1933) inlForstschutz . SCHIMITSCHEK (1939) erkannte dieAuswirkungen der Kulturmallnahmen auf dieBiozonose des Waldes . So lieien sich noch zahl-reiche Beispiele fiir die vielseitige Entfaltung derangewandten Entomologie in jenen Jahrennennen. Alle these Arbeiten haben das Funda-ment des heutigen Pflanzenschutzes gelegt, wo-bei sie vorwiegend der biologischen Schadlings-bekampfung zugute kommen . Die fast gleichzei-tig erfolgte Entwicklung der chemischen Schad-lingsbekampfung hat trotz ihrer hervorragendenErfolge zu beachtlichen Schwierigkeiten gefiihrt .Die bereits erwahnte Intensivierung der Land-und Forstwirtschaft in den letzten 20 Jahrenhatte verstandlicherweise eine entsprechende In-tensivierung der Pflanzenschutzmaf3nahmen zurFolge, die sich vor allem auf die chemischenMethoden auswirkte, zumal vielfach kultur-bedingte Zunahmen der Schadlingskalamitatenauftraten. Der damit begriindete massierte Ein-satz chemischer Pflanzenschutzmittel hat in zu-nehmendemMaf3e zu nachteiligenNebenwirkun-gen gef-dhrt. BARNER (1953) gibt in seiner Biblio-graphie der Pflanzenschutzliteratur 87 Arbeitenan, die von 1940 bis 1945 fiber Schadigungendurch Pflanzenschutzmittel veroffentlicht wurden .Allein fur 1951 werden von BARNER (1955) 153diesbezdgliche Veroffentlichungen zitiert . ImRahmen dieser Untersuchungen stellte man u . a .fest, da13 bei dem Gebrauch der vielfach iiblichenbreitenwirksamen chemischenSchadlingsbekamp-fungsmittel nicht nur die in Frage kommendenSchadlinge, sondern dariiber hinaus auch diemeisten auf den behandelten Pflanzen lebenden

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anderen Arthropoden getotet werden, unterdenen sich eine grol3e Anzahl niitzlicher Artenbefindet . Im Gegenteil konnte in etlichen Fallennachgewiesen werden, daB die Nutzlinge emp-findlicher gegen viele chemische SubstanzenBind als die Schadlinge . Letztere wiederum zeig-ten in immer zunehmendem Mane Resistenz-erscheinungen, besonders bei langjahriger An-wendung des gleichen Wirkstoffes (s . auchFRANZ, 1960 ; HEIDENREICH, 1960) . Eine Erhohungder Wirkstoffkonzentration bzw . eine Vermeh-rung der Behandlungen erwies sich nur in ge-wissen Grenzen als sinnvoll . Ratsamer ist insolchen Fallen, andersartige Praparate bzw .Wirkstoffe einzusetzen (ZEUMER und KLIMMER,1.964). In einigen Fallen wurde sogar eine for-dernde Wirkung auf Schadlingspopulationen be-ziiglich ihrer Vermehrungsrate festgestellt, wiebei Spinnmilben nach DDT-Behandlung (s . auchFRANZ, 1960) . Hinzu kommt, daB im Verlaufevieler Jahre betrachtliche Mengen von natur-fremden chemischen Verbindungen in den Bodengelangen konnen, die viele Arten der Boden-tiere schadigen oder gar toten . Da ein GroBteildieser Tiere aber fur Qualitat und Fruchtbarkeitdes Bodens mitverantwortlich ist, konnen sichauch hier nachteilige Folgen einstellen, Die che-mischen Pflanzenschutzmittel werden je nachArt und Gehalt ihres Wirkstoffes unterschiedlichzersetzt, so daB auf den behandelten PflanzenRtickstande auftreten (s . auch MATER-BODE, 1963) .Wenn die zu.lassigen , Toleranzen" iiberschrittenwerden, konnen beim Menschen Gesundheits-storungen auftreten; letzteres ist in West-deutschland infolge strenger Uberwachung undstandigem Ausbau der Ruckstandsforschung his-her nicht nachgewiesen worden (MATER-BODE,1963) . Dennoch sind durch unvorschriftsmaBigeAnwendung der chemischen Pflanzenschutz-mittel sowie durch Unglucksfalle nachteiligeAuswirkungen moglich (SMITH, 1963 ; ZEUMER. undKLIMMER, 1964) . In etlichen Landern hat manfestgestellt, daB das biologische Gleichgewichtdurch einen iibermaBigen Einsatz cherischerPflanzenschutzmittel stark gestort werden kann(FRANZ, 1961 ; SMITH, 1963) . Diese Storung wirddurch manche zweckbedingten einseitigen Kul-turmal3nahmen in der Land- und Forstwirschaftnoch erhoht . Gleichzei.tig werden hierdurch vieleSchadlinge begiinstigt ; denn einseitige Kultur-mal3nahmen, wie vor allem Monokulturen, bie-ten den darin lebenden Schadlingen besteLebensmoglichkeiten (REINMUTH, 1942 ; ScHIMIT-SCHEK, 1942, 1951 ; NEF, 1961) . Hier steht ihneneine giinstige Futterpflanze in grollen Mengenzur Verfiigung, wahrend die Entwicklungsbedin-gungen fur die natiirlichen Feinde dieses Schad-lings oftmals ungiinstiger rind . In gemischtenKulturen dagegen haben schadliche und ntiitz-liche Tiere oft annahernd ahnliche Existenz-moglichkeiten ; das naturliche biologische Gleich-gewicht kann sich hier viel besser einspielen,

wodurch Schadlingskalamitaten seltener Bind(s . EscHERICH, 1935 ; SCHIMITSCHEK, 1956) .Wie aus dem Gesagten hervorgeht, darf man

bei intensiver Anwendung chemischer Pflanzen-schutzmittel nicht nur den unmittelbar sicht-baren Erfolg gegen die zu bekampfenden Schad-linge beachten, sondern mull auch die vielfal-tigen Nebenwirkungen beriicksichtigen und rich-tig einschatzen . Dabei kann es durchaus vor-kommen, daB die Nachteile einer solchen Be-bandlung schwerwiegend.er Bind als der erziel-bare Erfolg, wie anhand der Beispiele von derAnwendung arsenhaltiger Pflanzenschutzmittelim Weinbau oder von Aldrin und Dieldrin beiMohren, Rettich und Radieschen deutlich wird(MATER-BODE, 1963) . Extreme Beispiele fur dieFolgen einer unmaligen Anwendung chemische .rPflanzenschutzmittel haben wir in den Vereinig-ten Staaten von Nordamerika. Dort wurdenlange Jahre riesige Flachen landwirtschaftlichenund forstlichen Kulturlandes mit grolen Mengen .hochwirksamer Schadlingsbekampfungsmittel be-handelt, wobei die Einsatze vielfach mit Flug-zeugen oder Hubschraubern erfolgten . Darauf-bin ist 1962 in den USA ein Buch erschienen,welches - allerdings in krasser, nicht immerobjektiver Form - auf die teils eingetretenen,tells moglichen Folgen dieser Schadlingsbekamp-fung hinweist. Das Buch heiBt „Silent Spring"und ist auch in deutscher Sprache unter demTitel „Der stumme Fruhling" zu haben . DieAutorin Rachel CARSON hat darin anhand derihr zuganglichen Forschungsergebnisse alleNebenwirkungen und nachteiligen Folgen derchemischen Schadlingsbekampfung aufgezahlt,wobei sie - wohl bewult - einen erschrecken-den Eindruclc erweckt. Das Buch hat zu zahl-reichen in- und auslandischen Kritiken an pflan-zenschutzlichen Verfahren AnlaB gegeben . Esenthalt jedoch auch deutliche Hinweise auf dieProbleme, mit denen der moderne Pflanzen-schutz zu kampfen hat, wenn auch leider ineiner vollig einseitigen Form. Das Buch basiertzwar auf den amerikanischen Verhaltnissen,kann aber auch fur den europaischen Pflanzen-schutz in einigen Punkten richtungweisend sein .Der President der Vereinigten Staaten hat nachdem Erscheinen des Buches von CARSON seinenwissenschaftlichen AusschuB eingesetzt, um dieAuswirkungen chemischer PflanzenschutzmaB-nahmen in den USA zu prufen . Dieser AusschuBfertigte im Jahre 1963 einen sachlichen Berichtcaber den Gebrauch von Pestiziden in den USAan. Auch in Westdeutschland hat das genannteBuch und dieser Bericht grofes Interesse ge-funden und zu Anfragen im Bundestag gefuhrt .Wie bereits erwahnt, rind SofortmaBnahmenzur Eindammung von Schaden durch Pflanzen-schutzmittell bei uns infolge der gegeni ber denUSA weitaus ginstigeren Situation wohl nichterforderlich (ZEUMER und KLIMMER, 1964, LEIB,1964) . Allerdings zeigen die gewonnenen Er-

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kenntnisse deutlich, daf3 man die chemischenPflanzenschutzmalinahmen an die biologischenNotwendigkeiten anpassen mull .Eine wichtige Voraussetzung fur diese Anpas-

sung ist die Kenntnis der Wirkung eines jedenPflanzenschutzmittels auf die Nutzlinge, denn beijeder Behandlung von Pflanzen oder Pflanzen-teilen mit chemischen Praparaten werden nichenur die Schadlinge, sondern auch die Nutzlingegetroffen, ganz abgesehen von den auflerdemvorhandenen Indifferenten, die weder als Nutz-linge noch als Schadlinge angesehen werden . DieNutzlinge aber konnen nur dann zur Wirkung,d. h. zur Vernichtung der Schadlinge kommen,wenn sie durch die Behandlung nicht geschadigtoder getotet werden. So mull man stets dieganze Biozonose berucksichtigen, wenn mangegen eine oder einige Schadlingsarten aufeiner Pflanzenart vorgehen will (siehe auchSTEINER, 1956, 1959, 1962 a and b ; NEUFFER, STEI-NER and GAUDCHAU, 1960 ; BESEMER, 1963) . Derar-tige Forschungen and Beobachtungen dauern oftviele Jahre and erfordern erfahrene Spezialister_ .Auf diese Weise hat man bei einer ganzen Reihechemischer Pflanzenschutzmittel der verschieden-sten Wirkstoffgruppen festgestellt, dal3 sie zwardie in Frage kommenden Schadlinge abtoten,aber die entsprechenden Nutzlinge weitest-gehend schonen. Diese Praparate haben eine ge-ringere Breitenwirkung, Bind also spezifischer inihrer Wirkung (STEINER, 1960, 1962b ; BESEMER,1963 ; EVENHUIS and Van de VRIE, 1963 ; De JONG,1963 ; MATHYS and BAGGIOLINI, 1963 ; WILDBOLZ,1963) . Ferner mull man unterscheiden zwischenden persistenten Praparaten, die eine lang-anhaltende Wirksamkeit besitzen, wie beispiels-weise viele chlorierte Kohlenwasserstoffe, andauf der anderen Seite den kurzlebigen Prapa-raten, die sehr schnell abgebaut werden, wieeinige organische Phosphorverbindungen . Audiist die Giftigkeit der einzelnen chemischenPflanzenschutzmittel recht unterschiedlich (HOLzand LANGE, 1962 ; DREES, 1963 ; MAIER-BODE, 1963) .Alle diese Angaben mussen laufend fur jedeschemische Pflanzenschutzmittel festgestellt anderganzt werden .Durch die vorgenannte Entwicklung im che-

mischen Pflanzenschutz bedingt, hat auch diebiologische Schadlingsbekampfung nach demmzweiten Weltkriege zunehmend an Bedeutunggewonnen. Auf der Suche nach anderen, wenigergefahrlichen Bekampfungsmethoden hat mansich der Moglichkeiten entsonnen, die die Naturselbst geschaffen hat, um das Gleichgewicht zwi-schen den einzelnen Tierarten herzustellen bzw .zu erhalten . Da die hierzu erforderlichen Grund-lagen der okologischen bzw . biozonotischen For-schung schon seit einigen Jahrzehnten intensiverarbeitet wurden (s . auch Seite 1) and laufendvervollstandigt werden (LEITNER, 1946 ; ESCHERICH,1.949 ; SCHWENKE, 1953; PEus, 1954 ; TISCHLER, 1955 ;SCHWERDTFEGER, 1956 ; BALOGH, 1.958 ; SCHWERDT-

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FEGER, 1963 u . a . m.), hat die biologische Me-thode bereits recht ansehnliche Erfolge zu ver-zeichnen . Diese verdienen in Anbetracht deraullerst kompliziertenZusammenhange im natiir-lichen Lebensraum besondere Beachtung . Spe-ziell die mikrobiologische Schadlingsbekamp-fung machte seit den Jahren nach 1950 gewal-tige Fortschritte, als man lernte, die Erregernatdrlicher Insektenkrankheiten in groflem Maflezu kultivieren and zu sog. biologischen Prapa-raten zu verarbeiten . Hierbei handelt es sichvorwiegend um insektenpathogene Pilze (MuL-LER-KOGLER, 1964), Viren, Rickettsien and Bak-terien (KRIEG, 1961 a), die unter den Schadlingenein seuchenhaftes Massensterben hervorrufen,ohne dabei den Nii.tzlingen zu schaden . DieseErreger wirken namlich infolge ihrer hohenSpezifitat zumeist nur gegen eine einzige odereinzelne Insektenarten pathogen, wahrend sienach dem heutigen Stand unserer Kenntnissegegen alle anderen Lebewesen vollig harmlosBind. Somit bilden sie auch fur den Menschenand seine Haustiere keinerlei Gefahr . Von denhierher gehorenden insektenpathogenen Mikro-organismen ist der Bacillus thuringiensis Ber-liner wohl am besten untersucht and am weit-gehendsten erprobt worden (KRIEG, 1961 b) . Mitindustriell hergestellten Praparaten dieses Ba-zillus werden bereits seit einigen Jahren invielen europaischen and aullereuropaischenLandern gute Erfolge gegen schadliche Lepidop-teren erzielt, wobei an dieser Stelle nur aufeinige eigenen Arbeiten verwiesen werden soil,die weitere Literatur enthalten (HERFS, 1961 a,1964; HERFS and KRIEG, 1963) . Die genannten bio-logischen Praparate haben den weiteren Vorzug,dal3 sie vom Landwirt wie jedes vergleichbarechemische Pflanzenschutzmittel mit den i1blichenSpritz-, Spriih-, Nebel- and Staubegeraten aus-gebracht werden konnen . Dal3 diese Praparateauf Grund ihres Wirkmechanismus bienen-u.ngefahrlich Bind, ist ein zusatzlicher Vorteil(KRIEG and HERFS, 1963, 1964 ; STUTE, 1963) . InWestdeutschland Bind solche biologische Prapa-rate noch im Versuchsstadium, wahrend sie inden USA, in Rufiland, Frankreich and derTschechoslowakei schon langere Zeit auf demMarkt Bind .Ein weiterer Weg, der in den letzten Jahren

zunehmend in der biologischen Schadlings-bekampfung beschritten wird, ist die kiinstlicheMassenzucht mit nachtraglichem Aussetzen vonNiitzlingen ins Befallsgebiet der Schadlinge .Hierdurch kann man das Zahlenverhaltnis vonNutzling zu Schadling zu Gunsten des Nutzlingsandern and damit seine Wirksamkeit erhohen .Die bier gemeinten Nutzlinge aus der Klasse derArthropoden kann man grob unterteilen in„Rauber", die ihre Opfer iiberfallen and ver-zehren, wobei jeder Rauber mehrere Beutetierefur seine Individualentwicklung benotigt, andin ,Parasiten", die an oder in ihren Wirtstieren

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leben and jeweils nur einen Wirt haben. BeideNiitzlingsgruppen kommen in der Natur in gro-Bern Artenreichtum vor and tragen schon nor-malerweise zur Vernichtung der Schadlinge bei(s . auch ESCHERICH, 1914-1942, FRANZ, 1961) . Sohaben beispielsweise nach den Beobachtungendes Pflanzenschutzamtes Frankfurt am Main imJahre 1963 die Marienkafer annahernd diegauze Population der Grdnen Pfirsichblattlaus(Myzodes persicae Sulz .) vernichtet (KRAMER,1963) .In diesem Zusammenhang Bind auch die Be-

strebungen eines sinnvollen Vogelschutzes zuerwahnen ; denn viele der bei uns vorkommen-den Vogelarten Bind Insektenfresser. Diese kon-nen innerhalb gewisser Grenzen in merklichemMarie zur Verminderung der Schadlinge bei-tragen, wie sick anhand der verschiedenstenUntersuchungsmethoden, vor allem durch Ma-gen- and Kropfinhaltsanalysen nachweisen lies(GASOW, 1944 ; MANSFELD, 1949 ; PFEIFER and KEIL,1958, 1959 ; BRUNS and NIEEUHR, 1961 ; FRANZ,1962) .Eine vollig andersartige Methode der bio-

logischen Schadlingsbekampfung soil hier nochErwahnung linden, die in den Vereinigten Staa-ten entwickelt wurde and diesem Fachgebietneue Moglichkeiten verspricht : Auf der Inset.Curacao konnte durch Aussetzen sterilisierterMannchen der Schraubenwurm-Fliege (Cochlio-myia (Callitroga) hominivorax (Coquerel) diesegefahrliche Plage des Weideviehs vollig besei-tigt werden (KNIPLING, 1960, 1963), Die Schrau-benwurm-Fliege, auch Amerikanische Myiasis-Fliege genannt (WURMBACH, 1962), gehort zu denSchmarotzerfliegen (Tachinidae = Larvaevori-dae) ; sie kann bei starkem Auftreten die Vieh-herden iibel beeintrachtigen, indem sie die Tiereerheblich qualt oder sogar totet. Von diesenFliegen wurde eine Massenzucht im Laborato-rium angelegt . Dann wurden die Fliegen lurchradioaktive Bestrahlung sterilisiert and in denBefallsgebieten ausgesetzt . Auf diese Weisekommt es zu einem Uberangebot an sterilisier-ten Mannchen, die sich mit den frei lebendenWeibchen paaren . Letztere legen daraufhin un-befruchtete Eier, and da diese Weibchen nur eineinziges Mal kopulieren, ist damit ihre gesamteNachkommenschaft zerstort . So konnte dieSchraubenwurm-Fliege dort and spater auch inanderen Gebieten der USA in kurzer Zeit volligvernichtet werden, ohne chemische Praparateeinsetzen zu mussen . Inzwischen hat diese Me-thode auch fur die Bekampfung anderer wich-tiger Schadlinge Interesse gefunden and wird inetlichen Landern erprobt. Die Sterilisation kannsowohl mit radioaktiver Bestrahlung ais aucimit Chemosterilantien oder Insektenhormonenerreicht werden . Jedenfalls bietet dieses „Selbst-vernichtungsverfahren" infolge seiner hohenSpezifitat groBe Vorteile, da auBer der betref-fenden Schadlingsart, gegen die es eingesetzt

wird, keine anderen Lebewesen geschadigt wer-den and sich das Verfahren gegen viele Schad-linge anwenden lieBe (KNIFLINC, 1960, 1963) .Ein ebenfalls recht interessantes Forschungs-

gebiet, welches im Rahmen der biologischenSchadlingsbekampfung seine praktische Anwen-dung linden kann, ist die Untersuchung der inden Pflanzen enthaltenen Lock- bzw . Duftstoffe .Dieses Gebiet ist zwar noch verhaltnismaiigjung, hat aber schon recht gute Erfolge zu ver-zeichnen (DETHIER, 1947 ; GSRNITZ, 1953, 1956 ;KARRER, 1958),Die biologische Unkrautbekampfung enthalt

bereits MaBnahmen, die zu den Kulturmethodeniiberleiten . So gibt es neben den unkrautvertil-genden Phytophagen, die hier sinngemaB alsNiitzlinge bezeichnet werden milssen (FRANZ,1961), auch die Moglichkeit, durch eine zweck-maBige Bodenbearbeitung die Samenunkrauterwirksam zu bekampfen, die durch die somit akti-vierten Bodenbakterien vernichtet werden (WEH-SARG, 1954) .Eine weitere durch KulturmaBnahmen unter-

stiltzte biologische Bekampfung kann man in derResistenzziichtung sehen, d . h . das Ziichten vonPflanzen, die gegen Schadlinge and Krankheitenresistent Bind. Auch hier liegen beachtliche Er-folge vor (BRAUN, 1952 ; RUDORF, 1954; ROEMERand RUDORF, 1958-1962) .

In mancher Hinsicht kann man auch in einerrichtigen Fruchtfolge eine MaBnahme im Sinneder biologischen Bekampfung sehen ; denn dieFruchtfolgekrankheiten spielen infolge der viel-fach notwendigen Monokulturen eine nicht zuunterschatzende Rolle im Pflanzenschutz (RADE-MACHER, 1960 ; DIERCRS, 1962) .

So konnte man die heute bekannten Methodender biologischen Schadlingsbekampfung nochweiter erganzen, was aber fiber den Rahmen die-ser Darlegungen hinausginge (s . auch FRANZ,1961) .Auch die reinen KulturmaBnahmen Bind von

groBer pflanzenschutzlicher Bedeutung. Wie be-reits erwahnt, Bind Monokulturen grundsatzlichungiinstig, weil sie das Massenauftreten be-stimmter Schadlinge fordern. Von den zahlrei-chen diesbeziiglichen Untersuchungen sei piernur auf die Arbeiten von SCHIMITSCHEK (1942,1951, 1954, 1956), NEF (1961) sowie auf die eige-nen Arbeiten uber den Nelkenwickler (Torfrixpronubana Hb.) verwiesen. Der letztgenannteSchadling wurde in wenigen Jahren, in den Nel-kenkulturen der italienischen and franzosischenRiviera zum GroBschadling, weil er sich in denriesigen Monokulturen sehr gut halten and ver-mehren konnte. Zunachst hielt man ihn fur strengmonophag. Erst spater stellte man fest, daB eruberaus polyphag ist and unter Versuchsbedin-gungen fast 200 Pflanzenarten als Nahrung an-nirnmt, wobei noch weitere Nahrpflanzen mog-lich Bind (HERFS, 1961 b) . Dennoch blieb der vondiesem Wickler angerichtete Schaden in den Lan-

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dern, in die er mit Blumensendungen einge-schleppt wurde, auf die Dauer stets in wirtschaft-lich ertraglichen Grenzen, weil der Schadlinggiinstige Futterpflanzen nicht in so reichlichemMaie wie in seinem nattiriichen Biotop vorfand,so dali er nicht zum Grol3schadling in anderenLandern wurde . Hinzu kommen hier noch klima-tische Unterschiede, die efn zusatzliches Er-schwernis bedeuten (HERFS, 1962, 1963) .

Weiter hat sich gezeigt, dal3 auch die Diingungdes Bodens fur das Vorkommen and die Ent-wicklungsmoglichkeiten verschiedener Schad-linge eine wichtige Rolle spielen kann . Von derDiingung hangt es weitgehend eb, welche Nahr-stoffe in die angebauten Pflanzen gelangen andsomit den Phytophagen zur Verfiigung stehen(s. auch BAGGIOLINI and MATHYS, 1963 ; ZWOLFER,1963) .Ein weiteres Problem stellen die ,Kultur-

steppe" and das Odland dar . Vielerorts wirdman hier durch die Anlage von Schutzpflanzun-gen Bowie durch Flurholzanbau wesentliche Ver-besserungen erzielen (PFLUG, 1959) . Dieser Tatbe-stand trifft auch fur viele Aussiedlerhofe zu, dieweder Baume noch Straucher auf ihren Grund-stiicken haben . Gerade die Windschutzheckenhaben im Bereiche einer modernen Landschafts-pflege grolie Beachtung gefunden . Nach vielseiti-gen Gesichtspunkten werden die Vor- and Nach-teile solcher Hecken immer wieder diskutiert(HARTKE, 1951) . Dabei werden von den Landwir-ten haufig diese Schutzpflanzungen negativ be-urteilt. Eine eingehende Erorterung dieses Pro-blems wurde hier zu weit fiihren. Es ist jedochAufgabe der wissenschaftlichen Forschung, dieseAngaben zu priifen and bei berechtigten Klagenfur eine Abhilfe zu sorgen . An Hand der bereitsrecht umfangreichen ,Hecken-Literatur" kannman aber schon jetzt sagen, dal3 die Vorteilebei weitem uberwiegen, wenn man die ortlichenGegebenheiten gebiihrend beriicksichtigt (s. auchGEIGER, 1951 ; WENDT, 1951 ; TISCHLER, 1948, 1951u. a . m.) . Es kommt darauf an, die richtige Aus-wahl der jeweils gtinstigsten Baume and Strau-cher zu treffen, wobei man sich nach der Art derbenachbarten Kulturen richten mull . Man soilvermeiden, dai3 eine derartige Schutzpflanzungausgesprochene „Schadlings-Pflanzen" enthalt,d. h . dal3 darin Pflanzenarten enthalten sind, diefur einen bedeutenden Schadling einer benach-barten Kultur eine giinstige Nahrpflanze darstel-len. Aus dem gleichen Grunde sollten keine Pfir-sichbaume in der Nachbarschaft von Riibenfel-dern stehen, weil der Hauptiibertrager der Ru-benvergilbung, die Griine Pfirsichblattlaus (My-zodes persicae Sulz.) auf diesen Baumen iiber-wintert. Auch hier lielen sich zahlreiche Bei-spiele anftihren .Nachdem die vielseitigen Probleme and Mog-

lichkeiten eines modernen Pflanzenschutzes er-ortert wurden, stellt sich die Frage, auf welcheWeise man diese Erkenntnisse auswerten and

_fur die land- and forstwirtschaftliche Praxis nutz-bar machen kann (s. auch ZWOLFER, 1953) . Ein-seitige Mallnahmen haben zu keinem befriedi-genden Ergebnis gefuhrt : Die chemische Schad-lingsbekampfung allein fiihrt wegen ihrer Ne-henwirkungen in der gewohnten Form nicht zumZiel; andererseits ist sie grundsatzlich zur Siche-rung der menschlichen Ernahrung unumganglich .Die biologische Bekampfung hat zwar diese Ne-benwirkungen nicht, kann aber allein unsereErnten nicht retten . Die Kulturmallnahmen habenmehr eine unterstiitzende als entscheidende Be-deutung, wenn man das Endziel unserer Bemu-hungen betrachtet. Der sinnvollste Weg wirddeshalb in einer vernunftigen Kombination vonchemischen, biologischen and Kulturmainahmengesehen, die man im Begriff der ,integriertenSchadlingsbekampfung" zusammenfallt . Fur diePraxis ergeben sich daraus folgende Forderun-gen, deren Verwirklichung angestrebt wird (s .auch BERAN, 1963)Zunachst sollen nach Moglichkeit gegen

Krankheiten and Schadlinge resistente Sortengenommen and gesundes, anerkanntes Saatgutverwendet werden. Die Anzahl der chemischenBehandlungen soil auf das notwendige Mindest-mal3 beschrankt werden, wozu moglichst niitz-lingsschonende Mittel gewahlt werden sollen .Vorbeugende Behandlungen sollen durch ,ge-zielte" Anwendung der Mittel ersetzt werden,d. h. man soil die Bekampfungsmallnahme zudem Zeitpunkt durchfuhren, wenn man mit demMittel den grolltmoglichen Erfolg erzielen kann(s. auch HANUSS, 1963) . Zudem soil man nur danneine chemische Behandlung durchfuhren, wennder zu bekampfende Schadling die wirtschaftlichtragbare Schadensschwelle bzw . Toleranzgrenzeiiberschreitet (WILDBOLZ, 1962 ; KRAMER, 1963) . Da-zu mull man die Entwicklung des Schadlings be-obachten, um im giinstigsten Zeitpunkt die Be-h andlung durchfuhren zu konnen, wozu der amt-liche Pflanzenschutz-Warndienst eine wertvoileHilfe leistet . Bei der Verwendung nutzlingsscho-nender Mittel kann man in vielen Fallen mit ge-ringeren Aufwandmengen bzw . Konzentrationenauskommen ; denn eine 100°/oige Abtotung derSchadlinge ist dabei nicht erwunscht, da dieNiitzlinge sonst verhungern wiirden and ihreAktivitat nicht entfalten konnten. Man kann fer-ner Behandlungen mit biologischen Praparaten(Bacillus thuringiensis) einschieben, die ebenfallsniitzlingsschonend and frei von Ruckstanden sind(BESEMER, 1963, EVENHUIS and Van de VRIE, 1963 ;De JONG, 1963 ; MATHYS and BAGGIOLINI, 1963). Inetlichen Fallen konnte man die biologischen Pra-narate auch mit chemischen Pflanzenschutzmittelnmischen, wobei man den Anteil an chemischenSubstanzen vermindern kann, ohne dabei einengeringeren Erfolg zu erreichen . Diese Anwen-dung einer sublethalen Dosis chemischer Prapa-rate lallt sich sowohl durch eine direkte Bei-mischung als auch durch getrennt erfolgende Be-

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W. HERFS : Integrierte Schadlingsbekampfung als newer Weg im Pflanzenschutz

handlungen, die einander erganzen, durchfiihren .Hieriiber liegen bereits etliche positive Befundevor, and zwar sowohl fur Pilz-Praparate (MuLLER-KoGLER, 1962 ; TELENGA, 1962), Bakterien-Prapa-rate (CAPEK and HESKOVA, 1962 ; FEDORINTCHIK,1962 ; SANDNER and KoT, 1962 ; VANKOVA, 1962 ;Mc EWEN, GLASS, DAVIS and SPLITTSTOESSER, 1960),sowie fur Virus-Praparate (BIRD, 1962) . Durcheine solche Kombination gelangen einerseitsweniger Gifte auf die Pflanzen bzw. i n den Bo-den (s. auch ZEUMER, 1958 ; STEINER and GRUCH,1959 ; GRUCH and STEINER, 1960 ; DOMSCH, 1963),wahrend andererseits die Ntitzlinge ihre Wir-kung entfalten konnen (s . auch SMITH, 1963). Indiesem Zusammenhang muB auch auf die Gefah-ren hingewiesen werden, die bei unvorsichtigenchemischen Behandl uigen den in Fliissen andsonstigen Gewassern lebenden Tieren drohenkonnen (BAUER, 1961 .) . Es wurde schon gesagt,daB es besser ist, spezifische, jeweils nur auf be-stimmte Schadlinge wirkende Mittel zu verwen-den, zu denen auch die biologischen Praparategehoren, als sehr breitentwirksame Mittel, diealles abtoten. Ebenso Bind kurzlebige Praparatevorteilhafter als die Mittel mit lange anhalten-der Wirkung. Die notwendige Bevorzugungweniger giftiger vor hochgiftigen Praparatenwurde auch schon erwahnt. Hierbei mul3 von denLandwirten zusatzlich auf die genaue Befolgungder jeweils vorgeschriebenen Karenz- oderWartezeiten vor der Ernte geachtet werden, da-mit die zulassigen „Toleranzen" (= maximal ge-stattete Ruckstandsmengen) nicht u.berschrittenwerden (GRANHALL, 1963 ; LEIB, 1963) . Im grol3enand ganzen solite im Hinblick auf die Riick-standsgefahr eine generelle Herabsetzung desAufwandes an chemischen Pflanzenschutzmittelnangestrebt werden, soweit es wirtschaftlich mog-lich ist . DaB die biologischen Praparate infolgeihres Freiseins von Rtickstanden. auch eine Ka-renzzeit unnotig machen, also noch unmittelbarvor der Ernte angewendet werden konnen, istein beachtlicher Vorteil . Aus dem gleichenGrunde konnen sie auch in die Blute gespritztwerden, da sie die Bienen nicht gefahrden.Alle these genannten Mal3nahmen werden in

einem „modifizierten Spritzplan ." beriicksichtigt,wie er zur Zeit von der Landesanstalt fur Pflan-zenschutz in Stuttgart nach mehrjahrigen Erfah-rungen ausgearbeitet wird (STEINER, 1960) . Miteinem solchen modifizierten Spritzplan habeneinige Spezialisten in Holland (EVENHUIS andVan de VRIE, 1963 ; De JONG, 1963) and in derSchweiz (MATHYS and BAGGIOLINI, 1963 ; WILDBOLZ,1963) bereits recht gute Erfolge erzielt. Zudemhatten die letztgenannten Untersuchungen er-geben, daB man mit derartigen Spritzplanen imRahmen einer integrierten Schadlingsbekamp-fung zumindest im Obstbau gleichwertige Er-trage erzielen kann wie mit den herkommlichenMethoden, wobei teilweise in streng kalkulier-ten Anlagen gearbeitet wurde . Die hoheren Ein-

zelkosten der ,schonenden" Praparate konnendurch eine Einsparung an auszubringenderMenge, besonders durch Verringerung der An-zahl der Behandlungen bei einer gezielten An-wendung durcnaus gedeckt werden . Somit ist auchbei voller Beriicksichtigung der schwierigen Auf-gaben and der hohen Verantwortung, die demPflanzenschutzdienst and der Pflanzenschutzfor-schung heute iibertragen rind (s . auch RADE-MACHER, 1958, FUCHS, 1962), die integrierte Schad-lingsbekampfung in jeder Hinsicht gut vertret-bar. Es kommt nur darauf an, die jeweils inFrage kommenden chemischen, biologischen undKulturmal3nahmen in Anpassung an die ortlichenGegebenheiten and Erfordernisse optimal zukombinieren, wobei vorerst die Beurteilung dervon Fall zu Fall in Frage kommenden Moglich-keiten noch erfahrenen Spezialisten vorbehaltenbleiben muB Jedoch wird bereits jetzt durch in-tensive Forschungen and internationale Zusam-menarbeit der an diesen Fragen interessiertenInstitute and Dienststellen darauf hingearbeitet,daB man in absehbarer Zeit in der Lage ist, auchdem Land- and Forstwirt fur die Praxis brauch-bare Unterlagen and Anweisungen zu geben,wonach er selbst die notwendigen Entscheidun-gen treffen kann . Hierzu werden verschiedeneWege beschritten, die sich noch in Erprobung be-linden. .Die obigen Ausfuhrungen machen Richtung

and Ziele eines „integrierten Pflanzenschutzes"deutlich (s . auch DREES, 1963) ; seine Anwendungkann m. E. dazu beitragen, die Ernahrungslageohne Gefahrdung der menschlichen Gesundheitzu sichern .Literaturangaben werden vom Verfas-

ser auf Wunsch jederzeit gerne mitgeteilt .

ZusammenfassungAn Hand von Beispielen wird die Bedeutung der

„integrierten Schadlingsbekampfung" erlautert . Eshandelt sick bei dieser Methode um eine sinnvolleKombination von chemischen, biologischen and Kultur-mal3nahmen . Dadurch soll ein zeitgemal3er Pflanzen-schutz erreicht werden, der trotz hochgradiger Spe-zialisierung bei weitestgehender Schonung der natiir-lichen Biozonosen wirtschaftlich rentable Ergebnissezeitigt. Dabei steht stets der Gesichtspunkt im . Vorder-grund, Nebenwirkungen zu vermeiden, die die mensch-liche Gesundheit gefahrden. Die in der land- andforstwirtschaftlichen Praxis zu beschreitenden Wegewerden erortert unter Zugrundelegen bereits erzielterErfolge .

SummaryThe importance of the "integrated control" is

discussed by means of some examples. The questionof this method is an ingenious combination of chemical,biological and cultural actions . Thereby an actualplant protection should be obtained, which ripens afar extending forbearance of the natural biocoenosesin spite of a high-grade specialization. Neverthelessthe results must show an economic profitableness .The main viewpoint is always, to avoid noxioussecondary effects, which endanger the human health .The methods are explained, which can be used in theagricultural and forestal practice under considerationof the hitherto existing results .