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Das ausgetauschte Leben J. Hudson Taylor Hefti MM

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Dasausgetauschte

Leben

J. Hudson Taylor

Hefti MM

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Dasausgetauschte

LebenNicht mehr Ich lebe, sondern Christus lebt In mir

Von J. Hudson Taylor

Verlag der LIebenzeller MissionBad Liebenzeil (Württ.)

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9. AuflageAlle Rechte vorbehalten

Copyright 1966 by Verlag der Liebenzeller Mission7267 Bad Liebenzell

Umschlagentwurf: Hermann TraubGesamtherstellung :

St.-Johannis-Druckerei C. Schweickhardt, 763 Lahr-DinglingenPrinted in Germany • 9931

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Das ausgetauschte Leben

Ein Brief von Hudson Tayloran seine Schwester, Frau Broomhall

Chinkiang, den 17. Okt. 1869

Meine geliebte Schwester!

Innigen Dank für Deinen langen, lieben Brief.Ich glaube, Du hast mir noch nie so geschrie-ben, seitdem ich in China bin. Ich weiß, esgeht Dir so wie mir — Du kannst nicht, ob-gleich Du gern wolltest. Geist und Körperkönnen nur bis zu einem gewissen Grade An-strengung ertragen und vermögen nur ein be-stimmtes Maß von Arbeit zu verrichten. Nunwar aber meine Arbeit nie so vielseitig, nie so

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verantwortungsvoll, nie so schwierig wie ge-rade jetzt; doch das Gefühl von Druck und An-strengung ist ganz verschwunden. Der letzteMonat ist vielleicht die glücklichste Zeit meinesLebens gewesen, und ich verlange danach, Direin wenig zu erzählen von dem, was der Herran meiner Seele getan hat. Ich weiß nicht, wieweit ich mich in der Sache verständlich werdemachen können; denn es ist eigentlich nichtsNeues oder Seltsames und Wunderbares da-bei — und doch ist alles neu! Kurz gesagt:„Ich war blind und bin nun sehend'/'Vielleicht kann ich Dir die Sache klarer ma-chen, wenn ich ein wenig zurückgreife. Sieh,während der letzten sechs bis acht Monatehabe ich innerlich viel durchgemacht. Ich fühlte,daß ich für mich persönlich wie für die ganzeMission mehr Heiligkeit, mehr Leben, mehrKraft bedürfe. Ich empfand, welche Undank-barkeit, Gefahr und Sünde darin lag, daß

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ich nicht ganz nahe bei Gott lebte. Ichbetete, fastete, rang, faßte Entschlüsse, lasdas Wort Gottes fleißiger, suchte mir mehrStille zu nehmen, um über die göttlichenDinge nachzudenken — alles war wirkungs-los. Jeden Tag, ja jede Stunde stand ichunter dem Druck der Sünde. Ich wußte, daßalles gut sein würde, wenn ich nur in Jesusbliebe; aber ich konnte nicht. Ich begann denTag mit Gebet und war entschlossen, meineAugen nicht einen Augenblick von ihm ab-zuwenden. Aber der Druck der Pflichten, diebisweilen sehr schwer waren, die beständigenUnterbrechungen, die so ermüdend wirkten,veranlaßten mich oft, ihn zu vergessen. In die-sem Klima werden die Nerven so leicht erregt,daß Versuchung zur Reizbarkeit, harten Ge-danken und auch bisweilen zu unfreundlichenWorten viel schwieriger zu kontrollieren sindals anderswo. Jeder Tag brachte ein ganzes Re-

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gister von Sünde und Zukurzkommen, vonMangel an Kraft. Wohl hatte ich allezeit dasWollen, aber das Vollbringen fand ich nicht.Dann kam die Frage: „Gibt es wirklich keineRettung? Muß es so bis zum Ende bleiben —beständiger Kampf und anstatt Sieg oft Nie-derlage?" Auch konnte ich doch nicht mit Auf-richtigkeit verkündigen, daß Jesus allen denen,die ihn aufnehmen, Kraft gibt, Gottes Kinderzu werden (d. h. Gottes Art tragend), wenndas nicht meine Erfahrung war. Anstatt stär-ker zu werden, schien es, als ob ich immerschwächer würde und weniger Kraft gegendie Sünde hätte. Das war ja auch kein Wunder;denn Glauben und Hoffnung waren sehr ge-ring. Ich verabscheute mich; ich haßte meineSünde, und doch gewann ich keine Kraft zurÜberwindung derselben. Ich war mir bewußt,daß ich ein Kind Gottes sei; sein Geist rief inmeinem Herzen trotz allem: „Abba, lieber

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Vater!" Aber aufzustehen und mein Kindes-recht in Anspruch zu nehmen, dazu war ichnicht imstande. Ich dachte, daß Heiligung,praktische Heiligung, allmählich erreicht würdedurch fleißigen Gebrauch der Gnadenmittel.Ich fühlte, daß ich nichts auf der Welt so sehrbegehrte und nichts so sehr bedurfte als die-selbe. Aber je mehr ich mich nach der Heili-gung ausstreckte und mich bemühte, sie zu er-langen, desto weniger konnte ich sie fassen.Fast gab ich die Hoffnung auf, jemals in denBesitz derselben zu gelangen, und ich kam aufden Gedanken, Gott wolle uns vielleicht denHimmel noch lieblicher machen dadurch, daßer sie uns hienieden nicht erreichen läßt. Ichglaube nicht, daß ich jemals in eigener Kraftdies Ziel zu erreichen suchte; ich wußte ja,daß ich machtlos war. Ich sagte es dem Herrnund bat ihn, mir Hilfe und Kraft zu verleihen,und bisweilen war mir zumute, als ob er mich

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bewahren und aufrechterhalten würde. Aberwenn ich am Abend auf den Tag zurück-blickte, ach, dann war nur Sünde und Zukurz-kommen da, was ich vor Gott bekennen undbetrauern mußte.

Ich möchte aber nicht den Eindruck erwecken,als ob dies die tägliche Erfahrung all dieserlangen, trüben Monate gewesen sei. Aber ichmußte immer wieder sehen, daß das, wonachich strebte, mir entschwand, und dadurch ge-riet ich fast in Verzweiflung. Und doch warJesus mir nie kostbarer erschienen; ich wußte,er war ein Heiland, der einen solchen Sünderretten konnte und der es auch wollte. Bis-weilen kamen Zeiten, wo nicht nur Frieden,sondern auch Freude im Herrn mein Herz er-füllte. Aber sie gingen vorüber, und ich warso kraftlos wie zuvor. O wie gut war derHerr, daß er diesem Widerstreit ein Endemachte!

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Die ganze Zeit hindurch war ich gewiß, daßin Christus alles war, was ich brauchte; aberich wußte nicht, wie ich es mir aneignen sollte.Er war reich, ich aber war arm; er war stark,aber ich blieb schwach. Ich wußte, daß in derWurzel, im Stamm genügend Kraft und Fet-tigkeit war. Die Frage war jedoch, wie ich die-selbe in meinen winzig kleinen Zweig bekom-men sollte. Als allmählich das Licht anfingaufzudämmern, sah ich, daß der Glaube dieeinzige Vorbedingung sei, — die Hand, mit derich seine Fülle ergreifen und mir zu eigenmachen könnte. Aber ich hatte diesen Glau-ben nicht. Ich strebte danach, aber er wolltenicht kommen; ich versuchte, ihn zu üben,aber es gelang mir nicht. Je mehr ich den wun-derbaren Reichtum der Gnade, die in Jesusliegt, erkannte und die Fülle in unserem kost-baren Erlöser sah, desto größer schien meineHilflosigkeit und Schuld zu werden. Sünden,

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die ich beging, erschienen mir gering im Ver-gleich zu der Sünde des Unglaubens, der Gottnicht beim Worte nehmen konnte und wollte,sondern ihn zum Lügner machte! Der Un-glaube war, das fühlte ich, die Sünde, um wel-cher willen die Welt verdammt wird, und dochmußte ich diesem immer wieder nachgeben.Ich betete um Glauben, aber er kam nicht. Wassollte ich tun?

Als meine Seelenangst ihren Höhepunkt er-reicht hatte, gebrauchte der Herr einen Satzin einem Brief des lieben Bruders McCarthy,um mir die Schuppen von den Augen zu neh-men, und der Geist Gottes offenbarte mir dieWahrheit unseres Einsseins mit Jesus, wie iches nie zuvor gesehen hatte. McCarthy, derdurch dieselben inneren Nöte wie ich gegan-gen war, aber dem das Licht vor mir aufging,schrieb (ich führe aus dem Gedächtnis an) :„Aber wie soll unser Glaube gestärkt werden?

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Nicht dadurch, daß wir um Glauben ringen,sondern dadurch, daß wir ruhen in dem, dertreu ist."

Als ich das las, da wurden meine Augen ge-öffnet! „Wenn wir nicht glauben, so bleibter treu/' Ich schaute Jesus an und erkannte— und was für Freude strömte da in meineSeele — ich erkannte, daß er gesagt hatte:„Ich will dich nicht verlassen noch versäumen."„O das gibt Ruhe!" dachte ich. „Ich habe michumsonst bemüht, die Ruhe in ihm zu finden.Ich will mich nicht mehr anstrengen. Er hatja verheißen, daß er mich nie verlassen, michnie versäumen will." Und Geliebte, er wirdes nie tun!

Aber dies war nicht alles, was er mir zeigte,nicht einmal die Hälfte. Als ich an den Wein-stock und die Reben dachte, da strömte derwerte Heilige Geist kostbares Licht in meineSeele. Wie groß erschien mir der Fehler, den

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ich begangen hatte, indem ich wünschte, daßich den Saft, die Fülle aus ihm heraus durchmeine Anstrengungen bekommen möchte. Icherkannte nicht nur, daß Jesus mich nie verlas-sen würde, sondern auch, daß ich ein Gliedan seinem Leibe bin, von seinem Fleisch undseinem Gebein. Ich sah auch, daß der Wein-stock nicht nur die Wurzel ist, sondern alles:Wurzel, Stamm, Reben, Ranken, Blätter, Blü-ten, Früchte. Und Jesus ist nicht nur das, erist auch Erdboden und Sonnenschein, Luft undRegen und zehntausendmal mehr als alles,was wir geträumt, gewünscht und verlangthaben. O die Freude, diese Wahrheit zu ver-stehen! Ich bete, daß die Augen Deines Ver-ständnisses erleuchtet werden möchten, damitDu die Reichtümer, die uns frei und umsonstin Christus geschenkt sind, erkennen und inden Genuß derselben eintreten kannst.O meine teure Schwester, es ist etwas Wun-

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derbares, wirklich eins zu sein mit einem auf-erstandenen und erhöhten Christus, ein Gliedan seinem Leibe zu sein! Denke, was das be-deutet! Kann Christus reich sein und ich arm?Kann Deine rechte Hand reich sein und dielinke arm? Oder kann Dein Kopf wohlgenährtsein, während Dein Leib verhungert? Bedenkeauch, was diese Wahrheit für das Gebetslebenausmacht! Könnte ein Bankbeamter zu einemKunden sagen: „Nur Ihre Hand hat den Scheckgeschrieben, nicht Sie selbst", oder: „Ich kanndiese Summe nicht Ihrer Hand, sondern nurIhnen selbst auszahlen"? Ebensowenig könnenDeine wie meine Gebete abgewiesen werden,wenn sie im Namen Jesu dargebracht werdenvon solchen, die Glieder seines Leibes sind.Wenn wir um etwas bitten würden, das nichtim Einklang ist mit dem Willen Gottes, dannnatürlich läge die Sache anders. Aber „wennwir etwas bitten nach seinem Willen, so hört

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er uns, und wir wissen, daß wir die Bittenhaben, die wir von ihm erwarten".Das Lieblichste — wenn man auf diesem Ge-biet davon sprechen darf, daß eine Sache lieb-licher sei als die andere — ist die Ruhe, welchedas volle Sicheinswissen mit Jesus bringt.Wenn ich dies erfaßt habe, so bin ich nichtlänger ängstlich über irgend etwas; denn ichweiß, er kann seinen Willen ausführen, undsein Wille ist auch mein Wille. Es macht mirnichts aus, wohin er mich stellt und wie er estut. Es ist seine Sache, das zu überlegen, nichtdie meinige; denn in den leichtesten Stellungenmuß er mir seine Gnade geben, und auchin den schwierigsten genügt seine Gnade fürmich. Es macht für einen Diener wenig aus,ob ich ihm den Auftrag gebe, einige Kleinig-keiten für mich zu kaufen oder die kostbarstenSachen. In jedem Falle erwartet er das Geldvon mir und bringt mir seine Einkäufe. Wenn

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Gott mich in große Schwierigkeiten stellt, sodarf ich von ihm die Leitung erwarten; erwird mir in schwierigen Lagen viel Gnadegeben, und in drückenden und versuchungs-vollen Umständen wird er viel Kraft darrei-chen. Wir brauchen uns nicht zu fürchten, daßseine Hilfsquellen für unsere Bedürfnisse nichtgenügen könnten. Und seine Hilfsquellen ge-hören mir; denn er ist mein und ist bei mirund wohnt in mir. Alles dies kommt von demEinssein des Gläubigen mit Christus. Und seit-dem Christus durch den Glauben in meinemHerzen wohnt, bin ich so unaussprechlichglücklich. Ich wünschte, ich hätte Dir alleserzählen können, anstatt Dir davon zu schrei-ben . . .

Dein Dich innig liebender BruderJ. Hudson Taylor

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