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J. M. Wolff • Urologische Klinik, Universitätsklinikum, RWTH Aachen Intermittierende versus kontinuierliche Androgenblockade Zusammenfassung Therapie der Wahl in der Behandlung des fortgeschrittenen oder metastasierten Pro- statakarzinoms ist die Androgenablation. Al- lerdings erleiden mehr als die Hälfte der Pa- tienten innerhalb von 2 Jahren eine Progres- sion. Der intermittierende Einsatz der An- drogenablation durch medikamentöse Kastration führt zur Erhaltung des apoptoti- schen Potentials. Durch den periodischen Wechsel von Phasen mit und ohne Behand- lung kommt es zu einer verbesserten Le- bensqualität für die Patienten. Neben einer herabgesetzten Toxizität resultieren gerin- gere Behandlungskosten und möglicherwei- se auch ein Hinauszögern der Tumorpro- gression. Inwieweit auch das Überleben po- sitiv beeinflußt wird, ist derzeit nicht geklärt und muß in weiteren klinischen Studien ge- prüft werden. Schlüsselwörter Prostatakarzinom • Intermittierende Andro- genablation • Apoptose Die kontinuierliche Androgenblockade Seit den grundlegenden Untersuchun- gen von Huggins u. Hodges stellt die Ausschaltung der endokrinen Hoden- funktion den Goldstandard in der pal- liativen Behandlung des fortgeschritte- nen oder metastasierten Prostatakarzi- noms dar [10]. Trotz einer hohen initia- len Ansprechrate von ca. 80% auf den Androgenentzug erleiden etwa 50 % der Patienten mit einem metastasierten Prostatakarzinom innerhalb von 2 Jah- ren eine Progression. Die mittlere pro- gressionsfreie Überlebenszeit beträgt bei diesen Patienten 12–33 Monate, das mittlere Gesamtüberleben 23–37 Mona- te. Auch die Maximierung der Andro- gensuppressionstherapie durch die Kombination von Mitteln, die sowohl testikuläre als auch adrenale Androgene hemmen oder blockieren, verlängert die Zeit bis zur Progression nur um 3–6 Monate [6]. Die Ursache liegt darin, daß der durch den Androgenentzug in- duzierte Zelltötungsprozeß nicht die ge- samte maligne Zellpopulation beseitigt; vielmehr wird die Progressionsge- schwindigkeit des Prostatakarzinoms erhöht und führt zu einem androgenun- abhängigen Zustand [3]. Das Konzept der intermittierenden Androgenblockade Unter normalen Bedingungen existie- ren 3 Stufen einer androgenvermittelten Regulation in normalem Prostatagewe- be: 1. positive Effekte auf die Initiierung der DNA-Synthese und die Zellprolifera- tion, 2. negative oder hemmende Effekte, die die Zellzahl in der Prostata limitieren, 3. die Apoptose, eine Form des kontrol- lierten Zelltodes, der beim Androgen- entzug aktiv Prostatazellen elimi- niert. Das klinische Korrelat der Apoptose manifestiert sich als Folge des Hormon- entzugs sowohl im normalen wie auch im malignen Gewebe [1, 3, 4]. Der An- drogenentzug aktiviert auf chromoso- maler Ebene zelluläre Programme, die zu einer Kondensation des Zellkerns, ei- ner Fragmentation der Mitochondrien und nachfolgend zu einem Zusammen- bruch der Energieversorgung der Zelle führen. Eine zunehmende Permeabili- tätsstörung der Zellmembran resultiert letztendlich im Zusammenbruch des intrazellulären Milieus. Die Zellreste werden durch Phagozytose beseitigt. Die Apoptose ist ein zellbiologisches Grundphänomen und betrifft die Ein- zelzelle, während die Nekrose immer ei- nen größeren Zellverband betrifft und zur Narbenbildung führt. Androgenunabhängigkeit bedeutet auf zellulärer Ebene den Verlust des apoptotischen Potentials. Denn auch bei malignen Zellen kann eine Apoptose nur nach Differenzierung unter dem Einfluß von Androgenen stattfinden. Der Urologe [A] 2·98 153 Urologe [A] 1998 · 37:153–155 Springer-Verlag 1998 Zum Thema: Fortgeschrittenes Prostatakarzinom Priv.-Doz. J. M. Wolff Urologische Klinik, Universitätsklinikum der RWTH Aachen, Pauwelsstraße 30, D-52057 Aachen

Intermittent versus continuous androgen blockage

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J. M. Wolff · Urologische Klinik, Universitätsklinikum, RWTH Aachen

Intermittierende versuskontinuierlicheAndrogenblockade

Zusammenfassung

Therapie der Wahl in der Behandlung desfortgeschrittenen oder metastasierten Pro-statakarzinoms ist die Androgenablation. Al-lerdings erleiden mehr als die Hälfte der Pa-tienten innerhalb von 2 Jahren eine Progres-sion. Der intermittierende Einsatz der An-drogenablation durch medikamentöseKastration führt zur Erhaltung des apoptoti-schen Potentials. Durch den periodischenWechsel von Phasen mit und ohne Behand-lung kommt es zu einer verbesserten Le-bensqualität für die Patienten. Neben einerherabgesetzten Toxizität resultieren gerin-gere Behandlungskosten und möglicherwei-se auch ein Hinauszögern der Tumorpro-gression. Inwieweit auch das Überleben po-sitiv beeinfluût wird, ist derzeit nicht geklärtund muû in weiteren klinischen Studien ge-prüft werden.

Schlüsselwörter

Prostatakarzinom · Intermittierende Andro-genablation · Apoptose

Die kontinuierlicheAndrogenblockade

Seit den grundlegenden Untersuchun-gen von Huggins u. Hodges stellt dieAusschaltung der endokrinen Hoden-funktion den Goldstandard in der pal-liativen Behandlung des fortgeschritte-nen oder metastasierten Prostatakarzi-noms dar [10]. Trotz einer hohen initia-len Ansprechrate von ca. 80 % auf denAndrogenentzug erleiden etwa 50 % derPatienten mit einem metastasiertenProstatakarzinom innerhalb von 2 Jah-ren eine Progression. Die mittlere pro-gressionsfreie Überlebenszeit beträgtbei diesen Patienten 12±33 Monate, dasmittlere Gesamtüberleben 23±37 Mona-te. Auch die Maximierung der Andro-gensuppressionstherapie durch dieKombination von Mitteln, die sowohltestikuläre als auch adrenale Androgenehemmen oder blockieren, verlängert dieZeit bis zur Progression nur um3±6 Monate [6]. Die Ursache liegt darin,daû der durch den Androgenentzug in-duzierte Zelltötungsprozeû nicht die ge-samte maligne Zellpopulation beseitigt;vielmehr wird die Progressionsge-schwindigkeit des Prostatakarzinomserhöht und führt zu einem androgenun-abhängigen Zustand [3].

Das Konzept derintermittierendenAndrogenblockade

Unter normalen Bedingungen existie-ren 3 Stufen einer androgenvermitteltenRegulation in normalem Prostatagewe-be:

1. positive Effekte auf die Initiierung derDNA-Synthese und die Zellprolifera-tion,

2. negative oder hemmende Effekte, diedie Zellzahl in der Prostata limitieren,

3. die Apoptose, eine Form des kontrol-lierten Zelltodes, der beim Androgen-entzug aktiv Prostatazellen elimi-niert.

Das klinische Korrelat der Apoptosemanifestiert sich als Folge des Hormon-entzugs sowohl im normalen wie auchim malignen Gewebe [1, 3, 4]. Der An-drogenentzug aktiviert auf chromoso-maler Ebene zelluläre Programme, diezu einer Kondensation des Zellkerns, ei-ner Fragmentation der Mitochondrienund nachfolgend zu einem Zusammen-bruch der Energieversorgung der Zelleführen. Eine zunehmende Permeabili-tätsstörung der Zellmembran resultiertletztendlich im Zusammenbruch desintrazellulären Milieus. Die Zellrestewerden durch Phagozytose beseitigt.Die Apoptose ist ein zellbiologischesGrundphänomen und betrifft die Ein-zelzelle, während die Nekrose immer ei-nen gröûeren Zellverband betrifft undzur Narbenbildung führt.

Androgenunabhängigkeit bedeutetauf zellulärer Ebene den Verlust desapoptotischen Potentials. Denn auchbei malignen Zellen kann eine Apoptosenur nach Differenzierung unter demEinfluû von Androgenen stattfinden.

Der Urologe [A] 2´98 153

Urologe [A]1998 ´ 37:153±155 � Springer-Verlag 1998 Zum Thema: Fortgeschrittenes Prostatakarzinom

Priv.-Doz. J. M. WolffUrologische Klinik, Universitätsklinikum der RWTHAachen, Pauwelsstraûe 30, D-52057 Aachen

Daher können sich teilende Zellen in ei-nem androgenfreien Milieu nicht diffe-renzieren und präapoptotisch werden[1, 3]. Dieses Phänomen erklärt, warumein erneutes Tumorwachstum andro-genunabhängig verläuft. Um eine Pro-gression zu verzögern, wurde die Hypo-these aufgestellt, daû wenn maligne Zel-len, die den Androgenentzug überleb-ten, in den normalen Zyklus derZelldifferenzierung durch Androgen-substitution geführt werden, eine Apo-ptose wieder möglich wird und ein er-neuter Androgenentzug wieder eine Re-mission induzieren kann.

Tierexperimentelle Untersuchun-gen unterstützen dieses theoretischeKonzept. Das androgenabhängig wach-sende Shionogikarzinom verhält sichnach Hormondepreviation ähnlichdem Prostatakarzinom. Wird ein Shion-ogi-Tumor auf eine männliche Maustransplantiert, wächst er mit einer kur-zen Verdopplungszeit und bildet sichfast gänzlich nach Kastration zurück.Letztendlich erreicht der Tumor jedocheinen androgenunabhängigen Zustand.Die Schaffung eines intermittierendenAndrogenmilieus wurde nach Trans-plantation des Shionogitumors auf einemännliche Mäuse vorgenommen, wobeidie Tiere jeweils kastriert wurden, wennder Tumor ca. 3 g wog. Nachdem der Tu-mor etwa 30 % seines Originalgewichtesverloren hatte, wurde er auf weiteremännliche Mäuse transplantiert, dienicht kastriert waren. Diese Transplan-tationszyklen und durch Kastration in-duzierte Apoptose wurde erfolgreichviermal wiederholt, bevor der Tumorim fünften Zyklus androgenunabhängigwurde. Die mittlere Zeit bis zur An-drogenunabhängigkeit betrug dabei147 Tage verglichen mit nur 51 Tagennach einfacher Kastration. Dies belegtdeutlich, daû ein intermittierendes An-drogenmilieu das Entstehen der Hor-monunabhängigkeit und der damit ver-bundenen Tumorprogression verzögert[1, 3].

Klinische Beobachtungen

Erste therapeutische Ansätze erfolgtenMitte der 80 er Jahre mit der zyklischenAnwendung von Estramustinphosphat[13] und Diethylstilböstrol [11] zur inter-mittierenden Suppression des Testoste-ronspiegels bei Patienten mit fortge-schrittenem Prostatakarzinom. Neuere

klinische Erfahrungen sind von insge-samt 144 Patienten publiziert worden[5, 8, 9, 12]. Die Therapie wurde mit ei-nem initialen 6- bis 9 monatigen Andro-genentzug mittels maximaler Andro-genblockade (GnRH-Analogon plusAntiandrogen) bis zum Erreichen desPSA-Nadirs eingeleitet. Bei Abfall derprätherapeutisch erhöhten PSA-Serum-konzentration in den Normalbereich(< 4 ng/ml) wurde das Prostatakarzi-nom als hormonsensibel eingestuft. DieBehandlung wurde abgesetzt und derPSA- und Testosteronserumspiegelwurden engmaschig kontrolliert. EineNormalisierung der supprimierten Te-stosteronserumspiegel konnte dabei imMittel nach 8 Wochen beobachtet wer-den [7]. Überstieg der PSA-Serumspie-gel einen bestimmten Schwellenwert(z. B. 10 ng/ml), wurde die Androgen-blockade erneut eingeleitet.

Diese ersten klinischen Ergebnissezeigen, daû eine wiederholte Induktionder Apoptose durch intermittierendeAndrogenblockade möglich ist. Aussa-gen zur progressionsfreien Zeit oderzur medianen Überlebenszeit könnenaufgrund der kurzen Beobachtungsdau-er einerseits sowie der unterschiedli-chen behandelten Tumorstadien ande-rerseits noch nicht getroffen werden.

Neben einer möglicherweise ver-längerten Zeit bis zur Progression bzw.einem verlängerten Überleben weist dieintermittierende Androgenblockade je-doch den Vorteil auf, daû die Patientenin der behandlungsfreien Zeit eine ver-besserte Lebensqualität haben. Hierzuliegen von Bales [2] erste Ergebnissemit Informationen zur Lebensqualitätvon 24 Patienten im behandlungsfreienTherapieabschnitt vor. Die Patientenberichteten über eine Antriebssteige-rung, eine Gewichtszunahme, eine Ab-nahme der Hitzewallungen, eine ver-stärkte Libido mit verbesserter Erekti-onsfähigkeit sowie im allgemein verbes-sertes Wohlbefinden.

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Zum Thema: Fortgeschrittenes Prostatakarzinom

J. M. Wolff

Intermittent versus continuousandrogen blockage

Summary

Androgenablation is the therapy of choicefor the treatment of advanced and meta-static prostate cancer. However, in more thanhalf of the patients the disease will ulti-mately progress within 2 years. Intermittentandrogenablation through medical castra-tion maintains the apoptotic potential. Byperiodically changing phases on and offtreatment the quality of life of the patients isimproved. Apart from reduced toxicity treat-ment costs are lowered and tumor progres-sion is possibly delayed. In how far survival isinfluenced is presently not clear and remainsto be evaluated in further clinical trials.

Key words

Prostate cancer · Intermittend therapy · Ap-optosis

Urologe [A]1998 ´ 37:153±155 � Springer-Verlag 1998

Literatur1. Akakura K, Bruchovsky N, Goldenberg SL, Rennie

PS, Buckley AR, Sullivan LD (1993) Effects of in-termittent androgen suppression androgen-dependent tumors: apoptosis and serumprostate specific antigen. Cancer 71:2782±2790

2. Bales GT, Sinner MD, Kim JH, Chodak GW (1996)Impact of intermittent androgen depriva-tion on quality of life (QOL). J Urol 155:A 1069

3. Bruchovsky N, Rennie PS, Goldmann AJ, Golden-berg SL, To M, Lowson D (1990) Effects of an-drogen withdrawal on the stem cell compo-sition of the Shionogi carcinoma. Cancer Res50: 2275±2282

4. Bruchovsky N, Snoek R, Rennie PS, Akakura K,Goldenberg SL, Gleave M (1996) Control of tu-mor progression by maintenance of apopto-sis. Prostate 6: 13±21

5. Crook JM, Szumacher EF, Esche BE (1997) Inter-mittent androgen suppression for locally re-current or early metastatic prostate cancer.J Urol 157: A 1257

6. Denis L, Murphy GP (1993) Overview over phaseIII trials on combined androgen treatment inpatients with metastatic prostate cancer.Cancer [Suppl] 72: 3888±3895

7. Goldenberg SL, Bruchovsky N, Gleave ME, SullivanLD, Akakura K (1995) Intermittent androgen sup-pression in treatment of prostate cancer. A pre-liminary report. Urology 45: 839±845

8. Goldenberg SL, Bruchovsky N, Gleave ME, SullivanLD, Akakura K (1997) Intermittent androgensuppression with leuprolide and flutamidefor prostate cancer: an update. J Urol 157:A 1302

9. Higano CS, Ellis W, Russell K, Lange PH (1996) In-termittent androgen suppression with leu-prolide and flutamide for prostate cancer:a pilot study. Urology 48: 800±804

10. Huggins C, Hodges CV (1941) Studies on pros-tatic cancer I: the effect of castration, estro-gen and androgen injection on serum phos-phatases in metastatic carcinoma of theprostate. Cancer Res 1: 293±297

11. Klotz LH, Herr HW, Morse MJ, Whitmore WF jr(1986) Intermittent endocrine therapy foradvanced prostate cancer. Cancer 58:2546±2550

12. Tunn UW (1996) Intermittent endocrine ther-apy for prostate cancer. Eur Urol 30: 22±25

13. Vahlensieck W, Wegner G, Lehmann HD, FranzenG, Steffens L, Wählby S (1985) Comparison be-tween continuous and intermittent adminis-tration of estracyt in the treatment of carci-noma of the prostate. Urol Res 13: 209±212

E. Deutsch

Medizinrecht. Arztrecht,Arzneimittelrecht undMedizinprodukterecht.

3., vollst. überarb. u. erw. Aufl.; Berlin, Heidelberg,New York: Springer, 1997. 713 S.,(ISBN 3-540-62641-7), geb., DM198,±

Das von Erwin Deutsch nunmehr in 3. Auflage ver-faûte Werk vereint die Gebiete Arztrecht, Arzneimit-telrecht und Medizinprodukterecht zusammenfas-send unter dem Titel ¹Medizinrechtª. Das Vorhaben,die Eckpfeiler des Medizinrechts ± drei sich aus un-terschiedlichen Ansätzen entwickelte Rechtsgebiete± in eine einheitliche Darstellung einzubinden, wirfteine scheinbar kaum zu lösende Problemstellungauf: während Arzneimittel- und Medizinprodukte-recht gesetzlich geregelt sind, ist das Arztrecht wederGegenstand eines einheitlichen Gesetzeswerks nocheinem der ¹klassischenª Rechtsgebiete, wie z.B. Zi-vilrecht, Strafrecht oder öffentliches Recht, zuzuord-nen. Überdies verhalten sich die genannten Aspektedes Medizinrechts, wie der Verfasserin seinem Vorwort plastisch um-schreibt, ¹wie sich überschneidendetektonische Schichtenª, bedürfen inder Tat mithin der systematischenund dogmatischen Durchdringung.Das in Teil A. behandelte Arztrecht(S. 1-443) ist in seiner Vielfalt ab-schlieûend und umfassend darge-stellt. In 21 Abschnitten erfaûtDeutsch, ausgehend von Systemund Grundlagen des Arztrechts,sämtliche hier einschlägigen Fra-gestellungen. Ohne insoweit eineRangfolge bilden zu wollen, sei aufdie vorzüglichen Darstellungen etwa zu den zwi-schen Arzt und Patient, aber auch zwischen Arzt undKrankenhausträger oder Versicherungen bestehen-den Rechtsbeziehungen, auf den Abschnitt über¹Einwilligung und Aufklärungª oder auf die Abhand-lungen zum Haftungsrecht hingewiesen, die auchdie Erörterung der Haftung des Klinikträgers wie desübergeordneten Arztes und die Problematik desHaftungsumfanges erfaût. Das dem Werk zukom-mende hohe Maû an Praxisrelevanz zeigt sich nichtzuletzt im Rahmen der Abschnitte über ¹Beweis undGutachtenª oder über die bei den ¾rztekammerneingerichteten Schlichtungsstellen und Gutachter-kommissionen. Die Darstellung ¹verharrtª dabei kei-neswegs bei der isolierten Behandlung des Arztbe-rufes, sondern legt mit der Einbeziehung namentlichder Parallelberufe ¹Zahnarztª und ¹Tierarztª sowieder Berufsgruppen Psychotherapeut, Heilpraktikerund Hebamme und der sog. Heilhilfsberufe jeweils ingesonderten Abschnitten gerade auch die Komple-xität des Arztrechtes in eindrucksvoller Weise offen.Mit den Abschnitten über ¹Patientendatenª, über¹Sonderpersonenª (z.B. Kinder und Jugendliche, Be-wuûtlose), über ¹Psychisch Kranke und Behinderteªwendet sich Deutsch ebenso dem Schutz der durchärztliches Handeln Betroffenen zu wie den einenGrenzbereich ärztlicher Tätigkeit ausmachenden Be-

reichen der Organtransplantation, des Probanden-schutzes in der medizinischen Forschung (Ethik-Kommissionen) wie schlieûlich der BiomedizinischenForschung, namentlich den Versuchen an Menschen.

Das Arzneimittelrecht ist in Teil B. (S. 445-649)umfassend behandelt. Deutsch legt etwa mit demAbschnitt über ¹Funktionen, Geschichte und Quel-lenª die Grundlagen des Arzneimittelrechts anschau-lich dar und eröffnet dem Leser den raschen Einstiegin die weitere Gesamtdarstellung dieses Rechtsge-bietes, wie die Darstellung zu den Abschnitten ¹Arz-neimittelbegriffª, ¹Arzneimittelsicherheitª, ¹Arznei-mittelprüfungª, ¹Arzneimittelverkehrª bis hin zurEinbeziehung der ¹Grundzüge des Apothekenrechtsªbelegt. Die eindrucksvolle Bandbreite der erfaûtenThematik wird etwa mit den Abschnitten ¹Arznei-mittelwerberechtª, ¹Arzneimittelhaftungª, den rele-vanten Strafrechtsbestimmungen oder der Einbezie-hung des Internationalen Arzneimittelrechts belegt.

Die Darstellung über das Medizinprodukte-recht (Teil C., S. 651-678) öffnet schlieûlich den Blickauf Entwicklung, Grundlagen und Anwendungsbe-reiche des Medizinproduktegesetzes, Medizinpro-dukteverkehr und Beobachtung, Überwachung, Haf-

tung und Sanktionen im Bereich derMedizinprodukte. Ein umfangreicherAnhang (Teil D., S. 679-696), der u.a.den Hippokratischen Eid und die maû-geblichen revidierten Deklarationen desWeltärztebundes über die Rechte desPatienten (Lissabon 1995) und über diebiomedizinische Forschung am Men-schen (Helsinki 1989) umfaût, sowie Hin-weise auf allgemein relevante Literaturrunden das Werk ab.

Deutsch gibt dem Leser in 3. Auflageein Handbuch über ein Rechtsgebiet zurSeite, das wie kaum ein anderes der Ten-denz zunehmender Verrechtlichung unter-liegt. Der Leser wird sich mit dem Buch, das

sich im ganzen durch ein hohes Maû an Praktikabili-tät auszeichnet und durch klare Sprache besticht,sofort anfreunden. Das Werk ist systematisch aufge-baut, erfaût die Fragestellungen abschlieûend undist insgesamt benutzerfreundlich, wie gerade auchdie häufige Verwendung von Fallbeispielen belegt.Eine eingehende Gliederung, die Einbeziehung einesgenauen Sachregisters in Verbindung mit der Ver-wendung von Randziffern, die das komfortable Auf-finden der jeweiligen Fragestellung ermöglichen,und schlieûlich der überaus umfangreiche, die rele-vante Rechtsprechung und Literatur mit dem StandEnde 1996 ausweisende Fuûnotenapparat lassen das¹Medizinrechtª zu einem Nachschlagewerk werden.

Deutsch äuûert in seinem Vorwort denWunsch, daû mit dem Buch die Lehre des Medizin-rechts verbreitet und die wissenschaftliche Diskussi-on angeregt werden möge. Diesem Wunsch wirdseine Darstellung im ganzen und ohne Einschrän-kung gerecht. Das Buch ist als Standardwerk desMedizinrechts zu qualifizieren, das für den mit Fra-gen des Medizinrechts befaûten Wissenschaftler undPraktiker unverzichtbar ist.

G. Schneider (Chemnitz)

Der Urologe [A] 2´98 155

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