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Fachthemen 126 © Ernst & Sohn Verlag für Architektur und technische Wissenschaften GmbH & Co. KG, Berlin · Bautechnik 81 (2004), Heft 2 wendung innovativer Technologien in allen Sphären unseres moder- nen Lebens und dem berechtigten Schutzanspruch der Menschen, ge- sundheitliche Nachteile dabei zu minimieren, stellt sich aus morali- scher und ökonomischer Sicht die Frage nach Segen oder Last dieser Entwicklung. 2 Die Arten der elektromagneti- schen Felder Alle elektrischen Einrichtungen sind von elektrischen Feldern umgeben. Werden elektrische Ladungen be- wegt, d. h., fließt ein elektrischer Strom, so wird dabei zusätzlich ein magnetisches Feld erzeugt. Zeitlich veränderliche elektrische und ma- gnetische Felder bedingen sich ge- genseitig und werden elektromagne- tische Felder (EMF) bezeichnet. In Abhängigkeit von ihrer Frequenz wird zwischen statischen, niederfre- quenten und hochfrequenten Fel- dern unterschieden. Gemeinsam mit den überwie- gend statischen, elektrischen und magnetischen Feldern unseres na- türlichen Lebensumfelds, den höher- frequenten Strahlen des UV- und infraroten Lichts, sowie den höchst- frequenten ionisierenden Strahlun- gen (Röntgen- und Gammastrah- lung) bildet die Gesamtheit aller Fel- der, die auf den einzelnen Menschen einwirken, seine elektromagnetische Umwelt. Die Gesamtheit aller elek- tromagnetischen Wellen wird auch als elektromagnetisches Spektrum bezeichnet (Bild 1). 2.1 Statische Felder 2.1.1 Elektrostatische Felder Das natürliche elektrische Feld zwi- schen Erdoberfläche und Ionosphäre hat je nach Wetterlage eine Stärke von 0,1 kV/m bis 0,5 kV/m. Bei Ge- witter können diese Feldstärken er- heblich höher sein. Statische Felder sind umfassend erforscht. Die biologischen Reak- als Elektrosmog in unser Dasein ge- drängt haben, nicht so ohne weite- res behaupten. Mit der umfassen- den Industriealisierung, der mit ihr einhergehenden allseitigen Automa- tisierung, der Elektrifizierung der Haushalte und der Allgegenwärtig- keit lückenloser Kommunikations- systeme, hat dieser Bestandteil des menschlichen Umfelds gewaltige Ausmaße angenommen. So wird Deutschland z. Z. allein durch den Mobilfunk flächendeckend von ca. 50000 Basisstationen mit elektroma- gnetischen Feldern „versorgt“. Mit der Erweiterung für die geplanten UMTS-Netze, werden es im näch- sten Jahrzehnt 100000 HF-Mobil- funksender sein. Damit werden in unseren Städten allein für dieses System Sendeeinrichtungen im Ab- stand von ca. 300 m arbeiten. Gegen- wärtig sind ca. 55 Millionen Handys an der allumfassenden Kommunika- tion beteiligt. Dazu kommen noch Millionen Nutzer von schnurlosen Telefonen, die per Funk kommuni- zieren. Bedenkt man die Allgegen- wärtigkeit des unsichtbaren elektro- magnetischen Umfelds, das durch leistungsstarke Rundfunk- und Fern- sehsender, Hochspannungsleitun- gen, elektrische Installationen und Haushaltgeräte verursacht wird, so liegt es nahe, daß die Frage einer eventuellen oder tatsächlichen Ge- sundheitsgefährdung aus dieser Ent- wicklung immer mehr Menschen interessiert und beunruhigt. Wegen der zahlreichen Berichte über ver- meintliche gesundheitsschädliche Wirkungen und des nicht zu über- sehenden „Bau-Booms“ von kom- merziellen Antennenanlagen auf un- seren Dächern verbreitet sich zuneh- mende Besorgnis in der Bevölke- rung. Weit über 6000 Bürgerinitia- tiven sind Ausdruck dieser Angst. Sie belegen aber auch ein steigen- des Bedürfnis in der Bevölkerung, sich objektiv über diese technisch anspruchsvolle Thematik zu infor- mieren. Im Spannungsfeld der An- Elektroenergie wird in allen Bereichen unseres Le- bensumfelds immer umfassender angewendet. Trotz inzwischen entwickelter Schutzmaßnahmen wird von Fachspezialisten und umweltbewußten Bürgern be- fürchtet, daß unsere Gesundheit durch dieses Wachs- tum zunehmend gefährdet wird. Da diese Problema- tik – nicht zuletzt wegen ihrer wirtschaftlichen Be- deutung – äußerst kontrovers und mit zunehmender Polemik diskutiert wird, sollen die folgenden Ausfüh- rungen den unvoreingenommenen Leser bei der ei- genen Meinungsbildung mit Sachinformationen un- terstützen. Dabei wird im Beitrag speziell auf solche Maßnahmen eingegangen, die in der Entwurfs- und Realisierungsphase eines Gebäudes, über seinen Schutz vor gesundheitsgefährdenden elektromagne- tischen Feldern entscheiden. Is Electric Smog a new challenge for the con- struction technology? Today electric energy is be- ing applied extensively to every sphere of our life. Despite the measures for the peoples protection, that are been developed therefore, experts and eco- logically aware citizens worry about the influence this increase could have on our healthiness. Not least because of its economic relevance the problem of electric smog is discussed controversial and with more and more polemic. Therefore this article provid- es specialized information for the impartial reader to support him in forming an opinion. Thereby the article concentrates on measures that determine the protection level of the human health – according to endangerments caused by electromagnetic fields – during the design and realization phase of building construction. Peter Jütterschenke Ist Elektrosmog eine Heraus- forderung für die Bautechnik? 1 Einleitung Nicht nur im übertragenen Sinne des Worts leben wir in einer Welt voller Spannungen. Von jeher ist die Erde natürlichen elektromagneti- schen Strahlungen ausgesetzt. In ih- rem Umfeld hat sich der Mensch entwickelt und sein hochsensibles System der körpereigenen Felder und Ströme gebildet. Diese Art der elektromagnetischen Beeinflussung ist zum ursprünglichen Bestandteil der Lebenswelt des Menschen ge- worden. Mit diesem Teil der elektro- magnetischen Beeinflussung kann der Mensch problemlos leben. Das kann man von den elektro- magnetischen Feldern, die sich be- sonders in den letzten Jahrzehnten

Ist Elektrosmog eine Herausforderung für die Bautechnik?

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© Ernst & Sohn Verlag für Architektur und technische Wissenschaften GmbH & Co. KG, Berlin · Bautechnik 81 (2004), Heft 2

wendung innovativer Technologienin allen Sphären unseres moder-nen Lebens und dem berechtigtenSchutzanspruch der Menschen, ge-sundheitliche Nachteile dabei zuminimieren, stellt sich aus morali-scher und ökonomischer Sicht dieFrage nach Segen oder Last dieserEntwicklung.

2 Die Arten der elektromagneti-schen Felder

Alle elektrischen Einrichtungen sindvon elektrischen Feldern umgeben.Werden elektrische Ladungen be-wegt, d. h., fließt ein elektrischerStrom, so wird dabei zusätzlich einmagnetisches Feld erzeugt. Zeitlichveränderliche elektrische und ma-gnetische Felder bedingen sich ge-genseitig und werden elektromagne-tische Felder (EMF) bezeichnet. InAbhängigkeit von ihrer Frequenzwird zwischen statischen, niederfre-quenten und hochfrequenten Fel-dern unterschieden.

Gemeinsam mit den überwie-gend statischen, elektrischen undmagnetischen Feldern unseres na-türlichen Lebensumfelds, den höher-frequenten Strahlen des UV- undinfraroten Lichts, sowie den höchst-frequenten ionisierenden Strahlun-gen (Röntgen- und Gammastrah-lung) bildet die Gesamtheit aller Fel-der, die auf den einzelnen Menscheneinwirken, seine elektromagnetischeUmwelt. Die Gesamtheit aller elek-tromagnetischen Wellen wird auchals elektromagnetisches Spektrumbezeichnet (Bild 1).

2.1 Statische Felder2.1.1 Elektrostatische FelderDas natürliche elektrische Feld zwi-schen Erdoberfläche und Ionosphärehat je nach Wetterlage eine Stärkevon 0,1 kV/m bis 0,5 kV/m. Bei Ge-witter können diese Feldstärken er-heblich höher sein.

Statische Felder sind umfassenderforscht. Die biologischen Reak-

als Elektrosmog in unser Dasein ge-drängt haben, nicht so ohne weite-res behaupten. Mit der umfassen-den Industriealisierung, der mit ihreinhergehenden allseitigen Automa-tisierung, der Elektrifizierung derHaushalte und der Allgegenwärtig-keit lückenloser Kommunikations-systeme, hat dieser Bestandteil desmenschlichen Umfelds gewaltigeAusmaße angenommen. So wirdDeutschland z. Z. allein durch denMobilfunk flächendeckend von ca.50000 Basisstationen mit elektroma-gnetischen Feldern „versorgt“. Mitder Erweiterung für die geplantenUMTS-Netze, werden es im näch-sten Jahrzehnt 100000 HF-Mobil-funksender sein. Damit werden inunseren Städten allein für diesesSystem Sendeeinrichtungen im Ab-stand von ca. 300 m arbeiten. Gegen-wärtig sind ca. 55 Millionen Handysan der allumfassenden Kommunika-tion beteiligt. Dazu kommen nochMillionen Nutzer von schnurlosenTelefonen, die per Funk kommuni-zieren. Bedenkt man die Allgegen-wärtigkeit des unsichtbaren elektro-magnetischen Umfelds, das durchleistungsstarke Rundfunk- und Fern-sehsender, Hochspannungsleitun-gen, elektrische Installationen undHaushaltgeräte verursacht wird, soliegt es nahe, daß die Frage einereventuellen oder tatsächlichen Ge-sundheitsgefährdung aus dieser Ent-wicklung immer mehr Menscheninteressiert und beunruhigt. Wegender zahlreichen Berichte über ver-meintliche gesundheitsschädlicheWirkungen und des nicht zu über-sehenden „Bau-Booms“ von kom-merziellen Antennenanlagen auf un-seren Dächern verbreitet sich zuneh-mende Besorgnis in der Bevölke-rung. Weit über 6000 Bürgerinitia-tiven sind Ausdruck dieser Angst.Sie belegen aber auch ein steigen-des Bedürfnis in der Bevölkerung,sich objektiv über diese technischanspruchsvolle Thematik zu infor-mieren. Im Spannungsfeld der An-

Elektroenergie wird in allen Bereichen unseres Le-bensumfelds immer umfassender angewendet. Trotzinzwischen entwickelter Schutzmaßnahmen wird vonFachspezialisten und umweltbewußten Bürgern be-fürchtet, daß unsere Gesundheit durch dieses Wachs-tum zunehmend gefährdet wird. Da diese Problema-tik – nicht zuletzt wegen ihrer wirtschaftlichen Be-deutung – äußerst kontrovers und mit zunehmenderPolemik diskutiert wird, sollen die folgenden Ausfüh-rungen den unvoreingenommenen Leser bei der ei-genen Meinungsbildung mit Sachinformationen un-terstützen. Dabei wird im Beitrag speziell auf solcheMaßnahmen eingegangen, die in der Entwurfs- undRealisierungsphase eines Gebäudes, über seinenSchutz vor gesundheitsgefährdenden elektromagne-tischen Feldern entscheiden.

Is Electric Smog a new challenge for the con-struction technology? Today electric energy is be-ing applied extensively to every sphere of our life.Despite the measures for the peoples protection,that are been developed therefore, experts and eco-logically aware citizens worry about the influencethis increase could have on our healthiness. Not leastbecause of its economic relevance the problem ofelectric smog is discussed controversial and withmore and more polemic. Therefore this article provid-es specialized information for the impartial readerto support him in forming an opinion. Thereby thearticle concentrates on measures that determine theprotection level of the human health – according toendangerments caused by electromagnetic fields –during the design and realization phase of buildingconstruction.

Peter Jütterschenke Ist Elektrosmog eine Heraus-forderung für die Bautechnik?

1 Einleitung

Nicht nur im übertragenen Sinnedes Worts leben wir in einer Weltvoller Spannungen. Von jeher ist dieErde natürlichen elektromagneti-schen Strahlungen ausgesetzt. In ih-rem Umfeld hat sich der Menschentwickelt und sein hochsensiblesSystem der körpereigenen Felderund Ströme gebildet. Diese Art derelektromagnetischen Beeinflussungist zum ursprünglichen Bestandteilder Lebenswelt des Menschen ge-worden. Mit diesem Teil der elektro-magnetischen Beeinflussung kannder Mensch problemlos leben.

Das kann man von den elektro-magnetischen Feldern, die sich be-sonders in den letzten Jahrzehnten

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tionen des Körpers auf elektrischeGleichfelder sind gut bekannt. Elek-trische Gleichfelder bewirken durchInfluenz primäre Ladungsansamm-lungen an der Körperoberfläche. Da-durch beschränken sich biologischeReaktionen ebenfalls auf die Körper-oberfläche, die ab einer elektrischerFeldstärke von ca. 1 kV/m z. B. alsKraftwirkung auf die Haare wahr-nehmbar sind. Bei größeren Feld-stärken kommt es zu (einmaligen)Funkentladungen, die bei größerenEnergien belästigend – aber nichtgesundheitsbedrohend – sind. DieSchwelle für das lebensgefährlicheHerzkammerflimmern liegt bei einerFeldstärke von 450 kV/m und da-mit bei sehr viel höheren Energien.

2.1.2 Magnetostatische FelderIn magnetostatischen Feldern kön-nen Kraftwirkungen auf Teilchenund Gegenstände auftreten, die eineigenes Magnetfeld besitzen odermagnetisierbar sind – z. B. auf me-tallische Implantate. In sehr starken

2.2 Niederfrequente FelderNiederfrequente elektromagnetischeWechselfelder im Bereich von 1 Hzbis 30 kHz treten vor allem in derNähe von Hochspannungsleitungen(Bild 4), Bahnstromleitungen, Trafo-und Umschaltstationen sowie in un-mittelbarer Nähe von Niederspan-nungsverteilern und elektrischenHaushaltgeräten auf. Typische Werteder elektrischen und magnetischenFeldstärke sind in Tabelle 1 und Ta-belle 2 ausgewiesen. Felder im Nie-derfrequenzbereich sind weitgehendobjekt- bzw. leitungsgebunden, weilihre Intensität mit der Entfernungvon der Quelle ihres Entstehens sehrschnell abnimmt (Bild 5).

2.3 HochfrequenzfelderDer Bereich der hochfrequentenelektromagnetischen Felder umfaßtdas Frequenzspektrum 30 kHz bis300 GHz. Ihre Anwendungen ha-ben sich in den letzten Jahren infast allen Bereichen unseres Lebens

magnetischen Gleichfeldern könnenin bewegten Körperteilen Spannun-gen erzeugt werden, die bei Risiko-patienten gesundheitsbeeinträchti-gend sein können. Solche Magnet-felder kommen im normalen Lebenjedoch äußerst selten vor. Das ma-gnetische Feld der Erde hat in un-seren Breiten eine Stärke von 40 �Tbis 50 �T. Sehr starke Magnetfel-der (mehrere mT) treten z. B. immedizinischen Bereich bei der Kern-spintomographie (Bild 2) oder in derIndustrie bei Elektrowärmeanwen-dungen (Bild 3) auf.

Bild 1. Elektromagnetisches Spektrum – die Gesamtheit der auf den Menschen wirkenden EnergiefelderFig. 1. Electromagnetic spectrum – collectivity of energy fields taking effect on the human

Bild 2. Bei der Kernspintomogra-phie entstehen starke MagnetfelderFig. 2. Intensive magnetic fieldsarising at the magnetic resonanceimaging

Bild 3. Bei der induktiven Erwär-mung von Metallteilen fließen hoheStröme und erzeugen starkeMagnetfelderFig. 3. High currents are flowing atthe inductive heating of metal partsand thereby are developing inten-sive magnetic fields

Bild 4. Hochspannungsleitungensind Quellen starker EMFFig. 4. Power lines are sources ofintensive electromagnetic fields

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sprunghaft erweitert. Neben Haus-halt und Arbeitswelt ist die allge-genwärtige Kommunikations- undNachrichtentechnik Beispiel für dieumfassende Durchdringung aller Le-benssphären durch diese Technik.In Tabelle 4 sind ihre wichtigstenAnwendungen aufgeführt. Andersals im niederfrequenten Frequenz-bereich sind im HF-Bereich die elek-tromagnetischen Felder nicht mehrleitungsgeführt. Sie werden mitLichtgeschwindigkeit in die Umge-bung abgestrahlt. Im Gegensatz zuanderen Wellen benötigen elektro-magnetische Felder dazu keine Trä-ger- bzw. Ausbreitungsmedien. Siekönnen sich daher auch im quasi-luftleeren Weltraum und sogar imVakuum ausbreiten.

3 Grenzwerte3.1 Grenzwerte für den

NF-BereichDie zum Schutz der menschlichenGesundheit nicht zu überschreiten-den Grenzwerte der Feldstärke be-tragen nach der seit 1997 in Deutsch-land verbindlichen 26. Bundes-Im-missionsschutzverordung (BImSchV)[3] für eine Frequenz von 50 Hz fürdas elektrische Feld 5 kV/m und fürdas magnetische Feld 100 �T. Damitwurden in dieser Verordnung dieEmpfehlungen der International

Radiation Protection Association(IRPA) und die der vom Bundes-ministerium für Umwelt, Natur-schutz und Reaktorsicherheit alsfachliches Beratungsgremium einge-setzten Strahlenschutzkommission(SSK) übernommen. Mit diesen Vor-gaben wurden die bis 1997 mit derDIN VDE 0848 (Vornorm 1995) fürdiesen Bereich festgelegten Wertevon 6670 V/m für das elektrischeFeld und 424 �T für das magneti-sche Feld erheblich gesenkt. Sie ent-sprechen aber damit bei weitemnicht den Empfehlungen von Fach-spezialisten bzw. anerkannter Insti-tutionen dieser Problematik [4] oderden aus praktischer Tätigkeit abge-

leiteten Vorschlägen kompetenterBausachverständiger, die weniger alsein Hundertstel dieser Vorgabewertefür notwendig und erreichbar erach-ten.

3.2 Grenzwerte für den HF-Bereich

Die zulässigen Grenzwerte für denHochfrequenzbereich sind in der Ta-belle 3 dargestellt. Ausgewiesen istdarin auch ein Vergleich mit den Vor-gaben anderer Industrienationen.

Da mit den Vorgaben die Ge-fahren der biologischen Wirksam-keit der Felder beschränkt werdensollen, werden die Grenzwerte indiesem Bereich oft als Leistungsfluß-

Bild 5. Reduzierung der magneti-schen Flußdichte mit Abstand vonder Trassenmitte einer 220-kV-Hochspannungsleitung (bei 1000-A-Stromfluß)Fig. 5. Reduction of the electroma-gnetic flux density in relation to thedistance to the middle of a 220 kVpower line (with 1000 A currentflow)

Tabelle 1. Charakteristische Werte für elektrische Wechselfelder (50 Hz)Table 1. Characteristic values for alternating electric fields (50 Hz)

Einrichtung/Gerät Elektrisches Feld gemessen im(V/m) Abstand von

Hochspannungsleitung 220 kV 1000–2000 20 m

Radiowecker 120 30 cm

Heizdecke 4500 1 cm

Bügeleisen 100 50 cm

Elektrorasierer 100 1 cm

Haarfön 80 30 cm

Fernsehapparat 90 30 cm

Elektroherd 8 30 cm

Leuchtstofflampe 120 30 cm

Glühlampe 5 30 cm

Typisch in Wohnräumen 5–40

Tabelle 2. Charakteristische Werte für magnetische Wechselfelder (50 Hz)Table 2. Characteristic values for alternating magnetic fields (50 Hz)

Einrichtung/Gerät Magnetfeld (�T) gemessen im Abstand von

Hochspannungsleitung 220 kV bei 1000 A

5–14 direkt darunter

Hochspannungsleitung 220 kV bei 1000 A

1–3 50 m

Niederspannungs-Trafostation 30–100 5 cm–30 cm

Niederspannungs-Trafostation 1–5 2 m

Heizdecke 30 1 cm

Elektrorasierer 90 1 cm

Haarfön 7 30 cm

Fernsehapparat 4 30 cm

Leuchtstofflampe 0,5–2 1 m–30 cm

Glühlampe < 0,02 ca. 1 m

Typisch in Wohnräumen 0,05–0,1

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gnetischen Feldkomponenten eineReihe gesundheitsrelevanter Effekteausgewiesen. So reagiert die Zirbel-drüse auf solche Felder mit vermin-derter Melatonin-Ausschüttung –was Veränderungen des Biorhythmusbedingen kann. Müdigkeit, Schlaf-und Verhaltensstörungen sowie Ver-änderungen des Tag-Nacht-Rhyth-mus werden damit in Zusammen-hang gebracht. Umfangreich undsehr gegensätzlich werden auch dieMöglichkeiten der Schwächung desImmunsystems sowie die Erhöhungeines Krebsrisikos durch niederfre-quente elektromagnetische Felderdiskutiert. Es besteht aber weitge-hend Konsens, daß nach wissen-schaftlich begründeten Überlegun-gen solche Felder einen Risikofak-tor darstellen.

4.2 Gefährdungen durch HF-Felder

Daß hochfrequente elektromagne-tische Felder zu gesundheitlichenBeeinträchtigungen führen können,steht außer Zweifel. Zu den unbe-strittenen thermischen Wirkungengehören lokale Gewebeüberhitzun-gen, die besonders in Bereichen mithoher Feuchtigkeit, geringer Wärme-leitfähigkeit und schlechter Durch-blutung zu gefährlichen Verände-rungen führen können. Besondersgefährdet sind daher z. B. die männ-lichen Hoden und die Linsenregiondes Auges. Die in Deutschland vor-gegebenen gesetzlichen Grenzwerteberücksichtigen bei ihrer Bemessung

dichte in mW/cm2 oder W/m2 an-gegeben. Diese gut meßbaren Wertewerden aus den SAR-Basisgrenzwer-ten abgeleitet, die die biologische In-tensität der HF-Strahlung charak-terisieren. Der SAR-Wert (Spezifi-sche Absorptionsrate, Einheit W/kg)gibt an, wie viel HF-Energie im Or-ganismus absorbiert wird und damitthermisch wirksam werden kann.Der damit ausgewiesene starke Be-zug auf die thermischen Gefährdun-gen belegt, daß die intensiv und starkkontrovers diskutierten nichtther-mischen Effekte so gut wie keinen

Einfluß auf die Grenzwertbildunggehabt haben.

4 Gesundheitliche Risiken4.1 Gefährdungen durch

NF-FelderNiederfrequente Felder erzeugen immenschlichen Körper elektrischeStröme. Über die Wirkungen solcherKörperströme liegen weltweit um-fangreiche Erfahrungen vor. Wäh-rend die elektrischen Felder in die-sem Frequenzbereich gesundheitlicheher als unproblematisch gelten,wurden durch das Einwirken der ma-

Tabelle 4. Quellen für HF-StrahlungenTable 4. Sources of high-frequency radiation

Quelle der EMF Frequenz in MHz/System Leistung in W

Babyfon 433/446 0,01

schnurloses Telefon 800…1900; CT 1/CT 2 0,01

schnurloses Telefon1880…1900; DECT digital;

0,25100 Hz gepulst

CB-Funk 27 < 4

Betriebsfunk (Bündelfunk) 410–430 6

Mobilfunk c-Netz 450–465; analog

35Basisstation 30 Kanäle

C-Netz-Handy 450–465; analog 2

D-Netz-Handy890–960 GSM

2digital mit 217 HZ gepulst

E-Netz-Handy1710–1880 DCS

1digital mit 217 Hz gepulst

UKW-Rundfunksender 88–108 < 100000

Flugradar 1000–1000000 200–20000

Mikrowelle 2,45 GHz 500–1200

Tabelle 3. In verschiedenen Ländern vorgegebene Grenzwerte für HochfrequenzstrahlungTable 3. Legal limits for high-frequency radiation in different countries

Leistungsflußdichte in mW/cm2

Land 30–300 MHZ 460 MHz 900 MHz 1800 MHz 2–300 GHz ExpositionRundfunk C-Netz D-Netz E-Netz Radar pro Tag inFernsehen Mikrowelle Stunden

International IRPA/INIRC 0,20 0,23 0,45 1,00 24

BRD 26. BImSchV 0,20 0,23 0,45 0,90 1,00 24

BRD, DIN VDE (1991) 1,00 1,15 2,25 5,00 6 (berufl.)

Rußland 0,01 0,01 0,01 0,01 24

Schweiz 0,23 0,045*/0,45 0,09*/0,9 1,00 *

China 0,01 0,01 0,01 0,01 0,01 24

USA 0,20 0,30 0,60 1,3…10 24

Frankreich 1,00 1,00 1,00 1,00 1,00 24

Schweden 5,00 1,00 1,00 5,00* Anlagegrenzwerte für „Orte mit empfindlicher Nutzung“

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die Gefahren, die zu gesundheitsge-fährdenden thermischen Wirkungenim Körper führen können. Weitest-gehend unberücksichtigt bleiben da-gegen auch hier die nichtthermi-schen Wirkungen, die bisher nochsehr umstritten sind. Speziell mit derverstärkten Einführung der gepul-sten digitalen UMTS-Übertragungs-systeme müssen ihre biologischenWirkungen und Effekte auf denmenschlichen Organismus intensivuntersucht werden. Es gibt Hinweisedarauf, daß diese Form von HF-Si-gnalen zu beängstigenden körperli-chen Reaktionen führen kann. AufZellebene wurden nichtthermischeEffekte vielfach beschrieben und sindheute wissenschaftlich anerkannt. InTierversuchen wurden biochemischeVeränderungen im Gehirn sowieVeränderungen der Durchlässigkeitder Blut-Hirn-Schranke für be-stimmte Eiweißmoleküle gefunden.Immer wieder werden erhöhteKrebsraten, Verhaltensstörungen beiMenschen und Tieren sowie dieverschiedensten körperlichen Stö-rungen auch von ernstzunehmen-den Persönlichkeiten und Institu-tionen als biologische Reaktion aufgepulste elektromagnetische HF-Fel-der in wissenschaftlichen Arbeitenbenannt. Da die gesundheitliche Re-levanz der nichtthermischen Effektenoch nicht eindeutig geklärt ist, wer-den die Arbeiten jedoch oft nicht ak-zeptiert und haben folglich – vonganz wenigen Ausnahmen abgese-hen – bislang keinen Eingang in dienationale oder internationale Gesetz-gebung gefunden.

Da aber Wirkungen auf denmenschlichen Hormonhaushalt, denBiorhythmus, das Immunsystem, diePsyche sowie auf konkrete Krank-heitsverläufe wie Krebsentstehungund -ausbreitung bereits bei Feld-stärken beschrieben wurden, dieüberall im täglichen Leben auftretenkönnen, ist es aus Gründen des vor-sorglichen Gesundheitsschutzes an-gebracht, die alltäglichen Belastun-gen durch elektrische und magneti-sche Felder sehr ernst zu nehmenund ihre Einwirkungen so weit wiemöglich zu minimieren. Auf derGrundlage dieser Verdachtsmomentewurden bereits in der Schweiz, Ita-lien, China, Rußland und einigen an-deren Ländern die Grenzwerte vor-sorglich verringert. Auch in Deutsch-

land fordern kompetente Fachein-richtungen und Bürgervertretungenimmer eindringlicher vorsorglicheMaßnahmen zur Verminderung mög-licher Risiken. Diese können durchSenkung der Einwirkdauer bzw. Feld-stärkeverminderung erreicht werden.

5 Technische Maßnahmen zurVerringerung der EMF imWohnbereich

5.1 Schutzmaßnahmen imAußenbereich

Obwohl von amtlichen Stellen (SSK;BfS) unterstrichen wird, daß keineBeweise vorliegen, nach denen elek-tromagnetische Felder geringer In-tensität physiologische Auswirkun-gen auf den menschlichen Körperhaben [1], gibt es in der Bauwirt-schaft vielfältige Aktivitäten zu ihrerVermeidung. Inzwischen wird einebreite Palette von Produkten zur Ab-schirmung solcher Felder angeboten.Dabei reicht die Auswahl von spe-ziellen Ziegeln [10], über Elektro-smog-abweisende Putze und Ab-schirmmaterialien verschiedensterArt – bis hin zu dubiosen Gerätenzur „Neutralisierung“ der gesund-heitsgefährdenden Strahlen. DieSinnhaltigkeit des Einsatzes dieseroft kostenintensiven Maßnahmenmuß vor ihrem Einsatz unbedingthinterfragt und kompetent überprüftwerden. Denn die Abschirmwirkungdieser Produkte ist abhängig von ih-rer ganz konkreten Einbausituationsowie der Art und der Parameterder zu reduzierenden elektromagne-tischen Strahlung. Um Wirksamkeitzu erreichen, reicht es i. d. R. nicht,Einzelprobleme zu behandeln, son-dern bedarf es eines komplexen, vonkompetenten Fachleuten dieses spe-ziellen Fachgebiets ausgearbeitetenGesamtkonzepts. Bei unqualifiziertrealisierten Einzelmaßnahmen be-steht sogar die Gefahr, daß statt derangestrebten Abschirmung eine An-tennenwirkung, d. h. eine lokale Ver-stärkung des elektromagnetischenFelds eintritt [7]. Ein Schutz ganzerGebäude vor Elektrosmog ist somitnur dann erreichbar, wenn die Ab-schirmung lückenlos ist und auchdie Mauerdurchbrüche wie Fensterund Türen sowie die ins Haus ge-führte Elektro- und Sanitärinstalla-tion umfaßt. Die auf dem Markt da-für vorhandenen Technologien undBaumaterialien sind in meist guter

Qualität verfügbar. So belegen Unter-suchungen des Fachbereichs Elek-trotechnik der Universität der Bun-deswehr in München unter Leitungvon Professor Dr. Peter Pauli, daßmit massivem Mauerwerk aus mitdiesem Ziel speziell entwickeltenPoroton-Ziegeln Thermoplan AS(Bild 6) eine Abschirmwirkung biszu 99,8 % erreicht wird [10]. Auchbegrünte Dächer und Lehmbautenbieten nach [6] einen hochgradigenSchutz gegen elektromagnetischeFelder, wie sie z. B. von den gegen-wärtigen und zukünftigen Mobil-funknetzen ausgehen.

Werden keine speziellen Ab-schirmziegel oder metallische Dach-eindeckungen projektiert, so läßt sicheine wissenschaftlich belegte Ab-schirmwirkung dieser Gebäudeteileauch durch spezielle Abschirmputze,metallische Gitter unterschiedlich-ster Art und Gestaltung, metallisierteFolien auf Polyamidvlies oder Gips-karton bzw. über aluminiumbe-schichtete Luft- und Dampfsperrenim Dachbereich erreichen [5].

Problematischer wird die HF-Abschirmung für Wandöffnungenwie Fenster und Türen, die oft dieSchwachpunkte beim HF-Strah-lungsschutz bilden. Um hier einenausreichenden Abschirmeffekt zuerreichen, sind Fenster mit metall-bedampftem Wärmeschutzglas aus-zustatten, was natürlich die Kostensteigen läßt. Die deutlich kostengün-stigeren strahlenreflektierenden Son-

Bild 6. Der Planziegel ThermoplanAS; seine hohe Abschirmwirkungwird durch integrierte Aluminium-elemente erreichtFig. 6. The brick Thermoplan AS;its electromagnetic shielding isachieved by integrated aluminiumelements

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nenrollos oder spezielle Gardinenmit Abschirmfähigkeit sind wegender Probleme bei ihrer sicheren undzuverlässigen elektrischen Verbin-dung zum übrigen Abschirmsystemmeist weniger wirksam. Bei geöffne-ten Fenstern und Türen lassen sichleicht – ähnlich wie beim Schutzvor Insekten – HF-Schutzgitter an-bringen, die einen Kompromiß zwi-schen Kosten und Wirksamkeit dar-stellen.

Ganz ähnlich ist die Situationdes HF-Schutzes bei Türen. Die meistaus Holz und Glaselementen kom-binierten Hauseingangstüren habennur eine sehr geringe Schutzwirkunggegen elektromagnetische Felder.Aus der Sicht ihrer Abschirmung wä-ren Haustüren aus Metall und me-tallbedampftem Wärmeschutzglaseine ideale Lösung. Als kostengün-stigere oder gestalterische Alterna-tiven wären auch auf Holz und Glasaufklebbare Abschirmfolien einsetz-bar.

Allen Maßnahmen gemein istdie unabdingbare Forderung nacheiner elektrisch und mechanisch si-cheren Verbindung und zuverlässi-gen Erdung aller Bestandteile desSchutzsystems. Diese fachlich undhandwerklich anspruchsvolle Tätig-keit sollte unbedingt von Fachleutenausgeführt werden. Wird dies nichtgewährleistet, können Bestandteiledes vermeintlichen Schutzsystemsnach dem Kondensatorprinzip soverkoppelt werden, daß ein Anten-neneffekt auftritt, der die HF-Feldersogar partiell verstärken kann. [7].

Der hohe Material- und Kosten-aufwand für die äußeren Schutz-maßnahmen ist natürlich nur sinn-voll, wenn auch im Inneren des Ge-bäudes die gesundheitsgefährden-den elektrischen und magnetischenWechselfelder minimiert werden.Schon in einer Entfernung von we-nigen Metern sind die Belastungen,die von einer Trafostation, Hoch-spannungsleitung oder auf einemDach des Umfelds installierten Ba-sisstation ausgehen, erheblich gerin-ger als die von den Abstrahlungenelektrischer oder magnetischer Fel-dern vieler üblicher Haushaltsgeräte.

5.2 Schutzmaßnahmen iminneren Wohnbereich

In welchem Maße elektrische odermagnetische Felder von Elektroge-

In den meisten Fällen ist die Re-duzierung der gesundheitsgefährden-den Feldbelastungen sehr einfach.Da die Feldstärke außerordentlichstark mit der Entfernung von derQuelle der elektromagnetischen Fel-der abnimmt, sind Gefährdungen beiAbständen von 1 bis 2 m von elek-trischen Geräten bereits vernachläs-sigbar gering. Bei einer normalenSteckdose (50 Hz, 230 V) ist z. B.bereits nach 17 cm die Stärke deselektrischen Felds auf ca. 10 V/mreduziert [4]. Der zulässige Grenz-wert wäre 5000 V/m. Um Einflüsseauch auf elektrosensible Personenauszuschließen, sind Geräte wie Ra-diowecker, Babyphon bzw. Halogen-Tischlampe möglichst nicht in Kopf-nähe des Schlafbereichs aufzustellen.Da elektrische Felder auch auftreten,wenn kein Verbraucher eingeschal-tet ist und so auch kein elektrischerStrom fließt, besteht eine wirksameMethode des Schutzes vor schädli-chen Feldeinflüssen darin, sämtlicheLeitungen des zu schützenden Be-reichs spannungsfrei zu schalten. Daskann kostengünstig durch Schalteran den Steckern oder Steckerleistender Anschlußleitungen und Verlänge-rungskabel erfolgen oder auch nachStand der Technik automatisch durchspeziell im Sicherungskasten zu in-stallierende Netzfreischalter. Wäh-rend bei manuellen Schaltern unbe-dingt darauf geachtet werden muß,daß wirklich die Phase des Netzesabgeschaltet wird und nicht nur derNeutralleiter unterbrochen wird,schaltet ein Netzfreischalter automa-tisch alle Leitungen des vorgesehe-nen Schutzbereichs meist zweipo-lig ab und garantiert, daß in diesemAreal von allen installierten Kabelnkeine elektrischen oder magneti-schen Felder mehr ausgehen können.Wird ein Verbraucher wieder zuge-schaltet, steht die Spannung wiederverzögerungsfrei zur Verfügung. Mo-derne Netzfreischalter sind so ge-baut, daß sicherheitstechnische Maß-nahmen wie z. B. das Einbringenvon Orientierungslichtern ins Sy-stem zugelassen werden ohne dieSchutzfunktionen aufzuheben. Zubeachten bleibt aber, daß damit alleDauerverbraucher wie elektrischeUhren mit Netzteil, Radios, Fernseh-apparate, Heizkissen usw. in dieserZeit natürlich nicht angeschlossenwerden können. Zu den kostengün-

räten gesundheitliche Risiken dar-stellen, hängt von folgenden Fakto-ren ab: – von der Intensität der Felder (d. h.der Feldstärke) in ihrem typischenNutzungszustand– von der üblichen Aufenthaltsdauerim Nahbereich der Geräte– von der Frequenz und der Art derEnergieabstrahlung – ob z.B. ohneVeränderung der Frequenz, ob mo-duliert oder in Energiepulsen.

Typischerweise treten im Haus-halt immer dann hohe Belastungen –meist durch magnetische Felder –auf, wenn physikalisch bedingt hoheStröme fließen müssen, um die ge-wünschte Energieumwandlung imgeforderten Maß realisieren zu kön-nen. Dies ist z. B. meist der Fall,wenn Elektroenergie in Wärme um-zuwandeln ist, wie es bei Nachtspei-cheröfen, Fußbodenheizungen, Heiß-wasser-Boilern, Heizlüftern oder beiElektroherden und Heizdecken ge-schieht. In der Regel ist in diesen Fäl-len auch die Zeit, in der man diesenFeldeinflüssen ausgesetzt ist, rechthoch. Einige Geräte mit hohen Feld-belastungen wie z. B. der Fön, dieTrockenhaube oder die elektrischeBohrmaschine werden zwar kürzereZeit – dafür aber in der sensiblenZone des Kopfbereichs – betrieben.Belastend können aber auch mittlereEmittenten von Elektrosmog emp-funden werden, denen man z. B. imSchlafbereich eine relativ lange Zeitund dazu oft noch kopfnah ausge-setzt ist. Zu dieser Gruppe gehörenGeräte mit Transformatoren, wie z. B.die modern gewordene Halogenbe-leuchtung, Leuchtstoffröhren, netz-betriebene Hi-Fi-Anlagen oder Ra-diowecker sowie die in diesem Be-reich befindliche Elektroinstallationeinschließlich Verlängerungskabelnund Steckerleisten. In diese Gefähr-dungsgruppe sind auch elektrisch be-heizte Wasserbetten einzuordnen.

Hochfrequente Feldbelastungentreten im Wohnbereich besondersdurch Mobiltelefone und schnurloseTelefone auf. Dabei ist die Belastungdurch die modernen auf digitalerBasis nach dem DECT-Standard ar-beitenden Wireless-Telefone beson-ders hoch, da in diesem System diemobilen Hörer ständig per gepulsterHochfrequenzübertragung mit demStationärteil der Anlage verbundenist.

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stigen, einfachen aber wirksamenMaßnahmen zur Verringerung elek-tromagnetischer Felder in Gebäudengehört auch das phasenrichtige Be-nutzen der Steckerverbindungen. Miteinfachen Mitteln – wie geeignetesKennzeichnen – ist zu gewährleisten,daß stets die Phase eines TN- oderTT-Netzes mit der Phase des Ver-braucherkreises über den Steckerverbunden ist. Beim Einsatz vonSteckdosenleisten mit integriertenEin- und Ausschaltern ist darauf zuachten, daß eine Freischaltung nursicher erreicht wird, wenn die Ab-schaltung zweipolig erfolgt.

Oft werden Geräte-Trafos alsQuellen permanenter Ausstrahlungvon EMF übersehen. Da elektrischeGeräte meist auf der Sekundärseitedes Transformators ausgeschaltetbzw. im Stand-by-Betrieb gehaltenwerden, sind die Trafos primärseitigoft ständig in Betrieb, verbrauchenEnergie und erzeugen unerwünschteelektromagnetische Felder.

Würde man die Minimierungder Ausstrahlung von Elektrosmogals wichtigstes Entscheidungskrite-rium setzen, sähe die Rangfolge beider Entscheidung über den Typ vonLampen zur Beleuchtung im Wohn-und Arbeitsbereich mit Sicherheitanders als in der gegenwärtigen Pra-xis aus. Während die normale Glüh-lampe nur äußerst geringe elektri-sche und magnetische Felder emit-tiert, erzeugen Leuchtstofflampenund Energiesparlampen wegen derzu ihrem Aufbau meist noch notwen-digen hohen Induktivitäten (Dros-seln, Transformatoren) wesentlichhöhere parasitäre Wechselfelder. We-gen der nach dem technischen Rea-lisierungsprinzip dieser Lampenty-pen entstehenden Oberwellen wer-den darüber hinaus auch höherfre-quente Feldanteile bis 30 kHz ge-neriert, die wesentlich schwierigerabzuschirmen sind. Am problema-tischsten sind die z. Z. stark in Modegekommenen Niedervolt-Halogen-Beleuchtungssysteme, die im Wohn-bereich zu den stärksten Erzeugernvon Magnetfeldern gezählt werdenmüssen. Dies ist einerseits Resultatder relativ starken Transformatoren,die die Spannung von 230 V auf12 V herabsetzen, und zum anderenErgebnis der beträchtlichen Ströme,die auf den meist viel zu dicht neben-einander geführten Leitungen flie-

ßen. Diese Art der Energieübertra-gung führt dazu, daß sich die star-ken magnetischen Felder weitgehendungeschwächt ausbreiten können.Werden verdrillte Kabel zur Instal-lation von Beleuchtungsanlagen ver-wendet, so kompensieren sich dieMagnetfelder der hin- und rückflie-ßenden Ströme weitgehend, so daßdie Felder mit der Entfernung vomKabel schnell abnehmen und in 10bis 20 cm Abstand vom Kabel fastverschwinden [4].

Eine wirkungsvolle aber nichtbillige Maßnahme, um elektrischeFelder zu unterdrücken, ist die An-wendung mit einem flexiblen Draht-geflecht oder mit metallisierter Folieabgeschirmter Kabel wie sie im Be-reich störempfindlicher Gerätetech-nik verwendet werden. Aber auchhier ist die zuverlässige Verbindungaller metallischen Abschirmungenebenso unabdingbar wie ihre sichere,vom Fachmann auszuführende zen-trale Erdung. Magnetische Felderwerden von dieser Maßnahme nichtbeeinflußt. Zu ihrer Unterdrückungsind spezial-verdrillte Kabel einsetz-bar, die magnetische Felder bis zu80 % verringern können. Dabei sindInstallationssysteme immer ganz-heitlich zu betrachten. Hohe Ab-schirmwirkungen sind nur zu errei-chen, wenn wirklich alle Bestand-teile den Anforderungen gerechtwerden. So verlangt der Einsatz teu-rer Spezialkabel zur Unterdrückungder gesundheitsgefährdenden elek-trischen Felder unbedingt auch dieVerwendung abgeschirmter Instal-lationsmaterialien wie Steckdosen,Schalter u. a.

Hochfrequente EMF entstehenim häuslichen Bereich durch den Be-trieb von Mikrowellengeräten, derNutzung von Funkstrecken gerin-ger Leistung beim Babyfon oder demschnurlosen Telefon sowie beim te-lefonieren mit dem Handy. Währenddie parasitären Abstrahlungen dieserFelder durch konstruktive Sicher-heitsmaßnahmen zuverlässig unter-bunden werden, können über die fürihre Funktion als Kommunikations-einrichtung notwendige Funkstreckegesundheitliche Risiken nicht aus-geschlossen werden. Um dabei mög-liche Gefährdungen gering zu hal-ten, bleibt als eine Möglichkeit, dieHochfrequenzgeräte speziell unterdem Aspekt minimaler gesundheit-

licher Belastungen auszuwählen. Sokönnte z. B. auf schnurlose Telefone,die nach dem moderneren digitalenDECT-System arbeiten, zugunstender analogen CT1+-Technik verzich-tet werden. Bei der DECT-Technikbesteht eine ständige mit 100 Hz ge-pulste HF-Verbindung zwischen denmobilen Sprecheinrichtungen unddem stationären Teil. Damit werdenhier ununterbrochen über 24 Stun-den am Tag elektromagnetische Fel-der erzeugt und ausgesendet. Bei deranalogen CT1+-Technik wird diehochfrequente Funkverbindung zwi-schen Mobilteil und Stationärein-richtung nur hergestellt, wenn derAnwender ein Telefongespräch führt.

Will man auf die vielen – hiernicht genannten – Vorteile der mo-derneren DECT-Technik nicht ver-zichten, so sollte aus Gründen derMinimierung gesundheitlicher Risi-ken mindestens darauf geachtet wer-den, daß die Basisstation in größt-möglicher Entfernung zu den Dauer-aufenthaltsbereichen von Personenaufgestellt wird.

Ganz ähnlich ist die Situationbeim Mobilfunk einzuschätzen.Wenn man auf die Vorteile des Han-dys nicht verzichten will oder kann,so sollte man jedoch wenigstensdurch sein individuelles Telefonier-verhalten zur persönlichen Gesund-heitsvorsorge beitragen. So sollte imhäuslichen Bereich, im Büro und woimmer es geht, stets das aus gesund-heitlichen Aspekten vorteilhafte Fest-netz zum Telefonieren genutzt wer-den. Per Handy sollten nur wirklichwichtige Informationen übertragenwerden. Lange Telefonate sollten ausgesundheitlichen Erwägungen mög-lichst auf einen Zeitpunkt verscho-ben werden, an dem ein Festnetzan-schluß zur Verfügung steht. Beimmobilen Telefonieren mit dem Handysollte man möglichst einen großenAbstand zwischen Kopf und An-tenne des Handys bringen. Das istim fahrenden Auto durch die An-wendung einer abgesetzten Frei-sprecheinrichtung zwingend vorge-schrieben – aber auch sonst z. B.durch die Nutzung eines Head-Setsmöglich. Bei schlechtem Empfangwegen geringer Feldstärke der näch-sten Basisstation und aus Autos ohneAußenantenne sollte möglichst nichttelefoniert werden, da in diesen Fäl-len das Handy versucht, mit maxi-

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maler Sendeenergie und damit mitmaximal möglicher gesundheitlicherBelastung doch noch eine brauch-bare Verbindung bereitzustellen.Beim Erwerb eines neuen Gerätssollte unbedingt auf seinen SAR-Wert geachtet werden. Dieser solltemöglichst weit unter 2 W/kg liegen.Es wäre deshalb anzustreben, vielstärker diesen Wert zum Auswahl-und Werbeparameter für Mobilfunk-telefone zu machen. Die Mobilfunk-betreiber haben in einer Selbstver-pflichtung zugesagt, in Zukunft die-ses Anliegen intensiv zu unterstützen,[11]. Auch die Staatliche Strahlen-schutzkommission hat als höchstesBeratungsgremium der staatlichenAdministration diesen Weg unter-stützt und empfiehlt, bei künftigenGeräteentwicklungen und Errich-tung von Anlagen die Minimierungvon Expositionen durch elektroma-gnetische Felder zu einem entschei-denden Qualitätskriterium zu ma-chen. Auch nach Ansicht des zustän-digen Fachministeriums muß dieVorsorge vor möglichen gesundheit-lichen Gefährdungen durch elektro-magnetische Felder über die gelten-

[6] Minke, G.: Gründächer und Lehm-gewölbe bieten idealen Schutz gegenelektromagnetische Wellen. Uni GHKassel; www.uni-kassel.de/presse/pm/jun0401.ghk.

[7] Großkinsky, Th., Frank, M., Kün-zel, H. M.: Wirken einfache Bau-maßnahmen gegen Elektrosmog?IBP Neue Forschungsergebnisse 24(1997).

[8] Verbraucher-Zentrale Nieder-sachsen e. V., Elektrosmog, 5. Auf-lage 02/2002.

[9] v. Klitzing: Wieviel Elektrosmogverträgt der Mensch? Bio 2002/3,S. 66–71.

[10] JUWÖ Poroton Werke, ErnstJungk u. Sohn GmbH Wöllstein,Thermoplan AS, ein Ziegel gegenElektrosmog; www.baulinks.de.

[11] Freiwillige Selbstverpflichtung derMobilfunkbetreiber in Deutschlandvom 05. 12. 2001, „Maßnahmen zurVerbesserung von Sicherheit undVerbraucher-, Umwelt- und Gesund-heitsschutz“.

[12] Pressemitteilung der Bundesregie-rung vom 07. 12. 2001 zu Vorsorge-maßnahmen im Bereich Mobilfunk.

Autor dieses Beitrages:Dr.-Ing. Peter Jütterschenke, Umweltagen-tur, Grüne Trift 17, 12557 Berlin

den Regelungen der 26. Bundesim-missionsschutzverordnung hinausverstärkt werden. Wenn die Bundes-regierung in Zeiten des prekärstenFinanzmangels auf allen Gebietendie Gelder für zielgerichtete For-schungen auf diesem Gebiet deut-lich aufstockt [12], ist die Bedeutungund Dringlichkeit der Auseinander-setzung mit dieser Problematik über-zeugend dokumentiert.

Literatur

[1] Strahlenschutzkommission, Grenz-werte und Vorsorgemaßnahmen zumSchutz der Bevölkerung vor elektro-magnetischen Feldern, gebilligt in der174. Sitzung am 13./14. 09. 2001.

[2] Bundesamt für Strahlenschutz(BfS), Elektromagnetische Felder,Ausgabe 2003, Referat Presse- undÖffentlichkeitsarbeit, www.bfs.de.

[3] Bundesgesetzblatt Jahrgang 1996,Teil I, Nr. 66. 26. BImschV vom16. Dezember 1996.

[4] Katalyse Institut für angewandteUmweltforschung e. V., Elektrosmog,C. F. Müller Verlag Heidelberg, 2002.

[5] Pauli, P., Moldan, D.: Reduzierunghochfrequenter Strahlung im Bau-wesen, Eigenverlag, Iphofen 2000.