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Internationales Familienrecht

Internationales Familienrecht. Internationales Familienrecht in Zahlen

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Internationales Familienrecht

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Internationales Familienrecht in Zahlen

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Internationales FamilienrechtFragestellung und Kursinhalt

1. Scheidung

2. Obsorge- und Besuchsrecht

3. Kindesentführung

4. Abstammung, Adoption

5. Unterhalt

1. Internationale Zuständigkeit

2. Anwendbares Recht

3. Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Entscheidungen

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Internationales Familienrecht

1. Scheidung

1.1. Internationale Zuständigkeit

1.2. Anerkennung ausländischer Entscheidungen

1.3. Anwendbares Recht

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1.1. Scheidung – internationale Zuständigkeit

räumlicher Anwendungsbereich (Dänemark) sachlicher Anwendungsbereicht („Ehe“!?)

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1. abschließende Regelung – 2. perpetuatio fori

Österreichische Ehegatten leben gemeinsam in den USA. Die Ehefrau zieht zurück nach Österreich, der Ehemann zieht nach Italien. Einvernehmliche Scheidung in Österreich ?

Ein österr Ehemann leitet in Italien die Sanierung eines Tunnels. Er „wohnt“ in einer Bauhütte. Einmal im Monat reist er für eine Woche zu seiner Frau in Österreich. Nach einem Jahr verlässt der Mann seine Frau und zieht zu seiner Freundin in Italien, die ein Kind von ihm erwartet. Welche Gerichte sind für eine Scheidung zuständig ?

Ein deutsch-österr Ehepaar lebt in Triest (Italien). Beruflich veranlasst, zieht die österr Frau nach Klagenfurt (Österreich), während der deutsche Ehemann eine Stelle in Maribor (Slowenien) annimmt. Welche Gerichte sind für eine Scheidung zuständig ?

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Ein österreichisch-italienisches Ehepaar lebt in der Schweiz.

Internationale Zuständigkeit für eine

Scheidung nach der Brüssel IIa-VO?

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OGH 1 Ob 76/11z

Die Kl ist österr Staatsbürgerin, der Beklagte Deutscher. Beide wohnen in Bayern, wo sie ihren letzten gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalt hatten.

Die Klägerin reicht Scheidungsklage am BG Salzburg ein und legt eine „Zuständigkeitsvereinbarung“ vor, worin sie mit ihrem Mann die Zuständigkeit des BG Salzburg vereinbart hat.

Wie hat das BG Salzburg zu entscheiden?

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EuGH, 29.11.2007, Rs C-68/07 [Sundelind Lopez/Lopez Lizazo]

Ein kubanisch-schwedisches Ehepaar hat zuletzt gemeinsam in Frankreich gelebt. Der kubanische Ehemann zieht wieder nach Kuba. Die schwedische Ehefrau lebt weiterhin in Frankreich. Sie leitet (unter Berufung auf das schwedische Zuständigkeitsrecht in Schweden ein Scheidungsverfahren ein.

Variante:

Die Ehefrau zieht nach Schweden und klagt dort.

... und das österr-italienische Ehepaar in der Schweiz ?

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Jurisdiktionsnorm (JN)

§ 76 (1) Für Streitigkeiten über die Scheidung, die Aufhebung, die Nichtigerklärung oder die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens einer Ehe zwischen den Parteien ist das Gericht ausschließlich zuständig, …..

(2) Die inländische Gerichtsbarkeit für die im Abs. 1 genannten Streitigkeiten ist gegeben, wenn

1. einer der Ehegatten österreichischer Staatsbürger ist oder 2. der Beklagte, im Fall der Nichtigkeitsklage gegen beide Ehegatten zumindest einer

von ihnen, seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat oder 3. der Kläger seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat und entweder beide

Ehegatten ihren letzten gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland gehabt haben oder der Kläger staatenlos ist oder zur Zeit der Eheschließung österreichischer Staatsbürger gewesen ist.

§ 114a (4) Die inländische Gerichtsbarkeit in [außerstreitigen] Eheangelegenheiten ist gegeben, wenn einer der Ehegatten österreichischer Staatsbürger ist oder seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat.

1.1. Scheidung – internationale Zuständigkeit

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1.1. Scheidung – internationale Zuständigkeit

Beispiel (nach 7 Ob 155/08g)

Eine Österreicherin lebt mit ihrem schweizer Ehemann in der Schweiz. Beide haben dort ihren gewöhnlichen Aufenthalt.

Am BG Bregenz

- reicht die Ehefrau eine Scheidungsklage ein

- Variante: reicht der Ehemann eine Scheidungsklage ein

Ist das Gericht zuständig?

Art 6: ... darf ein Verfahren vor den Gerichten eines anderen Mitgliedstaats ...

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Was ist das domicile ?

1 Ob 549/80: Ein Wahldomizil setzt den tatsächlichen Aufenthalt (actual residence) und die Absicht zu bleiben, die nach außen hin manifestiert wird (animus manendi), voraus.

Es muss die Absicht einschließen, nicht mehr in das Land des Ursprungsdomizils zurückzukehren. Das Offenlassen einer „Hintertür“ zur Rueckkehr in die alte Heimat steht damit einem neuen domicile of choice entgegen.

OLG Stuttgart v. 6.7.2004 = FamRZ 2005, 911 „Sein durch Geburt begründetes „Domicile of Origin" in Sri Lanka hat er — trotz Beibehaltung der Staatsangehörigkeit von Sri Lanka — aufgegeben, da er seine Heimat bis auf einen einzigen Besuch i. J. 1991 nicht mehr besucht hat und nach seinen glaubwürdigen Ausführungen dorthin auch nicht mehr zurückkehren möchte. Seine Eltern sind verstorben; seine Geschwister (mit eigenen Familien) leben dauerhaft im Ausland, u. a. in Deutschland.“

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1.1. Scheidung – internationale Zuständigkeit

1979 schlossen Herr Hadadi und Frau Mesko, beide ungarische Staatsangehörige, in Ungarn die Ehe. 1980 wanderten sie nach Frankreich aus, wo sie sich noch aufhalten. 1985 erhielten sie die französische Staatsangehörigkeit, so dass sie beide die ungarische und die französische Staatsangehörigkeit besitzen.

Am 23. Februar 2002 erhob Herr Hadadi Klage auf Ehescheidung beim Gericht in Pest.

Frau Mesko erhob am 19. Februar 2003 beim Tribunal de grande instance de Meaux (Frankreich) Klage auf Ehescheidung wegen Verschuldens.

Internationale Zuständigkeit ? EuGH 16. 7.2009 (Hadadi – Mesko)

Rechtshängigkeit? Art 3 Brüssel IIa-VO und Staatsbürgerschaft?

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1.1. Scheidung – internationale Zuständigkeit

OGH 8 Ob 18/08tScheidungsklage in Serbien – Prozesshindernis in Österreich?

Die Ehegatten sind serbische Staatsangehörige, ihr letzter gemeinsamer Wohnsitz (Aufenthalt) liegt in Wien.

Am 23. 3. 2006 bringt der Ehemann die Scheidungsklage in Belgrad ein.Am 9. 10. 2006 bringt die Ehefrau die Scheidungsklage am BG Hernals ein.

Wie hat das BG Hernals zu entscheiden?

S folgende Folie: § 232 ZPO

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1.1. Scheidung – internationale Zuständigkeit

Streitanhängigkeit.§. 232 ZPO(1) Die Rechtshängigkeit der Streitsache (Streitanhängigkeit) wird durch

die Zustellung der Klageschrift an den Beklagten begründet. ...§. 233.(1) Die Streitanhängigkeit hat die Wirkung, dass während ihrer Dauer

über den geltend gemachten Anspruch weder bei demselben noch bei einem anderen Gerichte ein Rechtsstreit durchgeführt werden darf. Eine während der Streitanhängigkeit wegen des nämlichen Anspruches angebrachte Klage ist auf Antrag oder von amtswegen zurückzuweisen.

hL und Rsp: Streitanhängigkeit im EU-Drittstaat => Anerkennungs- und Vollstreckungsprognose !

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Internationales Familienrecht

1. Scheidung

1.1. Internationale Zuständigkeit

1.2. Anerkennung ausländischer Entscheidungen

1.3. Anwendbares Recht

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1.2. Scheidung – Anerkennung ausländischer Entscheidungen

a) Entscheidung aus MSt

b) Entscheidung aus Drittstaat...

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1.2. Scheidung – Anerkennung ausländischer Entscheidungen

Anerkennung ausländischer Entscheidungen über den Bestand einer Ehe

Anerkennung und Verweigerungsgründe - § 97 AußStrG (1) Eine ausländische Entscheidung über die Trennung ohne Auflösung des Ehebandes,

die Ehescheidung oder die Ungültigerklärung einer Ehe sowie über die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens einer Ehe wird in Österreich anerkannt, wenn sie rechtskräftig ist und kein Grund zur Verweigerung der Anerkennung vorliegt. Die Anerkennung kann als Vorfrage selbständig beurteilt werden, ohne dass es eines besonderen Verfahrens bedarf.

(2) Die Anerkennung der Entscheidung ist zu verweigern, wenn1. sie den Grundwertungen der österreichischen Rechtsordnung (ordre public)

offensichtlich widerspricht;2. das rechtliche Gehör eines der Ehegatten nicht gewahrt wurde, es sei denn, er ist mit

der Entscheidung offenkundig einverstanden;3. die Entscheidung mit einer österreichischen oder einer früheren die Voraussetzungen

für eine Anerkennung in Österreich erfüllenden Entscheidung unvereinbar ist, mit der die betreffende Ehe getrennt, geschieden, für ungültig erklärt oder das Bestehen oder Nichtbestehen der Ehe festgestellt worden ist;

4. die erkennende Behörde bei Anwendung österreichischen Rechts international nicht zuständig gewesen wäre.

Aufteilungsantrag - § 95 EheG (mater. Präklusivfrist); Art 24 Brüssel IIa: keine Prüfung der int. Zstdkt

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1.2. Scheidung – Anerkennung ausländischer Entscheidungen

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1.2. Scheidung – Anerkennung ausländischer Entscheidungen

Verfahren der Anerkennung - § 98 AußStrG(1) Die Anerkennung der Entscheidung in einem selbständigen Verfahren kann

beantragen, wer ein rechtliches Interesse daran hat. Der Staatsanwalt ist zur Antragstellung befugt, wenn die Entscheidung auf einen den §§ 21 bis 25 des Ehegesetzes vergleichbaren Nichtigkeitsgrund gegründet ist.

(2) Dem Antrag sind eine Ausfertigung der Entscheidung und ein Nachweis ihrer Rechtskraft nach dem Recht des Ursprungsstaats anzuschließen. Im Fall der Nichteinlassung des Antragsgegners in das Verfahren des Ursprungsstaats ist überdies der Nachweis der Zustellung des verfahrenseinleitenden Schriftstücks oder eine Urkunde vorzulegen, aus der sich ergibt, dass die säumige Partei mit der ausländischen Entscheidung offenkundig einverstanden ist.

(3) Das Gericht kann den Antragsgegner auch erst durch die Zustellung der Entscheidung in das Verfahren einbeziehen.

(4) Richtet sich ein Rekurs gegen eine Entscheidung erster Instanz, so beträgt die Frist für Rekurs und Rekursbeantwortung einen Monat. Befindet sich der gewöhnliche Aufenthalt des Antragsgegners im Ausland und stellt ein Rekurs oder eine Rekursbeantwortung seine erste Möglichkeit dar, sich am Verfahren zu beteiligen, so beträgt die Frist für den Rekurs oder die Rekursbeantwortung für ihn zwei Monate.

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1.2. Scheidung – Anerkennung ausländischer Entscheidungen

Antrag auf Nichtanerkennung - § 99 AußStrGDie §§ 97 und 98 sind auf Anträge, mit denen die Nichtanerkennung

ausländischer Entscheidungen über den Bestand einer Ehe geltend gemacht wird, entsprechend anzuwenden.

Vorrang des Völkerrechts - § 100 AußStrGDie §§ 97 bis 99 sind nicht anzuwenden, soweit nach Völkerrecht oder in

Rechtsakten der Europäischen Gemeinschaften Anderes bestimmt ist.

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Internationales Familienrecht

1. Scheidung

1.1. Internationale Zuständigkeit

1.2. Anerkennung ausländischer Entscheidungen

1.3. Anwendbares Recht

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1.3. Scheidung – Anwendbares Recht

Scheidungsvoraussetzungen ??

1. Ehe wurde (wirksam) geschlossen .... = 1.3a

2. Ehe wurde noch nicht (anerkennungsfähig) aufgelöst

Folgen nicht wirksamer Eheschließung bzw in Österreich nicht anerkennungsfähiger Scheidungen:

„hinkende“ (Inlands/Auslands)-Ehen

(die „hinkende“ Inlandsehe besteht im Inland, nicht aber im Ausland; und vice versa)

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1.3a. Das auf die Eheschließung anwendbare Recht

1. Italiener haben in der Schweiz kirchlich geheiratet;

2. Ein Italiener hat eine Österreicherin in der Schweiz kirchlich geheiratet;

3. Österreicher haben in Spanien kirchlich geheiratet.

Welche Ehen sind (form)gültig zustande gekommen? Hinweis: In der Schweiz kann, ebenso wie in Österreich, eine Ehe nur vor dem Standesbeamten wirksam geschlossen werden („obligatorische Zivilehe“)

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1.3a. Das auf die Eheschließung anwendbare Recht

3 Ob 91/08s Der österr Kläger und die Beklagte, eine kenianische Staatsangehörige,

schlossen am 8. 1. 2003 miteinander in Mombasa (Kenia) die Ehe. Der letzte gemeinsame Aufenthalt war in Wien. Die Parteien hatten einander in Kenia kennen gelernt. Am 9. April 2004 stellte man in einem Krankenhaus eine HIV-Infektion der Beklagten fest. Die Infektion fand bereits vor der Eheschließung zu einem nicht mehr feststellbaren Zeitpunkt statt. Der Kläger begehrt die Aufhebung der Ehe (§ 37 EheG).

Grundsatz des „ärgeren Rechts“

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Die StA klagt Ahmet T* (Türke) und Kornelia Z* (Österreicherin) auf Nichtigerklärung der Ehe. Die Eheschließung sei nur erfolgt, um Ahmet den Aufenthalt in Österreich zu ermöglichen (was zutrifft).

Ahmet wendet ein, das türkische Recht kenne keinen dem § 23 EheG vergleichbaren Nichtigkeitsgrund.

7 Ob 312/04i

§ 17 IPRG

(1) Die Voraussetzungen der Eheschließung sowie die der Ehenichtigkeit und der Aufhebung sind für jeden der Verlobten nach seinem Personalstatut zu beurteilen.

                                                            

1.3a. Das auf die Eheschließung anwendbare Recht

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Internationales Familienrecht

1. Scheidung

1.1. Internationale Zuständigkeit

1.2. Anerkennung ausländischer Entscheidungen

(1.3.a Das auf die Eheschließung anwendbare Recht)

1.3. Anwendbares Recht

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Bundesgesetz vom 15. Juni 1978 über das internationale Privatrecht

(IPR-Gesetz)

Grundsatz der stärksten Beziehung

§ 1. (1) Sachverhalte mit Auslandsberührung sind in privatrechtlicher Hinsicht nach der Rechtsordnung zu beurteilen, zu der die stärkste Beziehung besteht.

(2) Die in diesem Bundesgesetz enthaltenen besonderen Regelungen über die anzuwendende Rechtsordnung (Verweisungsnormen) sind als Ausdruck dieses Grundsatzes anzusehen.

1.3. Scheidung – anwendbares Recht

Gerechtigkeitsideal des IPR

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1.3. Scheidung – anwendbares Recht

Typische „Anknüpfungspunkte“ im IPR:

- Staatsangehörigkeit („Personalstatut“)

- Lebensmittelpunkt („gewöhnlicher Aufenthalt“)

- „domicile“

- Rechtswahl

Beispiel einer Kollisionsnorm:

§ 17 IPRG Voraussetzungen der Eheschließung

(1) Die Voraussetzungen der Eheschließung sowie die der Ehenichtigkeit und der Aufhebung sind für jeden der Verlobten nach seinem Personalstatut zu beurteilen.

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Personalstatut einer natürlichen Person § 9. (1) Das Personalstatut einer natürlichen Person ist das Recht des

Staates, dem die Person angehört. Hat eine Person neben einer fremden Staatsangehörigkeit auch die österreichische Staatsbürgerschaft, so ist diese maßgebend. Für andere Mehrstaater ist die Staatsangehörigkeit des Staates maßgebend, zu dem die stärkste Beziehung besteht.

(2) Ist eine Person staatenlos oder kann ihre Staatsangehörigkeit nicht geklärt werden, so ist ihr Personalstatut das Recht des Staates, in dem sie den gewöhnlichen Aufenthalt hat.

1.3. Scheidung – anwendbares Recht

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Ehescheidung - § 20 IPRG(1) Die Voraussetzungen und die Wirkungen der Scheidung einer Ehe sind

nach dem für die persönlichen Rechtswirkungen der Ehe maßgebenden Recht im Zeitpunkt der Ehescheidung zu beurteilen.

Persönliche Rechtswirkungen der Ehe - § 18 IPRG(1) Die persönlichen Rechtswirkungen einer Ehe sind zu beurteilen 1. nach dem gemeinsamen, mangels eines solchen nach dem letzten

gemeinsamen Personalstatut der Ehegatten, sofern es einer von ihnen beibehalten hat,

2. sonst nach dem Recht des Staates, in dem beide Ehegatten ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, mangels eines solchen nach dem Recht des Staates, in dem beide ihren letzten gewöhnlichen Aufenthalt gehabt haben, sofern ihn einer von ihnen beibehalten hat.

1.3. Scheidung – anwendbares Recht

Eine Frau mit zunächst österreichischer, später österr-kanadischer Doppelstaatsangehörigkeit lebt mit ihrem Ehemann, einem Kanadier, in den USA. Scheidungsstatut?

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Rück- und Weiterverweisung - § 5 IPRG(1) Die Verweisung auf eine fremde Rechtsordnung umfaßt auch deren

Verweisungsnormen. (2) Verweist die fremde Rechtsordnung zurück, so sind die

österreichischen Sachnormen (Rechtsnormen mit Ausnahme der Verweisungsnormen) anzuwenden; im Fall der Weiterverweisung sind unter Beachtung weiterer Verweisungen die Sachnormen der Rechtsordnung maßgebend, die ihrerseits nicht mehr verweist bzw. auf die erstmals zurückverwiesen wird.

(3) Besteht eine fremde Rechtsordnung aus mehreren Teilrechtsordnungen, so ist die Teilrechtsordnung anzuwenden, auf die die in der fremden Rechtsordnung bestehenden Regeln verweisen. Mangels solcher Regeln ist die Teilrechtsordnung maßgebend, zu der die stärkste Beziehung besteht.

1.3. Scheidung – anwendbares Recht

Ein norwegisches Ehepaar will die Scheidung in Österreich. Norwegisches IPR „beruft“ für die Scheidungsvoraussetzungen das Recht am Wohnsitz der Parteien.Scheidungsstatut?

Teilrechtsordnungen: territoriale – personale Rechtsspaltung

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Koran, Sure 4:3„Und wenn ihr fürchtet, den Waisen nicht gerecht werden zu können, nehmt euch als Frauen, was euch gut erscheint, zwei oder drei oder vier. Doch wenn ihr fürchtet, ihnen nicht gerecht werden zu können, heiratet nur eine …“

1.3. Scheidung – anwendbares Recht

Vorbehaltsklausel (ordre public) - § 6 IPRGEine Bestimmung des fremden Rechtes ist nicht anzuwenden, wenn ihre Anwendung zu einem Ergebnis führen würde, das mit den Grundwertungen der österreichischen Rechtsordnung unvereinbar ist. An ihrer Stelle ist erforderlichenfalls die entsprechende Bestimmung des österreichischen Rechtes anzuwenden.

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OGH 28.2.2011 – 9 Ob 34/10f

Die Streitteile schlossen am 27. 10. 1983 vor dem Standesamt Medina-Saudiarabien die Ehe, beide waren damals saudiarabische Staatsbürger. Während der Beklagte schon vor der Eheschließung in Österreich aufhältig war, kam die Beklagte erst nach der Eheschließung nach Österreich, wo sich beide Streitteile bis zuletzt aufhielten und auch ihren letzten gemeinsamen Wohnsitz hatten.

Die Ehe der Streitteile wurde mit Urteil des Bezirksgerichts Innere Stadt Wien geschieden und ausgesprochen, dass das Verschulden beide Teile treffe.

Die Klägerin begehrt mit ihrer Klage ab 1. Juli 2005 einen laufenden Unterhalt von 340 EUR monatlich. Diese Unterhaltsforderung hielt sie auch ausdrücklich für den Zeitraum nach Rechtskraft der Scheidung aufrecht. Sie führte aus, dass österreichisches Recht anzuwenden sei, weil die Anwendung des saudiarabischen (islamischen) Rechts dem österreichischen ordre public widerspreche. Insbesondere lasse es sich mit den Grundwerten der österreichischen Rechtsordnung nicht vereinbaren, dass nach dem saudiarbischen Recht für die Zeit nach der Scheidung - mit Ausnahme von drei Monaten im Anschluss an die Scheidung - überhaupt kein Unterhaltsanspruch der Ehegattin gegenüber dem früheren Ehegatten bestehe.

1.3. Scheidung – anwendbares Recht

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Das Erstgericht vertrat die Rechtsauffassung, dass zwar gemäß § 20 iVm § 18 IPRG grundsätzlich saudiarabisches (islamisches) Recht Anwendung zu finden habe. Die Ermittlung sei jedoch in angemessener Zeit nicht möglich gewesen, sodass gemäß § 4 Abs 2 IPRG österreichisches Recht (§ 94 ABGB) anzuwenden sei. Für den nachehelichen Unterhalt sei davon auszugehen, dass die saudiarabische (islamische) Rechtslage dem ordre public widerspreche.

1.3. Scheidung – anwendbares Recht

Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung. Die Beschränkung des Unterhaltsanspruchs der Frau auf drei Monate nach Ehescheidung sei mit dem Grundgedanken des österreichischen Unterhaltsrechts nicht vereinbar.

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1.3. Scheidung – anwendbares Recht

Die sogenannte „versteckte Rückverweisung“

- oder: was tun, wenn das „verwiesene Recht“ kein IPR kennt?

OGH 30. 4. 1980, 1 Ob 549/80Die Streitteile haben am 20. 8. 1955 vor dem Standesamt Wien-Penzing die Ehe geschlossen. Sie sind Staatsbürger der USA. Der letzte gemeinsame gewöhnliche Aufenthalt war in Wien. Die Klägerin begehrt die Scheidung der Ehe vorerst aus dem Verschulden des Beklagten, eines pensionierten Offiziers der US-Armee.

Der OGH: „Ist nach dem Recht der USA die Jurisdiktion ausländischer Gerichte in Statussachen über ihre Staatsbürger zu bejahen, so soll nach amerikanischem Rechtsdenken das Gericht auch sein heimisches Recht anwenden.“

Page 37: Internationales Familienrecht. Internationales Familienrecht in Zahlen

• Fall 1: das ausl Forum (in den „USA“/England) ist nicht zuständig (weil keiner der Eheleute sein Domizil im Staat des angerufenen Forums hat); wohl aber wäre aus Sicht dieses Forums das angerufene Gericht zuständig (weil die Ehegatten dort ihr domicile haben): Rückverweisung und somit Anwendung des eigenen Rechts: ja

• Fall 2: Die Zuständigkeiten konkurrieren (je einer der Gatten hat sein domicile in England/USA, der andere im Staat des angerufenen Forums): Lösung strittig, aber üA: versteckte Rückverweisung: ja

• Fall 3: Nach der Jurisdiktion des ausl Forums besteht keine Zuständigkeit des angerufenen Forums: dann auch kein Einverständnis mit Anwendung von dessen Recht !

1.3. Scheidung – anwendbares Recht

Page 38: Internationales Familienrecht. Internationales Familienrecht in Zahlen

1.3. Scheidung – anwendbares Recht

Reform: „Rom III“ = EhescheidungsVO ab 21.6.2012

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Page 40: Internationales Familienrecht. Internationales Familienrecht in Zahlen

Gleichgeschlechtliche Ehen?Privatscheidungen?

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Page 42: Internationales Familienrecht. Internationales Familienrecht in Zahlen
Page 43: Internationales Familienrecht. Internationales Familienrecht in Zahlen

Internationales Familienrecht

2. Obsorge- und Besuchsrecht

• 2.1. Internationale Zuständigkeit

• 2.2. Anerkennung ausländischer Entscheidungen

• 2.3. Anwendbares Recht

„elterliche Verantwortung“

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2.1. Obsorge- und Besuchsrecht – internationale Zuständigkeit

Page 45: Internationales Familienrecht. Internationales Familienrecht in Zahlen

2.1. Obsorge- und Besuchsrecht – internationale Zuständigkeit

Page 46: Internationales Familienrecht. Internationales Familienrecht in Zahlen

2.1. Obsorge- und Besuchsrecht – internationale Zuständigkeit

Art 8 – Art 20: „zweite Spur“