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JANE HELLER Liebe im Preis inbegriffen Wie Feuer und Wasser

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JANE HELLER

Liebe im Preis inbegriffenWie Feuer und Wasser

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Liebe im Preis inbegriffenCrystal Goldstein, 45 Jahre alt, glaubt ihr Leben fest im Griff zu haben. Abereines Tages erkennt sie die Realität: Ihre Firma will sie loswerden, ihr Vaterwollte immer einen Sohn, und ihr Freund Steven betrügt sie mit seiner Exfrau.Ihre beste Freundin Rona, eine begeisterte New-Age-Anhängerin, überredetCrystal, endlich den wohlverdienten und längst überfälligen Urlaub anzutre-ten – in dem Ferienclub »Tranquility« in Sedona, Arizona. Crystal bucht dieobligatorische fünftägige »Sacred Earth Jeep Tour« und ist auf alles vorbereitet– Ausbalancieren der Chakren, Reinigung der Aura, Feng Shui und Numerolo-gie im Mondschein. Nur mit einem hätte sie nicht gerechnet: Der Fahrer desJeeps ist niemand anderes als Terry Hollenbeck, ihr verantwortungsloser Ex-mann, den sie vor vielen Jahren nach einer mißglückten Teenagerehe vor dieTür gesetzt hatte. Als dann noch die mitreisende Millionärin Amanda Reid ent-

führt wird, ist das Chaos in diesem Erholungsurlaub komplett …

Wie Feuer und WasserDeborah (43) und Sharon (45) Peltz sind Schwestern – das war’s dann auchschon an Gemeinsamkeiten, denn die beiden liegen sich seit Kindertagen in denHaaren. Als die 75jährige Mutter der beiden einen leichten Herzinfarkt erleidetund ins Krankenhaus muß, haben Deborah und Sharon nichts Besseres zu tun,als sich um den gut aussehenden Arzt Dr. Jeffrey Hirshon zu streiten. Undselbst als offensichtlich ist, daß Hirshon die beiden reingelegt hat, kehrt nur füreinen Sekundenbruchteil Frieden zwischen ihnen ein: beim Anblick Hirshonsin einer Blutlache auf seinem Wohnzimmerteppich. Da sie beide kein anderesAlibi als die verhaßte Schwester haben, müssen sie sich wohl oder übel arran-

gieren. Doch der Frieden zwischen beiden währt nicht lange …

AutorinJane Heller, 1950 in White Planes, New York, geboren, arbeitete viele Jahre imVerlagsgeschäft, bevor sie sich selbst dem Schreiben widmete. Sie lebt heute in

Stuart, Florida.

Von Jane Heller außerdem bei Goldmann lieferbar:Die Putzteufelin. Roman (44349) . Fahr zur Hölle, Liebling. Roman (43619)Liebe im Preis inbegriffen. Roman (44243) . Trau niemals einem Mann. Roman(43763) . Tödliche Verwechslung. Roman (44890) . Wer zuletzt lacht. Roman(44903) . Wie Feuer und Wasser. Roman (44403) . Willkommen im Club. Ro-man (43403) . Des Guten zuviel. Roman (45401) . Liebe in kleinen Dosen. Ro-

man (45532) . Der geliehene Mann. Roman (45845)

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Jane HellerLiebe im Preis

inbegriffenWie Feuer

und Wasser

Zwei Romane in einem Band

Aus dem Amerikanischenvon Ariane Böckler

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Die Originalausgabe von »Liebe im Preis inbegriffen«erschien 1998 unter dem Titel »Crystal Clear«, bei Kensington Books,

New York, die von »Wie Feuer und Wasser« 1999 unter dem Titel»Sis Boom Bah«, bei St. Martin’s, New York.

Umwelthinweis:Alle bedruckten Materialien dieses Taschenbuches

sind chlorfrei und umweltschonend

Einmalige Sonderausgabe Juli 2006Liebe im Preis inbegriffen

Copyright © der Originalausgabe 1998 by Jane HellerCopyright © der deutschsprachigen Ausgabe 1999 by

Wilhelm Goldmann Verlag, München,in der Verlagsgruppe Random House GmbH

Wie Feuer und WasserCopyright © 1999 by Jane Heller

Copyright © der deutschsprachigen Ausgabe 1999 byWilhelm Goldmann Verlag, München,

in der Verlagsgruppe Random House GmbHUmschlaggestaltung: Design Team München

Umschlagmotiv: Mauritius/SchieberDruck und Einband: GGP Media GmbH, Pößneck

Printed in GermanyISBN-10: 3-442-13418-8

ISBN-13: 978-3-442-13418-2

www.goldmann-verlag.de

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Liebe im Preisinbegriffen

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Für Peggy Van Vlack,die Queen of Sedona

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ERSTER TEIL

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Alles fing damit an, daß mir meine Sekretärin Rona Wishnickempfahl, ich solle meine Aura reinigen lassen.

»Meine was in die Reinigung bringen?« fragte ich, sah auf meinmarineblaues Kostüm hinunter und suchte es nach Flecken ab.Es war Freitag abend um halb acht, und Rona war in mein Bürogekommen, um mir mitzuteilen, daß sie jetzt nach Hause gehe.Hatte ich zumindest angenommen.

»Ich habe nicht gesagt in die Reinigung bringen. Ich habe ge-sagt reinigen lassen«, erklärte sie, während sie neben meinemSchreibtisch stand und den Engelsanhänger betastete, der zwi-schen ihren »thermischen Zielsuchgeschossen« klemmte – wieeiner der unreiferen Männer im Büro ihre großen Brüste getaufthatte. »Und ich habe deine Aura gemeint, nicht deinen Aufzug.«

Ich hatte keine Ahnung, wovon sie redete. Du lieber Gott, ichbin vereidigte Steuerberaterin, eine nüchterne, überaus prakti-sche, sich schwer abrackernde Finanzexpertin. Ich war genial imErstellen von Einkommensteuererklärungen, aber völlig über-fragt, wenn ich aus dem New-Age-Jargon, Ronas Zweitsprache,schlau werden sollte. Wenn sie mir sagte, daß meine Aura gerei-nigt werden müsse, meinte sie damit, daß ich mein Parfüm wech-seln sollte? Mein Deo? Was?

»Ich wollte dich schon länger auf das Problem ansprechen«,sagte sie, als ich mir zwei Bufferin, ein NoDoz und ein Pepcid ACin den Mund steckte und alles mit einem Ensure Plus hinunter-spülte. Mein Abendessen.

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»Ah, jetzt kapiere ich es«, sagte ich und nickte. »Du willst eineGehaltserhöhung. Oder mehr Urlaub?«

Sie schüttelte den Kopf und konnte meine Begriffsstutzigkeitnicht fassen. »Du bist diejenige, die mehr Urlaub braucht.«

»Eine Reise zu den Sternen, was?« lachte ich.»Nur zu. Zieh es ruhig ins Lächerliche. Aber ich mache mir

Sorgen um dich, weil du dich selbst so unter Druck setzt. Klar, esgibt hier eine Menge zu tun, aber wir haben Freitag abend, undwenn ich die Tür hinter mir zugemacht habe, bist du ganz alleinim Büro. Sogar die Putzkolonne ist schon vor Stunden gegangen.Worauf ich hinauswill, ist, daß du völlig verdrängst, wie sehrdu …« Sie hielt inne und suchte nach dem richtigen Wort, gababer nach ein paar Sekunden auf, als es ihr nicht einfallen wollte.Rona und ich sind beide Mitte Vierzig – also in dem Alter, wo eslangsam zur peinlichen Routine wird, nach dem richtigen Wortzu suchen und es nicht zu finden. »Hör mal, du stehst so dicht vordem totalen Burnout, klar?« sagte Rona schließlich und hielt da-bei Daumen und Zeigefinger etwa drei Millimeter auseinander.

»Es ist ja lieb von dir, daß du dir Gedanken machst, aber ichglaube, du übertreibst«, entgegnete ich und kippte den Rest desEnsure hinunter.

»Ach, wirklich?« sagte sie und klopfte mit dem Fuß auf denweißen Berberteppich, der kürzlich in den Büros sämtlicher Teil-haber verlegt worden war. »Warum dann die Milkshakes aus Do-sen und kein schönes, selbstgekochtes Abendessen?«

»Sie schmecken mir«, sagte ich. »Der mit Schokolade ist um-werfend.«

»Das kann ich mir vorstellen«, sagte sie. »Und was ist mit denKopfschmerzen, dem Sodbrennen und den Schlafstörungen?Willst du mir vielleicht erzählen, daß du nicht völlig gestreßtbist?«

»Natürlich bin ich völlig gestreßt. Wer ist das nicht?«»Wer das nicht ist? Menschen, die ihre Mitte gefunden haben,

die sind das nicht. Menschen, die ein Gleichgewicht in ihrem Le-ben gefunden haben. Menschen, die sich entwickelt haben.«

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Rona war unbestritten die entwickeltste Person, die ich kannte.Sie meditierte jeden Morgen im Büro in einer Kabine der Da-mentoilette, surfte oft im Psychic Friends Network und zitiertehäufig und ausgedehnt aus Die Prophezeiung von Celestine.Neulich hatte sie verkündet, daß sie erwäge, ihren Vornamen zu»Raven«, also Rabe, zu ändern, da es nach Amerikas Ureinwoh-nern und damit »spiritueller« klinge. Ich äußerte es zwar nichtRona gegenüber, aber an ihr war rein gar nichts Rabenartiges. Siewar weißblond und hatte einen Körper, der eher einem Büffelähnelte als einem Vogel.

»Was ich damit sagen will«, fuhr Rona fort, »– und ich sage esmit Liebe im Herzen, ja? – ist, daß das hier zu deinem gesamtenUniversum geworden ist, Crystal, und das ist traurig.«

Mit »das hier« meinte Rona die Steuerberaterkanzlei in Man-hattan, wo wir arbeiteten – Duboff Spector. Mit »Crystal« meintesie mich, Crystal Goldstein. Rona gefiel die Vorstellung, daß meinName auf irgendeine übernatürliche Weise mit dem Felsklumpenzusammenhing, den sie auf ihrem Schreibtisch stehen hatte, umnegative Vibrationen abzuwehren, aber es war schlicht und ein-fach der Name, den mir meine Eltern in Erinnerung an CrystalSchwartz, meine Großmutter mütterlicherseits, gegeben hatten.

»Hör mal, Schätzchen«, sagte Rona zärtlich. »Du und ich ken-nen uns nun schon seit sieben Jahren, und in all dieser Zeit habeich dich zwar erfolgreich gesehen, aber ich habe dich nie glück-lich erlebt. Richtig glücklich.«

»Rona«, sagte ich und tätschelte ihren dicken Arm. Sie war mirso viel mehr als eine Angestellte. Wenn ich überhaupt so etwaswie eine beste Freundin hatte, dann war sie es. »Du hast zu vielevon diesen Artikeln über Leute aus der Baby-Boomer-Genera-tion gelesen, die zwar sämtliche Attribute des Erfolgs besitzen,aber immer noch nach dem Sinn ihres Lebens suchen. Tja, ichhabe keine Zeit, um nach dem Sinn des Lebens oder sonst etwaszu suchen. Dafür hat der Tag nicht genug Stunden. Außerdemgraut mir vor Leuten, die herumsitzen und darüber lamentieren,ob sie nun glücklich sind oder nicht. Ich bin glücklich genug.«

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»Oh, sicher«, sagte sie skeptisch. »Du arbeitest wie ein Tier,und wenn du dir mal zehn Sekunden freinimmst, schleppst dudich entweder nach Larchmont und besuchst deinen Vater, der zusehr damit beschäftigt ist, in den Großbildfernseher zu glotzen,den du ihm gekauft hast, um überhaupt zu bemerken, daß du an-wesend bist, oder du gönnst dir ein paar Stunden mit Steven, demMann, von dem du behauptest, du wolltest ihn heiraten, was duaber nie tust. So stelle ich mir das große Glück nicht vor,Crystal.«

Ich lächelte. Für Rona gehörte zum großen Glück, mit ihremEhemann Arthur, einem Hersteller von Türklingeln, in aroma-therapeutischen Essenzen zu baden.

»Ich weiß deine Anteilnahme zu schätzen, Rona, und ich ver-spreche, daß ich über alles nachdenken werde, was du gesagt hast.Aber gerade jetzt macht das Finanzamt Jeff Jacobson die Hölleheiß, und er hat mich darum beauftragt, seine Bücher in Ord-nung zu bringen. Anders ausgedrückt werde ich also heute abendnicht auf Sinnsuche gehen, sondern mir einfallen lassen, wie ichdem guten Mann den Buchprüfer vom Hals schaffen kann. Binich jetzt entschuldigt?«

Sie nickte unwillig und warf mir eine Kußhand zu. »SchönesWochenende.«

»Gleichfalls. Grüß Arthur von mir.«Rona wollte gerade mein Büro verlassen, als das Telefon klin-

gelte und uns beide aufschrecken ließ. Instinktiv griff sie übermeinen Schreibtisch und nahm den Hörer ab.

»Hier Büro Crystal Goldstein«, sagte sie. »Ach, Steven. Ja, sieist noch da. Ich gebe –«

Ich zerrte an ihrem Ärmel und formulierte mit lautlosen Lip-penbewegungen: »Sag ihm, daß ich zu tun habe.« Ich war mit JeffJacobsons Steuerproblemen noch keinen Schritt weitergekom-men. Steven würde warten müssen.

Rona tat, wie ich sie geheißen hatte, und legte den Hörer auf.»Er hat gesagt, er sei noch ungefähr eine Viertelstunde in seinemBüro, falls du ihn zurückrufen willst.« Mißbilligend schüttelte

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sie den Kopf, während sie auf die Tür zuging. »Du und Stevie«,schnaubte sie. »Ihr kommuniziert über Sekretärinnen, Anrufbe-antworter und E-Mail. Nennst du das wahre Liebe, Crystal?«

Bevor ich etwas entgegnen konnte, war sie weg.Endlich allein, ließ ich mich auf meinem Stuhl zurücksinken

und fächelte mir mit einem Aktendeckel Luft zu. Es war ein ganzuntypisch warmer Septemberabend in New York, und da sich dieKlimaanlage in unserem Gebäude automatisch um achtzehn Uhrabschaltete und die Fenster hermetisch verschlossen waren, wares in meinem Büro so schwül und stickig wie in einer Sauna. Ichfühlte mich matt und benommen. Trotzdem mußte die Arbeit ge-tan werden. Ich lud Jeff Jacobsons Datei auf den Computer undversuchte mich auf die Zahlen auf dem Bildschirm zu konzen-trieren. Doch unerklärlicherweise kamen mir immer wieder Ro-nas Worte in den Sinn, sie gingen mir nach und plagten mich, undschon bald konnte ich mich überhaupt nicht mehr auf Jeff Jacob-sons Steuerprobleme konzentrieren, sondern stellte mir genaudie geistlosen, selbstbezogenen Fragen, von denen ich mir ge-schworen hatte, daß ich sie mir nie stellen würde.

Steuerte ich wirklich auf den totalen Burnout zu? War allmeine harte Arbeit die Mühe wert? Und was war überhaupt eineAura?

Letztere Frage veranlaßte mich auf einmal, in meine obersteSchreibtischschublade zu fassen, den kleinen Spiegel herauszu-holen, den ich dort aufbewahrte, und mein Aussehen zu studie-ren. Ich hatte erwartet, daß eine schmuddelige Wolke über mei-nem Kopf schwebte – würde eine reinigungsbedürftige Auranicht genau so aussehen? Doch was ich in Wirklichkeit erblickte,war eine Frau mit schwarzen Schatten unter den Augen und ei-nem dunklen Haaransatz.

Ich musterte mich eingehender im Spiegel, und je genauer ichmich betrachtete, desto mehr kam ich ins Staunen. Mit meinendreiundvierzig Jahren war ich immer noch hübsch: große brauneAugen, eine gerade Nase, ein kräftiges Kinn mit einer kleinenKerbe, volle Lippen. Aber auch mit noch so viel Phantasie war ich

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kein heißer Feger mehr – eher ein schlaffer Lumpen. Mein früherso elastisches kastanienbraunes Haar hing mir kraftlos auf dieSchultern herab, mein Teint hatte eine krankhafte Blässe ange-nommen, und die vollen Lippen, die Männer immer so sexy ge-funden hatten, waren aufgesprungen und schälten sich an denStellen, wo ich auf ihnen herumgekaut hatte – eine weitere ab-trägliche Gewohnheit, die ich in der letzten Steuerperiode ange-nommen hatte, genau wie Nägelkauen. Ich kam mir selbst ausge-dörrt und vertrocknet vor. Genau wie eine Frau, deren Aura ge-reinigt werden muß.

Ich legte den Spiegel zurück in die Schublade und erschauerte.War es das, was Rona und alle anderen zu sehen bekamen, wennich einen Raum betrat? Die Tristesse? Die Sprödigkeit? DieBlässe? Hatte mir mein sogenannter »Erfolg« jeglichen Schwunggeraubt?

Mein Erfolg, höhnte ich. Ein großes Tier war ich nun nicht ge-rade. Also bitte. Ich war lediglich eine gut ausgebildete Frau, dieihre Karriere über alles andere in ihrem Leben gestellt hatte, undzwar vor allem deshalb, weil es in meinem Leben nichts anderesgab. Na ja, nichts außer einem Freund, mit dem ich kaum schlief,weil ich entweder zu beschäftigt oder zu müde war, und einemVater, zu dem ich kaum eine Beziehung hatte, weil ich nicht alsJunge zur Welt gekommen war. Meine Mutter hatte sich zwarnicht daran gestört, daß ich kein Junge war, aber sie starb, als ichzwölf war, und nahm sämtliche warmen und liebevollen Gefühlemeines Vaters mit. Also arbeitete und arbeitete und arbeitete ich,wurde noch vor meinem dreißigsten Geburtstag Teilhaberin beiDuboff Spector, kaufte mir eine Eigentumswohnung in der EastEnd Avenue, fuhr mit meinem BMW durch die Gegend und hor-tete jede Menge Geld für die goldenen Jahre. Ich hatte es »ge-schafft«. Ich war in der richtigen Steuerklasse. Ich kam mir gutvor.

Tat ich das wirklich? Gab es einen Sinn in meinem Leben?Hatte ich überhaupt Kontakt zu meinen wahren Gefühlen? Warich glücklich?

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Mir schnürte es die Kehle zu. Wenn das nicht selbstbezogenwar. Wenn das nicht klischeehaft war! Ich hielt mir noch einmaldie »Baby-Boomers« vor Augen, die in diesen widerlichen Zeit-schriftenartikeln zitiert worden waren.

Vielleicht sollte ich Steven doch zurückrufen, überlegte ich, inder Hoffnung, dadurch meine schlechte Stimmung zu überwin-den. Ich wählte den Privatanschluß in seinem Büro, erreichteaber nur seine Voice Mail. Offenbar hatte er für heute schonSchluß gemacht.

Bestimmt mußte er zu einem Geschäftsessen mit einem Klien-ten, vermutete ich, oder er hatte eine Aktentasche voller Unter-lagen mit nach Hause genommen. Als Anwalt war Steven von sei-nem Beruf ebenso in Anspruch genommen wie ich von meinem,weshalb wir es auch geschafft hatten, drei Jahre zusammenzu-bleiben. Keiner von uns verlangte etwas vom anderen. Keiner vonuns hatte etwas gegen die Überstunden des anderen. Keiner vonuns erwähnte das Wort »Heiraten«, obwohl ich mir ziemlich si-cher war, daß wir eines Tages vor dem Traualtar landen würden.Nur Rona war da anderer Ansicht. Sie hatte uns ein Horoskop er-stellt und war zu der Überzeugung gelangt, daß wir astrologischunvereinbar waren.

Ich lehnte mich auf dem Stuhl zurück und dachte an meine er-ste Verabredung mit Steven – ein Treffen, das, ohne daß wir unskannten, von seiner Mutter eingefädelt worden war, einerschrecklich aufdringlichen, aber gutmütigen Klientin von mir.Ich hatte eigentlich nicht hingehen wollen, da ich fürchtete, daßmit einem Mann, der seine Mutter dazu brauchte, um ihn mit ei-ner Frau zusammenzubringen, ganz massiv etwas nicht stimmte.Aber ich war seit Monaten schon mit keinem Mann mehr aus-gegangen, und so hielt ich es für eine gute Idee, sozusagen imRennen zu bleiben.

»Sie sind also Steuerberaterin«, war Stevens erster Satz bei un-serer Verabredung an jenem schicksalhaften Abend. Er hatte einpakistanisches Restaurant ausgewählt, wohl – wie ich unter-stellte – um zu demonstrieren, wie weltoffen und kultiviert er

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war. Seine Mutter hatte mich bereits über seine ausgedehntenAuslandsreisen informiert. Außerdem hatte sie mir eingeschärft,daß er es nicht mochte, wenn man ihn »Steve« nannte.

»Ja, Steven«, antwortete ich. »Ich bin Teilhaberin bei DuboffSpector.« Aber das wußte er schließlich schon alles. Sein liebMütterlein hatte es ihm garantiert gesagt.

»Steuerberaterin. Ausgerechnet diesen Beruf zu wählen«,sagte er abfällig, als hätte ich ihm gerade erzählt, daß ich meinenLebensunterhalt durch Pizza-Ausfahren verdiente.

»Was meinen Sie denn damit?« fragte ich und versuchte, nichtwütend zu werden. Mir gefiel weder seine Bemerkung noch seinTon.

»Nur, daß es nicht besonders befriedigend sein kann«, sagte erblasiert.

»Offen gestanden ist der Beruf der Steuerberaterin ungefährgenauso befriedigend wie der eines Anwalts für medizinischeKunstfehler«, sagte ich unüberhörbar bissig. Laut Mrs. Roth warihr Sohn nämlich genau das. Ein sechsundvierzigjähriger Anwaltfür Kunstfehlerverfahren. Ein verfluchter Krankenwagengeier.Und ich sollte mich minderwertig fühlen?

»Sie klingen ein bißchen, als fühlten Sie sich angegriffen,Crystal«, sagte Steven, der sich zwar herablassend gab, aber nichtschlecht aussah. Er hatte dunkles Haar und grüne Augen – eineattraktive Kombination –, und sein Äußeres war im großen undganzen ziemlich anziehend. Ich sage »im großen und ganzen«,weil seine Ohren in Neunzig-Grad-Winkeln vom Kopf abstan-den. Na gut, in Fünfundvierzig-Grad-Winkeln. Sie hatten zwarnicht gerade Dumbo-Format, aber sie waren auf eine Art da, diemich zu der Überlegung veranlaßte, warum Steven sie nicht hatte»anlegen« lassen, wie man dieses Verfahren nannte, als ich nochein Kind war. Aber womöglich hatte er sie ja anlegen lassen, nurhatte der Arzt die Operation verpfuscht. Vielleicht war er ausdiesem Grund Anwalt für Kunstfehlerprozesse geworden!

»Sie haben ganz recht. Ich fühle mich angegriffen«, sagte ich,»weil Sie anscheinend etwas gegen Steuerberater haben. Wir

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hören das tagsüber oft genug. Abends brauchen wir das nichtauch noch. Bei Verabredungen mit einem Unbekannten zum Bei-spiel.«

Offenbar klappte es zwischen uns nicht gleich vom ersten Mo-ment an. Wir befanden uns an jenem schrecklichen Scheidepunkteiner Verabredung mit einem Unbekannten, wo man den anderenschon nach ein paar Minuten abtaxiert hat und zu dem Schluß ge-kommen ist, daß es zwischen ihm und einem selbst nie und nim-mer knistern wird.

»Hören Sie, es tut mir ehrlich leid. Ich wollte Sie nicht beleidi-gen«, sagte er, während er die Speisekarte überflog. Ich hatte be-reits vorgeschlagen, daß er für uns beide bestellen sollte, da ichmich mit pakistanischem Essen nicht auskannte. Ich war ja Ex-pertin für Ensure Plus. »Ich weiß gar nicht, warum ich diese Be-merkung über Steuerberater gemacht habe.«

»Ich schon«, erwiderte ich und seufzte resigniert. »Sie habenes gesagt, weil Steuerberater die Sündenböcke der Geschäftsweltsind – niemand achtet uns. Erbsenzähler nennt man uns. Pfen-nigfuchser. Anal fixierte Arbeitstiere. Und wissen Sie, warum?«

Steven schüttelte den Kopf. Nun hatte ich seine ungeteilteAufmerksamkeit.

»Weil wir wie Haushaltshilfen sind, beauftragt, den Dreck an-derer Leute wegzuräumen«, fuhr ich fort. »Jeder hält uns für hu-morlose Trottel, bis wir – Simsalabim – einem Klienten Geld spa-ren. Dann sind wir auf einmal Helden, und man spricht im glei-chen gedämpften Ton von uns, der normalerweise für Ärzte oderwenigstens Zahnärzte reserviert ist. Und wenn wir einem Klien-ten eine Menge Geld sparen, lädt er uns zur Bar-Mizwa seinesSohnes ein. Aber die meiste Zeit sind wir eine Zielscheibe fürScherze. Im Fernsehen sowieso. Sowie bei der Oscar-Verleihungdie Steuerberater von Price Waterhouse auf die Bühne kommen,bricht ein einziges großes Gelächter aus.«

»Ich verstehe, was Sie meinen«, sagte Steven mit einem ange-deuteten Lächeln, seinem ersten an diesem Abend. »Anwältesind ja auch Zielscheiben für Spott.«

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»Ja, aber Witze über Anwälte gehen vom Anwalt als Geier aus,Steuerberaterwitze aber vom Steuerberater als Unglücksrabe.«

Er lachte. »Ich verspreche, daß ich nie wieder Steuerberatermiesmachen werde.«

»Meine Kollegen und ich danken es Ihnen«, sagte ich. Mir warwohler, nachdem ich meinem Ärger Luft gemacht hatte.

»Sie haben die Oscar-Verleihung erwähnt«, begann Stevenwieder, der offenbar unbedingt das Thema wechseln wollte.»Sind Sie Filmfan?«

»Offen gestanden, ja«, sagte ich nach einem tiefen Atemzug.»Obwohl ich nicht mehr oft dazu komme, ins Kino zu gehen.Meistens leihe ich mir ein oder zwei Jahre nach Erscheinen ein Vi-deo aus.«

Steven nickte bedauernd. »Das kann ich verstehen«, sagte er.»Ich weiß noch, wie ich früher die Filme immer am Erstauf-führungstag sah. Aber das war, bevor ich Anwalt wurde und michim Grunde von meiner Freizeit verabschiedet habe.«

»Sind Sie gern Anwalt für Kunstfehlerverfahren?« fragte ich,da ich plötzlich neugierig auf den Mann geworden war, der mirgegenübersaß. Er sah besser aus, wenn er nicht grollte.

»Mit Begeisterung. Wenn ich Abfindungen über mehrere Mil-lionen Dollar für Leute herausschlagen kann, die von Großkon-zernen aufs Kreuz gelegt worden sind, fühle ich mich ziemlichgut.«

»Sie finden es also befriedigend«, spöttelte ich.»Genau.« Er lachte auf eine so selbstironische Weise, daß ich

mich fragte, ob ich ihn nicht doch falsch eingeschätzt hatte. Viel-leicht war er gar nicht blasiert, sondern nur schüchtern. »Ichfinde es allerdings befriedigend, wenn meine Kanzlei einen Scha-densersatz von zwanzig Millionen Dollar für einen arbeitslosenElektriker einklagen kann, dem von einem betrunkenen Chirur-gen das falsche Bein amputiert worden ist«, fuhr er fort und be-richtete mir von einigen seiner anderen Fälle aus jüngster Zeit,bevor er das Gespräch wieder auf mich lenkte. »Sie sind also gernSteuerberaterin«, sagte er und lächelte wieder.

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»Ich weiß nicht, ob ich tatsächlich gern Steuerberaterin bin«,erwiderte ich. »Ein Teil von mir wäre lieber Background-Sänge-rin für, na, sagen wir mal den Künstler, der früher unter dem Na-men Prince bekannt war, aber ich mache meine Arbeit gut, alsomuß sie mir wohl Spaß machen. In den Augen meiner Sekretärinmacht sie mir ein bißchen zuviel Spaß.«

»Ah, ein sprichwörtlicher Workaholic«, meinte Steven. »Dannhaben wir wohl das und die Filme gemeinsam.« Er kicherte undnannte dem Kellner unsere Bestellung.

Während des Essens – fragen Sie mich nicht, was wir gegessenhaben; es muß ausreichen, wenn ich sage, daß es hellbraun war –erzählte Steven lebhaft von seiner Arbeit, zu der offenbar un-glaublich viele Recherchen ebenso gehörten wie Reisen. Er warein sehr beschäftigter Mann. Und außerdem klug. Je mehr er re-dete, desto mehr wanderte die Erinnerung an unseren holperigenAnfang in den Hintergrund. Ich merkte, wie mich seine Anek-doten in ihren Bann zogen und mich allein die Tatsache begei-sterte, daß ich zur Abwechslung mal wieder mit einem Mann es-sen war. Als Nachtisch und Kaffee kamen, hatte ich Stevens Oh-ren schon ganz vergessen.

Wir sprachen aber nicht nur über unsere Arbeit. Nein, wir un-terhielten uns auch über persönliche Dinge und entdeckten da-bei, daß wir einiges gemeinsam hatten. Steven war in Manhattangeboren, und ich war in Manhattan geboren. Er hatte eine kon-fliktreiche Beziehung zu seiner verwitweten Mutter, und ichhatte eine konfliktreiche Beziehung zu meinem verwitweten Va-ter. Und zu allem Überfluß waren wir beide allergisch gegenSchimmelsporen, Katzenschuppen und Hausstaubmilben!

Wir verstanden uns so gut, daß ich mich selbst überraschte undja sagte, als mich Steven zu einem Schlummertrunk in seine Woh-nung einlud.

Es stellte sich heraus, daß Steven in der Penthouse-Etage einesglitzernden, vierzigstöckigen Gebäudes an der East Seventy-ninth Street lebte. Im Gegensatz zu meiner Wohnung, die spär-lich möbliert war und wie unbewohnt aussah, war seine eine Art

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Ralph-Lauren-Schaustück, ein prachtvoller Psalm auf das Pais-ley-Muster.

Er schenkte jedem von uns ein Glas Cognac ein, und wir nah-men das Gespräch da wieder auf, wo wir im Restaurant aufgehörthatten, und erzählten uns kleine Details aus unserem Leben. Ir-gendwann gestand er mir, daß er schon zweimal verheiratet ge-wesen war – und zwar mit derselben Frau. Etwas, das seine Mut-ter zu erwähnen vergessen hatte.

»Sie ist jetzt aus meinem Leben verschwunden«, beteuerte Ste-ven im Brustton der Überzeugung. Er klang etwas zu überzeugt,wenn Sie mich fragen.

Er teilte mir zwar keine weiteren Einzelheiten mit, aber ich sahihm an seinen rot angelaufenen Ohren an, daß das Thema Exfrauimmer noch genug Sprengstoff barg.

»Und Sie, Crystal?« fragte er. »Haben Sie den Sprung je ge-wagt?«

»Nur einmal«, sagte ich. »Ganz kurz, als ich praktisch noch einKind war.« Ich hatte direkt nach dem College geheiratet. Es hattenur ein Jahr gehalten, und ich hatte seit fast zwanzig Jahren nichtsmehr von meinem Ex gehört. Manchmal, wenn mir jemand dieFrage stellte, ob ich schon einmal verheiratet gewesen sei, sagteich allen Ernstes Nein, da ich fand, daß die Ehe nicht lang genuggedauert hatte, um zu zählen.

Steven und ich hielten uns an jenem Abend eine Stunde langin seiner Wohnung auf. Eine sehr keusche Stunde. Etwa gegenhalb elf – kurz nachdem ich ohne Erfolg versucht hatte, ein Gäh-nen zu unterdrücken – erhob er sich von dem Paisley-Sofa, aufdem wir saßen, und sagte: »Gut. Das hat ja besser geklappt, alsich dachte. Ich fühle mich in Ihrer Gegenwart sehr wohl,Crystal. Ich würde Sie gern wiedersehen. Wäre Ihnen dasrecht?«

Ich überlegte. Steven Roth hatte nicht unbedingt das Feuer derLeidenschaft in mir entfacht, aber er wirkte wie ein anständigerMann. Da ich wußte, daß eine entsetzliche Knappheit an anstän-digen Männern herrschte, dachte ich: meinetwegen.

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»Sicher wäre mir das recht, Steven«, antwortete ich. »Ichwürde Sie auch gern wiedersehen.«

»Das freut mich«, meinte er, ging zu seiner Aktentasche hin-über, holte seinen Terminkalender heraus und studierte ihn einoder zwei Minuten lang. »Ich bin eine Zeitlang geschäftlich ver-reist«, sagte er schließlich. »Wie wäre es am Sonntag in zwei Wo-chen? Wir könnten gemeinsam Mittag essen und dann ins Kinogehen.«

»An diesem Sonntag hat mein Vater Geburtstag«, erwiderteich. »Den Tag verbringe ich mit ihm.« Warum, wußte ich nicht.Ich besuchte meinen Vater jeden Sonntag, und jeder Sonntag liefgleich ab. Hallo, Dad, sagte ich jedesmal. Wie fühlst du dichheute, Dad? Soll ich dir von meiner arbeitsreichen Woche er-zählen? Ach, du möchtest lieber fernsehen? Ist mir recht, Dad.Dann setze ich mich einfach die nächsten paar Stunden hierherund lasse die Zunge heraushängen, falls du dich dazu entschlie-ßen solltest, meine Existenz wahrzunehmen. Ich rechnete nichtdamit, daß der Sonntag, an dem er Geburtstag hatte, eine radikaleAbkehr von dieser Tortur bedeuten würde, außer daß ich wahr-scheinlich einen Kuchen mitbringen und ihm ein Stück davon ab-schneiden würde, woraufhin er mir sagen würde, daß er keinenwolle. Rona sagte, ich sei richtig gierig nach Bestrafung, was mei-nen Vater anging, und daß ich den alten Knacker sonntags alleinsitzenlassen solle. Aber ich war fest entschlossen, ebenso hart umseine Liebe zu kämpfen, wie ich darum rang, die Steuerproblemeanderer Leute zu lösen. »Ich müßte gegen sechs Uhr abends wie-der in der Stadt sein«, erklärte ich Steven. »Vielleicht könnten wirstatt dessen am Abend etwas unternehmen.«

Steven schüttelte den Kopf, während er mit dem Finger dieEinträge in seinem Terminkalender entlangfuhr. »An diesemSonntagabend bin ich mit einem Klienten verabredet, und meineAbende unter der Woche sind eine Katastrophe. Wie wäre es mitdem Samstagabend danach?«

»Meinen Sie also heute in drei Wochen?« Ich hatte keinen Ka-lender dabei.

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»Ja. Ich könnte um sieben, halb acht oder acht. Paßt Ihnen ir-gend etwas davon?« fragte Steven und hörte sich an wie eineSprechstundenhilfe.

»Soweit ich weiß, paßt mir das alles«, antwortete ich. »Wennich Terminprobleme bekomme, melde ich mich noch einmal.«

So. Damit fing es also zwischen Steven und mir an – zwei Men-schen, die sich gegenseitig in ihren Terminplan einpassen. Undauf diese Art hatten wir seither weitergemacht, ohne daß je einböses Wort zwischen uns gefallen wäre. Von meinem Standpunktaus war es eine gute Beziehung – regelmäßig und zuverlässig wieeine Maytag-Waschmaschine. Wer brauchte schon ein Feuer-werk? Das hatte ich mit meinem Exmann erlebt, und es war mirdirekt vor der Nase explodiert.

Rona ritt wie gesagt immer wieder darauf herum, daß Stevender falsche Mann für mich sei. Aber ich redete mir immer wiederein, daß ich es besser wüßte; daß wir uns gegenseitig in idealerWeise unsere Bedürfnisse erfüllten; und daß Rona trotz ihres an-geblich höheren Bewußtseinsstandes auch nicht über alles besserim Bilde war. Immerhin behauptete sie, in einem früheren Lebendie Frau eines englischen Königs gewesen zu sein, hatte aberkeine Ahnung, welche Frau und welcher König!

Nein, ich muß meine Aura nicht reinigen lassen, dachte ichlächelnd, während ich das New-Age-Geschwafel meiner Freun-din abtat und mich wieder auf Jeff Jacobsons Steuerproblemekonzentrierte. In meinem Leben ist alles in Butter.

2

Ich versuchte Steven im Laufe des Wochenendes anzurufen, er-reichte aber ständig nur seinen Anrufbeantworter. Erst am näch-sten Mittwoch nachmittag, als Rona nicht im Büro war, weil siesich die Tarotkarten legen ließ, und ich daher gezwungen war,selbst ans Telefon zu gehen, nahmen wir endlich Kontakt auf.