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IX. Kurzfassung Kurzfassungen...IX. Kurzfassung Einführung Verursacht durch Schrumpfungsprozesse prägen leerstehende Gebäude und brachliegende Flächen vielerorts das Bild der Städte

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Page 1: IX. Kurzfassung Kurzfassungen...IX. Kurzfassung Einführung Verursacht durch Schrumpfungsprozesse prägen leerstehende Gebäude und brachliegende Flächen vielerorts das Bild der Städte

IX. Kurzfassung

Einführung

Verursacht durch Schrumpfungsprozesse prägen leerstehende Gebäude und brachliegende Flächen vielerorts das Bild der Städte und Gemeinden. Einige dieser Immobilien und Grundstücke bleiben aufgrund fehlender Nachfrage über längere Zeiträume ungenutzt und verstärken das Bild einer perforierten Stadt.

Zwischennutzungen haben sich zur Wiedernutzbarmachung dieser Räume als adäquates Mittel erwiesen und werden in vielen Städten bereits zu diesem Zwecke eingesetzt. Da sich die Realisierung der Zwischen-nutzungen jedoch häufig konfliktreich gestaltet, haben sich unterschiedliche Stellen gebildet, die das Ziel verfolgen Zwischennutzungen zu vermitteln und zwischen den Akteuren zu koordinieren.

Im Rahmen dieser Arbeit wurden die verschiedenen Modelle der Vermittlung untersucht, miteinander verglichen und so die Vor- und Nachteile jedes Modells identifiziert. Aufbauend auf dieser Evaluation wurde dann ein optimiertes und übertragbares Modell einer vermittelnden Instanz erarbeitet, das einen effektiveren Einsatz von Zwischennutzungen als Instrument der Stadtentwicklung ermöglichen soll.

Rahmenbedingungen

Megatrends und ihre Wirkungen auf den RaumUm dem Postulat einer nachhaltigen Entwicklung nachzukommen, ist die Stadtentwicklung darauf angewiesen einen möglichst verlässliches Bild künftiger Entwicklungstrends zu haben. Bei allen Unsicherheiten von Zukunftsprognosen gibt es Trends, die mit hoher Wahrscheinlichkeit angenommen werden können und die Stadtentwicklung heute und in Zukunft prägen.

Diese zukunftsrelevanten Megatrends sind der demographische Wandel, der Wandel der Lebensstile, der ökonomische Strukturwandel und die Wissensgesellschaft sowie die Globalisierung. All diese Trends bewirken räumliche Veränderungen und stellen die Stadtplanung damit vor neue

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Herausforderungen, auf die eine angemessene Reaktion erfolgen muss. Ergebnisse dieser Entwicklungen sind beispielsweise starke Polari-sierungstendenzen, wobei diejenigen Städte und Regionen, die sich aufgrund ihrer Potenziale auf die veränderten Rahmenbedingungen einstellen konnten, weiterhin Wachstum verzeichnen, während diejenigen, deren Ausgangsbedingungen ungünstiger waren, von Überalterung und Abwanderung geprägt sind.

Planen unter veränderten VorzeichenDie Folgen der veränderten Rahmenbedingungen sind mittlerweile wohl in allen Städten in Form ungenutzter Flächen und Gebäude erkennbar und erfordern ein Umdenken der Planungsbranche. Die Stadtplanung war bisher mit ihren Leitbildern, Praktiken und Handlungskonzepten darauf ausgerichtet, Wachstum zu gestalten.

Der klassische Flächenkreislauf sieht es vor, dass Flächen und Gebäude nach ihrer Nutzungsaufgabe durch Planungen reaktiviert werden, so dass die Nutzung wiederaufgenommen werden kann. In diesem Zusammenhang sind vier Entwicklungen denkbar, die auf eine Nutzungsaufgabe folgen: die sofortige Wiedernutzung, die sofortige Umnutzung, die Renaturierung oder aber das Brachliegen bzw. der Leerstand. Aufgrund der zunehmenden Zahl von Brachflächen und Leerständen und einer dieser Zahl entgegen-stehenden geringen Nachfrage entsteht jedoch ein Überangebot un-genutzter Räume.

In diesem Kontext weist der Flächenkreislauf Schwächen auf und die gewünschte Reaktivierung wird häufig durch eine Vielzahl von Faktoren erschwert und verzögert. Als Folge entstehen brachliegende Flächen und leerstehende Immobilien, deren Perspektive sich je nach Lage und Zustand unterschiedlich darstellen kann. So gibt es einerseits Flächen oder Gebäude mit konkreter Nutzungsperspektive, die aufgrund verschiedener Faktoren für einen bestimmten Zeitraum brach liegen bzw. ungenutzt sind, andererseits gibt es aber auch Flächen oder Gebäude ohne konkrete Nutzungsperspektive, die auf unbestimmte Zeit brach liegen oder ungenutzt sind.

Da die Wahrscheinlichkeit einer Wiedernutzung oder Umnutzung dieser Flächen und Gebäude mit zunehmender Dauer des Brachliegens bzw. des

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Leerstands abnimmt, gilt es, einen Weg zu finden, diese Räume wieder in Nutzung zu bringen.

Zwischennutzung als Strategie der Stadtentwicklung

Neue Möglichkeitsräume in der StadtVor dem Hintergrund der schwierigen Reaktivierung ungenutzter Flächen und Immobilien erweisen sich Zwischennutzungen als geeignetes Mittel, diese Räume wieder in Nutzung zu bringen und gewinnen daher zunehmend an Bedeutung. Zwischennutzungen oder auch temporäre Nutzungen bezeichnen hierbei die zeitlich befristete Nutzung eines Gebäudes oder einer Fläche im Zeitraum zwischen der ursprünglichen Nutzung und der geplanten Nachnutzung. Typischerweise lassen sich Zwischennutzungen durch vier wesentliche Charakteristika beschreiben: sie sind zeitlich befristet, unterscheiden sich bezüglich ihrer Nutzungsart von der ursprünglichen Nutzung, bewirken keinen Eigentümerwechsel und keine Änderung des Planungsrechts.

Die Zahl möglicher Zwischennutzungsarten ist vielfältig und reicht von gärtnerischen Nutzungen über gewerbliche Nutzungen, Gastronomie bis hin zu Nutzungen mit einem kulturellen oder sozialen Hintergrund. Prinzipiell ist hier jede Nutzung denkbar, die die Zustimmung des Eigentümers und der kommunalen Entscheidungsträger und darüber hinaus ausreichenden Zuspruch in der Öffentlichkeit findet. Auch hinsichtlich des Nutzungszeitraums weisen Zwischennutzungen eine große Vielfalt auf. Bisher realisierte Zwischennutzungen reichen von Event-nutzungen mit einer Dauer von wenigen Tagen bis hin zu über viele Jahre etablierten Nutzungen.

Zwischennutzungen können unterschiedliche Effekte für das jeweilige Objekt oder den jeweiligen Standort hervorrufen und der Stadtentwicklung demnach auf unterschiedliche Weise dienen. Die möglichen Entwicklungs-pfade sind:

• Die Zwischennutzung erhöht temporär die städtebauliche Qualität, hat aber keine Auswirkung auf die folgende Dauernutzung.

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• Die Zwischennutzung fördert die Nachnutzung und stellt einen Zustand höherer städtebaulicher Qualität zu einem früheren Zeitpunkt her.

• Die Zwischennutzung wird selbst zu einer dauerhaften Lösung.• Die Zwischennutzung koexistiert neben einer Dauernutzung und

ergänzt diese im Idealfall. Im weiteren Verlauf wird die Zwischen-nutzung entweder durch eine Dauernutzung ersetzt oder etabliert sich selbst dauerhaft.

Diese Aufzählung macht die großen Potenziale temporärer Nutzungen deutlich und beschreibt damit den wichtigen Beitrag, den Zwischen-nutzungen zur Bewältigung der durch Schrumpfungsprozesse hervor-gerufenen Folgen leisten können.

Beteiligte Akteure: Ihre Vorstellungen, ihre NutzenGewöhnlich besteht die Akteurskonstellation aus dem Eigentümer der Immobilie oder des Grundstücks, dem öffentlichen Planungsträger und dem Zwischennutzer. Je nach Art, Lage und Umfang der Zwischennutzung kann sich diese jedoch auch ändern, beispielsweise, wenn die Gemeinde selbst Eigentümerin der Fläche ist und die Akteurszahl damit reduziert ist. Die Interessen der verschiedenen Akteursgruppen bzw. die Erwartungen, die diese von einer Zwischennutzung haben, sind häufig sehr unterschiedlich und führen mitunter zu Konflikten.

Der Eigentümer, der die Schlüsselfigur jedes temporären Projekts darstellt, da nur sein Einverständnis die Zwischennutzung ermöglicht, ist in erster Linie an einer hohen Rendite interessiert und steht einer temporären Nutzung daher nicht selten skeptisch gegenüber. Die Nutzen, die der Eigentümer durch die Bereitstellung seines Eigentums für eine Zwischen-nutzung hat, zum Beispiel die Entlastung von den laufenden Kosten, die Verhinderung von Verwahrlosung und Vandalismus oder aber eine mögliche Aufwertung der Fläche bzw. der Immobilie, werden in vielen Fällen nicht ausreichend wahrgenommen.

Im Gegensatz dazu steht für den Zwischennutzer die Gewinnmaximierung in der Regel nicht im Vordergrund. Für den Zwischennutzer besteht der Reiz einer temporären Nutzung darin, seine Ideen in einem über-schaubaren finanziellen Rahmen zu realisieren. Für diese Akteursgruppe

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stellt die Zwischennutzung eine Möglichkeit dar, eine Nutzungsidee zur Erproben und sich als Unternehmer kommerziell oder kultur- bzw. gemeinwohlunternehmerisch zu beweisen. Darüber hinaus bietet eine temporäre Nutzung die Gelegenheit, zur Aufwertung des eigenen Quartiers beizutragen.

Die Rolle des öffentlichen Planungsträgers in dieser Akteurskonstellation besteht in erster Linie darin, die Einhaltung der Rechtsvorschriften zu überwachen und die Vereinbarkeit der geplanten Projekte mit den kommunalen Vorstellungen zu überprüfen. Vor diesem Hintergrund wünscht sich auch die Gemeinde in aller Regel eine dauerhafte Nutzung und ist daher ebenfalls häufig skeptisch gegenüber temporärer Projekte. Doch auch für die Gemeinde können Zwischennutzungen eine Reihe positiver Effekte bewirken. So bieten temporäre Nutzungen die Möglichkeit, mit geringem Aufwand städtebauliche Missstände zu beheben und können einem Quartier damit zu einem besseren Image verhelfen. Darüber hinaus stellen Zwischennutzungen eine Chance dar, Bürger aktiv an Stadt-entwicklungsprozessen zu beteiligen und können zudem einen optimalen Nährboden für innovative Nutzungen darstellen.

Zwischennutzungen als fester Bestandteil von PlanungskonzeptenUm von den umfassenden Potenzialen der Zwischennutzungen profitieren zu können, ist eine Erweiterung des stadtplanerischen Instrumentariums nötig. Durch die Integration temporärer Nutzungen in die städtische Entwicklung können der Stadtentwicklung neue Impulse verliehen werden.

Aufgrund des fehlenden Nutzungsdrucks und der Perspektivlosigkeit vieler Flächen und Gebäude werden die Schwächen des beschriebenen Flächenkreislauf immer deutlicher. Die Erweiterung dieses Kreislaufs um eine Phase der Zwischennutzung, die parallel zur Planungsphase stattfindet, erlaubt es Zwischennutzungen gezielt als Instrument der Stadtentwicklung einzusetzen. Mit Hilfe temporärer Nutzungen kann so der Zeitraum des Brachliegens bzw. des Leerstands genutzt und der Planungsprozess damit bereichert werden.

Der Einsatz von Zwischennutzungen erfordert jedoch ein neues Planungsverständnis. Während klassische Planungen zum Ziel haben, das finale Entwicklungsstadium eines Gebiets möglichst präzise fest-

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zuschreiben, eröffnet die Stadtentwicklung durch Zwischennutzungen Möglichkeitsräume und lässt somit sich ändernde Dynamiken zu. Diese Form der Planung zeichnet sich demnach dadurch aus, dass die Gestaltung des Entwicklungsprozesses selbst zu einer zentralen Aufgabe wird. Im Rahmen des Entwicklungsprozesses können durch temporäre Aktivitäten Nutzungen erprobt werden, die dann bei Erfolg in ein dauer-haftes Konzept integriert werden können.

Ein weiterer positiver Nebeneffekt der Stadtentwicklung durch Zwischen-nutzungen stellt die Chance dar, ein breites Spektrum an Bürgern in die Entwicklungsprozesse zu involvieren. Zwischennutzungen eröffnen die Möglichkeit, gesellschaftlichen Gruppen, die auf dem konventionellen Immobilienmarkt wenig Chance zur Teilhabe haben, Raum zu günstigen Konditionen zur Verfügung zu stellen, um dort aktiv zu werden und so im Sinne einer Stadtentwicklung von unten einen Beitrag zur Entwicklung ihres Quartiers zu leisten.

Hemmnisse bei der Umsetzung von Zwischennutzungen

Divergierende Nutzungsinteressen und organisatorische SchwierigkeitenDie wohl größten Schwierigkeiten bei der Realisierung von Zwischen-nutzungen entstehen durch die bereits angesprochenen, teilweise stark divergierenden Interessen der einzelnen Akteure. Angetrieben vom Wunsch, eine möglichst hohe Rendite zu erzielen und der häufig unrealistischen Einschätzung der Entwicklungschancen der Immobilie oder des Grundstücks sind viele Eigentümer nicht bereit, ihr Eigentum für eine temporäre Nutzung zur Verfügung zu stellen. Die nichtmonetären Vorteile einer Zwischennutzung werden hier in den meisten Fällen unzureichend wahrgenommen.

Auch die Kommune besitzt in diesem Fall keine Handlungsmöglichkeit, die Eigentümer ungenutzter Räume zur Kooperation zu bewegen. Vor diesem Hintergrund mehren sich die Stimmen, die eine machtvollere Gestaltungs-möglichkeit zur Vergesellschaftung brachliegender Flächen bzw. leer-stehender Immobilien fordern. So könnte der Druck auf die Eigentümer beispielsweise über eine Erhöhung der Grundsteuer für ungenutzte Immobilien erhöht werden.

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Eine weitere organisatorische Schwierigkeit, die sich häufig als große Hürde herausstellt, ist die Kontaktherstellung zum Eigentümer. Hier erschweren undurchsichtige Eigentumsstrukturen in vielen Fällen die Erreichbarkeit der Eigentümer.

Rechtliche AspekteNeben den organisatorischen Schwierigkeiten stellt die rechtliche Genehmigung der Zwischennutzungen oftmals ein Hindernis dar. Bis auf wenige Ausnahmen macht der Gesetzgeber keinen Unterschied zwischen einer Dauernutzung und einer temporären Nutzung. Demnach richtig sich die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit einer Zwischennutzung, sofern es sich bei der geplanten Nutzung um ein Vorhaben gemäß § 29 BauGB handelt, nach den §§ 30, 34 und 35 BauGB.

Eine Ausnahme dieser Gleichbeurteilung stellt der § 9 Abs. 2 BauGB dar, mit dem der Gesetzgeber die Möglichkeit einer befristeten Zulässigkeit geschaffen und ein vollständig geordnetes Verfahren für die Realisierung von Zwischennutzungen ermöglicht hat. Da sich dieser Weg für eine Vielzahl temporärer Nutzungen als zu aufwendig erweist, geht es in der Praxis jedoch häufig darum, die vorhandenen rechtlichen Spielräume, beispielsweise durch Befreiungen, auszuschöpfen. Dies erfordert daher eine flexible Anwendung des geltenden Rechtsinstrumentariums.

Neben den Instrumenten des Baurechts stehen den Akteuren allerdings auch privatrechtliche Instrumente zur Realisierung von Zwischennutzungen zur Verfügung. Hierbei bieten sich unterschiedliche Vertragswerke an, mit deren Hilfe die vertragliche Übertragung einer Immobilie oder eines Grundstücks geregelt werden kann.

Finanzierung von ZwischennutzungenIn jeder Phase einer Zwischennutzung entstehen Kosten, die es zu finanzieren gilt. So können bei der Vorbereitung der Nutzung zum Beispiel Kosten für Renovierungs- und Instandsetzungsarbeiten oder aber Kosten für notwendige Genehmigungen, Gutachten etc. anfallen. In der Nutzungsphase sind es dann in erster Linie Betriebskosten, die Grundsteuer oder auch Mietzahlungen, die finanziert werden müssen.

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Um den Reiz des finanziellen Aufwands temporärer Nutzungen erhalten zu können, müssen daher Wege gefunden werden, wie sich diese Kosten decken lassen. Hierfür bieten sich verschiedene Finanzierungsmodelle an, die auch miteinander kombiniert werden können:

• Finanzierung durch den Nutzer• Finanzierung durch den Eigentümer• Kommunale Unterstützungsleistungen• Fördermittel• Sponsoring• Ausgleichsmanagement

Je nach Art und Größe der geplanten Zwischennutzung kann die Finanzierung durch eines oder mehrere dieser Modelle erfolgen.

Vermittlung von Zwischennutzungen

Modelle der VermittlungDie Realisierung von Zwischennutzungen und damit letztlich auch deren Etablierung als Instrument der Stadtentwicklung erfordert, aufgrund der genannten Hemmnisse, ein gewisses Maß an Vermittlung und Koor-dination. In mehreren deutschen Städten ist daher ein Trend zur Professionalisierung bei der Initiierung von Zwischennutzungen zu beobachten und es haben sich verschiedene Vermittlungsstellen gebildet. In Rahmen dieser Arbeit werden fünf Vermittlungsmodelle unterschieden.

Zum Einen besteht die Möglichkeit der Einrichtung einer kommunalen Koordinationsstelle, bei der die Vermittlungstätigkeit von der Stadt-verwaltung selbst übernommen wird. Weiterhin gibt es die lokale Koordinationsstelle, die auf Quartiersebene agiert und dort beispiels-weise vom Quartiersmanagement oder von einem Sanierungsbeauftragten betrieben wird. Ist die Kommune selbst nicht in der Lage, die erforderlichen Kapazitäten für die Vermittlung von Zwischennutzungen bereitzustellen, bietet es sich an, einen externen Dienstleister mit dieser Aufgabe zu betrauen. Denkbar ist hier zum Beispiel die Beauftragung eines Planungs-büros oder auch einer speziell zu diesem Zwecke gegründeten Zwischennutzungsagentur.

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Eine Möglichkeit, bei der die Kommune weder selbst vermittelt noch als Auftraggeber auftritt, stellt die ehrenamtliche Initiative dar. In diesem Fall, der auf bürgerschaftlichen Engagement basiert, übernimmt beispielsweise ein Verein die Vermittlungstätigkeit und kann so unabhängig agieren. Das fünfte Modell der Vermittlung stellt eine Sonderform dar und soll die vier bisher genannten Vermittlungsmodelle im Rahmen dieser Arbeit ergänzen. Diese privatwirtschaftliche Initiative ist dadurch charakterisiert, dass der Eigentümer, in der Regel ein Projektentwickler großer Flächen, bei der Entwicklung seiner Flächen selbst Zwischennutzungen einsetzt.

Aufgaben einer vermittelnden InstanzDas Aufgabenspektrum einer vermittelnden Instanz ist breit gefächert. Zunächst muss der Kontakt zum Eigentümer hergestellt werden. Im nächsten Schritt muss der Eigentümer von der Idee einer Zwischennutzung überzeugt und dazu gebracht werden, sein Eigentum für eine Zwischen-nutzung zur Verfügung zu stellen.

Ist diese Grundlage geschaffen, geht es darum, mögliche Zwischennutzer zu finden und zwischen den Akteuren zu vermitteln. Die Aufgabe der Vermittlungsstelle besteht vor diesem Hintergrund darin, die Akteure bei rechtlichen und organisatorischen Fragen zu beraten, bei der Suche nach Finanzierungsmöglichkeiten zu unterstützen und die Vertragsverhand-lungen moderierend zu begleiten. Die Vermittlungsarbeit ist jedoch keineswegs mit dem Beginn der Zwischennutzung beendet. Auch in der Nutzungsphase und vor allem bei Beendigung der Nutzung kann die Unterstützung eines Vermittlers nötig sein.

Die Vielfalt dieser Aufgaben stellt an den potenziellen Vermittler gewisse Qualifikationsanforderungen und beschreibt damit ein neues Berufsfeld im Rahmen der Stadtentwicklung, das stark kommunikativ geprägt ist. Der Planer wird hierbei zum Ermöglicher und hat die Aufgabe, Impulse anzustoßen, die auf bürgerschaftlichem Engagement beruhen, anstatt den Raum selbst zu gestalten.

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FinanzierungsmöglichkeitenDie Finanzierung der Vermittlungstätigkeit ist stark vom jeweiligen Vermittlungsmodell abhängig und lässt sich auf unterschiedliche Weise bewerkstelligen. Da die Vermittlung durch ein kommunale Koordinations-stelle beispielsweise von vorhandenem Personal geleistet wird und in die gängigen Verwaltungsprozesse integriert ist, erfolgt deren Finanzierung über die Personalkosten der Kommune. Die Koordinierung temporärer Nutzungen durch die privatwirtschaftliche Initiative ist Teil der Unter-nehmenstätigkeit und wird daher durch die Personalkosten des Unter-nehmens finanziert.

Die Vermittlung von Zwischennutzungen durch eine lokale Koordinations-stelle dagegen erlaubt, aufgrund der Einbindung in bestehende Sanierungsprogramme, den Rückgriff auf verschiedene Fördermittel, wie beispielsweise Mittel der Sozialen Stadt oder EU-Fördermittel. Auch bei der Finanzierung eines externen Dienstleisters wird häufig auf Fördermittel zurückgegriffen. In der Praxis haben sich hierbei zum Beispiel Mittel des Stadtumbaus, der Sozialen Stadt oder die Förderung als Modellvorhaben der Nationalen Stadtentwicklungspolitik bewährt.

Ein wesentliches Charakteristikum der ehrenamtlichen Initiative ist der verhältnismäßig geringe finanzielle Aufwand, der durch persönliches Engagement reduziert wird. Die Kosten, die dennoch bei der Vermittlungs-arbeit anfallen, können in diesem Fall durch Fördermitgliedschaften, Spenden oder ebenfalls über Fördermittel gedeckt werden.

Evaluation in der Praxis angewandter Vermittlungsmodelle

Nach der theoretischen Behandlung der unterschiedlichen Vermittlungs-modelle wurde in einem nächsten Schritt die Arbeit bisher praktizierter Vermittlungsmodelle evaluiert und miteinander verglichen. Hierfür wurden Expertengespräche mit Verantwortlichen jedes Modells geführt. Die ausgewählten Vermittlungsstellen waren das Stadtentwicklungsamt Erfurt als kommunale Stelle, die Stattbau GmbH Berlin als lokale Koordinations-stelle, die Zwischennutzungsagentur Berlin als externer Dienstleister, Haushalten e.V. als ehrenamtliche Initiative und die aurelis Real Estate GmbH & Co. KG als privatwirtschaftliche Initiative.

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Eine erste Gemeinsamkeit der untersuchten Beispiele zeigt sich hinsichtlich der zu vermittelnden Objekte. Mit Ausnahme der privatwirtschaftlichen Initiative bezieht sich die Zuständigkeit der Vermittlungsstellen lediglich auf eine Raumkategorie und temporäre Nutzungen werden entweder in Leerständen oder auf Brachflächen vermittelt.

Eine weitere Erkenntnis aus der Evaluation stellt die Irrelevanz planungs-rechtlicher Instrumente bei der Realisierung von Zwischennutzungen dar. Lediglich in wenigen Einzelfällen ist der Einsatz dieser Instrumente nötig, gewöhnlich werden die Nutzungen jedoch über vertragsrechtliche Regelungen abgesichert.

Die Gegenüberstellung der untersuchten Vermittlungsstellen macht auch deutlich, dass jedes Modell spezifische Vor- aber auch Nachteile aufzuweisen hat. Als größte Schwierigkeit bei der Initiierung von Zwischen-nutzungen konnte in der Praxis die Kontaktaufnahme mit den Eigentümern sowie die Überzeugung dieser identifiziert werden. Lediglich die kommunale Koordinationsstelle kann diesen Schritt aufgrund ihrer direkten Zugriffsrechte auf die erforderlichen Daten relativ problemlos durchführen.

Wie die Praxiserfahrungen zeigen, ist die Öffentlichkeitsarbeit ein Tätigkeitsbereich einer Vermittlungsstelle, der nicht vernachlässigt werden sollte. Nur durch die positive Berichterstattung über erfolgreiche Projekte und die erfolgreiche Vermittlungsarbeit kann die Skepsis gegenüber temporärer Nutzungen ausgeräumt und dem Thema so mehr Seriosität verliehen werden.

Aufgrund der Vielzahl der zu behandelnden Aufgabenbereichen und dem teilweise enormen Beratungs- und Unterstützungsbedarf der Akteure, hat sich zudem gezeigt, dass die Vermittlung von Zwischennutzungen kaum als Nebentätigkeit zu leisten ist. Sollen sich Zwischennutzungen als Strategie der Stadtentwicklung etablieren, sollte deren Vermittlung und Koordinierung im Idealfall als Haupttätigkeit erfolgen.

Optimiertes Modell einer vermittelnden Instanz

Aufbauend auf den Ergebnissen der Evaluation bisher praktizierter Vermittlungsmodelle galt es dann, Rückschlüsse zu ziehen, wie eine Vermittlungsstelle organisiert sein muss und wie sie arbeiten muss, um

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möglichst effizient zu agieren. Ein optimiertes Modell einer vermittelnden Instanz sollte demnach, die Vorteile verschiedener Modelle vereinen und die jeweiligen Nachteile bestmöglich ausschließen.

Um dies zu erreichen, könnte ein Kooperationsmodell geschaffen werden. Ziel der Kommune muss es in diesem Zusammenhang sein, in den Bereichen der Stadt, in denen die Brachflächen- und Leerstands-problematik bekämpft werden soll, Partner zu finden, mit denen sie dann in einer festen Arbeitsgemeinschaft kooperiert. Kooperationspartner können hierbei sowohl externe Dienstleister wie ein Planungsbüro oder eine Zwischennutzungsagentur als auch Vereine sein.

Die Aufgabenbereiche sollten dann innerhalb der Arbeitsgemeinschaft so verteilt werden, dass jedes Modell seine spezifischen Fähigkeiten möglichst effektiv nutzen kann. So wäre es beispielsweise Aufgabe der Kommune, den Kontakt zum Eigentümer herzustellen und diesen von der Idee einer Zwischennutzung zu überzeugen, während dem Kooperationspartner vor Ort die Aufgabe zukommt, den idealen Nutzer zu finden und die Vermittlung zwischen Eigentümer und Zwischennutzer zu übernehmen.

Solch ein Kooperationsmodell stellt eine flexible Kooperationsform dar und kann je nach Stadtgröße und Anzahl der Einsatzgebiete angepasst werden. So ist es möglich, dass die Kommune mehrere Arbeitsgemeinschaften pflegt und auf diesem Wege mit unterschiedlichen Partnern zusammen-arbeitet.

Bezogen auf die Finanzierung wäre es empfehlenswert, einen Haushalts-posten einzurichten, welcher der Anschubfinanzierung der Zwischen-nutzungen dienen sollte. Auf diese Art ist es möglich, den Akteuren Anreize zu schaffen und eine zügige Realisierung temporärer Nutzungen zu ermöglichen.

Um dem Thema Zwischennutzungen das nötige Ansehen zu verschaffen und es als Instrument der Stadtentwicklung einsetzen zu können, ist der Öffentlichkeitsarbeit besondere Aufmerksamkeit zu widmen. Hierfür sollten die zu Verfügung stehenden Medien genutzt werden, um auf das Angebot der Vermittlungsstelle aufmerksam zu machen und damit deren Erfolg sicherzustellen. Der Kommune kommt hierbei eine entscheidende Rolle zu, da sie ausreichend Stellung beziehen muss, um Zwischennutzungen innerhalb der Stadtentwicklungspolitik entsprechend zu positionieren und von ihrem Image als Notlösung zu befreien.

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