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1 ISIS-Noreia auf dem Ulrichsberg Tempelanlage Überreste: (Bildmontage aus 3 Teilen) Tempelanlage Zeichnung: (aus dem Netz) Hier scheint jedoch etwas nicht zu stimmen, diese Zeichnung entspricht nicht dem Mauerwerk oben.

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ISIS-Noreia auf dem Ulrichsberg Tempelanlage Überreste: (Bildmontage aus 3 Teilen)

Tempelanlage Zeichnung: (aus dem Netz)

Hier scheint jedoch etwas nicht zu stimmen, diese Zeichnung entspricht nicht dem Mauerwerk oben.

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Weitere Bilder:

Blick vom Weg aus gesehen:

Kein Hinweisschild kein Wegweiser, gar nichts, wenn man nicht genau schaut oder jemanden fragt, ist es kaum möglich die Ausgrabungsstelle zu finden. Hier will man anscheinend verhindern, daß zu viele Menschen darauf aufmerksam werden.

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Zwischendurch geht es etwas ruhiger entlang auf einem schön verwachsenem Trampelpfad.

Man läßt offensichtlich alles zuwachsen. Ob das nur am mangelnden Budget liegt ist zu bezweifeln Wanderer haben erzählt, daß es früher mal schön gepflegt wurde und es soll sogar ein Hinweisschild gegeben haben.

Auf dem rechten Bild sieht man die Inschrift über dem Eingang der chr*tl. Kirche, die auf Noreia hinweist. Hier stellt sich die Frage warum diese am Kopf steht.

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Der Weg auf den Berg: Stellenweise fast wie aus dem Märchenbuch, geht es recht steil über Wurzel und Stein in Richtung Gipfel. Der Aufstieg dauert ungefähr ein Stunde (je nach Konstitution)

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Oben angekommen wird man durch die wunderbare Aussicht auf ganz Klagenfurt bis hin zum Wörthersee für die Anstrengungen reichlich belohnt. Leider haben die es sich auch hier nicht nehmen lassen ein riesiges Kreuz aufzustellen. Die Ruine der chr*tl. Kirche wirkt gut gepflegt. Typisch. (auf Bilder wird verzichtet)

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Der für Kärnten namengebende Berg, der mons Carantanus, heißt heute Ulrichsberg. Hier wurde eines der großen Heiligtümer der Noreia (Frigga) freigelegt, jener Göttin, die - wie ihr Name zeigt - bis in die vorkeltische Schichte zurückreicht und die als Stammesgöttin der keltisch überschichteten Norici anzusehen ist. Sie vertrat auch in der römischen Epoche das Land neben dem aus echt italischem Geist von den Südländern geborenen Genius Noricorum. Daher finden wir für sie zahlreiche Weihungen an den Grenzen und bei den Garden (equites singulares) in Rom. Kein römischer Tempel tritt uns in dem Heiligtum am Ulrichsberg entgegen, sondern ein Kulthaus mit zwei Apsiden, eine für die Göttin, eine für ihren Parhedros, den eine Inschrift als Casuontanus (Odin) bezeichnet. Das große Wasserbecken vor der Apside für die Statue der Göttin zeigt, daß das heilige Wasser eine große Rolle im Kult spielte.

Dies war wohl eine der Ursachen, daß im römischen Gebrauch Noreia der Isis gleichgesetzt wurde, wie eine Inschrift auf dem Ulrichsberg zeigt, die Aulus Trebonius, der Statthalter von Norikum, hier oben auf dem Berg setzte. Die Bauten rings um den Tempel lassen darauf schließen, daß an Festtagen reiches Leben geherrscht hat. Erst im späten fünften Jahrhundert wurde das Fanum, so der antike römische, oder Nemeton, so der keltische Name, von Ch**sten zerstört, und es entstand als Nachfolger eine ch**stliche Kirche mit einem für die Spätzeit charakteristischen Fluchtdorf in 1000 m Höhe.

----------------------------------------------------------------------------------------------------------------- Noreia ist das Epitheton einer vorrömischen, keltischen Muttergöttin, bekannt aus Weiheinschriften der römischen Kaiserzeit im Raum des heutigen Österreich. Möglicherweise geht ihr Name auf den vorkeltischen Stamm der Noriker zurück. Sie wurde von den Römern mit der ägyptischen Göttin Isis gleichgesetzt und als Isis-Noreia verehrt. Heiligtümer sind in Hohenstein im Glantal und auf dem Ulrichsberg durch Inschriften bezeugt. Der Name Noreia wurde auch auf ihre Heiligtümer übertragen. Es lagen zwei Ortschaften mit dem Namen Noreia bei Virunum (eine 27 Meilen entfernt, die andere 40 Meilen).

Im Ort Frauenberg bei Leibnitz 500 m neben dem Schloß Seggau, befindet sich das größte Heiligtum der Isis-Noreia außerhalb Ägyptens. Die Göttin Noreia, eine Erdgöttin, vergleichbar mit Artemis oder der "Göttlichen Mutter" wurde ab 1500 v. d. Z. in einem Tempel am Frauenberg verehrt. Als übergeordnete Göttin wurde sie auf dem gesamten Gebiet des heutigen Österreichs verehrt. Noreia war aber nicht nur eine Muttergottheit oder Landesgöttin, sondern auch Schützerin des ausgedehnten Bergbaues, da sie eben - wie alle keltischen Götter - als polyvalentes Numen anzusprechen ist, wie verschiedene Weiheschriften bezeugen. In der römischen Zeit wurde "Isis-Noreia" als Herrin des Schicksals, des Lebensglücks, der Fruchtbarkeit, des Bergsegens und der heilenden Kraft insbesondere des Wassers angesehen.

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Noreia: 1) Aus Weiheinschriften der römischen Kaiserzeit bekannte vorrömische Göttin im Raum des heutigen Österreich. Sie wurde von den Römern mit der ägyptischen Göttin Isis gleichgesetzt und als Isis-Noreia verehrt. Heiligtümer sind in Hohenstein im Glantal und auf dem Ulrichsberg durch Inschriften bezeugt. 2) In antiken Texten mehrfach genannter Ort in Noricum, genaue Lage unbekannt. Wahrscheinlich gab es mehrere Siedlungen mit diesem Namen, der von der Göttin Noreia abgeleitet ist. Bei Noreia unterlag 113 v. d. Z. das römische Heer unter Konsul Gnaeus Papirius Carbo den Kimbern. Um 60 v. d. Z. wurde der Hauptort der Noriker von den Boiern erfolglos belagert. Der antike Autor Strabon berichtet von Goldwäscherei und Eisenverarbeitung in Noreia.

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Ulrichsberg, Kärnten, 1015 m, isolierter Berg am Westrand des Zollfelds, nördlich von Klagenfurt; im Mittelalter als Mons Carantanus, 1485 noch als "Kernberg" ("Kärntner Berg") erwähnt. Prähistorische Einzelfunde. Auf der Bergkuppe stand vermutlich ein Tempel (1. Jahrhundert n. D. Z.) der Isis-Noreia. In der Spätantike (5./6. Jahrhundert) entstand eine umfangreiche Höhensiedlung mit frühch**stlicher Kirche. Die Anlagen wurden um 600 von Slawen zerstört. Funde: Reste des antiken Tempels, der frühch**stlichen Kirche und spätrömischer Gebäude; Apollostatuette (heute im Kunsthistorischen Museum in Wien), Weiheinschrift an die Isis-Noreia in der mittelalterlichen Kirchenruine; Kleinfunde im Kärntner Landesmuseum in Klagenfurt. Der Ulrichsberg wird bei der Vierberge-Wallfahrt besucht.

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VON ILSE KOGLER

Ich, Allmutter der Natur; Beherrscherin der Elemente, Erstgeborenes Kind der Zeit,

Höchste der Gottheiten, Königin der Seelen,

Erste der Himmlischen, Ich vereine in mir die Gestalten Aller Götter und Göttinnen.

Isis Noreia (Lucius Apuleius)

Noreia - das ist der Name der Großen Mutter bei den Kelten der Alpenländer. Die Römer nannten sie Isis Noreia.

Noreia ist auch der Name einer versunkenen Königsstadt, der legendären Hauptstadt des alten Königreichs Norikum, dem ersten Staatsgebilde auf österreichischem Gebiet. Norikum hatte ein ausgezeichnetes Freundschaftsverhältnis zum Imperium Romanum. Norikum war berühmt für seine Gold und Silbervorkommen und vor allem für das Norische Eisen. Die Waffen und Werkzeuge, die geschmiedeten Klingen der Noriker waren von außerordentlicher Qualität und Güte, und die Römer hatten großes Interesse daran, daß in erster Linie sie damit beliefert werden. Hekataios schreibt um 500 v. d. Z. vom "keltischen Land" und einer Stadt Nyrax. Mit ziemlicher wahrscheinlichkeit läßt sich dieser Name mit Noreia gleichsetzen.

Noreia - so heißt heute ein kleines, idyllisches, sagenumwobenes Gebirgsdorf in 1100 m Seehöhe mit etwa 50 Einwohnern. Es liegt auf ausgedehnten Terrassen von rund 900 m Gesamtlänge, versteckt und geschützt - wie ein Schwalbennest drückt es sich an den Hang des Zirbitzkogel. Noreia als Ortsbezeichnung kennen wir aus der Schulzeit. Das Jahr 113 v. d. Z. wird im Schulunterricht sehr gerne hervorgehoben, denn damals haben die Römer erstmals eine Schlacht gegen die Völker des nördlichen Europa verloren: die Schlacht bei Noreia gegen die Kimbern und Teutonen. Rom gibt Norikum Grenzschutz, und so kommt es zum kriegerischen Zusammenstoß auf dem Hörfeld. Noreia selbst bleibt von den Kampfhandlungen unberührt. Die antiken Schriftsteller berichten ab zirka 200 v. d. Z. laufend über Norikum und seine Könige. Der Keltenstamm der Taurisker vermischt sich friedlich mit der Urbevölkerung, den bereits von Homer und Herodot erwähnten Nori, und es entsteht das Volk der Noriker.

Mächtige Könige herrschen in Norikum. Es wird berichtet, wie die norischen Fürsten Cincibilus, CatmaIus oder Balanos engen Kontakt zu Rom pflegen und bei ihren Besuchen mit ungewöhnlich reichen, großzügigen Gastgeschenken die Römer

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verblüffen. So kommt es ca. 200 v. d. Z. durch großzügige Goldlieferungen an Rom zur berühmten Goldaffäre. Der Goldwert war um ein Drittel gefallen. Großzügigkeit und Freigiebigkeit zählen bei den Kelten zu den edelsten Tugenden.

Die Noriker machen ca. 50 v. d. Z. Weltgeschichte: Als Cäsar seinen Bürgerkrieg fuhrt, fordert er vom Suebenkönig Ariovist Truppen zur Verstärkung seiner Kriegsmacht an. Ariovist verweigert dies. Da sendet der norische König Voccio 300 berittene, bestens geschulte, edle Krieger an Cäsar, und der gewinnt so den Bürgerkrieg. König Voccio vermählt darauf hin seine Schwester an Ariovist, und gibt reiche Mitgift an Gold, edlen Pferden, kostbaren Waffen und großer Dienerschaft. Immer wieder wird in den historischen Schilderungen das friedliebende, den Ausgleich suchende Wesen der Noriker betont. Österreichs Heiratspolitik hat offenbar Tradition.

Das Jahr 16 v. d. Z. bringt dem bisher unabhängigen Königreich Norikum die Annexion durch Rom. Die Hauptstadt Noreia ergibt sich nicht und wird niedergebrannt. Virunum1 am Fuße des Magdalensbergs2 wird zur neuen Hauptstadt der Provinz Norikum. Plinius berichtet, daß Noreia in einem heldenhaften Kampf untergegangen ist (Plinius 19, 131: "... interiere ...Tauriscis Noreia ..."), und daß die Reste von Noreia durch eine Katastrophe zugrunde gegangen sind. Eine Naturkatastrophe? Noreia ist nun ausgelöscht, versunken, verschwunden.

Fast zwei Jahrtausende lang ist es still um Noreia. Als im 19. Jahrhundert die Archäologie zur Wissenschaft wurde, als die Archäologen Mommsen und Much die " Tabula Peutingeriana" - eine Kopie der römischen Straßenkarte aus den ersten Jahren unserer Zeitrechnung und ein Kleinod der Österreichischen Nationalbibliothek studieren, sehen sie, daß zwei Mal die Ortsangabe Noreia aufscheint, noch dazu mit dem gleichen Meilenabstand von Aquileia aus gemessen. Da gibt es keinen Zweifel: ein Schreibfehler des Kopisten! Die Doppelnennung Noreias ist somit abgehakt, erledigt. Der Grazer Landesarchäologe, Universitätsprofessor Dr. Walter Schmid, erforscht und entdeckt in den Zwanzigerjahren unseres Jahrhunderts viele Kulturstätten im steirischen Raum, unter anderem Flavia Solva. Schmid interessiert sich sehr für das verschollene Noreia. Die "Tabula Peutingeriana3" betrachtend hält er es aber für ausgeschlossen, daß ein mittelalterlicher Mönch einen derart auffälligen Fehler macht, ohne ihn zu korrigieren. Er vermutet dahinter eher ein ungelöstes RätseI. Sein Forschergeist ist angefacht.

Schmid macht sich auf die Suche nach Spuren von Noreia. Er studiert antike Schriftsteller im Urtext. Er begutachtet die landschaftliche Situation, die für die Lage in Frage kommen könnte. Dabei kommt ihm das Schicksal zu Hilfe: Als im Jahr 1930 in Wildbad Einöd die Bahnanlagen umgebaut werden, stößt man auf Mauerreste einer römischen Poststation und einen Römerstein mit einer Inschrift, die besagt, daß es sich hier um die Poststation Noreia handelt. Welch ein Triumph! Seine Vermutung ist bestätigt, das Rätsel gelöst: Neben der Stadt Noreia gibt es also noch die römische Poststation Noreia, das Noreia Nummer zwei.

Schmid sucht nun gezielt weiter nach Noreia. Die Westhänge des Zirbitzkogel bieten sich da an, sie liegen auf der geographischen Breite der Poststation Noreia. Dieses Gebiet ist außerdem eine geologische Besonderheit. Von der Vielfalt der Mineralien und Erzvorkommen her ist es der drittreichste Platz der Erde und der reichste Europas. Nicht die Mengen, die Artenvielfalt gibt hier den Ausschlag. Schmid teilt sich das Gelände in Segmente ein und sucht an vegetations- und schneearmen 1 Nordische Höhensiedlung 2 Magdalenenberg, Der hallstattzeitliche Fürstengrabhügel bei Villingen im Schwarzwald, 1. 3 Kartographische Karte vom römischen Straßennetz

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Tagen fünf Jahre lang nach Spuren, nach Ruinen, einem rechten Winkel im Gelände, einem Waagriß, Steinschichtungen und ähnlichem. Als er oberhalb des Dorfes St. Margarethen am Silberberg aus dem Wald tritt, blickt er auf eine geschlossene Terrassensituation. Die Bauern berichten von Tonscherben in der Ackererde. Sollten das Spuren von Noreia sein? Daß es sich um eine prähistorische Siedlung auf künstlich bearbeiteten Terrassen - umgeben von einer schutzbietenden Wallanlage - handelt, steht für Schmid fest. Seine Begeisterung überträgt sich auf die Bewohner, und alle arbeiten bei den Ausgrabungen mit, auch der Wirt, der Lehrer und der Pfarrer. Dem Kaufmann als stolzem Fotoapparatbesitzer verdanken wir Fotografien. Es wurden so 67 Hausgrundrisse in dichter städtischer Bebauung - teilweise aus der Hallstattzeit - freigelegt und dokumentiert. Noreia wurde in den Berichten des Livius und des Sempronius Asellius nämlich als "urbs noreia", als Stadt bezeichnet. Das muß Noreia also sein!

Im Grundmauerbereich einer Schmiede wird ein halb zu Ende geschmiedetes Schwert gefunden. Analysen ergeben, daß es sich dabei um hochwertigsten Klingenstahl handelt. Der Magnet- und Spateisenstein dieser Gegend hat natürliche Titaneinschlüsse, das dem Stahl besondere Festigkeit und Dichte verleiht. Das norische Eisen ist gefunden! Wenn dies nun Noreia ist, müssen auch Spuren der Schlacht aus 113 v. d. Z. gegen die Kimbern und Teutonen zu finden sein. Die Berichte des Appian darüber sind präzise und lassen sich mühelos rekonstruieren. Danach muß die Schlacht nördlich dem Hörfeld, dem großen Moor, stattgefunden haben, das Lager der Kimbern und Teutonen auf den westlichen Höhen gewesen sein. Mit Suchgräben entdeckt Schmid dort tatsächlich Feuerstellen mit Holzkohleresten und fremdländischen Tonscherben, und keine Spuren von dazugehörigen Gebäuden - das Feldlager der Kimbern.

Nach den Bestimmungen der Dreißigerjahre haben diese Indizien genügt, um St. Margarethen am Silberberg in Noreia umzubenennen. Das hat einen wahren Expertenkrieg ausgelöst, denn auch andere Historiker waren auf der Suche nach Noreia. An dreizehn Stellen wurde damals geforscht!

Schmid gräbt unbeirrt weiter aus. Er entdeckt im Erdreich Reste eines Rundheiligtums, vielleicht der Isis Noreia, mit Altarstein und Kultpfeiler. Es ist das der nördlichste derartige Rundtempel Europas, der bisher gefunden wurde. Die Grundmauem des außergewöhnlich stattlichen Objektes erlauben eine Rekonstruktion in Originalgröße. Schmid nennt dieses Gebäude das Königshaus.

Durch den Ausbruch des Zweiten Weltkriegs wird Professor Schmid in seiner Arbeit gestört und bricht schließlich ab. Es ihm nicht nicht vergönnt gewesen, auch das Gräberfeld der alten Siedlung zu finden. Und so ist bis heute wissenschaftlich unbewiesen und ungeklärt, ob es sich dabei tatsächlich um das alte Noreia handelt oder nicht. Noreia wird so zum Mythos.

In der Nähe des Königshauses befindet sich ein kreisrunder künstlicher Hügel, eingesäumt von mehrstämmigen Bäumen. Dumpf und hohl klingen die Schritte, wenn man ihn betritt. Professor Schmid und der Ortspfarrer ersuchen eindringlich, diesen Hügel niemals zu öffnen. Das, was er ist, würde damit zerstört und nie wieder herzustellen sein. Deshalb stellt Schmid, wie um diesen Hügel für alle Zeiten zu beschützen, zu versiegeln, einen kleinen Menhir auf diese Erhebung, in den er das Wort NOREIA einmeißeln läßt. .

Literaturhinweise: H. Birkhahn, "Kelten" 1995, Demandt Alexander, "Die Kelten", Verlag C.H.Beck 1998, Dobesch Gerhard: "Die Kelten in Österreich", 1980

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Hermann Max-Otto, " Tempel-Kult-Ruinenstätten" Gehr. Mann Verlag Berlin 1996, Schmid Walter, "Noreia" Verlag Curt Kahitzsch, Leipzig 1932, Stern Josef, " Wo Römerräder rollen", A.Hartleben Wien "Das Technische Museum in Wien", Residenz Verlag

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Über Glauben und Kulte der Kelten und Römer im österreichischen Raum vor der Ch**stianisierung

Hermann Vetters Nichts ist schwieriger als der Versuch, religiöse Vorstellungen und Kultgewohnheiten aus einigen wenigen Funden zu erklären. Haben wir doch keine schriftliche Überlieferung erhalten, die uns über die religiösen Vorstellungen der Festlandkelten berichtete. Manches gibt es aus dem religiösen Bereich der Inselkelten, vor allem Irlands, aber es ist spät überliefert und tritt uns in sagenhaftem Gewand entgegen. Manches bringen uns ch**stliche Quellen, die oft voll Abscheu von barbarischen Bräuchen der rustici berichten und diese verbieten und unter Bann stellen.

Zwei Stellen antiker Autoren sind es, auf denen neben den archäologischen und epigraphischen Zeugnissen die Forschung basiert. Sie sind vieldeutig, da CAESAR in seinem Gallischen Krieg (cap. VI) die religiösen Zustände der Kelten seinen eigenen römischen Denkkategorien anpaßt, also in die interpretatio Romana - wie TACITUS (Germ. 43,4) es nannte - hineinzwängt. Wie fast alle antiken Autoren bringt CAESAR keine einheimischen Namen. LUKAN in seiner Pharsalia4 nennt in zwei Zeilen des epischen Gedichtes (I v. 445 f.) drei keltische Götter: Teutates5, Esus6 und Taranis.

Für unser österreichisches Alpengebiet tritt aber noch eine weitere nicht zu unterschätzende Schwierigkeit hinzu. Ist doch der Alpenraum keltisches Kolonialland, und haben sich doch die Kelten als Superstrat über eine ältere Bevölkerung geschoben, die - wie die Hallstattkultur zeigt - selbst sicher eine hochentwickelte religiöse Kultur besessen haben muß. Zahlreiche epichorische Namen von Gottheiten zeigen nun, daß ein Teil der religiösen Vorstellungen bis weit in die prähistorische Epoche zurückreichen dürfte, obwohl sie uns erst in später Form auf lateinisch geschriebenen Inschriften entgegentreten.

Im Ostalpengebiet hat sich sicher schon im zweiten Jahrhundert v. d. Z. ein im Süden, in Kärnten, gelegener Kristallisationspunkt im Stammesgebiet der Norici entwickelt, aus dem im Laufe der Zeit das norische Königreich entstanden ist. Mit der Großmacht im Süden, mit Rom, bestanden gute Beziehungen, war doch das Keltenland der Lieferant hochwertiger Metalle; vor allem verstanden es die Noriker, echten Stahl zu erzeugen. Dies brachte es mit sich, daß im Süden Österreichs schon im Laufe des ersten Jahrhunderts die Beziehungen mit dem italienischen Bereich so eng wurden, daß der norische Belinus7 - einer der Götter des Kärntner Raumes - auch in der 181 v. d. Z. gegründeten Kolonie Aquileia verehrt wurde. Auch die im gemeinkeltischen Bereich so häufigen Muttergottheiten, die Matres, haben als Veicae Noriceiae in dieser Gegend ihren Kult besessen.

Aber die sprachlichen Schichten im Alpenraum reichen noch viel weiter zurück. Einst zogen die Vorfahren der Latiner und Osker über Kärnten nach Italien. Auf der alten 4 Gedicht über die Schlacht von Pharsalos 5 Stammesgott der Kelten 6 Keltengott des Handels und der Wege (Merkur) 7 Apollo

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Khevenhüller-Feste Landskron nördlich von Villach fand W. GÖRLICH bei den Renovierungsarbeiten anläßlich der Errichtung eines modernen Restaurants zwei Inschriftsteine. R. EGGER verdanken wir die Deutung. Genannt ist Volcanus Ocretanus Augustus, dem Iulius Tertius und Maxima, die Tochter des Adiutor, wohl die Gattin des Iulius, den Altar setzen. Auf dem einen Stein ist ein Mann mit einem Hammer dargestellt, der andere Stein zeigt ein Blitzbündel. Der Beiname Ocretanus zeigt uns, daß ein einheimischer Gott vorliegt. Die Stammwurzel des Wortes ist ocra - acer - axoos, was soviel wie Spitze, Höhe, Berg heißt und im umbrisch-oskischen Bereich heimisch ist, wie die Namen Ocriculum in Umbrien und Ocra bei Trient erkennen lassen. Es ist ein alter italischer Höhengott, der dann im Keltischen als Uxlemitanus und neuerlich ins Lateinische übersetzt als Culminalis verehrt wurde.

Im Tale bei Warmbad entspringen warme Quellen; Inschriften nennen sie uns im Dativ: Vibebos. Der Name kommt ebenfalls aus altem Sprachgut, hier wohl illyrischem, und heißt: die Sprudelnden. Im Herzen Kärntens liegt das Zollfeld, das in seinem Namen den alten Ortsnamen Solium bewahrt hat. Vier Berge umschließen es, die auch heute noch ein urtümlicher Kultlauf verbindet, der vom Magdalensberg seinen Ausgang nimmt. Die vier Berge haben einst alle keltisch-illyrische Tempel getragen, und sicher hat sie schon in der Antike ein Kultlauf verbunden. Der für Kärnten namengebende Berg, der mons Carantanus, heißt heute Ulrichsberg. Hier wurde eines der großen Heiligtümer der Noreia freigelegt, jener Göttin, die - wie ihr Name zeigt - bis in die vorkeltische Schichte zurückreicht und die als Stammesgöttin der keltisch überschichteten Norici anzusehen ist. Sie vertrat auch in der römischen Epoche das Land neben dem aus echt italischem Geist von den Südländern geborenen Genius Noricorum. Daher finden wir für sie zahlreiche Weihungen an den Grenzen und bei den Garden (equites singulares) in Rom. Kein römischer Tempel tritt uns in dem Heiligtum am Ulrichsberg entgegen, sondern ein Kulthaus mit zwei Apsiden, eine für die Göttin, eine für ihren Parhedros, den eine Inschrift als Casuontanus bezeichnet. Das große Wasserbecken vor der Apside für die Statue der Göttin zeigt, daß das heilige Wasser eine große Rolle im Kult spielte. Dies war wohl eine der Ursachen, daß im römischen Gebrauch Noreia der Isis gleichgesetzt wurde, wie eine Inschrift auf dem Ulrichsberg zeigt, die Aulus Trebonius, der Statthalter von Noricum, hier oben auf dem Berg setzte. Die Bauten rings um den Tempel lassen darauf schließen, daß an Festtagen reiches Leben geherrscht hat. Erst im späten fünften Jahrhundert wurde das Fanum, so der antike römische, oder Nemeton, so der keltische Name, von Ch**sten zerstört, und es entstand als Nachfolger eine ch**stliche Kirche mit einem für die Spätzeit charakteristischen Fluchtdorf in 1000 m Höhe.

Im Glantal gab es bei Hohenstein ein weiteres Heiligtum der Noreia, das die normale keltische Tempelanlage aufweist. Von Wichtigkeit sind Inschriften, die zeigen, daß Noreia nicht nur Muttergottheit, sondern Schützerin des ausgedehnten Bergbaues8 war, da sie eben - wie alle keltischen Götter - als polyvalentes Numen anzusprechen ist. Wie sie im römischen Gewand ausgesehen hat, zeigt uns eine Statue, die in Virunum im sogenannten Bäderbezirk gefunden wurde. Diese zeigt die Göttin nach Art einer Tyme-Fortuna mit Füllhorn in der Linken und wohl einem Steuerruder in der heute verlorenen Rechten. Der statuarische Typus ist von der dem PRAXITELES zugeschriebenen Artemis in Dresden9 hergeleitet und durch Hinzufügen norischer Trachtenstücke zur norischen Landesgöttin umgestaltet worden. 8 Aphrodite/Venus, ein anderer Name der Göttin, war Schutzherrin von Kupferminen und Bergbau 9 Im Dresdner Zwinger finden sich viele Pan-Figuren

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In der Steiermark bei Flavia Solva10 auf dem Frauenberg hat W. MODRIJAN ein weiteres Fanum, das ebenfalls ein großes Wasserbecken besaß, freigelegt.

Bei den Grabungen im Salzburger Dom11 wurde als Spolie ein Altar gefunden, der der Isis Noreia geweiht war. Isis Noreia war also eine gemeinnorische Göttin. Auch auf dem Veit- und Lorenzenberg gibt es keltische Tempel und frühe Kirchen; noch wissen wir nicht, welche Götter hier verehrt wurden.

Wie der Vorgang der Romanisierung und damit auch der der interpretatio Romana vor sich ging, lehrten uns die Grabungen auf dem Magdalensberg xxx, der früher Helenenberg geheißen hat. Hier beginnt der Vierbergelauf am zweiten Freitag nach Ostern um die Mitte der Nacht. Nach der Messe versammelt man sich vor der Kirche, deren Chor siegreich auf dem alten keltischen Vierecktempel steht, beim alten heidnischen Dreikopfbecken. Dieses Becken nimmt den Weihbrunnkessel des Priesters auf, der die Läufer mit Weihwasser besprengt. Dreiköpfe sind echte keltische Gottheiten; wir kennen sie aus Gallien. Sie sind ein Symbol der Sonne, der Jahreszeiten.

Tiefer am Hang um einen großen Platz entstand eine römische Kaufmannsiedlung, die im ersten Jahrhundert v. D. Z. ihre architektonische Gestaltung erfuhr. Hier setzte sich auch nach der Okkupation Noricums (15 v. d. Z.) die römische Verwaltung fest, baute Verwaltungssitze, so etwa ein Prätorium. Ein eigenartiger Bau ist ein großer Apsidensaal mit heiliger Quelle. In der Marmorverkleidung fanden wir eine urtümliche Rune, ein Pferd auf einem Schlitten in einem Kahn. Es sind weite Wege nötig gewesen, um dieses Zeichen zu deuten. Es handelt sich um ein Apotropaion; dieses Symbol reicht bis in die älteste Sphäre religiösen Denkens, in die des tiergestaltigen Gottes zurück und stellt den auf dem Berg verehrten Gott neben die Pferdegöttin Epona12, den Rudiobius und andere Pferdegötter der Kelten. Auf dem Gipfel des Berges fanden wir aus dem Tempel stammend ein Tonvotiv, das einen prognath gebildeten nackten Mann in einem Boot darstellt. Auf dem Magdalensberg wurde bereits 1502 eine Bronzestatue gefunden, die einen griechischen Wettkampfsieger wiedergibt. Geweiht wurde die Statue von italienschen Kaufleuten noch vor der Okkupation Noricums durch die Römer. Diese drei Funde stellen alle das gleiche göttliche Wesen dar, den Mars Latobius13, der uns in Inschriften als mächtiger Gott der Latobiker genannt wird. PRASCHNIKER hat gezeigt, daß diese Bronzestatue, die erst auf dem Berge durch Hinzufügen von Helm, Schild und Axt zum Mars Latobius umgestaltet worden war, typenbildend für die Latobius-Darstellung in der römischen Kaiserzeit gewesen ist.

Nun haben Grabungen in St. Margarethen im Lavanttal ebenfalls einen Tempel dieses Gottes ergeben. Es handelt sich um einen echt keltischen Umgangstempel. Die Bauinschrift lautet: "Latobio sacrum C. Speratius Vibius et Valeria Avita pro incolumitate filiorum suorum voto suscepto navale vetustate conlapsum restituerunt". Diese Inschrift bringt das Bindeglied zu unseren beiden Funden: navale heißt Bootshaus; einst fuhr der Tiergott im Boot in sein Haus, dann wurde er anthropomorphisiert. Wie sehr das heilige Pferd im Kult der Kelten verehrt wurde, zeigt der hieros garnos des Keltenkönigs in Ulster mit der heiligen Stute, über den noch GIRALDUS CAMBRENSIS sich 1185 erregte.

Hier auf dem großen Handelsplatz des Magdalensberges setzt zunächst die Romanisierung ein; das zeigen die Grabsteine und die Ritzinschriften aus den 10 Römische Siedlung in der Steiermark 11 Salzburger Dom, Kaiser Barbarossa's „Feuer“ 12 Pferdekult, Göttin Epona 13 Mars Latobius, Jüngling vom Magdalenenberg (Helenenberg)

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Handelskontoren. Ein Besucher brachte - wie eine Ritzinschrift lehrte - das Kaiseropfer dar. Der Text nach EGGER lautet: "sacrificium Capricorni Caio Vibio Postume consule pridie... Novembres Gallus fecit (im Jahre 5. n. d. Z.) lu(mina) = = -, v(inum) = =, cr(ustum) =, mu(rra) -", also 11 Unzen. AUGUSTUS wurde am 23. September geboren, doch seine Conception fiel in die Zeit der Wintersonnenwende, daher wurde der Capricornus als Symbol der Kaisergeburt auch den Legionen als Wappentier gegeben.

Als Rom sich hier festsetzte und die Noriker sich an das Leben im Großreich gewöhnten, kam viel Neues auf den Berg. Nach dem Tode des AUGUSTUS entstand unter TIBERIUS der erste Tempel für den Kaiserkult. Beherrschend baute man den tetrastylen Tempel, ähnlich dem von Pola. Später vergrößerte man ihn; es sollte ein echter Peripteros mit sechs Säulen an der Front und elf an den Langseiten entstehen. Wie in Lugdunum die Stämme der Gallia sollten hier die Noricums das Kaiserhaus zusammen mit der Dea Roma verehren. Ehreninschriften an Livia und Iulia sind uns auf Importmarmor erhalten. Was da alles an religiösen Vorstellungen in das Land kam, können wir nicht erfassen. Ein Tonemblem der römischen Minerva mag mit Noreia geglichen worden sein. Reiche Eisenproduzenten ließen sich Künstler aus dem Süden kommen. Iphigenia mit dem Xoanon nach EURIPIDES wurde in einem Saal an die Wand gemalt. Ebenso schmücken Szenen aus den Bakchen des gleichen Dichters einen Saal. Wir wissen nicht, ob Südländer oder Einheimische diese Wohnung besaßen.

Neben den modernen Tempeln bestanden aber die alten, bescheidenen Kultstätten weiter. In Wabelsdorf ist uns eine solche bekannt. Es ist ein echter bäuerlicher Kultort. Verehrt wurde der Genius Cucullatus, der hilfreiche Kleine im Kapuzenmantel, wie ihn R. EGGER nannte. Er ist ein gemeinkeltischer Gott, der auch bei den Etruskern als Totengeleiter Heimat fand. Die klugen Priester im Asklepieion von Pergamon übernahmen ihn für ihren Kult und gesellten ihn Asklepios und Hygieia unter dem Namen Telesphoros. Langlebig sind solche Gottheiten der kleinen Leute, und wenn heute in Tirol das Nörggele den Kindern schlaf bringt, so ist es immer noch der junge Zwerg, der in Tirol der kleine Noriker heißt.

Mit CLAUDIUS ändert sich vieles. Virunum verlegt seinen Sitz vom Berg in die Ebene. Der norische Ort wird römisches municipium. Wie in Rom gibt es auch hier ein Kapitol mit der kapitolinischen Trias. Die Götter des Südens ziehen ein, wie uns eine große Gruppe von Statuen lehrt, die im Bäderbezirk von Virunum gefunden wurde. Merkur, die Dioskuren, Apoll, Mars, Dionysos, auch der polyvalente Hermaphrodit fehlen nicht. Daneben aber lebt das Einheimische weiter. So entstand schon hier ein früher Synkretismus keltisch-römischer Art. Aus dem Orient kam Kybele, die hier als keltische Gottheit galt, so wie die ägyptische Isis, die sogar echte Mysten hatte, wie ein Kindergrab zeigte. Auch Dionysos - ob als keltischer Gott, sei dahingestellt - hatte hier seinen Kultverein.

An der Grenze trat als Zivilisations- und Kulturferment das Militär ein. Es war eine uniforme Kultur, wie uns die Funde aus Carnuntum und Vindobona zeigen.

Auch das einheimische Kultgut erhielt sich bis zum Ch**stentum, was z. B. der Tempelbezirk vom Georgenberg bei Micheldorf bestätigt. Taranis erhält als Jupiter optimus maximus einen Altar in Ansfelden; sein Bild mit dem Rad zeigt, daß es der keltische Donnergott ist. Im Bereich von Mautern lehrt ein Liebeszauber, daß Eracura, die Göttin der Unterwelt, helfen soll. In Bregenz wird sie mit dem keltischen Ogmios14 verbunden. Inschriften nennen uns den Dis Smertrius; der Gott des 14 Ogmios - Herakles

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Reichtums der Südländer wird dem glänzenden Gott der Kelten, von dem sie abzustammen glaubten, gleichgesetzt.

In den Lagern dominiert der offizielle Kult: der Venus, Fortuna oder des Merkur; diese finden wir oft als Bronzestatuetten nur erhalten. Manchmal erkennt man den Wunsch, es allen recht zu machen, wenn ein Frommer dem Jovi optimo maximo und den Diis Deabusque omnibus einen Altar setzt.

Auch an der Grenze hat Dionysos seine Gläubigen, wie das Wandbild einer Mänade aus Lauriacum zeigt. Besatzungstruppen bringen ihre Götter mit. Die ala I Thracum hat wohl den Kult ihrer Reiterheroen auch in Lauriacum fortgesetzt, wie ein Votivtäfelchen zeigt, das um 234 n. d. Z. beim ersten Alemanneneinfall in den Boden kam.

Bei Carnuntum gab es einen Tempelbezirk auf dem Pfaffenberg. Sirona ist hier verehrt worden, daneben aber auch der Juppiter von Doliche in Kleinasien. Ein bärtiger Götterkopf kann Juppiter oder Serapis darstellen.

Im Amphitheater hatte Fortuna oder auch Diana Nemesis ihren Altar. Sie ist in dieser Zeit des Synkretismus bereits eine Allgöttin wie Isis Panthea. Mithras, der persische Sonnengott, konkurriert mit dem Baal von Doliche. Mithras ist der Schutzherr DIOKLETIANS, der in Carnuntum nach seiner Abdankung noch einmal als Consul amtierte und die Nachfolge regelte. In Linz fand sich im Mithräum der selten vorhandene Opfertisch des Rex Jupiter a Mitra Deo invicto. Nicht der römische Gott, sondern der Basileus Oromasdas wurde hier verehrt. Mithras wurde auch auf dem Lande verehrt, wie die Mithräen von Kroisbach und Illmitz zeigen.

Gemeinsam ist dieser Zeit jedoch die Sehnsucht nach dem Weiterleben über den Tod hinaus. Ausdruck dafür sind die Grabsteine, die wir finden. Drei große Mythenkreise treten immer wieder auf, der des Dionysos, der des Herakles und der des Orpheus. Diese Mythen haben nicht nur paradigmatischen Charakter besessen, sondern sie sind der Ausfluß religiöser Vorstellungen, die mit dem Glauben an das Weiterleben nach dem Tode, mit der Hoffnung auf Vergebung der Sünden und dem Einzug in ein Elysium verbunden sind. Delphin und Mänade, Seenereide auf dem Hippokamp - sie alle führen ins Elysium des Dionysos.

Herakles ist der große Kämpfer, der die Welt vom Bösen befreite; er selbst stirbt am Oita, um in den Olymp aufzusteigen. Wie Herakles wollte auch der Tote in den Himmel kommen. Orpheus wiederum ist der Held, der seine Anhänger befreit. Eine Reliefplatte aus Lauriacum zeigt ihn in der Unterwelt. Vom Sange bewegt, kommen die Seelen in Vogelgestalt und setzen sich in die Bäume; diese Platte könnte eine Illustration zu VERGIL, Georgica IV 467 sein! Die rasche Verbreitung dieser Vorstellung aus dem Süden im keltischen Noricum wurde durch den Glauben der Kelten an ein Weiterleben nach dem Tode begünstigt.

Dieser Glaube aber fand dann seine Erfüllung im Ch**stentum, das immer dort seine Kirchen baute, wo vorher ein Tempel gestanden war. So manches Brauchtum hat sich auch gehalten, wie z. B. der Perchtenlauf zum Wintervertreiben. Die Masken aus Mautern zeigen dies.

mit freundlicher Genehmigung

Hermann Vetters, Über Glauben und Kulte der Kelten und Römer im österreichischen Raum vor der Ch**stianisierung, Religion und Kirche in Österreich, Hrsg. v. Institut für Österreichkunde, Wien 1972, 5 - 11

Hermann Vetters, Dr. phil., o. Prof. em. der Klassischen Archäologie, Direktor des Österreichischen Archäologischen Institutes an der Universität Wien.

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1 Lucan: Unvollendeter Epos über den römischen Bürgerkrieg zwischen Caesar und Pompeius, ist in den Handschriften als Bellum civile (Der Bürgerkrieg) überliefert, und wird oft als Pharsalia zitiert (Gedicht über die Schlacht von Pharsalos). Erhalten sind 10 Bücher, deren letztes mitten im Satz abbricht; der geplante Umfang ist umstritten, vermutlich sollte es in 12 Büchern bis zum heroischen Tode Catos des Jüngeren in Utica reichen, da Cato im Verlauf der Handlung immer mehr als Held hervortritt.

2 Der Magdalenenberg ist ein eisenzeitliches Fürstengrab und liegt etwa 740 m ü. NN am südwestlichen Rand der Gemarkung Laible in Villingen. Es ist das größte hallstattzeitliche Grabmal Mitteleuropas und hat ein Volumen von 33.000 Kubikmetern. Magdalenenberg galt auch als Hexentreffpunkt.

3 Die spätrömische Straßenkarte ist nicht im Original, sondern nur in einer einzigen mittelalterliche Kopie aus dem 12. Jahrhundert erhalten geblieben. Diese im wesentlichen originalgetreu gefertigte Nachzeichnung der römischen Straßenkarte stammt wahrscheinlich aus dem Skriptorium des Klosters Reichenau. Ob die Nachzeichnung aber direkt dem spätantiken Original entsprechend oder über den Umweg eines karolingischen Zwischenglieds geschaffen wurde, ist heute nicht mehr eindeutig festzustellen.

4 Schlacht bei Pharsalos, zwischen Gaius Iulius Caesar auf der einen, Gnaeus Pompeius Magnus und den Kräften des römischen Senats auf der anderen Seite. Sie war die entscheidenste Schlacht während des Bürgerkrieges von 49-45 v.d.Z.

5 Teutates ist ein Gott aus der keltischen Mythologie. Er wird allgemein als eigentlicher Stammesgott (Touto-tati-s = Vater des Stammes) gesehen, als väterlicher Führer in Krieg und Frieden. Manchmal wird vermutet, daß die gallischen Kriegsgötter mit Widderhörnern oder in Begleitung eines Ebers Teutates zeigen könnten.

Nach der Interpretatio Romana glichen die Römer die keltischen Götter und Kulte den eigenen an. Teutates steht hierbei als Beiname bei Mars und Merkur.

6 Esus (auch Hesus, Aesus, Esos) war ein keltischer Gott des Handels und der Wege, der von den Galliern verehrt wurde. Er wird mit Merkur, aber auch Mars gleichgesetzt. In Trier gibt es einen Merkur-Altar. Es heißt, daß ihm zu Ehren Menschenopfer an Bäumen erhängt worden sind.

Der walisische Autor Edward Williams (Iolo Morganwg) der als Vater der neuzeitlichen Druiden gilt, setzte Esus mit der Sagengestalt "Hu-Gadarn" zu "Hu-Hesus" gleich und identifizierte ihn mit Jesus und dem sagenhaften Begründer des Druidenkultes und Erfinders der Ogham-Schrift. Andere Neo-Keltischen Heiden identifizieren Esus mit der irischen Sagengestalt Easar und verehren ihn als Jagd- oder oder Feuergott (Nach einer unsicheren Etymologie von Indo-europäisch "Aidh-" "Feuer").

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7 Belinus oder Belis, Beiname des Apollo auf zwei Inschriften von Aquileja. Der Name ist verwandt mit dem cretisch-pamphylischen Abelius, dem gallischen Abellio, und dem laconischen Worte Bela, Glanz, Sonnenglanz.

8 Artemis-Tempel in Dresden.

9 Dresdner Zwinger. Die Bildhauer, darunter Balthasar Permoser, schufen einzigartige Skulpturen zur Verschönerung der Gebäude. 21 verschiedene, mannshohe Pan-Figuren stützen noch heute die Außenwände der Galerien. Satyrhermen tragen die Last der Portale.

10 Flavia Solva, in der südlichen Steiermark, war einst eine römische Siedlung.

11 Salzburger Dom: Der romanische Dom war eine dreischiffige Basilika mit vorgelagertem Paradies und eigenem Baptisterium und wurde 774 vollendet. In der Nacht von 4. zum 5. April 1167 brannte der Dom ab. Angeblich ließen damals die Grafen von Plain im Auftrag Kaiser Friedrich Barbarossas die Stadt anzünden, weil der Salzburger Erzbischof Konrad von Passau den vom Kaiser ernannten Gegenpapst Viktor IV. nicht anerkannte (siehe auch Schisma von 1159). Darauf wurde unter Bischof Konrad III. der noch stattlichere dreischiffige Konradinische Dom errichtet, die damals größte Basilika nördlich der Alpen. (Das heutige Taufbecken stammt noch aus diesem Bauwerk).

12 Epona ist eine keltische Fruchtbarkeitsgöttin und Göttermutter sowie die römische Göttin der Pferde (Kriegsgöttin). Figuren der Göttin wurden in Schreinen bei den Pferdeställen aufgestellt. Ihr heiliger Tag ist der 18. Dezember, man schmückte an diesem Tag Pferde und Esel, Tiere wurden eingesegnet von ihr. Man verehrte sie ferner mit Rosen.

Aphrodite/Venus, ein anderer Name der Göttin, war Schutzherrin von Kupferminen und anderen Minen

13 Magdalenensberg, Gott Mars Latobius, Jüngling vom Magdalenensberg (Helenenberg – 4 Bergelauf). In St. Margarethen im Lavanttal gibt es einen weiteren Tempel des Gottes. Der Ort soll schon vor 7.500 Jahren bestanden haben. Im Wappen finden sich Margarethe mit einem Palmwedel und einem Drachen (Lindwurm, Goldfarben auf rotem Grund).

14 Ogmios – Herakles, er wird als kahlköpfig, mit Bogen und Keule bewaffnet, beschrieben. Er führte eine Gruppe von Männern an, die durch Ketten, die von ihren Ohren zu seiner Zunge reichten, mit ihm verbunden waren. Lukian berichtet, daß die Gallier ihn mit Herkules gleichsetzten, zwei in Österreich gefundene Defixionen (Fluchtäfelchen) bringen ihn aber auch (in der ostkeltischen Tradition) mit Hermes in Verbindung.

In der irischen Mythologie ist er mit Ogma in Verbindung, und somit eine der engsten gallischen Parallelen zu Ogmas Bruder Dagda.

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Einer Legende nach ist Ogmios/Herakles der Gründer von Paris. Auf seinem Weg zu den Gärten der Hesperiden sammelte er die Parrhasier aus den arkadischen Bergen um sich, siedelte sie am Fuß des Montmartre an und nannte sie Pariser. Bei seinem Einzug in die Stadt 1549 wurde König Heinrich II. von einem gallischen Herkules begrüßt; Ludwig XIV. ließ sich auf seinem Triumphbogen an der Porte Saint-Martin als Herkules mit einer Keule in der Faust darstellen.