22
6 1 Zusammenfassung Im Folgenden soll ein Einblick in die wesentlichen biologischen Systeme gegeben werden, die im Zusammenhang mit der Manipulation von G-Protein-gekoppelter Rezeptoren (GPCR) in dieser Arbeit von Bedeutung sind. Es stellt sich die Frage, wie die hohe Spezifität der Signaltransduktion in biologischen System gewährleis- tet werden kann. Der beobachteten hohen Spezifität der Signaltransduktion steht eine limitierte Anzahl der an der Signalkaskade beteiligten Interaktionspartner ge- genüber. In dieser Arbeit wird das System des G-Protein aktivierten einwärtsgleichrichten- den Kaliumkanals (GIRK) an Vorhofmyozyten untersucht. Über die Aktivierung des G-Protein koppelnden M 2 Rezeptors durch Azetylcholin und konsekutiver Öffnung des Kaliumkanals gehört dieser Signalweg zu einem der wichtigen physiologi- schen, parasympathischen Regelkreisläufe des Herzen. Neben der parasympathi- schen Aktivierung der GIRKs durch Azetylcholin, ist Adenosin über den A 1 Rezep- tor ein physiologischer Aktivator der GIRKs. Beide Signalwege sind in Kardiomyo- zyten in vivo exprimiert und zeigen eine bisher nicht geklärte Interaktion. Da ein wesentlicher Ergebnisanteil elektrophysiologische Daten beinhaltet, wird in einem ersten Teil ein Überblick über die Familie der Kaliumkanäle gegeben, mit besonderem Bezug auf die kardiale Physiologie und Pathophysiologie. Eine be- sondere Rolle spielt dabei die Kanalfamilie der einwärtsgleichrichtenden Kalium- kanäle, da sie als Zieleffektor für die Manipulation der G-Protein koppelnden Re- zeptoren genutzt werden. An ihnen werden beispielhaft Fragen nach Spezifität der Signaltransduktion durch GPCRs, sowie speziellere Fragestellungen wie Desensi- tisierungsmechanismen demonstriert. Die vegetative Regulation des Herzens und mögliche pathophysiologische und therapeutische Zusammenhänge stellen den Rahmen der Arbeit dar. 1.1 Physiologische und biochemische Grundlagen von Kaliumkanälen K + Kanäle sind an einer Vielzahl von biologischen Vorgängen beteiligt, so z.B. an der Neurotransmitterfreisetzung, Insulinsekretion, renalen Regulation der Elektro- lythomeostase und in der Muskelkontraktion. In erregbaren Zellen sind Kali- umkanäle mitverantwortlich für die Erregbarkeit, auf der einen Seite durch die Sta-

Interferenzen Gi/o gekoppelter Rezeptoren am Beispiel des ... · 9 aliumka-n Ami-da nehmender Depolarisation ab. Bisher sind 7 Familien bekannt, die mit Kir (K+ in-ward rectifying)

Embed Size (px)

Citation preview

6

1 Zusammenfassung

Im Folgenden soll ein Einblick in die wesentlichen biologischen Systeme gegeben

werden, die im Zusammenhang mit der Manipulation von G-Protein-gekoppelter

Rezeptoren (GPCR) in dieser Arbeit von Bedeutung sind. Es stellt sich die Frage,

wie die hohe Spezifität der Signaltransduktion in biologischen System gewährleis-

tet werden kann. Der beobachteten hohen Spezifität der Signaltransduktion steht

eine limitierte Anzahl der an der Signalkaskade beteiligten Interaktionspartner ge-

genüber.

In dieser Arbeit wird das System des G-Protein aktivierten einwärtsgleichrichten-

den Kaliumkanals (GIRK) an Vorhofmyozyten untersucht. Über die Aktivierung des

G-Protein koppelnden M2 Rezeptors durch Azetylcholin und konsekutiver Öffnung

des Kaliumkanals gehört dieser Signalweg zu einem der wichtigen physiologi-

schen, parasympathischen Regelkreisläufe des Herzen. Neben der parasympathi-

schen Aktivierung der GIRKs durch Azetylcholin, ist Adenosin über den A1 Rezep-

tor ein physiologischer Aktivator der GIRKs. Beide Signalwege sind in Kardiomyo-

zyten in vivo exprimiert und zeigen eine bisher nicht geklärte Interaktion.

Da ein wesentlicher Ergebnisanteil elektrophysiologische Daten beinhaltet, wird in

einem ersten Teil ein Überblick über die Familie der Kaliumkanäle gegeben, mit

besonderem Bezug auf die kardiale Physiologie und Pathophysiologie. Eine be-

sondere Rolle spielt dabei die Kanalfamilie der einwärtsgleichrichtenden Kalium-

kanäle, da sie als Zieleffektor für die Manipulation der G-Protein koppelnden Re-

zeptoren genutzt werden. An ihnen werden beispielhaft Fragen nach Spezifität der

Signaltransduktion durch GPCRs, sowie speziellere Fragestellungen wie Desensi-

tisierungsmechanismen demonstriert. Die vegetative Regulation des Herzens und

mögliche pathophysiologische und therapeutische Zusammenhänge stellen den

Rahmen der Arbeit dar.

1.1 Physiologische und biochemische Grundlagen von Kaliumkanälen

K+ Kanäle sind an einer Vielzahl von biologischen Vorgängen beteiligt, so z.B. an

der Neurotransmitterfreisetzung, Insulinsekretion, renalen Regulation der Elektro-

lythomeostase und in der Muskelkontraktion. In erregbaren Zellen sind Kali-

umkanäle mitverantwortlich für die Erregbarkeit, auf der einen Seite durch die Sta-

7

bilisation des Membranruhepotentials, auf der anderen Seite durch ihre Möglich-

keit, Aktionspotentiale zu terminieren, bzw. zu modifizieren. Diese beiden Eigen-

schaften sind von großer physiologischer und pathophysiologischer Relevanz in

der Erregungsleitung am Herzmuskel.

Kaliumkanäle können aufgrund ihrer Sekundärstruktur in drei große morphologi-

sche Familien eingeteilt werden. Dabei richtet sich ihre Zuteilung nach der Anzahl

der α-helikalen Transmembranhelices (TM) und nach der Anzahl der kaliumselek-

tiven Poren (P):

- 6TM-1P-Kanäle

- 4TM-2P-Kanäle

- 2TM-1P-Kanäle

Die Kaliumselektivität wird durch ein hochkonserviertes Sequenzmotiv in der Po-

rendomäne vermittelt. Die Aminosäuresequenz Gly-Tyr-Gly (Gly-Phe-Gly in eag,

Kir 6.1, Kir 6.2) in der H5 Region der 6-TM-1P, bzw. in der P-loop Region bei 2

TM-P Kanäle, determiniert die Kaliumselektivität (Doyle et al., 1998). So zeigen

z.B. Mutanten mit einer GY-Deletion die charakteristisch verminderte Ionenselek-

tivtät eines CNG-Kanals (cylic nucleotide gated). Im Folgenden wird ein kurzer

Überblick über die einzelnen K+ Kanäle gegeben.

Zur Familie der 6TM-1P Kanäle gehören mehrere Untergruppen. Eine große

Gruppe stellt die der spannungsabhängigen K+-Kanäle dar. Dabei zählen die Kv-

Familie (auch Shaker-Kanäle nach Drosophilamutanten), eag (ether-à-go-go) und

KCNQ1 zu den klassischen spannungsabhängigen Kanälen. CNG und HCN-

Kanäle zeigen hingegen eine geringere Spannungsabhängigkeit und sind eher

unselektive Kationenkanäle, werden jedoch zusätzlich durch zyklische Nukleotide

reguliert. Die Spannungsabhängigkeit, Aktivierungs- und Inaktivie-

rungsgeschwindigkeit variieren in dieser Gruppe von Kanälen stark, sie zeigen je-

doch auch strukturelle Gemeinsamkeiten (Nerbonne, 2000). Der Aktivierungsme-

chanismus ist mit einer Konformationsänderung im „spannungssensitiven“ S4

Segment verbunden (Mannuzzu et al., 1996), die zu einer Öffnung der kaliumse-

lektiven Pore führt. Die Inaktivierung der Kanäle beruht auf verschiedenen Me-

chanismen. Während in einer Gruppe (z.B. Kv. 1.4 ) über einen sogenannten

„ball and chain“ Mechanismus die Kanalpore über eine N-terminale Domäne des

Kanals verschlossen wird (Kondoh et al., 1997; Hoshi et al., 1990), existieren zu-

sätzliche ß-Untereinheiten (z.B. mink1, mirp1), die durch Assoziation mit dem Ka-

nal die kinetischen Eigenschaften modifizieren (Nichols et al., 1997; Jan und Jan

1997).

Die physiologische Relevanz der verschiedenen Aktivierungs- und Deaktivie-

rungskinetiken der K+- Kanalpopulationen wird am Beispiel des Herzaktionspoten-

tials deutlich. Bei der Repolarisation des Herzaktionspotentials sind spannungsab-

hängige Kaliumströme sowohl essentiell für die elektromechanische Kopplung

(Sah et al., 2003), als auch für die “geordnete“ Repolarisation des Herzaktionspo-

tentials, um einen gerichteten Erregungsablauf zu ermöglichen.

So führen z.B. Veränderungen im Sinne von Mis-Sense Mutationen auf Kanalebe-

ne, sowie im Bereich der akzessorischen ß-Untereinheiten (mink1(KCNE1),

mirp1(KCNE2)), zu einer Verlängerung des Aktionspotentials, mit dem charakteris-

tisch verlängertem QT-Intervall im EKG und der Gefahr von „torsade de pointes

Tachykardien“ (Felix, 2000; Pongs, 1999).

S1 S2 S3 S4 S5 S6

P-loop

NH +3

COO-

+

+

+

+-

Abb.1 Schematische Darstellung eines Kaliumkanals aus der 6TM1P Familie, mit seinen

charakteristischen sechs transmembranären α-Helices (S1-S6) und dem spannungssensi-

tiven S4 Segment. N-terminal liegt der sogenannte „ball“, der zu einer Okklusion der Ka-

nalpore und einer Inaktivierung des Kanals durch Interaktion mit dem S4-S5-Linker führt.

8

Die Familie der 2-TM-1P Kanäle umfasst Kaliumkanäle mit der charakteristischen

Eigenschaft der Einwärtsgleichrichtung, d.h. die Kanalleitfähigkeit nimmt mit zu-

9

aliumka-

n Ami-

da

nehmender Depolarisation ab. Bisher sind 7 Familien bekannt, die mit Kir (K+ in-

ward rectifying) 1.x-7.x klassifiziert werden. 1993 konnte erstmals durch Kubo die

cDNA für den Kir 2.1 isoliert werden, im gleichen Jahr erfolgte die Klonierung des

Kir 1.1 durch Ho und Mitarbeiter (Yamada et al.,1998). Kir-Kanäle sind wie die 6-

TM-1P Kanäle Tetramere, die sich entweder aus identischen Untereinheiten (Ho-

motetramere) oder aus verwandten Untereinheiten (Heterotetramere) zusammen-

setzen. Strukturell bestehen die Untereinheiten aus zwei α-helikalen Trans-

membrandomänen (mit M1 und M2 bezeichnet) und der kaliumselektiven, poren-

formenden Region H5 mit dem schon beschriebenen charakteristischen kaliumse-

lektiven Gly-Tyr-Gly Motiv. C und N Terminus liegen zytoplasmatisch. Das 2-TM-

1P Motiv kann strukturell und funktionell mit der S5-P-S6 Domäne der 6-TM-1P

Kanäle verglichen werden. Durch Mutageneseuntersuchung von Kir-Kanälen

konnten verschiedene Kanaldomänen identifiziert werden, die Einfluß auf die Ein-

wärtsgleichrichtung haben. Ein wichtiger Anteil an der Einwärtsgleichrichtung wird

durch negativ geladene Aminosäuren (z.B. Asparagin 173 bei Kir 3.x) in der M2

Domäne (Stanfield et al., 1994) und durch verschiedene anionische Aminosäuren

des C-terminalen Abschnittes der Untereinheiten (Taglialatela et al., 1995; Kubo

und Murata., 2001) vermittelt. Durch die Interaktion von Mg++ Ionen und Polyami-

nen (z.B. Spermin) mit diesen Aminosäuren der Kanalpore ergibt sich eine span-

nungsabhängige Blockade der Kanalpore bei Membranpotentialen, die positiver

als das Kaliumgleichgewichtspotential sind (Ficker et al., 1994; Wible et al., 1994).

Es blieb lange ungeklärt, wie diese verschiedenen und auf den ersten Blick to-

pograpisch ungeordneten Aminosäurereste die Einwärtsgleichrichtung bestimmen

konnten. Nishida und MacKinnon gaben im Jahre 2002 in Kristallisationsexperi-

menten ein Modell der tertiären Struktur von einwärtsgleichrichtenden K

nälen. Sie beschreiben in ihrem Modell neben der transmembranären Pore mit

dem bekannten Kaliumselektivitätsfilter zusätzlich eine zytoplasmatische Pore, die

durch den C-Terminus gebildet wird. Die meisten identifizierten anionische

nosäurereste projizieren sich auf den inneren Rand der zytoplasmatischen Pore

und bilden somit ein Interaktionsinterface für die kationischen Polyamine (Nishi

und MacKinnon, 2002).

Eine besondere Gruppe stellen die Unterfamilien Kir 3.x und Kir 6.x dar, da ihre

Regulation in der 3.x Familie zusätzlich an βγ Untereinheiten von heterotrimeren

10

G-Proteinen gebunden, oder in der 6.x Familie durch ihre ATP-Sensitivität direkt

an den Zellmetabolismus gekoppelt ist.

Die Familie der ATP-sensitiven Kaliumkanäle sind Heterooctamere von Sulfonyl-

harnstoffrezeptoren (SUR) und von Kir 6.x-Untereinheiten mit einer 1:1 Stöchio-

metrie. Die Kir 6.x Untereinheiten formen mit ihrer 2-TM-1P-Topologie die Kanal-

pore. Weder Sulfonylharnstoffrezeptoren, noch Kir 6.x formen funktionelle Kanäle,

erst die Heteromultimere stellen funktionelle Kanäle dar (Babenko et al., 1998).

Als wichtige regulatorische Metabolite sind Magnesium gebundene Nukleotide

sowie ATP bekannt. Mg++-gebundene Nukleotide haben über den SUR Rezeptor

einen stimulatorischen Effekt auf den IKATP, während ATP über die direkte Bin-

dung an die porenbildende Untereinheit Kir 6.x einen inhibitorischen Effekt vermit-

telt (Baukrowitz und Fakler, 2000). Über diese entgegengesetzte Regulation ist es

möglich, den Status der zellulären Energieversorgung abzuschätzen. Der am Bes-

ten verstandene Kanaltyp ist der SUR1/Kir6.2, der in den ß-Zellen des Pankreas

über seinen Schluss und nachfolgende Depolarisation die Insulinsekretion vermit-

telt.

Eine zweite Gruppe (Kir 3.x) von Kanälen aus der 2-TM-1P Familie ist hauptsäch-

lich an die Aktivierung durch βγ Untereinheiten von heterotrimeren G-Proteinen

gekoppelt.

Man findet neben der Kir 3.x Nomenklatur auch die Bezeichnung GIRK 1-5 (G-

protein activated inward rectifying K+ channels) für die einzelnen Untereinheiten.

Funktionelle Kanäle werden aus Tetrameren gebildet. Die Komposition der Unter-

einheiten unterscheidet sich in verschiedenen Geweben. In neuronalem Gewebe

scheinen Heterotetramere aus GIRK1 und GIRK 2/3 vorzuherrschen, während die

kardiale Kanalpopulation eine GIRK 1/4 Komposition aufweist (Jelacic et al., 2000;

Fleischmann et al., 2004; Dobrzynski et al., 2001; Karschin et al., 1996). Während

GIRK4 funktionelle Homotetramere in der Membran bilden kann und diese mögli-

cherweise physiologisch vorkommen (Corey and Clapham, 1998; Bender et al.,

2001), konnte gezeigt werden, dass GIRK1 keine funktionellen Kanäle in der

Membran bildet und zur Membranlokalisation eine zusätzliche GIRK-Untereinheit

benötigt (Kennedy et al., 1998). Die Kanalkomposition beeinflusst die biophysikali-

schen Eigenschaften der funktionellen Kanäle in Bezug auf ihre kinetischen Ei-

genschaften, Desensitisierung und Größe des induzierbaren Stroms (Silvermann

et al., 1996). Die charakteristische porenformende Domäne (H5) zeigt zwischen

11

den Untereinheiten große Sequenzhomologie. Die zytosolisch gelegenen C- und

N-Termini sind in Sequenz und Länge jedoch unterschiedlich (Yamada e al.,

1998). Die für die Kanalaktivierung wichtigen βγ Bindungsstellen sind C- und N-

terminal lokalisiert. Die GIRK1 Untereinheit besitzt im Vergleich zu GIRK 4 eine C-

terminale zusätzliche βγ Bindungsstelle (Huang et al., 1997, Krapivinsky et al.,

1998). Corey et al. beschreiben eine 1:1 Bindungsstöchiometrie zwischen GIRK-

Untereinheit und βγ-UE (Corey und Clapham, 2001).

Weiterhin existiert am C-Terminus eine Bindungsstelle für PIP2 und Na+. Sowohl

für PIP2 als auch für Na+ ist ein aktivierender, regulatorischer Einfluss auf die Ka-

näle bekannt (Petit-Jacques et al., 2001). Aus Untersuchungen mit Chimeren von

GIRK4 und Kir2.1 ist für PIP2 ist eine Bindungsstelle C-terminal lokalisiert worden,

zusätzliche soll Natrium über Neutralisierung eines Aspartatrestes in der Nähe der

PIP2 Bindungsstelle die Bindungswahrscheinlichkeit für PIP2 an die GIRK Unter-

einheit erhöhen (Zhang et al., 1999, Ho and Murrell-Lagnado,1999). Es bleibt zur

Zeit unklar, in wiefern Natrium und PIP2 essentielle Kofaktoren für die βγ Bindung

sind oder „nur“ eine regulatorische Funktion übernehmen.

Während die meisten Ergebnisse durch heterologe Expressionsysteme gewonnen

wurden, konnte auch an Kardiomyozyten gezeigt werden, dass durch eine Deple-

tion von PIP2 durch den PLC Signalweg eine Hemmung des IK(ACh) möglich ist

(Meyer et al., 2001).

Die im heterologen Expressionssystem beobachtete hochgradige Natriumabhän-

gigkeit von GIRK Kanälen (Shui et al., 1996) konnte in Kardiomyozten an endoge-

nen GIRK Kanälen nicht nachvollzogen werden. Erst bei einer Überexpression

z.B. von GIRK 4 Untereinheiten ergab sich ein natriumabhäniger Hintergrundstrom

(eigene Daten, nicht publiziert).

Abb.2 Schematische Darstellung einer GIRK4 (Kir 3.4) Untereinheit. Mit M1 und M2 sind

die transmembranären Domänen bezeichnet. (–) Zeichen kennzeichnen die negativ ge-

ladenen Aminosäuren, die die Einwärtsgleichrichtung vermitteln, insbesondere Asparagin

in Position 173. Die Aminosäuresequenz im Bereich der PIP2 und Natrium Bin-

dungsstellen ist gesondert dargestellt. Das Aspartat (D) in Position 223 vermittelt eine

natriumabhängige Modulation, Arginin (R) 218 und 228, sowie Isoleucin (I) 229 sind kriti-

sche Aminosäuren für die PIP2 Bindung. N-terminal ist an Position 34-86 eine βγ-

Bindungsstelle lokalisiert, C-terminal an der Position 318-374. (modifiziert aus Mark und

Herlitze, 2000)

1.2 Kardiale G-Protein gekoppelte Rezeptoren

Die für die Aktivierung von GIRK-Kanälen nötigen Rezeptoren fallen in die große

Gruppe der „G-protein-coupled-receptors“ (GPCRs). GPCR sind eine der größten

Rezeptorfamilien der Vertebraten. Zwischen 1000 und 2000 Gene (ca. 1% des ge-

samten Genoms) kodieren für diese Proteine (Ji et al., 1998). GPCR spielen eine

Rolle bei der Erkennung und der Signalübermittlung durch Licht, Duftstoffe, Nukle-

otide, Aminosäuren, Peptide und Proteine. Der Aufbau der Rezeptoren ist prinzi-

12

piell ähnlich. Eine zentral liegende Pore für die Gα-Untereinheitsbindung wird

durch sieben transmembranäre α-Helices gebildet. Das N-terminale Ende liegt

extrazellulär, das C-terminale Ende intrazellulär. Die α-Helices werden durch drei

intra- und extrazelluläre Loops (i1-3 und e1-3) miteinander verbunden. Die GPCR

können anhand ihrer extrazellulären N-terminalen Struktur in fünf große Gruppen

eingeteilt werden. Diese Gruppen teilen keine großen Sequenzhomologien und

unterscheiden sich durch ihre extrazelluläre N-terminale Struktur und damit in ihrer

Selektivität für verschiedene Substanzklassen ihrer aktivierenden Liganden (z.B.

Katecholamine versus größere Peptidhormone). Die relativ spezifische Kopplung

an eine bestimmte G-Proteinklasse gelingt wahrscheinlich über hochkonservierte

Sequenzmotive in den intrazellulären Loops i2 und i3, die Anteile der zentral ge-

legenen Pore für die Gα-Untereinheitsbindung der G-Proteine bilden.

α βγ

I IIIII IV

VVIVII

i1

i2i3

e1

e2 e3

GDP

NH +3

COO-

Secondmessenger

Effektoren-Enzyme-Kanäle

Ca++

Photonen

Pheromone

kleine endogeneMoleküle

Aminosäuren, biogene AmineNukleotide u. NukleosideProstagladine...

Proteine

Abb.3 Schematische Darstellung eines G-Protein gekoppelnden Rezeptors mit Aktivie-

rung der Signalkaskade. Extrazellulär liegt der sehr variable N-terminale Teil des Rezep-

tors, der die Agonistenspezifität determiniert. Mit e1-3 und i1-3 sind jeweils die intra- und

extrazellulären Loops gekennzeichnet, i2 und i3 bilden einen Teil einer intrazellulären Po-

re, in der Gα-UE binden können.

13

14

Durch extrazelluläre Signale wie Hormone, Neurotransmitter und sensorische Sti-

muli werden GPCR (G-protein-coupled receptors) aktiviert und führen über eine

Konformationsänderung zur Aktivierung von G-Proteinen (Gether, 2000).

G-Proteine gehören zu der Familie der GTP- Hydrolasen. Diese Familie schließt

sowohl die „kleinen“ G-Proteine als einzelne Polypeptide wie RAS und Elongati-

onsfaktoren ein, als auch heterotrimere G-Proteine, die sich aus drei Untereinhei-

ten (α,β ,γ) zusammensetzen. Bis heute sind 20 α, 5 β und 13 γ Untereinheiten

identifiziert worden. Die α Untereinheiten werden auf Basis von Se-

quenzhomologien und funktionellen Eigenschaften in die vier Gruppen α s,i,o,q und

q/13 unterteilt. Die Suffixe s und i ergeben sich aus der Fähigkeit, die Adenylat-

zyclase zu stimulieren oder inhibieren. Eine pharmakologische Möglichkeit zur

Unterscheidung von Gi und Gs besteht durch die ADP-Ribosylierung und Inakti-

vierung von Gi durch Pertussis-Toxin, bzw. Aktivierung von Gs durch Cholera-

Toxin. Gq- α-Untereinheiten stimulieren primär den Phospholipase C Signalweg.

Die βγ Untereinheiten sind funktionelle Monomere und unterscheiden sich in ihrer

Untereinheitskomposition. Als Effektorproteine sind Adenylatzyclasen, Phospholi-

pasen, Rezeptorkinasen und Ionenkanäle bekannt (Mesters et al., 2001).

Die Aktivierung eines G-Proteins erfolgt über die Agonisten Bindung an einen

GPCR, daraufhin erfolgt die Aktivierung des G-Protein Zyklus. Mit der Aktivierung

des G-Proteins durch z.B. Agonistenbindung am Rezeptor, wird an der α Unter-

einheit das GDP gegen GTP ausgetauscht. Nach diesem Austausch können die

GTP-bindende α Untereinheit und die βγ Untereinheit dissoziieren und jeweils un-

abhängig voneinander als „second messenger“ fungieren. Durch die intrinsische

GTPase Aktivität der α Untereinheit erfolgt der Austausch von GTP nach GDP und

schließt mit der Reassoziation der Untereinheiten den G-Protein Zyklus (Mesters

et al., 2001).

+

+

Pi GTP

GTP

GDPGDP

RGS

β

β

βα

α

α

γ

γγ

EffektorenEffektoren

GPCR Aktivierung

GIRK

Phospholipase C (ß )

Ca Kanäle (N/P)Adenylatzyclase (I)

Phospholipase A

ß-ARKinase

MAP-Kinasen

2

2

++

(+)

(+)

(+)(+)

(+)

(-)

(-)

Gαs

Gα12

Gαq

Gαi

Adenylatzyclase (alle)

Adenylatzyclase (I,V,VI)Adenylatzyclase (I)

Phospholipase C (ß ,ß )1 3

Phospolipase A2Na+/H+ Austauscher

cGMP-Phosphodiesterase

(+)(+)

(+)

(+)(+)

(+)

(-)

Abb.4 Schematische Darstellung des G-Proteinzyklus: Das G-Protein liegt in Abwesen-

heit eines Liganden am GPRC in inaktiver GDP gebundener Form vor. Nach Rezeptor

Aktivierung erfolgt der Austausch von GDP gegen GTP an der α-Untereinheit, mit folgen-

der Dissoziation der α und βγ Untereinheit. Durch eine intrinsische GTPase Aktivität

schließt sich der G-Proteinzyklus. Durch sog. RGS-Proteine kann dieser Schritt beschleu-

nigt werden. Beispielhaft sind Effektoren der α und βγ Untereinheit aufgezählt (modifiziert

nach Mesters, 2001)

1.3 Vegetative Regulation des Herzen durch A1 und M2 Rezeptoren

In die vegetative Regulation des Herzen sind verschiedene GPCR und G-Proteine

involviert. Die parasympathische Regulation wird zu einem Großteil durch den M2

Rezeptor vermittelt. Er gehört in die Familien der muskarinergen Azetylcholin-

Rezeptoren.

15

16

Azetycholin-Rezeptoren wurden bereits 1914 durch Sir Henry Dale in zwei phar-

makologische Klassen eingeteilt. Die Unterteilung orientierte sich an der Aktivier-

barkeit durch Nikotin oder das Alkaloid Muskarin. Die muskarinergen Acetylcholin-

rezeptoren gehören zu der Klasse der GPCR. Fünf verschiedene Rezeptoren die-

ser Klasse wurden bisher identifiziert (M1-5). Sie unterscheiden sich in der Primär-

struktur, Gewebelokalisation, Funktion sowie in ihrer Kopplung an die G-Protein-

Kaskade. Während M1, M3 und M5 Rezeptoren über Gq/11 an den DAG/IP3 Signal-

weg koppeln, interagieren M2 und M4 Rezeptoren mit G-Proteinen der Klasse Gi/o

und hemmen die Adenylatzyclase (Caulfield und Birdsall, 1998). Der dominierende

kardiale Rezeptortyp der muskarinergen Rezeptoren ist der Gi-koppelnde M2 Re-

zeptor. Er vermittelt maßgeblich die vegetativen Reize durch den Nervus vagus

und damit die typischen negativ chrono-, dromo- und inotropen Effekte am Herzen

(Yamada et al., 2002). Es zeigt sich eine regional unterschiedliche Verteilung des

Rezeptors mit einer verstärkten Expression im Bereich der Vorhöfe und dort mit

einer topographischen Assoziation zu GIRK-Kanälen. Die Expression anderer

muskarinerger Rezeptoren scheint sehr speziesspezifisch zu sein und im Herzen

großen lokalen Unterschieden zu unterliegen (Krejci und Tucek 2002; Wang et al.,

2001).

Ein weiterer kardial exprimierter Gi koppelnder GPCR ist der purinerge Adenosin

Rezeptor (A1). Burnstock klassifizierte die purinergen Rezeptoren in zwei Grup-

pen: P1 und P2 Rezeptoren (Burnstock, 1980). Dabei orientierte er sich an der

Affinität der Rezeptoren für Adenosin oder dessen Nukleotide (AMP,ADP,ATP).

P1 Rezeptoren haben die größte Affinität für Adenosin, die kleinste für ATP, die

P2 Rezeptoren verhalten sich entgegengesetzt. Man unterscheidet vier Adenosin-

rezeptoren, A1, A2a/b und A3-Rezeptoren. Die Kopplung an G-Proteine ist unter-

schiedlich. A1 koppelt an Gi/o, A2a/b an Gs und A3 Rezeptoren an Gi/o und Gq/11

(Fredholm et al., 2001).

Koronarer Blutfluss, Nocizeption, extrapyramidale Motorik und immunologische

Modulation sind nur ein paar physiologische und pathophysiologische Zusammen-

hänge, bei denen Adenosinrezeptoren von Relevanz sind.

Am Herzen ist der A1 Rezeptor die dominierende Klasse purinerger Rezeptoren.

A1 Rezeptoren vermitteln analog zum M2 Rezeptor in supraventrikulärem Gewebe,

durch eine Gi-vermittelte Aktivierung von einwärtsgleichrichtenden Kaliumkanälen,

einen negativ chronotropen und dromotropen Effekt, (Kurachi et al., 1986). Kli-

nisch wird diese Wirkung von Adenosin (Adrekar®) bei der Behandlung und Dia-

17Aktionspotential zu kommen und konsekutiv zu einem negativ inotropen Effekt

gnostik von supraventrikulären Tachykardien und AV-Knoten Reentrytachykardien

genutzt (Shen und Kurachi, 1995). A2a Rezeptoren und A3-Rezeptoren wurden im

Ventrikel verschiedener Spezies nachgewiesen (Fredholm et al., 2001, Marala et

al., 1998). A2a-Rezeptoren können mit ihrer Gs-Kopplung adrenerge, zum A1-

Rezeptor antagonistische Effekte vermitteln (Norton et al., 1999). Außerdem ha-

ben sie einen regulatorischen Einfluß auf den koronaren Blutfluss (Hein et al.,

1999).

Sowohl A1 als auch M2 Rezeptor aktivieren GIRK–Kanäle durch ßγ-Untereinheiten

von heterotrimeren G-Proteinen am Herzen.

Bereits seit 1921 ist bekannt, dass nach Stimulation des Nervus vagus, der da-

mals als „Vagusstoff“ bezeichnete Transmitter zu einer Bradykardie führt (Loewi,

1921). 1955 wiesen Hutter und Trautwein eine Steigerung des Kaliumeffluxes

nach vagaler Stimulation nach (Hutter und Trautwein, 1955). Der Mechanismus

blieb lange Zeit unklar, nicht zuletzt dadurch, dass βγ Untereinheiten von hetero-

tetrimeren G-Proteinen lange Zeit nur als Membrananker verstanden wurden und

ihnen keine weitere funktionale Bedeutung zugemessen wurde. Der essentielle

Zusammenhang zwischen GIRK-Kanalaktivierung durch βγ Untereinheiten wurde

erst 1987 durch Logothetis beschrieben (Logothetis et al., 1987).

Mit ihrer starken Einwärtsgleichrichtung und ihrer großen Leitfähigkeit negativ vom

Kaliumgleichgewichtspotential wirkt sich eine Aktivierung von GIRK-Kanälen je

nach kardialer Zielstruktur negativ chronotrop, dromotrop und inotrop aus. Die Ex-

pression von GIRK Kanälen ist in kardialem Gewebe relativ ubiquitär, zeigt jedoch

eine relativ höhere Expression im Vorhofgewebe und im supraventrikulären

Erregungsleitungssystem. In Knock-out Studien an Mäusen konnte gezeigt wer-

den, dass beide Untereinheiten, sowohl GIRK1 als auch GIRK4, für eine physiolo-

gische Frequenzmodulation essentiell sind (Stengel et al., 2000, Fisher et.al.,

2004, Bettahi et al., 2002). Es werden mehrere Signaltransduktionswege in Ab-

hängigkeit der kardialen Zielstruktur diskutiert. Im Bereich des supraventrikulären

Gewebes und im Reizleitungsgewebe erscheint eine direkte Signaltransduktion

und Hyperpolarisation über die Aktivierung von GIRK Kanälen über βγ

Untereinheiten von heteromultimeren G-Proteinen der Klasse Gi wahrscheinlich

(Yamada, 2002). Auf ventrikulärer Ebene scheint es durch den oben be-

schriebenen hyperpolarisierenden Effekt zu einer Verkürzung des

18

konsekutiv zu einem negativ inotropen Effekt durch eine veränderte Calcium Ho-

meostase (Dobrzynski et al., 2002).

Neben diesen „direkten“ Wirkungen von Acetylcholin existiert ein zweiter, an

cAMP gebundener Signalweg. Über die inhibitorische Wirkung der α-Untereinheit

des aktivierten G-Proteins kommt es zu einer Abnahme der intrazellulären cAMP

Konzentration. Damit antagonisiert dieser Signalweg die adrenerge Stimulation

(Brodde et al., 2001). Die Adenylatzyklase stellt somit einen Konvergenzpunkt der

parasympathischen und sympathischen Regulation dar.

1.4 Desensitisierung und Interferenzen des IK(ACh) Signalweges

A1 und M2 Rezeptoren konvergieren somit in gleichen Zielstrukturen über die glei-

che Signalkaskade auf das gleiche Zielprotein, den GIRK 1/4 Kanal. Es ist schon

länger bekannt, dass eine Interferenz zwischen diesen beiden Rezeptoren besteht

(Wellner-Kienitz et al., 2000). Des weiteren sind Interferenzen im Sinne einer hete-

rologen Desensitisierung, zwischen GPCRs an Kardiomyozyten bekannt. Für den

Azetylcholin induzierten Kaliumstrom (IK(ACh)) sind verschiedenste Mechanismen

einer Desensitisierung beschrieben.

Boyett zeigte 1987 erstmals an isolierten Sinusknoten von Kaninchen einen

schnellen Wirkverlust von Azetylcholin und damit erstmals eine Desensitisierung

für den damals noch unbekannten Signaltransduktionsmechanismus (Boyett und

Roberts, 1987).

Der Terminus Desensitisierung umfasst mehrere Mechanismen, die alle zu einer

Reduktion des Kaliumstroms führen, aber in Hinsicht auf zeitlichen Ablauf, Größe

und Mechanismus sehr unterschiedlich sind. Es kann zwischen homologer De-

sensitisierung und heterologer Desensitisierung unterschieden werden. Eine ho-

mologe Desensitisierung ist rezeptorspezifisch und nur aktivierte Rezeptoren und

Signalkomponenten werden deaktiviert. Unter heterologer Desensitisierung wird

eine verminderte Antwort auf einen Agonisten durch eine Aktivierung eines ande-

ren Rezeptorklasse verstanden. Insbesondere wenn zwei Signalwege konver-

gieren oder gleiche Effektormoleküle haben, kann es zur Deaktivierung von Re-

zeptoren oder Signalwegskomponenten kommen (Bünemann et al., 1999).

Für die homologe Desensitsierung von IK(ACh) auf Rezeptorebene werden zwei

Mechanismen diskutiert.

19

Im Bereich von Sekunden bis Minuten erfogt die Desensitisierung über G-Protein

gekoppelte Rezeptorkinasen (GRK´s), die durch Phosphorylierung des Rezeptors

zu deren Inaktivierung führen (Shui et al., 2002; Zang und Boyett, 1992; Büne-

mann und Horsey, 1999). Parallel zu diesem Phosphorylierungsprozess erfolgt die

Bindung an Arrestin. Arrestin verhindert die erneute Kopplung von G-Proteinen an

den GPRC und markiert den Rezeptor für die Endozytose, die über Stunden die

Rezeptordichte vermindert (Shui et al., 2001). Über diesen Mechanismus erfolgt

über die Phosphorylierung eine Desensitisierung über Minuten, über die Endozy-

tose über Stunden bis Tage.

Ein von der Desensitisierung zu unterscheidender Mechanismus ist eine Inhibition,

die auf einer Verringerung der Offenwahrscheinlichkeit der Kanäle beruht. Meyer

et al. konnten zeigen, dass über Gq gekoppelte Rezeptoren eine Inhibition des

IK(ACh) möglich ist. Gq koppelnde Rezeptoren, wie α1 oder ET1 Rezeptoren, füh-

ren über die Aktivierung der PLC zur Hydrolyse von PIP2, das als ein wichtiger

Kofaktor für die Aktivierbarkeit der GIRK-Kanäle bekannt ist (Meyer et al., 2001,

Kobrinsky et al., 2000).

Eine Besonderheit des voll aktivierten IK(ACh) ist eine initiale sehr schnell desensi-

tisierende Komponente des Stroms im Sekundenbereich. Diese schnelle Desensi-

tisierung wurde erstmals von Kurachi beschrieben (Kurachi et al., 1987). Da diese

desensitisierende Komponente unabhängig vom aktivierenden Rezeptor ist und

sogar über Gs koppelnde Rezeptoren auslösbar ist (Wellner-Kienitz et al., 2001

und 2003), wurde ein rezeptorunabhängiger Mechanismus der Signalkaskade an-

genommen. Die schnelle Desensitisierung scheint eine bestimmte Anzahl von

funktionellen Rezeptoren bzw. eine bestimmte Anzahl an aktivierten G-Proteinen

zu benötigen, um dieses Verhalten zu zeigen.

Bei Überexpression des endogen nur gering exprimierten A1 Rezeptors zeigt der

induzierbare Strom gleiche elektrophysiologische Eigenschaften, inklusive schnel-

ler Desensitisierung, wie bei Aktivierung über den endogenen in hoher Dichte

exprimierter M2 Rezeptor (Wellner-Kienitz et al., 2000).

Abb 5. Orginalaufzeichnung eines durch eine sättigende Konzentration von Azetylcholin

induzierten Kaliumstroms an einer Vorhofmyozyte. Es zeigt sich die charakteristische

schnelle, homologe Desensitisierung binnen von Sekunden (rot unterlegt)

Es wurden verschiedene Hypothesen zur Erklärung dieser akuten oder ultra-

schnellen Desensitisierung aufgestellt.

Chuang et al. beschreiben über ein kinetisches Modell, dass der Nukleotid-

austausch am G-Protein und die Hydrolyse des GTP zu dieser Art Desensitisie-

rung führen kann (Chunag et al., 1998; Leaney et al., 2004). In diesen Arbeiten

wurde daher RGS-Proteinen (regulator of G-protein signaling) eine Rolle bei dem

beschriebenen Desensitisierungsprozess zugeschrieben. RGS-Proteine interagie-

ren mit Gα Untereinheiten und beschleunigen den geschwindigkeitsbestimmenden

Schritt der GTP-Hydrolyse und damit die Inaktivierung des G-Proteins (Doupnik et

al., 1997; Herlitze et al., 1999; Hollinger und Hepler 2002). In eigenen Versuchs-

reihen konnte durch Überexpression von RGS Proteinen keine Zunahme der

schnellen Desensitisierung beobachtet werden, lediglich in der Auswaschphase

des Agonisten kam es zu einer beschleunigten Deaktivierung.

Auf Kanalebene konnte gezeigt werden, dass GIRK4 Homotetramere die schnelle

Desensitisierung nicht zeigen, was zu der Vermutung führte, dass die Kanalunter-

einheitskomposition bestimmend für die kinetischen Eigenschaften ist (Bender et

al., 2001).

20

Ein neuer Ansatz für die Erklärung der schnellen Desensitisierung geht von einer

subsarkolemmalen Kaliumakkumulation mit einer daraus folgenden Verminderung

der treibenden Kraft für den Kaliumefflux aus (Bender et al., 2004).

Zur Zeit existiert noch kein allgemein akzeptiertes Konzept für das Phänomen der

schnellen Desensitisierung. Die verschiedenen experimentellen Bedingungen (z.B.

Zelllinien versus Primärkultur) und die nicht eindeutige Nomenklatur in Bezug auf

die schnelle Desensitisierung, erschwert die Einordnung mancher Ergebnisse. So

wird z.B. die Desensitisierung innerhalb der ersten Minuten von einigen Autoren

als schnell bezeichnet. Die in dieser Arbeit verwendete Nomenklatur bezeichnet

mit „schnell“ die Desensitisierung binnen von Sekunden.

Eine heterologe Desensitisierung des kardialen IK(ACh) wird nativ, sowie verstärkt

bei der Überexpression von Gi/o koppelnden GPCRs beobachtet. So ist z.B. in

A1R-überexprimierenden Myozyten der durch ACh induzierbare Strom reduziert.

Diese Beobachtung führte zu der Hypothese einer Interferenz von GPCRs.

Abb.6 „Nicht-Additivität“ des IK(Ado) und IK(ACh) im Sinne einer heterologen Desensiti-

sierung bei Voraktivierung mit Adenosin, die Differenz zum Referenzstrom durch eine

sättigende Azetylcholinkonzentration ist durch den roten Pfeil gekennzeichnet

Eine direkte Interferenz von GPCRs ist im Sinne einer Homo- oder Hetrodimerisie-

rung bekannt. In der Literatur wurde bisher keine Heterodimerisierung von M2 und

A1 Rezeptor beschrieben. Aus anderen Modellen sind jedoch Heteromultimer-

21

22

bildungen von Rezeptoren bekannt, die die Kopplung eines Rezeptors an seinen

Signalweg verändern bzw. unterbrechen können (z.B. Barnes, 2006).

Eine weitere Hypothese, die Interaktionen zwischen GPCR zu erklären versucht,

beschäftigt sich mit dem Mechanismus der Kopplung des Rezeptors an die G-

Protein Signalkaskade. Es besteht die Vorstellung, dass GPCRs um G-Proteine

konkurieren könnten.

Diese Vorstellung wirft zusätzlich die Frage nach der Spezifität der Kopplung eines

Rezeptors an einen bestimmten G-Protein Pool und der räumlichen Organisation

auf. Für die Aktivierung von GIRK Kanälen durch GPCRs konnte bisher keine

hochspezifische Assoziation, der an der Signaltransduktion teilnehmenden Protei-

ne nachgewiesen werden. Die bisherigen Befunde legen eher eine gegenteilige

Interpretation nahe, nämlich einen relativ unspezifischen Signaltransduktionsme-

chanismus. Der C-Terminus der α Untereinheit von G-Proteinen wird als Interface

für die Kopplung an den Rezeptor diskutiert. Hier findet sich z.B. bei Gαi die ADP-

Ribosylierungsstelle durch Pertussistoxin (Cabrera-Vera et al., 2003). Antikörper

gegen diese C-terminale Region der α Untereinheit blockieren die Signaltransduk-

tion. In einem dominant negativen Versuchsansatz konnte mit Hilfe von Minige-

nen, durch Expression des funktionsdefizienten C-Terminus von Gαi eine Inhibie-

rung des IK(ACh) nachgewiesen werden (Gilchrist et al., 1999). Ähnliche Ergeb-

nisse wurden durch Leaney et al. berichtet. Chimeren aus Gi und Gs α-UE mit ei-

nem C-terminalen Gs-Anteil, konnten einen primär Gi koppelnden Signalweg in

einen Gs koppelnden Signalweg konvertieren (Leaney et al., 2000). Des weiteren

kann die Aktivierung der GIRK Kanäle durch verschiedene βγ -UE Kompositionen

erfolgen (Clapham und Neer; 1997, Wickman et al., 1994). Es konnte ebenfalls

gezeigt werden, dass keine feste Assoziation an βγ Untereinheiten von Gαi-

Untereinheit besteht. Gs koppelnde β oder H2-Rezeptoren führen z.B. zu einer Ak-

tivierung von GIRK-Kanälen (Wellner-Kienitz et al., 2001, Wellner-Kienitz et al.,

2003). Diese „Unspezifität“ spricht nicht nur für eine mögliche Interferenz von Re-

zeptoren, sie ist vielmehr Voraussetzung für ein mögliches Kompetitionsmodell.

Hinsichtlich der Interaktion von Rezeptoren und G-Protein werden zur Zeit zwei

Modelle diskutiert:

Das „collision model“ geht davon aus, dass Rezeptor und G-Protein frei in der Zell-

membran diffundieren können und bei Rezeptoraktivierung eine „zufälliges“ Zu-

sammentreffen von GPCR und G-Protein die Signalkaskade aktiviert. Geschwin-

23

digkeitsbestimmend in diesem Modell sind damit Rezeptor und G-Proteindichte in

der Membran.

Das Precoupling-Model hingegen geht davon aus, dass präformierte Komplexe

von Rezeptor, G-Protein und akzessorischen, regulativen Proteinen in der Plas-

mamembran vorliegen. In diesem Model ist der geschwindigkeitsbestimmende

Schritt die Kinetik der Aktivierung der Signalkaskade, z.B initial die GTPase Aktivi-

tät des G-Proteins.

Beide Modelle werden z.Z. noch diskutiert. Für das „precoupling Modell“ sprechen

die schon lange bekannten sogenannten „Caveolae“ in der Plasmamenbran. Das

intergrale Membranprotein Caveolin formt mit Cholesterinderivaten sogenannte

Mikrodomänen, die mit Signaltransduktionsmolekülen angereichert sind (Okamoto

et al., 1998). Es wurde z.B. ein „GIRK1-Signalkomplex“ beschrieben, in dem GIRK

1, G-Protein und G-Protein abhängige Rezeptorkinase kolokalisiert waren (Nikolov

und Nikolova 2004). Auf der anderen Seite führten Hein und Mitarbeiter kürzlich

den Nachweis in FRET-Experimenten, dass durch Erhöhung der Konzentration an

α Untereinheiten die Aktivierungskinetik verkürzt werden konnte, was für das „col-

lision coupling“ Modell sprechen würde (Hein et al., 2006). Feron et al. zeigten

eine agonisteninduzierte Translokation des M2 Rezeptors in caveolinreiche Plas-

mamembranabschnitte (Feron et al., 1997), dieser Befund würde unter Umstän-

den eine Mischung beider Konzepte darstellen.

1.5 Zusammenfassung und Diskussion der experimentellen Ergebnisse

GIRK Kanäle sind eine der wichtigsten Zielproteine der vagalen Innervation in kar-

dialem, supraventrikulären Gewebe. Die Aktivierung erfolgt über G-Protein akti-

vierende Rezeptoren und die konsekutive Aktivierung von Pertussis Toxin sensiti-

ven G-Proteinen der Klasse Gi/o. Als der stärkste physiologische Aktivator ist Aze-

tylcholin via den Azetylcholinrezeptor (M2) bekannt. Neben diesem klassischen

Mediator sind andere, wie Adenosin und Sphingolipide bekannt. Während Azetyl-

cholin als klassischer Neurotransmitter des Parasympathikus die vegetative Regu-

lation z.B. von kardialer Chrono- und Dromotropie vermittelt, wird Adenosin als

metabolisches Feedback nach Ischämie oder als Modulator bei starker sympathi-

scher Innervation verstanden. Adenosin und der zugehörige A1-Rezeptor haben

im Rahmen des Konzeptes der ischämischen Präkonditionierung an Interesse hin-

24

sichtlich klinischer Implikationen und einer möglichen Gentherapie gewonnen

(Dougherty et al., 1998).

Um mögliche klinische und gentherapeutische Ansätze für die Zukunft zu evaluie-

ren, ist die genaue Kenntnis der molekularen Abläufe der Aktivierung der Signal-

kaskade nötig, insbesondere wenn wie im Falle von M2- und A1-Rezeptor, eine

relativ kurze Konvergenz des Signalweges auf das Zielprotein, den GIRK-Kanal,

besteht.

Fragestellung der vorliegenden Arbeit ist die Spezifität der Signalwege in Hinblick

auf den Einfluss verschiedener Konstellationen von Rezeptorentypen und Expres-

sionsstärken von Rezeptoren auf den Endeffektor GIRK Kanal. Dabei soll auch ein

besonderes Augenmerk auf die induzierten Kaliumströme mit Hinblick auf Aktivie-

rungseigenschaften und Desensitisierung gerichtet werden.

Aus mehreren Vorarbeiten ist bekannt, dass GIRK-Ströme durch verschiedene G-

Protein gekoppelte Rezeptoren aktiviert werden können. Durch Überexpression

des Gi/o koppelnden A1 Rezeptor konnte eine Interferenz mit dem „nativen“ M2

Signalweg gezeigt werden, im Sinne einer verminderten Antwort auf Azetylcholin.

Ähnliche Ergebnisse wurden auch durch die Überexpression von nicht Gi/o kop-

pelnden Rezeptoren, z.B. ß-adrenergen und H2 -Rezeptoren beobachtet. Dies

führte zu der Vermutung, dass eine Überexpression zu einem Spezifitätsverlust

der Signalkaskade und zu einer Kompetition um freie G-Proteine führt (Wellner-

Kienitz et al., 2000 & 2003).

Der 5-HT1A Rezeptor für Serotonin ist ein in der Vorhofkardiomyozyte nicht expri-

mierter Rezeptor und koppelt vornehmlich an Gi/o. Durch seine Überexpression

konnten somit die vorherigen Ergebnisse bezüglich der Interaktion zweier nativer

Gi/o koppelnder Rezeptoren (A1 und M2 Rezeptor) mit einem nativ nicht expre-

mierten Rezeptor der gleichen Klasse reevaluiert werden.

Es zeigte sich erneut ein Zusammenhang zwischen Expressionsstärke des 5-HT1A

Rezeptors und Abnahme des maximal induzierbaren K+ Stroms durch Azetylcho-

lin. Morphologisch zeigte sich ein „desensitisierter“ Azetylcholinstrom, wie bei Ex-

position mit nicht sättigenden ACh Konzentrationen oder nach Antagonisten Expo-

sition. Diese Ergebnisse bestätigten zunächst die Hypothese der Kompetition der

beiden Rezeptoren um einen bestehenden G-Protein Pool und war deckungs-

25

gleich mit Vorexperimenten, bei denen pharmakologisch die M2 Rezeptordichte

vermindert worden war und eine Korrelation zwischen maximaler Stromdichte,

bzw. Aktivierungszeit und M2 Rezeptordichte postuliert worden war (Bünemann et

al., 1997).

In einem Antisense-Ansatz sollte die Hypothese geprüft werden, ob eine Vermin-

derung der M2 Rezeptorendichte einen Einfluss auf den durch Adenosin induzier-

ten K+ Strom hat. Es konnte bestätigt werden, dass eine verminderte M2-Rezeptor

Expression zu einer vergrößerten Adenosin Antwort führt. Zurückgreifend auf die

Hypothese einer Kompetition um einen für beide Rezeptoren fixen G-Protein-Pool,

wurde eine negative Korrelation zwischen den jeweils induzierbaren GIRK-

Strömen durch die konkurrierenden Rezeptoren vermutet. Überraschend zeigte

sich jedoch eine eindeutig positive Korrelation der K+ Ströme, sowohl in der Grup-

pe mit der artifiziellen 5-HT1A Rezeptor Überexpression, als auch im M2 Antisense

Ansatz. In der nativen Kontrollgruppe ergab sich keine Korrelation zwischen

IK(ACh) und IK (Ado). Eine pharmakologische Desensitisierung des M2 Rezeptors

durch Carbachol konnte die zuvor beobachtete positive Korrelation zwischen

IK(ACh) und IK(Ado) nicht zeigen, was ebenfalls ein Argument gegen die „einfache“

Kompetitionshypothese war.

Vielmehr deuten die Befunde auf einen neuen „cross-talk“ zwischen Gi/o koppeln-

den Rezeptoren hin, der von der Expressionsstärke der GPCRs abhängig ist. Die

Expressionsniveaus von M2, 5-HT1A und A1 Rezeptoren beeinflussen möglicher-

weise gegenseitig die mögliche maximale GIRK-Kanal Aktivierung. Es zeigte sich

weiterhin, dass ein reiner Kompetitionsmechanismus nicht ausreichend als Erklä-

rung zu sein scheint.

Ein weiterer Aspekt des maximal induzierbaren K+ Stroms ist die bei GIRK-

Kanälen bekannte Desensitisierung des Kaliumstromes. Während die Mechanis-

men der Langzeitdesensitisierung und „schnellen“ Desensitisierung im Minutenbe-

reich gut bekannt sind, stellt die ultraschnelle Desensitisierung von GIRK Strömen

weiterhin ein noch nicht geklärtes Phänomen dar. Phänomenologisch ist seit lan-

gem eine ca. 30%ige Desensitisierung des maximal aktivierten GIRK-Stromes im

Bereich von Sekunden bekannt. Diese Desensitisierung erfordert eine maximale

GIRK Kanalaktivierung und damit eine vorherige starke G-Proteinaktivierung durch

z.B. eine hohe Rezeptordichte. An der nativen Zelle zeigt sich diese Abhängigkeit

zwischen Anzahl aktivierter GPRCs und Desensitisierung am IK(ACh). Eine sätti-

gende Agonistenkonzentration induziert eine schnelle Desensitisierung, eine ge-

26

ringere Konzentration an ACh zeigt eine schwächere oder keine Desensitisierung.

Aus Voruntersuchungen ist bekannt, dass durch die Manipulation der Rezeptor-

dichte von nativ gering, oder gar nicht exprimierten Rezeptoren, ein morphologisch

gleicher GIRK-K+ Strom induziert werden kann. Die spezifische Kopplung des Re-

zeptors an eine G-Proteinklasse scheint dabei zweitrangig zu sein, auch Gq/11 und

Gs koppelnde Rezeptoren sind in der Lage, große GIRK-Ströme mit der charakte-

ristischen Desensitisierung zu induzieren. Dieser Befund legt einen rezeptorunab-

hängigen, bzw. einen nicht M2 - oder A1-Rezeptor exklusiven Mechanismus nahe.

Im Rahmen der Untersuchung der Interferenz von Gi/o koppelnden Rezeptoren

zeigte sich bei der adenoviralen Überexpression des A1 Rezeptors neben der zu-

vor bekannten Linksverschiebung der Dosiswirkungsbeziehung und der bekannten

charakteristischen Morphologie eines maximal aktivierten GIRK-Stroms, eine bis-

her noch nicht beobachtete Rebound-Aktivierung, direkt nach der schnellen De-

sensitisierung in der Auswaschphase des Agonisten.

Die beobachtete Desensitisierung war außerdem schneller und betraf einen pro-

zentual größeren Anteil des maximalen Stroms. In der weiteren Untersuchung die-

ses Phänomens konnte gezeigt werden, dass es weniger eine Reaktivierung des

IK(Ado) war, als vielmehr ein Wegfall einer adenosinabhängigen Hemmung.

In Kardiomyozyten, in denen durch GTP-γ-S oder eine sättigende Konzentration

von Azetylcholin ein Großteil der GIRK Kanäle voraktiviert war, zeigte sich eine

durch Adenosin induzierbare, konzentrationsabhängige Inhibition des GIRK Stro-

mes, damit erscheint die Inhibition G-Protein unabhänigig.

Bei der Überexpression von GIRK 4 Homomultimeren konnte die Adenosin emp-

findliche Inhibition nicht nachgewiesen werden.

Bei einer isolierten GIRK 4 Überexpression ist ein Verlust der schnellen Kompo-

nente der Desensitisierung aus Voruntersuchungen bereits bekannt (Bender et al.,

2001). Insgesamt sind diese Beobachtungen deckungsgleich mit bekannten Be-

obachtungen der schnellen Desensitisierung des nativen IK(ACh):

Auf der einen Seite die Konzentrationsabhängigkeit der Desensitisierung, und auf

der anderen Seiten das Fehlen der Desensitisierung bei Überexpression von

GIRK 4 Untereinheiten.

Durch eine M2 Rezeptor vermittelte GIRK Aktivierung mit einer hohen sättigenden

Konzentration von Azetylcholin konnte eine ähnliche, wenn auch kleinere Re-

boundaktivierung nachgewiesen werden, bei gleichzeitig ausgeprägter schneller

Desensitisierung, was nahe legen würde, dass den Phänomenen der schnellen

27

Desensitisierung und der G-Protein unabhängige Inhibition bei A1-Rezeptor Über-

expression ein ähnlicher Mechanismus zu grunde liegt.

In wieweit die „G-proteinunabhängige Inhibiton“ durch A1-Rezeptor Überexpressi-

on und die schnelle Desensitisierung des IK(ACh) eine nur koinzidentiell ähnliche

Morphologie und Eigenschaften haben, bleibt zu diskutieren. Zumindest ist aus

der Literatur eine ähnliche G-proteinunabhängige Inhibierung für den α2 Rezeptor

in Zusammenhang mit GIRK 1/2 Heteromultimeren beschrieben worden (Leaney

et al., 2004).

Es ist bisher nicht geklärt, ob dieses Phänomen auf Grund der geringen Expressi-

on des A1 Rezeptors an der nativen Kardiomyozyte eine physiologische Relevanz

bei Gesunden hat.

Zusammenfassend ist zu bemerken, dass die Manipulation des Expressionsni-

veaus Gi/o koppelnder Rezeptoren an Kardiomyozyten vielfältigen Einfluss auf Ak-

tivierung und Desensitisierung von GIRK Strömen hat. Es konnte gezeigt werden,

dass Gi/o-koppelnde GPCRs untereinander interferieren und sich gegenseitig bei

der GIRK Aktivierung beeinflussen. Des weiteren zeigt sich bei der Überexpressi-

on des A1 Rezeptors ein neuer G-Protein unabhängiger Signalweg, der Parallelen

zur schnellen Desensitisierung des IK(ACh) hat. Dieser Befund könnte ein Hinweis

auf eine direkte Protein-Protein Interaktion von GIRK-Kanal und Rezeptor sein.

Beide Befunde zeigen mögliche Protein-Protein Interaktionen, die durch Kompeti-

tionsmodelle alleine, wie „precoupling“, „collision coupling“ oder vorbekannte De-

sensitisierungsmechanismen, nicht erklärt werden können.

Ferner muss durch diese Ergebnisse in Frage gestellt werden, in wieweit pharma-

kologische oder gentherapeutische Manipulation nicht ähnliche Effekte auf die

Signaltransduktion von GPCR haben. Die Überexpression des A1 Rezeptors wird

z.B. als möglicher Therapieansatz im Rahmen der ischämischen Präkonditionie-

rung diskutiert (Murry et al., 1986), da eine solche Überexpression die gezeigten

dramatischen Veränderungen in der Signaltransduktion bedingen würde, ist es

letzlich fraglich, in wieweit dieser Therapieansatz überhaupt möglich ist.