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VERLAG DER ISLAM ABDULLAH WAGISHAUSER (Hg.) Islamische Stellungnahmen zu den Provokationen Salman Rushdies sowie zum Mordaufruf radikaler iranischer Schiiten RUSHDIES SATANISCHE VERSE

Islamische Stellungsnahme Zu Den

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VERLAG DER ISLAMABDULLAH WAGISHAUSER (Hg.)IslamischeStellungnahmenzu den ProvokationenSalman Rushdies sowie zumMordaufruf radikaleriranischer SchiitenRUSHDIES SATANISCHE VERSEInhaltVorwort 3Khomeini, Rushdie und wir 4Hadayatullah Hbschber Rushdies Satanische Verse 7Hadayatullah HbschDer Qur-n und die Gewissensfreiheit 10Salman Rushdies satanisches WerkFreitagsansprache vom 24. Februar 1989 12Freitagsansprache vom 3. Mrz 1989 29Hazrat Mirza Tahir AhmadDer verantwortungsbewute Schriftsteller 41Grenzen der FreiheitHadayatullah HbschLeserbrief zu dem Aufsatz in der Zeitschrift Der Literat 46Dr. med. Heiner MartiniIm Fall Rushdie nicht nur den Mordbefehl sehen 47Leserbrief in der FAZ vom 6. Mrz 1989Prof. Dr. med. Armin Saam, Kettig Copyright der deutschen Ausgabe:1992VERLAG DER ISLAMGenfer Strae 1160437 Frankfurt/Main(www.ahmadiyya.de)bersetzung der Freitagsansprachendes Khalifen aus dem Englischen:Sheik Nasir AhmadISBN 3-921458-80-3Made with VorwortSalman Rushdies Buch Satanische Verse hat unter Muslimen einen Schrei der Em-prung ausgelst und, wie wir meinen, zu vllig berzogenen und unangemessenen Reak-tionengefhrt.Andererseitsistdie,sosiehtesaus,AbsichtdesAutors,denIslamanseinerWurzeldemGlaubenandiegttlicheunduneingeschrnkteAuthentizittdesHeiligen Qur-n zu verletzen, wenn nicht gar einschneidend zu treffen, voll aufgegan-gen, wenn man die aufgebrachten Meinungen westlicher Intellektueller studiert, die denvllig ungerechtfertigten Mordaufruf des Imam Khomeini verdammten und das Recht desAutors einklagten, auch dann seine Meinung zu uern, wenn er dadurch auf beleidigendeund verleumderische Weise im Gewand der Literatur Brunnenvergiftung betrieb.Die anhaltende Verfolgung Salman Rushdies durch die iranische Fatwa und das dadurchbedingteunmenschlicheLeidendesAutorshabendieDiskussionenumdenInhaltunddieZielsetzungderSatanischenVerseindenHintergrundrckenlassen.Dasistbekla-genswert.WennwirMuslimederAhmadiyya-Muslim-GemeindedenMordaufrufauchablehnenundbelegen,dadafrimQur-nkeinerleiRechtfertigungzufindenist,soheitdasdochnicht,dawirRushdiesBuchverteidigenoderkommentarloshinnehmenmchten.DieAuseinandersetzungumseineThesenmugefhrtwerden,seineAusfh-rungen drfen von den Muslimen nicht unwidersprochen hingenommen werden.IndiesemSammelbanddokumentierenwirdeswegendieerstenReaktionendes4.KhalifaderAhmadiyya-Muslim-Gemeinde,HazratMirzaTahirAhmad,derinzweiausfhrlichenFreitagsansprachen,derendeutschebersetzunginderZeitschriftDerIslamverffentlichtwordenwar(unterFreitagsansprachenverstehtmanjeneRede,diederImamamwchentlichenFeiertagderMuslimeimRahmendesGottesdiensteshlt).ZudemwerdenindiesemBuchzweiArtikelpubliziert,diederSchriftstellerHadayatullahHbschunmittelbarnachdemBekanntwerdendeskhomenischenVerdiktszumeineninderLiteraturzeitschriftDerLiterat,zumandereninderKulturzeit-schrift MID als Leitartikel verffentlichen durfte.Wirhoffensehr,damitdiesenWiedergabengrundlegenderuerungenseitensderAhmadiyya-Muslim-GemeindedurchihrenKhalifaunddurchdieReproduktionersterKommentare eines ihrer literarisch ttigen Mitglieder Miverstndnisse beseitigt wer-den knnen. Und da zudem hiermit eine weitere Anregung zur Diskussion um die ThesenRushdies und die Frage nach den Grenzen der Meinungsfreiheit, die Hadayatullah HbschineinemabschlieendenAufsatzanrhrt(verffentlichtinderZeitschriftDerIslam) gegeben wird.Abdullah WagishauserKhomeini, Rushdie und wirvon Hadayatullah HbschEine Idee widerlegt man nicht dadurch, da man ihren Urheber ttet. Das leuchtet ein,aber Mchtige haben zu allen Zeiten daran geglaubt, da das Recht auf Seiten der Gewaltseinmsse.NichtindesderIslamwares,derGewissensfreiheitzuerstforderte.Dich-ter, Denker, religise Fhrergestalten haben fr dieses Grundrecht gekmpft und gelit-ten, bisweilen muten sie fr ihre Moral und ihren Mut mit dem Tode bezahlen. Im IslamaberwurdediesesGesetzwohlamRadikalstenformuliertundkanonisiert.ImheiligenBuch der Muslime, dem Qur-n, heit es eindeutig:In Glaubensdingen darf es keinen Zwang geben.(Sure 2 : 257)Das Wort fr Glauben, das hier benutzt wird, bedeutet jedoch mehr als einfach nurder Glaube an Gott. Es steht fr Gewissen, ja, auch fr Weltanschauung. Was also hatder Fhrer des Irans, Imam Khomeini, fr einen Grund, zum Meuchelmord aufzurufen?Woher nimmt er sein Recht?Die einfachste Antwort, die Kommentatoren der Zeitungen dazu geben, lautet: Khomei-ni mibraucht die, in der Tat, verletzten Gefhle der Anhnger des Propheten Muhammadsaw. Mit einer selbstgebastelten Theologie, die sich mit keiner Silbe auf den Qur-n stt-zenkann,suchterseineinsWankengeratenepolitischeMachtzufestigen.Zudembe-mht er sich, als Sprecher des gesamten Islam zu erscheinen. Er, selbsternanntes Ober-hauptderSchiiten(einerislamischenSekte,deretwa7%allerMuslimeangehren),fordert den Vollzug der Todesstrafe an dem britischen Schriftsteller Salman Rushdie we-genBlasphemie,AbfallvomGlaubenundBeleidigungdesProphetenMuhammad.Findetsein Urteil eine rechtliche Entsprechung im Qur-n, dem Buch des Islam?Nein!AnungezhltenStellenimQur-nheites,daAllahselbstberjenerichtenwird im Jenseits wie im Diesseits , die ihn lstern. Nirgendwo im Qur-n ist zu le-sen, da in dieser Angelegenheit Menschen sich zum Richter aufspielen drfen. Weiter-hin: Im Qur-n heit es zum Abfall vom Glauben:Dieaberglaubtenundhernachunglubigwurden,dannwiederglaubten,dannabermalsunglubigwurdenundnochzunahmenimUnglauben,denenwird Allah nimmermehr vergeben, noch sie des Weges leiten.(Sure 4:138)Esistlogisch,da,wennderQur-nTodesstrafefrApostasieforderte,nichtdavondieRedeseinknnte,dajemandnachdemUnglaubenwiederglubigwird.DerIslamsiehtdasRichteramtindiesenFlleneinzigbeiGott.Undwiestehtesmiteinermgli-chen Strafe fr Beleidigung des Propheten Muhammad saw? Muhammad saw selbst hatte ge-genalldie,dieihnbisaufsBlutbeleidigthatten,niemalseineManahmegerichtlicherArtdurchgefhrt.DerQur-nermahntdenPropheten,jenesichselbstzuberlassen,die ihn schmhen. Zwar haben Fanatiker in einigen sogenannten islamischen Lndern eineRechtsprechung durchgesetzt, die Todesstrafe fr die Beleidigung Muhammads saw vorsiehtihrepolitischenMotivesindabernurzudurchsichtig,undihreAuffassungwirdvoneiner Vielzahl muslimischer Institutionen, von Muftis und Predigern als falsch gebrand-markt. So sagte der Sprecher der Al-Azhar-Universitt in Kairo der hchsten theologi-schenVertretungdessunnitischenIslam,dadierichtigeAntwortaufRushdiesBuchdie Verffentlichung eines Gegenbuches sei, das Rushdies Auffassung widerlege.WarumdieselangereligiseAbhandlungineinemArtikeleinerliterarischenFach-zeitschrift?WashatAutorenundAutorinnenimWestenzuinteressieren,obKhomeininuneinScharlatanodereinVertreterdeswahrenIslamdesQur-nist?Nun,ichbe-frchte,viel.DenndieReaktionaufdenterroristischenAufrufKhomeiniswarimAbendlande nicht eine Differenzierung und folglich eine Untersttzung jener islamischenKreise,dieinRushdiesBucheinenAktderBarbareisehen,inKhomeinisMordbefehlabereinenweitausbarbarischerenAkt.NichtdenGefhlenderer,die,wiebislangauchim Westen fast einmtig zugegeben wird, in der Tat von Rushdies Satanischen VerseninihremEthosverletztwurden,wirdUntersttzungzuteil,sonderninfasteinhelligerAktionwirdeineweltweiteVerbreitungdeskrnkendenBuchesgefordertundorgani-siert. Wenn aber Freiheit immer die Freiheit des Andersdenkenden ist, warum gilt danndiese Freiheit nur fr Rushdie und nicht fr die eine Milliarde Muslime? Wenn doch zu-gegebenwird,daRushdiesprovokativePhantasieweitunterdieGrtelliniezielte,warum mu dann derart Geschriebenes Solidaritt unter Intellektuellen finden, die sichdoch den Prinzipien des Humanismus verschrieben haben sollten? Findet denn die Frei-heitdesWortesnichtdaeineGrenze,woBrunnenvergiftungbetriebenwird?Wonichtargumentiert,sondernjenseitsallerSchicklichkeitagitiertwird?SinddennnichtzuRechtvolksverhetzendeBchervonNazisinunseremLandeverboten?ErflltdennRushdies Buch nicht den Tatbestand der Volksverhetzung? Sicherlich, ein Verbot des in-kriminierten Romans zu fordern, kann nicht unsere Sache sein, der Eingangssatz diesesArtikelssagt,warum.AbermuunsereKritik,dieKhomeiniundseineGefolgsschreiertrifft,vorRushdiesAgitationdieAugenverschlieen?WemhilftdenndiePropagandafr Rushdies Buch? Dem Weltfrieden? Der Achtung vor dem Glauben Andersglubiger -wer immer sie sein mgen? Steht denn wirklich, wie uns Zeitungen weismachen wollen,derSockel,aufdemdasAbendlandunddieMeinungsfreiheitstehen,inGefahr,zerstrtzu werden, wenn Rushdies Buch nicht gefrdert wird? Zeigt denn die Art und Weise, wiewir mit Gegnern der Freiheit verfahren, nicht, da die Meinungsfreiheit da Grenzen fin-det,woihreAnwendungihrePrmissenzuvernichtendroht?IstmithindieBegeiste-rung vieler, die Rushdies Buch unters Volk bringen mchten, eine unreflektierte Trotz-haltung,umesdemFeindbildparexcellence,Khomeini,zuzeigen?Undwirdnichtun-terschwellig damit gespielt, Aggressionen gegen den Islam zu schren, ohne zwischen denGrundlagen dieser Religion und dem, was Agitatoren daraus machen, zu unterscheiden?Und:WennRushdiesBuchmitseinenumstrittenenBehauptungenberallgreifbarseinsoll,wertrgtSorgedafr,daberprftwird,obsieberhauptstimmen?Wenhierzulande interessiert es, wie es mit Rushdies Umgang mit der Wahrheit steht? Habendie,diebemngeln,dadiemeisten,diegegenRushdiedemonstrieren,seinBuchgarnichtgelesenhaben,eigentlichdenQur-neinmalgelesen,umfestzustellen,gegenwasRushdie verbissen und verzweifelt angekmpft hat? Die bundesdeutsche Presse hlt sich,wasobjektiveDarstellungenderZweifelerregendenStellenbetrifft,nichtnurmerk-wrdig bedeckt, sie leistet mit bewuten oder vielleicht auch nur unbewuten - Verifi-zierungsbehauptungenundFalschzitatensogareinerweiterenVerleumdungdesIslamVorschub.EineRichtigstellungallderPresseberichtekannhiernichtgebotenwerden.Eines aber wird wohl alle Leserinnen und Leser interessieren: Was hat es mit den soge-nanntenSatanischenVersenaufsich,dieRushdiealswillkommenerTitelfrseinenRoman dienten?Ausgangspunkt ist die 53. Sure des Qur-n, in der Gott, wie die Muslime glauben, demPropheten Muhammad saw gegenber von dem majesttischen Zeichen spricht, die Gott demPropheten hinsichtlich der absoluten Einheit Gottes gegeben hat und gibt. In dem 20. und21. Vers der Sure kommt der Qur-n auf drei Gttinnen zu sprechen, die von den Heidenangebetetwurden.AndieserStellesoll,soRushdie,derSatan,verkleidetalsErzengelGabriel, dem Propheten eingeflstert haben, zu verlautbaren, da diese Gttinnen eben-fallsangebetetwerdenknnten.DerProphethabedemsatanischenVersGlaubenge-schenkt, spter aber seine Haltung revidiert. Rushdie beruft sich bei dieser Darstellungauf den von allen integeren muslimischen Gelehrten der Vergangenheit und Gegenwart alsabsolut unglaubwrdig bezeichneten berlieferer Tabari so Rushdies Aussage in einemStern-Artikel.AlleindieTatsache,daeinesolcheEinfgungdiesesVersesfunda-mental im Widerspruch zum Kontext der diskutierten Sure steht, weist darauf hin, daRushdie bewut einen als Lgner und Erfinder allgemein bekannten Kronzeugen ins Feldegefhrt hat- von der landauf landab kolportierten angeblichen historischen WahrheitdiesesVorfallsbleibtallerdingsnichtvielbrig,wennwirunsaufwissenschaftlicheTatsachen verlassen wollen. Indes, was Rushdie erreicht hat, ist, da der im christlichenAbendlandeehschonderKetzereibeschuldigteIslamundseinGlaubeanGottunddieWahrheit aller Propheten von Buddha as bis Muhammad saw und bis in unsere Zeit wei-terhinverfemtwird,dadieBemhungendergroenWeltreligionen,zumfriedlichenZusammenlebenzugelangen,einanderzurespektieren,ja,eineAnnherungandieun-terschiedlichen Glaubensvorstellungen zu erreichen, verhetzt und diskreditiert werden.Sollen wir als Schriftsteller und Knstler uns vor diesen Karren spannen lassen?(Zuerst verffentlicht in Der Literat)ber Rushdies Satanische Versevon Hadayatullah HbschEndlich einmal durften ZEIT und WELT, TAZ und FAZ einer Meinung sein: Der Sockel,auf dem die Gewissens- und Meinungsfreiheit des Abendlandes ruht, hatte nicht nur einenKratzerabbekommen,wieseinerzeit,alschristlicheMdBsStaeck-Plakatezerrissen,oder wie vor wenigen Tagen, als der Chef der Klner Boulevard-Zeitung Expre eine Ga-lerie per Gerichtsbeschlu dazu verdonnern lie, jene Seiten in einem Ausstellungska-talogzuschwrzen,diedenExpre-CovervomTagnachderGeiselnahmealsknstle-risch wertvolles Beispiel abgefeimter Sensationsblutlust in simpler Kopie zeigten. Nein,nicht um Existenzbedrohung oder Ehrabschneiden ging es dieser Tage in den bundesdeut-schen Gazetten, sondern um Solidaritt mit einem Werk, dem einmtig zugestanden wird,da es Gefhle verletze, die hierzulande allerdings kaum noch vorhanden sind. Denn derMordaufrufdesselbsternanntenGottesstreitersausdemIranforderteeinekonzertierteAktion, ein trotziges: Dem werden wir es aber zeigen.NichtdieVerurteilungdieserBarbareialsoistes,dieeigentlichdasErschtterndeist, - sie hat es in den sogenannten islamischen Lndern in groem Umfange ebenso gege-ben,wieimWesten,auchwenndasnursprlichamEndelangerAnti-Terror-Artikelder bundesdeutschen Leserffentlichkeit vermittelt wurde. Nein, das Selbstverstndlichezu betonen, ist letztlich langweilig. Auch der Mut, den nunmehr zu zeigen kaum noch einKunststckist,weilselbsteinlangerArmKhomeinisnichtjedeneinzelnenBekenner-halsumkrallenkann,daeszuvieleHlsesind,auchderMutmithinistnichtmehrzufeiern.ZuzelebrierenhingegenistdasFestderHeuchelei!Siesehenzumssen,istdasErschtternde der Affre. Was tausende von Morden, ob im Iran oder anderswo, nicht er-regthaben,TheaterdonnervonPolitikern,lautstarkeStimmen,dienachwirtschaftli-chen Sanktionen rufen, die verbale Bedrohung eines Menschenlebens hat es zustande ge-bracht. Dabei ist es zunchst mal nur der Show-Effekt, auf den Khomeini schielt, der unsin Rage versetzt. Htte er gehandelt, wie Geheimdienste aller Herren und Frauen Lnderzuhandelnpflegen,httees,wiedasindiesemGeschftsoblichist,Totegegebenundsicherlich ist jeder auf diese Art Ermordete ein Toter zuviel - aber jene BhnenkulissemitihrenmalerischdrapiertenEmotionenwreniesopublikumsgeilzurWirkungge-kommen. Wir aber spielen gerne mit.UnsereEmprungziehteinenAutoraufsPodest,derfrseinenVorschuvon1,5Millionen Mark geleistet hat, was man von ihm erwartet hat: Einen Roman, der mit sau-beren Schlgen unter die Grtellinie jene provoziert, von denen er sich doch schon lngstlosgesagt hat. Der nicht argumentiert, sondern schbige Methoden benutzt, die unter an-deren Umstnden von all jenen, die jetzt hierzulande sich beeilen, seinen Fantasmorgienmglichst groe ffentlichkeit zu verschaffen, als primitiv, sexistisch, verleumderisch,vlkerverhetzendbezeichnetwordenwren.AberhatdennderguteMann,dernundieGeister, die er rief, nicht mehr los wird, nicht das Recht, seine Glaubenszweifel in alleWelt zu tragen? Um mit Enzensberger zu reden: es sei auch erlaubt, an den Zweifeln zuzweifeln.DennanwaszweifeltdennRushdie?Dochnichtandem,waserlngstnichtmehrglaubt.AlsHeroldseinerBekehrungswutsetzterausgerechnetdeneinzigenGe-fhrten des Propheten Muhammad saw ein, der Perser war. Warum nicht Bilal, den einzi-gen Schwarzen unter den Gefhrten? Historisch sind diese beide Figuren der islamischenWeltgeschichte integere Personen. Der Perser aber gibt wohl mehr her angesichts der zuverabscheuendenBrutalittenimjetzigenPerserreich.Werdanochglaubt,Rushdiehabe nicht provozieren wollen, scheint mir naiv.BleibtdieFrage:WemntztdasBuch?EtwademWeltfrieden?DerVerstndigungverschiedener Rassen und Religionen? Jeder, der fnf Finger hat, konnte daran abzhlen,da das Gegenteil der Fall sein wird, wenn man Muhammad saw, einen von Millionen ver-ehrtenMenschenso,miesabqualifiziert.MutedieMeinungsfreiheitherausgefordertwerden? Ein merkwrdiges Unterfangen, wenn man sich als Konsequenz dieser Idee aus-malt,daalsnchsteswohlnovellistischdasTabugebrochenwerdenmu,daderHolocaust die verdammte Pflicht und Schuldigkeit aller anstndigen Deutschen war - eineBefrchtung,dieVertreterdesjdischenGlaubensdieserTageangesichtsderSturm-wellen, die Rushdies Roman schlgt, geuert haben.WasalsoistderSinnjeneralsanstigempfundenenPassagenindenSatanischenVersen-mutensiegeschriebenwerden,damitdasBuchguteLiteraturwird?Oder,damit aufgeputschte Massen beim sensationslustigen Kufer die Gier wecken, es sei inund schick, dieses Buch im Regal zu haben? Rushdie beruft sich gerne auf die histori-sche Wahrheit, die zumal seinen Satanischen Versen den Titel verliehen htte.In einem Artikel fr den Stern gibt er seinen Informanten preis: einen in der isla-mischen Welt seit alters her als Lgner und Verleumder bekannten berlieferer namensTabari.DadieSure53,inderangeblichdemProphetenMuhammad sawvomSatan,dersichalsErzengelGabrielverkleidethabe,eingeflstertwordensei,Muhammad sawsolledreiheidnischeGttinnenanbeten,vonAnfangbisEndegeleseneinekompletteNegationsolcherVorstellungist,kamkeinemRedakteurirgendeinerwestlichenTageszeitunginden Sinn, denn alle plapperten brav nach, was unser Romancier verlautbaren lie.Da emprt man sich, da die aufgebrachten Demonstranten - deren Haltung ich nichtbillige - wahrscheinlich allesamt Rushdies Buch gar nicht gelesen htten. Wer aber vondenen, die nun mit Rushdie in ein Horn blasen, hat sich die Mhe gemacht, den Qur-n zulesen,umzuberprfen,obdas,wasKhomeiniunddieseinenfordern,berhauptdemGesetz des Qur-n entspricht? Man wrde feststellen, da keine Silbe des Qur-n Kho-meinis Verhalten billigt. Wer aber hat auch nur besagte Sure gelesen?Was Not tut, ist nicht Solidaritt mit jemandem, der seine Obsession fr 1,5 Millio-nen abreagiert und, das geben die Medien ja samt und sonders zu, die Gefhle Islamglu-bigervehementverletzt;wasNottutistDifferenzierungunddasEingestndnis,dadieFreiheitzunchstdieFreiheitdesAndersdenkendenist.DasabergiltnichtnurfrRushdie,sondernauchfrjene,dieerbeleidigt.WarumalsosollenwirunsvoreinenKarrenspannenlassen,aufdemeinHaufenUnflatliegt,derdiebrillantenErzeugnissevon Rushdies Schriftstellertalent offensichtlich berlagert?MirgehtesnichtumeinVerbotdesRomans.EineIdeewirdnichtdadurchausderWelt gebracht, da man sie unter der Oberflche schwelen lt. Meine Frage indes lau-tet, warum heit Solidaritt mit der Meinungs- und Gewissensfreiheit fr die Verbrei-tung eines Buchs fast schon Amok zu laufen, das darauf angelegt scheint, das Gegenteil ei-ner rationalen Auseinandersetzung hervorzurufen. Keine Toleranz gegenber der Into-leranz fordert die ZEIT.Aber ist Rushdie denn tolerant? Sicher, er verlangt nicht, da Khomeini umgebrachtwirdundsetztseineTantiemennichtalsKopfgeldaus.AbereswrediePflichtseinesschriftstellerischenGewissensgewesen,anstndigzurecherchieren.WersichaufhinlnglichbekannteSpinnerberuft,kannnichtdamitrechnen,damanihnernstnimmt. Da Intellektuelle des Westens ihn dennoch ernst nehmen, hat wohl damit zu tun,dasiezwischenseinemTalentundseinemWirrwarr-WahnkeineGrenzeziehenwollen. Es ist schon immer etwas einfacher gewesen, gegen Gott und die Welt, und dieserTage vor allem gegen den Islam, zu wten. Ob daraus deswegen schon Weltliteratur ent-steht, wage ich zu bezweifeln.(Zuerst verffentlicht in >MID