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22 | 7. Juli 2016 Invest INTERVIEW Rendite und soziales Gewissen Wie Mirjam Staub-Bisang, die Pionierin für nachhaltige Anlagen, investiert. Seite 24 CARLA PALM UND PETER MANHART W ohl kaum ein Thema polarisiert so sehr wie die richtige Vorsorge für die eigenen Kin- der. Das Niedrigzins- umfeld sorgt für viel Hilflosigkeit. Werden fünf Betroffene befragt, kommen rasch zehn Meinungen zusammen. Die Aussa- gen wie «Wir investieren nur in Einzelak- tien» oder «Ich habe gerade erst Gold für meinen Götti-Buben gekauft» könnten aus Anlegerperspektive gegensätzlicher nicht sein. Zudem zeigt sich immer öfter eine an- dere Sicht, wenn es darum geht, langfris- tig in den eigenen Nachwuchs zu inves- tieren: «Wir gehen mit unseren Kindern lieber gemeinsam in die Ferien. Das ist doch viel nachhaltiger, als wenn sie mit 18 Jahren irgendwelche Pharma-Aktien im Depot haben», ist oft von betroffenen El- tern zu hören. Gemäss Philipp Gonon, Erziehungs- wissenschafter an der Universität Zürich, ist dies ein durchaus sinnvoller Ansatz, der nichts mit Sozialromantik zu tun hat. «Eltern investieren am besten in die sozi- alen und emotionalen Fähigkeiten ihrer Kinder», argumentiert er. Dies wirke sich nicht nur positiv auf den späteren Le- bensweg der Heranwachsenden aus, son- dern letztendlich auch auf das Gemein- wohl (siehe Interview). Rendite und soziales Gewissen Eltern, die auf diesen Weg setzen, soll- ten sich aber im Klaren sein, dass auch hier hohe Summen zusammenkommen. Für Privatschule oder Krippe, Sport- und Musikunterricht kann im Monat ein ge- schätzter Betrag von 2475 Franken anfal- len (siehe Übersicht unten rechts). Auch fünf Wochen Ferien in der Hauptsaison können eine vierköpfige Familie im Jahr mit über 10 000 Franken oder mehr belas- ten, wie der Eltern-Kind-Reiseanbieter Vamos für die «Handelszeitung» berech- net hat (siehe Fakten zum Thema). Wäre das Geld mit Blick auf die Zu- kunft nicht besser in Finanzprodukte in- vestiert? Einen Ansatz, der Rendite und soziales Gewissen zusammenbringen kann, vertritt Mirjam Staub- Bisang, Chefin der Zürcher Vermögensberatung Inde- pendent Capital Group, die sich seit über zehn Jahren mit nachhaltigen Anlagen beschäftigt. Kinder hätten den Vorteil des langen Anla- gehorizonts, sagt sie. Nach- haltige Anlagen berücksich- tigen ökologische und soziale Herausfor- derungen wie Klimawandel, Umweltver- schmutzung, Urbanisierung, Bevölke- rungswachstum oder Überalterung. «Sie nützen der Gesellschaft und den Anle- gern. Zudem leisten sie einen Beitrag, damit unsere Kinder in einer funktionie- renden, sauberen und gerechteren Welt leben», sagt Staub-Bisang (siehe Inter- view Seite 24). Mittlerweile ist hier eine riesige Indus- trie entstanden. Weltweit haben sich die in nachhaltige Anlagen investierten Gel- der in den vergangenen zehn Jahren in allen Märkten etwa verfünf- bis verzehnfacht. Ob Gross- oder Kantonalbank, alle bieten heutzutage nachhal- tige Anlageprodukte mit langfristigem Fokus an. Die UBS etwa lockt ihre Kunden unter dem Label Nachhal- tigkeit beispielsweise mit Aktienkörben zu den The- men «Saubere Luft und Reduktion des CO 2 -Ausstosses», «Gender-Diversität» oder «Medizinalprodukte». Bei Konkur- rentin Credit Suisse wird auf «Erneuerbare Energien» oder «Nachhhaltige Immobili- en» gesetzt. Die Kundennachfrage dazu wächst kontinuierlich, wie die Bankhäu- ser berichten. In diversifizierte Aktien- SHORTLIST Buy Alphabet Alphabet ist die Mut- ter von Google. Die Umbenennung des Suchmaschinenbetrei- bers zeigt es deutlich: Der Konzern hat sich von seinem Stamm- geschäft emanzipiert. Innovationen dürften künftig aus den Goog- le-X-Labs kommen – dazu könnten Smart Lenses zählen, also Kontaktlin- sen, die unter anderem den Blutzu- ckerspiegel messen lassen. Nicht nur Ihre Kinder werden staunen. Buy Procter & Gamble Rasieren mit Gillette, Haare waschen mit Head & Shoulders, Zähne putzen mit Blend-a-med. Pampers fürs Baby, Oil of Olaz für die Grossmutter. Swiffer und Meister Proper beim Hausputz, Vicks bei Erkältungen. An den Produkten von Procter & Gamble kommt niemand, wirklich niemand vorbei. Anleger schon gar nicht. Buy Roche Gesundheitsaktien gehören in jedes Kinder-Depot. Unter- nehmen wie Roche profitieren von lang- fristigen demografi- schen Trends. Aus- serdem verfügt der Konzern aus Basel über eine heraus- ragende Unternehmensführung und zahlt regelmässig hohe Dividenden. Im Bereich Krebstherapien ist Roche über- durchschittlich positioniert und verfügt über eine hohe Preisgestaltungsmacht. Alphabet in Dollar 810 735 660 585 510 1.8.14 1.7.16 TeleTrader.com Publisher P & G in Dollar 93 87 81 75 69 1.8.14 1.7.16 TeleTrader.com Publisher Roche in Franken 300 280 260 240 220 1.8.14 5.7.16 TeleTrader.com Publisher MEHR INFOS ONLINE Das Schweizer Anleger-Portal mit umfassenden Börsendaten und tages- aktuellen Informationen – Realtime. www.finanzen.ch Wöchentlich die besten Anlagetipps und -strategien. Jeden Freitag im kostenlosen Newsletter stocksDIGITAL. www.handelszeitung.ch/invest/ stocksdigital «Nicht nur die Fächer der Schule im Blick haben » Wie investieren Eltern aus der Perspek- tive eines Erziehungswissenschafters am besten in ihre Kinder? Philipp Gonon: Sie investieren am bes- ten in die sozialen und emotionalen Fä- higkeiten und die sogenannten familiä- ren Kommunikationen. Das wirkt sich auf die psychische Stabilität und die so- zialen Kompetenzen der Kinder nach- haltig aus. Eltern sollten darauf achten, dass sich bei Kindern nicht nur Fähig- keiten zur individuellen Nutzenmaxi- mierung ausprägen, sondern dass auch die soziale gesamtverantwortliche Pers- pektive eine Rolle spielt. Eine solche Strategie fördert nicht nur die indivi- duellen Kompetenzen, sondern wirkt sich letztlich später auch auf die gesell- schaftliche Wohlfahrt positiv aus. An welche «Investments» denken Sie? Eltern sollten nicht nur die engen, cur- ricularen Fächer der Schule im Blick haben. Wichtig können darüber hinaus zum Beispiel Musikstunden oder Ver- einssport sein. Auch dafür sollte Kin- dern Raum gelassen werden. Natürlich dürfen Eltern bei der Planung und Ver- sorgung von Zusatzkursen nicht über- treiben, das beobachten wir häufig. Kinder reagieren auf ein Überangebot manchmal sehr sensibel und ihre Wün- sche sollten respektiert werden. Es muss nicht jede und jeder ein Konzert- pianist oder ein Fussballchampion werden, es sollen vor allem das Ge- meinschaftliche und die Entwicklung von besonderen Fähigkeiten im Vor- dergrund stehen. Am besten so, dass es allen Beteiligten durchaus auch Spass macht. Welche Rolle nehmen die Eltern dabei ganz genau ein? Sie sollten mit ihren Kindern Zeit ver- bringen, sich auf sie einlassen, sie ernst nehmen und sich mit ihnen beschäf- tigen. Ich persönlich stufe die Rolle der Väter als sehr wichtig ein. Väter sollten nicht abwesend sein, damit beide Elternteile bei der Erziehung markant präsent sein können. Es ist wohl die wichtigste Investition für einen späte- ren Bildungserfolg, wenn Väter auch über die Hausaufgaben Bescheid wis- sen. Aber nicht nur die Eltern sollten die Bezugspersonen sein. Freund- schaftliche Kontakte sind für das ge- samte Leben wichtig, dabei spielt auch elterliche Unterstützung eine Rolle. Die soziale Einbettung, die Verankerung in nähere und fernere Freundschaften über die Familie hinaus sind meiner Ansicht nach die wichtigste Vorausset- zung für ein glückliches Leben. Gibt es wissenschaftliche Studien, die das soziale Investieren in Kinder speziell untersucht haben? Nein, kaum. Die noch wenig etablierte Bildungsökonomie forscht in diese Richtung. Und zur frühkindlichen Ent- wicklung und dem späteren Erfolg im Leben wurde einiges in den USA ge- forscht. Dort hat sich immer wieder bestätigt, dass sich die frühkindliche Förderung bei kleineren Kindern, die in sozial benachteiligten Brennpunkten leben, auszahlt. Je älter die Kinder sind, desto schwieriger wird es, die Dinge positiv zu beeinflussen. Ist es eine gute oder eine schlechte Vor- aussetzung für die Entwicklung von Kin- dern, wenn sie mit dem Wissen aufwach- sen, dass finanziell für sie gesorgt ist? Das hat die sogenannte Eliteforschung untersucht. Es kann eine Wohlstands- verwahrlosung entstehen, vor allem Die Auswahl an Einzelaktien war schon immer anspruchsvoll. Kinder, Kinder Vorsorge Wer richtig für den Nachwuchs vorsorgen möchte, hat viele Optionen. Worauf Eltern achten müssen. Philipp Gonon Professor für Berufsbildung, Universität Zürich «In emotionale und soziale Fähigkeiten der Kinder investieren.»

Invest - Private · Invest IntervIew Rendite und soziales Gewissen Wie Mirjam Staub-Bisang, die Pionierin für nachhaltige Anlagen, investiert. Seite 24 Carla Palm und Peter W manhart

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Page 1: Invest - Private · Invest IntervIew Rendite und soziales Gewissen Wie Mirjam Staub-Bisang, die Pionierin für nachhaltige Anlagen, investiert. Seite 24 Carla Palm und Peter W manhart

22 | 7. Juli 2016

InvestIntervIew Rendite und soziales GewissenWie Mirjam Staub-Bisang, die Pionierin für nachhaltige Anlagen, investiert. Seite 24

Carla Palm und Peter manhart

Wohl kaum ein Thema polarisiert so sehr wie die richtige Vorsorge für die eigenen Kin-der. Das Niedrigzins-

umfeld sorgt für viel Hilflosigkeit. Werden fünf Betroffene befragt, kommen rasch zehn Meinungen zusammen. Die Aussa-gen wie «Wir investieren nur in Einzelak-tien» oder «Ich habe gerade erst Gold für meinen Götti-Buben gekauft» könnten aus Anlegerperspektive gegensätzlicher nicht sein.

Zudem zeigt sich immer öfter eine an-dere Sicht, wenn es darum geht, langfris-tig in den eigenen Nachwuchs zu inves-tieren: «Wir gehen mit unseren Kindern lieber gemeinsam in die Ferien. Das ist doch viel nachhaltiger, als wenn sie mit 18 Jahren irgendwelche Pharma-Aktien im Depot haben», ist oft von betroffenen El-tern zu hören.

Gemäss Philipp Gonon, Erziehungs-wissenschafter an der Universität Zürich, ist dies ein durchaus sinnvoller Ansatz, der nichts mit Sozialromantik zu tun hat. «Eltern investieren am besten in die sozi-alen und emotionalen Fähigkeiten ihrer Kinder», argumentiert er. Dies wirke sich nicht nur positiv auf den späteren Le-bensweg der Heranwachsenden aus, son-dern letztendlich auch auf das Gemein-wohl (siehe Interview).

Rendite und soziales GewissenEltern, die auf diesen Weg setzen, soll-

ten sich aber im Klaren sein, dass auch hier hohe Summen zusammenkommen. Für Privatschule oder Krippe, Sport- und Musikunterricht kann im Monat ein ge-schätzter Betrag von 2475 Franken anfal-len (siehe Übersicht unten rechts). Auch fünf Wochen Ferien in der Hauptsaison können eine vierköpfige Familie im Jahr mit über 10 000 Franken oder mehr belas-ten, wie der Eltern-Kind-Reiseanbieter

Vamos für die «Handelszeitung» berech-net hat (siehe Fakten zum Thema).

Wäre das Geld mit Blick auf die Zu-kunft nicht besser in Finanzprodukte in-vestiert? Einen Ansatz, der Rendite und soziales Gewissen zusammenbringen kann, vertritt Mirjam Staub-Bisang, Chefin der Zürcher Vermögensberatung Inde-pendent Capital Group, die sich seit über zehn Jahren mit nachhaltigen Anlagen beschäftigt. Kinder hätten den Vorteil des langen Anla-gehorizonts, sagt sie. Nach-haltige Anlagen berücksich-tigen ökologische und soziale Herausfor-derungen wie Klimawandel, Umweltver-schmutzung, Urbanisierung, Bevölke-rungswachstum oder Überalterung. «Sie nützen der Gesellschaft und den Anle-gern. Zudem leisten sie einen Beitrag, damit unsere Kinder in einer funktionie-renden, sauberen und gerechteren Welt

leben», sagt Staub-Bisang (siehe Inter-view Seite 24).

Mittlerweile ist hier eine riesige Indus-trie entstanden. Weltweit haben sich die in nachhaltige Anlagen investierten Gel-der in den vergangenen zehn Jahren in

allen Märkten etwa verfünf- bis verzehnfacht. Ob Gross- oder Kantonalbank, alle bieten heutzutage nachhal-tige Anlageprodukte mit langfristigem Fokus an. Die UBS etwa lockt ihre Kunden unter dem Label Nachhal-tigkeit beispielsweise mit Aktienkörben zu den The-

men «Saubere Luft und Reduktion des CO2-Ausstosses», «Gender-Diversität» oder «Medizinalprodukte». Bei Konkur-rentin Credit Suisse wird auf «Erneuerbare Energien» oder «Nachhhaltige Immobili-en» gesetzt. Die Kundennachfrage dazu wächst kontinuierlich, wie die Bankhäu-ser berichten. In diversifizierte Aktien-

ShortliSt

Buy Alphabetalphabet ist die mut-ter von Google. die umbenennung des Suchmaschinenbetrei-bers zeigt es deutlich: der Konzern hat sich von seinem Stamm-geschäft emanzipiert. Innovationen dürften künftig aus den Goog-le-X-labs kommen – dazu könnten Smart lenses zählen, also Kontaktlin-sen, die unter anderem den Blutzu-ckerspiegel messen lassen. nicht nur Ihre Kinder werden staunen.

Buy Procter & Gamblerasieren mit Gillette, haare waschen mit head & Shoulders, Zähne putzen mit Blend-a-med. Pampers fürs Baby, Oil of Olaz für die Grossmutter. Swiffer und meister Proper beim hausputz, Vicks bei erkältungen. an den Produkten von Procter & Gamble kommt niemand, wirklich niemand vorbei. anleger schon gar nicht.

Buy RocheGesundheitsaktien gehören in jedes Kinder-depot. unter-nehmen wie roche profitieren von lang-fristigen demografi-schen trends. aus-serdem verfügt der Konzern aus Basel über eine heraus-ragende unternehmensführung und zahlt regelmässig hohe dividenden. Im Bereich Krebstherapien ist roche über-durchschittlich positioniert und verfügt über eine hohe Preisgestaltungsmacht.

Alphabetin Dollar810

735

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P & Gin Dollar93

87

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691.8.14 1.7.16TeleTrader.com Publisher

Rochein Franken300

280

260

240

2201.8.14 5.7.16

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MehR infos online

das Schweizer anleger-Portal mit umfassenden Börsendaten und tages-aktuellen Informationen – realtime. www.finanzen.ch

Wöchentlich die besten anlagetipps und -strategien. Jeden Freitag im kostenlosen newsletter stocksdIGItal. www.handelszeitung.ch/invest/stocksdigital

«Nicht nur die Fächer der Schule im Blick haben »Wie investieren Eltern aus der Perspek­tive eines Erziehungswissenschafters am besten in ihre Kinder? Philipp Gonon: Sie investieren am bes-ten in die sozialen und emotionalen Fä-higkeiten und die sogenannten familiä-ren Kommunikationen. Das wirkt sich auf die psychische Stabilität und die so-zialen Kompetenzen der Kinder nach-haltig aus. Eltern sollten darauf achten, dass sich bei Kindern nicht nur Fähig-keiten zur individuellen Nutzenmaxi-mierung ausprägen, sondern dass auch die soziale gesamtverantwortliche Pers-pektive eine Rolle spielt. Eine solche Strategie fördert nicht nur die indivi-duellen Kompetenzen, sondern wirkt sich letztlich später auch auf die gesell-schaftliche Wohlfahrt positiv aus.

An welche «Investments» denken Sie?Eltern sollten nicht nur die engen, cur-ricularen Fächer der Schule im Blick

haben. Wichtig können darüber hinaus zum Beispiel Musikstunden oder Ver-einssport sein. Auch dafür sollte Kin-dern Raum gelassen werden. Natürlich dürfen Eltern bei der Planung und Ver-sorgung von Zusatzkursen nicht über-treiben, das beobachten wir häufig. Kinder reagieren auf ein Überangebot manchmal sehr sensibel und ihre Wün-

sche sollten respektiert werden. Es muss nicht jede und jeder ein Konzert-pianist oder ein Fussballchampion werden, es sollen vor allem das Ge-meinschaftliche und die Entwicklung von besonderen Fähigkeiten im Vor-dergrund stehen. Am besten so, dass es allen Beteiligten durchaus auch Spass macht.

Welche Rolle nehmen die Eltern dabei ganz genau ein?Sie sollten mit ihren Kindern Zeit ver-bringen, sich auf sie einlassen, sie ernst nehmen und sich mit ihnen beschäf-tigen. Ich persönlich stufe die Rolle der Väter als sehr wichtig ein. Väter sollten nicht abwesend sein, damit beide Elternteile bei der Erziehung markant präsent sein können. Es ist wohl die wichtigste Investition für einen späte-ren Bildungserfolg, wenn Väter auch über die Hausaufgaben Bescheid wis-sen. Aber nicht nur die Eltern sollten die Bezugspersonen sein. Freund-schaftliche Kontakte sind für das ge-samte Leben wichtig, dabei spielt auch elterliche Unterstützung eine Rolle. Die soziale Einbettung, die Verankerung in nähere und fernere Freundschaften über die Familie hinaus sind meiner Ansicht nach die wichtigste Vorausset-zung für ein glückliches Leben.

Gibt es wissenschaftliche Studien, die das soziale Investieren in Kinder speziell untersucht haben?Nein, kaum. Die noch wenig etablierte Bildungsökonomie forscht in diese Richtung. Und zur frühkindlichen Ent-wicklung und dem späteren Erfolg im Leben wurde einiges in den USA ge-forscht. Dort hat sich immer wieder bestätigt, dass sich die frühkindliche Förderung bei kleineren Kindern, die in sozial benachteiligten Brennpunkten leben, auszahlt. Je älter die Kinder sind, desto schwieriger wird es, die Dinge positiv zu beeinflussen.

Ist es eine gute oder eine schlechte Vor­aussetzung für die Entwicklung von Kin­dern, wenn sie mit dem Wissen aufwach­sen, dass finanziell für sie gesorgt ist?Das hat die sogenannte Eliteforschung untersucht. Es kann eine Wohlstands-verwahrlosung entstehen, vor allem

Die Auswahl an einzelaktien

war schon immer

anspruchsvoll.

Kinder, KinderVorsorge Wer richtig für den nachwuchs vorsorgen möchte, hat viele Optionen. Worauf eltern achten müssen.

Philipp GononProfessor für Berufsbildung, universität Zürich

«In emotionale und soziale Fähigkeiten der Kinder investieren.»

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körbe zu einem bestimmten Thema zu investieren, kann für vom Anlagefokus überzeugte Eltern durchaus Sinn erge-ben. Einzelaktien sind da anspruchsvoller in der Auswahl. Eltern sollten sich an ge-wissen Merkmalen vor dem Investitions-entscheid orientieren, wenn sie in die Ak-tien einzelner Unternehmen investieren möchten, rät Stefan R. Meyer, Aktienspe-zialist bei UBS CIO Wealth Management.

Die langfristige Strategie entscheidetSo sei es bei einem Anlagehorizont

von 10 bis 15 Jahren entscheidend, ob ein Unternehmen eine langfristige Strategie verfolgt und in der Lage ist, sich im Fall von grossen strukturellen Veränderun-gen, die eine gesamte Industrie umwer-fen können, anzupassen. Auch sollte das Management über einen ausgewiesenen Track Record verfügen und Qualität in der gesamten Unternehmensführung (Good Governance) garantieren. «Dazu zählen etwa die Unternehmensorganisa-

tion, Mitarbeiterführung, die Arbeitsqua-lität und auch die Arbeitsmoral», ergänzt Meyer. Die Produkte und Dienstleistun-gen, die ein Unternehmen anbietet, soll-ten wiederum über eine Preisgestaltungs- und Durchsetzungsmacht verfügen, damit eine langfristige Unternehmens-planung möglich ist.

Die «Handelszeitung» hat mithilfe der Anregungen von Meyer zehn Aktien iden-tifiziert, die eine gute Grundlage für ein Aktiendepot mit einem Horizont von 10 bis 15 Jahren bilden (siehe Tabelle oben). Dazu zählen aus dem Bereich Nahrungs-mittel Nestlé und der Getränkehersteller Diageo. Wer aus moralischen Gründen nicht in einen Spirituosenproduzenten investieren will, beschränkt sich auf Nest-lé – der Konzern verfügt über eine breite Palette von Mineralwassern und punktet auch sonst bei fast allen Anlagekriterien in unserer Auswahl. Coca-Cola und andere Zuckwasserabfüller stellen hier keine Alternative dar.

Aus dem grossen Universum der Tech-nologie-Titel haben Alphabet (ehemals Google) und Amazon.com die besten Chancen, in den kommenden Jahrzehn-ten die führenden Konzerne zu bleiben. Beide Unternehmen entwickeln Dienst-leistungen und Produkte, die unsere Le-benswelt visionär verändert haben und verändern werden.

Einen weiteren Schwerpunkt bilden Gesundheitsaktien. Die Pharmabranche wird als Folge der Überalterung der west-lichen Gesellschaft so oder so gedeihen. Roche und Novo Nordisk sind hier erste Wahl. Unter den Konsumgüterherstellern ragt Procter & Gamble heraus und bei den Rückversicherern, die stellvertretend für den Finanzbereich stehen, setzen wir auf die Münchener Rück, die bei der Nachhaltigkeit punkten kann. Wer kein Euro-Risiko im Depot will, wählt die Swiss Re. Die mit Blick auf die Marktkapi-talisierung deutlich kleineren Schweizer Titel Sonova und Geberit sind dank ihrer

Positionierung in den Branchen Gesund-heit und Ressourcenmanagement poten-ziell Kandidaten, die langfristig zu den Gewinnern zählen können.

Risiken im Blick behaltenEltern, denen die Auswahl eines diver-

sifizierten Depots zu mühsam ist, könn-ten den Sparbatzen für die Kinder in ei-nen aktiv verwalteten Fonds oder in ein Indexprodukt (ETF) investieren. Denn gerade, wenn Anleger sich nicht so gut auskennen, sei es besser, einen Profi mit der Auswahl eines Aktienfonds zu beauf-tragen, meint Roland Egger, Investment-spezialist der Privatbank Lombard Odier. Eltern sollten auf grosse und etablierte Fonds und Anbieter setzen und die Ge-bühren erfragen. Vorsicht gelte bei neuen Marktteilnehmern, führt er aus.

Es ist bedauerlich, dass nur sehr weni-ge etablierte Banken ETF-Sparpläne (sie-he Box) anbieten. Weil über sehr lange Perioden kaum ein Fondsmanager den

jeweiligen Referenzindex schlägt, drän-gen sich ETF für langfristige Engage-ments auf. Doch da die Banken an ETF wenig verdienen, werden sie nur zöger-lich aktiv angeboten. Im Zweifel fragen Eltern beim Bankberater nach entspre-chenden Angeboten nach.

Eltern, so Eggers Einschätzung, sollten sich zudem darüber im Klaren sein, «dass erhebliche Risiken lauern können, auch wenn man auf längere Zeit vorausplant», sagt er. Indexprodukte bieten da den besten Schutz gegen zu wenig Diversifi-kation. Auch rät er, die Ausschüttungen systematisch zu reinvestieren.

Kompliziert muss es nicht werden, wenn Eltern für die Zukunft ihrer Kinder jetzt anlegen wollen. Eine Kombination aus Aktien, ETF und dem Investieren in die sozialen Kompetenzen des Nachwuchses scheint uns die richtige Mischung zu sein.

Was kinder kosten (monatlich, in Franken)

1600 Privatschule oder eine gute Kinderkrippe geht ins Geld. Die Kosten sind nach oben offen.

320Nachhilfe ist oft nötig. Etablierte Anbieter nehmen 80 Fr. pro Stunde, privat geht es günstiger.

240Klavierspielen fördert die Konzentration. Ein regelmässiger Unterricht kann teuer werden.

50Instrumente können monatlich gemietet werden. Ein Klavier kostet etwa zwischen 30 und 50 Fr.

180Tennis-Training ist im Winter wegen der Platzmiete teurer als im Sommer.

85Ballett ist für viele Kinder die erste sportliche Betätigung. Die Anbieter unterscheiden sich sehr.

ETF-Sparplan

Günstig, aber kleines AngebotKleines Angebot ETF-Sparpläne zählen zu den sinnvollsten Angebo-ten der Vermögensverwalter. Für Eltern und «Göttis» gibt es langfris-tig kaum eine bessere Möglichkeit, für den Nachwuchs – und auch sich selbst – vorzusorgen. Angebote von Banken sind in der Schweiz lei-der rar. Moneypark, das VZ Vermö-genszentrum, die Glarner Kantonal-bank oder die Bank Zweiplus bilden löbliche Ausnahmen.

So geht's In der Regel wird monat-lich ein fixer Betrag in einen oder in mehrere ETF investiert. Das hat den Vorteil, dass der Durchschnittskos-teneffekt zu tragen kommt, denn bei tiefen Kursen werden mehr An-teile erworben, bei hohen Kursen weniger. Zu Beginn muss oft, aber nicht bei allen Anbietern eine Ein-malzahlung geleistet werden.

Gebühren ETF sind deutlich günsti-ger als aktiv verwaltete Fonds, doch auch bei ETF-Sparplänen sollten die All-in-Fees, die Transaktionskosten und die Depotgebühren miteinan-der verglichen werden.

Mehr zum ThemaInterview mit Mirjam Staub-Bisang Seite 24

1812Franken kostet eine Woche Skiferien (Halbpension) für eine vierköpfige Familie in den Alpen. Skipässe und Anreise kommen dazu.

Fakten zum thema

5435Franken müssen für zwei Wochen Strand urlaub für vier Personen auf Mallorca kalkuliert werden. Die Flüge sind noch nicht dabei.

3413Franken sind realistisch für zwei Wochen Familienurlaub im Herbst in Süditalien. Dies ohne Flüge oder Anreise mit dem Auto.

wenn in solchen Fällen auch die schuli-schen Leistungen einbrechen. Aber zum Glück sehen wir ebenso das ge-naue Gegenteil: Auch Kinder mit einem starken finanziellen Hintergrund ent-wickeln im Laufe ihres Lebens starke soziale Fähigkeiten und engagieren sich beispielsweise in späteren Lebens-phasen philanthropisch. Sicher ist dies nicht durchwegs die Regel, aber es gibt auch hier, wie überall, ein grosses Spektrum.

Immer wieder kündigen Prominente an, «unsere Kinder erben nichts, das Geld geht an eine Stiftung». Welche Signal-wirkung soll das haben und wovor fürchten sich Eltern, die so entscheiden?Diese Eltern wollen ihren Kindern et-was ganz Bestimmtes vermitteln. Näm-lich, dass es sich lohnt, hart zu arbeiten und eigenständig Initiative zu ergreifen und dass Erfolg nicht vererbbar, son-

dern von eigener Anstrengung abhän-gig ist. Ökonomisch-rational wäre es natürlich, für die eigenen Kindern etwas Geld zurückzulegen, und sei es nur für den Notfall.

Welche finanziellen Sorgen beschäftig-ten Eltern heutzutage am meisten? Was beobachten Sie?Die Altersvorsorge und auch die Vor-sorge für die eigenen Kinder wird im-mer mehr zu einem Problem. Unsere Sozialsysteme werden immer wacke-liger, was an der demografischen Ent-wicklung liegt. Die Menschen werden immer älter. Für alle Eventualitäten kann man heutzutage gar nicht genug Geld zurück- oder anlegen. Das beschäftigt die Menschen und vor allem Eltern der Mittelschicht immer mehr.

INTERVIEW: CARlA PAlM

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Depot «Gross rauskommen» – die besten Aktien für die Kids von heute« = erfüllt, «« = überdurchschnittlich, ««« = herausragend

Aktie Kurs am 4.7.2016

Kursent-wicklung YTD in %

Markt- kapitalisie-rung in Mrd.

Langfristige Strategie

Track Record

Manage-mentqualität

Produkte und Dienst-leistungen

Unter- nehmens-qualität

Dividenden-rendite in Prozent

Dividenden-wachstum 5J. in Prozent

Alphabet 704 USD –9,5 480 USD ««« ««« ««« ««« ««« – –

Amazon.com 721 USD +6,8 340 USD «« «« « «« ««« – –

Diageo 21 GBP +15,1 54 GBP «« ««« «« «« ««« 2,7 8,1

Geberit 358 CHF +5,2 13 CHF «« «« «« «« «« 2,3 7,0

Nestlé 75 CHF +1,2 235 CHF ««« «« ««« « ««« 3,0 4,0

Novo Nordisk 366 DKK –8,4 11 USD ««« «« «« «« ««« 1,8 26,2

Münchener Rück 147 EUR –20,5 24 EUR ««« ««« «« «« «« 5,6 5,7

Procter & Gamble 86 USD +8,1 229 USD «« ««« «« ««« ««« 3,2 6,2

Sonova 128 CHF +0,7 8,5 CHF ««« «« «« «« «« 1,6 11,8

Roche 252 CHF –8,8 218 CHF «« ««« ««« ««« ««« 3,2 4,2Quelle: eigene RecheRche, BloomBeRg

Quelle: Vamos elteRn-Kind-Reisen

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22 | 25. Mai 2016

InvestDerivate Zurück aus der KriseHöhere Energiepreise und ein schwächerer Dollar helfen den Schwellenländern. Seite 25

ShortliSt

Watch SwatchDie nächste Branche – nach Pharma im vergangenen Herbst – bekommt den L iebesentzug der Anleger zu spüren: Jetzt trifft es die Schmuck- und Uhrenhersteller. Swatch Group und Richemont stehen im Ausverkauf. Reihum werden die Kursziele gesenkt. Schlägt nun die Stunde der Contrarians? Nicht so bald, zu unsicher sind die Aussichten für die beiden Konzerne. Auf dem Höhepunkt der Finanzkrise fielen Swatch Group beinahe auf 100 Franken – auch diesmal?

Sell LeonteqBei Leonteq gibt es nur Extreme. Derzeit sieht der Markt nur die Risiken und das lahmende Geschäft mit strukturierten Produkten. Übertrieben nennen Analysten den dramatischen Kursrück-gang. Doch so richtig scheint auch das Management der Sache nicht zu trauen – gemäss Transaktionsmeldung hat zuletzt niemand von ihnen mehr zugegriffen respektive den deutlich gesunkenen Kurs als Einstiegsgelegenheit betrachtet.

Swatch Groupin Franken460

410

360

310

2605.6.15 23.5.16

TeleTrader.com Publisher

Leonteqin Franken240

190

140

90

405.6.15 23.5.16

TeleTrader.com Publisher

PETER MANHART

W er aktive Investitionsentscheide fällt, kann eigentlich nur verlieren: 95 Prozent der in der Schweiz verkauften aktiv verwalteten Fonds haben es nach Kosten in den ver-

gangenen fünf Jahren nicht geschafft, ihren jeweiligen Referenzindex zu schlagen. 95 Prozent! Das zeigt eine Studie des Indexanbieters S&P Dow Jones Indices. Es erstaunt daher nicht, dass das passive Anlegen – mit Exchange Traded Funds (ETF) oder Indexfonds – in den vergangenen Jahren so sehr an Beliebtheit ge wonnen hat.

1971 lancierten William Sharpe und Bill Fouse das erste entsprechende Finanzprodukt, den «Samsonite Pension Fund» – angeregt durch den Erben des Koffer-Imperiums. Mittlerweile ist Blackrock (iShares) der welt-weite Marktführer. Per Ende 2015 waren in den USA 2,1 Billionen Dollar in ETF angelegt, in Europa waren es 510 Milliarden und in Asien 243 Milliarden. Passive Anlagen versuchen gar nicht erst einen Referenzindex zu schla-

gen, sondern bilden diesen möglichst exakt ab, zu mög-lichst tiefen Kosten. Doch weshalb überhaupt einen Index abbilden?

Breite Streuung zähltRendite und Risiko sind untrennbar miteinander

verknüpft. Der Nobelpreisträger Harry Markowitz erklärte 1952 in seiner modernen Portfoliotheorie, dass der Schlüssel zur Optimierung der Rendite-Risiko-Struktur in der Diversifikation liegt, also einer breiten Streuung von Anlageklassen und einzelnen Positionen. Indizes weisen ebendiese Streuung auf und sind zugleich ein gutes Abbild des Gesamtmarktes. Somit sind Indizes – verpackt als Finanzprodukt – prädestiniert für Anleger, die in einen bestimmten Bereich investieren wollen. Das ist exakt das Gegenteil von dem, wie Warren Buffett anzulegen pflegt. Er plädiert für Konzentration – also auf Einzeltitel. Klum-penrisiken waren und sind sein Schlüssel zum Erfolg.

Da die meisten Anleger allerdings nicht so ein feines Gespür wie Buffett für aussichtsreiche Engagements haben, halten sie sich besser an Markowitz’ Erkenntnisse. Die andere wichtige Erkenntnis beim Anlegen ist:

Gebühren sind der einzige prognostizerbare Faktor. Über längere Zeiträume sind hohe Kosten der Rendite-vernichter Nummer eins.

Wer über ein frei investierbares Vermögen von unter 500 000 Franken verfügt, sollte ausschliesslich auf ETF setzen. Damit fahren Privatanleger langfristig am bes-ten. Aus drei Gründen: Erstens wird nicht versucht, den Markt zu schlagen. Anleger – seien es Profis oder Private – überschätzen ihre Prognosefähigkeit chronisch. Zwei-tens sind die Kosten von passiven Anlagen wesentlich tiefer, als das der Fall ist bei aktiv verwalteten Fonds. Drittens ist das Portfolio so breit diversifiziert.

Der auf ETF spezialisierte Vermögensverwalter Hinder Asset Management hat für die «Handelszeitung» eine Liste von Empfehlungen auf die wichtigsten Aktien-indizes für Schweizer Anleger zusammengestellt. Die Leiterin Portfoliomanagement, Claudine Sydler, nimmt im Interview (unten) konkret Stellung dazu. Die wich-tigsten Handlungsanleitungen für das Investieren mit ETF sind in den Kästen rechts zusammengefasst. Und auf Seite 26 folgt ein Gespräch mit Tim Buckley, CIO von Vanguard, einem der führenden ETF-Anbieter.

«Wir empfehlen eine Kombination aus SPI und SMIM ETF»Worauf sollten Schweizer Anleger achten, wenn sie in einen ETF auf einen schweizerischen Aktienindex inves tieren?Claudine Sydler: Für Schweizer Anleger ist es aus steuerlichen Überlegungen wichtig, dass sie den Schweizer Aktien-markt mit in der Schweiz domizilierten ETF abdecken – nur diese können die Verrechnungssteuer von 35 Prozent vollumfänglich zurückfordern. Das ist der Grund für die Spitzenplatzierungen von iShares und UBS in den entspre-chenden Kategorien. Die Abweichung vom jeweiligen Index kann hier haupt-sächlich durch die Gebühren erklärt werden. Man sieht hier ganz klar, dass der jeweils kostengünstigere der beiden ETF performancemässig besser abschneidet. Fonds mit Domizil Luxemburg oder Irland haben also gar keine Chance, in diesen Kategorien auf die vorderen Plätze zu kommen?

Ja, das ist so. Wer keine Schweizer Platt-form hat, ist im Nachteil; iShares hatte ja ebenfalls lange Zeit keine. Erst durch die Übernahme des ETF-Geschäfts der Credit Suisse kamen sie in den Besitz eines Schweizer Fondsdomizils. Wettbewerb sieht anders aus ...... das erklärt die relativ hohen Gebüh-ren der ETF auf die schweizerischen Aktienindizes. Hat es Sie erstaunt, dass unter den Schweizer Produkten jene auf den SPI am günstigsten sind? Wieso ist es günsti­ger, einen sehr breiten Index abzubilden als den SMI mit lediglich 20 Index­mitgliedern?Das hängt wohl wiederum mit der Konkurrenzsituation zusammen. Auf den SPI gibt es mehrere nichtkotierte Indexfonds, die in Konkurrenz zu ETF stehen. Viele Institutionelle bevor-zugen Indexfonds. Ein Grund für die Beliebtheit von Indexfonds mit Fonds-

domizil Schweiz ist etwa der Wegfall der Stempelgebühr. Wie gross ist die Ersparnis dadurch?In der Schweiz beträgt die Gebühr 0,075 Prozent auf Schweizer Produkte und auf ausländische Wertschriften 0,15 Prozent. Wer öfters handelt, kann so einiges sparen. Beim Blick auf die Empfehlungen fällt auf, dass sich kaum synthetische ETF in der Auswahl befinden. Weshalb nicht?Synthetische Produkte lassen sich tat-sächlich nur schlecht verkaufen. Anbie-ter wie die Deutsche Bank oder Lyxor, die zu Beginn nur Swap-basierte ETF im Angebot hatten, haben die Produkt-palette beinahe komplett umgestellt. Gibt es keine Vorteile durch die Konstruktion mit einem Swap?Doch, bei diesen Produkten fällt auf Fondsebene keine Quellensteuer an und die Anbieter müssen sich nicht um

eine Rückforderung kümmern. Das ist auch ein Grund für das gute Abschnei-den dieser Produkte auf den S&P 500 und den MSCI World. Beim S&P 500 können irisch domizilierte Fonds lediglich 15 Prozent der Quellensteuer zurückfordern, während Luxemburger Fonds gar keine Rückforderungsmög-lichkeit haben. Beim MSCI World sind es 30 Prozent. Bei US-lastigen Indizes wie dem S&P 500 und auch dem MSCI World sind Swap-Produkte im Vorteil.

Wenn Sie Schweizer Aktienexposure aufbauen, welcher Index scheint Ihnen dafür am geeignetsten?Wir empfehlen eine Kombination aus SPI und SMIM. Letzterer weil sich klei-ner kapitalisierte Titel langfristig besser entwickeln als Blue Chips. Beim SPI sind die Klumpenrisiken im Bereich Pharma und Financials etwas geringer als beim SMI.

INTERvIEw: PETER MANHART

Claudine SydlerLeiterin Port folio-management Hinder Asset Management

«Es ist aus steuerlichen Überlegungen wichtig, dass der Schweizer Aktienmarkt mit lokal domizilierten ETF abgedeckt wird.»

Das sind die besten ETFAktien Die «Handelszeitung» hat börsenkotierte Indexfonds bewerten lassen: Die Anbieter iShares und UBS führen.

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foto

lia

Wie ETF funktionierenEinfach, nicht simpelPhysische Replikation Ein ETF bildet einen Index möglichst exakt ab. Das kann getan werden, indem alle Titel des Index entsprechend ihrem jeweiligen Gewicht gekauft werden. Dann wird von einer voll-ständigen Replikation gesprochen; wird der Index nur mit einer repräsentativen Auswahl nachgebil-det, ist von einer Sample-Replikation die Rede. In beiden Fällen trägt der Käufer kaum ein Gegen-partei- und Abwicklungsrisiko – die Ausnahme: Der Anbieter verleiht einen Teil der Wertpapiere aus dem ETF, um einen Zusatzertrag zu erzielen. Viele Anbieter sehen aber davon ab.

Synthetische Replikation ln diesem Fall wird der Index über ein Swap-Geschäft repliziert. Die UCITS-Richtlinien beschränken den Einsatz von Derivaten auf 10 Prozent, die im schlimmsten Fall auf dem Spiel stehen, obwohl ETF geschützte Sonderver-mögen ausserhalb der Konkurmasse darstellen.

AnbieterKlein, aber feinMarktvolumen ln der Schweiz werden Vermögens-werte von rund 5,5 Billionen Franken verwaltet. Davon entfallen rund zwei Drittel auf Aktien und Fonds. Per Ende 2015 waren rund 910 Milliarden Franken in Fonds angelegt. Die in ETF verwalteten Gelder errreichten Ende März 2016 einen Stand von 73,5 Milliarden Franken. Der Markt ist – trotz rasantem Wachstum im letzten Jahrzehnt – also noch überschaubar.

Anbieter UBS und iShares (2014 wurde das ETF-Geschäft der Credit Suisse übernommen) dominie-ren den Markt. Letztere haben im ersten Quartal des laufenden Jahres den höchsten Umsatz mit ihren Produkten erzielt. Ingesamt 21 Anbieter ha-ben Produkte an der SIX Swiss Exchange kotiert, 23 Market Maker stellen Kurse. An der Schweizer Börse können ETF in acht Währungen gehandelt werden – eine Spezialität der Börse.

DividendenThesaurierend wählenAusschüttend ln der Tabelle rangieren lediglich ausschüttende ETF auf Schweizer Aktienindizes. Die Dividenden werden also periodisch an die Anleger ausbezahlt. Erträge aus Kapitalanlagen müssen als Einkommen versteuert werden. Wird der ETF vor der Ausschüttung verkauft, kann die Steuer vermieden werden. Es bleibt einzig der Kapitalgewinn oder -verlust. Achtung: Dann fällt die Stempelsteuer an (0,0075 Prozent auf ETF mit Do-mizil Schweiz/0,15 Prozent mit Domizil Ausland).

Thesaurierend Hier werden die Dividenden in den ETF reinvestiert. Das ist attraktiv, denn die Anleger müssen das nicht selbst tun, wenn sie den Dividen-denertrag weiter anlegen wollen. Auch hier fallen Einkommenssteuern an. Es ist darauf zu achten, dass die Erträge und der Kapitalgewinn separat ausgewiesen werden, sonst muss unter Umständen der Kapitalgewinn ebenfalls versteuert werden.

AuswahlPreisindizes meidenTotal Return Mit der Beliebtheit von ETF stieg auch die Anzahl verfügbarer Indizes. Das macht die Auswahl des individuell passenden Produkts nicht leichter. Wichtig ist vor allem, keine ETF auf Preisindizes zu kaufen, denn diese enthalten keine Dividenden. Preisindizes werden vor allem von strukturierten Produkten verwendet. Bei klassi-schen ETF ist das eher unüblich. Das Kürzel «TR», ausgesprochen Total Return, weist darauf hin, dass die Dividenden berücksichtigt werden.

Ungeliebter SLI Beim SMI dominieren bekanntlich die grossen drei – Nestlé, Novartis und Roche. Mehr als 60 Prozent des Indexgewichts entfällt auf sie. Da ist der SLI intelligenter aufgebaut. Die grössten vier Titel werden bei 9 Prozent Indexgewicht gekappt, die restlichen 26 Mitglieder bei 4,5 Pro-zent. Dennoch findet der SLI nicht so viel Anklang. Zu Unrecht, wie wir finden.

GebührenJeder Basispunkt zähltTotal Expense Ratio gibt die vom Anbieter ver-rechneten Gebühren an. Sie sollte nicht mehr als 10 bis 20 Basispunkte (100 Basispunkte = 1 Prozent) pro Jahr betragen. Fehlender Wettbewerb kann ein Grund für höhere Kosten sein. Es gibt auch kom-plexere Produkte wie Short- und Leverage-ETF oder solche, die auf Hedgefonds oder Private- Equity-Indizes fussen, die deutlich teurer sind. Wir empfehlen, nicht in solche Produkte zu investieren.

Spread Die Spanne zwischen Geld- und Briefkurs ist ebenfalls ein Kostenpunkt, den es zu beachten gilt. Die SIX Swiss Exchange stellt kostenlos eine Market Quality Metrics für ETF zur Verfügung. Dort kann der durchschnittliche Spread nachgeschaut werden. Zudem sollten ETF auf ausländische Aktien-indizes nur dann gehandelt werden, wenn diese Märkte auch offen sind. Das ist in der Regel etwas günstiger, als wenn die Märkte geschlossen sind.

Smart BetaETF für ProfisAlternative Gewichtung Die meisten bekannten Indizes werden nach Marktkapitalisierung gewich-tet, sprich, das wertvollste Unternehmen erhält das grösste Gewicht. Das ergibt durchaus Sinn, schliesslich soll ein Index einen Markt oder ein Seg-ment möglichst so darstellen, wie die «Kräftever-hältnisse» auch sind. Allerdings sind solche Indizes in ihrer Charakteristik eher prozyklisch. Aktien, die gut laufen, erhalten immer mehr Gewicht.

Faktoren Soll ein Index weniger prozyklisch sein, kann er etwa gleich gewichtet werden. Damit erhalten auch kleine Gesellschaften ein grösseres Gewicht. Diese Gewichtung wird mit dem Faktor «Grösse» bezeichnet. Andere Smart-Beta-Faktoren sind «tiefe Volatilität», «Wert» oder «Dividenden». Im schwierigen Umfeld zu Jahresbeginn haben sich «tiefe Volatilität»-ETF sehr gut geschlagen. Sie sind eher für Profis und weniger für Private geeignet.

Die ETF-Empfehlungen der «Handelszeitung» – erstellt von Hinder Asset Management Performance (Total Return)

BB Ticker ETF ISIN Währung Replikation AuM in Mio.1 TER Fondsdomizil Dividenden ø Spread2 Q1 2016 2015 2014

SPI Index CHF –8,55% 2,68% 13,00%

CHSPI SW iShares Core SPI (CH) CH0237935652 CHF Physisch 527 0,10% Schweiz Ausschüttend 0,1707% –8,58% 2,58% n/a

SPICHA SW UBS ETF (CH) SPI (CHF) A-dis CH0131872431 CHF Physisch 279 0,15% Schweiz Ausschüttend 0,2045% –8,59% 2,54% 12,68%

SLI Index CHF –8,74% 3,00% 9,03%

SLICHA SW UBS ETF (CH) SLI (CHF) A-dis CH0032912732 CHF Physisch 578 0,20% Schweiz Ausschüttend 0,1746% –8,77% 2,86% 8,62%

CSSLI SW iShares SLI CH CH0031768937 CHF Physisch 581 0,35% Schweiz Ausschüttend 0,2131% –8,83% 2,64% 8,62%

SMI Index CHF –10,22% 1,14% 12,89%

SMICHA SW UBS ETF (CH) SMI (CHF) A-dis CH0017142719 CHF Physisch 1482 0,20% Schweiz Ausschüttend 0,0622% –10,26% 0,98% 12,70%

CSSMI SW iShares SMI (CH) CH0008899764 CHF Physisch 2412 0,35% Schweiz Ausschüttend 0,0551% –10,32% 0,77% 12,51%

SMIM Index CHF –0,44% 11,26% 12,30%

SMMCHA SW UBS ETF (CH) SMIM (CHF) A-dis CH0111762537 CHF Physisch 502 0,25% Schweiz Ausschüttend 0,2111% –0,49% 11,04% 12,01%

CSSMIM SW iShares SMIM (CH) CH0019852802 CHF Physisch 1142 0,45% Schweiz Ausschüttend 0,1641% –0,54% 10,74% 11,73%

Euro Stoxx 50 Index EUR –7,65% 7,37% 4,86%

XESC GR db x-trackers Euro Stoxx 50 UCITS ETF (DR) LU0380865021 EUR Physisch 5242 0,09% Luxemburg Thesaurierend 0,1494% –7,73% 7,07% 4,76%

CSSX5E SW iShares Core Euro Stoxx 50 UCITS ETF IE00B53L3W79 EUR Physisch 1530 0,10% Irland Thesaurierend 0,0677% –8,31% 8,16% 4,66%

E50EUA SW UBS ETF (LU) Euro Stoxx 50 UCITS ETF (EUR) A-dis LU0136234068 EUR Physisch 790 0,15% Luxemburg Ausschüttend 0,0957% –7,76% 6,87% 4,64%

S&P 500 Index USD 1,34% 1,38% 13,65%

VUSD LN Vanguard S&P 500 UCITS ETF IE00B3XXRP09 USD Physisch 12588 0,07% Irland Ausschüttend 0,0513% 1,23% 1,03% 13,26%

XSPU LN db x-trackers S&P 500 UCITS ETF LU0490618542 USD Synthetisch 2283 0,20% Luxemburg Thesaurierend 0,1345% 1,28% 1,09% 13,24%

CSSPX SW iShares Core S&P 500 UCITS ETF IE00B5BMR087 USD Physisch 14004 0,07% Irland Thesaurierend 0,0411% 1,23% 0,99% 13,24%

MSCI World Index USD –0.19% –0,24% 5,58%

SWDA SW iShares Core MSCI World UCITS ETF IE00B4L5Y983 USD Physisch 6357 0,20% Irland Thesaurierend 0,1457% –0,26% –0,76% 5,05%

LYWLD SW Lyxor UCITS ETF MSCI World FR0010372201 USD Synthetisch 1290 0,30% Frankreich Ausschüttend 0,1760% –0,34% –0,86% 4,71%

XDWD SW db x-trackers MSCI World Index UCITS ETF IE00BJ0KDQ92 USD Physisch 1457 0,19% Irland Thesaurierend 0,2721% –0,33% –0,99% n/a

423,4Milliarden Dollar sind im Vanguard Total Stock Market ETF angelegt. Damit handelt es sich um den grössten Fonds der Welt.

Fakten zuM theMa

1224etF sind an der SIX Swiss Exchange kotiert. 290 davon sind von der UBS, 236 von iShares und 202 von ComStage.

17Prozent der von unabhängigen Vermögens-verwaltern betreuten Gelder sind gemäss einer aktuellen Studie in ETF angelegt.

1900Jahre nach Christus dachte Louis Bachelier über die Idee eines ETF nach. Seine Zeitgenossen ignorierten die Idee komplett.

Mehr zum ThemaInterview mit Vanguard-CIO Tim Buckley Seite 24

Anlegen mIT eTF: DAs müssen Anleger wIssen eTF-sTATIsTIken

quelle: Hinder asset ManageMent1 auM = asset under ManageMent, verwaltete verMögen, 2 spread = geld-brief-spanne (sieHe kasten «gebüHren» unten)

Zwei Drittel sind Aktien-ETF Aufteilung nach Anlageklassen (in Prozent)

Aufwärtstrend entwicklung Aum* über 5 Jahre (in mrd. Fr.)

Kaum dauerhafte Abflüsse Flows kumuliert über mehrere Perioden (in mrd. Fr.)

stand März 2016 quelle: swiss fund data

*auM = verwaltete verMögen quelle: swiss fund data

*seit jaHresbeginn quelle: swiss fund data

Aktien 67,1

Bonds 16,5

Rohstoffe 15,5Rest 0,4Immobilien 0,5

Total in Milliarden Franken

73,5

2011

2011

2014

2014

2012

2012

2015

2015

2013

2013

März 16

2016*

52,6

10,3

60,5

4,6

54,9

–1,4

67,775,4

11,5

73,5

0,9

3,8

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24 | 28. April 2016

GeldfraGe Samy Chaar

«Position in Schwellenländeranleihen aufbauen»In den USA hat die Zinswende begonnen. Wie hoch wird der Leitzins Ende Jahr ste-hen und was wird das für Auswirkungen auf den US-Aktienmarkt haben?Samy Chaar: Das Fed hat im März klare Zeichen gesetzt und dessen Vorsitzende Yellen hat es kürzlich in ihrem Vortrag vor dem Economic Club of New York unter-strichen: Das Fed wird die Leitzinsen nur graduell erhöhen und ist gegenüber der Inflation viel toleranter, während es die Finanzierungsbedingungen im Auge behält. Es ist zwar zu erwarten, dass die Leitzinsen des Fed auf Basis der verbes-serten US-Wirtschaftslage leicht anstei-gen werden, jedoch in moderatem Masse. Der US-Aktienmarkt – von einem ziem-lich hohen Niveau ausgehend – könnte im Falle eines aggressiven Vorgehens sicherlich stark geschwächt werden, aber nachdem das Fed dieses Vorgehen zu vermeiden versucht, ist keine einschnei-dende Preiskorrektur zu erwarten.

Einige Marktbeobachter sprechen von einer engen Korrelation zwischen der

Rohölpreisentwicklung und den Aktien-märkten der Industrieländer – teilen Sie die Auffassung, dass die Aktienmärkte zur-zeit der Rohölpreisentwicklung folgen?Obwohl es nicht von der Hand zu weisen ist, dass risikoreiche Anlagen mit grosser Sensibilität auf den Zusammenbruch des Rohölpreises reagieren und entsprechen-de Anpassungen im Gange sind, sind wir der Meinung, dass man die positiven Effekte von tiefen Rohölpreisen – vor allem für die Konsumenten in Industrieländern – nicht vergessen sollte. Nettoverbraucher-länder wie die USA profitieren von der verbesserten Kaufkraft, von einem vermin-derten Gleichgewicht bei Ausgleichszah-lungen und von tieferen Inflationsraten. Ein Beweis dafür ist die Tatsache, dass der S&P zurzeit nur wenig unter seinem All-zeithoch liegt, obwohl sich der Rohölpreis um die 40-Dollar-Marke herumdrückt.

Welche Anlageklasse dürfte im laufenden Jahr am positivsten überraschen?Wir sind der Ansicht, dass die Anlageklas-sen, die am meisten unter der zum Jah-

S&P 500in Punkten2150

2075

2000

1925

18508.5.15 25.4.16

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Euro Stoxx 50in Punkten3700

3450

3200

2950

27008.5.15 26.4.16

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Samy Chaar Chefökonom Lombard Odier

resanfang erlebten Panik an den Märkten gelitten haben, wie Schwellenländer-anleihen, ein beträchtliches Rendite-potenzial bieten. Dies, nachdem klar geworden ist, dass die USA nicht in eine Rezession fallen werden, dass eine ein-schneidende Währungsabwertung in China nicht zu erwarten ist und dass der Kollaps der Rohstoffpreise nicht ewig an-dauern wird. Die ersten Anzeichen dieser Entwicklung sind bereits in der Erholung sichtbar, die Mitte Februar eingesetzt hat.

Wie beurteilen Sie die Aussichten der Schwellenländer insgesamt?Wie zuvor erwähnt, lohnt es sich, die Schwellenländer wegen der Entwicklung des Dollars und der Ölpreisstabilisierung im Auge zu behalten. Dies suggeriert in Kombination mit dem geduldigen Fed und der zunehmenden Dynamik der chinesischen Wirtschaft, dass wir das Schlimmste hinter uns haben. Konkreter kann man sagen, dass es nach fünf Jah-ren Unterbewertung von Schwellen-länderwährungen gegenüber dem Dollar

Zeit ist, eine langfristige Position in Schwellenländeranleihen aufzubauen. Staatsanleihen in Lokalwährung dieser Märkte werfen bei einer Duration von 4,7 Jahren durchschnittlich 6 Prozent ab. Investitionen in Unternehmensanleihen in Schwellenländern sind unseres Erach-tens zu risikoreich wegen der Währungs-inkongruenz der Schulden. Denn die Schulden fallen meist in Dollar an, die Einkünfte hingegen in Lokalwährungen.

Erwarten Sie eine Erholung der Euro-Zone?Für den restlichen Jahresverlauf gehen wir von einem moderaten Wachstum aus. Entscheidende Bedeutung wird dabei der Stabilisierung der Aussenhandelsströme und einer Steigerung der Bankkredit-vergabe zukommen. 2016 ist der Euro- Zone wohl aber ein BIP-Wachstum von höchstens 1,5 Prozent zuzutrauen. Das ermöglicht eine Verbesserung der Be-schäftigungslage sowie eine Stabilisierung der Preise.

IntervIew: Peter Manhart

InvestDerivate Rohstoffe sind gefragtGold und Rohöl haben im laufenden Jahr die Nase vorn. Kupfer holt auf. Seite 27

HypotHeken Günstige AlternativeEs muss nicht immer die Bank sein. Versicherungen und PK sind oft günstiger. Seite 26

ShortliSt

Watch AMSeine watsche mussten die aktionäre von aMS ver-schmerzen: 20 Prozent fiel der Kurs nach Bekanntgabe der Q1-resul-tate und des ausblicks 2016. vontobel hat zwar das Kursziel auf 40 (49) Franken gesenkt, empfiehlt die titel jedoch nach wie vor zum Kauf. Zuversichtlich stimme der ausblick für 2017. weniger opti-mistisch ist die Commerzbank – das Kursziel wurde auf 27 (34) Franken zurückgenommen.

Buy Georg FischerIm laufenden Jahr zählt Georg Fischer zu den Lieblin-gen der anle-ger. Die Bemü-hungen, die effizienz zu steigern, und der Umbau zu einem weniger zyklischen Unternehmen finden anklang – auch wenn Letzteres dauern wird. nach dem jüngsten «Lauf» der aktien dürfte sich die auf-wärtsbewegung verlangsamen. Im Fall von rückschlägen die titel ins Portfolio holen.

AMSin Franken34.0

31.5

29.0

26.5

24.04.1.16 27.4.

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Georg Fischerin Franken815

765

715

665

6154.1.16 27.4.

TeleTrader.com Publisher

Peter Manhart

A partments mit einer Wohn-fläche von 100 bis 700 Qua-dratmetern zu verkaufen, prangt auf einem riesigen Plakat an einer Hochhaus-

fassade im Einzugsgebiet von Shenzhen. Es ist nicht das einzige dieser Plakate. Vie-le Wohntürme werden in der Sonderwirt-schaftszone hochgezogen. Mehr als 30 Häuser der Stadt sind höher als 200 Meter. Immobilien sind beliebte Investitionsob-jekte – innerhalb eines Jahres sind die Preise in der Region 60 Pro-zent gestiegen. Das lockt Käufer an.

Shenzhen hat das höchste Pro-Kopf-Einkommen Chi-nas. IT und Telekom haben die Stadt reich gemacht. Das ist auf den Strassen unüber-sehbar: Deutsche Oberklas-sewagen neuster Jahrgänge dominieren. Ein Ferrari-Flagship-Store ist an bester Lage in der Innenstadt domiziliert. In den Nobelrestaurants, wo die Jeunesse dorée gerne feiert, schwimmen Haifische und Quallen in Aquarien. Heute leben hier 12,5 Millionen Menschen, Ende der 1970er-Jahre waren es nur 30 000. Ähnlich rasant wie Shen zhen hat sich das gesamte Land entwickelt – zur aktuell zweitgröss-ten Volkswirtschaft der Welt. Und es ist sauber in Shenzhen. Die Elektromobilität hat Einzug gehalten, die Zweitakter ver-bannt. Wer sich hier umblickt, denkt nicht an ein Schwellenland.

Der zur Schau gestellte Reichtum kon-trastiert mit der Wahrnehmung des Rie-senreichs in Nordeuropa. Schlagzeilen machen Titel wie «China-Crash: 2016 wird noch ruppiger», «Chinas 28-Billionen-Dollar-Problem» oder «Eine harte Lan-dung ist unvermeidlich». Star-Investor

George Soros war überzeugt: «Ich erwarte keine harte Landung, ich beobachte sie.» Probleme bestehen zwar, doch Chinas Bankensystem ist nicht unter der Last von faulen Krediten kollabiert und die Wirt-schaft wächst weiter.

Die Angst vor einer Ansteckung mit der chinesischen Grippe, die in den ersten Monaten des laufenden Jahres die Händ-ler in New York, London, Zürich oder Frankfurt irritiert hat, ist gesunken. Sau-sen die Aktienkurse in Schanghai, Hong-kong oder eben in Shenzhen in die Tiefe wie zuletzt in der vergangenen Woche,

ver unsichert das die Finanz-akteure im Westen nicht mehr gross. Die Korrelation zwischen den Märkten hat markant abgenommen. Im Gegensatz zum S&P 500 und anderen Blue-Chip-Indizes, die zuletzt einen Teil der er-littenen Verluste wettmach-

ten, notieren chinesische Aktien indizes nach wie vor tiefrot. In Franken hat der Schanghai Composite Index seit Jahresbe-ginn 20 Prozent verloren.

Die Kursschwäche bietet Chancen: Ins-besondere A-Aktien, sprich inländische Titel, die in Renminbi gehandelt werden, dürften reger nachgefragt werden. Offen-bar konkretisieren sich Pläne des Index-anbieters MSCI, A-Aktien in seine Schwel-lenländer-Aktienindexfamilien aufzuneh-men. Möglicherweise wird das bereits im Juni der Fall sein. Das wird die Marktkapi-talisierung der entsprechenden Unter-nehmen erhöhen, weil diverse Fonds- und ETF-Anbieter diese Titel kaufen werden oder kaufen müssen.

Dabei ist der chinesische Inlandaktien-markt bereits sehr gewichtig – in Schang-hai und Shenzhen sind Gesellschaften mit einer Kapitalisierung von mehr als 6 Bil-lionen Franken kotiert. Privatanleger kön-

nen in dieses Segment direkt via ETF in-vestieren. Entsprechende Risikofähigkeit vorausgesetzt, bietet sich der Lyxor MSCI China A Aktien ETF (ISIN FR0011720911) an, um chinesische A-Aktien ins Portfolio zu holen. Die Total Expense Ratio, kurz TER, beträgt 0,65 Prozent pro Jahr. Zu be-achten ist, dass lediglich 35 Millionen Franken in den ETF investiert sind.

Brasilien ist von China abhängigDass China besser als befürchtet da-

steht – offiziell beträgt das Wirtschafts-wachstum 6,7 Prozent – und der Yuan nicht weiter abwertet, hilft den anderen Schwellenländern. Insbesondere Brasi-lien ist als Rohstoffexporteur abhängig von der chinesischen Nachfrage. Es er-

staunt, dass vor allem ausländische In-vestoren erneut Vertrauen in Brasilien fas-sen. Denn das Land erlebt nach jahrelan-gem wirtschaftlichem Krebsgang (2015 schrumpfte das Bruttoinlandprodukt am Zuckerhut um beinahe 4 Prozent und damit so viel wie seit einer Generation nicht mehr) auch ein chronisches Haus-haltsdefizit und eine Kaste reformunfähi-ger Politiker. Dennoch stieg die Börse in São Paulo respektive der Bovespa-Index (auch Ibovespa genannt) in Franken seit Jahresbeginn um mehr als 30 Prozent.

Titel von Eisen- und Stahlerzeugern wie Siderúrgica Nacional, Metalúrgica Gerdau oder Usinas Sider Minas führen die Kurs-liste an. Die Beliebtheit ist der zuletzt mas-siv gestiegenen Stahlnachfrage aus China geschuldet. Die Aktien von Siderúrgica stiegen seit Anfang des Jahres um 235 Pro-zent. Lyxor bietet auf den Ibovespa einen ETF an (ISIN FR0010408799). Die TER beträgt 0,65 Prozent pro Jahr. Der Blick auf China und Brasilien offenbart eine wich-

Chinas langer Marsch hat erst begonnenaktien Das Schicksal der Schwellenländer ist eng an die entwicklung in China gekoppelt. Dem Land geht es besser, als es der westen wahrnimmt.

Shenzhen: Die Stadt hat das höchste Pro-Kopf-einkommen Chinas.

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Wer sich in Shenzhen

umblickt, denkt nicht an ein

Schwellenland.

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Das MusterDepot Der «HanDelszeitung»

Auch Daimler von der Abgasaffäre betroffen?In den vergangenen zwei Wochen haben einige Unternehmen, deren Aktien sich in unserem Musterportfolio befinden, für Schlagzeilen gesorgt – leider nicht nur posi-tive. Daimler soll in den USA angeklagt werden, weil der Autobauer «irreführende Informationen an die Investoren gegeben hat». Es geht einmal mehr um die lei-dige Abgasaffäre. CEO Dieter Zetsche betonte mehrfach, dass in den Mercedes-Motoren keine illegalen Abschalt-programme eingebaut worden seien. Nachdem der Ak-tienkurs endlich ein bisschen Fahrt aufgenommen hatte, dämpften diese Neuigkeiten den Enthusiasmus der An-leger. Ascom hat mit Holger Cordes überraschend einen neuen CEO ernannt. Damit rückt der Fokus klar Richtung Gesundheitssektor – Cordes kommt von Cerner, einem Anbieter von Informationstechnik im Gesundheitswesen. Der Verkauf der Division Network Testing ist wohl nur eine Frage der Zeit. Zudem konnten wir die Dividende von 45 Rappen je Aktie dem Cash zuführen. 8.50 Franken pro Aktie gab es bei Swiss Life. Sehr erfreulich hatten sich die Genussscheine von Roche seit der Aufnahme ins Musterportfolio entwickelt – bis Novartis angekündigt hat, sein Aktienpaket an Roche zu verkaufen. Das wurde am Markt nicht goutiert. Gut möglich, dass die Besitzerfami-lien einen Teil dieses Pakets selbst erwerben.

Performance seit Auflage 8.12.2015

–2,5%

Daimlerin Euro68

66

64

62

60

18.4.16 25.4.16TeleTrader.com Publisher

Burckhardt Compressionin Franken354.0

346.5

339.0

331.5

324.0

18.4.16 25.4.16TeleTrader.com Publisher

Ascomin Franken18.2

17.6

17.0

16.4

15.8

18.4.16 25.4.16TeleTrader.com Publisher

Rochein Franken258

253

248

243

238

18.4.16 25.4.16TeleTrader.com Publisher

Titel Branche Stück Wert (in CHF) Kursziel 12 Monate Kurs am 26.4.2016 PerformanceAscom Technologie 583 9 269.70 19.80 CHF 15.90 CHF –7,3%Burckhardt Compression Kompressoren 30 10 260.00 450.00 CHF 342.00 CHF +5,9%Daimler Autobauer 119 8 239.03 98.50 EUR 64.04 EUR –17,4%OMV Öl und Gas 364 10 302.16 32.50 EUR 26.18 EUR +2,1%Partners Group Finanzdienstleister 28 11 116.00 415.00 CHF 397.00 CHF +12,5%Roche Pharma 38 9 381.21 300.00 CHF 246.87 CHF +4,0%SHW Autozulieferer 365 10 290.31 38.50 EUR 26.08 EUR +3,2%Swiss Life Versicherung 36 9 123.72 300.00 CHF 253.44 CHF –1,3%Walt Disney Unterhaltung 92 9 396.09 120.00 USD 102.38 USD +4,9%Zurich Insurance Group Versicherung 39 8 452.45 280.00 CHF 216.73 CHF –15,4%Cash 1677.35 CHFSMI –7,2%Musterdepot total (97 508.02 CHF) –2,5%Bei AuflAge sind Alle TiTel gleichgewichTeT. Jede PosiTion hAT einen gegenwerT von 10000 frAnken. sTückelungen werden Als cAsh Ausgewiesen. PerformAnce in frAnken. courTAgen werden nichT verrechneT. quelle: finAnzen.ch

50prozent der weltweit verkauften Luxusgüter werden von Chinesen gekauft – der Grossteil davon im Ausland auf Reisen.

Fakten zuM tHeMa

21,2Millionen Privatautos wurden 2015 in China verkauft. 2006 waren es noch 6,8 Millionen Fahrzeuge.

1,6Millionen Menschen pro Jahr sterben in China an den Folgen der Luftverschmutzung. 38 Prozent der Bevölkerung atmen schlechte Luft ein.

70prozent der kopierten Produkte stammen aus China. Produktpiraterie verursacht in Europa Schäden von bis zu 5 Billionen Franken.

tige Erkenntnis für Anleger: Die Börse und die fundamentale Verfassung eines Landes haben oft wenig miteinander gemein. Chi-na wächst so schnell und von so hohem Niveau aus wie kein anderer Staat, doch am Aktienmarkt haben die Bären das Sagen. Brasilien steckt in einer hartnäcki-

gen Rezession, auf dem Börsenparkett knallen Champagnerkorken. Wer in ein-zelne Schwellenländer investiert, muss mit hoher Volatilität umgehen können. Aus diesem Grund ist eine breite Diversifika-tion bei Engagements für die meisten Anleger unerlässlich. Gemessen an der

Bewertung ist der Zeitpunkt für Investitio-nen günstig. Nick Price von Fidelity sagt: «Das Preis-Buch-Verhältnis der im MSCI Emerging Markets enthaltenen Titel befin-det sich auf dem niedrigsten Stand seit zehn Jahren, und auch das relative Kurs-Buch-Verhältnis verglichen mit dem MSCI Welt hat den tiefsten Stand seit einer Deka-de erreicht.» Schwellenländeraktien wer-den derzeit mit einem Bewertungsab-schlag von rund 30 Prozent zu internatio-nalen Standardtiteln gehandelt.

Flaue Performance vieler FondsZugang bieten beispielsweise Fonds,

die auf globale Schwellenländer setzen (siehe Tabelle). Im ersten Quartal des lau-fenden Jahres konnte jedoch nur eine Minderheit der Fondsmanager eine Ren-dite erwirtschaften: 88 der 201 von Ifund Services untersuchten Schwellenländer-Fonds erzielten vor Kosten ein Plus. Matthias Weber, der Chef Fonds-Research & Asset Management von Ifund Services,

konstatiert: «2016 brillierte, was während Jahren enttäuschte – Rohstofftitel. Die meisten Fondsmanager sind aber in Roh-stoffwerten kaum investiert: Oft handelt es sich um staatsnahe, schlecht geführte Unternehmen. Zudem war die Wertent-wicklung dieses Sektors während Jahren schwach.» Und ergänzt: «Viele Fonds-manager mieden zuletzt auch Rohstoff-exporteure wie Russland oder Brasilien.»

Das erklärt die flaue Kursentwicklung aktiv gemanagter Produkte. Deutlich besser schnitten ETF auf den MSCI Emerging Markets ab. Gemessen an der Kurs entwicklung und den Kosten über-zeugt das Produkt von Comstage (ISIN LU0635178014). Ein Plus von 6,8 Prozent resultierte im ersten Quartal in Dollar. Die TER beträgt lediglich 0,25 Prozent pro Jahr. Mit einer TER von 0,2 Prozent ist ein ent-sprechender ETF von Amundi noch güns-tiger (ISIN FR0010959692). Das 4 Milliar-den Dollar schwere Flagschiffprodukt von iShares kostet mehr, nämlich 0,75 Prozent

pro Jahr (ISIN IE00B0M63177). Dafür ist die Replikationsart physisch.

Die künftige Entwicklung der meisten Schwellenländer dürfte wesentlich von China bestimmt werden. Optimistisch stimmen dabei zwei Dinge: Erstens scheint sich das taumelnde Riesenreich zu stabili-sieren und auf nachhaltige Entwicklung auszurichten und zweitens steht der Yuan dank der langsamer als beabsich tigten Straffung der US-Geldpolitik und einem als Folge schwächeren Dollar nicht mehr so stark unter Abwertungsdruck wie zu-letzt. Das entlastet die gesamte Region. Der jüngste chinesische Lichtblitz zuckte an der Automesse in Peking. Nicht Elon Musk präsentierte ein «Haben muss», sondern Jia Yueting mit dem Konzeptauto LeSee. Yueting meinte stolz: «Wir bauen nicht nur ein elektrisches Fahrzeug, das smart ist, sondern ein Mobilitätskonzept der Zukunft.» Neuerdings kommen aus China echte Innovationen und nicht mehr nur gut gemachte Kopien.

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Schwellenländer-Fonds: Kein geglückter Auftakt dieses JahrKursentwicklung in Prozent, sortiert nach Performance seit Anfang 2016

Performance Performance Performance Performance YTD 1 Jahr 3 Jahre 7 Jahre 31.12.2015– 31.3.2015– 31.3.2013– 31.3.2009–Fonds ISIN Code 31.3.2016 31.3.2016 31.3.2016 31.3.2016Brandes Emerging Markets Equities USD IE00B6SMR972 8.96 –5.39 –12.43 White Fleet – OLZ Efficient World EM Markets LU0803003523 7.37 –9.49 –11.77 JSS Institutional Emerging Markets CH0019515730 6.45 –8.59 –15.28 54.84JSS EmergingSar – Global USD LU0068337053 5.93 –10.14 –19.48 33.87JPM Emerging Markets Dividend EUR LU0862449690 5.29 –14.30 –16.45 UBS Equity SICAV – EM Rising Giants USD LU1031037549 4.86 –12.49 PIMCO GIS EM EUR Unhdg IE00BDS00574 4.80 –19.26 OYSTER Emerging Opportunities USD LU0497641380 4.79 –19.08 –22.55 HSBC BRIC Equity USD LU0205170342 4.60 –11.41 –14.50 27.53GS&P Fonds Schwellenlaender LU0077884368 4.28 –7.19 –17.16 15.27Legg Mason QS Emerging Markets Equity USD IE00B19ZCC84 4.24 –10.86 –16.23 25.82HSBC BRIC Markets Equity USD LU0254982597 4.20 –13.22 –16.83 9.06Allianz BRIC Equity – EUR LU0293313325 4.16 –12.66 –11.27 24.42Threadneedle – Global Emerging Mkt EQ LU0143863198 4.11 –13.23 –9.94 38.83Quantex Emerging & Frontier Markets Fund LU0554695808 3.90 –8.20 –23.62 GAM Star North of South EM Equity EUR IE00B5VSGF43 3.81 –12.68 –11.59 Finreon Emerging Markets Equity IsoPro CH0200881537 3.72 –12.36 –12.18 Threadneedle Global EM EQ GBP GB00B10SJD63 3.71 –13.38 –10.07 51.42F&C Global Emerging Markets USD IE0032605994 3.71 –10.39 –14.44 24.67Lazard Emerging Markets Equity USD IE00B1L6MF22 3.70 –12.72 –16.88 47.58Alle dATen von liPPer Per 31. märz 2016 in chf quelle: ifund services

Langfristig gehts aufwärts, kurzfristig auch

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MSCI Emerging Markets seit 1988 (in Punkten)860

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680 Januar Februar März April quelle: BloomBerg

MSCI Emerging Markets seit Anfang Jahr

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20 | 2. März 2017

GELDFRAGE JEFF ROTTINGHAUS

«Viele politische Details sind immer noch unklar»Welche Herausforderungen muss der Gesundheitssektor in den USA gegen­wärtig meistern?Jeff Rottinghaus: Das anspruchsvolle Umfeld, das wir 2016 erlebt haben, dürfte sich auch in den nächsten Quartalen fort-setzen. So müssen sich Unternehmen mit servicebasierten Geschäftsmodellen auf regulatorische Veränderungen einstellen, während die fortlaufenden Spekulationen über anstehende Preiskontrollen noch eine Weile die Performance der Aktien der grossen Pharmakonzerne überschat-ten werden.

Welche Titel bevorzugen Sie und warum?Unsere Positionen aus dem Gesundheits-bereich sind eine recht diversifizierte Sammlung. Wir setzen auf Gesellschaften mit ganz unterschiedlichen Geschäfts-modellen, von denen wir aber glauben, dass sie mit Blick auf ihre langfristigen Möglichkeiten unterbewertet sind. Inner-halb des Sektors setzen wir besonders auf die Medtech-Unternehmen Becton Dickinson, Danaher und Medtronic. Wir glauben, dass alle drei über eine unge-

wöhnlich hohe Geschäftsqualität verfü-gen, gepaart mit einer starken Cashflow-Generierung und vernünftigen Bewer-tungen.

Der neue US­Präsident Donald Trump hatte den Pharmakonzernen überhöhte Preise vorgeworfen. Sehen Sie einen Trump­Effekt, speziell im Bereich Pharma? Die Erwartungen eines Wechsels in Washington haben in den letzten Mona-ten viele Sektoren beeinflusst. Als Reak-tion auf einige Äusserungen der neuen Administration gab es einige bemerkens-werte Ausschläge in der Performance – positiv wie negativ. Wir versuchen, die neuen Informationen in unseren Aus-blick einzuarbeiten, sobald sie zur Verfü-gung stehen. Doch im Moment sind viele poli tische Details immer noch unklar.

Welche Sektoren bevorzugen Sie sonst noch und welche meiden Sie?Ausser dem Gesundheitsbereich sind wir in den beiden grösseren Sektoren Tech-nologie und Finanzen umfangreicher

Danaherin Dollar89.0

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Medtronicin Dollar89

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Jeff Rottinghaus Portfolio-Manager, US Large Cap Equity Fund bei T. Rowe Price

investiert. Im Gegensatz dazu sind wir in Unternehmen aus den Bereichen Indus-trie und Energie eher unterinvestiert.

Und welche Aktien favorisieren Sie ganz genau?JP Morgan, Pepsi, Alphabet und Danaher sind einige unserer grössten Positionen. Wir glauben, dass das Verhältnis zwi-schen Rendite und Risiko für jeden dieser Titel ansprechend ist und gehen von attraktiven Gewinnaussichten in den nächsten Quartalen aus.

Was beeinflusst den US­Aktienmarkt sonst noch? Wo liegen die Risiken für 2017?Der Markt wird von verschiedenen Din-gen getrieben. Viele Marktteilnehmer haben ja die Präsidentschaftswahlen im November für die kürzliche Stärke an der Börse verantwortlich gemacht. Aber die Realität ist, dass US-Wirtschaftsdaten schon Monate vorher zu einer Verbesse-rung ansetzten. Als dann die Erwartun-gen auf eine weitere Wachstumsstärke stiegen, nahm auch das Risiko für Ent-täuschungen zu.

Wie lauten Ihre Wachstumserwartungen für die USA?Die Markterwartungen auf ein besseres Wachstum haben zuletzt wieder zuge-nommen. Wir sind im Moment jedoch etwas vorsichtig. Unsere Investment- Auswahl ist sehr unternehmensbezogen. Mit Blick auf die Gesamtwirtschaft erwar-ten wir kurzfristig keine dramatische Be-schleunigung der Unternehmensgewinne.

Wie schätzen Sie den neuen Präsidenten Donald Trump denn insgesamt ein?Ob man nun mit ihm übereinstimmt oder nicht: Er hatte sicher einen arbeitsrei-chen Start seit seinem Amtsantritt. Und seine Versprechen, den Weg für mehr Wachstum freizumachen, haben den Markt in den vergangenen Monaten gestützt. Er setzt sich für Steuerreformen und eine besser balancierte Regulie-rungspolitik ein. Beides sollte das Wirt-schaftswachstum weiter ankurbeln. Aber wie schon gesagt, die Details dazu sind immer noch nicht offengelegt.

INTERVIEW: CARLA PALM

InvestSERVICE GeldberatungReferenzzinssatz: Welche Rechte haben die Mieter gegenüber dem Vermieter? Seite 23

FONDS Ethisch investierenDie besten Fonds mit guter Performance und ethischer Verträglichkeit. Seite 23

Pharmaaktien: Jetzt erst recht

SHORTLIST

Watch: LonzaDer Chemie- und Pharmahersteller Lonza und die Sanofi bauen in Visp eine Fabrik für Biopharma-zeutika. Investitions-volumen: 290 Mil-lionen Franken. Nach der Übernahme von Capsugel eine weitere überraschende und erfeuliche Nach-richt von Lonza. Doch Vorsicht, die Aktien sind nicht mehr ganz günstig.

Sell: VWTrotz dem Dieselskan-dal läuft das Geschäft des deutschen Auto-herstellers auf Hoch-touren. Auch die Ak-tien haben sich erholt. Zeit für Anleger, sich von den Titeln zu trennen. Wer weiss, was in den nächsten Monaten noch alles ans Licht kommt und den Kurs wieder belastet.

Buy: SouthwestAn der Wall Street wird spekuliert, ob Warren Buffett eine grosse amerikanische Fluglinie ganz über-nehmen wird. Im vier-ten Quartal 2016 kauf-te Buffetts Holding-gesellschaft Berkshire Hathaway erstmals die Aktien von Southwest Airlines. Die Titel von Delta, United und American hält der Guru bereits im Portfolio.

Lonzain Franken200

180

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1201.3.15 1.3.17TeleTrader.com Publisher

Volkswagenin Euro270

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701.3.15 1.3.17TeleTrader.com Publisher

Southwestin Dollar61.0

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38.5

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CARLA PALM

Pharmaanleger brauchten in den vergangenen Monaten starke Nerven. Erst verha-gelte der Brexit die Perfor-mance der Unternehmen an

der Börse und schliesslich zog die Prä-sidentschaftswahl in den USA die Titel nach unten. Wahlsieger Donald Trump machte gleich an seiner ersten Presse-konferenz klar, dass er die «astrono-mischen Preisaufschläge» der Branche nicht mehr lange akzeptieren werde.

Eine Kampfansage, die immer noch nachhallt und für viel Unsicherheit sorgt. Immerhin sind die USA der wichtigste Markt für die Pharmaindustrie und Trump gilt als unberechenbar.

Pharma besser als BiotechIn der Folge haben alle grossen Phar-

ma- und Biotech-Indizes massiv an Wert verloren. Biotech-Aktien litten unter den Äusserungen Trumps sogar noch etwas mehr als Pharmatitel. So fiel der Nasdaq-Biotech-Index in den vergangenen 12 Monaten mehr als 22 Prozent. Grosse Investoren suchten den Exit, nachdem die meisten Aktien seit 2008 einen guten

Lauf gezeigt hatten. Ende 2016 betrug der Abfluss allein aus Biotechfonds mehrere Milliarden Dollar. An der Pharmafront büsste der S&P Pharmaceuticals im gleichen Zeitraum nur 4 Prozent ein, während der S&P 500 10 Prozent zulegen konnte. Zu den grössten Verlierern ge-hörten beispielsweise die Titel von Aller-gan (minus 33 Prozent), AstraZeneca (minus 20 Prozent) und die Genussschei-ne von Roche (minus 16 Prozent). Auf der Gewinnerseite standen GlaxoSmithKline (plus 14 Prozent) Merck&Co. (plus 11 Prozent) und Celegene (plus 3 Prozent).

Die Frage ist nun, ob sich der Pharma- sowie der BiotechMarkt 2017 wieder beruhigen wird oder ob ein gewisses Mass an Volatilität erhalten bleibt. Die Analys-ten von Jefferies und Von-tobel etwa rechnen weiter mit unruhigen Zeiten für den Gesamtsektor, empfehlen Einzeltitel jedoch weiter zum Kauf. Jeff Rottinghaus, Portfoliomanager von T. Rowe Price, rät, bei der Aktienauswahl sehr unternehmensspezifisch vorzuge-hen (siehe Interview). Für Anleger heisst dies, die operative Performance und die

Pipelines der Unternehmen unter die Lupe zu nehmen. Diesbezüglich sieht es vor allem für die Schweizer Roche recht gut aus.

Wachstumsbereich ImmuntherapienAllein in diesem Jahr könnten fünf

bis sechs Produkteinführungen bei den Baslern anstehen. Bald konkret werden könnte es für Ocrevus gegen multiple Sklerose (MS) sowie Emicizumab gegen die Bluterkrankheit. Vor allem Ocrevus könnte für einen Umsatzschub sorgen.

Die Zulassung wurde ei-gentlich schon im vergan-genen Dezember erwartet, doch die US-Gesundheits-behörde FDA verschob den Termin auf Ende März.

Laut einer Schätzung von Evaluate Pharma könn-te Ocrevus in fünf Jahren

einen Umsatz von 4 Milliarden Dollar erreichen und wäre damit eines der wert-vollsten Medikamente, die derzeit vor der Zulassung stehen. Mehr dürfte dann nur noch Dupixent gegen atopische Dermati-tis von Sanofi erwirtschaften (geschätzte 4,6 Milliarden). Die Zulassung wird eben-falls in diesem Jahr erwartet.

Im grossen Wachstumsbereich Onko-logie konzentriert sich Roche wie viele andere auch auf die sogenannten Im-muntherapien. 2016 konnte der Konzern mit Tecentriq gegen Blasen- und Lungen-krebs das erste Medikament dieser Klasse lancieren. Zehn weitere solche Wirkstoffe befinden sich in der Pipeline. Zudem laufen fünfzig klinische Studien, welche Kombinationstherapien mit bereits zu-gelassenen Medikamenten testen. Vom Markt mit grösster Spannung erwartet werden die Ergebnisse der sogenannten Aphinity-Studie, die Aufschluss über die Wirkung der Kombination der beiden Roche-Krebsmedikamente Herceptin

Novartisin Franken101

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69

2015 2016 2017TeleTrader.com Publisher

Börse Donald Trump hat den Aufstieg der Pharma- und Biotechaktien empfindlich ausgebremst. Wie es weitergeht und was Anleger wissen müssen.

Ocrevus ist eines der wertvollsten

Medikamente in der

Roche-Pipeline.

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Pharmaforschung: Der Weg bis zum Medikament ist mühsam.

GETT

Y IM

AGES

AMPEL FÜR VERMÖGENSALLOKATION

ETF auf Schweizer Aktien stehen in der GunstSeit Ende vergangenen Jahres hat sich der Trend positiver Zuflüsse in europäische Aktien-ETF gefestigt – nachdem sich die Mittelbewe-gungen über weite Strecken des Jahres 2016 vor allem auf die USA konzentriert hatten. «Das Interesse an Anlagen in Europa ist breit abge-stützt, wir sehen Zuflüsse sowohl bei regionalen als auch bei Länderindizes», sagt Roger Bootz, ETF-Experte der Deutschen Asset Management (Deutsche AM). ETF auf den Schweizer Aktien-markt zählten zu den Segmenten mit den höchsten Zuflüssen in Europa.

Auch auf der Anleiheseite schneidet Europa im Anla-geausblick der Deutschen AM nun positiver ab. Wurden zuvor fast alle Euro-Rentensegmente als «neutral» einge-schätzt, ist nun der Ausblick für einige Kategorien «posi-tiv». Dazu zählen europäische Unternehmensanleihe-märkte im Investment Grade wie auch im Hochzins-bereich. Mit Blick auf die Wertentwicklung schnitten allerdings nicht die europäischen Märkte, sondern die Schwellenländer-Aktienmärkte im Januar am besten ab. Die Erholung war breit angelegt: Sowohl Aktienmärkte in Lateinamerika wie auch in Asien zeigten eine starke Wert-entwicklung im Januar. Jedoch hatten die genannten Märkte auch etwas aufzuholen.

Aktien Schwellenländer

Aktien Schwellenländer weltweit Aktien Asien ohne Japan Aktien China Aktien Russland Aktien Südkorea Aktien entwickelte Märkte

Aktien weltweit Aktien USA Aktien Schweiz Aktien Euro-Zone Aktien Japan

Geldmarkt

Geldmarkt Euro Geldmarkt Dollar Obligationen

Staatsanleihen USA Staatsanleihen Deutschland Staatsanleihen Euro-Zone Unternehmensanleihen Euro-Zone Investment Grade Unternehmensanleihen Euro-Zone High Yield Commodities

Gold Rohöl

CIO View für kommende ein bis drei Monate

QUELLE: DEUTSCHE ASSET MANAGEMENT

Negative Aussichten Positive AussichtenNeutrale Aussichten

32Milliarden Dollar zahlte die britische Shire für Baxalta. Der Deal gilt als die grösste Pharma-Fusion im vergangenen Jahr.

FAKTEN ZUM THEMA

40Prozent des Umsatzes erwirtschaftet Roche in den USA. Der Konzern beschäftigt dort 25 000 Angestellte.

51Milliarden Dollar war Novartis die Über nahme von Alcon wert. 2016 setzte die Sparte 5,8 Milliarden Dollar um.

43Milliarden Dollar könnte die Medikamenten-Pipeline von Roche in fünf Jahren wert sein, schätzt Branchendienst Evaluate Pharma.

Top Ten der Therapiegebiete bis zum Jahr 2022Nach Marktanteil und Umsatzwachstum

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QUELLE: EVALUATE PHARMA

Das aus Anlegersicht attraktivste Therapiegebiet ist und bleibt die Onkologie. Der Bereich soll bis 2022 jährlich 12,5 Prozent wachsen und dann einen weltweiten Umsatz von 190 Milliar-den Dollar generieren. Roche führt den Markt an, dürfte aber einen Teil des Geschäfts an Biosimilars verlieren, die Ende 2017 auf den Markt kommen sollen.

Geschätztes jährliches Umsatzwachstum (2015–2022)

Wel

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arkt

ante

il (%

) Onkologie

Dermatologie

Immunsuppressiva

Broncho- dilatoren

Virale Erkrankungen

MS-TherapienAntihypertonika

Rheumatische Erkrankungen

Impfungen Erkrankungen der Sinnesorgane

Diabetes

und Perjeta geben soll. Der Umsatz von Herceptin (4,9 Milliarden Dollar) steht auf dem Spiel, da das Patent in Europa aus-läuft.

Starker Event für RocheJe nachdem, wie die Aphinity-Ergeb-

nisse, die ebenfalls Ende März erwartet werden, ausfallen, können die Genuss-scheine von Roche an der Börse um plus/minus 10 Prozent korrigieren, befürchten einige Sell-Side-Broker und raten Anle-gern zur Zurückhaltung. «Wenn dann aber die Volatilität nachlässt, spricht wie-der einiges für einen Einstieg in die Titel», meint Birgit Kulhoff, Healthcare-Analystin

bei der Zürcher Privatbank Rahn+Bodmer. Ebenfalls positiv für Roche sei die endlich diversifizierte Ausrichtung auf ertragrei-che Therapiegebiete ausserhalb der On-kologie. «Ocrevus gegen MS zählt dazu, aber Roche hat auch im Bereich Augen-heilkunde und Blutererkrankungen wich-tige Wirkstoffe in der Pipeline», so Kulhoff.

Der Wettlauf der Immuntherapien wird allerdings weiter von Merck&Co. dominiert. Mitbewerber Bristol-Myers-Squibb (BMS) ist dagegen zurückgefallen, als Opdivo in der Behandlung von Lun-genkrebs die klinischen Ziele verfehlte und der Konzern eine Gewinnwarnung geben musste. Der Aktienkurs brach ein,

BMS gilt sogar als Übernahmekandidatin. Novartis ist bei dem Wettrennen in der Immunonkologie aussen vor, forscht allerdings mit LEE011 an einem Wirkstoff gegen eine spezifische Form von Brust-krebs, der ebenfalls noch in diesem Jahr zugelassen werden könnte. LEE011 ist ein sogenannter Kineasehemmer und gilt als erster Wirkstoff in dieser Klasse. Mit Sere-laxin (gegen Hörverlust), ACZ885 (Herz-krankheiten) und RTH258 stehen sogar noch weitere umsatzstarke Wirkstoffkan-didaten vor der Zulassung.

Mit Blick auf Novartis beschäftigt die Investoren immer noch der Turnaround des Geschäfts. Eine Lösung für die ange-schlagene Augenheilsparte Alcon ist nicht in Sicht und die missratene Produktein-führung des sehr wichtigen Herzmedika-ments Entresto muss vorankommen.

Novartis: Aus der Not eine Tugend

Kommt hinzu, dass der Konzern immer wieder wegen unlauterer Geschäftstätig-keiten in verschiedenen Ländern am Pranger steht. Zuletzt wurde bekannt, dass die griechische Justiz wegen Schmier-geldzahlungen gegen Novartis ermittelt. Bleibt aus der Not eine Tugend zu ma-chen: Die Analysten von Lombard Odier

zumindest sehen in der vertrackten Lage eine Kaufgelegenheit für die Aktien: «Das Risiko, dass Novartis die nach unten ange-passten Konsensschätzungen verfehlt, ist gering und die Bewertung der Titel mit

einem Kurs-Gewinn-Verhältnis 14 für 2018 ist ansprechend», so ihre Einschät-zung. Zudem habe das Unternehmen ein umfangreiches Aktienrückkaufprogramm angekündigt und die Dividendenrendite von 3,7 Prozent sei ansprechend. Roche dagegen sind mit einem KGV 15 etwas teurer, die geschätzte Dividendenrendite beträgt immerhin 3,5 Prozent.

Abgesehen von den beiden Schweizer Aktien und der Onkologie sind die Aktien Eli Lilly (KGV 20) einen Blick wert. Im wachstumsstarken Therapiegebiet Diabe-tes ist das US-Unternehmen führend. Der Konzern hält mit Olumiant zudem einen aussichtsreichen Wirkstoff gegen rheuma-toide Arthritis in der Pipeline.

Etwas abseits der grossen Themen bewegt sich dagegen die britische Shire. Nach der 32-Milliarden-Dollar-Übernah-me von Baxalta hatten viele Investoren den Konzern abgeschrieben. Doch Shire ist dabei, die Schulden zu reduzieren, und wächst rascher als Roche oder Novartis. «Im europäischen Pharmauniversum sind Shire im Moment unsere erste Wahl. Das Unternehmen zeigt Wachstum und die Aktien sind mit einem KGV von 10 günstig bewertet», folgert Analystin Birgit Kulhoff.

Erwartete Zulassungen für Medikamente 2017

QUELLE: EVALUATE PHARMA

Dupixent (Sanofi)

Ocrevus (Roche)

Durvalumab(Astrazeneca)

Semaglutide(Novo Nordisk)

Niraparib (Tesaro)

Olumiant (Eli Lilly)

LEE011 (Novartis)

Spinraza (Biogen)

Apalutamide (J&J)

Axicabtagene Ciloleucel(Kite Pharma)

Umsatz 2022 in Milliarden Dollar (geschätzt)

4,6

4,0

2,3

2,1

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1,4

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Rochein Franken300

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