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Winter-Reise Unser „Abenteuer Deutschland“ geht weiter…

Jack Wolfskin - Winter-Reise

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Unser „Abenteuer Deutschland" geht weiter...

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Winter-ReiseUnser „Abenteuer Deutschland“ geht weiter…

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Jens Steingässer – 36 Jahre, Fotograf und Fotojournalist. Als absoluter Optimist verbindet Jens seine Leidenschaften Reisen und Outdoor-Sport mit seinem Beruf und erkundet auch mit vier Kindern im Schlepptau nahe und ferne Reiseziele, ohne sich von kleinen und mittelgroßen Hürden abschrecken zu lassen.

Jana Steingässer – 35 Jahre, Ethnologin, Texterin, und Autorin. Seit 15 Jahren erkundet sie mit Jens und den Kindern die Welt, gerne auf Umwegen und Nebenstrecken, zu Fuß, auf dem Pferderücken, per Fahrrad. Dabei ist sie immer wieder fasziniert vom Exotischen, dass ihr nicht nur in der Ferne sonder auch direkt vor der Haustür begegnet.

Winter ohne Schnee – das ist wie Pudding ohne Zucker oder Geburtstag ohne Geschenke, finden unsere Kinder. Und irgendwie finden wir das auch. Aber was sollen wir machen, wenn wir nicht zaubern können? Unsere Kinder entwickeln dazu eine ganz eigene Logik. Die hat zu tun mit der Reduzierung von Distanzen zwischen Erde und Himmel, mit Bergspitzen und Märchen. Und sie ist bestechend. Was liegt da näher, als ihr zu folgen. Kurz nach Weihnachten machen wir uns also mit Paula, Mio, Hannah und Frieda auf den Weg, auf der Suche nach Schnee.

Ein ziemlich

bunterHaufen

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Ein ziemlich

bunterHaufen

Paula Steingässer – 11 Jahre, streift gerne mit Hund und Pferd durch den Odenwald oder sitzt lesend mit ihren Hühnern im Baumhaus. Paula reiste mit ihren Eltern bereits zwei Jahre durch Australien. Ihre liebste Reiseerinnerung: in Thailand auf Jens‘ Trekkingrucksack aufwachen und im Morgengrauen beim Warten auf die Fähre Bananen-Pancakes essen.

Mio Steingässer – 4 Jahre. Findet im Garten und auf dem Hof immer etwas, woran er „arbeiten“ kann – und das mit Engelsgeduld. Sein großer Wunsch: mit seiner Familie nach Südafrika reisen und später mal einen eigenen Bauernhof zu haben. Mio erkundet gerne mit Fernglas und Lupenbecher seine Umgebung – und dann schlafen schon auch mal Ohren-zwicker, Raupen oder Käfer im Terrarium neben seinem Bett.

Hannah Steingässer – 3 Jahre, der Wirbelwind der Familie. Sie schaukelt gerne wild und ausgiebig – weil es so schön im Bauch kitzelt. Und später will sie nach Bora-Bora ziehen und ein zahmes Sunda-Plumplori mitnehmen – weil das so schön klingt.

Frieda Steingässer – 9 Monate, unser ruhiger Pol. Je stärker ihr Bewegungsdrang wird, umso intensiver erkundet sie mit allen Sinnen die Umgebung. Besonders gerne streicht sie mit ihren Fingern durch dichtes Gras oder testet, wie Blätter, Schnecken, Sand oder Grashalme schmecken.

Oscar – 8 Jahre, Bordercollie-MischlingWenn die Familie einmal Gefahr läuft, sich in die verschiedenen Himmelsrichtungen zu zerstreuen, weil Paula Blaubeeren sammeln, Mio eine Blindschleiche beobachten und Hannah Rad fahren will, dann treibt Oscar alle wieder zusammen.

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Schneeflöckchen, Weißröckchen, wann kommst du geschneit? ...

Gesungene Beschwörungsformeln in verschiedenen Sprachen laufen im Radio, denn es ist Ende November und von Schnee immer noch keine Spur. Wir vertrösten unsere Kinder: es sind ja noch ein paar Tage bis Weihnachten. Vielleicht erfüllt sich ihr größter Weihnachtswunsch noch. Nach den letzten Wintern, in denen Frau Holle ihren Job ja schon fast ein bisschen zu Ernst genommen hatte, kein Problem, denken wir. Von wegen: Je weiter der Dezember voranschreitet, umso milder wird das Wetter. Also beschließen wir, uns auf die Suche zu machen nach ein bisschen Schnee, in den etwas höheren Lagen des Odenwalds. Wir sind ja schon bescheiden geworden. Ein leichter Flaum, der die Dezemberlandschaft einhüllt, würde es schon tun.

Mio und Hannah trällern Weihnachtslieder als wir uns auf den Weg machen, um zur Quelle der Modau zu wandern. Mio hat sein Fernglas und sein neues Tierspurenbuch im Gepäck, denn er ist der Meinung, dass sich Tierspuren im Schnee ohnehin viel besser sehen lassen.

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Zwischen den hohen Stämmen der kahlen Buchen, die schnurgerade in den Himmel wachsen, suchen sich die Strahlen der Wintersonne ihren Weg. Dazu geht es auch noch ganz schön steil bergauf. Uns wird so warm, dass sich eher frühlingshafte Gefühle einstellen. Ich hätte ja absolut kein Problem damit, die kalte Jahreszeit komplett zu überspringen. Leider bin ich alleine mit dieser Meinung und die Kinder treiben uns unbarmherzig voran, auf der Suche nach dem ersten Schnee dieses Winters.

Als wir in der Ferne einen Hochsitz entdecken beschließen wir einstimmig, dort zu picknicken. Aber Mio und Hannah haben Hummeln im Hintern. Außerdem unternimmt Frieda Gehversuche drei Meter über dem Boden, was auch Jens und mich eher unruhig werden lässt. Und Schnee haben wir auch noch nicht gesehen. Ich sehe uns schon mit vollkommen desillusionierten Kindern nach Hause laufen und schicke ein Stoßgebet zum Himmel. Es muss ja nicht viel sein, nur ein paar läppische Flocken ...

Je länger wir durch die Sonne laufen, umso unmotivierter werden Mio und Hannah. Auf den letzten Meter zur Modauquelle sind wir überzeugt, dass es keine gute Idee war, eine Schneesuche zu starten. Und überhaupt steigt die Stimmung nur deshalb wieder ein bisschen, weil direkt vor uns aus dem Gebüsch zwei Rehe springen und die Kinder in helle Aufregung versetzen. Ganz zu schweigen von Oscar, der wie ein Wolf zu heulen beginnt.

Und dann verlassen wir die Sonnenseite und treten in das Schattenreich ein, das von der tief stehenden Wintersonne nur selten verwöhnt wird. Es wird sofort merklich kälter und ich kann unser Glück kaum fassen, als sich auf dem Boden zaghaft etwas Weißes ausbreitet. Nicht viel, aber es ist das, wonach wir gesucht haben. Wir löschen unseren Durst mit frischem Quellwasser und laufen weiter an der schattigen Bergseite entlang. An manchen Stellen ist der Boden jetzt richtig flächendeckend beschneit und vereist und der Nachhauseweg ist ein Kinderspiel. Endlich Ruhe, denken Jens und ich. Bis kurz vor unserer Haustür. „Und jetzt will ich Schlitten fahren gehen!“ erklärt Mio. Okay, so leicht kommen wir wohl doch nicht davon.

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Dann ist es ja nur logisch, dass wir den Weg vom Himmel zum Boden verkürzen müssen. Ganz nach dem Motto: „wenn der Prophet nicht zum Berg kommt dann kommt der Berg eben zum Propheten“. Apropos Berg. Wir beschließen, einen Familien-Winterurlaub in den Bergen zu machen. Paula ist total aus dem Häuschen bei dem Gedanken, wieder mit Jens Snowboarden zu gehen, Mio und Hannah planen Schlittenfahrten, Schneeballschlachten und wollen zumindest einmal ein echtes Iglu bauen – und am besten auch gleich darin übernachten.

Wir rufen unsere Freunde Bruno und Manu im Allgäu an und hoffen, dass sie uns eine Ferienwohnung vermitteln können. Aber sie winken ab. Stattdessen schlagen sie vor, dass wir in ihrem Haus wohnen können, weil sie ohnehin über Silvester verreisen wollen. Wir freuen uns alle wie die Schneekönige und nur im allerletzten Hintergedanken schleicht sich bei mir leise Skepsis ein. Denn Snowboard und Schlitten fahren, Iglus und Schneemänner bauen und Schneeballschlachten veranstalten kann man nur wenn, ja wenn ...

Jens und Mio fahren früh am Morgen nach Sonthofen los – und das Auto ist mit Winterklamotten, Schlitten, Kinder- wägen, Brennholz bis unters Dach voll- gestopft. Paula, Hannah, Frieda und ich fahren mit dem Zug ins Allgäu.

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... du wohnst in den Wolken, dein Weg ist so weit ...

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Unterwegs malt Hannah in den schillerndsten Farben aus, was sie in unserem „Sommerhaus“ alles machen will. Paula versucht Hannah klarzumachen, dass wir nicht in ein Sommerhaus fahren sondern in einen hoffentlich schneereichen Winterurlaub. Trotzdem wird Brunos und Manus Haus für uns alle „das Sommerhaus“.

Eine Stunde vor unserer Ankunft ruft Mio an. Er ist mit Jens schon angekommen und schreit so laut ins Telefon, dass unsere Sitznachbarin sich grinsend umdreht: „Schnee, hier liegt richtig viel Schnee.“Und tatsächlich: auch am Zugfenster ziehen jetzt erste Schneeflocken vorbei.

Wir sind begeistert über das liebevoll eingerichtete Haus unserer Gastgeber. Nur richtig kalt ist es hier drin. Wir schleppen sofort körbeweise Brennholz ins Haus und feuern alle Öfen an – mit dem Ergebnis, dass wir eine Stunde später mit T-Shirts schwitzend auf die verschneite Landschaft vor dem Fenster schauen. Und dann schneien auch schon Dieter Glogowski und seine Tochter Maya herein, mit denen wir Silvester feiern wollen.

Paula und Maya schleichen sich gleich in ihren Schneeanzügen davon und verschwin- den im Garten, wo sie Schneeengel machen und testen, wer länger das Gesicht in den Schnee stecken kann ohne Luft zu holen. Nur Mio, Hannah und Frieda müssen sich noch ein bisschen gedulden, bis zum nächsten Tag.

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... komm setz dich ans Fenster, du lieblicher Stern ...

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Dick eingemummelt und mit vier Schlitten, zwei Poporutschern und einem Kinderwagen machen wir uns auf den Weg zur Schlittenpiste am Karatsbichl. Wir sind so früh unterwegs, dass wir eine ganze Weile die Pisten ganz für uns alleine haben. Kaum angekommen ergießt sich aus den dunklen Wolken über uns ein richtiger Schneeschwall, der mit kalten Windstößen um unsere Ohren fliegt. Hannah, unsere „Feder“, fühlt sich diesen Naturgewalten nicht sofort gewachsen und sucht weinend Schutz bei Jens. Schnee hat sie sich ja gewünscht, aber gleich so viel?

Frieda blinzelt aus dem Kinderwagen heraus und beobachtet, wie Paula, Mio und Maya die Hänge mit ihren Schlitten und Poporutschern runtersausen. Und dann ist selbst die Kleinste nicht mehr zu halten. Ich setze sie vor mich auf den Schlitten und fahre mit ihr einen kleinen Hügel runter. Dabei quiekt sie schon vor Begeisterung. Je länger und steiler die Abfahrten werden, umso ausgefallener werden auch Friedas Begeisterungsbekundungen.

Paula und Maya legen eine Schlittenpause ein und bauen ein Iglu – Baumaterial gibt es ja in Hülle und Fülle. Auch Hannah taut jetzt endlich auf und hilft den großen Mädels. Wer Durst hat, „pflückt“ sich einen Eiszapfen und lutscht daran. Hannah legt sich sogar mit ihrem Eislutscher in den Schnee und lässt sich berieseln. Nur Frieda verliert irgendwann die Geduld, weil Laufen lernen nicht so leicht ist, wenn der Schnee bis zur Hüfte reicht. Trotzdem: ins „Sommerhaus“ fahren will noch keiner. Also macht Frieda eben einen Mittagsschlaf im Fellsack auf dem Schlitten und Jens und ich staunen über die Ausdauer unserer Kinder. Vor allem Mio kann nicht genug vom rodeln bekommen. Und dann kommt er auch noch auf die Idee, Sprungschanzen zu bauen. Das ist der dann auch der Moment, in dem Jens und Dieter stundenlang auf der Piste verschwinden.

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... malst Blumen und Blätter, wir haben dich gern. ...

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Am nächsten Tag kommen noch Kaddi und Basti mit ihren Kindern Lotta und Jori zu uns, um mit uns ins neue Jahr zu starten – und machen lange Gesichter, denn der Schnee geht langsam in Schneeregen und am Abend in richtigen Dauerregen über. Aber wir wollen uns ja nicht unterkriegen lassen und machen eine Nachtwanderung, um mit den Kindern Abschied vom alten Jahr zu nehmen.

Zugegeben, wir kommen nicht sehr weit. Unsere Wunderkerzen sprühen nicht gerade vor Begeisterung – wenn die Streichhölzer sich überhaupt an der durchgeweichten Packung entzünden lassen. Die Knallfrösche ertrinken in Pfützen ohne auch nur einen kleinen Pups von sich zu geben. Aber Maya beweist langen Atem. Um zwölf steht sie bei strömendem Regen vor der Haustür zwischen den letzten kläglichen Schneeresten und lässt es krachen!

Naja, eine kurze Schneepause ist schon in Ordnung, erklären wir den Kindern. Und „Klar kommt der Schnee zurück”. „Auch bis zum Sommerhaus?“ fragt Hannah besorgt, bevor sie den Schlafsack bis an die Nasendecke zieht und einschläft.

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... Schneeflöckchen, Weißröckchen ...

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... komm zu uns ins Tal ...

Richtig wach schaut an Neujahr keiner von uns aus der Wäsche. Bei ausgesprochen milden Winter-temperaturen und mit flauem Magen verabschieden wir uns von Dieter und Maya und fahren zum Wandern mit dem Sessellift auf das Ofterschwanger Horn. Die Täler ringsum sind mittlerweile frühlingsgrün und so müssen wir eben die Entfernung zwischen Erde und Himmel wieder etwas verringern.

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Rund um das Horn liegt Schnee satt. Solange wir auf den geebneten Wegen bleiben kein Problem, aber bald machen die Kinder die Entdeckung, dass abseits vom Weg der Schnee viel lockerer ist und bei Bedarf auch ganze Kinder bis zum Bauchnabel verschlingt. Wir brauchen gefühlte Ewigkeiten für ein paar hundert Meter Fußweg, aber das passt wenigstens zum Energielevel der Erwachsenen.

Paula, unser „Steinböckchen“, wird dagegen in der Höhe richtig munter. Sie entdeckt in der Ferne das Gipfelkreuz und stürmt los. Dummerweise mit unserem Proviant auf dem Rücken, aber das merken wir erst, als die ersten Kleinkinder-mägen knurren. Also gibt es „Schneepfannkuchen”und „Eislutscher“ zu essen und „Frau-Holle-Tränen“ zu trinken.

Mio jagt eine Weile Tierspuren nach und steckt auch Hanna und Paula, Lotta und Jori mit seiner Euphorie an. Leider machen fünf Kinder, selbst wenn sie sich noch so sehr bemühen, leise zu sein, Krach. Mio stellt enttäuscht fest, dass es hier ja nur Tierspuren gibt, aber dafür wirklich sehr ungwöhnliche, wie Hannah erklärt. Sie beharrt darauf, dass „ihre“ Spuren von einer Wolfskatze stammen, die es nur hier in den Bergen gibt.

Paula und Jens schauen sehnsüchtig den Snowboardern hinterher, die über die Pisten brettern. Und obwohl der Regen uns nun auch bis auf den Gipfel gefolgt ist beschließen die zwei, noch ein paar Abfahrten zu machen, während Kaddi, Basti und die Kinder wieder nach München zurückfahren.

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Sonne und blauer Himmel. Wir schlingen hastig ein dürftiges Frühstück runter, packen einen Rucksack voller Proviant, schnappen uns die Schlitten und machen uns wieder auf in Richtung höhere Gefilde. Der Schnee hier ist zwar von einer richtigen Eiskruste überzogen, aber da fahren die Schlitten auch gleich doppelt so schnell. Spontan entscheiden wir uns für einen Wanderweg zur Breitachklamm.

Unterwegs begegnen wir keiner Menschenseele und genießen die Ruhe und den Sonnenschein und die zufriedenen Kindergesichter, die es sich auf den Schlitten ge-mütlich machen und es sichtlich genießen, von Jens und mir durch die Glitzer-landschaft gezogen zu werden.

Am Abend sitzen Jens und ich am Kamin und stellen fest, dass uns nicht mehr viel Zeit bleibt bis zu unserer Heimreise. Leider regnet es schon wieder in Strömen, und ich gebe langsam die Hoffnung auf, dieses fantastische „Gipfel-blauer Himmel-Sonnen-Freiheitsgefühl“, von dem alle Wintersportbegeisterten und allen voran Jens immer schwärmen, noch zu erleben. Vielleicht kommen wir halt einfach im Sommer noch einmal zurück ins Allgäu ...

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... dann bau’n wir ...

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Tagesperspektive: Dauerregen. Und was machen schnee- hungrige Kinder, wenn sie im Haus festsitzen? Sie beschließen, in die Arktis zu reisen und ein Iglu zu bauen. Für einen kurzen Moment überlege ich, ob ich ein paar „Beweisfotos“ machen sollte um am Ende unser „Sommerhaus“ wieder in den Originalzustand zurückversetzen zu können. Schließlich ahne ich, was jetzt kommt.

Mio schleppt Lammfelle, Decken, Stühle und Kissen an und beginnt mit dem Bau eines Iglus – direkt neben dem Kamin. Da er es immer sehr genau nimmt, zieht er auch gleich seine „Polarforscherjacke“ an und stülpt sich sogar die Kapuze über. Mir läuft schon beim bloßen Zuschauen der Schweiß.

Hanna modelliert aus einem weißen Tischtuch, Rührschüsseln und weißen Kissen Eisschollen vor dem Iglu. Paula wird zum Eisbär, der durch die arktische Schneelandschaft zieht, in der Mio und Hannah in ihrem Kajak – einem geflochtenen Weidenkorb – mit ihren Kochlöffelangeln auf Fischfang gehen. Der Eisbär entpuppt sich als ziemlich wüst und bringt das Kajak mehrfach zum Kentern. Trotzdem gelingt es Mio und Hannah, ein paar Fische zu fangen. Sie entfachen ein „Feuer“ in der blechernen Brotdose und teilen ihren Fang mit Frieda, die nach ruhigem Zuschauen endlich auch mitmischen will. An diesem Tag fragt keines unserer Kinder, ob morgen endlich wieder Schnee kommt. Davon hatten sie heute anscheinend genug!

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... ein Iglu und fangen ... nein, keinen Wal (aber Fische reimt sich eben nicht)!

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... Schneeflöckchen, Weißröckchen, wann kommst du denn endlich noch einmal geschneit? ...

Und wieder weint der Himmel. Und zwar so stark, dass wir überlegen, wie wir unsere Kinder einen weiteren Tag im Haus bei Laune halten könnten. Aber es muss ja nicht das eigene Haus sein, und überhaupt: Hauptsache ein Dach über dem Kopf. Da fällt uns die Sturmannshöhle ein, die einzige begehbare Höhle im Allgäu. Da unsere Kinder ohnehin gerade liebend gerne in Geschichten von Drachen und Schätzen abtauchen, müssen wir sie nicht lange überreden, sich warm einzupacken und mitzukommen.

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Wir sind nicht die Einzigen, die einen Tag unter der Erdoberfläche dem grauen Nass vorziehen. Eine ganze Menschentraube steigt mit uns gemeinsam die unzähligen kleinen Stufen in die Tiefe hinab. Wir schieben uns durch schmale Felsritzen, die das Schmelzwasser in das Gestein gefressen hat. Überall wachsen dank der künstlichen Beleuchtung Farne und setzen Farbakzente an den düsteren Wänden. 287 Meter weit führt der Weg in die 120 Millionen Jahre alte Höhle hinein, durch das „Drachentor“ zum „Adlerschacht“, über den „Höllenrachen“ zum „Höhlenkessel“.

Frieda ist vollkommen außer sich vor Begeisterung, als sie die Fledermäuse auf Augenhöhe entdeckt, die an den feuchten Felswänden Winterschlaf halten und die wir mucksmäuschenstill betrachten können – ohne sie zu berühren oder in ihrem Schlaf zu stören natürlich.

Als uns der Höhleneingang wieder ausspuckt ist es bereits dämmrig und es schüttet weiterhin. Okay, das war’s dann mit einem weiteren Schneetag, denken wir uns.

Aber manchmal kommt eben doch alles ganz anders ...

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Die Krönung zum Schluss!

Kaiserwetter! Schöner könnte es gar nicht sein. Und das zum Abschluss unserer Reise. Wir beschließen, den Tag vor richtigem Bergpanorama zu verbringen. Und zwar auf dem Nebelhorn. Wie kleine Modelleisenbahnfigürchen zischen Skifahrer und Snowboarder die Hänge herunter und werden immer kleiner, je höher uns die Gondel bringt.

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Auf dem Gipfel weht ein eiskalter Wind, der die oberste Schicht Pulverschnee ganz sanft und gleichmäßig über dem Boden schweben lässt. Der Himmel ist knallblau und hebt sich von den schneebedeckten Gipfeln um uns herum ab. Mio ist gleich auf und davon. Er stapft mit einer bewundernswerten Ausdauer durch den Tiefschnee und sucht sich immer wieder Stellen, an denen der Boden unter seinen Füßen nachgibt, damit er sich dann grinsend aus den Schneefallen befreien kann.

Frieda sitz dick eingemummelt auf dem Schlitten und kneift die Augen zusammen, wenn der Wind ihr wieder kleine Eiskristalle ins Gesicht pustet. Und ich bin etwas sprachlos – so schön hatte ich es mir nicht vorgestellt. Das ist wieder einer der Momente, die ich mir gerne in ein Marmeladenglas packen und für schlechte Zeiten aufheben möchte. Hier oben verschwimmen für einen Moment Raum und Zeit und nur die Farben am Himmel erinnern uns daran, dass es langsam Zeit für die Abfahrt wird. Wie bestellt beginnt langsam ein Alpenglühen, das Jens mir so stolz zeigt, als hätte er es höchst persönlich arrangiert.

Am Abend nimmt der Wind richtig zu und es beginnt in der Ferne zu grummeln. Eine Gewitterfront schiebt sich auf uns zu und entlädt sich mit einem richtigen Sturm, der Neuschnee bis ins Tal treibt. Richtig viel davon! Am nächsten Morgen ist die Umgebung wieder unter einer stillen weißen Decke verschwunden und wir machen uns nur schweren Herzens auf den Weg zum Bahnhof. Der Schnee knirscht unter den Winterstiefeln und wir hinterlassen Spuren, die mit Sicherheit in Kürze wieder überdeckt sind. Irgendwie beruhigend, finde ich…

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