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IPTV Fernsehen der Zukunft? Oktober 2007

IPTV - goetzpartners · Vorwort Frank Ewerdwalbesloh Managing Director Marcus Worbs Manager Vorwort _ Susanne Kindler Senior Consultant Kathrin Koch Associate Consultant Sehr geehrte

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IPTVFernsehen der Zukunft?

Oktober 2007

Herzlichen Dank an Felix Dohna, Jan Frowein, Birgit Gelsdorf, Patrick Jung, Manuela Nikui und Armin Raffalski für ihre Unterstützung.

Vorwort

Frank EwerdwalbeslohManaging Director

Marcus WorbsManager

Vorwort_�

Susanne KindlerSenior Consultant

Kathrin KochAssociate Consultant

Sehr geehrte Leserin, sehr geehrter Leser,

abends gemütlich auf der Couch sieht man sich den Film an, der eigentlich schon vor einer halben Stunde angefangen hat. Bei dieser Gelegenheit kann man sich gleich noch über das Auto näher informieren, das der Hauptdarsteller fährt – und es sich bei ausreichendem Budget auch gleich be-stellen. Dies alles ohne Medienbruch, mit nur einer Fernbedienung. Mit IPTV ist das kein Problem – man kann fernsehen, was man wann möchte.

Dieses Szenario ist mehr als nur eine Vision. IPTV hat bereits Einfluss auf den Fernsehmarkt ge-nommen und viele neue Teilnehmer wie Arcor, Alice und maxdome auf den Plan gerufen. Im Ver-gleich zu anderen europäischen Ländern wie Frankreich ist IPTV in Deutschland jedoch noch in den Anfängen seiner Entwicklung.

IPTV wird wachsen – wir schätzen, dass es in 2010 zwischen 6,1 und 10 Millionen IPTV-fähige Haus-halte geben wird, wenn wesentliche Faktoren erfüllt sein werden: – Den Konsumenten werden attraktive Inhalte und Zusatznutzen wie interaktive oder individuali-

sierbare Programme angeboten. – Die Breitbandpenetration der Haushalte wird weiter zunehmen.– Die für IPTV notwendigen Empfangsgeräte sind einfach zu installieren und zu bedienen. – Für die Werbung treibende Wirtschaft werden standardisierte Werbeformate geschaffen, die es

ihr ermöglichen, eine möglichst große Zielgruppe mit speziell zugeschnittenen Angeboten zu erreichen.

– Geeignete Marketing- und Vertriebsmodelle sorgen dafür, dass in der Zielgruppe der Fernsehzu-schauer die Bereitschaft erzeugt wird, für die attraktiven Angebote und Zusatznutzen des IPTV zu bezahlen.

– Die medienrechtlichen Rahmenbedingungen werden eindeutig definiert.

Für alle Marktteilnehmer, ob Content Provider, Vermarkter, Infrastrukturanbieter, Zuschauer etc., bieten sich durch IPTV viele attraktive neue Chancen und Geschäftsmodelle, die in vorliegender Studie beschrieben werden.

Wir wünschen Ihnen eine interessante und informative Lektüre.

Inhalt

1. Prolog 61.1. IPTV: Status Quo und Entwicklung 61.2. IPTV: Erfolgsfaktoren 81.3. Aufbau der Studie 9

2. WiedieKonvergenzderMediendenFernsehmarktverändert 102.1. Einleitung 102.2. Was war und ist Fernsehen? 102.3. Konvergenz – Was ist das? 132.4. Auswirkungen der Konvergenz auf den TV-Markt 16

3. IPTV-Infrastruktur:TechnischeRahmenbedingungenundMöglichkeiten 263.1. Technische Definition von IPTV 263.2. Prozess der IPTV-Übertragung 293.3. Technische Anforderungen an IPTV 30

4. IPTV:RechtlicheRahmenbedingungen 364.1. Runkfunkrechtliche Zulassung für die Veranstaltung von IPTV 364.2. Plattformregulierung 384.3. Werbung im IPTV 39

5. IPTV:VeränderungdesKonsumentenverhaltens 405.1. Medienkonsum im Wandel 405.2. Neue Anforderungen an das TV von Morgen 455.3. IPTV: Möglichkeiten und Formate 465.4. Veränderung der TV-Landschaft durch IPTV 55

6. ChancenundGeschäftsmodelleimIPTV-Markt 566.1. Veränderung der klassischen TV-Wertkette 566.2. Die wichtigsten IPTV-Geschäftsmodelle 566.3. Darstellung und Bewertung der wichtigsten IPTV-Geschäftsmodelle 606.4. Chancen und Normstrategien für Player im IPTV 75

7. Fazit 82

Inhalt_�

�_IPTV

1.PROLOG

IPTV ist der Trendbegriff für das Fernsehen der Zukunft und sorgt schon heute für viele Schlagzeilen. IPTV ist definiert als die Übertragung von (in-teraktiven) Bewegtbildern über das Internetprotokoll. Diese können als Live-Stream oder On-Demand über geschlossene oder offene Plattformen gesendet werden. Dabei ist es unerheblich, welche Übertragungsinfra-struktur genutzt wird und auf welchem Endgerät die Inhalte dargestellt werden. Dominantes Nutzungsmedium wird der Fernseher sein. Diese IPTV-Definition umfasst somit vielfältige Geschäftsmodelle, wie z.B. klas-sische IPTV-Provider, VoD-Anbieter bis hin zu Video - User Generated Con-tent-Plattformanbieter. (Abb. 1: Entwicklungsstatus von IPTV in ausgewähl-ten Märkten)

IPTV hat bereits zu einigen Veränderungen und erhöhter Dynamik im Fern-sehmarkt geführt. Neben der Deutschen Telekom sind viele neue Marktteil-nehmer in den IPTV-Markt eingestiegen, wie z. B. Arcor und Alice sowie die Video-on-Demand-Plattform maxdome. In Italien ist mit mediashopping.it ein neues Format als Kombination aus Soap und Teleshopping entstanden. Darüber hinaus bedienen unzählige Spartensender (z.B. Pferdefernsehen.tv oder Literatur-TV.com) Zielgruppen mit speziell auf sie zugeschnittenen In-halten. Auf Portalen wie YouTube oder MyVideo werden Zuschauer gleicher- maßen zu Produzenten und stellen ihre „User Generated Video Contents“ ein. Jugendliche verbringen bei solchen Diensten teilweise mehr Zeit als vor dem klassischen Broadcast-TV.

IPTV kann die TV-Landschaft und die Mediennutzung genauso revolutio-nieren wie Google das Internet und Skype die Telefonie. Die Adaptionsdau-er wird kürzer als beim Internet oder Mobilfunk sein, da viele Nutzungswei-sen denen des Internetsurfens entsprechen. Diese Studie untersucht die Richtigkeit dieser Thesen und stellt darüber hinaus Handlungsstrategien für bestehende und potenzielle Marktteilnehmer entlang der gesamten Fernsehwertkette dar.

1.1.IPTV:StatusQuoundEntwicklungIPTV steckt vor allem in Deutschland mit einer Penetration der TV-Haushalte von unter 1% noch in den Kinderschuhen (siehe Abbildung 1). Nach eigenen Angaben konnte beispielsweise die Deutsche Telekom bis Ende 2006 erst 25.000 Abonnenten für ihr IPTV-Angebot T-Home gewinnen. In Frankreich hingegen, dem am weitesten entwickelten europäischen IPTV-Land, haben sich bereits über eine halbe Million Kunden für ein IPTV-Angebot entschie-den, das sind knapp 2,5% der TV-Haushalte. Bei diesen Kundenzahlen sind lediglich die Abonnenten eines geschlossenen IPTV-Dienstes erfasst. Nicht

(goetzpartners)

Abbildung1:EntwicklungsstatusvonIPTVinausgewähltenMärkten

60% -

2% -

1% -

Marktdurchdringung

DGB

USASG

JAP

KO ESP

IF

HK

Innovation Wachstum Sättigung

berücksichtigt sind die Nutzer von frei zugänglichen IPTV-Angeboten im In-ternet. Allein in Deutschland gibt es davon nach Angaben der Bayerischen Landeszentrale für Neue Medien derzeit bereits 498 – mit stark steigender Tendenz. Laut Bundesverband Informationswirtschaft Telekommunikation und neue Medien (Bitkom) wird ein Wachstum auf bis zu 3.000 Angebote beziehungsweise Sender in den nächsten drei Jahren erwartet. Hongkong, ein Markt mit rund 80% Breitbandpenetration (technische Voraussetzung für IPTV), zeigt auf, wohin sich der Markt entwickeln kann. Hier beziehen 60% der TV-Haushalte bereits ein IPTV-Angebot.

Auch wenn viele Studien weit auseinander liegende Prognosen abgeben, haben sie einen gemeinsamen Nenner: IPTV wird wachsen. Ein Hauptgrund dafür ist die medienbruchfreie Interaktivität, die IPTV grundlegend vom herkömmlichen TV unterscheidet und dem Kunden wichtigen Mehrwert bietet: Er kann bequem Zusatzinformationen abrufen oder beworbene Produkte sofort einkaufen. Daneben sprechen die Individualisierbarkeit und der Wegfall der Senderkapazitätsbeschränkung des Fernsehsignals in der Satelliten- und Kabeldistribution für ein Prosperieren des IPTV. Jedoch müssen wichtige Voraussetzungen erfüllt sein.

Eine wesentliche Bedingung für das Wachstum von IPTV ist die Breitband-penetration. Im Jahr 2007 haben etwa 18 Millionen Haushalte in Deutsch-land einen Breitbandanschluss, davon 30% mit einer Bandbreite von mehr als 1 MBit/s. Das entspricht etwa 5,5 Millionen Haushalten und damit 14%.1 Allerdings sind für den Empfang von IPTV in DVD-Qualität Bandbreiten mit mindestens 6 MBit/s notwendig. Für das Jahr 2010 werden in Deutschland 8,4 Mio. Haushalte (d.h. 40% aller Breitband-Haushalte) mit einem solchen Anschluss prognostiziert (siehe Abbildung 2), insgesamt werden knapp 14 Mio. Haushalte die Mindestanforderung zum Empfang von IPTV in VHS-Qualität von 1,2 MBit/s erfüllen. Die Anzahl der Breitbandanschlüsse wird neben dem Zugangsweg DSL durch den Ausbau des alten Kabelnetzes zur Multimedia-Leitung mit Rückkanal erhöht. Zusätzlich werden ländliche Gebiete mit Satelliten-Internet (z.B. Astra-2-connect) versorgt.

Die technischen Möglichkeiten allein reichen aber für die positive Ent-wicklung des IPTV nicht aus. Vielmehr sind die Angebote die Treiber. Das skizzierte optimistische Szenario (siehe Abbildung 3) nimmt an, dass die Infrastrukturanbieter die Bereicherung ihres Angebots mit attraktivem Content als Priorität ansehen. Zudem werden über das freie Internet distri-buierte Plattformen relevante Erfolge verzeichnen: Zattoo wird in Deutsch-land ähnlich wachsen wie in der Schweiz, und die Joost-Gründer können mit ihrem IPTV-Portal an die Skype-Erfolgsgeschichte anknüpfen. Video-on-Demand-Plattformen sind ein weiterer Erfolgsfaktor. Schon heute kann maxdome 170.000 Abonnenten verzeichnen. Bei Eintreffen dieser Faktoren wird die Zahl der IPTV-Nutzer bis 2010 auf 10,8 Mio. Haushalte anwachsen.

1) BITKOM; goetzpartners Analyse

1.Prolog_�

(ScreenDigest und European Information Technology Observatory (EITO))

Abbildung2:EntwicklungBandbreiteninDeutschland

(goetzpartners)

Abbildung3:EntwicklungIPTV-HaushalteinDeutschlandbis2010(optimistischesSzenario)

2005

In Mio. Haushalten und in %

2010e 2015e

11 21 27100%

> 1-6 MBit/s

> 6-20 MBit/s

≤ 1 MBit/s

> 20-50 MBit/s

> 50 MBit/s24%

76%

34%

26%

23%

11%

6%

19%

24%

25%

17%

15%

In Mio. Haushalten

2007e 2008e 2009e 2010e

IPTV DSL

IPTV Kabel

IPTV SAT

3,0

4,7

7,1

10,8

1,8

1,2

3,1

1,5

0,0 0,1 0,2

5,0

1,9

7,9

2,4

0,5

+53%

e = estimated (geschätzt)

e = estimated (geschätzt)

�_IPTV

Bei konservativer Betrachtung (siehe Abbildung 4) des Marktes sagt goetz-partners 6,1 Mio. IPTV-Haushalte in 2010 voraus.

In diesem Szenario konzentrieren sich Infrastruktur- und Inhalteanbieter vornehmlich auf den Ausbau des Internetangebots, da dies in Bezug auf die Contentproduktion günstiger als die Erstellung von Bewegtbildern ist. Da-durch wird der Bedarf bei den Kunden in geringerem Maße geweckt als im optimistischen Szenario. Insbesondere bei den Kabelkunden wird sich dies negativ auswirken. Auch die DSL-Haushalte werden über das Internet an-gebotene Dienste wie Zattoo und Joost weniger nutzen. Im konservativen Szenario wird angenommen, dass Zattoo Funktionalitäten wie Mitschnitt- und Timeshift-Möglichkeiten nicht anbieten und die Teilnehmerentwicklung bei Joost wie in der Testphase verlaufen wird, in der von 500.000 registrierten Teilnehmern nur 40.000 das Produkt aktiv nutzten.

1.2.IPTV:ErfolgsfaktorenDie große Frage des IPTV ist daher nicht, ob, sondern wann IPTV den Massen- markt erobern wird. Die Frage des Zeitpunkts ist abhängig von mehreren Faktoren:

1.HoheverfügbareBandbreitenmitQualityofServiceDie Höhe der Bandbreite entscheidet über die Qualität der Darstellung (bspw. sind 19 MBit/s für die Darstellung eines HDTV-Kanals nötig). Beein-flussende Faktoren sind jedoch nicht nur die theoretisch verfügbare Band-breite, sondern die Anzahl der parallel geschalteten Anschlüsse an einer Vermittlungs- oder Aufschaltstelle (DSLAM)2 und die Entfernung des Haus-halts vom DSLAM. Nur wenn genügend Haushalten permanent gesicherte Bandbreiten jenseits von 6 MBit/s für den Empfang von IPTV (egal über welche Infrastruktur) und für den Rückkanal zur Verfügung stehen, kann sich IPTV auch als Massenphänomen durchsetzen.

2.AttraktiveInhalteIPTV ist stark von einem Technologie-Push der Telekommunikationsanbie-ter geprägt, die ihr stagnierendes und rückläufiges Kerngeschäft ausglei-chen wollen. Um die kritische Masse zur Nutzung von IPTV zu bewegen, müssen die Angebote einen Zusatznutzen zum herkömmlichen TV bieten. Neben den Individualisierungsmöglichkeiten (wie zum Beispiel das Zusam-menstellen eigener Sender oder On-Demand-Abrufe) werden interaktive Angebote die wesentlichen Wachstumsmotoren des IPTV sein, da sie einen konkreten Mehrwert zum klassischen TV darstellen.

2) DSLAM = Digital Subscriber Line Access Multiplexer

(goetzpartners)

Abbildung4:EntwicklungIPTV-HaushalteinDeutschlandbis2010(konservativesSzenario)In Mio. Haushalten

2007e 2008e 2009e 2010e

IPTV DSL

IPTV KabelIPTV SAT

1,8

2,5

3,8

6,1

1,2

0,6

1,8

0,70,0 0,0 0,1

2,8

0,9

4,9

1,1

+50%

0,1

e = estimated (geschätzt)

3.MarketingundVertriebIn vielen Fällen werden die Inhalte, sei es als Abonnement oder als On-De-mand-Produkt, gegen eine Gebühr an die Konsumenten vertrieben. Ent-scheidend für die Entwicklung von IPTV ist daher, dass die entsprechenden Anbieter Marketing und Vertrieb als Kernkompetenz erfassen und ausfül-len. Hier können sie aus den Fehlern der Vergangenheit lernen. So gab es beispielsweise technische Startschwierigkeiten von T-Home, große Absatz-probleme von arena und kostspielige Erfahrungen bei Premiere durch das Angebot der proprietären D-Box.

4.VerfügbarkeitundPlug&PlayderSet-Top-BoxenEs bedarf eines umfangreichen Angebots an Empfangsgeräten (Set-Top-Box, Router, integrierter Fernseher etc.), die das Fernsehen über IPTV im Wohnzimmer ermöglichen. Die Empfangsgeräte müssen einfach zu instal-lieren und zu bedienen sein. Zusätzlich ist es langfristig erforderlich, dass Set-Top-Boxen durch Standardisierungen unterschiedliche Inhalte und An-bieter empfangen können.

5.StandardisierungvonWerbeformatenPrivates Fernsehen wird hauptsächlich aus Werbeeinnahmen finanziert. Auch wenn IPTV viele Möglichkeiten für kostenpflichtige Angebote schafft (siehe 3.), müssen IPTV-Beteiber ein standardisiertes Format für interaktive und nicht-interaktive Werbung anbieten, damit die Industrie weiterhin mit einer Werbeproduktion eine möglichst große Menge der gewünschten Zielgruppe ansprechen kann.

1.3.AufbauderStudieDas zweite Kapitel der Studie erläutert, in welchen Stufen sich der Fern-sehmarkt verändert und welche Rolle IPTV dabei spielt. Anschließend wer-den technische und juristische Rahmenbedingungen in den Kapiteln drei und vier beleuchtet.

Das fünfte Kapitel beschäftigt sich mit der Änderung des Nutzerverhaltens in Bezug auf den TV-Konsum in den nächsten Jahren und beschreibt, wel-che Anforderungen sich für TV-Inhalte ergeben. Vor diesem Hintergrund bewerten die Autoren der Studie bereits vorhandene IPTV-Angebote.

Im sechsten Kapitel geht die Studie abschließend auf die wichtigsten Ge-schäftsmodelle des IPTV ein, evaluiert Marktchancen und stellt Normstra-tegien für eine erfolgreiche Nutzung der IPTV-Entwicklung vor.

1.Prolog_�

10_IPTV

2.1.EinleitungDer deutsche Medienmarkt befindet sich im Wandel. Rückläufige Pro-Kopf-Umsätze bei Festnetztelefonie und Breitband-Internet-Zugängen, die zunehmende Konkurrenz durch Kabelnetzbetreiber sowie alternative Telekommunikationsanbieter zwingen alteingesessene Telekommunika-tionsunternehmen zum Handeln. Hinzu kommen die stärkere Transparenz des Marktes für Verbindungsentgelte, die Wechselbereitschaft der Kunden zum günstigsten Anbieter sowie der Verlust von Gesprächsminuten an den Mobilfunk. Einen Ausweg aus dieser Situation stellt das sogenannte Triple Play dar – das gebündelte Anbieten der Dienste Telefonie, Internet und TV beziehungsweise Video-on-Demand (VoD). Nachdem Telekommu-nikationsanbieter bereits über die für Triple Play notwendige Infrastruk-tur (DSL-Netze) verfügen, können sie durch die Bündelung der genannten Dienste Synergieeffekte erzielen und die vorhandenen Netze besser aus-lasten. Dies ermöglicht ihnen, Kunden attraktive Pakete anzubieten und sie durch TV-Inhalte stärker an sich zu binden, als dies mit dem homogenen und leicht ersetzbaren Produkt der Verbindungsminuten für Sprach- und Datendienste möglich war.

Um konkurrenzfähig zu bleiben, suchen auch TV-Sender nach neuen Dis-tributions- und transaktionsorientierten Geschäftsmodellen. Ein Grund für diese Bewegung sind stagnierende beziehungsweise sich verlagernde Werbeumsätze auf Grund des Webbooms.

Im deutschen Telekommunikations-, Medien-, TV- und Unterhaltungselek-tronik-Markt hat demnach ein Umdenken eingesetzt. Diese Entwicklung ist unter dem Begriff „Konvergenz der Medien“ bekannt und beschreibt das Verschmelzen bisher getrennter Branchen. Dieser Prozess wird dank neuer Techniken zur digitalen Übertragung von Daten, Bild- und Toninhalten und der modernen, leistungsfähigen digitalen Netzstruktur möglich gemacht.

2.2.WaswarundistFernsehen?2.2.1.InhalteundÜbertragungDie deutsche Fernsehlandschaft kann grob in öffentlich-rechtliches, über-wiegend durch Rundfunkgebühren finanziertes Fernsehen und privates, durch Werbung und/oder Abonnementgebühr finanziertes Fernsehen un-terteilt werden.

2.WiedieKonvergenzderMediendenFernsehmarktverändert

Das öffentlich-rechtliche Fernsehen umfasst nur Free-TV, welches sich analog zum Free-TV des privaten Fernsehens in Vollprogramm, Sparten-programm und Lokalprogramm unterteilen lässt.

Das private Fernsehen setzt sich aus den drei Produktgruppen Free-TV, Pay-TV und T-Commerce zusammen, wobei das Pay-TV die Besonderheit aufweist, dass es sich aus Abonnementgebühren finanziert. Grundsätzlich unterteilt sich dieses Bezahlfernsehen in vier Formate:

Pay-TVFormatePay-TVFormate Inhalt

Pay-per-Channel (PPC)

Der Zuschauer abonniert einen oder mehrere Kanäle (Paket) und zahlt dafür nutzungs-unabhängige Gebühr (klassisches Pay-TV).

Pay-per-View (PPV)

Einzelabrufverfahren, das nutzungsabhängige Abrechnung der freigeschalteten und gesehenen Inhalte ermöglicht

Video-on-Demand (VoD)

Möglichkeit, gegen Gebühr zu jeder beliebigen Zeit aus einer virtuellen Videothek einen Film abzurufen und abzuspielen

Near Video-on-Demand (nVoD)

Zeitversetzte Ausstrahlung eines Spielfilms. Der Abruf kann nur in festen Zeitintervallen erfolgen.

Beim T-Commerce handelt es sich um einen neuen Vermarktungs- und Distributionskanal, der das TV als Übertragungsweg nutzt.

Unabhängig vom Inhalt werden beim Fernsehen auch verschiedene Wege der TV-Signal-Übertragung unterschieden. Das klassische Verständnis von Fernsehen ist die analoge TV-Signal-Übertragung, die zunehmend durch digitales Broadcasting ersetzt wird. In technischer Hinsicht ist Digital Video Broadcasting (DVB) ein standardisiertes Verfahren zur Übertragung von digitalen Inhalten an eine große Zuschauergruppe. Im Gegensatz zum Internet-TV wird das Signal ungerichtet ausgestrahlt, das der Zuschauer durch Einschalten eines Empfangsgeräts empfangen beziehungsweise „abfangen“ kann.

Bei den folgenden technischen Unterarten von DVB handelt es sich um die bekanntesten Übertragungsinfrastrukturen:

FormendesDigitalVideoBroadcastingBezeichnung Abkürzung Funktion

Satelliten-TV DVB-S Übertragung des TV-Signals durch direkt strahlende Satelliten

Kabel-TV DVB-C Übertragung via im Boden verlegte, drahtgebundene Kabelnetze

Terrestrisches TV DVB-T Übertragung durch terrestrische Senderantennen

Mobile Signalüber-tragung

DVB-H Terrestrische Übertragung von TV-Signalen auf mobile Endgeräte

2.WiedieKonvergenzderMediendenFernsehmarktverändert_11

12_IPTV

Das bisherige Verständnis des Begriffs Fernsehen wandelt sich durch die neue Übertragungstechnologie IP schlagartig und muss um Kom-ponenten erweitert werden, die im weiteren Verlauf dieser Studie er-läutert werden.

2.2.2.DieValueChainhinterder„Mattscheibe“Die TV-Wertschöpfungskette besteht im Wesentlichen aus sieben Stufen, von der Erstellung der Sendeinhalte bis hin zum Empfang beim Zuschauer. Die Tätigkeiten und Wertschöpfung der Einzelstufen werden anhand der folgenden Graphik ersichtlich.

Technologische, angebots- sowie nachfrageseitige Veränderungen bedingen ganz neue Entwicklungen und Trends, die den Kunden zum Umdenken zwingen.

So bedingte eine begrenzte Kanalanzahl bisher die Wertschöpfungsstufe Aggregation, das heißt die Bündelung von Inhalten in Kanäle und Ange-botspakete. In Zukunft ist durch die Vielzahl der Kanäle und zunehmende Interaktionsmöglichkeiten ein differenziertes und modulares Packaging notwendig, um Zielgruppen, Communities und individuelle Bedürfnisse zu

(goetzpartners)

Abbildung5:WertschöpfungsstufendesTV

Produktion Aggregation Vermarktung CustomerManagement Technische Plattform Distribution Endgeräte

Inputfaktoren & Programm-produktion

Programm-handel

Gestaltung &Packaging

VermarktungB2B/B2C

CustomerManagement

Sende-plattform

TechnischeBearbeitung

Daten-übertragung

Set-Top-Box/Fernseher

Daten-anlieferung

1 2 3 4 5 6 7

Rechtehändler

TV-Studio

TV-Inhalte-Datenbank Playout-Center/

Headend

Call-Center Playout-Center UpLink

DownLink

Receiver

Ver-teiler

TV-Anbieter

· Lizenzhandel

· Programmgestaltung

· Werbeplatzierung

· Werbezeiten

· TV-Vertrieb

· Promotion

· Call-Center

· Mahnwesen

· Technischer Support

Wertschöpfungsstufen „Vermarktung“ und „Customer Management“ sind nur im Fall des Bezahlfernsehens notwendig und werden damit klassischerweise von Pay-TV-Sendern besetzt.

Redaktio-nelleBearbeitung

· Digitalisierung· Signal- kompression· Multiplexing· Digital Rights Management· Verschlüsse- lung

adressieren. Damit geht die Entwicklung von der Angebotsorientierung hin zu einer hohen Nachfrageorientierung.

Bei Endgeräten besteht eine stärkere Differenzierung und Plattformabhän-gigkeit. Bisher musste der Kunde nur auf Design und Kompatibilität der Endgeräte achten. In Zukunft muss er beim Kauf berücksichtigen, welche Empfangssysteme, Verschlüsselungen und Sendeformate (HD) „verarbeitet“ werden können. Auch die Zukunftsfähigkeit im Sinne der Verarbeitung in-teraktiver Inhalte durch Rückkanal, entsprechende Software und passende Fernbedienung ist in der Kaufentscheidung zu berücksichtigen.

Die TV-Wertschöpfungskette wird sich durch die neuen, technologisch getriebenen Entwicklungen von der Angebotsorientierung hin zur Nachfrageorientierung bewegen.

2.3.Konvergenz–wasistdas?2.3.1.DefinitionundStatusQuoDie Medienindustrie definierte sich bislang über die Art ihrer Trägermedien wie Papier, Rundfunk, Film und Fernsehen, die Computerindustrie über di-gitale Datenträger und schließlich die Telekommunikationsindustrie via Übertragungs- und Vermittlungstechnik. Nunmehr verschmelzen ehemals getrennte Bereiche. Unter „Konvergenz“ wird sowohl das Zusammenwach-sen verschiedener Industrien verstanden, die bisher weitgehend getrennt voneinander tätig waren, als auch die Verzahnung entlang der Wertschöp-fungskette und die Aggregation verschiedener Dienste auf der Anwen-dungsseite. Technologisch wird Konvergenz durch die durchgängige Digi-talisierung aller Wertschöpfungsstufen elektronischer Dienstleistungen getrieben, also der Präsentation, Übermittlung, Speicherung, Verarbeitung und Erzeugung von Information. Hervorzuheben ist, dass Konvergenz an-gebotsgetrieben ist. Treibende Faktoren sind der technologische Fortschritt und der Wettbewerb der Distributionsplattformen um weiteres Wachstum. Hieraus resultiert die Möglichkeit, verschiedene Medien zusammenzufüh-ren. Kundenseitig besteht bisher keine explizite Nachfrage, die einen Pull-Effekt auslöst. Konsumenten werden den Trend aber schnell aufnehmen, da sich durch die vermehrte Nutzung des Internets bereits Verhaltensmus-ter ändern, die die Nachfrage nach IPTV-Produkten verstärken werden.

Auf Grund der sich momentan vollziehenden Konvergenz der Medien und Wertschöpfungsstufen hat die Neuaufteilung des Marktes bereits einge-setzt. Player, die sich jetzt positionieren, können zukünftig signifikante An-teile an dem neu zu verteilenden „Kuchen“ erlangen. Ein Zögern wird der dynamische Markt jedoch bestrafen.

2.WiedieKonvergenzderMediendenFernsehmarktverändert_1�

14_IPTV

Microsoft:Das IT-Unternehmen kommt mit Softwarelösungen klassisch aus dem Bereich „Anwendungen“, die auch für das Internet entwickelt wurden, welches somit das Ausgangssegment für die Ausweitung der Leistungen darstellt. Mittlerweile hat Microsoft weitere Segmente wie die Festnetzkommunikation (durch Übernahme des VoIP-Anbieters Te-leo), die Mobilkommunikation (durch Kooperation mit CoreMedia zum Musikdownload auf Handys) und den TV-Sektor (Middleware-Lösungen für IP-Set-Top-Boxen) besetzt. Zudem ist Microsoft in das Spielesegment vorgestoßen und hat dort eine horizontale Integration verschiedener Wertschöpfungsstufen vorgenommen, von der Hardware (X-Box) über Anwendungen (Spielesoftware) bis hin zum Content (Kauf von Massive Inc., einem Anbieter von Werbung in Videospielen).

UnitedInternet:Im Jahr 2006 stieg der klassisch aus dem Zugangsge-schäft kommende Internetinfrastrukturanbieter United Internet durch eine Kooperation mit ProSiebenSat.1 ins Inhalte-Business ein. Ziel des IPTV-Angebots „maxdome“ ist die Generierung eines Zusatznutzens für den Kunden, wodurch die Vermarktung des Zugangsgeschäfts an-getrieben werden soll.

Handelsunternehmen:Auch Unternehmen, die bisher nicht in der klas-sischen Technik- oder TV-Wertschöpfungskette Anteile hatten, drängen in den IPTV-Markt. Um sich zu positionieren, steigen beispielsweise die Retailunternehmen KarstadtQuelle und QVC ins Internet-TV-Geschäft ein. Neben der Aneignung von Know-how wollen sie sich als „First Mover“ in der medienbruchfreien Interaktion beim Homeshopping Marktanteile sichern. So ist beispielsweise der Handelskonzern KarstadtQuelle seit 2007 wieder Hauptinhaber des Shoppingsenders Home Shopping Euro-pe (HSE24), nachdem sich die Quelle Schickedanz AG als Gesellschafter vor ein paar Jahren zurückgezogen hatte. Des Weiteren hat der Konzern seine Kooperation mit Hansenet vertieft, um den Kunden zusätzlich zum klassischen Sortiment Internetzugänge und IPTV an deren Point of Sales zu offerieren. Ein weiteres Beispiel ist QVC. Der Sender bietet zum bishe-rigen TV-Produktangebot dieselben Inhalte live im Internet an. Ziel der Verschmelzung von interaktiven Zusatzinformationen (detaillierte Pro-duktinformationen, Verfügbarkeitscheck, medienbruchfreie Bestellmög-lichkeit etc.) und Fernsehen über das Internet sind höhere Bestellraten.

Sowohl die „Alteingesessenen“ als auch die Innovatoren in den einzel-nen Branchen beschäftigen sich bereits seit längerem mit dem Thema IPTV. Insgesamt sind allein in Deutschland etwa 150 Unternehmen im IPTV-Umfeld aktiv.

2.3.2.ErfolgsfaktorenundEntwicklungsaussichtenWesentlicher Treiber der Medienkonvergenz in technologischer Hinsicht ist die Digitalisierung. Diese birgt im Gegensatz zur analogen Übertragungs-technologie eine Reihe von Vorteilen, wie beispielsweise die effiziente Nutzung von Frequenzen, die Senkung der Programmübermittlungskos-ten und die Möglichkeit des zentralisierten Billing und Customer Service aus einer Hand. Des Weiteren bieten sich neue, qualitätssteigernde Mög-lichkeiten der Programmgestaltung, beispielsweise durch Programmbün-delung und den Abruf von Zusatzinformationen. Zudem ermöglicht die Digitalisierung die Entwicklung neuer, multimedialer, medienbruchfreier Dienste durch den Rückkanal.

Der Rückkanal ist also ein weiterer Erfolgsfaktor der Konvergenz, der die medienbruchfreie Interaktion erst Realität werden lässt. Auf Anbietersei-te ist der entscheidende Vorteil, dass – im Gegensatz zum Broadcast-Ver-fahren – eine direkte Verbindung zum Kunden besteht. Der Kunde ist dem Anbieter bekannt, ebenso die Dienste, die er abruft. Dadurch ist er jederzeit spezifisch adressierbar und somit zum Beispiel für neue, personalisierte Werbeformen (interaktive Werbung) interessant. Die Vorteile auf Nachfra-gerseite liegen in der medienbruchfreien Interaktion bei Gewinnspielen, Votings, interaktiver Werbung, Teleshopping etc. Für den Kunden bietet die Nutzung der Fernbedienung als nunmehr einziges technisches Hilfsmittel zur Interaktion eine hohe Convenience. Diese wird dadurch verstärkt, dass durch Auslesen von Smartcard-Informationen die Kundendaten nicht jedes Mal neu eingegeben werden müssen.

Technologische Voraussetzung und Treiber für die Konvergenz ist zudem die Breitband-Technologie, da Video- und Audiodaten selbst bei hoher Kompression hohe Bandbreiten benötigen. Ergänzend begünstigen bei-spielsweise die Zeitpunktunabhängigkeit der Sendungen, die günstigere Distribution im Vergleich zum klassischen Fernsehen sowie neue Erlös-modelle für IPTV die Entwicklung der Konver-genz. Dies bedingt allerdings Investitionen in breitbandige sowie rückkanalfähige Technik, so dass momentan infrastrukturelle Voraus-setzungen geschaffen werden.

Künftig wird sich das Internet nachhaltig als elektronisches Leitmedium neben TV und Radio durchsetzen. Noch befinden sich iTV und IPTV in der Innovations- beziehungswei-se Wachstumsphase, bergen aber durch die Ausweitung der Breitbandanbindung großes Wachstumspotenzial.

Durch die zunehmende Konvergenz entstehen Medienformate, die beispielsweise durch die

2.WiedieKonvergenzderMediendenFernsehmarktverändert_1�

Abbildung6:SchematischeEinordnungmedialerGeschäftsmodelleaufMarktentwicklungsstufen

IndikativesMarktvolumen

Wenn das Internet in die Sättigungsphase kommt,wird sich die Konvergenz der Medien vollzogen haben

Innovation Wachstum Sättigung RückbildungMarktent-wicklungs-stufe

CF

HI

G

B

EA

D

Klassisches TV

Digitales TV

VoD

Festnetz

Mobilfunk

Mobile TV

DSL

IPTV

IP-Telefonie

A

B

C

D

E

F

G

H

I

TV

Telekommu-nikation

Internet

(goetzpartners)

Telekommunikation TV Internet

1�_IPTV

Integration von Online- und TV-Angeboten die Merkmale bisher getrennter Mediengattungen vereinen. Zudem schafft die Konvergenz der Medien neue Geschäftsmodelle, die zu einer Veränderung und Ausweitung der Mediennut-zung führen. Die wesentliche Herausforderung für Unternehmen besteht im intensiveren Wettbewerb mit neuen, meist branchenfremden Konkurrenten.

Inzwischen greift die bereits vor Jahren angekündigte Konvergenz, da technologische Hürden genommen sind, Technologiesprünge die notwendigen Investitionsvolumina in Plattform, Technik und Distribu-tion reduziert haben und der Wettbewerb der Unternehmen die Ent-wicklung entsprechender Services zur Marktreife treibt. Nicht zuletzt beweisen Pilotprojekte, dass einerseits die Akzeptanz beim Konsu-menten vorhanden ist und andererseits die notwendige Kooperation zwischen Telekommunikationsunternehmen und Medien-/Produkt-unternehmen branchenübergreifend funktioniert.

2.4.AuswirkungenderKonvergenzaufdenTV-Markt

Die Konvergenz von bisher voneinander unabhängigen Branchen eröffnet neue Marktchancen für alle Marktakteure. Im Folgenden werden die we-sentlichen Trends und Phasen erläutert, die den konvertierten Markt be-einflussen werden. Kapitel 6 dieser Studie erläutert die Veränderungen der Geschäftsmodelle sowie Implikationen und Handlungsempfehlungen für die etablierten Marktteilnehmer ausführlich.

Die im Weiteren beschriebenen Stadien folgen keiner strikten zeitlichen Abfolge, sondern überlappen sich teils gegenseitig, da parallele, vor allem angebotsseitige Entwicklungen im Markt stattfinden.

2.4.1.ErsteStufederKonvergenz:„ContentgoesUpstream“und„InfrastructuregoesContent“Wie die bereits beschriebene Veränderung der Märkte ist auch die Wert-schöpfungskette des TVs hinsichtlich der pro Stufe involvierten Player und Geschäftsmodelle teils erheblichen Veränderungen unterworfen.

Abbildung 7 zeigt, dass sich im Rahmen der Konvergenz in Deutschland dreiwesentlicheEntwicklungstrends besonders herausgebildet haben.

Trend1:ProduktionshäuserbesetzendasFeldderAggregationundteilsderVermarktungProduzenten vermarkten die Lizenzen ihres Contents immer öfter eigen-ständig, anstatt sie an Pay-TV-Unternehmen weiterzugeben, und ent- wickeln sogar eigene Pay-TV-Kanäle, die sie auch selbst vermarkten. Häufig erfolgt die Vermarktung im Direktvertrieb über die eigene Website oder über VoD-Plattformen. Zielsetzung ist neben dem Ausbau der Wert-schöpfung und der damit einhergehenden Erweiterung der Umsatzpo-tenziale auch Brand Building. Die Disintermediation3 spart hierbei Kosten, so dass der Erlösanteil im Gegensatz zur klassischen Verwertungskette für Produzenten steigt. Produktionsunternehmen, die bereits eigene Pay-TV-Kanäle betreiben und somit in die Aggregation vorgestoßen sind, sind beispielsweise MGM, Sony Pictures oder seit längerem schon Disney mit Sendern wie Disney Channel oder Playhouse Disney.

Diese Entwicklung im TV-Markt verläuft horizontal zur Wertkette und be-schreibt die Vorwärtsintegration der Produzenten. Somit kann dieser Trend als „ContentgoesUpstream“ bezeichnet werden.

Trend2:InfrastrukturbetreiberdrängenindenContent-MarktKabelnetzbetreiber, die bislang ausschließlich die Infrastruktur für die Übermittlung von TV-Signalen zur Verfügung stellten, bieten Pay-TV-Platt-formen für Aggregatoren an oder aggregieren und vermarkten selbst TV-

3) Unter Disintermediation versteht man den Wegfall von Vermittlern in einer Wertschöpfungskette

2.WiedieKonvergenzderMediendenFernsehmarktverändert_1�

(goetzpartners)

Abbildung7:MegatrendsimTV-Markt

Wert-schöpfungs-

stufenInhalte Technik

Produktion Aggregation VermarktungCustomer

Management Plattform Distribution EndgeräteProgramm-struktur

Video-on-Demand

LinearesTV-Programm

Prod

uzen

ten

Infr

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iete

r

Video-on-Demand Anbieter

1 2

3

Bei den dargestellten Geschäftsmodellen handelt es sich lediglich um Beispiele zur besseren Visualisierung.

1�_IPTV

Inhalte und nehmen somit eine Rückwärtsintegration vor. Wesentliche Zielsetzung ist neben der Generierung zusätzlicher Umsatzerlöse unter anderem die direkte Endkundenbeziehung, die auf Grund der Netzebenen-systematik in Deutschland für Netzebene-3-Betreiber – wie Kabel Deutsch-land (KDG), Kabel BW oder Unity Media (ish und iesy) – nicht in allen Fällen gegeben ist. Die angebotenen Inhalte sind in der Regel Basic-Pay-Angebote, also Inhalte, die gegen eine Abonnement- oder Abrufgebühr empfangbar sind. Jedoch unterscheiden sie sich in Exklusivität und Verwertung (meist Verwertung der Inhalte, nachdem sie bereits im Free-TV zu sehen waren) von Premium-Pay-Content.

entavio ist ein aktuelles Beispiel für die Fortsetzung dieses Trends. Der Sa-tellitenplattform-Betreiber Astra wird im dritten Quartal 2007 ebenfalls in das Content-Geschäft einsteigen und mit entavio eine verschlüsselte Satelliten-Plattform aufbauen. Dies kommt einer sehr kontrovers disku-tierten Grundverschlüsselung gleich, wodurch nicht nur für den Kabel-TV-Empfang, sondern künftig auch für den Satelliten-Empfang eine Gebühr zu entrichten sein wird. Hierzu ist jedoch erforderlich, ein attraktives Inhal-teangebot zur Verfügung zu stellen beziehungsweise die TV-Sender dazu zu bewegen, ihre Inhalte künftig ausschließlich verschlüsselt über Satellit anzubieten – denn immer noch gilt: „Content is King“.

Diese Entwicklung im TV-Markt verläuft ebenfalls horizontal zur Wertkette, allerdings beschreibt sie die Rückwärtsintegration der Distributoren. Somit kann dieser Trend als „InfrastructuregoesContent“ bezeichnet werden.

Trend3:ZeitlichindividuelleTV-FormategewinnenanBedeutungDer dritte zu beobachtende Trend zeichnet sich durch eine zunehmende Bedeutung von On-Demand-Diensten aus. Diese werden durch die Digita-lisierung und die zunehmende IP-Fähigkeit der Übertragungsmedien for-ciert. Player auf allen Stufen werden diese Entwicklung unterstützen.

Player auf der Wertschöpfungsstufe Aggregation sind von den drei beschriebenen Trends negativ betroffen. Ebenso müssen Premium- Pay-TV-Anbieter ihre Geschäftsmodelle den neuesten Entwicklungen anpassen, um nicht zu Gunsten innovativerer Modelle aus dem Markt gedrängt zu werden.

2.WiedieKonvergenzderMediendenFernsehmarktverändert_1�

2.4.2.ZweiteStufederKonvergenz: IPTVaufgeschlossenenundoffenenPlattformenWie eingangs beschrieben sind die Digitalisierung und Interaktionsmög-lichkeiten wesentliche Treiber der Konvergenz. Hierfür ist die Übertragung der Daten mittels IP entscheidend. Vor allem Telekommunikationsunter-nehmen erhalten hierdurch die Möglichkeit, am Content-Markt zu partizi-pieren. Da es sich damit um eine Fortentwicklung des bisherigen Marktes handelt, wird IPTV auf geschlossenen und offenen Plattformen als zweite Phase in der Konvergenz-Entwicklung bezeichnet.

Unter Berücksichtigung der folgenden Klassifizierungsdimensionen lässt sich die nachfolgende IPTV-Definition ableiten:

DimensionendesIPTVDimensionen IPTV-Ausprägung

Übertragungsgegenstand Bewegtbilder und digitale Zusatzdienste (z.B. EPG-Informationen)

Übertragungsinfrastruktur Übertragungsgegenstand wird auf Basis des Internetprotokolls über jegliche Netzinfrastruktur gesendet (DSL, Fibre, SAT, Kabel, Terrestrik, Mobil).

Übertragungsform Versand der Übertragungsgegenstände via Streaming, progressiver Download oder Download

Übertragungsrichtung Bidirektionale Ausstrahlung (d.h. Rückkanal möglich) mittels Broadcast, Multicast oder Unicast

Übertragungszeitpunkt Real-Time oder Non-Real-Time (d.h. on Demand)

Empfangsgerät Geräteunabhängiger Empfang (von PC über Set-Top-Box bis Handy)

Damit wird unter IPTV die zeitpunktunabhängige Übertragung von (inter-aktiven) Bewegtbildern über das Internetprotokoll verstanden. Dabei ist es unerheblich, welche Übertragungsinfrastruktur genutzt wird und auf wel-chem Endgerät die Inhalte dargestellt werden.

Die Einführung neuer und innovativer TV-Angebote in Deutschland wird durch das breite Free-TV-Angebot und flächendeckend vorhandene, teils mietvertragsgebundene Kabelanschlüsse erschwert. Dies ist ein Grund, dass der IPTV-Markt hierzulande noch mit einer IPTV-Penetration von 1% aller Haushalte im Jahr 2007 in den Kinderschuhen steckt.

20_IPTV

Im IPTV wird zwischen geschlossenen und offenen Plattformen unterschieden.

A)IPTV:GeschlossenePlattformenWie bereits erwähnt, ist es Zielsetzung der Telekommunikations- und Ka-belnetzbetreiber, durch Aggregation eine bessere Ausnutzung der Infra-struktur zu erreichen, zusätzliche Umsatzerlöse mit höheren durchschnitt-lichen Kundenumsätzen zu generieren, Abwanderung von Kunden durch erhöhte Kundenbindung zu reduzieren und sich stärker gegenüber dem Wettbewerb zu differenzieren.

Da die Barriere, vom klassischen TV auf IPTV umzusteigen, trotz des Mehr-werts von IPTV für Zuschauer hoch ist, war der Aufbau von geschlossenen Plattformen ein logischer Schritt für Infrastruktur-Provider. Hierdurch können sie den Kunden noch stärker binden, da Content-Verträge bzw. -Abonnements meist eine deutlich längere Laufzeit haben als Infrastruktur-Verträge. Wenn der Kunde an dem Content-Paket festhalten will, ist er förmlich gezwungen, die Infrastruktur-Leistung zu buchen, da er bei einem geschlossenen Netzwerk nur das proprietäre Netzwerk seines Providers nutzen kann. Zudem ist der Kun-de mit dem Abschluss eines Content-Vertrags für mindestens zwölf Monate an den Internet- oder Kabelanschluss gebunden – in manchen Fällen sogar noch länger.

Um auch einen entsprechenden Pull-Effekt des Contents für die zugrunde liegende Infrastruktur-Leistung zu erzeugen, müssen die TV-Inhalte äu-ßerst attraktiv für den Kunden gestaltet sein.

(goetzpartners)

Abbildung8:KlassifizierungvonIPTV-Produkten

offene Usergroup,offenes Netzwerk

Netzwerke/Nutzergruppe

IPTV-Ausprägungen

geschlossene Usergroup,offenes Netzwerk

geschlossene Usergroup,proprietäres Netzwerk

KostenfreiesIPTV mit möglicher

Interaktion

Pay-per-Channel/VoD

InteraktiveZusatzdienste

InteraktiveWerbung

(iAds)

IPTV-Commerce

Video – UserGenerated Content

BMW TV

fashion tv

Broadband Bananas

Yavido

Sky

Sky

Media Shopping Clipfish

YouTube

funkysexycool

Neben hervorragender technischer Qualität zählen inhaltliche Attraktivität (z. B. interaktive Angebote und die Abdeckung aller üblichen Fernsehpro-gramme) und Exklusivität zu den Schlüsselfaktoren für IPTV.

Um Exklusivität im Inhaltebereich zu erlangen, erwarb T-Online 2005 die Bundesliga-IP-Rechte. Unter anderem damit wurde die geschlossene Tri-ple Play-Plattform T-Home als Nachfolgeprodukt von T-Vision beim Launch im Oktober 2006 beworben. T-Online vermarktet T-Home gemeinsam mit einem VDSL- beziehungsweise ADSL2+-Anschluss, da auf Grund der hohen erforderlichen Bandbreite besonders für die in HD-Qualität übermittelten In-halte keine anderen verfügbaren Netze verwendet werden können. T-Home ist im IPTV- und VoD-Markt momentan der einzige Player, der mit von Pre-miere produzierter Live-Bundesliga und Premiere-Paketen Premium-Pay-TV-Content anbietet. Allerdings bildet T-Home auch das klassische Free-TV na-hezu lückenlos ab, so dass ein separater Fernsehanschluss überflüssig wird. Zudem weist das Produkt nahezu alle oben genannten Merkmale auf, die als Erfolgsfaktor einen Pull-Effekt erzielen können. Eine spezielle IP-Set-Top-Box ermöglicht den Empfang auf einem TV-Gerät und bietet damit gegenüber Internetangeboten einen erhöhten Convenience-Faktor.

Weitere Beispiele für geschlossene IPTV-Plattformen sind Alice Home TV, Sky, Disney und CNN. Bei den Letzteren handelt es sich also um TV-Sender oder Produzenten, die sich über die Wertschöpfungskette vorwärts integrieren.

Um Kunden von den klassischen TV-Plattformen abwerben zu können, müssen IPTV-Provider durch exklusive Inhalte und Services einen klaren Wettbewerbsvorteil definieren und kommunizieren („Content is King“). Allerdings wird die Amortisierung der Lizenzkosten zu einer großen Herausforderung. Somit wird es nur wenigen Playern gelingen, sich mit einer geschlossenen Plattform zu behaupten, vor allem, wenn intern erst Kompetenz im Bereich des Content-Einkaufs aufgebaut werden muss. Denn einerseits ist der Filmrechtehandel per se ein komplexes Ge-schäft, andererseits muss eine Verhandlungsmacht gegenüber den Pro-duzenten gebildet werden, um attraktiven Content zu refinanzierbaren Kosten zu erhalten.

2.WiedieKonvergenzderMediendenFernsehmarktverändert_21

22_IPTV

B)IPTV:OffenePlattformenWie bereits erwähnt, entwickelten und vermarkteten Telekommunikations-unternehmen die ersten IPTV-Plattformen, indem sie Content auf ihre eigene Infrastruktur aufsetzten. Bei offenen Plattformen handelt es sich um Ange-bote, die jedem User zur Verfügung stehen, der über einen Internetanschluss und einen PC verfügt. Der Nutzer benötigt weder eine proprietäre Soft- oder Hardware noch besondere Infrastrukturen, um Inhalte abzurufen.

Bei der VoD-Plattform maxdome handelt es sich um ein offenes Netzwerk mit einer geschlossenen Benutzergruppe, da sich der Kunde registrieren lassen muss, um die gewünschten Inhalte per Einzelabruf oder Abonne-ment im Streaming-Verfahren herunterladen zu können.

Gelauncht wurde maxdome im Jahr 2006 durch die Kooperation aus einem TV-Sender (ProSiebenSat.1-Konzern) mit Content-Kompetenz und einem Internet-Infrastruktur-Unternehmen (1&1 Internet AG), das sowohl das technische Know-how als auch den Breitbandanschluss mitbringt und mit der Plattform den Vertrieb des Infrastruktur-Geschäfts forcieren will.

Momentan hat maxdome rund 5.000 Titel im Portfolio. Auf Grund der Zu-gehörigkeit zum ProSiebenSat.1-Konzern enthält es einen großen Anteil an Serien (Hausmeister Krause, Desperate Housewives etc.), Comedy (Strom-berg, Kalkofes Mattscheibe etc.) und Eigenproduktionen (Verliebt in Berlin, Edel & Stark etc.), die die beiden Sender auch im linearen Fernsehen aus-strahlen. Ebenfalls hoch ist der Anteil an Erotik-Filmen, da dieses Geschäft via Internet weiterhin boomt.

Zusätzlich zur Internet-Plattform hat maxdome eine Set-Top-Box im Ange-bot, die den Empfang der Inhalte auf dem Fernseher ermöglicht.

Zu den offenen Plattformen mit offener User Group gehören in Deutsch-land die ZDFmediathekundn-tvinteraktiv. Erstere bietet bisher rund 20% bis 25% des TV-Programms als Live- und aufgezeichnete Streams sowie einige wenige Downloads an. Bis Herbst 2007 soll der Großteil der ZDF-Inhalte online verfügbar sein. n-tv-interaktiv bietet in Kooperation mit Microsoft Vista ein IPTV-Angebot, bei dem speziell Interaktivität im Vorder-grund steht. Zu interaktiven Funktionen zählen vertiefende Infos wie wei-terführende Beiträge und Videoclips, Hintergrundartikel und -daten oder interaktive Umfragen.

Alle offenen Plattformen zielen darauf ab, eine möglichst breite Kun-denbasis anzusprechen. Sie bieten Inhalte oft kostenlos zum Download oder Streaming an. Seit etwa einem Jahr treten sie ihren Siegeszug in Deutschland an und dominieren geschlossene Plattformen, die sich durch die ausschließliche Nutzung der eigenen Infrastruktur selbst li-mitieren. Entscheidender Erfolgsfaktor neben hochwertigem Content ist eine Technik, die es ermöglicht, die Filme auf dem Fernsehgerät und nicht nur auf dem PC zu empfangen.

2.4.3.DritteStufederKonvergenz:„TheNewTV“–VerschmelzenvonTVundInternetMomentan zeichnet sich das Konvergenzfeld durch zwei Pole aus – die On-line-Welt und die TV-Welt. Die Empfangsgeräte sind nicht vollständig in ihren Anwendungsfeldern verschmolzen, so dass im Wohnzimmer Unter-haltungs- und Computerindustrie miteinander konkurrieren. Dabei hat das TV durch neue Formate und Technologien in den letzten Jahren deutlich an Dynamik gewonnen. Das Internet hat in kürzester Zeit einen globalen Siegeszug angetreten.

Mittelfristig wird IPTV eine vollständige Konvergenz zwischen TV und In-ternet bewirken. In diesem Stadium ersetzen neue, interaktive Formate, die zeitpunktunabhängig abgerufen werden können, das lineare Fernsehen. Der Content wird dann hauptsächlich auf On-Demand-Basis verfügbar sein. Dies gilt für Free-TV, Pay-TV und für interaktives TV. Lineare Fernseh-programme werden zwar weiter für „passive“ Zuschauer existieren, jedoch in Zukunft entscheidend an Bedeutung verlieren.

Die rasant fortschreitende Breitband-Entwicklung mit einer prognosti-zierten Penetration von 27 Mio. Haushalten in Deutschland im Jahr 2015 (dies entspricht 70% aller Haushalte) wird es ermöglichen, dass TV-Inhalte in vollem Umfang über das Internet und einen Computer zu empfangen sind.

Die Konvergenz der Hardware ist ebenfalls entscheidend. Dabei ist ein wei-teres Zukunftsszenario das sogenannte Hybrid-TV: Dabei ermöglicht eine Set-Top-Box sowohl den Empfang von DVB-Signalen via Kabel, Satellit und Terrestrik als auch von Signalen via Internet. Die Box führt die Signale auf dem Fernseher so zusammen, dass sich die Komponenten kombinieren lassen. Der Zuschauer kann beispielsweise eine Sport-Live-Übertragung über Kabel oder Satellit anschauen und sich parallel dazu ein zweites Fens-ter mit dem Angebot eines Wettanbieters anzeigen lassen, der sein An-gebot auf das Live-Event ausgerichtet hat. Die Fernbedienung, die mittels Rückkanal das Gebot überträgt, ermöglicht ein direktes, medienbruchfreies Wetten. Da diese technologische Entwicklung eine Entkopplung von Con-

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24_IPTV

tent und Zusatzdiensten zulässt, geraten die Geschäftsmodelle etablierter Fernsehsender immer weiter unter Druck. Solche Zukunftstechnologien sind keineswegs noch in weiter Ferne. Eine entsprechende Technologie wurde bereits von einer kleinen Firma im Schwarzwald (TeleGent) entwi-ckelt und auf der Cebit 2007 vorgestellt.

Zukünftig werden aber auch Fernseher selbst in der Lage sein, sowohl IP- als auch DVB-Signale zu empfangen. Zudem wird die grundsätzlich unter-schiedliche Navigation von TV und Internet durch Zusatz-Hardware aufge-hoben. So kann ein Keyboard, das das Eingeben von Text auf Internetseiten erleichtert, optional mit einem TV-Gerät gekoppelt werden. Z. B. hat Sharp kürzlich angekündigt, 2008 ein erstes internetfähiges TV-Gerät auf den Markt zu bringen, das mit einem eigenen Prozessor die Rechenleistung aufbringt, die für das Anzeigen von Webseiten erforderlich ist.

Die Benutzeroberflächen (User Interfaces) werden sich ebenfalls den Ent-wicklungen anpassen. So sind Avatare im zukünftigen IPTV denkbar. Sie könnten die Aufgabe des bekannten EPG (Electronic Program Guide) über-nehmen und – durch eine intelligente Lernfähigkeit ausgestattet – dem Zuschauer die Sendungsarten empfehlen, für die er sich bereits in der Vergangenheit entschieden hat. Ähnliche Funktionalitäten bietet in den USA schon heute „TiVo“, ein Festplatten-Receiver, der selbstständig Filme aufzeichnet, die in das Sehschema und zum Geschmack seines „Besitzers“ passen.

Weitere interaktive Applikationen (T-Commerce) wie die Bestellung der Sonnenbrille des Actionstars oder der Krawatte des Nachrichtensprechers per Klick auf der Fernbedienung aus dem laufenden Programm heraus treiben die Entwicklung dynamisch voran. Somit lässt sich klassischer TV-Content mit T-Commerce zu neuartigen interaktiven Werbeformen ver-knüpfen. Der Zuschauer kann völlig impulsgesteuert genau dann Produkte bestellen, wenn er durch die Handlung emotionalisiert und somit kaufbe-reiter ist, als wenn er nach Ende des Films im Internet die Ware suchen und bestellen muss. Der viel zitierte Pizzaservice, der über die Fernbedienung direkt beauftragt werden kann, ist zwar auf Grund der Regionalität eher ein Geschäftsmodell mit begrenztem Umsatzpotenzial, weist jedoch aus Kundensicht einen sehr hohen Zufriedenheitsfaktor auf und ist technisch schon realisierbar.

2.WiedieKonvergenzderMediendenFernsehmarktverändert_2�

Das neue Zeitalter des TV („The New TV“) ist bereits sehr nahe. Das Konsum- und Fernsehverhalten der Zuschauer wird sich maßgeblich verändern und dazu führen, dass etablierte Geschäftsmodelle aus den Angeln gehoben werden. Zudem machen sich TV-Inhalte unabhängig von Geräten und sind somit immer und überall erreichbar. Im Wohn-zimmer lassen sich zukünftig vor allem On-Demand-Services abrufen, der Zuschauer stellt sich zeitpunkt- und TV-Programm-unabhängig Sendungen zusammen. Gleichzeitig kann er auf demselben Emp-fangsgerät – inspiriert von der soeben gesehenen Reisesendung – den nächsten Urlaub im Internet buchen und natürlich parallel zum Live-Sport eine Wette online platzieren.

2�_IPTV

�.IPTV-Infrastruktur:Tech-nischeRahmenbedingun-genundMöglichkeiten

3.1.TechnischeDefinitionvonIPTV3.1.1.StreamingversusBroadcastingDie Übertragung von IPTV erfolgt über Streaming und unterscheidet sich damit wesentlich vom klassischen Broadcasting. Während das Broad- casting eine Verteilverbindung ist, bei der das lineare TV-Programm perma-nent an alle Teilnehmer gleichermaßen gesendet wird, wird das Signal im IPTV im Streaming-Verfahren nur bei Abruf durch den Kunden übertragen.

Die Möglichkeit einer Signal-Rückübertragung bei Interaktionen durch den Zuschauer wird beim Broadcasting in der Regel über das Telefonnetz (DSL) realisiert, da ein eigener Rückkanal derzeit bei den meisten DVB-Infrastruk-turen nicht möglich ist. Generell besteht auch die Möglichkeit, IP-Signale über das DVB-Netz im Broadcasting-Verfahren zu senden, so dass auch dieses Übertragungsverfahren zu IPTV zu zählen ist.

Bei der Breitbandübertragung von IPTV im Streaming-Verfahren ist auto-matisch ein Rückkanal vorhanden, der sich in drei Übertragungsstandards unterteilen lässt:

(goetzpartners)

Abbildung9:IPTV-ÜbertragungsverfahrenStreamingvs.Broadcasting(schematisch)

Broadcasting (DVB)

Unicast

Streaming (IPTV)

Multicast Peer-to-Peer

Sender

Router

Empfänger (Client) Empfänger (Client) Empfänger (Client) Empfänger (Client)

Server Server Server

Router RouterInternet

Bei IP-Verbindungen per Unicast handelt es sich um Punkt-zu-Punkt-Verbindungen. Jeder Zuschauer verbindet sich mit dem Server und for-dert einen eigenen Datenstrom an, was zu einem hohen Datenaufkom-men führt. Aus diesem Grund kommt die Unicast-Verbindung nur bei VoD-Inhalten zum Einsatz und nicht bei der Übertragung von linearem Live-TV, das eine entsprechend hohe Anzahl an Zuschauern sieht.

Lineares Live-TV wird im IPTV per Multicast übertragen. Multicast be-zeichnet eine Signalübertragung von einem Punkt zu einer Gruppe (Mehr-punktverbindung). Datenströme werden an mehrere virtuelle Adressen ins Netz übertragen. Der Nutzer wählt sich in diese ein und gehört somit zu einer Multicast-Gruppe. Vorteil des Verfahrens ist, dass gleichzeitig Nachrichten an mehrere Teilnehmer oder an eine geschlossene Teilneh-mergruppe übertragen werden können. Der Sender braucht beim Mul-ticasting nur die gleiche Bandbreite wie ein einzelner Empfänger, da er die Inhalte nicht an jeden einzelnen Empfänger, sondern nur an Multi-cast-Gruppen übertragen muss. Im Gegensatz zum Unicast können also Inhalte mit hohen Bandbreiten ausgespielt werden, ohne dass der Server diese nur einem einzelnen Empfänger zur Verfügung stellen muss.

Ein weiterer IPTV-Verbreitungsweg sind Peer-to-Peer- (P2P) Verbin-dungen, wobei jeder Empfänger gleichzeitig auch zum Sender wird. Über eine spezielle Software werden Inhalte unter den Nutzern verteilt. Bekannt ist diese Technik durch Internet-Tauschbörsen. Wie beim Mul-ticast konzentriert sich die Datenlast nicht auf einen einzigen Sender. Nachteil ist, dass die Kontrolle über die Verbreitung und den Nutzer der Inhalte verloren geht. In Deutschland hat dieser Übertragungsstandard bisher wenig Relevanz.

3.1.2.DigitalesBroadcasting-TVversusIPTVIPTV und digitales Broadcasting-TV (DVB) unterscheiden sich insbesonde-re durch die Merkmale Interaktivität/Rückkanalfähigkeit und Sichtbarkeit des Kunden. Generell gilt, dass nur IPTV eine medienbruchfreie Interaktivi-tät/Rückkanalfähigkeit und damit auch eine vollständige Adressierbarkeit und Sichtbarkeit des Kunden in Form einer direkten 1:1-Beziehung realisie-ren kann.

Beim DVB unterscheidet man zwischen dem klassischen und dem hybri-den Ansatz der Rückkanalintegration. Bei Ersterem kann der Betreiber den Rückkanal im gleichen Netz abbilden. Dabei ist Interaktivität grundsätz-lich vollumfänglich möglich und der Nutzer ist im Rahmen von Interak-tion sichtbar. Beim Hybridansatz wird neben dem bestehenden Netz ein zweites Netz (zum Beispiel DSL) als Rückkanal genutzt, welches die Interak-tivität nur eingeschränkt ermöglicht. So ist zwar auf Grund der fehlenden 1:1-Beziehung VoD nicht realisierbar, Near VoD jedoch schon.

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2�_IPTV

Zukünftig wird sich der klassische Ansatz beim DVB durchsetzen – es kommt also zu einer Verschmelzung zwischen Digital-TV und IPTV.

Daraus leitet sich ab, dass IPTV hinsichtlich Programmvielfalt und Interak-tionsmöglichkeiten dem klassischen DVB auf Grund von Streaming und Rückkanalfähigkeit überlegen ist.

EinordnungundAbgrenzungIPTVvs.DVBKriterien IPTV DVB–klassisch DVB–hybrid

Übertragung Streaming (Unicast, Multicast, Peer-to-Peer)

Broadcasting

Protokoll/Modu-lation

IP Kabel: Modulationsart 64-256 QAMSatellit: Modulationsart QPSKTerrestrik: Modulationsart: QPSK, 16/64 QAM

Kapazität Über-tragungsrate (in MBit/s)

ADSL2+: 25 MBit/s VDSL1: 52 MBit/sVDSL2: 200 MBit/s(immer 1 : 1-Verbindung)

Kabel: 38 MBit/s pro Kanal (1 zu n Verbindung)Satellit: 33-38 MBit/s pro Kanal (1 zu n Verbindung)Terrestrik: 4-22 MBit/s pro Kanal (1 zu n Verbindung)

Anzahl Sender Technisch theoretisch unbe-grenzt – derzeit tatsächlich zwischen 100-150 Sender

Kabel: technisch möglich ~ 700, tatsächlich ~ 150-200Satellit: technisch möglich ~ 1500, tatsächlich zwischen

400-800 (erweiterbar durch weitere Satelliten-positionen)

Terrestrik: ~ 24-30

Komprimierung MPEG-2, MPEG-4, AVC, Windows Media/VC-1, Wavelet, Real Video 10

Rückkanalfä-higkeit

ja Rückkanal nur mit Medien-bruch realisierbar

Rückkanal wird über ein anderes IP-fähiges Netz (DSL) oder das eigene Netz, welches IP-fähig ausgebaut wird, realisiert (Hybrid-ansatz)

Interaktivität Vollumfängliche Interaktivität

Eingeschränkte Interakti-vität – z.B. EPG, Splitscreen, Multifeed (kein Rückkanal)

Vollumfängliche Interak-tivität

Sichtbarkeit Kunde

Vollständig transparenter Nutzer

Anonymer Nutzer Weitgehend anonymer Nutzer – Sichtbarkeit im Rahmen von Interaktivität

Langfristig ist davon auszugehen, dass das „next generation network“ (all IP) sich vollständig durchsetzt und alle Dienste (TV, Internet und Telefonie) über eine einheitliche Struktur abgewickelt werden können. Somit substituiert IPTV in letzter Konsequenz DVB. Kurzfristig ist da-mit zu rechnen, dass IPTV das DVB im Rahmen von Hybridlösungen ergänzt.

3.2.ProzessderIPTV-Übertragung3.2.1.IPTV-ÜbertragungüberDSLWie bereits angesprochen, gibt es grundsätzlich zwei Möglichkeiten der Übertragung des IPTV-Service – die Übertragung kann über eine geschlos-sene oder eine offene Plattform erfolgen.

Durch moderne Breitbandtechnologien (ADSL2+/VDSL, FTTH) ist heutzuta-ge der Zugang zum Internet in ausreichender Bandbreite möglich, um in IPTV übertragene TV-Pakete zu streamen. Das Internet ist eine offenePlatt-form, die jedermann jederzeit Zugriff auf Content jeglicher Art ermöglicht.

Grundsätzlich muss ein IPTV-Signal durch die drei Netzwerk-Komponen-ten öffentliches Internet (garantiert keinerlei Quality of Service), IP-Back-bone4 und Backhaul5 (in den meisten Fällen durch die Deutsche Telekom gemanagt) gelangen. Dieser Durchleitungsprozess kann die Übertragung verlangsamen.

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(goetzpartners)

Abbildung10:IPTV-ÜbertragungüberDSL

Plattform Network Inhouse

CRM

Library

Stream

DRM

Backbone Backhaul Access

Closed Platform

Open Platform

Billing

Home Networking

PublicInternet

DLECs IPBackhaul

Private IPBackbone

Private IPBackhaul

DLEC = Digital Local Exchange Carrier

4) Das Backbone-Netz ist das verbindende Kernnetz in einer hierarchischen Netzstruktur zum Informationsaustausch. Es ist ein Hochleistungsnetz, das den Anschluss einer Vielzahl von territorial verteilten Endgeräten, Endgeräte-Clus-tern oder lokalen Subnetzen erlaubt und diese Netze und Systeme untereinander verbindet.

5) Transportverbindung zwischen verteilten und zentralen Netzknoten, typischerweise zwischen Zugangsnetzen und Kernnetzen oder zwischen Access Points (AP) und Vermittlungsstelle

�0_IPTV

Auf Grund der Engpässe und mangelnder Priorisierungsmechanismen in einem offenen Netzwerk kann es zu schlechter Übertragungsqualität kom-men oder sogar dazu, dass Datenpakete völlig verloren gehen, so dass diese erneut versendet werden müssen. Das Layer-Modell des Internetprotokolls stellt die Vollständigkeit der übertragenen Daten sicher, indem es über ei-nen eigenen Layer (Layer 4: Transport) verfügt, der speziell die Aufgabe hat, korrupte oder verlorene Daten wiederherzustellen.

Man spricht von einer geschlossenen IPTV-Plattform, wenn der Anbieter die angebotenen IPTV-Services ausschließlich über seine Private Back- bones und Backhauls an die eigene Kundenbasis als Empfänger überträgt. In diesem Fall werden Signale ausschließlich über das eigene Netzwerk gesendet und nicht über das öffentliche Internet (zum Beispiel T-Home). Der Backhaul muss dem Provider gehören oder dieser muss Kapazitäten anmieten.

Der entscheidende Vorteil dieses Systems liegt in der Priorisierung, da IP-Pakete, die zu einem Kommunikationsvorgang gehören, gekennzeich-net werden können.6 Die Übertragung der einzelnen Pakete erfolgt zwar immer noch getrennt voneinander, doch werden jetzt alle Pakete gleich behandelt, so dass diese „gleichzeitig eintreffen“. Dies ist sinnvoll, wenn Router im eigenen Netzwerk Ressourcen für einen bestimmten Vorgang reservieren können.

3.2.2.WeitereIPTV-ÜbertragungsinfrastrukturenIP-Signale können nicht nur über Internetleitungen, sondern ebenfalls über Kabel- und Satellitennetzinfrastruktur gesendet werden. Entschei-dendes Charakteristikum von IPTV ist jedoch in jedem Fall die Rückkanal- fähigkeit, die gewährleistet sein muss. Wird Kabel oder Satellit genutzt, handelt es sich um eine Hybridtechnologie, wenn der Rückkanal dann über eine Internetverbindung (Telefon- oder DSL-Kabel) zustande kommt. Mit Astra2Connect haben die Betreiber erstmals eine Technologie entwickelt, die einen kostengünstigen Rückkanal über den Satelliten ermöglicht.7

3.3.TechnischeAnforderungenanIPTV3.3.1.BandbreiteDas für IPTV erforderliche Datenformat wird durch Digitalisierung analoger Datenströme erreicht. Digitale Daten benötigen sehr hohe Bandbreiten, da sie mit einer Rate von 216 MBit/s übertragen werden: Eine Stunde digita-

6) Dies wird durch das Internet Protocol Version 6 (IPv6) ermöglicht. Im Gegensatz dazu kann im offenen Internet nur das Internet Protocol Version 4 verwendet werden, das keine Priorisierung ermöglicht.

7) Prominentes Beispiel der IP-Übertragung über Kabel und Satellit war der Pay-TV-Sender Premiere 2006, als er gegen die Deutsche Fußball Liga (DFL) mit der Idee scheiterte, eine Kooperation mit T-Online zu schließen, die die IP-Rechte an der Übertragung der Bundesliga erworben hatten. Nachdem Premiere gegen Unity Media (arena) die Broad- casting-Rechte verloren hatte, wollte der Sender alle Abonnenten mit dem IP-Signal über Kabel oder Satellit mit der Bundesliga versorgen.

lisierter TV-Daten in SD-Qualität summiert sich auf 97,2 GB, eine Stunde digitales HDTV-Material auf 5.300 GB. Weder Prozessoren noch Übertra-gungsinfrastruktur noch Speichermedien können mit solchen Datenkapa-zitäten zu endkundenfreundlichen Preisen umgehen. Daher ist eine Kom-primierung der Daten notwendig. Folgende Beispiele verdeutlichen dies:

Speichermedien: Ein zweistündiger unkomprimierter SD-Film benötigt rund 200 GB, eine Standard-DVD-ROM hat etwa 4,7 GB Speicherplatz.

Infrastruktur: Ein DSL-Breitbandnetz bietet in der Regel Übertra-gungsraten bis zu 10 MBit/s, während unkomprimierte digitale Daten 216 MBit/s beanspruchen.

Prozessor-Leistung: Das Auslesen eines HDTV-Frames (1920 x 1080 Pixel) und der Transfer in den Video Output-Puffer benötigen mehr als 2 Mio. Computer-Operationen.

Momentan ist MPEG-2 der gängigste Standard zur Video-Kompression. Hier-mit wird durch das Reduzieren von Interframe Redundancies (Redundanzen zwischen verschiedenen Bildformaten) eine Kompression von 50:1 erreicht, ohne die Bildqualität negativ zu beeinflussen. MPEG-4 AVS (H.264) und ande-re neue Codecs (beispielsweise Microsofts Windows Media Video 9 codec) sind eine Weiterentwicklung, die vor allem für HDTV unerlässlich ist. Sie eignen sich ebenso für SDTV8 und ermöglichen die Übertragung mehrerer paralleler TV- Signale sowie die TV-Übertragung auf Netzen mit geringerer Bandbreite.

Im Laufe der Zeit steigt typischerweise die Kompressionseffizienz. So hat sich der MPEG-2-Standard von rund 6 MBit/s im Jahr 1995 auf ak-tuell 2 bis 3 MBit/s verbessert. Gleiches wird für MPEG-4 und weitere Standards gelten, so dass die IPTV-Übertragung von HDTV-Inhalten in sehr naher Zukunft Normalität werden kann.

3.3.2.BidirektionaleKommunikationDie bidirektionale Kommunikation, also die Rückkanalfähigkeit der digita-lisierten Kabel- und DSL-Netze, ist der wesentliche und determinierende Faktor für IPTV. Erst diese ermöglicht On-Demand-Dienste, da der Endnut-zer bedarfsorientiert mit dem Sender „kommunizieren“ kann. Ermöglicht wird die Rückkanalfähigkeit durch die Client-Server-Architektur, die – ori-ginär für das Internet entwickelt – eine bidirektionale Kommunikation per se beinhaltet, da das Internet ein Aktivmedium darstellt, das eben genau Interaktion ermöglichen muss.

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(goetzpartners)

Abbildung11:VergleichverschiedenerBitratesunkomprimierterunddurchverschiedeneCo-decskomprimierterDaten

Uncompressed 4:4:4 Digital Video

Uncompressed 4:2:0 Color Sampling

Motion JPEG

DV 25

MPEG-2

MPEG-4

0.045 .180 .750 3 12 50 200 400 Mbps

56 KBit Modem

ISDN CD-ROM

DVD-Video

ADSLCable Modem

HDTV Rate

8) Standard Definition TV

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Zudem bietet die Bidirektionalität des Internet-Protokolls weitere Vorteile wie ein gegen Hacker sichereres Verschlüsselungssystem (siehe auch „Da-tensicherheit“).

3.3.3.QualityofServiceBei der Übertragung von IPTV-Paketen müssen verschiedene kritische Eng-pässe (peerings) überwunden werden, die zu einer Verlangsamung der Übertragung, zu einer veränderten Ordnung der übertragenen IPTV-Pakete und somit auch zu einer Verringerung der Qualität führen können. Im Ver-gleich zum geschlossenen Netz können Betreiber im öffentlichen Internet die Dienstequalität (Quality of Service, QoS) nicht garantieren, da das Inter-net keine Priorisierung ermöglicht. Um die genannten Qualitätsdefizite zu überwinden, ist eine Pufferfunktion beim Endgerät sehr wichtig. Der Puffer sorgt durch das Halten längerer Frequenzen für ein gleichmäßiges Streaming und somit für ein qualitativ hochwertiges IPTV-Erlebnis.

Proprietäre Plattformen sind auf Grund der garantierten Quality of Service derzeit noch vorherrschend. Betreiber können die benötigte Qualität für IPTV bei geschlossenen Plattformen durch eigenes Netzwerkmanagement der aktiven Komponenten sicherstellen, indem sie zum Beispiel Datenströ-me priorisieren, Bandbreiten reservieren und Pufferkapazitäten einbauen.

3.3.4.DatensicherheitUm die IPTV-Inhalte zu schützen, sind mehrere Schritte notwendig (Ver-schlüsselung, Zugriffskontrolle, Authentifizierung sowie das Rights Ma-nagement im Sinne der Kopier- und Nutzungsrechte-Kontrolle). Da oftmals der PC als Endgerät im IPTV-Modell fungiert, von dem Daten leicht her-untergeladen, kopiert oder verändert werden können, ist ein Conditional Access und Rights Management System von enormer Bedeutung. Klassi-scherweise finden solche Systeme Anwendung. Im Gegensatz zum PC las-sen „normale“ Set-Top-Boxen nur selten das Speichern und Herunterladen der Inhalte zu, es sei denn, der Receiver enthält eine Festplatte.

A)VerschlüsselungUnter Verschlüsselung versteht man den Prozess, die Reihenfolge der di-gitalen Bits zu ändern, so dass sie willkürlich zusammengesetzt ohne passenden Decodierschlüssel kein brauchbares Bild ergeben. Sie wird ver-wendet, wenn das IPTV-Geschäftsmodell eine Pay-Komponente beinhaltet und deshalb nur ausgewählten Nutzern auf PPV- oder Abonnement-Basis zugänglich sein darf. Auf Empfängerseite setzt ein passender Schlüssel die Daten wieder in der richtigen Reihenfolge zusammen.

Der Vorteil eines bidirektionalen Systems wie IPTV liegt im Zurücksen-den von Signalen, das eine Punkt-zu-Punkt-Authentifizierung eines jeden einzelnen Endgeräts ermöglicht. Ist der Code gehackt, betrifft dies nicht das gesamte System, sondern lediglich einen Empfänger, da der Betrei-ber keinen globalen Code für alle Nutzer verwenden muss. Im Gegensatz

dazu liegt das Hacker-Risiko in klassischen Broadcasting-Netzwerken sehr viel höher, da auf Grund fehlender Rückkanalfähigkeit alle Endgeräte den Decodierschlüssel bereits enthalten müssen. Da das gesamte System mit demselben Code funktioniert, sind unberechtigte Personen in der Lage, In-halte illegal ohne Bezahlung anzusehen. Betreiber können diesem Risiko vor allem durch häufigen Schlüsselwechsel vorbeugen.

Betreiber müssen die Kompatibilität der Kombinationen von Verschlüsse-lungssystem und Set-Top-Box der verschiedenen Anbieter genauestens be-denken, da sie auf Kundenseite leicht zu Verwirrungen führen. Ein Beispiel hierfür war die Ankündigung von arena zum Markteintritt, ein anderes Verschlüsselungssystem als Premiere zu wählen, wodurch erhebliche Un-sicherheit bei den Anwendern entstand, ob und in welchen Fällen sie eine zusätzliche Set-Top-Box benötigen. Auf Grund dessen warben Receiver-Hersteller zum Teil bewusst damit, beide Systeme entschlüsseln zu können. Auch wenn die Wahl für oder gegen ein bereits im Markt bestehendes Sys-tem durch die Anbieter durchaus auf nachvollziehbaren technischen wie auch kommerziellen Beweggründen beruht, ist für Kunden mitentschei-dend, dass sich im Wohnzimmer aus ästhetischen und finanziellen Grün-den nicht mehrere Receiver stapeln.

B) DigitalRightsManagement(DRM)Nachdem das Signal decodiert wurde, ist es ferner notwendig, durch ein Rights Management zu definieren, welche Nutzungsrechte gelten. Die Rechte können vom reinen Abspielen des Contents (unbeschränkt oder zeitlich begrenzt), über die Kopierberechtigung (nur auf zugelassene, weil ebenfalls lizenzierte Geräte oder auf jegliche Endgeräte) bis hin zur Mög-lichkeit reichen, die Inhalte zu verändern.

Im Rahmen von IPTV werden neue DRM-Softwarelösungen entwickelt, die sich flexibel hinsichtlich der zu vergebenden Rechte gestalten lassen und somit jederzeit an unterschiedliche Geschäftsmodelle und damit IPTV-For-mate anpassbar sind. Damit entspricht das DRM der zugrunde liegenden Idee von IPTV: völlige Flexibilität in diesem Fall nicht nur für den Endnutzer, der Zeitpunktunabhängigkeit und weitere Vorteile genießt, sondern auch für den IPTV-Anbieter.

�.IPTV-Infrastruktur:TechnischeRahmenbedingungenundMöglichkeiten_��

�4_IPTV

3.3.5.IPTV-HardwareFür den Empfang von IPTV können Kunden zwischen vier Zugangsvari-anten wählen. Jede erfordert dabei unterschiedliche Hardware- und Zu-gangstechnikvoraussetzungen.

Die erste Gruppe umfasst Triple Play-Anbieter wie Telekommunikations-unternehmen und Internet Service Provider (ISPs), die beispielsweise VoD-Content bereitstellen. Bei Angeboten wie T-Home oder Alice handelt es sich um geschlossene Plattformen, deren Zugang mittels Zugangsinfrastruktur, Hardware und Software (sog. Gatekeeping-Funktion) beschränkt wird.

Anbieter wie Microsoft (Windows Vista und Windows Media Center) gehö-ren zu den Middleware-AnbieternmitUserSoftware. Bei dieser Anbieter-gruppe erfolgt das Gatekeeping mittels Software, optional kann auch eine Set-Top-Box eingesetzt werden. Die Content-Bereitstellung erfolgt entwe-der mittels Zugriff auf IPTV-Plug-Ins wie beim Mediacenter unter Windows Vista oder wie beim Empfang des Musikangebots von YAVIDO und n-tv interaktiv via IPTV. Microsoft plant das Mediacenter zum IPTV-Client um-zufunktionieren.

Bei der dritten Anbietergruppe der ContentProvider, zu denen unter an-derem Premiere Internet-TV, RTLnow!, maxdome und weitere VoD-Platt-formen zählen, ist Gatekeeping nicht vorhanden, da ein freier Zugriff aus dem Internet möglich ist. Optional stehen den Kunden bei einigen Ange-boten wie zum Beispiel maxdome Set-Top-Boxen zur Verfügung. Der VoD-Content gestaltet sich abhängig von Content-Kooperationsvertrag, und der Abruf erfolgt über Einzelstreaming oder Paket-Abonnements.

(goetzpartners)

Abbildung12:ZugangsoptionenundmöglicheEndgerätefürIPTV

Triple-Play-Anbieter wie Telekommunikations-

unternehmen/ISPs

Beispiele

technischeEmpfangs-voraussetzungen

Middleware-Anbieter mit User Software Content Provider

Middleware-Anbieter mit Provider Software

T HomeAlice

Windows VistaMedia Center

PremiereRTL now!Maxdome

Art VoiceTV1.DEjoost

SpezifischerInternet ServiceProvider (z.B.Dt. Telekom, Hansenet)

VDSL-Modem+ HomeGateway (beiT-Home)Kabel (LAN)

IPTV-fähigeSet-Top-Box

OffenesInternet

SpeziellesProgramm

IPTV-fähigeSet-Top-Box(z.B. maxdome)

Internet-fähiger PC

OffenesInternet

mind. DSL-Anschluss

IPTV-fähigeSet-Top-Box(z.B. maxdome)

Internet-fähiger PC

Breitband-anschluss,

ggf. frei zugänglicher

Client

Internet-fähiger PC

OffenesInternet

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Zum vierten Anbieterkreis gehören mit Diensten wie ArtVoice, TV1.de und Joost Middleware-Anbieter mit Provider-Software. Bei diesen offenen Plattformen erfolgt kein Gatekeeping, so dass jeder Kunde aus dem Inter-net freien Zugang zum Content hat. Der über derartige Anbieter angebo-tene Content reicht von TV-Sendungen über weitere (Musik- oder selbst er-stellte) Videos bis hin zu On-Demand-Lösungen und Event-Broadcasting.

Diese Unterteilung in verschiedene Endgeräte wird langfristig keine Rolle mehr spielen, da Kunden einen möglichst einfachen Zugang zu IPTV bevorzugen und die Endgeräte, wie bereits im Rahmen des Kon-vergenzkapitels erwähnt, verschmelzen werden.

��_IPTV

4.IPTV:RechtlicheRahmenbedingungen

Die Medienwirtschaft unterliegt in Deutschland einem vielfältigen und vielschichtigen rechtlichen Reglement. Folgende Regulierungsfelder sind fürIPTV in Deutschland von besonderer Bedeutung:

4.1. Rundfunkrechtliche Zulassungfürdie VeranstaltungvonIPTV

Die Ausgangsfrage lautet hier: Unter welchen Bedingungen bedarf der Veranstalter eines Bewegtbild-Dienstes, der über das Internet-Protokoll übertragen wird („IP-Bewegtbild-Dienst“), in Deutschland einer rundfunkrecht-lichen Zulassung?

Im Lichte der aktuellen rundfunkrechtlichen und rundfunkpolitischen Debatte in Deutsch-land (Stand: Oktober 2007) muss diese Frage wie folgt beantwortet werden:

Der Veranstalter eines solchen Dienstes be-darf in Deutschland unterzweiBedingungen einer rundfunkrechtlichen Zulassung.

Zum einen ist erforderlich, dass der IP-Bewegt-bild-Dienst als Rundfunk und nicht als Teleme-dium klassifiziert wird.

Nach dem geltenden Recht (Rundfunkstaats-vertrag, Telemediengesetz) und nach den ein-schlägigen Positionspapieren der Landesme-dienanstalten können die Begriffe „Rundfunk“ und „Telemedium“ nur auf der Grundlage des Kriteriums der Meinungsbildungsrelevanz voneinander abgegrenzt werden.

Danach gilt: Ein Bewegtbild-Dienst ist immer dann als Rundfunk und nicht als Telemedium

(goetzpartners)

Abbildung13:ÜbersichtrelevanterRegulierungsbereiche-segmentspezifisch

Verfassungsrechtsprechung (Rundfunkurteile des Bundesverfassungsgerichts u.a.)

EU-Richtlinien- Fernsehrichtlinie- Rahmenrichtlinie- Zugangsrichtlinie- Genehmigungsrichtlinie- eCommerce-Richtlinie- u.a.

Europäisches Übereinkommen über das grenzüberschrei-tende Fernsehen (Europarat)

Medienregulierung in Deutschland

Segmentspezifische Regulierung

Rundfunk Telemedien FilmPresse

Rundfunkstaatsverträge- Rundfunkstaatsvertrag (bisher 9 Änderungs- staatsverträge)- ARD-Staatsvertrag- ZDF-Staatsvertrag- DeutschlandRadio- Staatsvertrag- Rundfunkgebühren- Staatsvertrag- Rundfunkfinanzie- rungs-Staatsvertrag- Satellitenfernseh- Staatsvertrag

Landesrundfunkgesetze- 15 Landesmediengesetze der Länder zum privaten Rundfunk- 9 Rundfunkgesetze zu den öffentlich-rechtlichen Landesrundfunkanstalten

Telemedien-gesetz

16 Presse-gesetze der

Länder

Filmförderungs-gesetz

(goetzpartners)

Abbildung14:ÜbersichtrelevanterRegulierungsbereiche-segmentübergreifend

Verfassungsrechtsprechung (Rundfunkurteile des Bundesverfassungsgerichts u.a.)

EU-Richtlinien- Fernsehrichtlinie- Rahmenrichtlinie- Zugangsrichtlinie- Genehmigungsrichtlinie- eCommerce-Richtlinie- u.a.

Europäisches Übereinkommen über das grenzüberschrei-tende Fernsehen (Europarat)

Medienregulierung in Deutschland

Segmentübergreifende Regulierung

Telekommuni-kationsrecht

Jugendmedien-schutz

Urheberrecht Datenschutz Sonstige übergreifendeRegulierungsfelder

Telekommunikations-gesetz

Jugendmedienschutz-Staatsvertrag

Urheberrechtsgesetz

Gesetz zur Regelung des Urheberrechts in der

Informationsgesellschaft

Bundesdatenschutzgesetz

Datenschutzgesetzeder Länder

Verbraucher-schutzrecht

Strafrecht

Zivilrecht

GWB

zu klassifizieren, wenn er unter den Gesichtspunkten der Breitenwirkung, Aktualität und Suggestivkraft ein erhebliches Beeinflussungspotenzial für den Prozess der individuellen und öffentlichen Meinungsbildung in Deutschland hat.

Wann davon auszugehen ist, dass ein Bewegtbild-Dienst ein solches „er-hebliches Beeinflussungspotenzial“ für den Meinungsbildungsprozess hat, muss im Einzelfall entschieden werden.

Die Landesmedienanstalten haben in ihrem „Dritten Strukturpapier“ vom November 2003 dazu festgehalten: „Ein Dienst ist … umso rundfunkty-pischer, je höher die Wirkungsintensität der verbreiteten Inhalte als solche ist, je stärker die redaktionelle Gestaltung der Inhalte ist, je realitätsnäher die Inhalte präsentiert werden, je größer seine Reichweite und seine gleich-zeitige Rezeptionsmöglichkeit / tatsächliche Nutzung sind und je weniger Interaktivität des Nutzers den Rezeptionsvorgang bestimmt (Passivität des Nutzungsverhaltens und einfache Bedienbarkeit des Empfangsgeräts).“

Dabei gilt: Der Rundfunkbegriff ist technologieneutral. Ob ein Bewegtbild-Dienst als Rundfunk einzustufen ist, hängt nicht davon ab, mit welcher Übertragungstechnik (IP oder Non-IP) oder über welchen Übertragungs-weg (DSL, Kabel, Satellit, Terrestrik) das Bewegtbild-Signal zum Rundfunk-teilnehmer transportiert wird.

Zumanderen muss der IP-Bewegtbild-Dienst, damit der Veranstalter des Dienstes einer rundfunkrechtlichen Zulassung bedarf, tatsächlich einen bestimmten Verbreitungsgrad erreichen.

4.IPTV:RechtlicheRahmenbedingungen_��

(goetzpartners)

Abbildung15:GrundprinzipienderMedienregulierunginDeutschland

Dienst Meinungsbildungsrelevanz Regulierungsintensität Inhalte

- hohe Meinungsbildungsrelevanz mit Breitenwirkung, Aktualität und Suggestivkraft- hohes Beeinflussungspotenzial für die

individuelle und öffentliche Meinungsbildung

- mittlere Meinungsbildungsrelevanz – nicht erhebliche Wirkung auf die individuelle und öffentliche Meinung

- Abruf- und Verteildienste, bei denen die redaktionelle Gestaltung zur (politischen, kulturellen, weltanschaulichen, religiösen etc.) Meinungsbildung für die Allgemeinheit im Vordergrund steht

- Adressat der Mitteilung ist ein nicht abgegrenzter Personenkreis

- individueller Datentransfer (Point to Point)- keine redaktionelle Gestaltung zur

Meinungsbildung für die Allgemeinheit

Telekommunikations-dienst

Massenkommunikation(Point to Multipoint)

Individualkommunikation(Point to Point)

hoch

mittel

niedrig

- Zulassungsgebot- hohe spezialgesetzliche Regelungsgeschichte- rundfunkrechtliche Aufsicht

- keine Zulassung erforderlich- vielfältige Spezialvorschriften, Jugendschutz, Datenschutz, etc.

- geringe spezialgesetzliche Regelungsgeschichte- keine Regulierungsinstanz

Rundfunk(für die Allgemeinheit

bestimmte Veranstaltung und Verbreitung von Darbietungen

in Wort, Ton und Bild)

Telemedium

- Fernsehen (Free TV, Pay TV)- Radio

- Internet-TV, Internet-Radio

- NVoD- interaktives Fernsehen- Video on Demand- Teleshopping

- Videotext, Fernsehtext- elektronische Zeitschrift- allgemeine, redaktionell gestaltete Informationsangebote im Internet

- Meinungsforen, Newsgroups im Internet

- Homepages - On-Demand-Dienste- Suchmaschinen im Internet- Telebanking, Telearbeit, Telemedizin, Telelernen- E-Mail-Dienste- Datendienste: Wetter-, Börsen-, Verkehrsdaten (ohne redaktionelle Gestaltung)- Telespiele- E-Commerce-Dienste

��_IPTV

Mit diesem Kriterium differenzieren die Landesmedienanstalten zwischen Rundfunkdiensten, die, da weit verbreitet, zulassungspflichtig sind, und Rundfunkdiensten, die, da nicht weit verbreitet, keiner Zulassung bedürfen.

Diese Differenzierung wird vorgenommen, um das aufwändige Verfahren der Vorab-Lizenzierung nicht auf alle Rundfunkangebote erstrecken zu müssen, die im Internet verbreitet werden.

Konkret haben sich die Landesmedienanstalten darauf verständigt, dass ein IP-Bewegtbild-Dienst, der als Rundfunk zu klassifizieren ist, dann einer rundfunkrechtlichen Zulassung bedarf, wennermehrals500potenziellenNutzernzumzeitgleichenZugriffangebotenwird.

4.2.PlattformregulierungMit dem Entwurf eines 10. Rundfunkänderungsstaatsvertrages greifen die Länder aktuelle Entwicklungen im deutschen Medienmarkt auf.

Dieser Diskussionsentwurf für den 10. Rund-funkänderungsstaatsvertrag, der zurzeit (Ok-tober 2007) im Länderkreis beraten wird, wei-tet das medienrechtliche Regulierungsregime auch auf private Anbieter von Plattformen aus.

Die Regelungen für Plattformen, die der Ent-wurf vorsieht, umfassen auch und gerade IPTV-Plattformen, d. h. Zusammenfassungen von IPTV-Programmen bzw. -Diensten „mit dem Ziel, diese anderen als Gesamtangebot zugänglich zu machen“.

Nach dem Entwurf unterliegen Anbieter von Plattformen einer Anzeige-pflicht. Die Anbieter von Plattformen müssen, so der Entwurf, Anbieter von Programmen und Diensten diskriminierungsfrei behandeln.

Ferner sieht der Entwurf für Anbieter von Plattformen Must-Carry-Rege-lungen vor.

Bei diesen Regelungen differenziert der Entwurf zwischen „Plattformen privater Anbieter mit mehr als 60 Fernsehprogrammen“ und „Plattformen mit bis zu 60 Fernsehprogrammen“.

Für Erstere gelten die Drittel-Regelungen, die der Rundfunkstaatsvertrag für digitalisierte Kabelnetze enthält (ein Drittel der Kapazität wird nach

(goetzpartners)

Abbildung16:HerausforderungenandieMedienregulierung

Medienmarkt heute

Medienmarkt morgen

Es reguliert bisher nicht - die Verbreitung von Rundfunk über schmalbandige Netze (DSL);- die Veranstaltung und Verbreitung von interaktivem Fernsehen;- den Betrieb und die Vermarktung von Programm- plattformen;- die Kombination von Marktmacht im Infrastruktur- und Inhaltemarkt

Das deutsche Rundfunkrecht geht davon aus, dass - Rundfunk in Form von Fernsehvollprogrammen, Fernsehspartenprogrammen und Radioprogrammen dargeboten wird; - die Übertragung von Rundfunksignalen über Satelliten, Breitbandkabelnetze und terrestrische Frequenzen geschieht; - Unternehmen im Rundfunk entweder als Rundfunk- veranstalter oder Zugangsanbieter auftreten.

Must-Carry-Regeln belegt, ein weiteres Drittel nach Vielfaltskriterien und das letzte Drittel nach Maßgabe der allgemeinen Gesetze).

Für Letztere gilt nach dem Entwurf ein „Cum-grano-salis-Regime“ (die Drit-tel-Regelungen sind hier „entsprechend der zur Verfügung stehenden Ge-samtkapazität zu berücksichtigen“).

4.3.WerbungimIPTVWerbung im IPTV unterliegt generell keinen speziellen Regelungen in Deutschland – zumindest bislang nicht. Welchen Regelungen ein Anbieter zu folgen hat, ergibt sich aus der Klassifizierung seines Angebots als Rund-funk- oder Telemediendienst (siehe dazu das Kapitel „Medienrechtliche Einordnung von IPTV“).

Nach dem Rundfunkstaatsvertrag gibt es aus Verbraucherschutzgründen eine ganze Reihe von Einschränkungen für Werbesendungen, wie bspw. die Beschränkung der Werbedauer auf 20% der Sendezeit pro voller Stunde und auf 15% der täglichen Sendezeit (§ 45 Abs. 1 und 2 RStV). Zudem müs-sen Werbespots als solche optisch oder akustisch gekennzeichnet sein und somit klar vom redaktionellen und inhaltlichen Sendeinhalt getrennt sein, so dass eine Irreführung der Zuschauer und eine Beeinflussung der redak-tionellen Inhalte nicht stattfinden. Es sind höchstens acht Teleshopping-Fenster täglich zulässig. Ihre Gesamtsendedauer darf drei Stunden pro Tag nicht überschreiten. Übertragungen von Gottesdiensten sowie Sendungen für Kinder dürfen nicht durch Werbung oder Teleshopping unterbrochen werden. Gesonderte Regelungen bestehen zum Schutz der Menschenwür-de und des Jugendschutzes.

Neuen Werbeformen, die hauptsächlich durch den technologischen Fort-schritt ermöglicht werden, hat sich die EuropäischeFernsehrichtlinie an-genommen. Die Richtlinie wirkt teilharmonisierend, d.h. Mitgliedsstaaten steht es frei, strengere Bestimmungen zu erlassen. Hinsichtlich interaktiverWerbung gelten solange die Bestimmungen zur linearen Fernsehsendung, wie der Zuschauer noch nicht den Zugang zur interaktiven Anwendung ge-wählt hat. Hat sich der Zuschauer dagegen bewusst dafür entschieden, in die interaktive Umgebung einzutreten, so begibt er sich in eine interaktive kommerzielle Umgebung. Für die Werbebotschaften gelten dann die Be-stimmungen der Richtlinie über den elektronischen Geschäftsverkehr (z.B. besteht weiterhin Kennzeichnungspflicht als Werbung).

Unabhängig davon, ob es sich um lineare oder interaktive Programme han-delt, ist in den Werbebotschaften jedoch immer die Empfehlung in Bezug auf den Jugendschutz und den Schutz der Menschenwürde zu beachten.

4.IPTV:RechtlicheRahmenbedingungen_��

40_IPTV

�.IPTV:VeränderungdesKonsumentenverhaltens

5.1.MedienkonsumimWandel5.1.1.ÄnderungderMediennutzungund-gewohnheitenWährend sich in den letzten Jahren technologische Veränderungen des Fernsehens vor allem qualitativ bemerkbar machten, die Geräte größer und flacher und die Bilder farbiger und schärfer wurden, beeinflusst die Techno-logie des IPTV in erster Linie die Nutzung des Mediums TV. War der Fernseh-konsum noch vor einigen Jahren eine Beschäftigung, bei der Konsumenten zusammen Sendungen auf dem Gemeinschaftsfernsehgerät ansahen, sorgen mittlerweile günstigere Geräte dafür, dass TV-Nutzer zunehmend getrennt an Zweit- und Drittgeräten fernsehen. Dank neuer Übertragungs-techniken und einer Auswahl an verschiedenen Empfangsgeräten haben Kunden heute zudem größere Wahlfreiheit und Selbstbestimmung in Be-zug auf ihren Fernsehkonsum. Hinzu kommt, dass eine höhere Anzahl von Sendern dem Konsumenten eine größere Vielfalt im TV-Umfeld bietet.

Trotz der Rückkanalfähigkeit des IPTV, die es den Konsumenten erlaubt, zu-nehmend zu interagieren statt lediglich passiv zu konsumieren, wird das klassische Massen- und Broadcast-Medium TV weiterhin in erster Linie als Empfangsmedium gesehen. Dabei nutzen Zuschauer das Fernsehen hauptsächlich zur Unterhaltung, Freizeitgestaltung, Informationsbeschaf-fung oder Bildung. Das angebotene Programm wird in den meisten Fällen passiv, klassischerweise zuhause konsumiert. Diese Art der Rezeption wird als „lean back“ bezeichnet.

Mit einer durchschnittlichen täglichen Nutzungszeit von 267 Minuten ist das Fernsehen Massenmedium Nummer eins in Deutschland. Das Internet holt jedoch vor allem bei den jüngeren Konsumenten auf: Mehr als 60% der Deutschen verwenden es mittlerweile, und zwar in erster Linie zur Informa-tionsbeschaffung, Kommunikation, Unterhaltung und Bildung. Dabei sehen Kunden den Vorteil des Internets in neuen, interaktiven Diensten sowie den Möglichkeiten, aktiv bei der Erstellung, Verteilung und Verwaltung von In-halten mitzuwirken. Die jederzeit verfügbaren, breit gestreuten Inhalte sind individuell abrufbar und erlauben Kunden eine bessere Einteilung ihres Zeit-budgets. Die aus dem Internet bekannte aktive, mitgestaltende Rezeption der Inhalte wird als „lean forward“ bezeichnet.

Dass Konsumenten großen Gefallen am aktiven Mitgestalten finden, ist in zahlreichen Bereichen der Mediennutzung zu beobachten. So ist mo-mentan der Konsum von „User Generated Content“ ein Megatrend: der größte Anbieter „YouTube“ verzeichnet täglich mehr als 100 Mio. Abrufe,

in Deutschland zählt „MyVideo“ bereits zu den zehn reichweitenstärksten Seiten. Eine weitere Möglichkeit für den Kunden, aktiv seinen Medienkon-sum zu gestalten, liegt in der individuellen Gestaltung („customizen“) des Medienportals. Dieser Ansatz wird beispielsweise von Apple iPod verfolgt, der es erlaubt, Filme und Video-Podcasts sowie Spiele, Hörbücher, Fotoal-ben und Musiksammlungen nach Belieben zusammenzustellen. Der Erfolg dieses Konzepts lässt sich an der Akzeptanz durch die Kunden messen – seit der Einführung im Dezember 2001 bis September 2006 wurden weltweit mehr als 60 Mio. iPods verkauft.

Diese vielfältigen Möglichkeiten des Internets projizieren Konsumenten zunehmend auf das Medium Fernsehen. Primär werden demnach Interak-tivität und Individualisierbarkeit eine immer wichtigere Rolle für den Kon-sumenten spielen. Damit entwickelt sich der passive Konsument zuneh-mend zum sogenannten „Prosumenten“.

5.1.2.WandeldesKonsumverhaltensdurchIPTVEin Szenario in einem Wohnzimmer in der Welt des IPTV: Kurz vor Beginn der Nachrichten greifen Konsumenten schnell zur Fernbedienung, um nachzusehen, was das elektronische Empfehlungssystem (EPG – Electro-nic Program Guide) für das Abendprogramm vorschlägt. Der angepriesene Spielfilm entspricht zu 97% den Vorlieben des Zuschauers. Zwischendurch kann der Konsument noch das in der Werbung beworbene Produkt bestel-len, das im Shopping-Portal von anderen Usern so gut bewertet wurde. Dass er dadurch die Nachrichten verpasst hat, ist unproblematisch, da die Festplatte die Sendung automatisch aufzeichnet.

Dieses Szenario gibt einen Eindruck davon, in welche Richtung sich das TV-Erlebnis langfristig entwickeln wird. Im Wesentlichen ist der Wandel des TV-Konsumverhaltens durch die Entwicklung zum mündigen Konsu-menten geprägt, der direkt und zeitnah Einfluss auf Inhalte nehmen kann. Der Kunde nimmt somit zunehmend eine aktive Haltung ein, um individu-ellen TV-Konsum realisieren zu können, und vollzieht so die Entwicklung vom „lean back“- zum „lean forward“-Konsumenten.

A)IndividualitätDie bereits häufig angesprochene Individualität wird durch die technischen Rahmenbedingungen des IPTV möglich. Individualisierung kann sowohl die zeitlicheAbfolge des Programms betreffen, als auch dessen inhaltlicheAusgestaltung oder auch die nutzerdefinierteGestaltung der Bedienober-fläche, um damit eine individuelle Navigation zu ermöglichen.

Ein Beispiel für die zeitliche Individualität sind Abrufdienste wie VoD, bei denen der Nutzer Inhalte zeitlich unabhängig vom linearen TV-Programm abrufen kann. Der Trend zur zeitlich individuellen Gestaltung des eigenen TV-Konsums ist durch weltweit steigende VoD-Nutzerzahlen belegt. Die Studie „Deutschland Online 4“ prognostiziert bis 2010 ein Wachstum der

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42_IPTV

VoD-Nutzerzahlen auf rund 2,6 Mio. und bis 2015 auf 7,2 Mio. Auch im in-ternationalen Vergleich ist zu beobachten, dass Kunden immer mehr Ge-brauch von neuen, weiterentwickelten interaktiven Diensten im TV ma-chen. In Frankreich, dem derzeit am weitesten entwickelten IPTV-Markt in Europa, steigt im Rahmen der auf Pay-TV basierenden IPTV-Angebote vor allem die VoD-Nutzung. So verzeichnete der VoD-Dienst „24/24 Vidéo“ von Orange einen Anstieg der Video-Downloads von Q4/2006 (517.000 Abrufe) auf Q1/2007 (862.000 Abrufe) von 67%. In Italien, dem zweitgrößten euro-päischen IPTV-Land, zählt für Kunden des IPTV-Pioniers „Fastweb“ das VoD-Angebot zu den beliebtesten IPTV-Anwendungen. Dabei entfallen fast 50% der abgerufenen VoD-Inhalte auf Kinder-Content.

Individueller Fernsehkonsum setzt auch die selbstbestimmte Auswahl und Gestaltung der Inhalte und Zusatzdienste voraus. So erhält der Kunde im IPTV die Gelegenheit, eigene Programme entsprechend der Nutzerpräfe-renzen zusammenzustellen. Beispielsweise kann er auf interaktiven Shop-pingkanälen individuell entscheiden, zu welchen Produkten beziehungs-weise Produktgruppen er nähere Informationen bekommen möchte. Bei den sogenannten „Open End Clips“ können Zuschauer zwischen verschie-denen Handlungssträngen wählen und somit den Handlungsverlauf aktiv steuern. Ein Beispiel für ein entsprechendes IPTV-Angebot sind interaktive Interviews, bei denen der Zuschauer zwischen verschiedenen Interviewfra-gen wählen kann. Die entsprechenden aufgezeichneten Antworten wer-den dann als individueller Stream übertragen.

Auch die dritte Dimension von Individualität – im Sinne der nutzerdefi-niertenGestaltung – ist im IPTV gegeben. Analog zum Internet kann bei IPTV das Portal, das den Zugang zum TV-Erlebnis darstellt, entsprechend den Kundenwünschen und -bedürfnissen angepasst werden. Für den schnellen und bequemen Zugriff kann der Konsument bestimmte Inhalte sortieren, Favoriten einrichten sowie Senderlisten anlegen oder verändern. Das IPTV-Portal Joost bietet zum Beispiel die Möglichkeit, unter der Rubrik „Decide“ die Kanäle im Channel Guide selbst auszutauschen und zusam-menzustellen. Joost verschafft dem Benutzer zudem die Gelegenheit, sich im Chat mit anderen zu unterhalten und aktuelle Informationen als RSS-Feed zu empfangen. Damit kann man Joost als Fernsehen 2.0 bezeichnen. Interessant ist auch, dass Joost seine Zuschauer einem bestimmten Land anhand der IP-Adresse zuordnen kann, so dass Nutzer aus Deutschland auf Wunsch in Zukunft automatisch nur Programme in deutscher Sprache an-geboten bekommen.

Wie bereits anhand einiger Beispiele erläutert, haben die zunehmenden Individualisierungsmöglichkeiten auch Auswirkungen auf das Programm-angebot. Die zeitliche Individualität wird in Zukunft zusätzlich durch Timeshift TV garantiert, dagegen wird sich Individualität im Sinne von in-haltlicher Selektivität in Deutschland hauptsächlich in Form von VoD-An-geboten durchsetzen.

(Unternehmens-Website)

Abbildung17:JoostTV

Die neuen Möglichkeiten der Individualisierung entsprechen den Anforde-rungen der Nutzer an ein neues TV-Erlebnis. Da das Zeitbudget eine der wichtigsten Variablen für die TV-Konsumentscheidung darstellt, ist die In-dividualisierbarkeit des Konsums einer der Treiber des IPTV-Erfolges.

B)InteraktivitätDer zweite Treiber des IPTV, der das Konsumverhalten maßgeblich verän-dern wird, ist die bereits angesprochene Interaktivität. Interaktion bezeich-net grundsätzlich eine Wechselbeziehung. Auf das Fernsehen bezogen ist damit die Möglichkeit des aktiven Eingreifens des Zuschauers in die Pro-grammgestaltung oder -handlung gemeint.

Zur Abgrenzung der verschiedenen interaktiven Fernsehangebote wird zwischen vier Ebenen der Interaktion unterschieden:

Grundsätzlich kann schon das An- und Umschalten des TV-Kanals als ein-fachste Form der Interaktion bezeichnet werden. Da aber für diese und wei-tere Aktivitäten auf dem Interaktionslevel A kein Rückkanal notwendig ist – weil diese Applikationen keine wechselseitige Kommunikation erfordern –, zählt diese Interaktionsform nicht zu den IPTV-spezifischen Vorteilen.

Im Rahmen des linearen TV erhält Interaktivität über die „Red Button“-Tech-nologie immer stärkere Bedeutung. Im Vorreiterland des interaktiven Fern-sehens, in Großbritannien, hat sich der rote Knopf („Red Button“) auf der Fernbedienung der Pay-TV-Plattform Sky zum Synonym für Interaktivität ent-wickelt, da er eine Anzahl von Interaktionsmöglichkeiten wie den Abruf von Zusatzinformationen, den Zugang zu Wett- und Shoppingkanälen oder auch die Annahme von Zuschauer-Votings anbietet. Die rund 40 dedizierten Sen-der, die interaktive Werbung und interaktives Tele-Shopping zeigen, sind bei den Zuschauern sehr beliebt. Auch in Hongkong machen Kunden regelmä-ßig von den angebotenen interaktiven Diensten des größten IPTV-Anbieters „PCCW“ wie Ticket-Shop und VoD Gebrauch. Zusammen mit Online-Spielen verzeichnen TV-Education und TV-Shopping dort die größten Erfolge.

Mit dem Digital-Boom, der seit 2006 eingesetzt hat, kommt der Trend zu mehr Interaktion auch in Deutschland zunehmend zum Tragen. Beispiels-weise finanziert sich der Sender „Traumpartner TV“ fast ausschließlich über SMS-Einnahmen. Viva Interaktiv integriert in seinem Programm In-halte, die durch Interaktion mit dem Zuschauer in Form von Votings und Beiträgen generiert werden.

Die Ausweitung von interaktiven Formaten wird sich zunehmend auf das Programmangebot auswirken. Dank IPTV werden interaktive Elemente die herkömmlichen TV-Formate ergänzen und erweitern. Durch Interaktions-möglichkeiten können beispielsweise Shopping-Sender direkte Bestell-möglichkeiten in ihre Produktpräsentationen integrieren. Weltweit sind neuartige Shopping-Sender-Formate und -Funktionalitäten in Planung. So

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(goetzpartners)

Abbildung18:Interaktionsebenen(inAnlehnunganHachmeister/Zabel2004)

(Unternehmens-Website)

Abbildung19:RedButton-FunktionalitätamBeispielvonQVCActive

Austausch/Kommunikation

Produktion von Informationz.B. Votings, User Generated

Content, Kommentare zu Programmen

Auswahl aus Menüs und Transaktionenz.B. VoD, Auswahl Kameraperspektive,

Zusatzinformationen

Auswahl von Programmen und Kanälenz.B. Kontrolle des Zugriffs, Elektronischer Programmführer,

Aufnahme, Wiedergabe und Zusammenstellen des Programms mit PVR

A

B

C

D

44_IPTV

arbeitet der koreanische Anbieter SK Telecom an einer Funktion, mithilfe derer sich Zuschauer die Kleidung von Serienschauspielern präsentieren lassen können, um diese dann direkt über die Fernbedienung zu bestellen. Es ist davon auszugehen, dass derartige Entwicklungen im Bereich TV-Shop-ping auch in Deutschland kommen werden. Um den Konsumenten stärker zu involvieren, werden auch zunehmend Quiz- und Unterhaltungsshows mit direkten Mitwirkungsmöglichkeiten ausgestrahlt. Beispielsweise kön-nen somit zukünftig Shows wie „Deutschland sucht den Superstar“ oder „Germany´s Next Topmodel“ verstärkt den direkten Austausch mit den Zu-schauern suchen und sie in den Showablauf einbeziehen.

Grundsätzlich hat der Kunde zeitlich gesehen zwei Möglichkeiten zu inter-agieren:

1) VordemProgrammstart: Möglichkeiten wie VoD oder Timeshift-Funkti-onalitäten garantieren Selbstsouveränität und individuelle Programm-wahl.

2) Während der Sendung beziehungsweise in Werbefenstern: Anwen-dungen wie Red-Button-Applikationen, Voting, abrufbare Zusatzin-formationen zum laufenden Programm, Vor- und Zurückspulen des Programms oder Überspringen von Werbeblöcken ermöglichen einen individualisierten TV-Konsum.

Wie der Grafik zu entnehmen ist, überwiegt der Anteil des „lean-back-Konsums“. Das wird nach Einschätzung von goetzpartners auch vorläufig so bleiben, da Kunden den Vorteil des Mediums Fernsehen vor allem in der Un-terhaltung und Entspannung sehen. So wird auch zukünftig etwa 50% der Programmstruk-tur vom Anbieter vorgegeben werden. Das klassische Fernsehprogramm mit vorstruktu-rierten, linearen Inhalten wird demnach ledig-lich durch neue, interaktive Angebote ergänzt und nicht vollständig substituiert.

Neben den modifizierten Nutzungsgewohn-heiten durch Interaktivität und Individualisie-rung findet durch IPTV auch eine Wandlung der

konsumierten Programminhalte statt. Durch die Überwindung der Band-breitenknappheit entsteht eine Vielzahl neuer, auf Nischenmärkte ausge-richteter Kanäle mit professionellem „Special Interest Content“. Neben der Erweiterung im Bereich des professionellen Contents wird die Programm-landschaft auch zunehmend durch UGC (User Generated Content) geprägt. Im Internet sind Plattformen wie „MyVideo“ bereits auf dem Siegeszug und gehören zu den am häufigsten aufgerufenen Seiten in Deutschland.

(goetzpartners)

Abbildung20:InteraktionsmöglichkeitenimTV-Konsum

Bsp.

VoD

Abruf/Aktionvor Programmstart

Impulsgesteuerte,aktivierte Handlung

1

2

Wer

bung

Wer

bung

Lean backProgrammstart

Red

Butto

n-Ap

plik

atio

nen

Bsp.

Vot

ing

"Lean back"

"Lean forward"

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Der Wandel des TV-Konsums lässt sich nicht in allen Nutzergruppen in glei-cher Intensität wiederfinden. Generell zeigen sich, abhängig von der jewei-ligen Altersgruppe, Unterschiede in der Bereitschaft, neue TV-Angebote auszuprobieren und dafür zu zahlen. Während die ältere Generation eher an traditionellen Sehgewohnheiten festhält und ein deutlich planvolleres Fernsehnutzungsverhalten an den Tag legt, zeichnet sich das Konsumverhal-ten der jüngeren Generation durch impulsgesteuertes Zappen und weniger durch gezieltes Auswählen der Programme aus. Zudem sind die Jüngeren tendenziell aufgeschlossener gegenüber neuen Diensten und Angeboten und nutzen aktiver die aus dem Internet bekannten „lean forward“-Ange-bote wie Film-Downloads sowie Konsum und Generierung von UGC.

5.2.NeueAnforderungenandasTVvonMorgen5.2.1.WünscheundErwartungendesKonsumentenan„besseresFernsehen“Im Rahmen von Umfragen wurden Verbesserungsvorschläge für das heu-tige, lineare Fernsehen aus Konsumentensicht erhoben:

Wie der Grafik (Abbildung 22) zu entnehmen ist, wollen Zuschauer zwar Interaktion, aber nur in beschränktem Maße, da in erster Linie ein beque- mer, entspannender und vielfältiger TV-Konsum zählt. Trotzdem wird der Zuschauer in Zukunft tendenziell zum „User“, das heißt, er wählt gezielt die gewünschte Distributionsform aus und nimmt verstärkt Einfluss auf Programme – er konsumiert also nicht nur angebotene Inhalte, sondern ver- ändert und beeinflusst diese durch sein Verhalten und seine Entscheidungen.

In verschiedenen Analysen unter anderem von goetzpartners, IBM Business Consulting Services oder Accenture kristallisierten sich vor allem folgende Erwartungen an IPTV heraus:

Zeit- und Ortsunabhängigkeit

Flexibilität

Selektivität in Bezug auf die Inhalte

Time-Shifting und Ad-Skipping

Bedienkomfort

Speichermöglichkeit

Niedrige Kosten

Selbstbestimmung

Möglichkeit des Meinungsaustausches

Abbildung21:MyVideo:PlattformfürUserGeneratedContent

(Unternehmens-Website)

Abbildung22:Anforderungenan„besseresFernsehen“in%

(Accenture, 2006)

31

20

14

9

Steigerung der Anzahl der Filme

Kanäle selberproduzieren &

zeitunabhängigerTV-Konsum

VerbesserteInteraktions-

möglichkeiten

Mehr verfügbare

Kanäle

4�_IPTV

Die Nachfrage nach vielen dieser Nutzungsdimensionen ist durch das Internet beeinflusst und konnte im Fernsehumfeld bislang nur mit Ein-schränkungen beim Bedienkomfort erreicht werden, beispielsweise durch einen Rückkanal über einen anderen Kanal (Hybridverfahren).

5.2.2.InteresseanIPTV-ProduktformenDie Erwartungen und Präferenzen der Konsumenten an Medienangebote werden vielfältiger und heterogener. Durch wachsende Interessen an er-weiterten Funktionalitäten gewinnt der aus dem Internet bekannte „lean-forward“- und „jump-in“-Konsum für das TV zunehmend an Bedeutung.

Dass die Konsumenten in Deutschland ein Interesse an IPTV-Anwendungs-möglichkeiten entwickeln, wird aus den Ergebnissen einer Präferenzerhe-bung für IPTV-Produkte deutlich. Neben dem Interesse an VoD ist auch das individuelle Zusammenstellen der Programminhalte für den Konsumenten sehr interessant. Ebenfalls von Bedeutung sind nVoD-Angebote und Inter-aktivität im Allgemeinen.

Das Nutzungsverhalten wird zunehmend durch den Wunsch nach Aktivi-tät, Mobilität und Mitwirkung geprägt – je jünger der Nutzer, desto stärker ist diese Ausprägung. Generell zeigt sich aus den Konsumentenwünschen und -anforderungen an IPTV-Angebote, dass vor allem interaktive Dienste den Erfolg von IPTV treiben. Dabei soll eine möglichst einfache Handha-bung der Anwendung den Übergang vom passiven Zuschauer zum aktiven, interagierenden Kunden bewirken. Zudem müssen die Dienste dem Konsu-menten größtmögliche Flexibilität und Individualisierbarkeit bieten.

Der Kunde erwartet sich vor allem eines von IPTV: die Möglichkeit, selbst-ständig für sein Programm verantwortlich zu sein – wann immer er möchte.

5.3.IPTV:MöglichkeitenundFormateIm Gegensatz zu vielen starren Programminhalten des klassischen Fernse-hens können IPTV-Produktformen die wachsenden Kundenanforderungen nach Individualität, Selbstbestimmung und Zeitunabhängigkeit für sich nutzen. Wesentliche Voraussetzung für den Erfolg von IPTV-Anwendungen ist es, eine möglichst große Akzeptanz durch den User zu erzielen. Diese wird erreicht, wenn Produkte einerseits die klassischen Erwartungen an das TV – wie Unterhaltung, Entspannung und einfache Bedienung – erfül-len und andererseits die neuen Anforderungen der Konsumenten bedie-nen. Zu den Kernanforderungen an besseres, interaktives TV gehören:

Abbildung23:ProduktpräferenzenIPTVin%

(Deutschland Online 4, 2006)

Abbildung24:InteresseaninteraktivenFunktionen

(Goldmedia 2006/IPTV2010; Medienstudie 2005/IBM; FAZ, 2006)

48,3

VoD KlassischesProgramm

TV-etablierter

Sender überInternet

44,5 43,4

29,416,7 13,8

Individuellzusammen-

stellbareAngebote

Nischen- und

Special-Interest-Angebote

NearVoD

InteraktivesFernsehen

Nach Altersgruppen (in Jahren)

Werbeblöcke überspringen

Programm starten/stoppen

Neueste Nachrichten

Informationssuche

Elektronischer Programmführer

Internetzugang via TV

Video (on Demand)

Eintrittskarten kaufen

Spiele (on Demand)

Kein Interesse

StarkesInteresse

30 bis 39 20 bis 29 14 bis 19

Flexibilität (Zeitunabhängigkeit, Ortsunabhängigkeit)

Individualität (Selbstbestimmung)

Preis

Bedienkomfort

IPTV ermöglicht eine Vielzahl an Angebotsformen und Anwendungen. Diese können, wie vorangehend erläutert, auf offenen oder proprietären Netzwerken angeboten werden und unterscheiden sich zusätzlich nach offenen oder geschlossenen Nutzergruppen. Im Folgenden werden die ein-zelnen Formate beschrieben und anhand der oben angeführten Kernanfor-derungen bewertet. Abschließend wird die Entwicklung der verschiedenen Formate prognostiziert.

5.3.1.KostenfreiesIPTVUnter kostenfreiem IPTV versteht man die Ausstrahlung von klassischen TV-Formaten über IP mittels Streaming. Dazu zählen Live Streams von Sen-dungen, Abrufmöglichkeiten aufgezeichneter Formate und Internet-TV-Programme. Inhalteanbieter können dabei die verschiedenen TV-Formate um interaktive Komponenten ergänzen, so dass Zuschauer über den Rück-kanal medienbruchfrei reagieren können (Spiele- und Wettshows, Voting).

Ein Beispiel für kostenfreies IPTV ist „BMW TV“, ein Angebot des Auto-mobilherstellers, das auf der Online-Plattform des Nachrichtensenders n-tv integriert ist. BMW TV erscheint alle 14 Tage und zeigt ausgewähl-te Nachrichten in Magazinform. Im Gegensatz zum konventionellen Fernsehen kann der Zuschauer selber entscheiden, wann er sich die ein-zelnen Beiträge ansehen möchte. Automobil-Interessierte können sich hier Videos über neue BMW-Modelle und -Innovationen sowie vorab und exklusiv TV-Spots des Autoherstellers ansehen. Im Programm sind neben moderierten Kurzfilmen und Videostreams auch Sendungen zu Automobilmessen und Events abrufbar. Ein anderes Beispiel für kos-tenfreies IPTV ist „Fashion TV“, ein 24-Stunden-TV-Sender für Mode, Beauty und Lifestyle-Trends. Mit Exklusivberichten und Reportagen von den Modemetropolen, Laufsteg-Präsentationen, aktuellen Trends in Make-up und Style, Interviews mit Modeschöpfern und Designer-portraits ist es ein Forum für alle Modeinteressierten. Im Gegensatz zu BMW TV handelt es sich bei Fashion TV um ein Format mit geschlos-sener Nutzergruppe, da der User sich einmalig registrieren muss, um die Videos und Sendungen abzurufen.

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4�_IPTV

Der Vorteil von kostenfreien IPTV-Formaten liegt darin, dass sie (bis auf Live-Streaming-Angebote) zeitunabhängigen TV-Konsum ermöglichen. Der Abruf von gespeicherten beziehungsweise aufgezeichneten Formaten ermöglicht interessenspezifischen und damit individuellen TV-Konsum. Durch steigende Breitbandpenetration, günstigere Anschlusskosten und Triple-Play-Angebote sinkt der Preis des herkömmlichen Internetzugangs. Das kostenfreie IPTV findet bei preissensiblen Kunden Zuspruch, da bis auf Anschluss- und Übertragungskosten keine weiteren Gebühren anfallen. Interaktive Elemente machen Internet-TV interessanter und tragen zum Bedienkomfort beispielsweise beim medienbruchfreien Abruf von kosten-freien VoD-Angeboten bei.

Es ist von einer positiven Entwicklung des Internet-TV auszugehen, da User immer mehr Zeit im Internet verbringen und produzierte Inhalte leicht parallel über TV wie auch über Internet verbreitet werden kön-nen. Zunehmende Bedeutung erhalten vor allem Sport-Übertragungen, Quizsendungen sowie Game- und Talkshows mit einer stärkeren Live-Komponente und einer deutlichen Ausweitung der Interaktivität.

5.3.2.Pay-per-Channel/Video-on-DemandAnalog zum heutigen Pay-TV bieten auch Pay-IPTV-Formate die Möglich-keit des Abonnements von IPTV-Kanälen (PPC) oder des zeitunabhängigen flexiblen Videoabrufs (VoD). Dabei ist bei VoD eine gezielte, automatisierte und inhaltliche Auswahl von Programminhalten nach Profilvorgaben mög-lich (zum Beispiel Online-Videothek).

In Deutschland sind im Jahr 2006 viele Anbieter für kostenpflichtige Pay-IPTV-Angebote auf den Markt gekommen. Ein Beispiel ist das bereits vorge-stellte VoD-Angebot maxdome, das den Zuschauern ermöglicht, TV-Inhalte direkt auf dem heimischen PC oder Fernseher abzurufen.

Beim Pay-IPTV liegt der Vorteil gegenüber dem klassischen TV eindeutig bei den zeitunabhängigen VoD-Diensten, die dem User ein hohes Maß an zeit-licher Flexibilität bieten. Er kann seinen TV-Konsum selbst bestimmen und gewinnt durch diese Möglichkeit der inhaltlichen Selektivität ein großes Maß an Individualität. Damit wird das professionell vorstrukturierte Ange-bot des linearen TV-Programms zunehmend unbedeutend. PPC garantiert dem Kunden ebenfalls Individualität, da er selbst bestimmen kann, welche Kanäle er abonniert. Allerdings ist in diesem Produkt kein klarer IPTV-Mehr-wert ersichtlich, da dieses Konzept schon heute von Pay-TV-Anbietern ver-folgt wird.

Kritischer Faktor für Pay-IPTV-Produkte ist die Preissensibilität der Zuschau-er im Free-TV-Land Deutschland, in dem Nutzer tendenziell eine sehr nied-rige Kaufbereitschaft für TV-Konsum aufweisen. Um Zahlungsbereitschaft zu generieren, müssen die Anbieter den Mehrwert der VoD-Nutzung ge-genüber alternativen Diensten deutlich herausstellen, um zusätzliche Kos-ten zu rechtfertigen. Im Punkt Bedienkomfort liegen Pay-IPTV-Angebote weit vorne, da der Kunde Inhalte nach Wunsch direkt anwählen und im selben Augenblick auch konsumieren kann. Im Vergleich zum DVD- bezie-hungsweise Video-Verleih hat der Kunde den Vorteil, dass er den Film me-dienbruchfrei bestellen kann, ihn also ohne Mehraufwand bekommt und sich auch nicht um Rückgabefristen kümmern muss. Die PPC-Angebote des IPTV sind ebenfalls deutlich komfortabler in der Anwendung, da der Kunde sie bestellen kann, ohne zum Hörer greifen zu müssen oder schriftlich mit dem Anbieter Kontakt aufzunehmen.

In der Zukunft werden PPC-Angebote zugunsten von VoD an Bedeu-tung verlieren. VoD bedroht zunehmend die überwiegend rezeptiven Sendungsstrukturen, anstelle von Massensendungen werden ziel-gruppenspezifische Inhalte treten. VoD wird somit ein Baustein der zukünftigen Fernsehnutzung werden. Dabei sollten die Angebote eine möglichst breite inhaltliche Vielfalt aufweisen, um für Kunden attrak-tiv zu sein. Neben den kostenpflichtigen Diensten entwickeln sich wer-begestützte Video-Angebote (beispielsweise Joost), die Konsumenten auf Grund der hohen Flexibilität und der Kostenfreiheit akzeptieren.

5.3.3.InteraktiveZusatzdiensteBei interaktiven Zusatzdiensten handelt es sich um „rund um die Uhr“ angebotene Dienste, die nicht im direkten Zusammenhang mit dem Fern-sehprogramm stehen müssen. Diese Dienste ermöglichen dem Zuschauer das aktive Interagieren und differenzieren damit IPTV vom klassischen Broadcast-TV. Zu den interaktiven Zusatzdiensten gehören beispielsweise der elektronische Programmführer (EPG), Informationsdienste zu Themen wie Wetter oder Verkehr, Spiele und weitere. In Deutschland werden ver-mehrt interaktive Zusatzdienste angeboten. So hat der Nachrichtensender n-tv das erste echte interaktive Fernsehprogramm in Deutschland gestar-tet. Über das Media Center des neuen Microsoft-Betriebssystems Windows Vista kann der Anwender „n-tv interaktiv“ empfangen. Von vertiefenden Infos, einer Just-Missed-Funktion bis hin zur personalisierten Darstellung präsentiert n-tv dem Zuschauer das Fernsehen der Zukunft. Das neue IPTV-Angebot von Arcor, das im Mai 2007 als Pilotprojekt gestartet ist, bietet seinen Kunden ebenfalls interaktive Zusatzdienste wie Time-Shifting oder „Timeshift Restart“, mit dem sich eine bereits laufende Sendung von Beginn an ansehen oder eine knapp verpasste aus einem Archiv abrufen lässt.

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Interaktive Zusatzdienste wie Info-Services oder EPG kann der User indivi-duell aufrufen. Sie erfüllen somit die Anforderung der Kunden an Flexibili-tät im Sinne von selbst bestimmter Programmgestaltung. Da schnelle In-formationsgewinnung zu den Vorteilen des TV gehört, sind personalisierte Infodienste wünschenswerte Weiterentwicklungen, die zur Individualisie-rung beitragen. Im Hinblick auf die Preissensibilität lassen sich interaktive Angebote nicht allgemein bewerten, da bei verschiedenen Anwendungen unterschiedliche Preise und Preisbereitschaften vorhanden sind. So gilt zum Beispiel das Überspringen von Werbung als einer der interessantesten inter-aktiven Dienste. Hier ist auf Grund des Wunsches nach Werbevermeidung eine erhöhte Zahlungsbereitschaft für die Timeshift-Funktion gegeben. Im Laufe der Zeit wird der Kunde den Zusatznutzen weiterer Dienste deutlicher erkennen, und damit wird sich auch seine Kaufbereitschaft ändern.

Medienbruchfreie Kommunikation gehört zu den zentralen Vorteilen von IPTV, da sie den Bedienkomfort sichert. Wichtig bei interaktiven Anwen-dungen im Allgemeinen ist eine einfache Navigation, die dem Nutzer pri-mär „lean back“-TV-Konsum ermöglicht und möglichst unkompliziert und schnell die „lean forward“-Position einnehmen lässt. Bei interaktiven Ap-plikationen wird der Bedienkomfort gesteigert, wenn Informationen nicht den ganzen Bildschirm verdecken und damit ein Weiterschauen des Pro-gramms ermöglichen.

Interaktive Dienste weisen in der Zukunft ein enormes Wachstums- potenzial in Deutschland auf. Durch die stetig wachsende Programm-vielfalt werden EPGs stark an Bedeutung gewinnen, da eine übersicht-liche Navigation essenziell für eine komfortable TV-Nutzung ist.

5.3.4.InteraktiveWerbung(interactiveAdvertising–iAds)Unter interaktiver Werbung versteht man alle Werbeaktivitäten, die Konsu-menten dazu animieren, mit den Werbungstreibenden zu kommunizieren. Bei interaktiven Werbespots reichen die Formate von einfachen Textfeldern für die Bestellung von Proben bis zu mehreren navigationsfähigen Seiten mit Clips, Zusatzinformationen und Bestelloptionen. Dabei unterscheidet man zwischen vier Formen der interaktiven Werbung.

Die einfachste Form der interaktiven Werbung bilden die Jump-to-text-Ads, die eine statische Seite mit digitalem Textservice öffnen und da-durch Direct Response ermöglichen.

Die DAL (Dedicated Advertiser Locations) oder Mini DAL führen den User vom Fernsehprogramm auf spezielle Websites, die beispielsweise erweiterte Clips oder Zusatzinformationen anbieten. So produzierte

9) IP Deutschland ist eine der führenden Vermarktungsgesellschaften in Europa.

zum Beispiel der Autohersteller Volvo für den Volvo S40 einen interak-tiven DAL, um die Werbung auf Sky-Kanälen zu unterstützen. Der Spot ermöglichte unter anderem den Abruf von Detailinformationen zu Fahrzeugelementen und die Bestellung von Zusatzinformationen.

Ebenso wie DAL dienen auch Microsites dem Aufbau und der Emotio-nalisierung der Marke. Während das Fernsehprogramm im Splitscreen weiterläuft, erscheinen Werbetext und Eingabeaufforderung daneben oder darunter.

Bei den ImpulseResponseAds handelt es sich um Texteinblendungen, die über das Fernsehprogramm gelegt werden und die Eingabe von be-stimmten Daten ermöglichen.

Nachdem interaktive Werbung in Großbritannien schon sehr weit verbrei-tet ist – Sky zeigt momentan über 280 verschiedene interaktive Kampagnen und generiert damit 1,9 Mio. Online-Kundenreaktionen –, machen es der Nachrichtensender n-tv und IP Deutschland9 mit „n-tv interaktiv“ erstmalig in Deutschland möglich, echte interaktive Werbung im Live-TV zu schalten.

Grundsätzlich müssen iAds aus zwei Perspektiven bewertet werden. Zum einen aus der Sicht der werbetreibenden Industrie und zum anderen aus der Sicht der Konsumenten.

Aus Sicht der werbetreibendenIndustrie bieten iAds in erster Linie Vorteile:

Interaktive Werbespots ermöglichen eine gezieltere Ansprache von Nutzergruppen.

Von der aktiveren Einbindung der Nutzer erhofft sich die werbetrei-bende Industrie eine stärkere emotionale Einbindung, höhere Informa-tionsqualität und stärkere Kundenbindung.

Interaktionsmöglichkeiten führen zu einer signifikanten Erhöhung von Markenbekanntheit, Werbeerinnerung und Kaufbereitschaft.

Umfragen zeigten, dass 51% der interagierenden Zuschauer interak-tiv werbende Unternehmen als innovativer bewerten im Vergleich zu Wettbewerbern mit klassischer Werbung.

Weitere Vorteile liegen in der höheren Response-Quote und der vor-selektierten Zielgruppe, da nur wirklich interessierte Kunden den „Red Button“ drücken, um Zugangsinformationen anzufordern.

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�2_IPTV

Auf der anderen Seite sind iAds teurer in der Produktion. Ein weiterer Nach-teil, der allgemein für die Werbung gilt, liegt in der Ad-Skipping-Funktion des IPTV, die ein manuelles oder automatisches Überspringen von Werbe-blöcken ermöglicht.

Aus Konsumentensicht ergeben sich folgende Bewertungen für iADs:

Interaktive Werbeformen haben den Vorteil, dass der Kunde sich bei In-teresse direkt Zusatzinformationen abrufen kann. Dies ist ein Feature, das Flexibilität und Individualität garantiert.

Der Zuschauer ist in der Lage, die Werbung zu überspringen und da-mit selbstständig zu bestimmen, ob er die Werbung sehen möchte. Ad-Skipping stellt eine wichtige Funktion dar, da die hohe Bereitschaft zur Werbevermeidung eindeutig nachweisbar ist.

Im Hinblick auf die Preissensibilität ist festzuhalten, dass die Akzeptanz für den Mehrwert der iADS nicht gegeben ist, wenn Kunden für die Nut-zung oder Aktivierung des Rückkanals zahlen müssen.

iAds bieten deutlich mehr Bedienkomfort, da der Kunde direkt ohne Mehraufwand eine Kaufhandlung durchführen oder Produktproben und Informationen anfordern kann.

Der Markt für interaktive Werbung wird zukünftig stark wachsen. Seit 2006 treten vermehrt Plattformen in den Markt ein, die die Schaltung von iAds ermöglichen. Im Allgemeinen bleiben Kunden Werbung ge-genüber weiterhin skeptisch, da Einblendungen und Laufbänder eher unbeliebt sind. Wenn dadurch aber kostenfreier TV-Konsum gewähr-leistet ist, akzeptieren sie die Werbung. Für Werber ist die Produktion und Sendung interaktiver Werbung aufwändiger und kostenintensi-ver, daher ist keine komplette Umstellung auf interaktive Werbung zu erwarten.

5.3.5.IPTV-CommerceUnter IPTV-Commerce versteht man die Nutzung des TV-Bildschirms zur Abwicklung von Transaktionen, wie den Erwerb von Produkten und Dienst-leistungen (interaktives Teleshopping). Relevante Formate innerhalb dieser Produktgruppe sind unter anderem Teleshopping-Sender, Shopping-Sen-defenster, DRTV-Spots sowie Dauerwerbesendungen.

Ein Beispiel aus dem Bereich IPTV-Commerce ist der OTTO-Store auf Win-dows Vista. Dieses IPTV-Angebot bietet die Möglichkeit des dreidimensi-

onalen Shopping-Erlebnisses im virtuellen Shop, die Möglichkeit, Mode-Videos abzuspielen, virtuell verschiedene Produkte anzuprobieren und zu kombinieren oder Notizen zu einzelnen Artikeln zu machen. Ein weiteres Beispiel für erfolgreiches IPTV-Commerce ist „QVC active“ mit interaktiver Bestellmöglichkeit über die Fernbedienung.

Interaktive Multimediakataloge führen zu einem neuen Einkaufs- und Konsumerlebnis. Im Gegensatz zu Teleshopping-Angeboten im klassischen TV kann der Kunde beim IPTV-Commerce flexibel und inhaltlich selbstbe-stimmt agieren, indem er aktiv entscheidet, welche Produktpräsentation er zu welchem Zeitpunkt ansehen will. Für Anbieter von IPTV-Commerce ist die Verbreitung kostengünstiger als im klassischen TV, allerdings hat dies keinen Einfluss auf die Preissensibilität der User. Die Medienbruchfreiheit gewährleistet eine komfortableTransaktionsabwicklung, da Kunden direkt Produkte mit der Fernbedienung bestellen können und Produkte sogar dank der Weiterentwicklung der interaktiven Möglichkeiten virtuell anpro-bieren und kombinieren können.

Nach goetzpartners-Analysen wird IPTV-Commerce im Allgemeinen bis 2009 mit rund 11% wachsen; bis 2010 werden etwa 50% des ge-samten Versandhandelsvolumens online erzielt. Zusätzlich sollen 4 Milliarden Euro Umsatz über IPTV-Commerce generiert werden. Neue Formate wie Auktions-TV und iAds sind Treiber dieser erfolgreichen Entwicklung.

5.3.6.Video–UserGeneratedContent(UGC)Nicht-kommerzielle Formate, von Amateuren erstellt und der breiten Öffent-lichkeit zur Verfügung gestellt, werden als User Generated Content (UGC) bezeichnet. Beispiele sind bereits angesprochene Formate wie YouTube oder MyVideo. Auf MyVideo können Benutzer kostenlos Videos einstellen, suchen, anschauen, bewerten, kommentieren, verlinken und weiterleiten.

Nutzergenerierte Inhalte werden im Internet immer beliebter und konkur-rieren mit kommerziellen Inhalten. UGC-Inhalte bieten als klassische VoD-Formate die erforderliche zeitliche Flexibilität. Des Weiteren bietet diese IPTV-Produktform den Usern analog zum Internet die Möglichkeit, Inhalte selber zu gestalten und zu publizieren, was ein höchstes Maß an Selbst-bestimmung mit sich bringt. Da UGC kostenfrei angeboten wird, ist die Kernanforderung an Kostengünstigkeit erfüllt. Analog zu VoD-Angeboten profitieren Kunden auch hier vom hohen Bedienkomfort.

Der aktuelle Trend zu selbst geschaffenen Inhalten wird eine bedeutende Rolle bei den IPTV-Inhalten spielen. Durch den Einstieg von ProSiebenSat.1

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�4_IPTV

bei MyVideo und die Gründung von Clipfish durch RTL ist mit einer wei-teren Professionalisierung des Marktes zu rechnen.

Der Aufstieg von MyVideo unter die zehn reichweitenstärksten Sei-ten in Deutschland kann als Indikator für den Trend im Gesamtmarkt gelten. Zukünftig werden Unterhaltungsformate wie Spiel- oder Do-kumentarfilme den Konkurrenzdruck der Filmabrufdienste oder UGC-Formate zu spüren bekommen. Für die zukünftige Entwicklung in diesem Bereich kann der US-Fernsehsender „Current TV“ als Indikator herangezogen werden, da 30% seines Gesamtprogrammangebots aus Inhalten bestehen, die die Nutzer selbst erstellt haben.

5.4.VeränderungderTV-LandschaftdurchIPTVDie IPTV-Technologie bildet die Grundlage für die Veränderung der TV-Landschaft. Die Inhalte aber – und damit die Content-Vielfalt und das An-gebot an interaktiven Diensten – sind die treibende Kraft und entscheiden über Erfolg oder Misserfolg.

Die klassischen TV-Inhalte werden verstärkt durch IPTV-basierte Produkt-formen ergänzt. Neue Technologien ermöglichen personalisierte Inhalte und unterstützen zunehmend individuelle Bedürfnisse. Damit ist das Ende der undifferenzierten Zielgruppe eingeläutet. Der „One size fits all“- Ansatz passt nicht mehr zu den heutigen Anforderungen der Kunden.

Das Fernsehen kann die Aufmerksamkeit der Konsumenten nur gewinnen, wenn die Anbieter neben der inhaltlichen Attraktivität und Relevanz die beiden bestimmenden Determinanten „Zeitsouveränität“ und „selbstbe-stimmter Konsum“ beachten und ihre Angebote dementsprechend an-passen. Zusätzlich ist eine komfortable Bedienung sicherzustellen. Für den Erfolg der IPTV-Produkte ist es essentiell, die Relevanz der Entspannungs-komponente des TV nicht aus den Augen zu verlieren.

Im Hinblick auf die IPTV-Entwicklung darf allerdings der Web 2.0-Hype auch nicht überbewertet werden und über die tatsächlichen Kundenprä-ferenzen hinwegtäuschen. Internet kann nicht als Maßstab für den TV-Konsum der Zukunft genommen werden, da die meisten Kunden passive Konsumenten sind und es auch weiterhin bleiben werden.

Trotz des eintretenden IPTV-Erfolges wird das klassische TV weiterhin die Nummer eins der Fernsehnutzung bleiben. Es wird nicht gänzlich durch IPTV ersetzt werden, sondern lediglich erweitert. Dennoch wer-den IPTV-Formate im Jahr 2015 zwischen 30% und 50% der TV-Nutzung ausmachen. Letztlich wird der Kunde entscheiden, welches Format das Rennen macht. Damit gehört die Identifikation der richtigen Kunden-segmente zu den Erfolgsfaktoren für die IPTV-Branche.

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Abbildung25:EntwicklungderTV-Landschaftbis2015(TV-NutzunginMinuten)

(goetzpartners)

100% -50% -45% -40% -35% -30% -25% -20% -15% -10% -

5% -0% -

2001 2007e 2010e 2015e

KlassischesBroadcast TV

kostenfreies IPTV

PPC/VoD iAdsIPTV-Commerceinteraktive Zusatzdienste

UGC

* Interaktives Internet TV, interaktive Werbung, interaktive Zusatzdienste

e = estimated (geschätzt)

30 - 50%

��_IPTV

�.Chancen und Geschäfts-modelleimIPTV-Markt

6.1.VeränderungderklassischenTV-WertketteDas TV-Geschäft war bislang ein etablierter Bereich, der durch die Konver-genz der Medien erheblich an Dynamik zugelegt hat. Dabei verändert IPTV die TV-Wertkette auf allen Wertschöpfungsstufen und ermöglicht den Ein-tritt neuer Player, weil die traditionellen Grundfeste der etablierten Player Markteintritte nicht mehr behindern können. Dadurch können und müs-sen sie ihre Geschäftsmodelle anpassen und ausweiten. Die Veränderung der Konsumentengewohnheiten verstärkt diese Prozesse zusätzlich und eröffnet weitere Nischen und Erlösquellen.

6.2.DiewichtigstenIPTV-Geschäftsmodelle6.2.1.DiewichtigstenklassischenGeschäftsmodelleKlassischerweise haben sich vertikale Geschäftsmodelle entlang der Wert-kette ausgebildet. Das Pay-TV-Geschäftsmodell basiert auf einer horizonta-len Integration mehrerer Wertschöpfungsstufen.

Produktion: Studios, Produktionsfirmen und Ähnliche stellen Fernseh-inhalte entweder im Auftrag eines Aggregators oder auf eigenes Risi-ko her. Erlösmodell ist in den meisten Fällen der Verkauf einer Lizenz für die Nutzung der Inhalte für einen definierten Zeitraum und Zweck (zum Beispiel Free-TV, Pay-TV).

Aggregation: Wichtigstes Geschäftsmodell dieser Stufe sind die Fern-sehsender. Diese aggregieren verschiedenartige Fernsehinhalte und

(goetzpartners)

Abbildung26:VeränderungderTV-WertkettedurchIPTV

Wert-schöpfungs-stufen

Inhalte Technik

Produktion Aggregation VermarktungCustomer

Management Plattform Distribution Endgeräte

· Günstigere Verbreitungskosten fördern „low budget“- Produktionen und Nischenkanäle

Veränderungendurch IPTV

Player(Bsp.)

· Vielzahl neuer Player drängen in den Markt· Klassische Verwertungskette verliert an Bedeutung

· Neue Vermarktungs- mechanismen über Internet möglich· Mehr Pay-Angebote, insb. on-Demand

· Keine Besonderheiten

· Klare Navigations- und Suchfunktionen nötig· Interaktivität· DRM gewinnt an Bedeutung

· Günstigere Distri- bution durch Wegfall der Kapazitäts- grenzen· DSL als Übertragungsweg

· Anzahl potenzieller Empfangsgeräte nimmt zu (z.B. PCs, Spielekonsolen)· STB unabdingbarer Bestandteil des Empfangs

· Paramount Pictures· Universal· RTL· MGM

· Pro7· EM.Sport Media AG

· Premiere · Unitymedia· entavio

· Videoguard· Open TV· APS· Nagravision· NDS· Plazamedia

· Kabel Deutschland· Astra· T-Home

· Philips· Samsung· LG· ruwido

finanzieren sich hauptsächlich durch Werbeeinnahmen. Öffentlich-rechtliche Sender beziehen den Hauptanteil ihrer Einnahmen aus Rundfunkgebühren.

Vermarktung und Customer Management: Diese beiden Stufen sind nur im Fall des Bezahlfernsehens notwendig und werden damit klas-sischerweise auch von Pay-TV-Sendern neben der Aggregation von In-halten besetzt. Deren Kern-Erlösmodell ist der Verkauf von Senderbou-quets als Abonnement.

Plattform: In dieser Stufe befinden sich mehrere technische Dienstleis-ter, die ihre Erlöse aus Gebühren der Fernsehsender für ihre Dienstleis-tungen beziehen.

Distribution: Im Bereich Distribution sind die Infrastrukturanbieter, das heißt vor allem die Kabelnetz- und Satellitenbetreiber, angesiedelt. Während sich Kabelnetzbetreiber hauptsächlich über Abonnementge-bühren der Endkunden für den Kabelanschluss finanzieren, erheben Satellitenbetreiber ein Durchleitungsentgelt von den Aggregatoren. Sa-tellitenbetreiber haben im klassischen TV keine Endkundenbeziehung.

Endgeräte: Die Hersteller von Fernsehgeräten, Set-Top-Boxen etc. bezie-hen ihre Einnahmen durch den Verkauf ihrer Geräte an die Endkunden.

Typischerweise verteilen sich die Ausgaben eines Pay-TV-Abonnenten folgendermaßen auf die einzelnen Wertschöpfungsstufen:

Der mit Abstand größte Anteil an der Wert-schöpfung fällt mit 50% der TV-Ausgaben eines Pay-TV-Abonnenten auf die Content-Pro-duzenten. Die technischen Wertschöpfungs-stufen Plattform und Distribution verbuchen einen Anteil von rund 15% der Wertschöpfung. In Zukunft werden Endgeräte und Plattformen einen größeren Anteil der Wertschöpfung ver-zeichnen können, da sie Gatekeeper-Funkti-onen übernehmen.

6.2.2.DieEvolutionneuerGeschäftsmodelleBereits durch die beginnende Digitalisierung des Fernsehens kam Bewe-gung in die lange Zeit von etablierten Playern besetzte Geschäftsmodell-landschaft des Fernsehens. Das derzeitige Wettbewerbsbild lässt sich in 17 generische Geschäftsmodelle zusammenfassen, die in der Realität in verschiedenen Mischformen auftreten werden. Die aus goetzpartners-

�.ChancenundGeschäftsmodelleimIPTV-Markt_��

(goetzpartners)

Abbildung27:VerteilungderWertschöpfungaufdieeinzelnenStufenderWertkette

Wert-schöpfungs-stufen Produktion VermarktungAggregation

CustomerManagement Plattform Distribution Endgeräte

Inhalte Technik

Wert-schöpfungs-verteilung

0% 10% 20% 30% 40% 50% 60% 70% 80% 90% 100%

gemessen an Pay-TV-Umsätzen

��_IPTV

Sicht gängigsten und innovativsten Modelle werden im Folgenden näher beleuchtet.

IPTV steigert die Dynamik dieser Trends und ermöglicht den Eintritt neuer Wettbewerber. Dafür sind mehrere Faktoren verantwortlich:

Gesunkene Distributionskosten

Wegfall der Sender-Kapazitätsbeschränkung

Interaktivität

Individualisierbarkeit

Zeitpunktunabhängigkeit

Gesunkene Distributionskosten und der Wegfall der Senderkapazitäts-beschränkung führen zu einer Explosion der Anzahl der Sender. Allein in Deutschland gibt es derzeit über 300 Sender mit kostenlosen und kosten-pflichtigen Angeboten. Täglich kommen neue Sender hinzu. Laut BITKOM

(goetzpartners)

Abbildung28:ÜbersichtderIPTV-Geschäftsmodelle

2 43 7 8 9 10 11

15

16

12

13

172

5

1

14

6

Wert-schöpfungs-stufen

Inhalte Technik

Produktion Aggregation VermarktungCustomer

Management Plattform Distribution Endgeräte

Free IPTV

IPTV-PPC/VoD

Zusatz-dienste

User GeneratedVideo Content

IPTVCommerce/iAds

Reseller

PPC/VoD-Anbieter

PTV-Commerce Anbieter

Zusatzdienstanbieter

UGVC-Portalbetreiber

Rein

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Who

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IPTV

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erät

eher

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ler

soll die Anzahl der Sender in den nächsten drei Jahren auf bis zu 3.000 an-wachsen. Ein wichtiger Player in diesem Markt ist der IPTV-Sendeplattform-betreiber Grid-TV (siehe Nr. 7 in Abbildung 28). Er ist auf die Entwicklung, Herstellung, Vermietung und Syndikation sowie den Betrieb IP-basierter Fernsehsendenetze und Fernsehsender spezialisiert und hat bereits 220 Fernsehsender auf den Weg gebracht. Dies macht die Entstehung von Por-talen (Vermarktungsplattformbetreibern, Nr.6) wie die elektronische IPTV-Programmzeitschrift „WebTV“ von TV-Movie, Joost oder Zattoo notwen-dig, um den Kunden Orientierung zu bieten. Die neuen Sender bedienen zumeist als Spartensender (Nr.4) Special-Interest-Themengebiete. So gibt es neben den klassischen Genres Film und Sport bereits Sender für News (n-TV, Angela Merkel Podcasting), Regionales (ITV Bamberg, Oktoberfest TV), Reisen (travel24.com, sonnenklar.TV), Autos (auto-motor-und-sport.de) und Mode (starstyle.TV). Zudem gehen Produzenten (Upstream-Produ-zenten, Nr. 2) dazu über, ihre eigenen Kanäle zu gründen oder ihre Inhalte direkt über eine VoD-Plattform anzubieten. Das derzeit umfassendste IPTV-Geschäftsmodell bieten Downstream-Infrastrukturanbieter (Nr. 17), die eine geschlossene IPTV-Sendeinfrastruktur aufbauen und darüber ver-schiedene Senderbouquets vertreiben. Das wichtigste Beispiel dieser Kate-gorie ist die Deutsche Telekom mit T-Home.

Die Interaktivität als definierendes und herausragendes Merkmal des IPTV führt neben Veränderungen im Content auch zu einer Ausweitung des Geschäftsmodells von T-Commerce. IPTV-Commerce-Anbieter (Nr. 16) wie Hersteller (z.B. AudiTV) und Händler (z.B. KarstadtTV) können entweder über interaktive Werbung oder über eigene IPTV-Shoppingkanäle über Be-wegtbilder mit ihren Kunden direkt kommunizieren und einen Verkaufska-nal ohne Medienbruch anbieten.

Die Individualisierbarkeit des Mediums erlaubt nicht nur das Customizen von Empfangsplattformen wie bei Joost, sondern ermöglicht dem Zu-schauer sogar, selbstständig zum Sender zu werden. Stellvertretend für den Erfolg von UGC10 steht YouTube, das im Oktober 2006 von Google für ungefähr 1,3 Milliarden Euro gekauft wurde und das täglich über 100 Mio. Abrufe von Videos verzeichnet (UGVC11 Portalbetreiber, Nr. 15).

Die Zeitpunktunabhängigkeit des Streaming gegenüber dem Dauer- sendeverfahren des Broadcasting unterstützt On-Demand-Angebote. In Deutschland bieten daher auch schon alle relevanten privaten Free-TV-Sender (RTLNow, maxdome von ProSieben) sowie die Infrastrukturan- bieter (Arcor, Telekom, Alice) VoD-Portale (Nr. 13) an.

Zudem werden auf allen IPTV-Portalen und -Sendern Zusatzdienste (Nr. 14) wie Spiele, Zusatzinformationen und EPG angeboten, die der Nutzer

�.ChancenundGeschäftsmodelleimIPTV-Markt_��

10) UGC = User Generated Content11) UGVC = User Generated Video Content

�0_IPTV

wahlweise während einer Sendung oder aber bei Bedarf nutzen kann. Die gestiegenen technischen Möglichkeiten eröffnen einer Vielzahl an Techno-logieanbietern (Nr. 7-9) wie NDS oder OpenTV die Möglichkeit, über Middle-ware-Lösungen vom IPTV zu profitieren. Zudem werden Verschlüsselungs- und DRM-Lösungen immer wichtiger, um die Verwertung schutzwürdigen Contents sicherzustellen.

6.3.DarstellungundBewertungderwichtigstenIPTV-Geschäftsmodelle

6.3.1.ErklärungdesDarstellungs-undBewertungsschemasJedes Geschäftsmodell wird anhand folgender Kriterien beschrieben:

BewertungsrasterfürGeschäftsmodelleKriterium Erläuterung

Geschäftsansatz Beschreibung, wie die entsprechenden Unternehmen hauptsächlich ihre Umsätze erzielen

Wertschöpfung Beschreibung der Aktivitäten auf den einzelnen Wertschöpfungsstufen

Umsatzanteile Durchschnittliche Verteilung der Umsätze auf die verschiedenen Einkommensarten in %

Notwendige Kompetenzen

Kurze Darstellung, welche Fähigkeiten und Vermögenswerte Unternehmen für ein erfolgreiches Agieren im Markt benötigen

Wettbewerber (Auswahl)

Auflistung einiger wichtiger Unternehmen, die dem jeweiligen Geschäftsmodell zugeordnet werden können

Anschließend wird jedes Geschäftsmodell auf seine Stärken und Schwä-chen geprüft. Auch die damit verbundenen Chancen und Risiken für die entsprechenden Marktteilnehmer werden evaluiert.

Dafür wird zuerst die Marktattraktivität bewertet und anschließend beur-teilt, wie schwierig es ist, die für das Geschäftsmodell erforderlichen Kom-petenzen aufzubauen und zu bewahren. Darüber hinaus wird die Markt-entwicklung prognostiziert.

6.3.2.DieeinzelnenGeschäftsmodelle6.3.2.1. Upstream-ProduzentenNahezu alle großen Filmstudios zählen bereits zu der Kategorie der Upstream-Produzenten. Deren Ziel ist die Disintermediation der Aggrega-toren und Vermarkter, um einen noch größeren Anteil an der Gesamtwert-schöpfung auf ihren Konten verbuchen zu können. Die neuen technolo-gischen Möglichkeiten des IPTV unterstützen sie dabei.

A) BeschreibungdesGeschäftsmodellsGeschäftsansatzKern dieses Geschäftsmodells ist die Produktion von Bewegtbildern für Kino, DVD und Fernsehen. Als Upstream-Produzent werden diese aber nicht ausschließlich an vorgelagerte Wertschöpfungsstufen lizenziert, sondern auch eigenständig über verschiedene Formen an Endkunden vermarktet.

Wertschöpfung Produktion

– Konsumentenforschung zur Identifikation neuer Trends und Vorlie-ben hinsichtlich TV-Inhalten

– Formatentwicklung – Beschaffung der Inputfaktoren für eine Produktion (z.B. Drehbücher

oder Schauspieler) – Planung, Steuerung und Ausführung von Produktionen – Verkauf von Lizenzen

Aggregation – Bündelung der eigenen Produktionen und eventuell zugekaufter Pro-

grammbestandteile zu einem Pay-TV-Kanal und/oder einer VoD-Platt-form

Vermarktung – Branding für den Kanal bzw. die Plattform – Vertrieb der eigenen Pay-TV-Kanäle über bestehende Pay-TV-Bouquets

anderer Vermarktungsplattformen. Dafür werden meist Revenue- Share-Modelle mit diesen vereinbart.

– Im Falle von VoD-Plattformen wie Movielink oder In2Movies vermark-ten die Upstream-Produzenten direkt an die Endkonsumenten. Dafür führen sie Marketing- und Vertriebsmaßnahmen durch, die sich größ-tenteils aber auf ihr eigenes Portal beschränken.

CustomerManagement – V. a. für ihre VoD-Portale müssen die Studios Customer Management

betreiben und demnach Kundendaten verwalten und Debitorenma-nagement einsetzen sowie Kundenbindungsmaßnahmen lancieren. Letzteres wird noch nicht intensiv durchgeführt.

UmsatzanteileUpstream-Produzenten beziehen mittlerweile weit über 50% ihres Um-satzes aus der eigenen Aggregation ihrer Inhalte. In vielen Fällen sind die Studios beziehungsweise die Produktion von Inhalten nur noch ein Be-standteil großer Medienkonglomerate, wie beispielsweise NBC Universal.

NotwendigeKompetenzen– Attraktiver Content. Die wichtigste Kompetenz von Upstream-Produ-

zenten ist, mit ihren Inhalten die Interessen der Zuschauer zu treffen. – Daneben sind für die Produktion aber auch hohe Investitionen nötig.

Aus diesem Grund stellt das Cash- und Finanzmanagement eine wich-tige Kompetenz für Produzenten dar. Auf den übrigen Wertschöpfungs-stufen stehen sie im Wettbewerb mit den jeweiligen Spezialisten.

– Neben einem erfolgreichen Markenaufbau für die entsprechenden Content-Plattformen sind daher sehr gute Vertriebsfähigkeiten uner-lässlich für ein erfolgreiches Geschäft.

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Abbildung29:UmsatzanteileUpstream-Produzentenin%

(goetzpartners)

43

Sonstige

Werbung

27

24

6

Lizenzen

Abogebühr

�2_IPTV

Wettbewerber(Auswahl)– Warner Brothers Entertainment– Paramount Pictures– Sony Pictures Entertainment– Universal Studios

B) BewertungdesGeschäftsmodellsUpstream-Produzenten schaffen durch die Vorwärtsintegration eine her-vorragende Basis, ihre eigenen Inhalte direkt zu vermarkten und damit hö-here Renditen als reine Produzenten zu erwirtschaften. Derzeit erreichen sie eine EBITDA-Marge von durchschnittlich 20%.

Sofern ein Produzent attraktive Contents wie Blockbuster oder eine „an-gesagte“ Serie im Programm hat, ist die Produktattraktivität sehr hoch. Es entsteht sogar eine Pull-Wirkung durch die Konsumenten. Auf der anderen Seite ist das Geschäftsmodell risikoreich, da kostspielige Produktionen im Vorfeld finanziert werden müssen und ein Misserfolg nicht ausgeschlos-sen werden kann. Die Marktattraktivität ist für etablierte Player hoch, da hohe Markteintrittsschranken bestehen. Diese setzen sich vor allem aus (Vertrags-)Beziehungen zu Autoren oder Schauspielern sowie mit den re-levanten direkten und indirekten Absatzkanälen (Sender, Internetportalen etc.) zusammen. Da die Anzahl der Marktteilnehmer überschaubar ist, han-delt es sich eher um einen oligopolistisch geprägten Markt mit geringer bis mittlerer Wettbewerbsintensität. Insbesondere die Verhandlungsmacht gegenüber den Abnehmern auf nachgelagerten Wertschöpfungsstufen, die auf die Inhalte der Produzenten angewiesen sind, führt darüber hinaus zu einer komfortablen Wettbewerbssituation.

In Bezug auf ihre eigenen Vertriebsaktivitäten und Sender stehen Upstream-Produzenten allerdings vor der Herausforderung, für ihre Vermarktungs-plattformen genügend Reichweite zu erzielen. In diesem Bereich stehen sie in einem stärkeren Wettbewerbsverhältnis v. a. zu solchen Aggregatoren und Vermarktungsplattformen, die Inhalte von mehreren Produzenten zusammenführen und den Kunden eine größere Bandbreite an Inhalten bieten können. Dies erhöht die Verhandlungsmacht gegenüber den Aggre-gatoren, da Upstream-Produzenten nicht mehr allein von der Distribution ihres Contents über deren Kanäle abhängen.

Upstream-Produzenten stehen unter ständigem Innovationsdruck. Zum einen müssen sie fortlaufend neue Inhalte produzieren und diese zum an-deren immer wieder aufs Neue vermarkten. In ihrem Kerngeschäft sehen sich Upstream-Produzenten einer stabilen Marktentwicklung gegen-über. Die Nachfrage nach Medienleistungen nimmt kontinuierlich zu. Das Marktvolumen der Medienindustrie weltweit soll von 1,15 Milliarden Euro in 2006 auf 1,47 Mrd. Euro in 2010 steigen. Im Bereich der Vermarktungs-portale wird es nach einer Phase der Zunahme an Playern wieder zu einer Konsolidierung kommen, da die Kunden nicht gewillt sein werden, für die

12) PPC = Pay per Channel13) CPS = Cost per Subscriber

Produktionen der verschiedenen Filmstudios jeweils auf eine gesonderte Plattform zu gehen.

Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass die Orientierung auf nachgelagerte Wertschöpfungsstufen sinnvoll und die Wettbe-werbssituation in einem wachsenden Markt komfortabel ist.

6.3.2.2. Spartensender und WholesellerDiese beiden Geschäftsmodelle lassen sich zusammen darstellen, da sich beide auf die Aggregation von Inhalten konzentrieren. Wholeseller sind da-bei einzig auf die Erstellung von Pay-TV-Plattformen konzentriert, während Spartensender alle aufgeführten Produktgattungen abdecken können und sich durch die Konzentration auf ein Themengebiet auszeichnen.

A) BeschreibungdesGeschäftsmodellsGeschäftsansatzKern dieses Geschäftsmodells ist die Bündelung von themenbezogenen Fernsehinhalten und Vermarktung als Kanal an Plattformbetreiber über ein Lizenzmodell. Während sich Spartensender auf ein spezielles Interessenge-biet konzentrieren, sind Wholeseller ausschließlich im Segment PPC12 aktiv. Spartensender treten sowohl im Bereich Free-TV (Werbefinanzierung) als auch im Pay-TV (CPS-Modell13) auf. Alle IPTV-Produktgattungen können in diesen Kanälen vorkommen. Wholeseller konzentrieren sich auf den reinen B2B-Vertrieb an Vermarktungsplattformen und erhalten für ihren Sender eine Lizenz entweder als Fixum oder abhängig von der Anzahl Abonnenten.

Wertschöpfung Aggregation

– Spartensender und Wholesale-Anbieter schaffen als Aggregatoren ein Marken- bzw. Inhaltskonzept.

– Durch die selektive Auswahl von Inhalten, beispielsweise zu einem bestimmten Thema wie Mode (FashionTV) oder Genre wie Spannung und Action (Silverline Movie Channel), sprechen sie mit einem klaren Profil ihres TV-Kanals eine segmentierte Zielgruppe an.

UmsatzanteileWährend bei Wholesellern die größte Einnahmequelle eine Gebühr pro Abonnent (CPS-Modell) der Vermarktungsplattform ist, finanzieren sich Spartensender zum Großteil über Werbeeinnahmen. Die CPS liegen im Schnitt bei etwa 20 Cent im Monat. Die Spanne bewegt sich dabei zwischen

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�4_IPTV

80

Sonstige

173

Lizenzgebühr

Abbildung30:UmsatzanteileWholesellerin%

(goetzpartners)

Abbildung31:UmsatzanteileSpartensenderin%

(goetzpartners)

95

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Lizenzgebühr

Werbung

12 und 50 Cent, je nach Verhandlungsmacht des Anbieters und der Qualität des Contents. In manchen Fällen wird auch eine garantierte Mindestsum-me, unabhängig von der tatsächlichen Abonnentenzahl, vereinbart.

NotwendigeKompetenzen– Einkauf von relevantem Content– Branding/Marketing– B2B-Vermarktung des Senders an Vermarktungsplattformen

Wettbewerber(Auswahl)– Kinowelt– Heimatkanal– TV Gusto

B) BewertungdesGeschäftsmodellsSpartensender können mit teilweise sehr hohen operativen Margen auf-warten, zum Teil bis über 50% EBITDA-Marge. Dies liegt daran, dass die Kos-ten für Filmbibliotheken bereits abgeschrieben sind oder Content von der werbetreibenden Industrie (zum Beispiel Computer- und Konsolenspiele) kostenlos zur Verfügung gestellt wird. Falls Content eingekauft werden muss, können die Margen schnell schrumpfen.

Nischencontent ist immer nur für eine kleine Zielgruppe attraktiv, für die die Inhalte dann höchste Relevanz aufweisen. Teilweise ist es für Spar-tensender aufwändig, diese Zielgruppen mit möglichst geringen Mar-ketingmitteln zu erreichen. Während begeisterte Computerspieler über entsprechende Communities und Plattformen im Internet vergleichsweise gezielt und günstig erreicht werden können, haben es Sender, die eine we-niger medienaffine Zielgruppe ansprechen, wie zum Beispiel Kochsender, schwerer.

Spartensender bewegen sich in einem sehr dynamischen Markt. Nahezu täglich treten neue Player ein, da die Kosten für den Betrieb und die Dis-tribution eines IPTV-Kanals gering sind, die notwendigen Inhalte bereits aus anderen Geschäftsfeldern vorliegen, günstig zu beziehen oder zu pro-duzieren sind. Zudem gibt es starke, bereits etablierte Substitutprodukte, wie Zeitschriften und Magazine oder Internetplattformen. Die dadurch bedingte hohe Wettbewerbsintensität wird zudem durch den Umstand verschärft, dass die Abnehmer als sehr homogene Gruppe auftreten. Dem-entsprechend ist die Gefahr gegeben, dass allein auf Grund von Mundpro-paganda große Kundengruppen verloren gehen, wenn nur wenige sich ge-gen das Angebot entscheiden (Viral-Marketing-Effekt).

Die Innovationsnotwendigkeit von Spartensendern ist abhängig von den vertriebenen Inhalten. Kanäle, die auf bestehenden Filmbibliotheken auf-bauen, müssen eine geringe Innovationsquote verfolgen, Spartensender mit aktuellen Inhalten hingegen müssen diese kontinuierlich aktualisieren.

Die Anzahl an Spartensendern wird auf Grund der unbegrenzten Kapa-zitäten und geringen Distributionskosten weiter zunehmen. Solange die anvisierte Zielgruppe groß genug ist, um die anfallenden Kosten zu decken, ist dies ein hoch attraktives, da meist margenstarkes Ge-schäftsmodell.

Die Rendite von Wholesellern ist vornehmlich von der Kommission abhän-gig, die sie an die Vermarktungsplattformbetreiber entrichten müssen. Diese kann schnell die Kosten übersteigen, die beispielsweise Reseller für Marketing, Vertrieb und Kundenservice ausgeben. Typische EBITDA-Mar-gen liegen bei 10%.

Bei Wholesellern hängt die Attraktivität stark von den aggregierten In-halten, also von Kanälen und Programmbestandteilen ab. In den meisten Fällen bieten Wholeseller exklusive Premiuminhalte an. Nur in diesem Fall kann die eigene Position langfristig gesichert werden. Durch gutes Marke-ting und Branding sowie durch die gezielte Inszenierung des angebotenen Contents kann das Angebot aufgewertet werden.

Generell bietet ein Markt keinen Platz für viele Wholeseller, denn Premium-Content steht nur begrenzt zur Verfügung. Innerhalb des Marktes entstehen daher auch bei der Beschaffung des Contents die stärksten Konkurrenzsitua-tionen. Auch wenn die Vermarktung des Angebots durch Dritte übernommen wird, sollten Wholeseller diese dabei unterstützen, um die eigenen Inter-essen bestmöglich zu sichern. Auf dem Absatzmarkt müssen sich Whole- seller damit auch der Konkurrenz von Anbietern anderer Geschäftsmodelle stellen. Generell ist die Attraktivität für bestehende Marktteilnehmer solan-ge hoch, wie sie die Rechte an begehrlichen Inhalten besitzen.

Da die Sender ihr Geschäftsmodell unabhängiger von der Werbeindus-trie machen wollen, geht der Trend zur Basisverschlüsselung, die derzeit durch die Digitalisierung des Fernsehens ermöglicht wird und im IPTV problemlos umsetzbar ist. Auf Grund dessen ist davon auszugehen, dass auch Wholeseller für Basic-Pay-Angebote entstehen werden.

6.3.2.3. ResellerA)BeschreibungdesGeschäftsmodellsGeschäftsansatzIm Gegensatz zum Wholesale-Modell vermarkten Reseller ihre Inhalte-plattformen direkt an Endkunden. Auch wenn dies automatisch ein Pay-

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��_IPTV

83

Werbung116

Diversifikation

Abogebühr

Abbildung32:UmsatzanteileResellerin%

(goetzpartners)

TV-Format impliziert, sind auch der Aufbau und die Ausstrahlung von Free-TV-Kanälen denkbar.

Wertschöpfung Aggregation

– Die meisten Reseller sind im Bereich Premium Pay angesiedelt. Eine der wichtigsten wertschöpfenden Aktivitäten ist daher der Rechteein-kauf. Dies umfasst die Beschaffung von exklusiv verwertbaren Filmen und Serien, Dokumentationen sowie Sport (exklusive Live-Übertra-gungsrechte).

– Diese Inhalte werden in verschiedenen Kanälen gebündelt. – Insb. durch die Zeitpunktunabhängigkeit des IPTV ist es an dieser

Stelle erforderlich, einen sinnvollen Mix aus terminiertem Sendeplan und On-Demand-Angeboten zu wählen.

Vermarktung – Für die Vermarktung werden die Kanäle in verschiedenen Paketen zu-

sammengefasst, welche für einen bestimmten Preis pro Monat abon-niert werden können.

– Der Vertrieb der Angebotspakete erfolgt über diverse Vertriebskanäle – Neben dem Vertrieb muss das Angebot auch durch geeignete Marke-

tingmaßnahmen vermarktet werden (Branding, Profilgewinnung etc.).

CustomerManagement – Customer Management beinhaltet die Verwaltung der Kundendaten,

Debitorenmanagement und Kundenbindung. – Kundenbindungsmaßnahmen sind erfolgskritisch, da im Bereich Pay-

TV traditionell hohe Kündigungsraten zu verzeichnen sind. Durch sys-tematisches Kündigungsmanagement lassen sich allerdings bis zu 25% aller Kündigungen vermeiden.

UmsatzanteileDie Abonnementgebühren machen mit Abstand den größten Umsatzan-teil aus. Unter Diversifikation fallen unter anderem Einnahmequellen wie Merchandising und Transaktionserlöse aus interaktiven Applikationen etc.

NotwendigeKompetenzen– Rechteeinkauf. Ohne attraktive Programminhalte kann die Stellung als

separates Bezahl-Programmangebot nicht gehalten werden; es würde die Eingliederung der eigenen Sender in ein anderes Bouquet oder der Marktaustritt drohen.

– Vertrieb. Reseller verkaufen ein Konsumgut, in diesem Fall Pay-TV. Dies erfordert viel Erfahrung, intelligente Konzepte, Vertriebskooperationen und erforderliche Verkaufsfläche (z.B. im Elektronikfachmarkt).

– Kundenmanagement. Neben den Rechten sind die Kunden das zweite große Asset von Resellern. Es gilt die bestehenden Kundenbeziehungen zu halten (Kundenbindungs- und Kündigungsmanagement) und zu ka-pitalisieren (Up- und Cross-Selling).

Wettbewerber(Auswahl)– Derzeit befindet sich kein reiner IPTV-Reseller im deutschen Markt.– Premiere bietet derzeit einen VoD-Dienst über das Internet an und

kooperiert mit T-Home bei der Ausstrahlung der Bundesliga.

B)BewertungdesGeschäftsmodellsDer Vorteil von Resellern ist die höhere Kontrolle über die Wertschöpfung und damit auch der größere Einfluss auf die in den einzelnen Stufen ent-stehenden Kosten. Letztendlich sind die Margen jedoch mit denen der Wholeseller gut vergleichbar.

Die Marktattraktivität ist für Reseller als eher schwierig einzustufen, da sie an mehreren Fronten starkem Wettbewerb ausgesetzt sind. Beim Content-Einkauf sehen sich Reseller derselben Situation ausgesetzt wie Wholeseller. Zudem stehen sie im Vertrieb im direkten Wettbewerb mit allen vermark-tenden Inhalteanbietern. Das generell sehr aufwändige und risikoreiche Geschäftsmodell benötigt zudem eine größere Anzahl an Abonnenten. In dem Zusammenhang verkündete Georg Kofler, Vorstandsvorsitzender der Premiere AG, Ende 2004, dass Premiere bei 3 Mio. Abonnenten die kritische Masse für profitables Wachstum erreicht hätte.

Reseller sitzen zwischen den Stühlen. Der Markttrend aus dem Pay-TV-Bereich zeigt auf, dass sich dieses Geschäftsmodell in vor- oder nachge-lagerte Geschäftsmodelle auflöst.

6.3.2.4. VermarktungsplattformbetreiberA)BeschreibungdesGeschäftsmodellsGeschäftsansatzDie Anbieter spezialisieren sich auf die Bündelung und den Vertrieb von IPTV-Inhalten (TV-Kanäle, VoD, User Generated Content etc.) an Endkunden.

Wertschöpfung Vermarktung

– Vermarktungsplattformen bieten Produzenten und Aggregatoren Vermarktungskompetenz und Reichweite, die einzelne Marktteilneh-mer der vorhergehenden Wertschöpfungsstufen nicht immer wirt-schaftlich sinnvoll realisieren können.

�.ChancenundGeschäftsmodelleimIPTV-Markt_��

��_IPTV

– Zur Erzielung der Reichweite muss die Plattform mittels Marketing in der relevanten Zielgruppe möglichst bekannt gemacht werden. Eine Verlinkung mit reichweitenstarken (Internet-, IPTV-)Plattformen ist daher sinnvoll.

– Im Falle einer Vermarktung von Pay-Inhalten muss der Vermarktungs-plattformbetreiber direkte und indirekte Vertriebskanäle betreiben und nutzen.

CustomerManagement – Sofern es sich um eine Pay-TV-Plattform handelt oder der Dienst nur

nach Registrierung genutzt werden kann, ist auch Kundenmanage-ment erforderlich.

Umsatzanteile– Free-TV-Plattformen erzielen ihre Umsätze über Werbeeinnahmen und

über Gebühren von den Aggregatoren für die Listung der jeweiligen Ka-näle.

– Pay-TV-Plattformen werden eine Umsatzverteilung wie Wholeseller aufweisen.

NotwendigeKompetenzen– Vermarktungs- und Vertriebskompetenz sind die Basis für dieses Ge-

schäftsmodell. – Als wichtigstes Asset lässt sich die erzielbare Reichweite ausmachen,

die sich sowohl auf die Reichweite der Ausstrahlung als auch der Ver-triebsaktivitäten bezieht.

Wettbewerber(Auswahl)– Joost– Zattoo– TV Movie (WebTV)

B)BewertungdesGeschäftsmodellsFür eine Renditeeinschätzung des Geschäftsmodells können neuartige Vermarktungsplattformen wie Zattoo oder Joost noch nicht herangezogen werden. Nimmt man daher Vermarkter aus den „alten“ Mediengattungen als Beispiel, wie Tomorrow Focus oder Axel Springer, ergibt sich eine EBITDA-Margenbandbreite von etwa 10-20%.

Vermarktungsplattformen bieten für Verbraucher den Vorteil, dass Inhalte gebündelt zur Verfügung stehen. Im Gegensatz zu Whole- und Resellern bieten Vermarktungsplattformbetreiber vorwiegend Free-TV und sonstige Produktgattungen an. Sie zielen daher auf den Massenmarkt, den sie dem-nach auch erreichen müssen. Bei der Vermarktung stehen sie in Konkurrenz zu den mannigfaltigen Medienangeboten und müssen zudem den Unter-schied von IPTV-Plattformen zu anderen TV-Plattformen herausstellen. Dementsprechend steckt der Markt für reine Vermarktungsplattformen

noch in den Anfängen der Entwicklung und bietet noch viel Raum für den Eintritt neuer Wettbewerber.

Die Zeit für reine IPTV-Vermarktungsplattformen ist momentan noch nicht reif. Es ist aber von einem rasanten Wachstum auszugehen. Inner-halb nur eines Jahres hat beispielsweise die Schweizer Plattform Zattoo bereits 350.000 Anmeldungen in der Schweiz registrieren können.

6.3.2.5. Video-on-Demand-AnbieterA)BeschreibungdesGeschäftsmodellsGeschäftsansatzDieses Geschäftsmodell basiert auf dem Angebot von Fernsehinhalten auf Abruf. Es kommt überwiegend im Bezahlmodell vor, bei dem die Konsu-menten für die Miete (typischerweise zwischen 1,5 bis 6 Euro pro Abruf) oder den Kauf (typischerweise zwischen 5 und 15 Euro pro Einheit) des je-weiligen Inhalts bezahlen. Eine weitere Form des Bezahl-VoD ist ein Abon-nement. Für eine monatliche Gebühr kann der Kunde eine unbegrenzte Anzahl an Inhalten abrufen. maxdome von ProSiebenSat.1 bietet ein sol-ches Modell, jedoch nur als Mischform mit PPV. Daneben gibt es auch kos-tenlose VoD-Varianten. In diesen Fällen finanzieren sich die Anbieter über Werbeeinnahmen.

Wertschöpfung Aggregation

– VoD-Anbieter bauen ein Portal mit Fernsehinhalten zum Abruf auf. Die Inhalte reichen von Filmen über Serien und Dokumentationen bis hin zu Sport.

– Die Inhalte müssen von Produzenten oder Rechtehändlern erworben werden.

Vermarktung – Generell sind die Bekanntmachung der Plattform und die Sicher-

stellung eines einfachen Abrufprozesses die wichtigsten Aktivitäten im Bereich Vermarktung.

– Im Abonnement-Modell hat der Vertrieb dieselbe hohe Bedeutung wie im Resale-Modell.

CustomerManagement – Neben der Verwaltung der Kundendaten und dem Debitoren-

management müssen die bestehenden Kunden zum Wiederkauf animiert werden.

– Beim Abonnement-Modell müssen die VoD-Anbieter wie die Reseller Kundenbindungs- und Kündigungsmanagement betreiben.

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97

Werbung3

Abrufgebühren

Abbildung33:UmsatzanteileVideo-on-DemandAnbieterin%

(goetzpartners)

UmsatzanteileDerzeit spielen Werbeeinnahmen nur eine sehr untergeordnete Rolle bei VoD-Anbietern.

Es ist davon auszugehen, dass der Anteil der Werbeeinnahmen bei stei-gender Reichweite zunehmen wird.

NotwendigeKompetenzen– Für VoD-Anbieter sind die Einkaufsmacht und das Verhandlungsge-

schick gegenüber den Inhalteanbietern von entscheidender Bedeu-tung. Derzeit sind z.B. aktuelle Blockbuster im Einkauf noch so teuer, dass deren Erwerb ökonomisch in Bezug auf die Wiedervermarktbar-keit an die Endkunden keinen Sinn macht. Diese werden ausschließlich aus Marketinggründen gekauft.

– Die zweite wichtige Kompetenz liegt in der Vermarktung, insbesonde-re der Bekanntmachung beziehungsweise dem Branding der Plattform. Auf diesem Gebiet konnte sich maxdome einen entscheidenden Vorteil gegenüber der Konkurrenz erarbeiten. Basis dafür ist sicherlich das ver-marktungsstarke Kooperationsduo ProSiebenSat.1 und United Internet.

Wettbewerber(Auswahl)– One4Movie, Arcor VoD für das Pay-per-View-Modell– maxdome (Kombination aus Abonnement- und PPV-Modell)– In2movies und seit Juni 2007 auch T-Online für das Kauf-Modell– Videoload von T-Online (als Pay-per-View- und Kauf-Modell)

B)BewertungdesGeschäftsmodellsDie EBITDA-Marge für VoD-Anbieter liegt im Mittel zwischen 15 und 20%. Die VoD-Angebote sind für Konsumenten hoch interessant, da sie dadurch zeitlich flexibel gewünschte Inhalte sehen können.

Der Markt für VoD-Angebote in Deutschland ist mit momentan 12 An-bietern gut besetzt, jedoch im Vergleich zu den Niederlanden mit 19 Ange-boten noch ausbaufähig. Nichtsdestotrotz ist der Konkurrenzdruck bereits sehr hoch. Die Verhandlungsmacht gegenüber den wichtigsten Inhaltelie-feranten, den Hollywood-Studios, ist zudem sehr schwach, da die Reichwei-ten der Portale insgesamt noch zu gering sind.

Es ist davon auszugehen, dass der Markt für VoD stark wachsen wird. Viele bestehende Prognosen werden im Moment sogar nach oben korrigiert. So geht Bitkom von einem durchschnittlichen Wachstum des VoD-Umsatzes in Europa von 40% pro Jahr aus. Die Anzahl der Anbieter wird nach einem wei-teren Anstieg mittelfristig einer Konsolidierung unterzogen werden müssen, da die Abnehmer im Hinblick auf das Entertainment-Potpourri „alles aus ei-ner Hand“ wollen. goetzpartners erwartet hier in den nächsten drei bis fünf Jahren eine Konzentration auf ca. fünf große, im offenen Internet verfügbare Anbieter. Anders könnte es bei spezialisierten Portalen für Nischen- oder Ex-klusivcontent aussehen. Die Anzahl dieser Anbieter ist nach oben offen.

Der VoD-Markt ist attraktiv und zukunftsträchtig. Diejenigen Anbieter werden sich durchsetzen, die sich umfangreiche, attraktive Inhalte si-chern und eine starke Marke aufbauen können.

6.3.2.6. Downstream-InfrastrukturanbieterA)BeschreibungdesGeschäftsmodellsGeschäftsansatzDownstream-Infrastrukturanbieter bauen ihr Geschäftsmodell auf einer verfügbaren Infrastruktur und der Erfahrung im Endkundenmanagement auf. Sie betreiben eine eigene IPTV-Sendeplattform über ein proprietäres Netzwerk. Über diese Plattform können alle IPTV-Produktformen ange-boten werden. Erlöse werden vornehmlich über den Vertrieb von Pay-TV-Bouquets erzielt. Damit treten Downstream-Infrastrukturanbieter auch als Dienstleister für Inhalteanbieter auf, die keinen eigenen Vertrieb und kein eigenes Kundenmanagement für Paid-Content aufbauen wollen.

WertschöpfungDownstream-Infrastrukturanbieter decken die gesamte Wertschöpfung mit Ausnahme der Produktion und des Vertriebs von Endgeräten ab.

UmsatzanteileDownstream-Infrastrukturanbieter erzielen Umsätze aus dem Vertrieb von Content (Abo- oder PPV-Gebühren), Werbeeinnahmen und Servicegebühren von Inhalteanbietern. Eine Darstellung der Umsatzverteilung ist in dieser frühen Marktphase noch nicht möglich. Zurzeit sind die Abogebühren auf Grund der geringen Abonnentenzahlen noch unterrepräsentiert.

NotwendigeKompetenzenFür dieses Geschäftsmodell ist ein komplexes Kompetenzbündel erforderlich:– Content-Einkauf und -Bündelung– Vertrieb von Pay-TV-Paketen und dem erforderlichen Anschluss (DSL etc.)– Customer Management– Bereitstellung von Plattform und Infrastruktur

Wettbewerber(Auswahl)– T-Home– Alice (nicht im gesamten Bundesgebiet erhältlich)– Arcor IPTV (Launch für Herbst 2007 geplant)

B)BewertungdesGeschäftsmodellsDownstream-Infrastrukturanbieter können mit Resellern verglichen wer-den. Allerdings liegt ihr Vorteil in der Kontrolle der gesamten Wertschöp-fungskette. Ähnlich wie es heute schon im klassischen Pay-TV der Fall ist, werden sich nur wenige Anbieter etablieren können, die allesamt mit den

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klassischen Pay-TV-Anbietern in Konkurrenz stehen werden. Auf Basis der eigenen Infrastruktur sind sie jedoch besser in der Lage, weitere Contents (auch aus dem Free-TV) auf ihre Plattform zu bringen und somit ihr Ge-schäftsmodell besser zu diversifizieren.

Es ist davon auszugehen, dass die Infrastrukturanbieter wie die Deut-sche Telekom, Arcor oder Kabel Deutschland eine starke Position im Fernsehmarkt einnehmen werden. Sie besitzen zum einen die Kontrol-le über die Distribution und haben zum anderen die notwendige finan-zielle Ausstattung, um die relevanten Inhalte einkaufen zu können.

6.3.2.7. IPTV-Commerce-AnbieterA)BeschreibungdesGeschäftsmodellsGeschäftsansatzIPTV-Commerce-Anbieter verkaufen Produkte über eine Plattform, die Ele-mente von Teleshopping und Onlineshops miteinander vereint.

Wertschöpfung Produktion

– Zur Darstellung der eigenen Angebote mittels Bewegtbildern über-nehmen IPTV-Commerce-Anbieter teilweise deren Produktion.

– In den meisten Fällen wird die Produktion aber an TV-Produktionshäu-ser und Agenturen ausgelagert.

Aggregation – Die Inhalte werden zu verschiedenen Formaten gebündelt. – Interaktive Werbung: Über einen Click wird man auf eine gesonderte

Seite oder ein Portal geführt, auf dem zum Beispiel eine Verlängerung des Spots läuft oder sich direkt die Möglichkeit zum Kauf des bewor-benen Produktes bietet.

– Shoppingfenster, die auch in Fremdsendern eingebettet werden können. – Teleshoppingkanal – Sonstige Bewegtbildformate zur Inszenierung des Produktangebots

(zum Beispiel Mode-Ratgeber), die über die interaktiven Möglich-keiten immer auch mit einer Kaufoption verbunden sein können.

– Shoppingportal, das alle vorhergehenden Formate umfasst.

Vermarktung – Bei der Vermarktung haben IPTV-Commerce-Anbieter zwei Aufgaben.

Zum einen müssen sie ihre Produkte verkaufen und zum anderen ih-ren Content vermarkten.

– Dafür stehen ihnen oft sehr reichweitenstarke Online-Shops zur Ver-fügung.

CustomerManagement – IPTV-Commerce ist eine Form des Distanzhandels, bei dem das Kun-

denmanagement eine große Rolle spielt. Die Kunden müssen fort-laufend zum Kauf animiert werden. Dies ist auf Grund der oft guten Datenbasis, die über die Adresse hinaus weitere Informationen wie Sehgewohnheiten etc. enthält, mit Hilfe von One-to-one-Marketing-maßnahmen möglich.

UmsatzanteileIn der Anlaufphase des IPTV-Commerce-Anbieters werden 100% der Um-sätze über den Verkauf des eigenen Produktes erzielt. Sobald sich das IPTV-Shoppingportal zu einem interessanten Entertainment-Portal entwickelt hat, können durch die damit einhergehende Reichweite auch Werbeein-nahmen realisiert werden.

NotwendigeKompetenzen– Produktauswahl und -beschaffung– Produktvertrieb– Entertainment-Formate entwickeln– IPTV-Portal aufbauen– Kundenmanagement

Wettbewerber(Auswahl)– KarstadtQuelle (HSE24)– QVC

B)BewertungdesGeschäftsmodellsAuf Grund der frühen Marktphase liegen noch keine Benchmarks für die EBITDA-Margen von IPTV-Commerce-Anbietern vor. Im Jahr 2006 konnte QVC beispielsweise knapp 20% erwirtschaften.

Das Angebot von IPTV-Commerce-Anbietern ist für die entsprechenden Zielgruppen sehr attraktiv. Die Darstellung mittels Bewegtbildern und ge-gebenenfalls die Unterstützung durch eine Moderation werten das eigent-liche Produkt auf. Zudem bietet IPTV durch die Interaktionsmöglichkeiten Zusatzservices, die über das eigentliche Produkt hinaus für den Kunden at-traktiv sind. Letztendlich entscheidet die Darstellungsform über den Grad der Angebotsattraktivität für die Zuschauer.

Unter den bestehenden Marktteilnehmern werden diejenigen mittelfris-tig den größten Erfolg haben, welche über die Attraktivität ihrer Inhalte die größten Reichweiten erzielen. IPTV hat das Potenzial, den beiden etablier-ten Vertriebskanälen Katalog und Internet den Rang abzulaufen. Dies liegt an den vielfältigeren und attraktiven Möglichkeiten zur Produktpräsentati-on und der großen Massenwirkung des Fernsehens.

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IPTV-Commerce-Anbieter müssen kontinuierlich neue Produkte anbieten. Die Bewegtbildformate müssen einerseits eine gewisse Kontinuität bieten, die über etablierte Verkaufsformate realisiert werden kann. Andererseits müssen aber auch immer neue Formate entworfen werden, welche die Kunden überraschen, begeistern und unterhalten.

Während im Jahr 2006 noch keine nennenswerten Umsätze über IPTV-Commerce erzielt worden sind, könnten bereits 2010 ca. 4 Mrd. Euro durch Bewegtbildformate im IPTV umgesetzt werden. IPTV-Commerce hat eine dynamische Marktentwicklung vor sich, da es die Vorteile des Teleshoppings und des Internets miteinander vereint.

6.4.ChancenundNormstrategienfürPlayerimIPTV

Trotz der explosiven Entwicklung von Geschäftsmodellen kann der Markt durch Bildung strategischer Gruppen strukturiert werden. Diese einzelnen Gruppen sehen sich auf Grund der unterschiedlichen Ausrichtungen ver-schiedenartigen Herausforderungen gegenüber. Um diese zu meistern, bedarf es gruppenspezifischer Normstrategien, die ebenfalls im Folgenden kurz vorgestellt werden.

6.4.1.ProduzentenZu den Produzenten zählen sowohl die reinen als auch die Upstream-Pro-duzenten. Ausschlaggebend für die Zuordnung ist der gemeinsame Kern „Content“ der beiden Geschäftsmodelle.

Die Produzenten fußen ihr Geschäftsmodell auf attraktivem Inhalt, woraus sich auch die folgenden Herausforderungen an diese strategische Gruppe ableiten lassen:

Günstigere Distributionsmöglichkeiten, der Trend zur Nische und das Aufkommen von User Generated Content resultieren in einer Zunahme des Angebots an Inhalten.

Das umfangreichere Angebot führt zu einer stärkeren Selektion durch die Konsumenten.

Durch Spezialeffekte und steigende Gagen werden Qualitätsproduk- tionen immer teurer.

Die traditionelle Verwertungskette wird durch die Möglichkeiten der neuen Medien wie VoD immer stärker aufgehoben.

Durch die Digitalisierung werden Inhalte immer häufiger als Raubkopie konsumiert.

Um den Herausforderungen zu begegnen, bieten sich für die Gruppe der Produzenten eine Anzahl von Normstrategien an.

Branding: Um den eigenen Content besser zu positionieren und von der Masse abzuheben, sollten die Produzenten besonderen Wert auf das ei-gene Branding legen. Dabei sollte die Marke gleichbedeutend mit einer gewissen Qualitätsstufe oder einem Genre sein. Eventuell vorhandene direkte Absatzkanäle sollten mit demselben Brand versehen bezie-hungsweise assoziiert werden wie der Content, um Ausstrahlungsef-fekte nutzen zu können.

„GoUpstream“: Wie es die Upstream-Produzenten bereits vollziehen, sollten Produzenten generell die Möglichkeiten der neuen Medien nut-

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zen und ihren Content direkt an die Endkunden vermarkten, um einen höheren Anteil der Wertschöpfung selber erlösen zu können. Insbeson-dere durch VoD-Angebote lassen sich die mittelfristig einbrechenden Erlöse aus der Vermarktung der Inhalte über DVDs kompensieren.

SicherungderContent-Qualität: Dabei ist die Aufrechterhaltung der Be-ziehungen zu den kreativen Eliten notwendig, um kontinuierlich attrak-tive Contents produzieren zu können. Zusätzlich sollten die neuen tech-nologischen Möglichkeiten des IPTV genutzt werden. Dies kann durch die Produktion von interaktiven Formaten erfolgen, bei denen die Kunden z.B. das Ende auswählen, Hintergrundinformationen abrufen oder den Con-tent im Rahmen eines Spiels verlängern können. Zudem können die End-kunden in die Contentproduktion einbezogen werden, wie es bereits teil-weise von der werbetreibenden Industrie gehandhabt wird. Dies erhöht die Kundenbindung und eröffnet einen ungenutzten Kreativpool. Um der gestiegenen Anforderung nach speziellem Content nachzukommen, sollten Produzenten ihre Inhalte klar verständlich kategorisieren, indem sie beispielsweise einen Actionfilm unter einem eigenen Actionlabel oder innerhalb eines eigenen Genrekanals (wie AXN von Sony) bündeln.

6.4.2.AggregatorenIn die Gruppe der Aggregatoren gehören alle Geschäftsmodelle, deren Kern die Bündelung von Inhalten in Kanäle und Angebotspakete ist, ohne diese dabei den Endkunden direkt zu offerieren.

In diese Gruppe lassen sich die Vollprogramm-, Spartensender und Whole-seller einordnen.

Für die Aggregatoren ergeben sich folgende Herausforderungen:

Durch die große Anzahl von Sendern und Portalen stehen Aggregatoren vor der Herausforderung, Awareness und Reichweite in der relevanten Zielgruppe zu schaffen.

Werbeumsätze sind bedroht, da der Werbemarkt generell volatiler ge-worden ist, neue Technologien wie Ad Skipping die Werbeausstrahlung konterkarieren und sich der Zuschauermarkt durch die gestiegene An-gebotsvielfalt immer stärker fragmentieren wird.

Der Content-Bezug muss wirtschaftlich sichergestellt werden.

Die Differenzierung gegenüber On-Demand-Angeboten ist erforderlich. Aggregatoren bieten Fernsehkanäle oder Angebotsbündel aus mehre-ren Kanälen an. Ein großer Markttrend ist allerdings das Angebot und der Abruf von On-Demand-Inhalten, wodurch Kanäle obsolet werden.

Zudem ist die Sicherstellung des Einbezugs in wichtige beziehungswei-se reichweitenstarke (Vermarktungs-) Portale essentiell.

Um wettbewerbsfähig zu sein und erfolgreich agieren zu können, wer-den Aggregatoren auch die Integration von (interaktiven) Zusatzser-vices in den bestehenden Programmablauf in Betracht ziehen müssen.

Aus diesen Herausforderungen für die Aggregatoren lässt sich eine Anzahl an Normstrategien ableiten:

Branding: Speziell für Spartensender ist es wichtig, eine eigene und vor allem bekannte Marke aufzubauen.

Reichweiteaufbauen:Des Weiteren müssen Aggregatoren eine mög-lichst große Reichweite sicherstellen, um mit dem eigenen Angebot viele Nutzer zu erreichen und höhere Werbeerlöse zu erzielen. Um die nötige Reichweite zu erlangen, bieten sich im Rahmen des IPTV insbe-sondere drei strategische Optionen an:

– Der Einkauf von attraktiven Inhalten von den entsprechenden Pro-duzenten stellt eine Möglichkeit dar, die Reichweite zu erhöhen. Für diesen Zweck ist es wichtig, Verträge und eventuell auch Exklusivität längerfristig zu sichern.

– Eine weitere Alternative ist der Aufbau von Entertainmentportalen. Aggregatoren müssen ihr Angebot über das klassische Fernsehen hinweg ausweiten. Durch Zusatzdienste, Interaktivität, UGC, Spiele und Ähnliches bieten sich eine Vielzahl an neuartigen Produkten und Features, die das Angebot interessanter machen und eine Differenzie-rungsmöglichkeit zum „klassischen“ TV bieten. Die Kunst wird es sein, einen stimmigen Mix aus den verschiedenen Faktoren zusammenzu-stellen, so dass sich der jeweilige Kanal oder das Kanalbündel einen definierten Charakter bewahrt.

– Die dritte Strategie zielt auf die Sicherstellung von Convenience und Übersicht ab. Letztendlich ist Fernsehen ein Lean-back-Medium. Daher werden die Aggregatoren einen Vorteil haben, die ihren Zuschauern eine einfache Navigation ermöglichen und ein schnelles Auffinden der gewünschten Inhalte gewährleisten. Dadurch wird ein bewusster Kontrapunkt zu On-Demand-Inhalten geboten.

Vermarktungspartnersichern: Vertrieb der Inhalte über Vermarktungs-partner zur Erschließung von Pay-TV-Erlösen. Je attraktiver der Kanal für die Endkunden, desto besser ist die Verhandlungsposition gegenüber den Vermarktern.

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AufbaueinesDirektvertriebes: Letztlich ist auch der Aufbau eines Di-rektvertriebes erforderlich. Allein der Traffic auf den eigenen Kanälen kann für eigene Vertriebsaktivitäten genutzt werden, die per se günsti-ger als der indirekte Vertrieb sind.

6.4.3.VermarkterundPortalbetreiber(UGVC,VoD)Bei dieser Gruppe steht das Angebot von Inhalten an Endkunden im Vor-dergrund. Demnach gehören die Reseller, die Vermarktungsplattformbe-treiber und die PPC- oder VoD-Anbieter sowie Downstream-Infrastruktur- anbieter, die Zusatzdienstanbieter und die User Generated Video Content- Portalbetreiber zu dieser Gruppe. Allen ist gemeinsam, ihre verkäuflichen oder frei verfügbaren Inhalte an eine möglichst große Kundengruppe zu vermarkten.

Dabei werden die Herausforderungen dieser großen strategischen Gruppe in erster Linie in den folgenden vier Punkten gesehen:

Der erfolgreiche Vertrieb des eigenen Produktes trotz großer Angebots-vielfalt (long tail) im Markt muss sichergestellt werden.

Die verwendete technische Infrastruktur muss im Markt ausreichend vorhanden sein.

Sicherstellung der Content-Beschaffung.

Ein gutes Kosten- und Nutzenverhältnis im Kundenmanagement ist zu realisieren.

Zur Bewältigung dieser Herausforderungen bieten sich fünf Normstrate-gien an:

Branding: Mit einer starken Marke kann sich der Anbieter von der Mas-se abgrenzen. Dabei müssen die Vorteile von IPTV hervorgehoben wer-den.

Steigerung der Angebotsattraktivität: Um die Attraktivität der An-gebote zu steigern, sollte auf die Sicherung von exklusiven Contents geachtet werden. Außerdem empfiehlt sich das Angebot von Zusatz-diensten wie Personal Recording, Pausefunktion für Live-TV, EPG+, Emp-fehlungsfunktionen, E-Mail, Internet, Spiele oder Gambling. Dabei kön-nen Nutzer auch als Produzenten einbezogen werden. Die Hardware muss per Plug and Play angeschlossen werden können.

Reichweite aufbauen: Für eine hohe Reichweite sind ein starker Ver-trieb, ein attraktives Preis-/Leistungsverhältnis und Vermarktungskoo-perationen essentiell.

Umsatzquellendifferenzieren: Dazu ist ein Leverage der Kundenbezie-hungen sinnvoll, d. h. den Kunden werden weitere Produkte und Dienst-leistungen angeboten. Dabei ist eine direkte Kundenbeziehung von Vorteil. Des Weiteren sollten Pay- und Free-Content, wie beispielsweise Pay-VoD und werbefinanziertes VoD, gemischt werden. Zudem sollten Zusatzservices in die Angebote eingebunden werden. Diese erhöhen nicht nur die Attraktivität, sondern auch die Kundenbindung.

Aktives Management der Kundenbindung: Dafür sind Kundenbin-dungsprogramme wie Reward-Systeme denkbar, aber auch ein heraus-ragender Kundenservice stellt einen entscheidenden Erfolgsfaktor dar.

6.4.4.IPTV-Commerce-AnbieterIPTV-Commerce-Anbieter stellen eine eigene strategische Gruppe dar, die sich im Fall der Vermarktung von Medieninhalten mit der Gruppe der Ver-markter und Portalbetreiber überschneidet.

Unter anderem auf Grund der frühen Marktphase müssen sich die IPTV-Commerce-Anbieter mit einer Anzahl an Herausforderungen auseinander-setzen:

Die wirtschaftliche Transformation vom reinen Händler zum Händler und Medienanbieter

Notwendige Differenzierung gegenüber Teleshopping und E-Commerce.

Zusätzlich müssen die rechtlichen Rahmenbedingungen erfüllt werden.

Den soeben genannten Herausforderungen begegnen IPTV-Commerce-Anbieter am besten mit den drei nachfolgenden strategischen Optionen.

SukzessiverAufbaueinesIPTV-Portals: Langfristig werden Portale die größten Marktanteile auf sich vereinen, wie dies auch heute im E-Com-merce der Fall ist (z.B. Amazon, ebay oder Otto.de). Dabei müssen Por-tale neben der Produktbestellfunktion einen Entertainmentcharakter aufweisen. Dafür muss eine sinnvolle Kombination von Unterhaltungs- und Verkaufsformaten gefunden werden. Zu Beginn sollten verschie-dene Formate auf der eigenen Homepage getestet werden. Dadurch wird der Portalaufbau sinnvoll und kosteneffizient für den Aufbau einer Lernkurve ausgenutzt.

AttraktiveUnterhaltungsformateschaffen: IPTV-Commerce-Anbietern eröffnen sich eine Reihe von Möglichkeiten, ihr eigenes Sortiment mit Hilfe des IPTV zu inszenieren. Beispiele dafür sind:

– Sortimentsinszenierungen wie Ratgeber, Doku-Shows, Soaps, Pro-duktschauen etc.

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– Interaktive, werbenahe Formate wie interaktive Werbespots und Pro-duct Placements

– UGC wie zum Beispiel Real-Life-Formate oder Open End Clips – IP-Teleshopping, das heißt klassisches Teleshopping ergänzt um eine

Interaktionskomponente, aber auch Teleshoppingsoaps (wie media-shopping.it) oder Auktionsformate

Zudem sollten digitale Zusatzdienste angeboten werden, wie inter-aktive Produktinformationen, interaktive Spiele, Web 2.0-Funktionali-täten etc.

StarkeVermarktung: Die eigene Marke ist um einen Unterhaltungscha-rakter zu erweitern. Zudem muss das Portal mittels interaktiver Wer-bung auf reichweitenstarken IPTV-Portalen vermarktet werden.

6.4.5.TechnikdienstleisterundDurchleiterDiese Gruppe ist Dienstleister für die Aggregatoren und sorgt mit ihren Angeboten dafür, dass die Endkunden ein IPTV-Signal empfangen und die Inhalte entschlüsseln können.

Die Herausforderungen für Technikdienstleister und Durchleiter sind:

Ein notwendiges Kriterium für die Diffusion von IPTV ist eine ausrei-chende Bandbreite, diese gilt es sicherzustellen.

Zudem müssen Technikdienstleister und Durchleiter die Sicherheit des Contents während der Speicherung, des Transports und der Nutzung durch den Kunden gewährleisten.

Interaktivität und Personalisierung müssen ermöglicht werden.

Die Must-Carry-Regelung besagt, dass in absehbarer Zeit auch DSL-Pro-vider denselben gesetzlichen Regelungen unterliegen werden wie heu-te bereits die Kabelnetzbetreiber.

Technikdienstleister und Durchleiter können ihren Erfolg mit folgenden Aktivitäten sichern:

Produktqualität sichern: Ein Verschlüsselungssystem oder DRM darf nicht einfach durch Piraten zu knacken sein.

Vermarktungspartnerschaften aufbauen: Durchleiter sollten mit at-traktiven Lockangeboten und Vermarktungspartnerschaften mit Inhal-teanbietern (z.B. United Internet mit maxdome) eine schnelle Markt-penetration anstreben und den Kunden durch Vertragsgestaltung oder andere Maßnahmen (z.B. guter Service) langfristig an sich binden (Log in).

6.4.6.EndgeräteherstellerEndgerätehersteller bilden wiederum eine eigene Gruppe. Sie versorgen die Kunden mit den notwendigen Endgeräten, welche die Signale der Tech-nikdienstleister und Durchleiter empfangen und darstellen können.

Letztlich stehen auch die Endgerätehersteller vor drei wesentlichen He-rausforderungen im Rahmen der IPTV-Entwicklung.

Die Geräte müssen einfach nutzbar sein, da sie sonst für den Massen-markt nicht tauglich sind.

Endgerätehersteller müssen mit der rasanten Marktentwicklung Schritt halten, um dem Endkunden mit ihren Produkten die volle Funktionali-tät von IPTV bieten zu können.

Sie müssen sich dem zu erwartenden Wettbewerb sowohl zwischen den Systemen als auch zwischen einer Vielzahl von Anbietern stellen.

Um diese Herausforderungen zu bewältigen, sollten Endgerätehersteller folgende Maßnahmen treffen:

Ein attraktivesPreis-/Leistungsverhältnis gewährleisten

Plug&Play: Die Produkte müssen einfach zu installieren und intuitiv zu bedienen sein. Daneben müssen Produktinnovationen vorangetrieben und sichergestellt werden.

Vermarktungspartnerschaften mit Inhalteanbietern aufbauen. Endge-räte sind für Kunden nur Mittel zum Zweck und werden erst durch den entsprechenden Content mit Zusatznutzen für den Kunden aufgeladen. Zum Beispiel ist ein HDTV-fähiger Receiver für den Kunden uninteres-sant, wenn der Content nicht in HDTV ausgestrahlt wird.

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�.Fazit

IPTV wird wachsen und zum Massenmarktphänomen werden. Es ist kein rein technologiegetriebenes Produkt, das von wenigen Unternehmen v. a. zum Verkauf anderer Produkte wie DSL-Anschlüsse lanciert wird, sondern vor allem ein Markttrend, der durch Kundenwünsche geprägt ist. Daher gibt es bereits heute viele Angebote auf geschlossenen und offenen Platt-formen, welche die Nutzung von IPTV in seinen verschiedenen Ausprä-gungen möglich machen.

Während Content die Attraktivität der IPTV-Angebote bestimmt, bieten Zusatzfunktionalitäten in den Bereichen individualisierte und interaktive Dienste den Kunden erheblichen Mehrwert, wodurch sich IPTV wesentlich vom traditionellen Broadcasting-TV unterscheidet. Um IPTV zum Durch-bruch zu verhelfen, müssen Anbieter daher die Kunden auf beiden Ebenen durch die Vermarktung (Branding und Vertrieb) von ihrem Angebot über-zeugen – nur dann werden diese bereit sein, für IPTV-Angebote zu bezah-len. In diesem Punkt haben jedoch viele Unternehmen noch Nachholbedarf. Darüber sind noch mehr Haushalte mit hohen Übertragungsbandbreiten und IPTV-fähigen Endgeräten auszurüsten, womit in den nächsten Jahren allerdings zu rechnen ist. Rechtlich sind vor allem urheberrechtliche Fragen zu klären. Außerdem ist zu definieren, ob IPTV-Anbieter Rundfunkdienste oder Telemediendienste sind. Beide Punkte sind elementare Vorausset-zungen für die Massendiffusion von IPTV und stellen aus heutiger Sicht die größten Barrieren dar.

Abschließend lässt sich festhalten, dass für den Kunden die Art der Über-tragung des Fernsehsignals gleichgültig ist. Er wird Fernsehen hauptsäch-lich als Lean-back-Medium im Wohnzimmer nutzen, ob mit oder ohne IPTV. Nichtsdestotrotz wird IPTV den Kunden mehr Freiheiten in der Nutzung einer größeren Auswahl an Fernsehformaten und -produkten ermöglichen. Daher wird der Siegeszug von IPTV in die Wohnzimmer der Verbraucher mittel- bis langfristig nicht zu stoppen sein.

�.Fazit/Abbildungsverzeichnis_��

Abbildungsverzeichnis

Abb. 1 Entwicklungsstatus von IPTV in ausgewählten Märkten 6Abb. 2 Entwicklung Bandbreiten in Deutschland 7Abb. 3 Entwicklung IPTV-Haushalte in Deutschland bis 2010 (optimistisches Szenario) 7Abb. 4 Entwicklung IPTV-Haushalte in Deutschland bis 2010 (konservatives Szenario) 8Abb. 5 Wertschöpfungsstufen des TV 12Abb. 6 Schematische Einordnung medialer Geschäftsmodelle auf Marktentwicklungsstufen 15Abb. 7 Megatrends im TV-Markt 17Abb. 8 Klassifizierung von IPTV-Produkten 20Abb. 9 IPTV-Übertragungsverfahren Streaming vs. Broadcasting (schematisch) 26Abb. 10 IPTV-Übertragung über DSL 29Abb. 11 Vergleich verschiedener Bitrates unkomprimierter und durch verschiedene Codecs komprimierter Daten 31Abb. 12 Zugangsoptionen und mögliche Endgeräte für IPTV 34Abb. 13 Übersicht relevanter Regulierungsbereiche - segmentspezifisch 36Abb. 14 Übersicht relevanter Regulierungsbereiche - segmentübergreifend 36Abb. 15 Grundprinzipien der Medienregulierung in Deutschland 37Abb. 16 Herausforderungen an die Medienregulierung 38Abb. 17 Joost TV 42Abb. 18 Interaktionsebenen (in Anlehnung an Hachmeister/Zabel 2004) 43Abb. 19 Red-Button-Funktionalität am Beispiel von QVC Active 43Abb. 20 Interaktionsmöglichkeiten im TV-Konsum 44Abb. 21 MyVideo: Plattform für User Generated Content 45Abb. 22 Anforderungen an „besseres Fernsehen“ in % 45Abb. 23 Produktpräferenzen IPTV in % 46Abb. 24 Interesse an interaktiven Funktionen 46Abb. 25 Entwicklung der TV-Landschaft bis 2015 55Abb. 26 Veränderung der TV-Wertkette durch IPTV 56Abb. 27 Verteilung der Wertschöpfung auf die einzelnen Stufen der Wertkette 57Abb. 28 Übersicht der IPTV-Geschäftsmodelle 58Abb. 29 Umsatzanteile Upstream-Produzenten 61Abb. 30 Umsatzanteile Wholeseller 64Abb. 31 Umsatzanteile Spartensender 64Abb. 32 Umsatzanteile Reseller 66Abb. 33 Umsatzanteile Video-on-Demand-Anbieter 70

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