Johannes Vom Kreuz - Lied Der Liebe

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  • 8/9/2019 Johannes Vom Kreuz - Lied Der Liebe

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    JOHANNES

    VOM KREUZ

    LIEDDER

    LIEBE

    JOHANNES VERLAG EINSIEDELN

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    Inhalt

    DaS l I E D DER l I E B E 4

    ERStE StROPHE 11ZWEItE StROPHE 18DRIttE StROPHE 20VIERtE StROPHE 24FNFtE StROPHE 26SEcHStE StROPHE 28SIEBtE StROPHE 29AcHtE StROPHE 32NEUNtE StROPHE 34ZEHNtE StROPHE 37ELFtE StROPHE 39

    ZWLFtE StROPHE 44DREIZEHNtE StROPHE 47 VIERZEHNtE UND FNFZEHNtE StROPHE 51SEcHZEHNtE StROPHE 62SIEBZEHNtE StROPHE 66 AcHtZEHNtE StROPHE 70NEUNZEHNtE StROPHE 72ZWANZIGStE UND EINUNDZWANZIGStE StROPHE 75ZWEIUNDZWANZIGStE StROPHE 81

    DREIUNDZWANZIGStE StROPHE 84 VIERUNDZWANZIGStE StROPHE 86SEcHSUNDZWANZIGStE StROPHE 94SIEBENUNDZWANZIGStE StROPHE 100 AcHtUNDZWANZIGStE StROPHE 102NEUNUNDZWANZIGStE StROPHE 106DREISSIGStE StROPHE 109EINUNDDREISSIGStE StROPHE 113ZWEIUNDDREISSIGStE StROPHE 116

    DREIUNDDREISSIGStE StROPHE 119 VIERUNDDREISSIGStE StROPHE 121FNFUNDDREISSIGStE StROPHE 123SEcHSUNDDREISSIGStE StROPHE 126SIEBENUDDREISSIGStE StROPHE 130 AcHtUNDDREISSIGStE StROPHE 133NEUNUNDDREISSIGStE StROPHE 136 VIERZIGStE StROPHE 14

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    DaS l I E D DER l I E B E

    WECHSELGESANG ZWISCHEN DER SEELE UND IHREM BRUTIGAM

    BRAUt

    Wohin - Geliebter schwangst du ?Verlassen, hob ich Seuzer nur geunden.

    Gleich einem Hirsch entsprangst du

    und durtest mich verwunden;

    ich drang dir nach, ich rie - du bliebst entschwunden.

    Ihr Hirten, die ihr standet

    hoch bei den Herden in des Gipels Nhe,

    wenn ihr am Ende andetihn, den ich ausersehe,

    sagt ihm: ich schmachte, sieche - ich vergehe!

    Den Liebsten erlangen,

    olg ich den Uern nach, den Bergeskmmen;

    mich lockt kein Bltenprangen,

    kein Raubtier dar mich hemmen,

    kein Bollwerk, kein Gewaltiger kann mich dmmen.

    F R A G E AN DIE G E S c H P F E

    O Dickichte und Wlder,gepanzt von des Geliebten Hand ins Leben

    o rischentsprote Felder

    voll seltener Kelche Beben,

    shet ihr ihn o sagt! durch euch entschweben ?

    ANtWORt DER G E S c H P F E

    Gaben au Gaben spendend,durchstreite er im Fluge diese Haine;

    und sich zu ihnen wendend

    mit seiner Augen Scheine,

    barg er sie ganz in Schnheit, in die seine.

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    BRAUt

    Ach! Wer kann je mich heilen!

    Ganz gib dich hin mit ernstlichem Vollenden!

    La ab, mir nur zuweilen

    Botschaten zuzusenden:

    Was ich er lechze, knnen sie nicht spenden.

    Und alle, die dein achten,

    sie knden mir von deiner Gnade Bchen

    und mehren nur mein Schmachten.

    Es lt mich niederbrechen

    Unsgliches, wovon sie stammelnd sprechen.

    Wie magst du, Leben, weilen,

    dem Leben ern, - wie magst du nicht erkalten,wo doch zu Todespeilen

    die Gaben sich gestalten,

    die Er dir lie, die sich in dir entalten!

    Wenn Du dies Herz verletztest,

    warum lt Du es ungeheilt verschmachten ?

    Da Du es raubtest, schtztest,

    wie lieest Du solch Trachten

    und willst, was Du erst raubtest, nun miachten?

    Da mir Dein Balsam quille!

    Kein andrer kann beenden meine Leiden.

    Halt meinen Augen stille!

    Du bist das Licht der beiden,

    und nur an Dir begehr ich sie zu weiden.

    Zeig Dich, so nah verborgen,ob auch Dein Antlitz, ber schn, vernichte!

    Der Liebe sieche Sorgen,

    sie weichen vor dem Lichte,

    vor Deinem oenbarten Angesichte.

    Du klar kristallene Quelle

    ach das dein Silberspiegel heller glisse

    und ormte jetzt !in Schnelle !

    die Augen, die ich misseund die mein Inneres hegt in schattigem Risse!

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    La sie nicht, Liebster, oen -sonst ieg ich au

    B R U t I G A M

    O Taube, kehre wieder!Der Hirsch, wie du getroen,

    wittert vom Hgel nieder

    Zum Fcheln deines Flugs und khlt die Glieder.

    BRAUt

    Mein Geliebter, die Bergesriesen,

    die nie berhrten Tler, waldumschwollen,die Inseln, nie gewiesen,

    der Strme tnend Rollen,

    das Flsterlied der Lut, der liebevollen!

    Die Nacht, zur Ruh gekommen,

    die Morgenrten, die ins Dunkel mnden,

    die Weisen, nie vernommen,

    die Einsamkeit voll Knden,

    des Abendmahls Errischen und Entznden!

    Die Fchse scheucht, die losen,

    von unsers Weinbergs augeblhten Reben,

    indessen wir uns Rosen

    wie Schuppen est verweben -

    und au den Berg soll sich kein Lauscher heben.

    Nordostwind, eisiger, weiche !Komm, Sdwind - ach empor der Liebe Glosen;

    durch meinen Garten streiche,

    la seine Dte kosen

    und weiden wird der Liebste unter Rosen.

    Solang in Blumen, Struchern,

    ihr Nymphen von Juda, Dte schauern

    und Ambra-Rche ruchern,

    bleibt erne unsern Mauern,wollt nicht vor unsern Schwellen dringlich lauern.

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    Geliebtester, versteck Dich;

    la Deinen Blick zu Bergeshhen gleiten,

    mit keinem Wort entdeck Dich.

    Schau an, die mich geleiten

    au meinem Zug durch remde Inselweiten.

    GAttE

    Euch, Vgel, gaukelrohe,

    euch, Lwen Hinden Hirsche, lstern jache,

    Gewsser, Lut und Lohe,

    Anhhe, Abgrund, Blache,

    euch, Schrecknisse der Nchte, immerwache,

    beschwre ich beim Klangelieblicher Leier, beim Sirenenhalle:

    lat ab vom wilden Drange -

    bleibt erne unserm Walle,

    da meine Gattin sant in Schlummer alle.

    In den begehrten Garten,

    den schnen, ist die Gattin eingegangen.

    Sie neigt den Hals, den zarten -

    ruhend nach Herzverlangen -

    au des Geliebten Arme, umangen.

    Unter den Apelzweigen

    dort wurdest du als Braut mit mir verbunden

    und nahm ich dich zueigen;

    dort durtest du gesunden,

    wo deine Mutter Schande and und Wunden.

    GAttIN

    O unser Brautbett blhend,

    von Lwenhhlen breschelos umdichtet,

    Purpurhimmel glhend',

    Frieden hochgerichtet,

    goldenen Schilden kronengleich umlichtet!

    Von Deinen Spuren trunken

    schwrmen die Mdchen hin und her, in Gluten

    von deines Gries Funken,

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    Nicht wolle mich verachten,

    stand ich auch einmal schwarz vor Dir, zum Grauen.

    Wohl kannst Du mich betrachten:

    lie doch Dein huldreich Schauen

    holdselige Schnheit au mich niedertauen.

    GAttE

    Schon mit dem Friedenslaube

    zur Arche kam das Tubchen, schneeig helle;

    schon ward die Turteltaube

    und ihrer Brunst Geselle

    vereinigt an dem grnen Saum der Quelle.

    In Einsamkeit bereitethat sie ihr Nest, die Einsamkeit begehrte;

    in Einsamkeit geleitet

    sie heimlich ihr Gehrte,

    den Liebe auch in Einsamkeit Versehrte.

    GAttIN

    La kosen uns, Geselle,

    la eins im andern Deine Schnheit fnden,

    la uns zum Heim der Quelle,

    Berg und Hgel schwinden

    bis in das Herz von grnen Irrgewinden.

    Gleich werden wir in hohe,

    abgrndige Felsenhhlen uns versenken,

    ern von des Tages Loheuns tie und tieer lenken;

    und der Granatrucht Feuchte wird uns trnken.

    Dort wirst Du weisen knnen,

    was ich er lechzte, dort in Deinem Scheine;

    und gleich wirst Du vergnnen,

    o Leben, Du das meine,

    gleich, was Du vordem gnntest, dieses eine:

    Der wachen Lut Umangen,

    der Nachtigallrohlockendes Begehren,

    des Hains einhellig Prangen

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    in Nacht, der heiter-hehren,

    mit Flammen, die wie Balsam lind verzehren.

    Sieh, abgeschieden;

    auch Aminadab lt sich nicht gewahren;

    die Umwelt liegt in Frieden;

    und schon zum Grund geahren,den Quell schauen, sind die Ritterscharen.

    Zum Gegensand

    1 Diese Gesnge begleien die Seele von ihrer ersen dienenden Hingabe an Go bis zuihrem hhsen Zusand der Vollkommenhei, der geislihen Ehe. So berhren sie die drei

    Wegsreken des geislihen Vordringens bis hin zu jenem endlihen Zusand: die luernde,die erleuhende und die einigende. Und von jeder dieser Sreken sollen einige Eigenm-lihkeien und Auswirkungen erklr werden.

    2 Der Anang dieser Gesnge gil denen, die den Weg der Luerung beginnen. Die darauolgenden Gesnge zeigen den Weg der Erleuhung, au dem die Forgeshrienen bis zumgeislihen Verlbnis gelangen. Die anshlieenden kennzeihnen den Weg der Einigung,der die Vollkommenen bis zur geislihen Ehe hr. Dieser Einigungsweg der Vollkomme-nen olg au den Erleuhungsweg der orshreienden Seele; und die abshlieenden Ge-

    snge zielen au den Zusand der Seligkei, dem einzigen, den die vollkommen gewordeneSeele noh begehr.

    ES B E G I N N t D I E E R K L R U N G

    DER L I E B E S G E S N G E Z W I S c H E N DER BRAUt

    UND DEM B R U t I G A M c H R I S t U S

    Vorbemerkung

    1 Wenn sih die Seele ber ihre Verpihungen Rehensha ableg, wenn sie bedenk,wie kurz das Leben (Joh. 14, 5), wie eng der Weg zum ewigen Leben is (Mah. 7,14), so sh-mal, da selbs der Gerehe ihn kaum durhlauen kann (1. Per. 4, 16), wie die wellihenDinge eiel und rgerish sind, wie alles gleih eilendem Wasser verie (2 Reg. 14,14), wiedrig der Besiz, wie leih das Verderben, wie beraus shwer die Erreung wenn sie

    sih weierhin eingeseh, wie sehr sie Go Dank shulde, weil er sie geshaen, und nurr sih geshaen ha, und wie sie ihm dar ihr Leben lang dienen solle, und wie er sieerls, nur durh sih selber erls ha, wor sie ihm volle Ensprehung und Erwiderungseines liebenden Willens shulde, und wie er sie durh unzhlige andere Wohlaen shon

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    vor ihrer Gebur an sih gebunden ha, und erner wie sih bereis ein groer teil ihres Le-bens verhig ha, und da sie r alles vom ersen bis zum lezen, bis zum lezen Heller(Mah.5, : 6) Rehensha geben mu, dann, wenn Jerusalem von Go mi ammendenLeuhen durhorsh wird (Sophon. 1,12), und da es shon sp, da es vielleih shondas Ende des tages is (Mah. 20,6), dann will sie solhem bel und Shaden abhelen, zu-mal sie Go als sehr enern und verborgen empnde, ihn, den sie uner den Geshpen so

    ganz vergessen wolle. ber solh drohendes Verderben wird sie im iesen Herzen von En-sezen und von Shmerz ergrien. Ohne einen tag, eine Sunde zu zgern, l sie alle Dinge,alle Geshe ahren. Shon von Liebe zu Go verwunde, aus iesem Herzen auseuzend,beginn sie ihren Gelieben zu beshwren.

    ERStE StROPHE

    Wohin - Geliebter - schwangst Du ?

    Verlassen hab ich Seuzer nur geunden.Gleich einem Hirsch entsprangst Du

    und durtest mich verwunden;

    ich drang Dir nach, ich rie - Du bliebst entschwunden.

    Erluerung

    2 Die Seele, erll von der Liebe zum Wor, dem Goessohne, zu ihm, ihrem Bruigam,erll von dem Verlangen, mi ihm in klarer, wesenliher Shau vereinig zu werden, siebring - in dieser ersen Srophe - ihre srmishe Liebe vor; und sie erheb vor ihm Klageber seine Enernhei, vor allem darber, da er sie mi seiner Liebe verwunde und allemGeshaenen und sih selber enrissen habe, und da sie dennoh weierhin die Enern-hei des Gelieben erdulden msse, weil er sie noh nih vom serblihen Leibe berei undsih ihr noh nih im ewigen Glnze shenk. Und so sag sie:

    Wohin - Geliebter - schwangst Du ?

    3 Und es is, als sage sie: O Wor, mein Bruigam, zeig mir den Or, wo Du verborgenbis. Dami ereh sie die Oenbarung seiner glihen Wesenhei. Denn der Or, darinder Goessohn verborgen weil, is nah den Woren des heiligen Johannes (1, 18) der Shodes Vaers, die glihe Wesenhei, die jedem serblihen Blik enrk und jedem mensh-lihen Begreien verborgen is. So mohe Jesaias in Wahrhei von Go sagen: Du bis einverborgener Go (45, 15). Mag auh eine Seele denkbar sarke Mieilungen, Gehle der

    Goesnhe und erhabene Eingebungen in diesem Leben empangen, so ha das dennoh miGoes Wesenhei nihs zu un. Denn immer noh bleib er in Wahrhei der Seele verbor-gen; immer noh mu sie ihn roz all jener Herrlihkeien r verborgen halen und ihn alseinen Verborgenen suhen. Wohin Gelieber shwangs Du? Sind doh weder erhabene

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    Eingebungen noh Gehle seiner Gegenwar ein siheres Zeihen seiner gnadenvollen Awesenhei, sowenig wie trokenhei und Ausbleiben all jener trsungen seine Abwesenheivon der Seele bezeugen. So konne Hiob sagen: Solle er mir nahen, so werde ih es nihsehen; und solle er enshwinden, so werde ih es nih erassen (9, 11).

    4 Wenn demnah die Seele sarke Mieilungen oder Gehle oder geislihe Eingebun-

    gen erahren solle, so dar sie darum nih whnen, da dieses ihr Erleben ein Besiz odereine klare Wesensshau Goes sei; so sark es sein mag, es is kein srkeres Ergreien Goes,kein ieeres Versinken in Go. Und wenn all diese sinnlligen und geisigen Mieilungenausbleiben sollen und die Seele dem Dunkel, der trokkenhei und troslosigkei preisgege-ben wre, so dar sie darum nih meinen, Go ehle ihr au solhe Weise mehr als au jeneandere. Nih gib ihr der erse Zusand die Gewihei, in seiner Gnade zu weilen, noh isder andere ein Zeihen, aus ihr versoen zu sein. Niemand wei - nah den Woren desWeisen - ob er Goes Liebe oder Goes Verwerung verdien (El. 9, 1). So is das vordring-lihe Sreben der Seele in jenem Verse nih allein die Erlangung einer innigen, gehlvollen

    Hingabe, die in diesem Leben keine Klarhei und Gewihei ber den Besiz des Geliebengewhr; vielmehr ersreb sie vor allem die klare Gegenwar und Wesenshau im jenseiigenLeben, zu ihrer unrbbaren Beriedigung.

    5 Eben dieses meine die Brau im Hohenliede; in ihrem Verlangen, sih mi der Goheides Wores, ihres Bruigams zu einen, ehe sie zum Vaer: Zeig mir, wo du weides, undwo du zu Miag dih niederlegs (1, 6). Mi der Frage nah dem Weideplaz ba sie ihn, ihrdas glihe Wor, seinen Sohn, nah seinem Wesen zu weisen; denn der Vaer weise sihan nihs Anderem als an seinem einzigen Sohne, dem seligen Glanz des Vaers. Und um das

    Gleihe ba sie mi ihrer Frage nah der Ruhese; denn der Sohn allein is die Wonne desVaers, an keinem andern Ore ruh er, in nihs Anderes l er sih ein als in seinen gelieb-en Sohn; in ihm ruh er nah seiner ganzen Flle, in ihn ergie er sein ganzes Wesen amMiag der Ewigkei, darin er ihn immer erzeug und ihn, den Erzeugen, immer umng.Diese Weide, dies hohzeilihe Wor, daran sih der Vaer in unendlihem Glnze weide,das blhende Lager, wo er mi unendliher Wonne in sih ruh, ieverborgen jedem mensh-lihen Auge und jedem Geshp, solhe Weide wird von der brulihen Seele ereh, wennsie ausru: Wohin - Gelieber - shwangs Du ?

    6 Und dami diese drsende Seele am Ende ihren Bruigam nde und in diesem Le-ben, sowei es sein kann, kra Liebeseinigung mi ihm vershmelze und ihren Durs milderemi dem tropen, den sie von seiner Flle in diesem Leben verkosen kann, so wird es gusein, da wir ihrem Besrmen des Bruigams ensprehen und durh ihn mi der Anworbeginnen: wir wollen ihr sein gewisseses Versek zeigen, dami sie ihn dor aus gewissesende, so vollkommen und so kslih, wie es in diesem Leben nur sein kann; so wird sie nihanangen, den Irrwegen ihrer Gehren nahzugehen. Dieses is hier zu beahen: GoesSohn, das Wor, zusammen mi dem Vaer und dem Heiligen Geis, is wesenlih und per-

    snlih in dem innersen Sein der Seele verborgen. Darum mu die Seele, die ihn nden will,ihre Neigungen und ihren Willen von allen Dingen lsen und mi srkser Sammlung in sihselber eingehen, als wre alles Geshaene nihs. Aus solhem Grunde sage Augusinus inseinen Selbsgesprhen zu Go: Ih and Dih nih drauen, Herr, weil mein Suhen

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    Jesaias verhei: Ih werde dir die verborgenen Shze geben, und ih will dir das Wesender Geheimnisse, ihre Myserien endeken (Jes. 45, 3). Das Wesen der Geheimnisse is Goselber; denn Go is die Subsanz des Glaubens und sein Inbegri, und der Glaube is dasGeheimnis und das Myserium. Und wenn das oenbar geworden is, was uns der Glaubenoh geheimnisvoll verhll, nmlih nah paulinishen Woren - Go in seiner Vollkom-menhei (1. Kor. 13, 10), dann wird sih der Seele das iee Wesen der Myserien endeken.

    Zwar kann die Seele in diesem serblihen Leben nih zu der laueren Einsih gelangen wiein dem jenseiigen, so sehr sie sih in das Verborgene versenke. Allein wenn sie sih gleihMoses (Exod. 33, 22) in der Felsenhhle verbergen, wenn sie mi Goes Beisand das voll-kommene Leben des Goessohnes, des Bruigams wahrha nahahmen wrde, dann wirdsie r wrdig gehalen werden, Goes Rken zu shauen, das hei, sie wird in diesemLeben zu solher Vollkommenhei gelangen, da sie sih kra der umwandelnden Liebe midem glihen Bruigam zu vereinigen vermag. Sie wird sih ihm so zugesell hlen, soeingewiesen in seine Myserien, da sie in diesem Leben ihn nih inniger kennenlernenkann und da es ihr nih no is, zu ruen: Wohin - Gelieber - shwangs Du?

    11 Dami is dir, o Seele, der Weg gezeig, au dem du den Bruigam in deinem Verseknden kanns. Doh wills du die Weisung von neuem hren, dann vernimm ein Kernworvon unersherliher Wahrhei: im Glauben und in der Liebe suhe ihn, ohne das Begeh-ren, an irgend einer Sahe deine Lus zu suhen oder deine Wibegier ber das Nige hin-aus zu sillen. Glaube und Liebe sind die Blindenhrer, die dih au dir unbekannen Wegenzu dem verborgenen Go geleien knnen. Der Glaube, dieses Geheimnis, gleih den Fen,mi denen die Seele zu Go hingeh; und die Liebe is die Fhrerin, von der sie au den Weggeleie wird. Wenn sie nun au ihrem Wege die Myserien und Geheimnisse des Glaubens

    berdenk und in sih beweg, dann wird sie es wer, da die Liebe ihr das audek, was derGlaube in sih birg, den Bruigam, den sie in diesem Leben durh die besondere Gnade derGoeinigung begehr und in dem andern durh seinsmige Verklrung, darin sie GoesAnliz, das nih mehr verborgene, in sih aunehmen kann. Doh selbs wenn die Seele biszur Goeinigung gelang is, dem erhabensen im Diesseis erreihbaren Zusand, einswei-len bleib ihr der Goessohn im She des Vaers verborgen, dor, wo sie ihn im andernLeben zu genieen begehr; und darum klag sie immer: Wohin Gelieber - shwangs Du?

    12 Sehr wohl us du daran, o Seele, ihn immer in der Verborgenhei zu suhen. Denndu verherrlihs Go und nhers dih ihm aus innigse, wenn du ihn r erhabener undieer hls als alles, was du erassen kanns. Deshalb rihe deine Aumerksamkei wederzum teil noh ganz au das, was deine Seelenkre begreien knnen. Dami will ih sagen:begnge dih niemals mi dem, was du von Go zu begreien glaubs, sondern mi dem Un-begreiihen. Versume dih niemals dami, das zu lieben und zu genieen, was du von Gobegreien oder empnden mags. Liebe und geniee das, was du von ihm nih begreien undhlen kanns; das eben hei, ihn im Glauben suhen. Da Go unzugnglih und verborgen

    is, mu du ihn immer als einen Verborgenen berahen und ihm als eine Verborgene imGeheimen dienen. Gleihe nih den vielen toren, die von Go niedrig denken, die Go dannr enlegener und verborgener halen, wenn sie ihn nih begreien und mi Wonne hlen.Das Gegeneil is zureender: je weniger deulih sie ihn erassen, deso mehr nhern sie

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    sih ihm. Sein Versek barg er in Finsernisse, sind Davids Wore (Ps. 17, 12). Demnahmu du nowendig Finsernisse in deinen shwahen Augen empnden, wenn du in seineNhe gelangs. So us du gu daran, zu allen Zeien, in solhen der Widrigkei und in solhendes wellihen und geislihen Gedeihens, Go r verborgen zu halen und darum ihn anzu-ruen: Wohin Gelieber - shwangs Du?

    Ich hab, Geliebter, Seuzer nur geunden

    13 Sie nenn ihn Gelieber, um ihn srker zu bewegen und ihn ihrem Flehen geneig zumahen. Denn wenn Go gelieb wird, dann komm er dem Flehen des ihn Liebenden ei-lends engegen. Durh den Mund des heiligen Johannes verhie er: Wenn ihr in mir bleib,dann wird euh alles, worum ihr bie, gewhr werden (15, 7). Die Seele kann ihn dann inWahrhei Gelieber nennen, wenn sie ganz in ihm is und ihr Herz ausshlielih an ihn undan kein Ding gehng ha und so ihre Gedanken sndig au ihn rihe. Weil solhes Aumer-ken ehle, wurde es Samson von Dalila vorgeworen, wie er ihr seine Liebe beeuern knne,

    wenn sein Sinn nih bei ihr weile ( Jud. 16,15). In diesem Sinne is sowohl das Denken wiedie Zuneigung einbegrien. So nennen einige den glihen Bruigam Gelieber, und eris in Wirklihkei nih ihr Gelieber, weil sie nih mi ganzem Herzen ihm anhngen; unddarum sind ihre Bien vor Go von minderem Wer. So dringen sie nih gleih mi ihremBigebe durh; ers bei seem Gebe is ihr Gem seer an Go hingegeben, in der Liebedes ganzen Herzens. Denn durh nihs l sih Go ewas abgewinnen, es sei durh Lie-be.

    14 Wenn sie alsbald klag, sie habe nur Seuzer geunden, so is zu sagen, da die Abwe-

    senhei des Gelieben ein Seuzen ohne Ende in dem Liebenden erreg; denn er lieb nihsauer dem Einen, er suh in nihs Anderem Erleiherung und Erquikung. Und es kenn-zeihne den wahrha Go Liebenden, da ihn nihs Geringeres als Go selber beriedenkann. Doh was sage ih da: berieden? Wenn er auh alles zusammen bese, er wre nihzurieden; vielmehr wre er um so unzuriedener, je mehr er bese. Das Herz nde seinGengen nih im Besiz sondern in der Enblhei von Dingen, in der Armu des Geis-es. Die vollkommene Liebe beseh in einer Aneignung Goes kra besonderer einigenderGnade. Wenn die Seele solhes gewonnen ha, dann leb sie mi einiger Beriedigung, wenn

    auh nih mi vollkommener Erquikung. Ha doh selbs David mi all seiner Vollkom-menhei sie ers vom Himmel erho: Wenn Deine Herrlihkei ershein, dann werde ihmih erquikken (Ps. 16, 15). Und so geng der Seele nih der sille Herzensrieden, den siein diesem Leben gewinnen kann; in ihr bleib ein Seuzen, mag es auh riedlih und nihqualvoll sein, ein Seuzen in der Honung nah dem ihr Mangelnden. Denn das Seuzen isder Honung zugehrig, wie es Paulus von sih und anderen Vollkommenen aussag: Wirselber, die wir doh als Erse den Geis empngen, wir seuzen im Innern, in der Honung audie Goeskindsha (Rom. 8, 23). Ein solhes Sehnen erll das liebende Herz auh dieserSeele. Denn dor, wo die Liebe verwunde, dor is das Seuzen ber die Wunde, die see

    Klage im Gehl von Goes Ferne. Und solhes Gehl is um so srker, als die Seele shonbeseligende Mieilungen des Bruigams empangen ha. Wenn er ihr dann enshwinde,bleib sie allein in jher Drre. Und nun klag sie:

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    Gleich einem Hirsch entsprangst du

    15 Im Hohenlied vergleih die Brau den Bruigam mi einem Hirsh und mi einemSeinbok: Mein Gelieber is wie der Seinbok und wie der Sohn der Hirshe (2, 9). Unddas nih nur deshalb, weil er remdarig und einsam wie der Hirsh is und gleih ihm dieGehrinnen meide, sondern auh, weil er mi solher Shnelligkei sih verbirg und zeig.

    So zeig er sih in seinen Heimsuhungen ihm hingegebener Seelen, um sie zu beshenkenund anzueuern; und so enzieh er sih nah den Heimsuhungen, um die Seelen zu pr-en, zu demigen und zu unerweisen. So mah er ihnen seine Abwesenhei shmerzliherhlbar, wie es diese Wore bezeugen:

    Und durtest mich verwunden

    16 Das is, als sage sie: es war nih genug an der ieen Qual, die deine Abwesenhei mirsndig zug, du mues mih zudem ieer mi deinem Liebespeil durhbohren. Gesei-

    ger has du mein leidenshalihes Verlangen, dih zu sehen, und danah iehs du behendwie ein Hirsh und l dih nih erassen, nih im geringsen.

    17 Dieser Vers sei noh des Nheren erluer: Auer vielen vershiedenen Heimsu-hungen, mi denen Go die Seele verwunde und zur Liebe emporrei, peg er sih ingewissen verborgenen Liebesberhrungen herabzulassen, wodurh die Seele wie von einemFlammenpeile verlez und durhbohr wird, so da sie von Liebeseuer ganz ausgeglhverbleib. Und diese sind im eigenlihen Sinne Liebes wunden ; und von ihnen sprih dieSeele hier. So gewalig loder die Seele in Liebeseuer au, da sie sih in dieser Flamme zu

    verzehren shein; und sie shwing sih in solher Bruns ber sih hinaus in eine vollkom-mene Erneuerung, zu einer neuen Weise des Seins, vergleihbar dem Vogel Phnix, der sihverbrenn und von neuem erseh. Solhen Vorgang beding David: Mein Herz enbranne,meine Nieren wurden verwandel; zunihe wurde ih, nih wue ih, wie (Ps. 72, 2122).

    18 Die triebe und Neigungen, die mi dem Wore Nieren gemein sind, sie werden er-sher; sie wandeln sih ins Glihe bei solher Enammung des Herzens. Gro is zu

    dieser Zei die innere Umwandlung, das ungesme Verlangen, Go zu sehen - so gewalig,da der Seele solhe Heigkei des Liebessurmes unerrglih shein; und das nih, weilsie dadurh verwunde wurde vielmehr ahe sie solhe Wunden als Heil -, sondern weildie Liebe sie ihrer Pein der Leidensha berl und nih mahvoller zushlug und sienih vollends ee, um sie in einem Leben voll kommener Liebe ganz mi sih zu einen. Sobeon sie ihren Shmerz: Und dures mih verwunden.

    19 Sie will dami sagen: so von dir verwunde, verbluend an Liebe zu dir, blieb ih zu-rk; du aber verbargs dih behend wie ein Hirsh. Dies Gehl is so gewalig, weil jene

    Liebeswunde von Goes Hand den Willen srmish hinreib zum Besiz des Gelieben,dessen Berhrung sie empand ; doh mi gleihem Ungesm hl sie Goes Ferne, dieUnmglihkei, ihn zueigen zu gewinnen, und sogleih brih sie in Seuzen aus. Sind dohsolhe Heimsuhungen ungleih anderen, in denen Go die Seele erquik und sig; denn

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    gerade diese wirk er mehr, um zu verwunden, als zu heilen, mehr um niederzudrken, alsum auzurihen. Sie sollen das Aumerken au ihn beleben, das Verlangen mehren und da-mi die shmerzlihe Sehnsuh nah dem Anshauen Goes. Diese geisigen Liebeswundensind r die Seele beraus erlesen und begehrenswer; so mhe sie immer uner solhenGeshossen ausend tode serben; wird sie doh von ihnen verzk, aus sih heraus zu Go.Das gib die Seele in olgenden Woren zu versehen:

    Ich drang dir nach, ich rie - du bliebst entschwunden !

    20 Liebeswunden kann nur der heilen, der sie shlug. Und so ging die verleze Seele aus,gewalig angerieben von dem Brande der Wunde, au den Spuren des Gelieben, der sie ver-wunde hae; und sie rie ihm nah, da er sie heile. Solhes geisige Hinausgehen bezeih-ne zwei Weisen, Go zu verolgen. Die eine is ein Enweihen hinweg von allen Dingen, vonihnen abgesoen und sie vershmhend. Die andere is eine selbsvergessene Verzkungdurh Goesliebe. Und nih nur wird sie durh die Urgewal solher Liebe in Selbsverlo-

    renhei aus sih verzk; in ihrem Aushrei nah Go is sie hinausgehoben wie aus denAngeln aus ihren narlihen Weisen und Neigungen. Es is, als ob sie sage: Mi dieserdeiner Berhrung, mi dieser Liebeswunde hobes du mih nih nur ber alle Dinge, son-dern auh hoh ber mih selber hinaus (und wahrhaig, selbs aus dem Fleishe sheiner sie herauszureien); du zoges meine Seele, die dir nahrie, zu dir; und shon war sie vonallem enbunden, um sih an dih zu binden. Du bliebs enshwunden.

    21 Und dami sag sie: als ih deine Gegenwar erassen wolle, and ih dih nih; ihverlor den Hal an dem einen und and ihn nih an dem andern; ih qule mih in den L-

    en der Liebe, ungesz von dir und von mir. Was die Seele hier Hinausgehen au der Suhenah dem Gelieben nenn, das nenn die Brau im Hohenliede Siherheben: Erheben willih mih und ihn suhen, den meine Seele lieb, ihn suhen rund um die Sad und au denPlzen. Ih suhe ihn und and ihn nih; und sie verwundeen mih (can. 3,2; 5,7.). DasSiherheben der brulihen Seele mein im geisiren Sinne vom tieen zum Erhabenen. DasGleihe nenn die Seele hier hinausgehen, hinaus aus der niedrigen Liebe zur erhabenenGoesliebe. Dor sag die Brau, sie sei verwunde, weil sie ihn nih and; und auh hiernenn sih die Seele liebeswund und in solhem Siehum verlassen. Es leb der Liebende

    immer in Qualen ber die Enernhei des Gelieben; denn er ha sih dem Gelieben shonhingegeben und erware als Lohn gleihe Hingabe von ihm - und sie wird ihm noh nihgewhr. Um des Gelieben willen ging er allen Dingen und sih selber verloren; und solherVerlus ha ihm keinen Gewinn gebrah, denn er, den seine Seele lieb, is nih sein Eigen.

    22 Dies qualvolle Gehl der Goerne kann in der Zei der glihen Verwundungenso bermhig bei den zur Vollkommenhei Gelangen sih auswirken, da sie ohne denBeisand des Herrn serben wrden. Der Gaumen ihres Willens is unverdorben, ihr Geis islauer und goempnglih, auh haben sie die ber alles begehre glihe Liebe bereis in

    ewa verkose. Und so leiden sie ber alles Ma. Zeig sih ihnen doh - wie durh einen tr-spal - ein unermelihes Gu, ein vorenhalenes. Und so is ihre Pein und Foler unsglih.

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    ZWEItE StROPHE

    Ihr Hirten, die ihr standet

    hoch bei den Herden in des Gipels Nhe,

    wenn ihr am Ende andet

    ihn, den ich ausersehe,

    sagt ihm: ich schmachte, - ich vergehe!

    Erklrung

    1 In dieser Kanzone mhe die Seele zu dem Gelieben Vermiler ensenden, die an ih-rem Shmerz Aneil nehmen. Denn es is dem Liebenden eigen, da er sih durh die besenMiel mi dem Gelieben in Verbindung bring, wenn er es unmielbar nih vermag. Und sowill sih die Seele hier ihrer Wnshe, Gehle und Seuzer bedienen, als ihrer Boen, die gar

    wohl das Geheimnis des Herzens dem Gelieben zu verdeulihen wissen. Und so order siediese zum Boengang au:

    Ihr Hirten, die ihr standet

    2 Sie bezeihne ihre Wnshe, Gehle und Seuzer als Hiren, soern sie von ihnen migeisigen Gern genhr wird. Denn Hir is jemand, der zur Weide hr; und miels jenerRegungen eil sih Go der Seele mi und gib ihr glihe Kos, allein ohne jene gewhr ersih minder. Ihr Sand nahe dem Gipel besag, da sie aus reiner Liebe aubrahen. Gelan-

    gen doh nih alle Neigungen und Wnshe bis zu ihm, sondern nur solhe, die reiner Liebeensammen.

    Hoch bei den Herden in des Gipels Nhe

    3 Als Herden benenn die Seele hier die Hierarhien und chre der Engel, die unsere So-seuzer und Gebee von chor zu chor bis zu Go emporragen. Und Go wird von ihr Gipelgenann, weil er leze Hhe is, und weil sih an ihm, wie an einem Gipel, die Dinge und

    die hheren und ieeren Herden herausheben. Zu dieser Hhe seigen unsere Gebee, un-er dem Gelei der Engel. So sage der Engel zu tobias: Als du uner trnen beees unddie toen begrubes, da brahe ih dein Flehen vor Go (tob. 12,12). Aber auh die Engelknnen als Hiren der Seele versanden werden: wie sie unsere Boshaen empor zu Goragen, so bringen sie Goes Boshaen zu unsern Seelen und nhren sie als gue Hirenmi Goes gnadenvollen Mieilungen und Eingebungen. Als solhe Vermiler beshzenund vereidigen sie uns vor den Wlen, den Dmonen. Gleihviel ob die Hiren als Gehleoder als Engel gedeue werden die Seele will sie alle als Heler hin zu Go gewinnen. Analle wenden sih ihre Wore:

    wenn ihr am Ende andet

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    4 und das mein: wenn ihr zu meinem Glk in seine Gegenwar gelange, so da ereuh she und hre. Zwar wei und uma Go alles bis zu den Gedanken der Seele, wieMoses es sag; doh sprehen wir dann davon, da er unsere bedrigkei ansieh und un-sere Gebee hr, wenn er der No abhil und die Gebee erll. Denn nih alle Anliegen ge-langen dahin, da Go sie anhr, um sie zu gewhren; sie mssen vor ihm rei und gewih-ig sein. Dann l sih sagen, da er sie ansieh und hr, wie es beim Exodus geshah: ers

    als die Kinder Israels vierhunder Jahre uner dem gypishen Joh gelien haen, sageGo zu Moses: Ih sah an die Berbnis meines Volkes, und ih habe mih herabgelassen, eszu bereien (3, 7; 8). So sprah er, obgleih er sie immer gesehen hae. Auh sage der EngelGabriel zu Zaharias, er solle sih nih rhen; Go habe sein jahrelanges Flehen um ei-nen Sohn erhr (Lu. 1, 13). Und doh hae Go ihn immer gehr. Und das mu jede Seeleeinsehen, da Go ihr zur rehen Zei zu Hile komm, auh wenn er nih sogleih au ihrFlehen Abhile bring. Er is, nah Davids Wor, Heler in der gnsigen wie in der widrigenZei (Ps. 34, 3). Nur mu die Seele nih verzag vom Flehen ablassen. Wenn die Seele hiersag wenn ihr am Ende ande, so mein sie dami: wenn am Ende die Zei gekommen is,

    da er es r gu bende, mein Gebe zu erhren.

    ihn, den ich ausersehe

    5 auserlesen aus allen Dingen. Solhe Liebe ber alles is Wirklihkei, wenn sih dieSeele durh nihs davon abshreken l, alles in seinem Diens zu un und zu erleiden.Und wenn die Seele in Wahrhei die Wore des olgenden Verses sprehen kann, dann is esein Zeihen, da sie ihn ber alles lieb;

    sagt ihm: ich schmachte, sieche - ich vergehe!

    6 Drei Ne weis die Seele au: Krankhei, Pein und tod. Die Seele, die Go wahrha,mi dem Drang zur Vervollkommnung lieb, leide zumeis in der Goerne au drei Wei-sen, gem den drei Seelenvermgen, Versand, Wille und Gedhnis. Ihre Erkennnis krashmahe hin, weil sie Go nih sieh, ihn, das Wohl der Erkennnis kra - so wie es Godurh David sag: Ih bin dein Heil (Ps. 34, 3). Von dem Willen sag sie, da er sieh, weiler Go nih besiz, die Erquikung des Willens wie es wiederum David sag: Mi dem

    Surzbah deiner Wonnen wirs du sie sigen (Ps. 35,9). Im Hinblik au das Gedhnissag die Seele, da sie sirb; denn sie ru sih ins Gedhnis, da ihr alles Heil der Erkenn-nis kra, das Anshauen Goes ehl, und nih anders die Wonne der Willenskra, ihn zueigen zu haben; und dazu vergegenwrig sie sih, da sie ihn inmien der Geahren undVerhrungen dieses Lebens sehr leih r immer verlieren kann. Und so leide sie in ihremGedhnis todespein, in dem Bewusein, da ihr der gewisse und voll- kommene BesizGoes ehl, ihres wahren Lebens - wie es Moses aussprih: Er is siherlih dein Leben(Deuer. 30, 20).

    7 Gedenke meiner Armseligkei, des Wermuhs und der Galle. So weis auh Jeremiasdem Herren jene drei Ne. (Klagelieder, 3, 19). Die Armseligkei bezieh sih au das Er-kennnisvermgen; denn zu ihm gehr die bershwnglihe Weishei des Goessohnes,in dem - nah Paulus - alle Shze Goes beshlossen sind (Koloss. 2, 3). Der Wermuh, ein

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    beraus bieres Krau, bezieh sih au die Willenskra; denn zu diesem Vermgen gehrdie Se der Aneignung Goes, bei dessen Enbehren es in Biernis verbleib. Und da sol-he Biernis geisig dem Willen zugeordne is, geh aus der Apokalypse hervor, aus denWoren des Engels zum Aposel Johannes; er solle das Buh nehmen und essen; in seinemLeibe wrde es bier werden (10, 9). Uner dem Leibe is hier die Willenskra zu versehenDie Galle bezieh sih nih nur au die Gedhnis kra, sondern au alle Fhigkeien und

    Kre der Seele; denn die Galle bezeihne den tod der Seele. So geh es auh aus Moses'Woren an die Verdammen hervor: In Drahengalle wird sih ihr Wein verwandeln und inunheilbares Naerngi (Deu. 32, 33). Das besag das Enbehren Goes, den tod der Seele.Diese drei qualvollen Ne grnden sih au die drei heologishen tugenden; Glaube, Liebe,Honung; und diese beziehen sih au die drei Seelenkre, die hier in der Folge Erkennnis-kra, Willenskra, Gedhnis kra gebrah wurden.

    8 Darau sei hingewiesen: in dem genannen Verse beshrnk sih die Seele darau,dem Gelieben ihre No und Qual vorzusellen; denn wer besonnen lieb, wird nur au seine

    Bedrigkei hinweisen, ansa das Erwnshe zu erbien; so bleib die Weise der Abhiledem Gelieben berlassen. So sage die gesegnee Jungrau au der Hohzei zu Kanaan nurdieses zu ihrem gelieben Sohn: Es ehl ihnen an Wein. Und die Shwesern des Lazarussanden ihm nih die Bosha, er mge ihren Bruder heilen, sondern nur jene: Er, den duliebs, is krank (Joh. 11, 3). Und solhes Verhalen beruh au drei Grnden: einmal weider Herr besser als wir, was uns gu is; zum andern erbarm sih der Geliebe eher, wenn erdie Bedrigkei des Liebenden zugleih mi dessen Besheidung ansieh, und shlielihis die Seele besser gegen Eigenliebe und Habgier gesiher, wenn sie ihren Mangel auweis,als wenn sie nah ihrem Gudnken das ihr Mangelnde erbie. So und nih anders verhl

    sih hier die Seele, wenn sie ihre dreiahen Ne vorbring. Es is, als sprhe sie: Sag mei-nem Gelieben, da ih vershmahe, und da er mein Wohl is, und da er mir deshalbmein Wohlsein gewhre; sag ihm, da ih hinsiehe und da er allein meine Erquikung is;so mge er mir Erquikung geben; sag ihm: ih serbe, und er allein sei mein Leben; er mgemir Leben shenken.

    DRIttE StROPHE

    Den Liebsten erlangen,

    olg ich den Uern nach, den Bergeskmmen;

    mich lockt kein Bltenprangen,

    kein Raubtier dar mich hemmen,

    kein Bollwerk, kein Gewaltiger kann mich dmmen.

    Erklrung

    1 Wie die Seele es einsieh, gengen nih Seuzer und Gebee, um den Gelieben zunden, so wenig wie die Hile guer Vermiler, die sie in den ersen beiden Kanzonen nah-

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    suhe. Da ihr Verlangen, ihn zu erreihen, aurihig is und ihre Liebe sark, so will sie vollEier ewas nah ihren Kr- en leisen. Die Seele, die Go wahrha lieb, unernimm ohneErmaen alles, um den Goessohn, ihren Gelieben, zu nden. Und auh wenn sie alles ge-an ha, gib sie sih nih dami zurieden. So bekunde sie in dieser drien Kanzone, da sieselber ihn suhen will, durh ihr eigenes Werk, und wie sie dabei vorgehen mu: sie ha sihin den spiriualen tugenden und bungen des akiven wie des konemplaiven Lebens zu

    beigen; sie mu darum einshmeihelnde Gensse von sih weisen; auh dar sie sih ausolhem Wege nih durh die Kre und Nahsellungen ihrer drei Feinde auhalen lassen,nih durh Wel, Dmon und Sinnlihkei.

    Den Liebsten erlangen

    2 Um diesen Gelieben, um Go wirklih zu nden, geng es nih, mi dem Herzenund mi der Zunge zu been und ebensowenig, sih au remde Wohlaen zu szen; dieSeele mu berdies aus sih heraussellen, was sie in sih is. Denn Go shz eine einzige

    persnlihe Leisung hher als viele Leisungen, die von anderen r sie vollbrah werden.Und so erinner sih die Seele hier eines Ausspruhes ihres Gelieben: Suh, und ihr werdenden. Und sie enshlie sih, auzubrehen und ihn ig, au jene wirksame Weise zusuhen. Nih will sie sih dami abnden, ihn nih zu erreihen, wie es Viele un, die Gonur mi Woren, und dazu mi unzulnglihen, gewinnen wollen und die r ihn shwer-lih ewas Lsiges au sih nehmen mgen. Und Einige verlassen nih einmal einen ihnenbehagenden Plaz um seinewillen, so als ob sie die Kslihkei Goes vershmekken undverspren knnen, ohne sih zu rhren und sih mi dem Enzug einiger berssiger Lus-empndungen, trsungen und Neigungen zu kaseien. Allein solange sie nih hinausgehen

    und ihn suhen, werden sie ihn roz aller Anruungen nih nden. Au diese Weise haeihn die Brau im Hohenliede gesuh und ihn nah ihren Woren nih eher geunden, als bissie hinausging, ihn zu suhen: Nahs au meinem Lager suhe ih ihn, den meine Seelelieb; ih suhe ihn und and ihn nih. Erheben mu ih mih und die Sad durhshwei-en; durh die Umgebung und ber die Plze will ih suhen, den meine Seele lieb (3, 1).Ers nahdem sie einige Mhsale durhgemah ha, sag sie, da sie ihn and.

    3 Wer demnah Go suhen will und zugleih sein Behagen und Wohlergehen wahren

    will, der suh ihn nahs und wird ihn deshalb nih nden. Doh wer ihn durh Erprobun-gen und tugendwerke suh, ern dem Lager seiner Gelse, der suh ihn am tage und wirdihn so nden. Denn was nahs verborgen bleib, wird am tage sihbar. Das bekunde derBruigam selber, im Buhe der Weishei: Srahlend is die Weishei und unverwelklih;leih sihbar is sie denen, die sie lieben, geunden wird sie von denen, die sie suhen. De-nen, die sie begehren, komm sie zuvor, um sih ihnen zuers zu weisen. Wer in der Frhe ihrengegenwah, ha keine Mhsal; au der Shwelle seines Hauses sizend, wird er sie nden(6,13). Nah diesen Woren mu die Seele aus dem Hause ihres Eigenwillens und aus demLager ihrer Selbssuh orgehen; dann wird sie drauen die glihe Weishei, den Goes-

    sohn nden. Deshalb sag die Seele hier: Den Liebsen zu erlangen,

    olg ich den Uern nach, den Bergeskmmen

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    4 Uner den Erhebungen der Berge sind die tugenden zu versehen: einmal, wegen ih-rer Erhabenhei; zum andern, wegen der Shwierigkei und Mhsal eines Ausiegs au ihreGipel. Mi ihrer Hile will sie das beshaulihe Leben durhhren. Uner den Niederungender Uer verseh sie die Demigungen, Kaseiungen und geislihen bungen. Mi ihnenwill sie das akive Leben durhhren, zusammen mi dem konemplaiven; denn das einewie das andere is vonnen, um Go mi Erolg zu suhen und die tugenden zu erwerben.

    Sie sag dami: au der Suhe nah meinem Gelieben will ih die erhabenen tugenden be-igen und mih in den niedrigen Abungen und bungen demigen. Dami sag sie: derWeg, Go zu suhen, is dieser: in Go das Gue wirken und in sih das Bse eren. Wiedas geshieh, sagen olgende Verse:

    mich lockt kein Bltenprangen.

    5 Go suhen, das verlang ein sarkes Herz, das enbl is und rei von allem Bsenund von allem Guen, das nih shlehhin Go is. So beon die Seele in diesem Vers und

    weierhin die Freihei und die Srke, die zu solhem Suhen gehren. Und sie sag hier, siewolle nih die Blumen am Saume ihres Weges pken; und sie verseh uner Blumen alledie Launen, Beriedigungen und Sinnenreuden, die sih ihr in diesem Leben darbieen kn-nen und die ihren Weg behindern wrden, wenn sie gepk und migenommen wrden.Drei solher Behinderungen sind zu nennen: zeilihe, sinnlihe und geisige. Die einen wiedie andern nehmen unser Herz ein und behindern die Enblhei des Geises, die r dengeraden Weg chrisi unerllih is - sie behindem, soern sie die Beahung esseln oderzum Besiz gemah werden. So sag die Seele, sie werde alle diese Dinge nih eshalen.Und dami mein sie: Ih werde mein Herz nih an die Reihmer und Ger der Wel

    hngen, ih werde die Gelse meines Fleishes nih beriedigen, noh werde ih den trs-ungen und Enzkungen meines Geises so wei nahgehen, da ih es versume, meinenGelieben durh die Berge der tugenden und Mhsale zu suhen. Dami handel sie nahdem Ra, den David den Pilgern au solhem Wege gib: Diviiae si afuan, nolie or op-ponere (Ps. 61, 11). Das besag: wenn sih euh bersrmender Reihum darbieen soll-e, dann hng nih euer Herz an ihn. Daruner verseh sie die Lus am Sinnenhaen wiean zeilihen Gern und geislihen trsungen. Denn nih nur die zeilihen Ger undSinnenreuden verlegen den Weg zu Go; auh die gesuhen und angeeigneen geislihen

    trsungen und Freuden behindern den Weg des Kreuzes, den des Bruigams chrisus. Werdemnah zum Ziele sreb, dar nih nah den Blumen abshweien. Darber hinaus muer Mu und Srke genug besizen, um zu versihern:

    kein Raubtier dar mich hemmen,

    kein Bollwerk, kein Gewaltiger dar mich dmmen

    6 In diesen Versen nenn die Seele ihre drei Feinde: Wel, Dmon und Sinnenleib, sie, dieeindlih den Weg ershweren. Als Raubier bezeihne sie die Wel, den Dmon als Gewali-

    gen und das umgrenzende Fleish als Bollwerk.

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    7 Die Seele vergleih die Wel mi Raubieren. Denn bei ihrem Aubruh zu Go er-shein ihr die Wel in ihrer Phanasie gleih wilden tieren, die sie blugierig bedrohen - unddas vor allem au drei Weisen. Als erse Bedrohung ershein ihr, da die Guns der Wel ihrehlen wird, da sie die Freunde, den Beiall, die Shzung und selbs den Besiz verlier. Alszweie, nih minder ungesme Bedrohung komm ihr die Berhung, wie sie es erragenknne, niemals mehr die Beriedigungen und Freuden der Wel zu genieen, immer ihre Ver-

    whnungen zu enbehren. Und die drie Bedrohung is sogar noh grer: sie knne verls-er werden, verlah und verspoe und mi Geringshzung behandel Bedrngnisse,die manhen Seelen so vor Augen sehen, da ihnen nih nur das Ausharren gegenbersolhen Raubieren, sondern selbs der erse Shri au diesem Wege beraus shwer wird.

    8 Jedoh einige Hohherzige werden von anderem Geier versr, ieer im Innern:durh geislihe Shwierigkeien, Versuhungen, Prungen und manherlei Mhsale; dennsie mssen durhlien werden, so wie Go sie denen shik, die er zu hoher Vollkommen-hei erheben will. Diese pr und luer er wie das Gold im Feuer. So bezeug David: Mulae

    ribulaiones jusorum (Ps. 33,20). Das hei: Viellig sind die Drangsale der Gerehen,doh aus allen wird sie der Herr bereien. Allein die leidenshalihe Seele, die den Geliebenhher shz als alles, sie verrau seiner Liebe und Guns; und unbedenklih sag sie: KeinRaubier dar mih hemmen.

    Kein Bollwerk, kein Gewaltiger dar mich dmmen

    9 Die Dmonen, den zweien Feind, nenn sie gewalig, weil sie ihr mi groer Kra denWeg versperren wollen; und auh deshalb, weil ihre Versuhungen und Rnke gewaliger,

    shwerer bezwingbar und shwieriger begreibar sind als die der Wel und des Sinnenleibes,und weil sie sih mi jenen beiden anderen Feinden, Wel und Fleish, versrken, um dieSeele sark zu bekriegen. Von ihnen als von Gewaligen sprih David: Fores quaesierunanimammeam (Ps. 53,5). Das hei: Die Gewaligen raheen nah meiner Seele. Nihanders sag der Prophe Hiob: Keine Mah au der Erde is vergleihbar der Mah des D-mons, der so beshaen is, da er niemanden rhe (Hiob, 12, 24). Dami sag er: keinemenshlihe Mah kann sih mi der seinen messen; und darum kann ihn nur die gliheMah bezwingen und nur das glihe Lih seine Lisen oenbaren. Darum bedar die See-

    le, die seine Kra bezwingen soll, des Gebees; und sie bedar der Abung, um seinen trugauzudeken. Darum gib Paulus den Glubigen olgenden Ra: Induie vos armauram Dei,u possiis sare adversus insidias diaboli, quoniam non es nobis olluaio adversus ar-nem e sanguinem (Ephes. 6, 11-12). Das hei: Leg die Waenrsung Goes an, damiihr der Arglis des Feindes widersehen knn; denn dieser Kamp is ein anderer als jenergegen Fleish und Blu... Uner dem Blu is die Wel zu versehen und uner den WaenGoes das Gebe und chrisi Kreuz, Ursprung der Demu und Abung, die wir orderen.

    10 Auh sag die Seele, sie wrde die Bollwerke, die Grenzbeesigungen durhbrehen.

    Uner ihnen sind, wie gesag wurde, die Widersnde zu versehen, mi denen sih die Naurdes Fleishes gegen den Geis empr. Es is, wie Paulus sag: caro enimonupisi adver-sum spirium (Gal. 5,17). Das hei: Das Fleish begehr au wider den Geis, und gleiheinem Bollwerk widerseh es dem Weg des Geises. Um dieses Bollwerk zu durhbrehen,

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    mu die Seele die Shwierigkeien zersren und alle sinnlihen Gelse und narlihenNeigungen mi der enshlossenen Kra des Geises niederweren. Denn solange diese inder Seele verharren, wird der Geis derar von ihnen unerjoh, da er nih zu wahremLeben und geislihem Enzken vordringen kann. Paulus verdeulih das so: Si spiriuaa arnis moriaveriis, viveis (Rom. 8, 13). Das hei: Wenn ihr durh den Geis dieNeigungen und triebe des Fleishes abe, werde ihr leben. Demnah mu die Seele au

    der Suhe nah ihrem Gelieben derar vorgehen: mi solher Beharrlihkei und taperkei,da sie sih nih nah den Blumen bk, mi Furhlosigkei gegenber den reienden tie-ren, mi Srke, um die Gewaligen und die Bollwerke zu berwinden, mi enshlossenemVordringen ber Bergeshhen und lngs Uerniederungen.

    VIERtE StROPHE

    FRAGE AN DIE GEScHPFE:

    O Dickichte und Wlder,

    gepanzt von des Geliebten Hand ins Leben -

    O rischentsprote Felder

    voll seltener Kelche Beben,

    shet ihr ihn - o sagt ! - durch euch entschweben ?

    Erklrung

    1 Die Seele ha dargean, wie sie sih r diesen Weg vorbereien mu, um nih mehrzu Wonnen und Lsen abzuirren, wie sark sie sein mu, um die Versuhungen und Shwie-rigkeien zu bezwingen; darin beseh die Anwendung des Selbserkennens, als Vorbungr die Erkennnis Goes, Jez, in dieser Kanzone, beginn sie hinzuwandern, durh die Be-rahung und Kennnis der Geshpe, zur Erkennnis ihres Gelieben, der jene shu. Denn

    nah der bung der Selbserkennnis rder die Berahung der Geshpe an erser Selleau diesem geislihen Wege die Goerkennnis, da sih an ihnen seine unermelihe Er-habenhei daru. So sag auh der Aposel: Invisibiliaenim ipsiusareauramundi, per eaquae aa sun, inellea onspiiunur (Rom. 1, 20). Das is, als sage die Seele: Goesunsihbare Wesenhei wird durh das sihbare oder unsihbare Geshaene erkennbar.So sprih die Seele in dieser Kanzone mi den Geshpen und berag sie nah ihrem Ge-lieben. Diese an Die Geshpe gerihee Frage is - wie Augusinus sag - die Berahungihres Shpers in ihnen. Es uma diese Kanzone die Berahung der Elemene und desanderen niedrigeren Ershaenen und die Berahung der Himmel wie der Geshpe und

    Krper, die Go in ihnen shu, und auh die Berahung der himmlishen Geiser. So sagsie:

    O Dickichte und Wlder

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    2 Sie bezeihne die Elemene, Erde, Wasser, Lu und Feuer, als Wlder, da sie gleihlieblihen Wldern dih mi Geshpen bevlker sind; und diese Geshpe nenn sie hierDikih, weil sie in groer Zahl und Mannigaligkei die Elemene erllen: au der Erdeunzhlige Aren von Lebewesen und Panzen, im Meer unzhlige, mannigalige Fishe undin der Lu die vershiedensen Vgel; und das Elemen des Feuers ha an allem eil, belebendund erhalend. Und so is jede Ar von Lebewesen in sein Elemen eingesenk, dor geboren

    und sih vermehrend, wie in der Geborgenhei eines Waldes. Nih anders ha es Go bei ih-rer Ershaung angeordne, der Erde das Hervorbringen von Panzen und tieren gebieend,dem Meer das tragen der Fishe, und den Vgeln die Lu als Auenhal zuweisend (Gen. 1).Und da es der Seele bewu is, da er so beahl, und es so geshah, sag sie im olgendenVers :

    gepanzt von des Geliebten Hand ins Leben

    3 Diese Wore sind in der Erwgung gesprohen, da nur die Hand des glihen Ge-

    lieben so berreihes und Groes ershaen und mehren konne. Mi berlegung sag siedes Gelieben Hand; denn wenn Go auh Vieles durh remde Hnde, durh die der Engelund der Menshen wirk - dieses Ershaen wirke und wirk er ausshlielih mi eigenerHand. Und so erreg die Seele in sih eine sarke Liebe zu dem glihen Gelieben, wenn siedas Hervorgehen der Geshpe aus seiner eigenen Hand berahe. Und sie hr or:

    o rischentsprote Felder

    4 Dies is die Berahung des Himmels ; sie vergleih ihn mi rishensproen Fel-

    dern, weil die in ihm geshaenen Dinge unverwelklih sprossen, ohne mi der Zei zu verge-hen und zu verwelken. Und wie an rishen Gewhsen erquiken sih an ihnen die Gereh-en. Auh uma diese Berahung die shnen Serne und Planeen des Himmels.

    5 Auh die Kirhe bezeihne die himmlishen Dinge als rishe Sprossen, wenn sie inihren Gebeen r die Seelen der versorbenen Glubigen sag : consiu vos Dominus in-er amaena virenia. Das besag: Go verseze euh in das lieblihe Geld. Auh sag sie,diese rishensproen Felder seien

    voll seltener Kelche Beben

    6 Uner diesen Blenkelhen verseh sie die Engel, die jene Se vershnen, gleiheinem anmuigen, eingelegen Email au einem Ge von edelsem Gold.

    sahet ihr ihn - o sagt! - durch euch entschweben ?

    7 Diese Frage is die zuvor erwhne Berahung; und sie will sagen: Sag, welhe Voll-

    kommenheien er in euh ershaen ha.

  • 8/9/2019 Johannes Vom Kreuz - Lied Der Liebe

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    FNFtE StROPHE

    ANtWORt DER GEScHPFE

    Gaben au Gaben spendend,

    durchstreite er im Fluge diese Haine;und sich ihnen wendend

    mit seiner Augen Scheine,

    barg er sie ganz in Schnheit, in die seine.

    Erklrung

    1 In dieser Kanzone anworen die Geshpe au die Frage der Seele; und diese Anworis - wie auh Augusinus an Derr genannen Selle sag - das Zeugnis, das sie mi ihremSein r die unermelihe Erhabenhei Goes ablegen. Danah is der wesenlihe Gehaldieser Kanzone, da Go alle Dinge mhelos und im Augenblik shu und da er in diesemErshaenen eine Spur seines Wesens zurklie, nih nur dadurh, da er ihnen das Seinaus dem Nihs verlieh; denn darber hinaus begabe er sie mi unzhligen Vorzgen undKren, er vershne sie durh eine bewundernswere Ordnung, durh eine unzersrbarewehselseiige Abhngigkei, und das alles kra seiner Weishei, kra des Wores, seines

    eingeborenen Sohnes. Demnah sag sie:

    Gaben au Gaben spendend

    2 Dies Ausspenden von Gaben au Gaben gil den tausenden von Geshpen, wobeidie Zahl ausend ihre Menge bezeihnen soll. Diese Gunserweise sind eben die Geshpe,die er mi soviel Vollkommenheien beshenke. Und whrend er sie durh die ganze Welaussreue,

    durchstreite er im Fluge diese Haine

    3 Die Haine durhsreien, hei hier, die Elemene ershaen; er durhsreie sie, diehier als Haine bezeihne werden, uner dem Aussreuen von ausend Gaben. Er shmkesie mi all den vollkommenen Geshpen; und darber hinaus beshenke er auh diese miausend Gaben, mi denen sie zur Erzeugung und Erhalung all dieser Aren beiragen kn-nen. Und sie sage, da er sie durhsreie, weil die Geshpe wie eine Fuspur Goes sind,darin sih seine Gre und Mah, seine Weishei und andere glihe Vermgen abzeih-

    nen. Ferner sag sie, da dies Durhsreien im Fluge geshah; denn die Geshpe sind Go-es geringere Werke, die er wie im Vorbergehen shu. Die erhabeneren hingegen, in denener sih deuliher oenbare und bei denen er lnger verweile, waren die Menshwerdungdes Wores, all jene Myserien des hrislihen Glaubens, neben denen alle anderen wie im

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    Fluge gewirk ershienen.

    Und sich ihnen wendendmit seiner Augen Scheine,

    barg er sie ganz in Schnheit, in die seine

    4 Nah den Woren des Aposels Paulus is der Sohn Goes Abglanz von dessen Herr-lihkei und seines Wesens Abbild (Hebr. 1, 3). Allein mi diesem Abbild, mi den Augen seinesSohnes sah Go au alle Dinge; dami verlieh er ihnen ihr narlihes Sein und vollendee siemi vielen narlihen Gaben und Kren, wie es aus den Woren der Genesis hervorgeh:Go sah an alles, was er geshaen hae, und es war sehr gu(Gen. 1,31). Es war alles sehrgu, weil es kra seines Sohnes, dem Wore geshaen war. Und er verlieh ihnen mi sei-nem Blik nih nur das narlihe Sein und narlihe Gaben, sondern er hlle sie auh inShnhei, kra seines Abglanzes, seines Sohnes, er gewhre ihnen die Shnhei des ber-narlihen Seins. Das geshah, als der Sohn Mensh wurde und als*Mensh zur Shnhei

    Goes erhoben wurde und in der Folge alle Geshpe in ihm; hae er sih doh als Menshmi ihrer aller Naur vereinig. Deshalb sage der Goessohn selber: Si ego exalaus a er-rauero, omnia raham ad me ipsum (Joh. 12, 32). Das besag: Wenn ih ber die Erde er-hh worden bin, will ih alles an mih ziehen. Mi der erhhenden Menshwerdung seinesSohnes und mi dem beseligenden Glnze seiner leiblihen Auersehung ha der Vaer dieGeshpe nih nur zum teil vershn; er ha sie gnzlih, so knnen wir sagen, in Shn-hei und Wrde eingehll.

    Vermerk zur olgenden Srophe

    1 Allein noh mehr: beim Ausgehen vom Sinn und vom Gehl solher Konemplaion er-gib es sih, da die Seele in ihrer lebendigen Berahung und Erkennnis der Geshpe inihnen eine berlle gogeshenker Gaben, Kre, eine solhe Shnhei aus Goes Handgewahr wird: sie alle sheinen ihr in eine narlihe, saunenswere Shnhei und Lebens-kra eingehll, Shnhei, herabgeleie von jener unendlihen bernarlihen Shnheides glihen Abglanzes, von ihm, dessen Blik die Wel und alle Himmel mi Shnhei undJubel erll. Nih anders erll er - nah Davids Wor - jedes Lebewesen mi Segnungen,

    nur mi dem Auun seiner Hand. So wird die Seele von Liebe verwunde, weil sie in den Ge-shpen die Spur des Gelieben, eine Spur seiner Shnhei wahrgenommen ha; so begehrsie ungesm, jene unsihbare Shnhei zu sehen, den Ursprung dieser sihbaren Shn-hei. Und sie sag die Wore der nhsen Kanzone:

  • 8/9/2019 Johannes Vom Kreuz - Lied Der Liebe

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    SEcHStE StROPHE

    BRAUt:

    Ach! Wer kann je mich heilen!Ganz gib dich hin mit ernstlichem Vollenden!

    La ab, mir nur ZuweilenBotschaten zuzusenden:

    Was ich erlechze, knnen sie nicht spenden.

    Erklrung

    2 Da die Seele von den Geshpen Zeihen ihres Gelieben empng, Spuren seiner er-habenen Shnhei, seiger sih ihre Liebe und dami der Shmerz ber sein Fernbleiben.Denn je mehr die Seele Go erkenn, umso mehr whs ihr qualvolles Verlangen, ihn zu

    sehen. Und da sie einsieh, da nihs ihr Hinsiehen heilen kann, es sei denn die Gegen-war und der Anblik des Gelieben, so bie sie ihn hier um das Einzige, wovon sie Heilungerho: um seine Hingabe, um den Besiz seiner Gegenwar. So sag sie, oran mge er sienih mehr mi irgend welhen Anzeihen und Mieilungen hinhalen und nih mi Spurenseiner Erhabenhei; denn diese mehren eher ihr leidenshalihes Verlangen, als da siedies ihr Begehren sillen. Ihr Wille is mi nihs Geringerem zu beriedigen als mi seinerGegenwar, seinem Anblik. Und so mge es ihm geallen, sih ihr wirklih hinzugeben, inganz vollkommener Liebe. Deshalb sag sie:

    Ach! Wer kann je mich heilen!

    3 Dami will sie ausdrken: Uner allen Lsen der Wel, allen Beriedigungen der Sinneund sanen Freuden des Geises, siherlih, uner all dem is nihs, was mih heilen, nihs,was mih beriedigen knne. Und da es so is:

    Ganz gib dich hin mit ernstlichem Vollenden!

    4 Jede Seele, die wahrha lieb, kann sih nih eher zuriedengeben, als bis sie Gowahrha besiz. Denn wir sagen es shon: alle anderen Dinge, wei enern davon, ihr Ver-langen zu sillen, lassen sie nur heiger danah shmahen und drsen, ihn zu sehen, wieer is. Jede Einsih, die sie vom Gelieben empng, eine solhe der Erkennnis kra oderrdes Gehls oder irgend eine andere Mieilung, sie ragen der Seele gleih Boen Zeihenseines wahren Wesens zu und mahen das Verlangen nur waher und gewaliger, so wie Bro-samen es bei groem Hunger un. Und da die Seele nih mi so Wenigem gerise werdenwill, sag sie: Ganz gib dih hin mi ernslihem Vollenden!

    5 Denn alles, was sih von Go in diesem Leben erkennen l, mag es noh so viel sein,es is kein eigenlihes Erkennen, sondern eine teilerkennnis, aus groer Ferne. Ihn wesen-lih erkennen, hei ihn in Wahrhei erkennen. Um solhes bie die Seele, unberiedig vonall diesen anderen Mieilungen. Und so sag sie unverweil:

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    La ab, mir nur zuweilenBotschaten senden

    6 Als ob sie sage: Wolle nih, da ih weierhin dih so beshrnk erkenne, durhdiese Boen, die mir Zeihen und Empndungen von dir bringen, Zeihen, wei enern

    von dem, was meine Seele von dir begehr. Du wei wohl, mein Bruigam, da Boen dem,der nah der Gegenwar lehz, den Shmerz vermehren: sie erneuern die Wunde mi ihrerBosha, und zum andern ersheinen sie nur Verzgerer deines Kommens. Von jez anwolle mir nih mehr diese dir ernen Zeihen shiken. Zwar konne ih mih bislang miihnen abnden, da ih dih noh nih ieer erkanne und liebe; doh jez wurde meineLiebe zu gro, um sih mi diesen Zusiherungen zu begngen. So gib dih mi ernslihemVollenden. In noh deuliheren Woren: Dieses, mein Herr und Bruigam, was du meinerSeele nur in teilen von dir gewhrs, gib es mir ganz. Und dieses, was du mir immer nur wiedurh einen trspal zeiges, zeig es mir endlih unverkrz. Und das, was du mir immer

    nur durh Vermiler anzeigs, wie zum Spo, zeig es mir endlih im Erns und eile dihdurh dih selber mi. Wohl shein es miuner bei deinen Heimsuhungen, als wolles dumih mi deinem Besiz beseligen; doh wenn meine Seele sih vergewisser, dann ndesie nihs von dir, weil du dih ihr enziehs - und das hei, nur zum Spoe geben. Gib dihdenn ernslih hin, gib dih ganz in meine ganze Seele, dami ih dih ganz umangen kann,mi meiner ganzen Seele, und wolle mir nih lngerMiler senden:

    Was ich erlechze, knnen sie nicht spenden

    7 Ih liebe dih, den Unbeshrnken, so sag sie dami, und jene knnen mir nihs vondeiner Ganzhei aussagen; denn nihs im Himmel und au der Erde vermag der Seele dasWahrnehmen von dir zu geben, wonah sie verlang; und darum kann nihs mir spenden,was ih erlehze. Sa dieser Boen sei du selber Boe und Bosha.

    SIEBtE StROPHE

    Und alle, die dein achten,sie knden mir von deiner Gnade Bchen

    und mehren nur mein Schmachten.

    Es lt mich niederbrechen

    Unsgliches, wovon sie stammelnd sprechen.

    Erklrung

  • 8/9/2019 Johannes Vom Kreuz - Lied Der Liebe

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    1 In der vorhergehenden Kanzone hae sih die Seele verwunde von Liebe zu ihremBruigam gezeig, verwunde durh die Zeihen, die ihr die unvernnigen Geshpe ver-mielen. Und in dieser Kanzone verdeulih sie, wie andere hhere Zeihen des Geliebensie liebeskrank mahen, Zeiehen, die ihr von edleren, von vernunbegaben Geshpen ver-miel werden, von Engeln und von Menshen. Und nih nur das, sie is dem Liebesode

    nahe uner dem Eindruk einer saunensweren Grenzenlosigkei, den ihr jene Geshpevermieln. Es sind Enhllungen ohne Ende, die sie hier als Unsglihes bezeihne, weildas, was sie vor Liebe hinserben l, nih ausgesag werden kann.

    2 Bei solhem Zusand gib es drei Weisen, um des Gelieben willen zu leiden, enspre-hend den drei Weisen von Erkennnissen, die von ihm gewonnen werden knnen. Die erseWeise hei Verlezung, da sie oberhliher is und shneller vorbergeh; ensamm siedoh den Boshaen der niedrigen Goesgeshpe. Und von dieser Verlezung, die hierauh shon als Krankhei bezeihne wird, sprih die Brau im Hohenlied: Adjuro vos, -

    liae Jerusalem, si inveneriis dileum meum u nunieis ei quia amore langueo (5,8). Dashei: Ih beshwre euh, ther von Jerusalem, wenn ihr meinen Gelieben nde, dannsag ihm, ih sei krank vor Liebe. Als ther von Jerusalem sind hier die Geshpe zu ver-sehen.

    3 Die zweie Weise der Liebespein is die Wunde, die in der Seele ieer hae, als dieVerlezung; sie verbleib lnger, gleihsam eine Verlezung, die zur Wunde geworden is, soda die Seele sih wirklih von Liebe verwunde hl. Und von solher Wunde wird die Seeleversehr, wenn sie die Werke der Menshwerdung Goes und die Geheimnisse des Glaubens

    berahe. Diese Werke Goes, die mehr Liebe in sih beshlieen als das Ershaen derKreauren, bewirken in der Seele auh grere Liebe. So is denn diese zweie Weise bereiswie eine dauernde Wunde, wenn die erse wie eine Verlezung is. Von solher Wunde sagder Bruigam im Hohenliede zu der Seele: Du verwundees mir das Herz, meine Shweser,du verwundees mir das Herz mi dem einen deiner Augen und mi einem Haar an deinemHalse (4, 9). Das Auge is hier zu deuen als Glaube an die Menshwerdung des Bruigams,und das Haar als Liebe zu solher Menshwerdung.

    4 Die drie Weise des Leidens durh Liebe is wie ein Serben; vergleihbar is sie ei-ner shwrenden Wunde, von der die Seele ganz durheber wird. Sie leb hinserbend, bisLiebe sie e und ihr das Leben der Liebe shenk, sie in Liebe verwandelnd. Und solhesHinserben an Liebe wird in der Seele veranla durh eine Berhrung, ein ieses Inne-werden der Gohei, durh das Unsglihe, von dem sie nah den Woren der Kanzone- nur sammelnd sprehen. Solhe Berhrung is keine besndige, keine huge, da sihsons die Seele vom Krper loslsen wrde; vielmehr geh sie shnell vorber. Und so bleibdie Seele in diesem Hinserben aus Liebe. Und da solhes Hinserben aus Liebe ihr ohneEnde shein, sirb sie um so qualvoller hin. Dies is die ungeduldige Liebe; ihrer wird in der

    Genesis gedah; dor hei es, Rahels Verlangen nah Kindern war so gro, da sie ihremGaen Jakob sage: Da mihi liberos, alioquin moriar (30, 1). Das hei: Gib mir Shne,sons mu ih serben! Und der Prophe Hiob sage: Quis mihi de, u qui oepi, ipse meonera? (6,9). Wer gewhr es mir, da er, der mein Leben anangen lie, es beende?

  • 8/9/2019 Johannes Vom Kreuz - Lied Der Liebe

    31/14331

    5 Diese beiden Weisen der Liebespein, die Wunde und das Hinserben, werden nah dieserKanzone von den vernunbegaben Geshpen veranla. Verwunde wird sie durh denBerih von den ausend Gnaden des Gelieben, von seinen Myserien und Rashlssen, dieder Glaube lehr. Hinserben l sie nah ihren Woren das, wovon jene sammelnd spre-hen, das Erhlen und Erahren der Gohei, die sih der Seele miuner endek, wennsie Zeugnisse ber Go vernimm. So sag sie:

    Und alle, die dein achten

    6 Uner denen, die dein ahen, verseh die Seele hier die vernunbegaben Geshp-e, Engel und Menshen. Sie allein halen sih rei und empnglih r Go, wie es das la-einishe Wor vaan bezeihne. Dami sprih sie von allen, die sih r Go reihalen.Das un die Einen, wenn sie ihn gleih den Engeln im Himmel berahen und genieen. DieAnderen un es, wenn sie ihn au Erden lieben und begehren, gleih den Menshen. Dankdieser vernunbegaben Geshpe erkenn die Seele Go mehr seinem Wesen nah, bald

    durh die Berahung seiner alles berseigenden Herrlihkei, bald durh das, was sie berGo lehren, und zwar au innerlihe Weise, durh geheime Eingebungen der Engel oder vonauen durh die Wahrheien der Shri. Darum sag sie:

    sie knden mir von deiner Gnade Bchen

    7 Was sie knden und klren, sind die Wunder deiner Gnade und Barmherzigkei in denWerken deiner Menshwerdung und in den Wahrheien des Glaubens. Und sie berihen mirmehr und mehr, in dem Verlangen, mehr deiner Gnaden auzudeken.

    und mehren nur mein Schmachten

    8 Was die Engel mir eingeben, und was mih die Menshen von dir lehren, all das erhhmeine Liebe; und so verieen sie mir die Liebeswunde.

    Es lt mich niederbrechenUnsgliches, wovon sie stammelnd sprechen

    9 Jenseis von dem, womi mih diese Geshpe verwunden, jenseis von dem, was siemih von deinen ausend Gnaden begreien lassen, is ein Unsglihes, ewas, das dem Ge-hl nah noh zu sagen bleib, ewas, das als unausgesag erkann wird. Da is eine erha-bene Spur Goes, die sih der Seele endek und die gleihwohl noh auzuspren bleib,und ein beraus hohes Begreien Goes, das sih nih aussagen l, eben jenes Unsglihe.Und wenn das, was ih begreie, mih mi Liebe durhbohr, dann e mih das, was ihniemals ergrnden, was ih mi Ehrurh nur erhlen kann. Solhes erahren miuner dieSeelen, die bereis Go nher sind: ihnen verleih Goes Gnade ein durhdringendes Inne-

    werden, bei dem was sie hren oder sehen oder erassen, und miuner auh ohne jede Wahr-nehmung oder Vorsellung - ein Innewerden, worin begrien oder erhl wird Gre Goes,Hhe Goes. Und in solhem Erahnen hl sie so Hohes von Go, da sie klar erkenn, ihrbleibe noh alles zu erkennen. Dieses Begreien und Fhlen einer bergewaligen Gohei

  • 8/9/2019 Johannes Vom Kreuz - Lied Der Liebe

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    jenseis eines hinreihenden Erkennens, es is ein beraus eindringendes Versndnis. So ises eine der groen Gnaden, die Go einer Seele in diesem Leben vorbergehend erweis, sieseine Erhabenhei so deulih einsehen und hlen zu lassen, da sie klar begrei, da wederBegrie noh Gehle ihn ergrnden knnen. Dies is in ewa vergleihbar dem ErshauenGoes im Himmel, wo jene, die ihn am besen erkennen, am deulihsen das Unendlihebegreien, das ihnen zu begreien bleib. Hingegen sehen die, die ihn am wenigsen ershau-

    en, nih mi solher Deulihkei wie jene all das, was ihnen einzusehen bleib.

    10 Solhes, glaube ih, wird der nih hinlnglih begreien, der es nih selber erahrenha. Allein die Seele, der es Erahrung geworden is und die demnah sieh, wie ern sie da-von is, das zu begreien, was sie so innig hl, sie nenn es ein Unsglihes; denn so wenigsie es begrei, so wenig vermag sie es zu sagen, wenngleih sie es empnden kann.Darumerklr sie, die Geshpe kmen nih ber ein Sammeln hinaus, da sie es niemals auszusa-gen vermhen. Das Sammeln, diese Sprehweise von Kindern, besag, das Gemeine nihreend begreiih mahen.

    Erklrung zur olgenden Srophe

    1 Auh hinsihlih der Geshpe kann die Seele hnlihe Erleuhungen, wenn auh nihimmer so erhabene, empangen, alls Goes Gnade ihr die Kennnis und den Sinn des ih-nen innewohnenden Geises oenbar: diese mhen die Gre Goes in ihrer Vielal zumAusdruk bringen und kommen dami zu keinem Ende; es is, als wollen sie ewas zu ver-

    sehen geben, dessen Versndnis ihnen selber engleie. Und so sammeln sie ber ein Un-sglihes. Und so sez die Seele ihre Klage or und sprih zu ihrem eigenen Leben in derolgenden Kanzone:

    AcHtE StROPHE

    Wie magst du, Leben, weilen,dem Leben ern - wie magst du nicht erkalten,

    wo doch zu Todespeilen

    die Gaben sich gestalten,

    die Er dir lie, die sich in dir entalten!

    Erklrung

    2 Da die Seele sih hinserben sieh, wie sie es eben beklage, und sie dennoh nihden tod und dami den reien Genu der Liebe nde, hr sie Beshwerde ber das For-

  • 8/9/2019 Johannes Vom Kreuz - Lied Der Liebe

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    dauern des leiblihen Lebens, das ihr den Gewinn des geislihen Lebens in die Ferne rk.So beeuer sie hier ihrem eigenen Leben, welhen Shmerz es ihr verursah. Der Sinn derKanzone is olgender: Leben meiner Seele, wie kanns du in diesem Leben des Fleishesausharren, da es r dih tod is, und da es dih deines wahren geisigen Lebens beraub, desLebens in Go, in dem du nah deinem Wesen, nah deinem Lieben und Begehren wahrerlebs als im Leibe? Und wenn das dih nih dazu beweg, dih von diesem todesleib zu be-

    reien und selig das Leben deines Goes mizuleben, wie kanns du es immer noh in einemso gebrehlihen Leibe aushalen ? Allein shon die Wunden, die dir die Liebe shlg, gen-gen, um dir das Leben zu enden - die Liebe, angeah von der Herrlihkei des Gelieben, dieer dir zu versehen gib, von seinen Aussrahlungen, die dih mi bergewal verwunden. So-viel du von ihm hls und einsiehs, soviel Shlge und Wunden dliher Liebe empngsdu. Es olg der Vers:

    Wie magst du, Leben, weilen,dem Leben ern, wie magst du nicht erkalten

    3 Um diese Wore zu versehen, mu man wissen: die Seele leb mehr dor, wo sie lieb,als in dem Krper, den sie beseel. Denn in dem Krper ha sie selber nih ihr Leben, viel-mehr gib sie es dem Leib und leb kra Liebe in dem, was sie lieb. Doh ber dieses Lebender Liebe hinaus, das die Liebende in Go leb, ha sie auh, gleih allem Geshaenen, einursprnglihes und narlihes Leben in Go wie es auh Paulus sags:In ihm leben, we-ben und sind wir. In Go haben wir danah unser Leben, unsere Bewegung, unser Sein. UndJohannes sag, da alles Geshaene Leben in Go war (1,4). Und da die Seele sieh, da sieihr narlihes Leben in Go ha, dank des Seins, das sie in ihm besiz, und nih anders ihr

    geisiges Leben, dank der Liebe zu ihm, beklag sie sih, da ein so hinlliges Leben in serb-lihem Leibe es vermag, ihr die Wonnen eines so sarken, wahren und kslihen Lebensvorzuenhalen, wie sie es kra der Naur und der Liebe in Go leb. Leidenshalih is dasDrngen der Seele ; leide sie doh an den Gegenszen zwishen ihrem narlihen Lebenim Leibe und ihrem geisigen Leben in Go. Eines widersreie dem anderen; und da siein beidem leb, is ihre Qual nowenig gro. Das narlihe Leben, das ihr den Weg zu demseligen versperr, is ihr deshalb wie tod. Durh dieses enbehr sie das geisige Leben, darinsie narliherweise Sein und Leben ha, und dem kra Liebe all ihre Werke und Neigungen

    angehren. Und sie kennzeihne die Hre dieses gebrehlihen Lebens:

    wo doch zu Todespeilen

    die Gaben sich gestalten

    4 Dami will sie sagen: Und zu allem: wie kanns du in dem Leibe verharren, wo dohallein shon die Berhrungen der Liebe, mi denen der Geliebe dein Herz wie mi Peilenri, dir das Leben enziehen knnen? Diese Berhrungen beruhen die Seele und dasHerz so sehr mi Goeserkennnis und Goesliebe, da wohl gesag werden kann: sie emp-

    ng von Go. Dem ensprih der olgende Vers:

    die er dir lie, die sich in dir entalten !

  • 8/9/2019 Johannes Vom Kreuz - Lied Der Liebe

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    5 Was die Seele von dem Gelieben empng, sind die Gre, Shnhei, Huld und All-mah, deren sie inne wird.

    Anmerkung zur olgenden Strophe

    1 Die Seele, die von dem Dorn der Liebe verlez is, gleih einem Hirsh, der von einemgiigen Gewhs verlez wurde: er nde nih Ruhe noh Ras; berall suh er Heilmiel,bald auh er sih in dieses, bald in jenes Gewsser, doh roz aller Versuhe und Hilsmieldring das Gi ieer ein, bis es sih des Herzens bemhig und der Verleze sirb. So suhdie Seele, die von dem Gewhs der Liebe gesohen wurde, Heilmiel gegen den Shmerz;und sie nde keines, vielmehr wird alles, was sie denk, sag und u, zu einer Quelle neuenShmerzes. Und sie nde als einzigen Ausweg, sih in die Hnde dessen zu geben, der sieverleze, dami er sie niederwere und mi der Gewal der Liebe vollends e. So wende siesih wieder an ihren Bruigam, den Urheber ihrer Pein, und sag ihm in olgender Kanzo-

    ne:

    NEUNtE StROPHE

    Wenn du dies Herz verletztest,warum lt du es ungeheilt verschmachten ?

    Da du es raubtest, schtztest,

    wie lieest du solch Trachten

    und willst, was du erst raubtest, nun miachten?

    Erklrung

    2 So wende sie sih wiederum an den Gelieben mi der gleihen leidvollen Klage. Denndie ungeduldige Liebe, wie diese Seele sie heg, sie dulde keine Enspannung, kein Ausse-zen der Pein; au alle Weisen besrm sie, bis sie das Heilmiel nde. Und da sie sih miihrer Verwundung alleinsieh und keinen Heler, kein Hilsmiel ha als den Gelieben, ebenden, der sie verwundee, hl sie ihm vor: wenn er ihr Herz mi seinen liebe wekenden Mi-eilungen verwunde habe, warum unerlie er es, sie mi seiner sihbaren Gegenwar zuheilen? Und wenn er ihr Herz berdies geraub habe, durh die Liebe, die es ihrer eigenenMah enzog, warum habe er dann ihr Herz in solhem Zusand verlassen, so ihrer Mah

    enrissen denn wer lieb, besiz sein Herz nih mehr, da er es dem Gelieben gegebenha. Warum habe er dies Herz nih in das seine augenommen und es sih angeeigne, ineiner vollkommenen und endgligen Umwandlung durh Liebe, in der ewigen Seligkei? Siesag:

  • 8/9/2019 Johannes Vom Kreuz - Lied Der Liebe

    35/14335

    Wenn du dies Herz verletztest,warum lt du es ungeheilt verschmachten ?

    3 Nih beklag sie sih, da er sie verwunde habe; is doh der Liebende um so mehrzuriedengesell, je mehr er verwunde wurde. Sie klag darber, da er nah solher Ver-

    wundung sie nih durh den vollendeen tod heile. So sag sie: Wenn du dies Herz verlez-es, warum l du es ungeheil vershmahen? Da du es verlez und ie verwunde has,warum heils du es nih endlih, durh den Liebesod? Wie du Urheber ihres Siehums w-res, sei nun Urheber ihrer Heilung im Liebesod. Das Herz, das von dem Shmerz ber deinFernsein durhbohr is, wird von der Beseligung ber deine huldreihe Gegenwar geheilwerden. Noh g sie hinzu:

    Da du es raubtest, schtztest,wie lieest du solch Trachten

    4 Rauben hei nihs anderes, als ewas seinem Eigenmer enwenden, um es sih sel-ber anzueignen. Dessen bezihig die Seele hier den Gelieben: das Herz ha er ihr mi derGewal der Liebe geraub und es ihrer Gewal, ihrem Besiz enzogen. Warum ha er sie soberaub gelassen, ohne sih den Raub in Wahrhei anzueignen, wenn doh ein Ruber seineBeue davonrg?

    5 Man sag von dem Liebenden, sein Herz sei von dem Gelieben geraub, weil es auer ihmis und dem, was er lieb, anhng, so da er kein Herz r sih ha, sondern nur r den Ge-

    lieben. Hieran kann die Seele klar erkennen, ob sie Go in reiner Liebe anhng oder nih.Denn wenn sie ihn lieb, ha sie kein Herz r sih selber, keinen Hang nah ihrer Lus, ihremVoreil, kein Sreben, als Go zu ehren und zu rhmen und ihm zu geallen. Je mehr ihr Herzihr selber gehr, um so weniger gehr es Go.

    6 An einem l sih sehen, ob das Herz wirklih von Go geraub worden is: daran,da es leidenshalih nah Go verlang und an nihs als an ihm sih erreu, wie es sihhier bei der Seele zeig. Und das aus dem Grunde, weil das Herz nih ohne irgendeinen

    Besiz in Frieden und in Enlasung bleiben kann; und wenn die Seele von sarker Neigungergrien wurde, dann ha sie nih mehr sih selber noh sons ewas zueigen, wie dargelegwurde. Und wenn sie das, was sie lieb, nih vollsndig besiz, dann is ihre Mhsal so growie ihr Mangel. Solange bis sie das Geliebe besiz und sih Genge u, solange gleih sieeinem leeren Ge, das au seine Aullung ware, und einem Hungrigen, der nah Speiselehz, und einem Kranken, der nah Genesung shn, und einem in der Lu Hngenden,der nirgendwo uen kann. Diese Lage des von Liebe Ergrienen empnde hier die Seeleaus Erahrung; und sie sag: Wie liees du solh trahen ? Sie mein dami: Warum lie-es du sie leer, hungrig, einsam, liebeskrank, ohne Hal in der Shwebe ?

    und willst, was du erst raubtest, nun miachten ?

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    7 Sie mein: Das Herz, das du kra Liebe raubes, warum nimms du es nih, um es an-zullen, und zu sigen und zu geleien und zu heilen, durh volle Geborgenhei und Ruhein dir? So sehr die liebende Seele sih dem Gelieben angleih, sie kann es nih lassen, Soldund Lohn r ihre Liebe zu begehren, den Lohn, um den sie dem Gelieben dien. Anderswre es keine wahre Liebe. Doh Sold und Lohn der Liebe is nihs anderes - und nihs an-deres kann die Seele begehren als mehr Liebe, bis zur Vervollkommnung der Liebe. Denn

    Liebe wird nur mi sih selber bezahl. So gab es auh der Prophe Hiob zu versehen, als eraus gleiher Be- Bedrngnis wie hier die Seele, aus gleihem Verlangen sage: " So wie derKneh sih nah dem Shaen sehn, und wie der tagelhner das Ende seines Werkes er-ho, so war ih in unerllen Monaen, und ih zhle die mir so mhseligen Nhe. Wennih mih bee, mu ih sagen: wann komm der tag, da ih wieder ausehen kann? Undalsbald beginne ih wieder, den Abend zu erwaren; und bis zum Dunkel der Nah werde ihvoller Shmerzen sein. So wnsh die Seele, die in Goesliebe enbranne, die Erllungund Vollendung ihrer Liebe, um darin volle Errishung zu nden, so wie der von Sommer-glu ershlae Kneh die Erquikung des Shaens wnsh; und wie der tagelhner das

    Ende seines Werkes erho, so erho sie das Ende des ihren. Der Prophe Hiob sage nih,da der tagelhner das Ende seiner Arbei erware, sondern das Ende seines Werkes. Dasbesig, was wir sagen: die liebende Seele erho nih das Ende ihrer Arbei, sondern dasEnde ihres Werkes; denn ihr Werk is Lieben, und die Vollendung eines solhen Werkes er-ho sie, die Vollendung und Erllhei ihrer Goesliebe. Und bis sih das erll, verhl siesih so, wie es Hiob ausmal, die tage und Monae als leer empndend und die mhseligen,shier endlosen Nhe zhlend. Aus allem geh hervor: die Seele, die Go lieb, ha r ihreDiense keine andere Belohnung zu beanspruhen und zu erwaren als die Vervoll Komm-nung ihrer Liebe zu Go.

    Erklrung der nhsen Srophe

    1 In diesem Liebeszusand is die Seele wie ein ganz ershlaer Kranker, der jede Freu-digkei und jeden Appei verloren ha, so da alle Speisen sie anekeln und alle Dinge sie be-lsigen und versimmen. Bei allem, was sih ihrem Geis oder ihrem Blik biee, is ihr nurein einziger Drang, ein einziger Wunsh gegenwrig, der ihrem Heile gil; und alles, was die-

    ses nih rder, is ihr lsig und beshwerlih. Deshalb ha die Seele, die an solher Goes-liebe krank, drei Eigenmlihkeien: bei allem, was sih ihr biee oder was sie bereib, isihr das Ah und Weh ihres Heiles gegenwrig, ihr Gelieber; und wenn sie sih auh mi an-dern Dingen abgeben mu - ihr Herz weil immer bei ihm. Daraus geh die zweie Eigenheihervor: diese, da sie den Geshmak an allen Dingen verloren ha. Und wiederum bedingdies die drie Eigenhei: da ihr alles lsig und jeder Umgang beshwerlih und rgerlihis.

    2 Das l sih mi dem bereis Gesagen begrnden: bei der Seele is der Gaumen des

    Willens shon von dieser Speise der Goesliebe berhr und verwhn, so da sie bei jederSahe, jeder Gelegenhei, die sih ihr biee, sogleih ausshlielih, ohne anderes Gelsen,darin ihren Gelieben zu suhen und zu genieen sreb. Nih anders a Maria Magdalena,als sie ihn mi inbrnsiger Liebe durh den Garen suhe und ihn, den sie r den Grner

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    hiel, unberleg und sinnlos berage: Wenn du ihn mir orgeragen has, sag mir, wohin,und ih will ihn holen (Joh. 20. 15). Da nun diese Seele mi hnliher Inbruns ihn in allenDingen nden will und ihn nih alsbald nden kann, da nde sie, bei so vergebliher Suhe,nih nur keinen Wohlgeshmak an den Dingen, vielmehr werden sie ihr noh zur Qual,und o zu einer sehr groen. Denn solhe Seelen leiden ie uner Beshigungen und un-er dem Umgang mi Leuen; denn diese hindern ihr Besreben mehr, als da sie es rdern.

    3 Diese drei Eigenheien zeigen sih bei der Brau im Hohen Liede, da, wo sie den Bruigamsuh und aussag: Ih suhe ihn und and ihn nih. Allein es anden mih jene, die um dieSad lagern, und sie verwundeen mih; und die Bewaher der Mauern nahmen mir mei-nen Manel (5, 6-7). Die um die Sad lagern, sind die Behandlungen der Wel: wenn sie diegosuhende Seele nden, gen sie ihr viele Wunden zu, Shmerzen, Qualen, Widerwillen,denn dies alles behinder sie, ansa das Begehre zu gewhren. Und jene, die das Mauer-werk der Konemplaion vereidigen und der Seele den Zuri wehren wollen, die Dmonenund die Beshigungen der Wel, sie rauben den Manel der riedlihen Mue, daraus die

    liebevolle Berahung hervorgeh; und all das verursah der Seele ausend Verdrielihkei-en und rgernisse. Sie erhr, da sie in diesem Leben, darin sie Go nih shauen kann,sih weder zu einem geringen noh zu einem groen teil von ihnen bereien kann; und soeh sie ihren Gelieben weierhin an, in den Woren der nhsen Srophe:

    ZEHNtE StROPHE

    Da mir dein Balsam quillelKein Andrer kann beenden meine Leiden.

    Halt meinen Augen stille!

    Du bist das Licht der beiden,

    und nur an dir begehr ich sie zu weiden.

    Erklrung

    1 So bie sie in dieser Kanzone abermals den Gelieben, ihrer qualvolles Verlangen zuenden, da nur er allein es vermag, und es au eine Weise zu un, da sie ihn mi den Augenihrer Seele gewahren kann; denn er allein is das Lih, darau sie sih rihen, und sie willdiese au nihs anderes verwe nden. So sag sie:

    Da mir dein Balsam quille!

    5 Dem Liebesbegehren is es ja eigen, da alles tun und Reden, das sie dem Ziel ihresliebenden Willens nih nherbring, sie ermde und abs und anekel, da nihs davon

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    ihrem Verlangen dienlih is. Dieses und ihre Sehnsuh nah Go, diesen Gram kann nihsvon ihr nehmen, es sei denn der Besiz des Gelieben. Darum sag sie, da er mi seiner Ge-genwar ihre Ne beshwihigen mge und sie alle sillen, so wie rishes Wasser den vonHize Versengen khl. Auslshen soll er ihre Ne, denn es is Feuer der Liebe, was sie ver-sehr.

    Kein Anderer kann beenden meine Leiden

    6 Um den Gelieben mehr zur Erhrung ihres Flehens zu bewegen, beeuer sie, da erallein ihr Shmahen sillen kann, und da er deshalb ihren Kummer snigen mge. Goaber is alsdann geneig, eine Seele zu rsen und ihren Nen abzuhelen, wenn sie keineandere Hile, keinen anderen tros ha und haben will als ihn selber. Wenn demnah eineSeele sih bei nihs auhl auer bei Go, so wird sie nih lange ohne eine Heimsuhungdurh den Gelieben bleiben.

    Halt meinen Augen stille !

    7 Das hei: Mhe ih dih doh mi den Augen meiner Seele von Angesih zu Ange-sih sehen.

    Du bist das Licht der beiden

    8 Wenn Go bernarlihes Lih der Seelenaugen is, ohne das sie in Finsernis weil-e, so nenn sie ihn hier berdies aus Zuneigung Lih ihrer Augen, so wie der Liebende als

    Beweis seiner Zuneigung das geliebe Wesen Lih seiner Augen nenn. Und so besagen diebeiden vorhergehenden Verse: Da die Augen meiner Seele weder durh die Naur nohdurh die Liebe Lih empangen, sondern nur durh dih, so la dih von ihnen erbliken,du, au jede Weise ihr Lih. Dieses Lih vermie David, als er klage: Das Lih meinerAugen, es is mir ern (Ps. 36, 11). Und tobias, als er sage: Welhe Freude kann ih mirnoh erwaren, da ih im Dunkeln verharre und das Lih des Himmels nih sehe ? (5,12)Dami wnshe er die klare Anshauung Goes, denn das Lih des Himmels is der SohnGoes, nah den Woren des heiligen Johannes: Die himmlishe Sad bedar weder der

    Sonne noh des Mondes, da sie ihr leuhen, denn die Klarhei Goes erleuhe sie, dasLamm is ihr Lih (Apok. 21, 23).

    Und nur an dir begehr ich sie zu weiden

    9 Hier will sie den Bruigam dazu bewegen, ihr dieses Lih ihrer Augen zu weisen, weilsie kein anderes besiz und sons im Dunkel wre, aber auh, weil sie diese Augen einzigr ihn bewahren will. Denn wie eine Seele dieses glihen Lihes gereherweise beraubwird, die in irgend ewas auer Go, in irgend einem anderen Besiz das Lih r die Augen

    ihres Willens nde und so ihre Augen r das glihe Lih versperr, so wird dieses Lihensprehend von einer Seele verdien, die allen Dingen die Augen vershlie, um sie alleinr Go zu nen.

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    Anmerkung r die olgende Strophe

    1 Der liebreihe Bruigam der Seelen kann nih lange zusehen, wie sie sih verlassenabqulen gleih dieser hier. Wie er durh Zaharias bekundee, rhren ihre Shmerzen undKlagen an seinen Augapel (2, 8), zumal dann, wenn sie, wie diese Seele es u, um seiner Lie-be willen sih qulen. Auh durh Jesaias sprih er: Noh ehe sie emporruen, werde ih sie

    hren; auh wenn das Wor noh nih ihren Mund verlie, werde ih sie hren (65,24). DerWeise sag von ihm: Wenn die Seele ihn gleih dem Gelde suh, wird sie ihn nden (Prov.2,4). Nun suh ihn diese liebende Seele mi grerer Begier als das Geld, alles und auh sihselber ha sie r ihn ahren lassen; so dnk es sie, au ihre inbrnsigen Bien hin habeGo bereis seine geisige Gegenwar ein wenig verspren lassen und ihr dabei einige ieeEinblike in seine Gohei und Shnhei gewhr, so ihr glhendes Verlangen, ihn zu sehen,gewalig seigernd. Derar peg man Wasser in die Shmiedeglu zu gieen, dami sih dasFeuer srker erhize. Einigen dieser Seelen, die in ihrer Liebe soken, gib der Herr Beweiseseiner Unvergleihlihkei, um ihre Inbruns zum Lodern zu bringen und sie dami r kom-

    mende Gnaden vorzubereien. Da seine dunkle Gegenwrigkei das in ihr Verborgene, dashhse Gu und seine Shnhei in der Seele aueuhen lie, so sirb sie vor Verlangen,ihn zu sehen. Das sag sie in der olgenden Srophe.

    ELFtE StROPHE

    Zeig dich, so nah verborgen,ob auch dein Anblick,, berschn, vernichte !

    Der Liebe sieche Sorgen,

    sie weichen vor dem Lichte,

    vor deinem oenbarten Angesichte.

    Erklrung

    2 Da die Seele danah lehz, von diesem gewaligen Go ganz ergrien zu sein, vonihm, der ihr liebendes Herz raube und verwundee, bie sie hier enshlossen, in der Un-errglihkei ihres Leidens, er mge ihr seine Shnhei endeken und weisen, seine gli-he Wesenhei, und er mge mi solher Oenbarung sie en und aus dem Leib enesseln.Wenn in diesen Fesseln vermag sie ihn nih so zu gewahren und so beselig zu genieen, wie

    sie es verlang. So verdeulih sie nohmals die siehe Sorge ihres Herzens, das unablssigvon Liebe gepeinig wird und das kein anderes, kein geringeres Heilmiel nden kann alsdas selige Ershauen seines glihen Wesens. Es olg der Vers:

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    Zeig dich, so nah verborgen

    3 Au drei Aren kann Go in der Seele gegenwrig sein. Die erse is eine wesenlihe;und solhes Innewohnen beseh nih nur bei den guen und heiligen Seelen, sondern auhbei den shlehen und sndigen und bei allen brigen Geshpen. Denn mi dieser Gegen-war gib er ihnen Leben und Sein; und ehle ihnen diese wesenlihe Gegenwar, so wrden

    sie leblos und zunihe; und dieses Innewesen ehl niemals bei der Seele. Zum andern is ergegenwrig durh Gnade; bei solhem Innewohnen verweil Go mi Wohlgeallen in derSeele. Und diese Gegenwar wird nih allen zueil, sie wird den todsndern enzogen. ObGo derar in ihr wohn, kann die Seele narliherweise nih wissen. Die drie Weise isbeding durh geisige Liebesneigung; denn Go peg in vielen ihm ergebenen Seelen seinegeisige Gegenwar au manherlei Weisen zu bekunden, zu ihrer Erquikung und hohenWonne; allein auh diese geisigen Bezeugungen der Anwesenhei sind gleih den brigenalle verhll; zeig sih doh Go in ihnen nih, wie er is, weil es die Bedinghei dieses Le-bens nih erlaub. Und so l sih au jede dieser Weisen des Innewohnens der genanne

    Vers beziehen:

    Zeig dich, so nah verborgen.

    4 Wohl is die Seele gewi, da Go immer in ihr weil, zum mindesen in der ersenWeise. Darum sag sie nih, er mge ihr seine Gegenwar gewhren, sondern er mge - an-sa au narlihe oder geisige oder liebesrmige Weise verhll in ihr zu weilen un-verhll sih oenbaren, nah seiner glihen Naur und Shnhei. So wie er mi seinemgegenwrigen Sein ihr das narlihe Sein verleih, und wie er sie mi seiner gegenwrigen

    Gnade vervollkomm, so mge er sie auh mi seiner oenbaren Herrlihkei verherrlihen.Weil aber diese Seele von inbrnsiger Goesliebe ganz erll is, so ereh sie von demGelieben vor allem die Unverhllhei seiner liebreihen Gegenwar, seiner Guns, die er ihrshon zu verkosen gab; und solhe Erahrung war so erhaben, da die Seele das verborgeneInnewohnen eines unbeshrnken Seins empand, eines Seins, dessen glihe Shnheiin halbdunkelm Hervorshimmern sih ihr mieile. Und das mah die Seele sieh vor Ver-langen nah dem, was sie bei solher Gegenwar als verborgen erhr. Nih anders ha esDavid empunden: Meine Seele begehr und vergeh bei den Heimsuhungen des Herrn (Ps.

    93, 12). Denn zu dieser Zei verzehr sih die Seele danah, unerzugehen in jenem hhsenGu, das sie als geheimnisvoll gegenwrig erhr; denn obwohl es verborgen is, prg sihihr ie das Wohl und die Wonne ein, die ihr mi solhem Gu verbunden sind. So wird dieSeele gewaliger von diesem Gu angezogen und hingerissen als irgend ein narliher Kr-per von der Anziehungskra. Und aus diesem innersen Drange ru die Seele, die sih nihmehr zurkhalen kann: Zeig dih, so nah verborgen!

    5 Das Gleihe begegnee Moses au dem Berg Sinai: dor, in der Gegenwar Goes ge-wann er so hehre und iee Einsihen in die Erhabenhei und Shnhei der verborgenen

    Gohei, da er nih anders konne als ihn zweimal anzuehen, ihm seine Herrlihkei zuendeken: Du sags, da du mih mi meinem Namen kenns und da ih vor dir Gnadegeunden habe. Zeige mir, wenn ih Gnade vor deiner Gegenwar and, alsbald dein Anliz,dami ih dih erkenne, dami ih vor deinen Augen vollends die Gnade nde, die ih erseh-

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