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Jonathan Sierck JUNGE ÜBERFLIEGER - ciando.com · Für Dr. John Demartini, der mich im richtigen Augenblick inspiriert und mein Denken und meine Sichtweise nachhaltig geprägt hat

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Jonathan Sierck

JUNGE ÜBERFLIEGER

Jonathan Sierck

Millennials – eineGeneration auf der Erfolgsspur

Für Fragen und Anregungen:[email protected]

1. Auflage 2017

© 2017 by Redline Verlag, ein Imprint der Münchner Verlagsgruppe GmbHNymphenburger Straße 86D-80636 MünchenTel.: 089 651285-0Fax: 089 652096

Alle Rechte, insbesondere das Recht der Vervielfältigung und Verbreitung sowie der Übersetzung, vorbehalten. Kein Teil des Werkes darf in irgendeiner Form (durch Fotokopie, Mikrofilm oder ein anderes Verfahren) ohne schriftliche Genehmigung des Verlages reproduziert oder unter Verwen-dung elektronischer Systeme gespeichert, verarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet werden.

Redaktion: Desirée Šimeg, StadtbergenUmschlaggestaltung: Laura Osswald, MünchenUmschlagabbildung: Shutterstock/ace03, Chris Tall/Robert Masche, Lencke Steiner/Lencke Stei-ner, Sophia Thiel/Sophia Thiel, Joshua Kimmich/Getty Images, Sebastian Kurz/Dominik Butzmann, Delia Fischer/Delia Fischer/WestwingBildteil innen: Philipp von der Wippel: Nicolas Kleenworth, Fee-Gloria Grönemeyer: Astrid Stawiarz/Getty Images, Kontra K: NC Photography, Philipp Stein: Torsten Zimmerman, Andreas Wolff: Sascha Klahn, Sophia Thiel: Sophia Thiel, Andreas Kunze: KONUX/ blende11 Fotografen, Sebastian Kluss-mann: ARD/Uwe Ernst, Dario Müller: Dario Müller, Lencke Steiner: Lencke Steiner, Delia Fischer: Delia Fischer/Westwing, Sebastian Kurz: Dominik Butzmann, Joshua Kimmich: Getty Images, Con-rad Caine: Conrad Caine/Possible, Paula Schwarz: Paula Schwarz, Jannike Stöhr: Schick-MagazinSatz: Carsten Klein, MünchenDruck: GGP Media GmbH, PößneckPrinted in Germany

ISBN Print 978-3-86881-683-9ISBN E-Book (PDF) 978-3-86414-979-5ISBN E-Book (EPUB, Mobi) 978-3-86414-980-1

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek:Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen National-bibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://d-nb.de abrufbar.

www.redline-verlag.deBeachten Sie auch unsere weiteren Verlage unter www.m-vg.de

Weitere Informationen zum Verlag finden Sie unter

»Es kommt nicht auf den Kritiker an; nicht auf den Mann, der

erklärt, warum der starke Mann gestrauchelt ist oder wie ein

Mann der Tat es hätte besser machen können. Die Ehre ge-

bührt dem, der tatsächlich in der Arena steht, dessen Gesicht

mit Staub und Schweiß und Blut verschmiert ist; der tapfer

strebt; der sich irrt, wieder und wieder scheitert, weil es kein

Fortkommen ohne Irrtum und Fehler gibt; der sich tatsächlich

bemüht, das Nötige zu tun; der den großen Enthusiasmus und

die wahre Hingabe kennt; der für eine Sache, die es wert ist,

alles gibt; der im besten Falle schließlich den Triumph einer

großen Leistung kennenlernt und im schlimmsten Fall schei-

tert, weil er Großes gewagt hat, sodass sein Platz niemals

bei den kalten, furchtsamen Seelen ist, die weder Sieg noch

Niederlage kennen.«

Theodore Roosevelt1

1 Auszug aus seiner Rede »Citizenship in a Republic« an der Sorbonne in Paris am 23. April 1910.

Für Dr. John Demartini, der mich im richtigen Augenblick inspiriert

und mein Denken und meine Sichtweise nachhaltig geprägt hat.

Danke, John!

INHALT

»Volare, oh oh …« . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9

Die Macht des positiven Beispiels . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13

1. Was ist eigentlich Erfolg? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19

Teil 1: Junge Überflieger – ihre Geschichten . . . . . . . . . . 33

2. Umfeld und Erziehung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35

3. Initiative ergreifen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 57

4. Glaube und Überzeugung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 89

5. Intensität und Einsatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 119

6. Beständigkeit und Verzicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 151

7. Den Weg der jungen Überflieger gehen. . . . . . . . . . . . . 187

Teil 2: Tiefflieger – Aus Rückschlägen lernen . . . . . . . . . 201

8. Scheitern, aufstehen und stärker zurückkommen . . . . 203

Teil 3: Vielflieger – Mentoren und Vorbilder . . . . . . . . . . 223

9. Aus den Erfahrungen anderer lernen . . . . . . . . . . . . . . 225

10. »Auf den Schultern von Riesen stehen« . . . . . . . . . . . 239

Nachwort: Das Versprechen – Giving Back. . . . . . . . . . . . 261

Dank . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 265

Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 267

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»VOLARE, OH OH …«

VORWORT VON EMILIO GALLI-ZUGARO

Keel, eine Rockband, sang einmal: »So many girls, so little time.« Ich

lese leidenschaftlich gerne und habe bei Weitem noch nicht alle Bücher

meiner eigenen Bibliothek gelesen. Da wird man wählerisch bei zusätz-

licher Lesearbeit: »So many books, so little time.« Ein gutes Buch sollte

unterhaltend sein, einem etwas beibringen oder Gefühle wecken, ein

Sujet haben, das einen interessiert. Kann das ein Buch über Überflieger

leisten? Ein Buch über … Musterschüler, junge Streber, mit Glück ge-

segnete, erfolgreiche Menschen? Das Sujet ist attraktiv: Wie lautet die

Formel des Erfolgs? Insbesondere des Erfolgs derjenigen, die es schon

früh geschafft haben, Spuren zu hinterlassen. Ist es eine Disziplin für

Zaungäste oder kann der Betrachter aus den Rezepturen des Erfolgs

lernen und sie anwenden, das Buch mit ins eigene Leben nehmen?

Ein Handbuch für junge Menschen, erfolgreiche Kids zu werden, ist die-

ses Buch nicht. Dazu machen die befragten Erfolgsmenschen allzu klar,

dass es das geheime Rezept für alle nicht gibt. Bei sich selbst zu sein

und seinen eigenen Weg zu gehen, ist das, was uns die von Jonathan

Sierck befragten Protagonisten mit auf den Weg geben. Das kann man

allerdings nicht einfach anwenden, wenn man nicht weiß, wer man selbst

ist und wonach man strebt, aber zumindest lenkt es das Augenmerk auf

die Notwendigkeit einer eigenen Standortbestimmung und das ist si-

cherlich nützlich für den interessierten und nachahmungswilligen Leser.

Wenn man sich aber auf die Geschichten der hier beschriebenen Men-

schen einlässt, auf die Betrachtungen und Beobachtungen des Autors,

Junge Überflieger

10

kann man noch mehr mitnehmen als »Nutzwert«. Auf jeden Fall kann

man Mut schöpfen. Was nämlich klar wird: Nicht jeder kann alles wer-

den, aber alle können besser werden. Denn in den Geschichten der

Überflieger, in denen der Tiefflieger, die mindestens einmal geschei-

tert sind, und denen der Mentoren junger Talente stecken Erkennt-

nisse moderner Forschung aus Psychologie und Neurowissenschaften

sowie aus dem aktuellen Stand der Führungspraxis und -forschung.

Erfolg ist nicht genetisch oder gottgegeben. Man kann sein Gehirn

trainieren, man kann seine Leistung bewusst steigern. Damit dieses

Prinzip von einer Öffentlichkeit verstanden wird und wirkt, ist es wich-

tig, dass man nicht »im Abstrakten« bleibt, sondern dass der Leser

dafür Geschichten bekommt. Geschichten von denen, die das Beste

aus sich gemacht haben.

Das macht das Buch glaubwürdig, denn diese Protagonisten sind

Menschen mit Namen und Nachnamen und sie stellen sich damit dem

Wahrheitstest. Der Autor geht dieses Risiko ein, denn er begegnet den

Biografien dieser Menschen mit genuiner Neugier und Offenheit und

weniger mit der akademischen Recherche des Forschers oder der zu-

gespitzten Feder des Journalisten. Damit erleben wir diese Menschen;

sie stehen und sitzen vor uns und wir können uns unseren eigenen,

erwachsenen Reim auf ihre Schicksale machen, diskret begleitet von

der redlichen Neugier des Autors, mit seinen eigenen Erfahrungen

als jungem Überflieger, die er übrigens nie in den Mittelpunkt stellt.

Er nimmt sich erfrischend selbst zurück, aber er lässt uns an seinen

Meinungen und seinem Wissen teilhaben.

Damit lüften die Darsteller in Junge Überflieger ihre persönlichen Ge-

heimnisse für Erfolg und stellen dabei nicht nur individuelle und uner-

reichbare Ausnahmeerscheinungen dar, sondern eine Fundgrube der

Inspiration für ein erfüllteres (Arbeits-)Leben. Sie lassen dem Leser

keine Ausrede mehr, sich nicht auf den Weg zu begeben, der eigenen

Berufung und Bestimmung nachzugehen, ob Alt oder Jung, Überflie-

ger oder nicht. Daraus werden »alte Durchschnittsbürger« weder jung

»Volare, oh oh …«

11

noch Überflieger, aber womöglich besser und zufriedener. Vielleicht

animiert es erfolgreiche und erfahrene Menschen, Mentoren zu wer-

den und anderen zu helfen. Und wem dieser Anspruch zu hoch trabt,

der hält trotzdem ein Buch in der Hand, das einem Freude am Lesen

gibt. Auch wenn man noch wenig Zeit hat.

Emilio Galli-Zugaro, Autor von The Listening Leader, im Juli 2017

13

DIE MACHT DES POSITIVEN BEISPIELS

Es gibt wenige Dinge, die uns derart inspirieren und zum Handeln

motivieren können, wie andere Menschen, die alles für ihren Traum

geben und tun, was sie für sich als gut und richtig erkannt haben. Zu

sehen, wozu andere durch Willen und Einsatz fähig sind, entfacht den

Glauben in uns, Ähnliches leisten zu können. Es hieß zum Beispiel

lange Zeit: Es ist unmöglich, eine Meile unter vier Minuten zu laufen.

Als die erste Person es geschafft hat, schafften es plötzlich auch viele

weitere.

Weil ich oft selbst erleben durfte, welche Auswirkungen ein positives

Beispiel auf das eigene Verhalten haben kann, habe ich es fast schon

als meine Pflicht gesehen, dieses Buch zu schreiben.

Als Jugendlicher wollte ich – wie so viele andere Jungs in meinem

Alter – Fußballprofi werden. Alle jungen begeisterten Fußballer ver-

bindet, dass sie Vorbilder haben; sie eifern ihren Idolen nach. Wenn

unser Trainer uns erzählte, dass diejenigen, die den großen Sprung

geschafft hatten, härter trainierten als ihre Konkurrenz, auch am

Wochenende früh schlafen gingen und sich gesund ernährten, dann

konnte er sicher sein, dass jeder von uns, der es ernst meinte, es

ab sofort genauso machen würde. Ich kann mich noch heute an den

genauen Wortlaut dieser Ansprachen erinnern; weiß noch genau, was

ich aus den Biografien von David Beckham, Zinedine Zidane, Pelé,

Stefan Effenberg und Michael Ballack gelernt habe. Zum Beispiel:

»Wenn ich anfange, mich für den Besten zu halten, nehme ich mir

selbst die Chance, besser werden zu können. Wenn ich aufgebe

Junge Überflieger

14

und nicht dazu bereit bin, alles für meinen Traum zu geben, werde

ich ihn nicht erreichen. Der Glaube an mich selbst, auch wenn

niemand anders an mich glaubt, macht den feinen Unterscheid

aus.«

Ich hätte sogar täglich Schnecken gegessen, wenn Zidane das als

seinen Schlüssel zum Erfolg identifiziert hätte. Als es mal nicht so

lief, musste ich immer an Michael Jordan denken, der aus seiner

Highschool-Basketballmannschaft aussortiert worden war und rück-

blickend sagte:

»Ich habe in meiner Karriere 9000 Würfe daneben geworfen. Ich

habe fast 300 Spiele verloren. 26 Mal wurde mir der alles ent-

scheidende Wurf anvertraut – und ich habe ihn verfehlt. Ich habe

immer und immer wieder versagt in meinem Leben, und daher

war ich so erfolgreich.«

Als ich mich mit 17 Jahren, parallel zum Studium, selbstständig mach-

te und anfing Vorträge und Schulungen für Universitäten, Unterneh-

men und Forschungseinrichtungen anzubieten, wurde ich wegen mei-

ner Jugendlichkeit oft belächelt. Als ich mit 18 Jahren das erste Mal

vor Vorständen eines größeren Unternehmens sprechen durfte, saßen

diese mir eine geschlagene Stunde lang mit verschränkten Armen ge-

genüber, die Brille auf die Nasenspitze gerückt und auf ihrer Stirn

stand fett geschrieben: »Was will der Jungspund mir denn bitte erzäh-

len?« Lange hatte ich mit dem Glaubenssatz zu kämpfen, ich wäre zu

jung, um Erfolg haben zu können.

Ich erzählte einem meiner Mentoren davon, und er gab mir daraufhin

einen der wertvollsten Ratschläge meines Lebens:

»Nimm dich selbst nicht allzu ernst. Richte deinen Fokus immer

auf den Wert, den du bieten kannst, und auf das, was du vermit-

telst, und nicht auf dich selbst. Es gibt genügend andere junge

Die Macht des positiven Beispiels

15

Menschen, die schon früh geniale Dinge auf die Beine gestellt ha-

ben und sich nicht aufgrund ihres Alters oder aus einem anderen

Grund beirren ließen. Schau dir an, wie sie es gemacht haben und

dann mach es genauso!«

Seit diesem Gespräch im Januar 2013 suchte ich nach jungen Men-

schen, die in ihrem Feld schon sehr früh Beachtliches geleistet hatten,

große Verantwortung übernahmen, sich für das Gemeinwohl einsetz-

ten, schwierige Phasen meisterten und trotz Rückschlägen ihren Weg

gingen. Ich wollte wissen, was sie ausmacht, was sie denken und wel-

che Überzeugungen sie haben, was sie antreibt, wie sie mit Tiefs und

Kritik umgehen, wie sie arbeiten und wie sie als Person sind.

Egal ob es sich um lebende Personen handelte oder nicht, ich war

auf einmal wie besessen davon, herauszufinden, was diese »jungen

Überflieger« ausmachte und was ich von ihnen lernen konnte. Von

Mozart über Einstein, Thomas Mann und Bobby Fischer bis hin zu

den erfolgreichsten jungen Menschen der heutigen Zeit, interessierte

mich die Antwort auf folgende Frage: Wie sind diese Personen an den

Punkt gekommen, an dem sie heute stehen beziehungsweise für den

wir sie immer in Erinnerung behalten werden? Ihre Lebenswege und

ihre Handlungsmotive genauer zu verstehen, dient mir bis heute als

große Inspirationsquelle.

Bald merkte ich, dass es auch viele andere Leute interessiert, die Ge-

schichten erfolgreicher junger Menschen aus unterschiedlichen Be-

reichen zu hören. Noch wichtiger: Mir fiel auf, dass junge Menschen,

denen eine klare Richtung fehlte, durch die vielen positiven Beispiele

offenbar bessere Orientierung, mehr Mut oder einen anderen Antrieb

erhielten. Als zudem die Millennial Question1 vor allem durch Simon

1 Wie kommt es, dass die Generation Y (geboren nach 1984) schwer zu motivieren ist, so hohe Ansprüche stellt, ohne vorher Ergebnisse und Leistungen vorweisen zu können, stellenweise unrealistische Erwartungen hegt, immer den Sinn hinterfragt und oft nur schwer in die Gänge kommt?

Junge Überflieger

16

Sinek zunehmend an Beachtung gewann, die Generation Y immer kri-

tischer beäugt wurde und ich aus unterschiedlichsten Quellen hörte,

dass sich junge Leute heutzutage immer schwerer tun, zu entschei-

den, was sie aus ihrem Leben machen wollen und ihnen oftmals eine

klare Richtung fehlt, wusste ich: Die Zeit war reif, ein größeres Projekt

über junge Überflieger und positive Beispiele aus der Generation der

Millennials auf die Beine zu stellen.

Als Jahrgang 1993 gehöre ich selbst der Generation Y an und weiß aus

eigener Erfahrung, was es bedeutet, durch die Vielzahl an Möglichkei-

ten, die das 21. Jahrhundert bietet, in eine Handlungsstarre zu ver-

fallen. Die Ursache ist leicht auszumachen: Man will einerseits nicht

den konventionellen Weg gehen, sondern etwas Bedeutsames tun.

Andererseits fehlt eine klare Vorstellung davon, wie man vom reinen

Träumen dazu kommt, seinen Traum auch wirklich zu leben.

Also stellte ich mir zuerst die Frage, womit junge Menschen gerne ihr

Arbeitsleben verbringen würden, um sagen zu können: »Ich konnte

meine Fähigkeiten zum Ausdruck bringen, habe Sinn und Bedeutung

in meinem Tun gefunden, konnte einen wertvollen Beitrag leisten und

würde es wieder so machen, wenn sich die Chance dazu ergäbe.«

Ich suchte in verschiedenen Bereichen nach jungen Überfliegern,

etwa Politik, Sport, Wirtschaft, Wissenschaft, Mode, Blogging, Gas-

tronomie, Musik, Fernsehen, Sozialunternehmertum, Schriftstellerei

und Journalismus, Fotografie sowie Entertainment. Überall ließen sich

problemlos Menschen finden, die den Glaubenssatz »Ich bin zu jung,

um in meinem Gebiet erfolgreich zu sein« durch ihren eigenen Wer-

degang eindrucksvoll widerlegt haben. Das war ein entscheidendes

Kriterium bei der Auswahl: den Mut aufzubringen, trotz Unerfahren-

heit in den eigenen Traum zu investieren, trotz kritischer Stimmen und

Rückschlägen weiterzumachen und deshalb als Vorbild zu dienen. Ich

erstellte eine Liste mit Kandidaten, die ich persönlich als Vorbild ein-

stufte, und befragte Menschen verschiedener Altersgruppen, wer im

Die Macht des positiven Beispiels

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deutschsprachigen Raum ihre größten Vorbilder seien, die nach 1984

geboren wurden. Die Deckungsgleichheit war erstaunlich hoch und

so begann ich, alles daran zu setzen, diese Persönlichkeiten für mein

Projekt zu begeistern, sie persönlich zu treffen und mich mit ihnen

auszutauschen.

In Teil 1 geht es um die Geschichte der jungen Überflieger, die darin

auch selbst zu Wort kommen. Ich werde Zusammenhänge und Ge-

meinsamkeiten ausarbeiten, Unterschiede hervorheben und abschlie-

ßend die Frage aufgreifen, ob es überhaupt sinnvoll ist, von einem

Weg der jungen Überflieger zu sprechen, und falls ja, wie sich dieser

skizzieren ließe.

Doch nicht jeder, der sein Herz in die Hand nimmt und hart für seinen

Traum arbeitet, wird diesen auch verwirklichen können. Misserfolg ist

deutlich gängiger als der große Wurf. Die wahrscheinlichste Prognose

lautet: Es wird vermutlich nicht klappen. Doch genau das macht den

Reiz aus, oder? Was es heißt zu scheitern und wie wir lernen können,

damit umzugehen, wird Thema des zweiten Teils sein.

Ein Aspekt, der viele erfolgreiche Menschen verbindet – egal ob Alt

oder Jung: Sie hatten jemanden, der sie inspiriert und gefördert hat;

der an sie glaubte, eigene Erfahrungen mit ihnen teilte und sie antrieb,

sich immer noch ein bisschen mehr für das große Ziel zu strecken.

Natürlich gibt es auch Fälle, in denen gerade die Abwesenheit einer

Leitfigur zu einem großen Antrieb wurde und zu mehr Beständigkeit

führte – dennoch können wir alle von Menschen lernen, die ihren Weg

bereits weitgehend erfolgreich gegangen sind und vielen anderen auf

ihrer Reise geholfen haben, ebenfalls voranzukommen. In Teil 3 greife

ich deshalb das Thema Mentorship auf.

Wer sich aber erhofft, ein Patentrezept für den großen Erfolg in jun-

gen Jahren in diesem Buch zu finden, und nach dem schnellsten und

einfachsten Weg sucht, wird bei der Lektüre vermutlich enttäuscht.

Junge Überflieger

18

Denn eine simple Anleitung gibt es nicht. Doch ich meine, etwas Wert-

volleres zu bieten: Eine Schatzkammer voller Erfahrungen, voller Ein-

blicke und Impulse von Menschen, denen es ein Anliegen ist, andere

zu inspirieren und durch ihre Perspektive zu bereichern. Aus dieser

Schatzkammer darf ohne Skrupel geplündert werden.

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1. WAS IST EIGENTLICH ERFOLG?

»Erfolg ist kein Glück, sondern nur das Ergebnis von

Blut, Schweiß und Tränen.«

Kontra K

Es wäre einfach, zu sagen: Joshua Kimmich wurde Deutscher Meister,

Sebastian Kurz ist Außenminister von Österreich, Kontra K stand an

der Spitze der Charts, Delia Fischer baute ein Unternehmen mit über

1500 Mitarbeitern auf, Chris Tall gewann den RTL-Comedy-Grand-

Prix, Andreas Wolff wurde Handball-Europameister, Sophia Thiel hat

ein siebenstelliges Following auf allen großen Social-Media-Kanälen.

Daher müssen sie alle zwangsläufig erfolgreich sein – vor allem weil

ihnen das schon vor ihrem 30. Geburtstag gelungen ist. Es wäre ein-

fach, zu behaupten, es gäbe eben immer ein paar Glückliche, denen

Talent, Wohlstand oder Reputation in die Wiege gelegt wurden und

die deshalb erfolgreich durchs Leben gehen. Doch das wäre zu kurz

gegriffen.

Ebenso könnte ich schreiben: Joshua Kimmichs Karriere beim VfB

Stuttgart geriet ins Stocken, Sebastian Kurz führte das Ranking des

unbeliebtesten Politikers in Österreich an, Kontra K sicherte sich

durch Überfälle sein Abendessen, Delia Fischer war nach ihrem ersten

Investorentermin ziemlich geknickt, Chris Tall versagte bei einem gro-

ßen Auftritt, Andreas Wolff wurde in der Jugend mehrfach vom Trainer

in die Kabine geschickt, Sophia Thiel wollte sich nie im Bikini zeigen.

Sie sind wohl alle doch nicht so erfolgreich. Doch auch das wäre eine

eindimensionale Darstellung, die keinem Menschen gerecht wird.

Junge Überflieger

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Was wir unter Erfolg verstehen, sagt viel über uns, unsere Weltsicht

und unsere Überzeugungen aus. Wenn jemand sagt, er wolle im Le-

ben erfolgreich werden, dann liegt es nahe, ihn zu fragen, was das für

ihn heißt. Wer hierauf eine klare Antwort geben kann, ist dem Erfolg

bereits sehr viel näher, als jemand, der sich schnell in Floskeln verliert

oder mit den Achseln zuckt. Der nach Erfolg Strebende muss diesen

greifbar machen und in Worte fassen können; er muss genau wissen,

was er will – eine große Stärke der jungen Überflieger. Ein Ziel, das

man nicht sehen kann, lässt sich bekanntlich nicht treffen.

Spätestens seit Napoleon Hill, der die Erfolgsbibeln Think and Grow

Rich sowie The Law of Success auf den Markt brachte, die sich über

100 Millionen Mal weltweit verkauften, witterten zahlreiche Geschäfts-

leute, Autoren, Vortragsredner und auch Scharlatane ihre Chance und

stampften das ultimative Erfolgsrezept für jedermann aus dem Bo-

den – das behaupten sie zumindest in ihren Slogans, auf Klappentex-

ten, in Werbevideos und bei vielen anderen Gelegenheiten, die sich

ihnen bieten. Aber: Ist jeder, der ein Buch über den Weg zum Erfolg

gelesen hat, nun wirklich erfolgreich? Ist jeder ein Millionär, der die

Bücher von Napoleon Hill gelesen hat? Gibt es mehr zufriedene Men-

schen, weil sie nun endlich haben, was sie am meisten wollten?

Bei allen Gesprächen für dieses Buchprojekt herrschte sofort Einigkeit

hinsichtlich der folgenden zwei Aspekte:

1. Nur wer genau weiß, was er will, kann in seinem Bereich beson-

deren Erfolg erzielen. Das mag wie eine Binsenweisheit klingen,

aber offensichtlich liegt hier noch einiges im Argen. Wenn es tat-

sächlich jeder weiß, wie kommt es dann, dass so viele Menschen

ins Stottern geraten, wenn sie in Worte fassen sollen, was sie wirk-

lich wollen? Wieso ist die Beantwortung dieser scheinbar so simp-

len Frage so unendlich schwer?

2. Erfolg sieht für jeden Menschen anders aus; er ist subjektiv und

relativ. Das leuchtet sofort ein, wenn wir uns die Frage stellen, was

1. Was ist eigentlich Erfolg?

21

der Begriff »Erfolg« bedeutet und wie er genutzt wird, statt einfach

nur Beispiele für Erfolg zu nennen: Von Erfolg war ursprünglich

dann die Rede, wenn ein bestimmtes Ergebnis durch eine Hand-

lung erfolgt ist. Letztlich nichts anderes als eine Kausalität: Durch

eine Ursache erfolgt eine Wirkung. In der Zeit der Industrialisie-

rung wurde Erfolg zunehmend mit messbaren Resultaten gleich-

gesetzt; der Begriff war demnach mehr oder weniger objektiv und

wertfrei. Wurde viel produziert und die Resultate stimmten, konnte

getrost von Erfolg gesprochen werden. Vor diesem Hintergrund

wurde Erfolg zunehmend mit dem Erreichen von Zielen, sowohl

auf persönlicher wie auch auf gesellschaftlicher Ebene, gleichge-

setzt. Da wir jedoch zum Teil sehr unterschiedliche Ziele verfolgen,

liegt es auf der Hand, dass wir auch voneinander abweichende

Vorstellungen von Erfolg haben und ihn unterschiedlich definieren.

Der enge Zusammenhang zwischen Erfolgen und Zielen führt automa-

tisch zu der Frage, welche Art von Ziel erreicht werden muss, um von

Erfolg sprechen zu können. Wer sagt, er wolle erfolgreich sein, wird

sich vermutlich kaum damit zufriedengeben, ein kleines Tagesziel, wie

eine Runde laufen gehen, erfolgreich bewältigt zu haben.

Es stellt sich auch die Frage: Wenn dieses Ziel, das uns erfolgreich

macht, nun erreicht wurde, was dann? Sind wir dann in diesem Le-

ben bereits erfolgreich, oder kann Erfolg vergänglich sein? Und was

machen wir, wenn wir sagen, dass unser höchstes Ziel im Leben darin

besteht, erfolgreich zu sein und wir das schaffen, was wir mit Erfolg

gleichsetzen? Was treibt uns dann noch an? Wofür stehen wir noch

auf?

Unanfechtbar ist: Was wir unter Erfolg verstehen, wirkt sich auf unser

Verhalten und unsere Gefühle aus. Mein Mentor Dr. John Demartini

berichtete mir, dass er ständig von Personen, Unternehmen und sogar

Regierungen kontaktiert wird, die ihn bitten, mit ihnen daran zu arbei-

ten, zukünftig mehr Erfolg zu haben. John fragt dann gerne, was genau

Junge Überflieger

22

damit gemeint ist, was genau erreicht werden muss, um von »mehr

Erfolg« zu sprechen. Unabhängig von der Antwort wählt er dann ein

interessantes Verfahren. Er fragt die Person: »Wo sind Sie denn be-

reits erfolgreich?« Daraufhin bekommt er oft zu hören: »Nein, nein,

Dr. Demartini, Sie verstehen nicht. Ich bin nicht erfolgreich, deswegen

will ich doch von Ihnen lernen, wie ich das ändern kann.« John erwi-

dert darauf, dass er die Person sehr wohl verstehe und deshalb frage,

worin sie bereits erfolgreich sei. Nach kurzem Hin und Her erklärt

er dann, dass jeder Mensch in irgendeinem Bereich bereits Erfolge

vorzuweisen hat und auch durchaus als erfolgreich angesehen wird.

Was jedoch vor allem in unserer westlichen Weltanschauung schnell

passiere, sei, dass wir uns mit jemandem vergleichen, der mehr Erfolg

in einem bestimmten Bereich zu haben scheint. Dadurch verlören wir

den Blick für das, was uns bereits gut gelungen ist.

Der Vergleich mit anderen kann die größte Hürde auf dem Weg zum Erfolg sein. Wir müssen klar zwischen dem eigenen und dem Erfolg anderer unterscheiden.

Die bedeutende Rolle des anderen fällt ebenfalls ins Gewicht, wenn

jemand bei der Frage »Was willst du im Leben, was ist dir am wichtigs-

ten?« zögert. Das passiert nämlich nur aus Angst, die falsche Antwort

zu geben, weil derjenige glaubt, dass es eine »richtige« Antwort darauf

geben muss. Unsicherheit und zögerliches Handeln sind die logischen

Konsequenzen.

Dabei spielen andere Menschen für den subjektiven Erfolg erst ein-

mal keine Rolle. Da wir uns und unseren Erfolg jedoch allzu gerne an

unserem Umfeld messen und gerne von außen beurteilt wird, ob eine

Person erfolgreich ist, stellt sich die Frage nach objektiven Maßstäben

für Erfolg. Dabei spielen zweifelsohne die Werte einer Gesellschaft

eine große Rolle. Status und Wohlstand werden beispielsweise in Mit-

teleuropa häufig als Gradmesser für Erfolg genutzt. Junge Leute hin-

1. Was ist eigentlich Erfolg?

23

gegen messen den Erfolg anderer oft an der Anzahl von Followern auf

Instagram, Snapchat, Twitter, Youtube oder Facebook. Im Sport wird

Erfolg an Siegen, Trophäen und Medaillen festgemacht. Doch macht

das alleine schon Erfolg aus? Wie gefährlich eine solche Einstellung

für den eigenen Erfolg sein kann, sehen wir gleich. Wer sich selbst

hohe Maßstäbe setzt, unbeirrt danach strebt, diese zu erreichen, und

sich nicht durch den Sturm der vielen Stimmen aus der Bahn bringen

lässt, ist aus subjektiver Sicht erfolgreich, weil er seinen Weg konse-

quent geht, und für Außenstehende ebenfalls, weil er sich treu bleibt.

ZWEI ARTEN DES LERNENS

Ob wir Erfolg haben, hängt eng damit zusammen, wie wir lernen. Be-

sonders in der heutigen schnelllebigen Welt ist die Art des Lernens für

den weiteren Weg entscheidend, weil sie unseren Umgang mit schwie-

rigen Phasen und Rückschlägen beeinflusst.

Dr. Carol Dweck, Psychologieprofessorin an der Stanford-Universität

unterscheidet zwischen Personen, die einer Entitätstheorie und Perso-

nen, die einer Prozesstheorie von Intelligenz im Zusammenhang mit

dem Lernen folgen. Das Umfeld hat laut Dweck einen großen Einfluss

darauf, welcher Sichtweise wir den Vorzug geben.

• Wer der Entitätstheorie anhängt, glaubt, es entspringe seinem We-

sen beziehungsweise seiner Entität, ob er etwas gut kann oder

nicht. Seiner Auffassung nach lässt sich daran nicht viel rütteln.

Aussagen wie »Ich bin besonders gut darin« oder »Das kann ich

einfach nicht« sind Paradebeispiele für diese Sichtweise. Das ei-

gene Können, das eigene Intelligenzlevel wird als eine statische

Entität gesehen, die sich nicht weiterentwickeln kann.

• In der Prozesstheorie wird die Ansicht vertreten, dass durch Ein-

satz, Fleiß, richtiges Training und harte Arbeit auch anspruchsvolle

Junge Überflieger

24

Fertigkeiten und Hürden gemeistert werden können. Aussagen wie

»Übung macht den Meister«, »Durch das richtige Training kann

man deutlich besser werden« oder »Fortschritt ist ein Prozess«

sind gängige Glaubenssätze dieser Sichtweise.

In ihren Forschungen und empirischen Tests fand die Psychologiepro-

fessorin heraus, dass vor allem junge Leute, die an die Entitätstheorie

glauben, viel schneller aufgeben, wenn sie herausgefordert werden.

Die Wahrscheinlichkeit ist deutlich höher, dass ein Prozesstheoretiker

über sich hinauswächst, weil er belastbarer und ausdauernder ist. Wer

Erfolg mit Einsatz in Verbindung bringt, wie es in der Prozesstheo-

rie der Fall ist, hegt den Anspruch an sich selbst, eine Sache meis-

tern und überwinden zu wollen, auch wenn sie besonders schwierig

ist. Wer sich selbst hingegen in einer Sache entweder als gut oder

schlecht, clever oder geistig begrenzt betrachtet, sieht sich in kriti-

schen Situationen oft als hilflos und überfordert.

Eine von Dwecks Studien zu diesem Thema war besonders aufschluss-

reich. Sie interviewte die jungen Probanden zuerst, um herauszufin-

den, welcher der beiden Theorien sie angehören. Dann stellte sie allen

Teilnehmern leichte Mathematikaufgaben, die jeder problemlos lösen

konnte. Im Anschluss daran sollten sie Aufgaben lösen, die zu schwie-

rig waren. Bereits zu diesem Zeitpunkt machte sich ein deutlicher Un-

terschied der beiden Gruppen bemerkbar. Obwohl die Aufgaben von

niemandem gelöst werden konnten, fühlten sich die Entitätstheoreti-

ker entmutigt, während die Prozesstheoretiker die Herausforderung

aufregend fanden. Die Entitätstheoretiker sagten sich: »Hierfür bin ich

einfach zu doof.« Die Prozesstheoretiker dachten: »Hier muss ich mich

aber mächtig ins Zeug legen!«

Besonders aufschlussreich war jedoch der dritte Schritt, der die Aus-

wirkungen des zweiten Schritts aufzeigte: Alle Teilnehmer bekamen

nun wieder Aufgaben, die wesentlich einfacher zu lösen waren. Der

Großteil der Prozesstheoretiker bewältigte sie mit Bravour. Die Enti-

1. Was ist eigentlich Erfolg?

25

tätstheoretiker hingegen waren so demoralisiert, weil sie die schwe-

ren Aufgaben nicht hatten lösen können, dass sie auch die leichten

Aufgaben nicht besonders gut hinbekamen. Ihr Selbstvertrauen war

derart im Keller, dass es ihnen nicht möglich war, eine bereits gezeigte

Leistung erneut abzurufen.

Interessant ist: Viele hochintelligente Menschen fallen in die Kategorie

der Entitätstheoretiker und rufen schlechtere Leistungen ab als weni-

ger begabte Personen, die als Prozesstheoretiker eingestuft werden.

Manchmal sind es die talentiertesten und klügsten Menschen, die da-

ran zerbrechen, wenn sie eine Aufgabe nicht bewältigen können, und

von jemandem mit deutlich weniger Geschick übertroffen werden. Sie

erholen sich nur schwer oder gar nicht von Rückschlägen und Nie-

derlagen und verbauen sich nicht selten selbst eine aussichtsreiche

Zukunft.

Ein enormes Problem für den Entitätstheoretiker entsteht dadurch,

dass er Erfolg mit unmittelbaren guten Ergebnissen gleichsetzt. Der

Weitblick fehlt völlig – einer der Hauptgründe, wieso die Erfolgsspur

immer noch von wenigen genutzt wird. Mit Niederlagen und den un-

vermeidlichen Herausforderungen des Lebens geht der Entitätstheo-

retiker nicht sonderlich gut um, wie die beschriebene Studie gezeigt

hat. Ein einmaliges Versagen in einem Feld, in dem man sich bislang

als gut eingestuft hat, kann das Selbstvertrauen bis ins Mark erschüt-

tern – und die Freude an der Sache geht verloren. Entitätstheoretiker,

die zum Beispiel in einer Sportart in einem kleineren Verein spielen

und gewohnt sind, dort stets der Beste zu sein, verlieren oftmals die

Lust, wenn sie einem größeren Verein beitreten und feststellen müs-

sen, dass es immer jemanden gibt, der ihnen ein Stück voraus ist.

Ein Prozesstheoretiker weiß damit anders umzugehen: Er nimmt die

Herausforderung an und gibt alles, um sich durchzubeißen.

Es sind unscheinbare Aspekte in unserer Erziehung, die einen großen

Unterscheid ausmachen können. Eltern, Lehrer, Trainer und andere

Junge Überflieger

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Vorbilder spielen dabei eine zentrale Rolle. Wenn sie uns beispielswei-

se ausschließlich für unsere Ergebnisse anerkennen, kann das dazu

führen, dass wir zu Entitätstheoretikern werden. Wenn wir eine gute

Note erhalten, ein Spiel gewinnen oder ein zufriedenstellendes Ergeb-

nis erzielen, heißt es: »Wunderbar gemacht! Ich bin stolz auf dich.«

Aber wenn es dann einmal nicht läuft, eine Note schlecht ausfällt, ein

Spiel verloren oder ein enttäuschendes Ergebnis erzielt wird, heißt es:

»Was ist denn los mit dir? Dafür solltest du dich schämen!« Auf diese

Weise werden Erfolg und Niederlage schnell mit reinem Können – ei-

ner in Stein gemeißelten Entität – gleichgesetzt.

Im Gegensatz dazu wurde jemand, der als Prozesstheoretiker gilt,

schon früh an seinem Fortschritt und seiner Entwicklung anstatt dem

reinen Resultat gemessen und erhielt entsprechendes Feedback.

Manchmal kann uns eine Niederlage, die uns herausgefordert und an

unsere Grenzen gebracht hat, weiter bringen als ein Erfolgserlebnis,

das sich leicht bewerkstelligen ließ. »Gute Arbeit, du entwickelst dich

super!«, »Leg dich nächstes Mal mehr ins Zeug, dann klappt es be-

stimmt wieder besser. Wenn du Unterstützung brauchst, lass es mich

wissen.« – wohlwollendes Feedback dieser Art hilft dabei, Erfolg mit

Einsatz in Verbindung zu bringen. Dadurch entsteht die Überzeugung,

dass harte Arbeit auch gute Ergebnisse hervorbringt.

Eltern, Lehrer, Trainer und Vorbilder tragen eine große Verantwortung.

Sie prägen die Art des Lernens von Kindern und Jugendlichen nach-

haltig. Das heißt nicht, dass wir keine Eigenverantwortung tragen: Wir

können uns in unserer Herangehensweise und unserer Art zu Lernen

immer weiterentwickeln und es ist nie zu spät, einem Entitätstheo-

retiker die Prozesstheorie zu verschreiben. Junge Menschen können

innerhalb weniger Minuten durch die richtigen Anweisungen ihren

Lernansatz anpassen, was sich sofort in der Aufgabenbewältigung wi-

derspiegelt. Das verdeutlicht, wie wichtig unsere Art des Lernens ist

und wie sich die eigene Lerntheorie auf den weiteren Erfolg auswirkt.

Wenn wir in einem bestimmten Bereich die höchsten Maßstäbe an-

1. Was ist eigentlich Erfolg?

27

streben, gilt es, den langfristigen Fortschritt klar im Blick zu haben

und zu bevorzugen, anstatt sich im Wohlgefühl des sicheren Mittelma-

ßes zu suhlen wie derjenige, der immer im kleinen Verein bleibt, um

dort der Beste zu sein. Wer in einem bestimmten Bereich erfolgreich

sein will, der tut gut daran, die Prozesstheorie im Hinterkopf zu behal-

ten. Das ist nämlich eine Gemeinsamkeit der jungen Überflieger: Sie

alle sind Prozesstheoretiker.

ERFOLG IST EINSTELLUNGSSACHE

Solange der eigene Erfolg von anderen definiert wird, resultiert dar-

aus Frustration und der langfristige Erfolg bleibt aus. Der legendäre

Basketballtrainer Mike Krzyzewski, auch Coach K genannt, lebt diese

Einstellung seit über 35 Jahren an der Duke-Universität in North Ca-

rolina vor und trichtert sie all seinen Spielern ein. Er sagt, dass die

Menschen in seinem Umfeld, andere Teams und vor allem die Presse

stets darum bemüht sind, Erfolg und Scheitern für seine Mannschaft

zu definieren. Erfolgreich sei er insbesondere, weil er bei diesem Spiel

nicht mitmache und stets eigene Maßstäbe festlege. Für die Außen-

stehenden wird er an Siegen und Titeln gemessen. Für ihn persönlich

besteht Erfolg aber vielmehr darin, dass seine Spieler sich weiterent-

wickeln, alles abrufen und ihr Herz auf dem Platz lassen (Prozessthe-

orie). Coach K predigt, dass niemand scheitern kann, der aufrichtig in

den Spiegel blickt und weiß, dass er an seine Grenzen gegangen ist

und alles gegeben hat – unabhängig davon, ob am Ende ein Sieg oder

eine Niederlage zu Buche steht.

Der erste Schritt zum Erfolg besteht darin, ihn klar für sich zu definieren. Wer dabei schludert und auf

äußere Stimmen setzt, hat erfolgreich ein Rezept für Misserfolg gefunden.

Junge Überflieger

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Wie sehr wir von unserem Umfeld geprägt sind und unser Glück so-

wie unseren Erfolg davon abhängig machen, zeigt ein Experiment der

Cornell-Universität aus dem Jahr 2003. Auf die Frage, ob man lieber

100.000 Dollar im Jahr verdienen würde, wenn Nachbarn, Kollegen

und Bekannte 80.000 Dollar verdienen, oder 150.000 Dollar, wenn

bekannt ist, dass die Menschen im direkten Umfeld 200.000 Dollar

Gehalt bekommen, hätte die Antwort nicht klarer ausfallen können.

Die große Mehrheit wäre dazu bereit, auf 50.000 Dollar jährlich zu

verzichten, um mehr zu verdienen als die Vergleichspersonen. Der

Grund? »Ich will doch nicht schlechter dastehen und weniger Erfolg

haben (im materiellen Sinne) als die Menschen, mit denen ich ständig

zu tun habe.«

In Kapitel 2 wird es um den Einfluss von Umfeld und Erziehung gehen.

Klar erkennbar ist bereits jetzt: Der Drang, sich und den eigenen Er-

folg über andere zu definieren, kann erschreckend groß sein. Eine Fra-

ge, die wir uns demnach stellen müssen, lautet: Ist unsere Auffassung

von Erfolg wirklich die unsere, oder haben wir sie von einer anderen

Person übernommen? Diese Gefahr besteht insbesondere wenn wir zu

jemandem aufschauen und das Gefühl haben, die Person sei deutlich

weiter als wir selbst. Selten ändern wir unsere Sichtweise hinsichtlich

Erfolg wegen jemandem, den wir als weniger erfolgreich als uns selbst

betrachten.

Erfolg – egal welcher Art – lässt sich ausschließlich durch beständi-

ges, konsequentes Handeln einstellen, was nur dann geschieht, wenn

wir unseren eigenen Überzeugungen und Prioritäten treu sind. In sei-

ner Eröffnungsrede an der Stanford-Universität hat Steve Jobs den

Studenten diese Botschaft sehr klar mit auf den Weg gegeben:

»Eure Zeit ist begrenzt, also vergeudet sie nicht, indem ihr ein

fremdbestimmtes Leben führt. Hütet euch vor Dogmen, denn das

heißt nichts anderes, als sein Leben an den Ansichten anderer

Leute auszurichten. Seht zu, dass der Lärm fremder Meinungen