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Dezember 2008 Heft 6/2008 ISSN 1860-6709 Moritzbastei: Kulturdenkmal in finanzieller Not S. 9 US-Wahlkampf: Leipziger Studentin auf Forschungsmission S. 27 Wissenschaftssommer: eine empirisch- mathematische Nachlese S. 22 Jubiläum 2009: Hauptsponsoren vorgestellt S. 13 Hightech-Mikroskop dringt in den Mikrokosmos von Geweben vor S. 24 Uni-Campus: Richtkrone über Paulinum und neuem Augusteum S. 5 E-Learning, E-Teaching, E-Assessment Universität Leipzig erweitert Lehr- und Lernansätze journal

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Dezember 2008 Heft 6/2008 ISSN 1860-6709

Moritzbastei: Kulturdenkmal infinanzieller Not S. 9

US-Wahlkampf: Leipziger Studentinauf Forschungsmission S. 27

Wissenschaftssommer: eine empirisch-mathematische Nachlese S. 22

Jubiläum 2009:Hauptsponsoren vorgestellt S. 13

Hightech-Mikroskop dringt in denMikrokosmos von Geweben vor S. 24

Uni-Campus: Richtkrone über Paulinumund neuem Augusteum S. 5

E-Learning, E-Teaching, E-Assessment

Universität Leipzig erweitert Lehr- und Lernansätze

journal

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UniVersumDer gute Geist der RitterstraßeStudienanfänger des Wintersemesters2008/2009 feierlich immatrikuliertPapyrus-Portal ist onlineUni-Azubi Toni Wichmann ist bester jungerElektroniker-Geselle SachsensStudenten Service Zentrum eröffnetRiemann-Ausstellung in derBibliotheca Albertina

Jubiläum 2009Fritz Hundt bietet zum JubiläumFührungen über den SüdfriedhofGesichter der Uni: Hans FreyerVon Medaille bis Praline:Die Jubiläumskollektion

Fakultäten und InstituteMit Humboldt nach LeipzigStrömungskanal für Schwimmer eingeweihtBuchvorstellung: Chemische Wegzeichenaus LeipzigChemiker setzen Maßstäbe bei derPräsentation ihrer Wissenschaft

UniCentralErfolgsgeschichte E-LearningAnwendungsbeispiele an der UniversitätLeipzigE-Assessment: Prüfungen per Computerstatt mit Kuli und Papier

ForschungInterview: Prof. Kurt Engeland zur Vergabedes Medizin-NobelpreisesTRM: Grünes Licht für 24 Forschungs-vorhaben

StudiosiAmal El-Abd wirbt für deutsch-arabischenDialog

PersonaliaNeu berufenNomenKurz gefasstGeburtstageNachrufe: Prof. Dr. Harry Pfeiferund Prof. Dr. Reinhold Schwarz

GremienSitzungen des Senats am 9. Septemberund am 14. Oktober

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E-Learning, E-Teaching, E-Assessment – eine andere Weltscheint sich da aufzutun und anzukündigen. Eine Welt, dieviele abschreckt, weil sie mit unserer Vorstellung von Univer-sität so gar nichts mehr gemein hat. Lehren, Lernen, ja selbstPrüfen: das alles sind doch, hört man allenthalben, zutiefstsoziale Prozesse, die entweder von Angesicht zu Angesichtfunktionieren oder überhaupt nicht. Wie gut – darüber ent-scheidet die Strahlkraft des Meisters. Und wenn denen (deut-lich) über dreißig überhaupt zu trauen ist, dann in demeinen Punkt: Sie haben als Studenten noch das Glück ge-habt, diesem sterblichen Lehr-Gott zu begegnen. Dr. KnutNevermann (Jg. 1944), Sachsens Wissenschafts-Staatssekre-tär, hat sich jüngst des pädagogischen Talents seines persön-lichen Übermenschen vor versammeltem Publikum erinnert:Carl Friedrich von Weizsäcker, der am Apfel auf dem Pult

das Geheimnis des „Dings an sich“ so faszinie-rend zu lüften vermochte, dass man im Audito-rium eine Stecknadel hätte fallen hören können.mFür Heroen der Didaktik gibt es heute einen na-tionalen Preis: „ars legendi“, die Kunst des Leh-rens. Er soll pädagogische Zauberer auszeich-nen – und den weniger Kunstfertigen als Ansporndienen. Man stelle sich vor: Ambitionierte Adep-ten, in den Anblick von Äpfeln versenkt, solangebis hoffentlich auch sie daraus Funken schlagen,

derweil das studierende Volk gelangweilt aufs fällige Wun-der wartet. Eine Sackgasse, ganz offensichtlich.Trost findet der Mann ohne Ausstrahlung in einem ganz sim-plen Befund: Noch der eindrucksvollste Frontalunterricht lie-fert keine besseren Resultate als durchschnittlich lernendeKleingruppen. Anders gesagt: Verglichen mit dem pädago-gischen Eros hat die organisatorische Phantasie – „course de-sign“ – das signifikant höhere Erfolgspotential. Doch lassensich unter den Bedingungen einer überquellenden Massen-universität solche Designer-Träume überhaupt realisieren?Es geht. Und es geht sogar noch mehr. Wie die Organisa-tion dem Eros zu Hilfe kommen muss, so bedarf sie selbst derTechnik. E-Teaching und E-Learning entgrenzen das Studium:zeitlich, räumlich, kulturell, intellektuell, sprachlich. Warumsollte man nicht abends zuhause am Laptop mit anderen zu-sammen und beim Bier (wenn es der Wahrheitsfindung dient)die englischsprachige Vorlesung einer amerikanischen Kory-phäe „hören“? Oder: Warum sollten heimische Seminarenicht Lehrangebote aus Halle oder Jena elektronisch impor-tieren und so den Leipziger Gelehrtenstoff zielstrebig ergän-zen? Würde der wissenschaftliche Unterhaltungswert nichtdrastisch steigen, ohne dass sich Wissenschaftler in Unterhal-ter verwandeln müssten? Wäre dann nicht auch die Arbeit„face to face“ wieder attraktiver?Technisch lässt sich alles lehren, lernen, prüfen. Man mussdiese Möglichkeiten nur denken wollen. Und wer ist mit derGegenwart schon so zufrieden, dass er auf eine andere Zu-kunft keinen Gedanken verschwenden müsste?

Prof. Dr. Wolfgang Fach,Prorektor für Lehre und Studium

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EDITORIAL

Inhalt E-What?

UNIVERSITAT LEIPZIG

Titelbild: dpa picture alliance

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UniVersum

Wolfgang Pestner lächelt. Was für eineFrage. Natürlich hat er ein Maßband, dasjeden Tag bis zum Dienstende einen Zenti-meter kürzer wird. „Das gehört dochdazu.“ Ende Februar wird der dann 60-Jäh-rige seinen blauen Hausmeister-Overallendgültig an den Nagel hängen und sich inden Ruhestand verabschieden – nach fast36 Jahren im Dienst der Universität.Dass sich der freundliche, kompakte Bril-lenträger auf diesen Termin freut, ist auch„gar keine Frage“. Einerseits. Andererseits,betont Wolfgang Pestner, hat er seine Ar-beit immer sehr gern gemacht. Selbst,wenn sie mitunter richtige Schufterei be-deutete. Seit März 1973 ist Wolfgang Pest-ner an der Uni angestellt – er begann alsHeizer und konnte sich später „Maschinistfür Wärmeerzeugung“ nennen. Wie vieleZentner Kohle er im Laufe seiner Berufs-

jahre weggeschippt hat, darüber hat Wolf-gang Pestner sich keine Gedanken ge-macht. „Ein paar tausend dürften es schongewesen sein“, sagt er zögernd.Welche davon besonders in Erinnerung ge-blieben sind, kann er dagegen ganz genausagen: Im Katastrophenwinter 1978/1979hatten Pestner und seine Kollegen nicht nurmit der ohnehin „nicht ganz so guten Heiz-wirkung“ der Braunkohle zu tun. Der mas-sive Wintereinbruch hatte das im Tagebauabgebaute Brenngut weitgehend durchge-frostet – vor dem Heizen war erst einmalder Einsatz von Hacke und Spaten gefragt.Dass die Anlagen trotzdem liefen und zu-verlässig Wärme produzierten – darauf istWolfgang Pestner noch heute ein bisschenstolz. Dass ihn sein Rücken dafür ab undzu an die anstrengenden Jahre mit derKohle erinnert, nimmt er mit einem Ach-selzucken in Kauf.Nach der Wende wurde die Arbeit körper-lich leichter, aber nicht weniger erlebnis-reich. Schmunzelnd erinnert sich WolfgangPestner an eine Episode aus der Zeit, alsauch abendliche Kontrollrunden in ver-schiedenen Universitätsgebäuden zu sei-nen Aufgaben gehörten. Eines Abends

habe sich ein Studenten-Pärchen in einemRaum eingeschlossen. Die beiden seien„recht verlegen“ gewesen, als sie nach län-gerer Zeit doch auf sein Klopfen reagierten– und dann schnell das Gebäude verließen.Seit 1997 gehört Wolfgang Pestner zumHausmeisterteam, das die Gebäude undAnlagen der Uni in der Ritterstraße inSchuss hält. Kleinere Reparaturen, Boten-gänge, Reinigungs-, Pflege- und Wartungs-arbeiten – zu tun gibt es rund um die Uhrreichlich. Für einen Gruß oder ein freund-liches Kopfnicken nimmt sich WolfgangPestner aber eigentlich immer Zeit.Schließlich genieße er ein „angenehmesArbeitsklima“, das ihn auch nach all denJahren noch morgens früh um sechs Uhr„mit Spaß“ seinen Dienst antreten lässt.Wenn das Maßband an seinem Ende ange-kommen ist, wird sich Wolfgang Pestner,als erstes einen ganz persönlichen Spaßgönnen. Er bezeichnet sich selbst als „ge-legentlichen Fußball-Fan“ und verfolgt dasrunde Leder zuweilen bei Lok Leipzig,gerne aber auch im Fernsehen. Deshalb ister schon jetzt dabei, sich für den März ei-nen Studio-Besuch in der Fußball-Sendung„Doppelpass“ zu organisieren. rad

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JournalMitteilungen und Berichte für die Angehörigenund Freunde der Universität Leipzig

Herausgeber: Rektor der Universität Leipzig,Ritterstr. 26, 04109 LeipzigRedaktion: Dipl.-Journ. Lars RadauRitterstr. 26, 04109 LeipzigTel.: 03 41 97-3 50 24, Fax: 03 41 97-3 50 29E-Mail: [email protected].: Dipl.-Journ. Tobias D. HöhnNamentlich gekennzeichnete Beiträge geben dieMeinung der Autoren wieder.

Gesamtherstellung:DZA Druckerei zu Altenburg GmbH,Gutenbergstraße 1, 04600 AltenburgAnzeigen: DZA Druckerei zu Altenburg GmbHAnsprechpartnerin: Ingeborg KellerTel.: 0 34 47 55 51 53E-Mail: [email protected]

Das Journal kann gegen Übernahme derVersandkosten bezogen werden bei:Leipziger Universitätsverlag GmbHOststraße 41, 04317 LeipzigTel./Fax: 03 41 9 90 04 40E-Mail: [email protected]

Die Redaktion behält sich vor, eingesandteArtikel zu redigieren und zu kürzen. Bei unver-langt eingesandten Manuskripten besteht keineGewähr für einen Abdruck.Der Nachdruck von Artikeln ist gestattet, soferndie Quelle angegeben wird. Ein Belegexemplar andie Redaktion wird erbeten.Redaktionsschluss dieser Ausgabe: 25. 11. 2008ISSN 1860-6709

Guter Geist der RitterstraßeHausmeister Wolfgang Pestner geht in Ruhestand

Der gute Geist der Ritterstraße: Wolfgang Pestner freut sich auf seinen Ruhestand,obwohl er auch gerne gearbeitet hat. Foto: rad

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Die neuen Studentinnen und Studenten desWintersemesters 2008/09 wurden an derUniversität Leipzig im Großen Saal desGewandhauses feierlich immatrikuliert.Der Rektor der Universität Leipzig, Profes-sor Dr. Franz Häuser, begrüßte die Neu-immatrikulierten erstmals als Kommilito-nen, denen „Ihre Hochschullehrer undwissenschaftlichen Mitarbeiter die Wegeaufzeigen und auf die Stolpersteine, dienicht ausbleiben werden. Den Weg gehen,müssen Sie selbst.“ Der StudentInnenrathieß die Neuen in diesem Jahr wirklichwillkommen, und die „Neuen“ konntensich bei allen kritischen Noten wirklichaufgenommen fühlen in den Kreis der Stu-dentinnen und Studenten. Der FestrednerProf. Dr. Peter Michael Lentz vom Deut-schen Literaturinstitut Leipzig zeigte mitValentin, wie man mit vielen Worten nichtssagen kann, erntete dafür Szenenapplausund legte in sein mit literarischen Zita-

ten gespicktes Be-kenntnis „Leipzigoder nie“ viel Be-geisterung für dieStadt, die nun fürdie Neuimmatri-kulierten geistigeHeimat werdensoll. Er mahnt an:„Während IhresStudiums in Leip-

zig können Sie es aber Karl Valentin nach-tun, indem Sie sich als eigensinnig und derbloßen Nachahmung, unrechtmäßigen Ko-pie sowie des geistigen Diebstahls unfähigerweisen.“Das Meisterstück aber boten eine Studen-tin und ein Student mit einer Performance,die die Tücken des Studentenlebens kari-kierte. Auch hier blieb begeisterter Ap-plaus nicht aus. Der Rektor konnte dannzum Ende der Veranstaltung die traditionellbei der Immafeier vergebenen Preise in ge-löster und dennoch feierlicher Atmosphärevergeben.Der von der Sparkasse Leipzig gesponserteWolfgang-Natonek-Preis wurde vergeben

von der Vereinigung der Freunde undFörderer der Universität Leipzig e.V. Erzeichnet Studierende aus, die sich durchbesondere Leistungen und gesellschaft-liches Engagement hervortun. Mit demPreis erinnert die Universität an ihren Stu-dentenratsvorsitzenden von 1947 und1948, der wegen seines Widerstands gegendie entstehende DDR von der sowjetischenBesatzungsmacht zu einer mehrjährigen

Strafhaft verurteiltwurde. In diesemJahr erhielten denPreis Karola Kun-kel, Erziehungs-wissenschaftlicheund Gunther Hem-pel, MedizinischeFakultät. Frau Kun-kel ist eine heraus-

ragende Studentin und setzt sich sehr fürUmweltbelange ein. So war sie sehr aktivbei der Einführung von fair gehandeltemKaffee in Cafeterien und Mensen des Stu-

dentenwerks und bei der Gründung der AG„Umwelt“. Gunther Hempel erzielte eben-falls herausragendeStudienleistungenund setzt sich zu-dem engagiert fürdie Belange undNöte der Medizin-studentinnen und-studenten ein. We-nige Monate nachder Aufnahme sei-nes Studiums richtete er die Internetplatt-form „Leipzig-Medizin.de“ ein, auf derman „Alles zum Medizinstudium in Leip-zig“ finden kann.Die Vereinigung von Förderen und Freun-den der Universität Leipzig e.V. vergibtden Theodor-Litt-Preis. Mit diesem Preiswerden im Gedenken an den großen Päda-gogen Theodor Litt Hochschullehrer ge-ehrt, die sich mit Fachkompetenz, Persön-lichkeit und der Gabe, Studierende zu be-geistern, in die Lehre einbringen. In diesem

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UniVersum

„Den Weg gehen müssen Sieselbst“Studienanfänger feierlich immatrikuliert

Mit einer Performance nahmen diese Studenten die Tücken des Studentenlebensironisch-überspitzt aufs Korn. Fotos: Jan Woitas

Karola Kunkel

Rektor Prof. Dr.Franz Häuser

Gunther Hempel

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UniVersum

Jahr ging der Preisan Professor BorisEgloff, Fakultät fürBiowissenschaften,Pharmazie undPsychologie, undProf. MarkusKotzur, Juristen-fakultät. Drei Vier-tel der Studieren-

den im Studiengang Psychologie bewerte-ten die Lehrveranstaltungen von ProfessorEgloff als überdurchschnittlich gut undlobten seine unverwechselbare Rhetorik,den ausgeprägten Praxisbezug und die kol-legiale Atmosphäre bei der Klärung vonstudentischen Anliegen. Professor Kotzurbereitet nach Angaben der Studierendendie Lehrveranstaltungen so vor, dass derStoff von den Studierenden leicht aufge-nommen und eingeordnet werden kann. Erbezieht Studierende durch Fragen und Dis-kussionen direkt in die Vorlesungen einund stellt tagespolitische Bezüge her.Der deutsche Akademische Auslandsdienstzeichnet alljährlich einen Studierenden je-der deutschen Hochschule aus für hervor-ragende Leistun-gen und ein beson-deres Engagementfür soziale undfachliche Integra-tion. An der Uni-versität Leipzigging der Preis indiesem Jahr anJohn NjengKarugia aus Kenia, Fakultät für Ge-schichte, Kunst- und Orientwissenschaf-ten. Herr Karugia schloss sein Masterstu-dium in Global Studies Erasmus Mundusmit sehr guten Leistungen ab und wurde alsDoktorand in der Afrikanistik aufgenom-men. Als studentischer Vertreter erleich-terte er vor allem neuimmatrikulierten Stu-dentinnen und Studenten den Neuanfang ineinem fremden Land beziehungsweise ineiner neuen Stadt. Die Veranstaltung wurdein bewährter Weise musikalisch begleitetvom Leipziger Universitätschor, dem Leip-ziger Universitätsorchester und der Uni-bigband Leipzig. Sie begeisterten dasjunge Publikum und trugen wesentlich zumGelingen der Veranstaltung bei.

Dr. Bärbel Adams

Seit dem 27. Oktober ist das von der Uni-versitätsbibliothek Leipzig technisch undorganisatorisch betreute Papyrus-Portalfreigeschaltet. Es erlaubt allen Besuchern,online einen Blick auf die faszinierendeund vielfältige Welt der Papyri zu werfen.Für die Forschung eröffnet es einen kom-pakten Zugriff auf Sammlungen, die bis-lang nur getrennt konsultiert werden konn-ten. Unter anderem sind in das Projektbereits die Papyrus-Bestände aus Heidel-berg, Köln, Trier, Bonn, Giessen, Halle,Jena und Würzburg eingebunden, diegroßen Sammlungen in Berlin und Wienhaben ihr Interesse an einer künftigen Teil-nahme am Portal bekundet.Die Plattform ermöglicht eine schnelleReal-Time-Suche in allen angeschlossenenSammlungen, die auch weiterhin für denInhalt ihrer Seiten und für das Funktionie-ren ihrer Datenbanken verantwortlich sind.Mit Hilfe des Portals können nun gezielteRecherchen in einem einzigartigen digitalbearbeiteten Quellenmaterial durchgeführtwerden. Dadurch, betont Prof. Dr. Rein-hard Scholl, Leiter der Papyrussammlun-gen der Universitätsbilbliothek Leipzigund Koordinator des Portals, lassen sichauch Texte, die im Laufe der Erwerbungs-geschichte zerstreut worden sind, ent-decken. „Die meisten Sammlungen habenihre Papyri zu Beginn des 20. Jahrhundertsüber das so genannte Deutsche Papyrus-kartell in Form eines Ersteigerungsverfah-rens erworben, wobei Zusammengehören-des bisweilen getrennt wurde“, erklärtScholl.

In den äußerlich oft unscheinbaren Papyrispiegele sich die „ganze Vielfalt desmenschlichen Lebens“, das von aktuellenFragen über das antike Bankwesen, überSteuerbetrug, Korruption, Kauf-, Ehe- undScheidungsverträgen bis zu Liebeszauberreicht. Die digitalen Abbildungen, soScholl, sicherten nicht nur „bestmöglicheLesbarkeit“, sondern schonten auch diekostbaren Originale.Das Papyrus-Portal wurde durch eine Pro-jektförderung der Deutschen Forschungs-gemeinschaft ermöglicht. Es sei nicht nur„ausgleichend und einigend“ für die deut-schen Sammlungen, sondern mache dieseauch kompatibel zu anderen internationa-len Projekten, hebt Scholl hervor. radwww.papyrusportal.de

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Prof. Boris Egloff

John Njeng Karugia

Plattform freigeschaltetPapyrus-Portal ist online

Jetzt digitalisiert und weltweit verfüg-bar: ein Papyrus-Fragment. Foto: A. K.

Im September fand sich in den Sonder-sammlungen der Universitätsbibliothek einbislang unbekanntes Kleinod: eine Quit-tung des Dichterfürsten Johann Wolfgangvon Goethe. Auf der Rückseite eines Brie-fes des Zürcher Theologen und Schriftstel-lers Johann Caspar Lavater an den Leipzi-ger Verleger Philipp Erasmus Reich vom18. Februar 1775 notierte Goethe: „das Pa-ket mit den Bogen C. D. E. hab heut rich-tig erhalten d 22 Febr. 1775. G.“Die Notiz gilt als Mosaikstein aus einerZeit, als der Buchdruck in Leipzig in vol-ler Blüte stand. rad

Goethe-QuittungSchatz aus der Sondersammlung

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Lange haben Studenten, Mitarbeiter, Wis-senschaftler und Leipzigs Bevölkerung aufdiesen Tag gewartet. Am 21. Oktoberwurde über dem Neuen Augusteum unddem Paulinum der Richtkranz aufgezogen.Bauleute, Bauherr (der Freistaat Sachsen),Vertreter der Universität Leipzig als Nut-zer sowie der Stadt Leipzig feiertengemeinsam eine wichtige Etappe vonSachsens größtem Hochschulbauprojekt.Knapp 200 Millionen Euro werden derzeitam Augustusplatz verbaut. Das vorläufigeErgebnis kann sich sehen lassen.Finanzminister Prof. Dr. Georg Unland

würdigte die Rolle der Universität Leipzigals sächsische Landesuniversität und ver-wies auf historische Wurzeln. „Diese Uni-versität repräsentiert die Glaubens- undWissenschaftsfreiheit und vor allem auchdie 1989 in Leipzig errungene politischeFreiheit“, sagte er vor mehreren hundertGästen im Leibniz-Forum, dem künftigenCampus-Innenhof. Auch die Debatte überdie Innenraumgestaltung des Paulinums,das neben einer Aula auch einen kirchlichzu nutzenden Teil umfasst, lässt er nicht un-angesprochen.Seit Bekanntwerden der Ausschreibung

über den flexiblen transparenten Raumtei-ler, der den Aulateil mit dem gottesdienst-lich zu nutzenden Teil verbindet, diskutie-ren weite Kreise der Öffentlichkeit das Fürund Wider dieser Gestaltungsvariante desholländischen Architekten Erick van Ege-raat. Was viele nicht wissen: Ursprünglichhatte van Egeraat zwei Wände aus Kunst-glas einziehen wollen, die große Baukom-mission verständigte sich jedoch auf ledig-lich einen Raumteiler.„Die Entscheidung geht auf einen breitenProzess der Meinungsbildung von Stadt,Land und Universität zurück und wurde

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UniVersum

Richtkrone über Paulinumund Neuem AugusteumUni-Campus wächst – Institutsgebäude fast fertigVon Tobias D. Höhn

Feierlicher Augenblick: Am 21. Oktober hob sich der Richtkranz über dem neuen Augusteum und dem Paulinum. Das Neubau-projekt soll zum Jahrestag der Universitätsgründung im Dezember 2009 weitgehend abgeschlossen sein. Fotos: Peter Endig

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UniVersum

keineswegs – wie in manchen Medien ver-mittelt – von mir irgendwie in autoritärerWeise gefällt“, so Rektor Prof. Dr. FranzHäuser. Würde man den gesamten Raumoffen lassen, wäre seiner Meinung nachnach wie vor auch offen, was gebaut wird.„Es ist nämlich nicht Aufgabe des Staatesund der Universität, eine neue Kirche zubauen“, sagte Häuser. Immerhin bekenntesich die Universität im 21. Jahrhundert imreligiösen Umfeld einer großen ostdeut-schen Stadt dazu, ein Drittel der Fläche derreligiösen Nutzung einer Konfession zuüberlassen.Wie groß die Zustimmung für die Kunst-glaswand ist, zeigte eine Resolution desReligionswissenschaftlers Professor Hu-bert Seiwert, der sich in den vergangenenWochen mehr als 2200 Menschen ange-schlossen haben.Alt-Rektor Cornelius Weiss bezeichneteden jetzt umgesetzten Entwurf als fantas-tisch. „Er erfüllt alle Träume, die wir sei-nerzeit hatten. Ein Gebäude, das äußerlichin anspruchsvoller Form mit den Möglich-keiten und in der Sprache moderner Archi-tektur die Erinnerung an die gesprengteUniversitätskirche wach hält und das imInneren, so wie es auch in der alten Univer-sitätskirche war, sowohl eine universitäreNutzung möglich macht als auch Raum fürGottesdienste und Universitätsmusik bie-tet.“ Weiss sieht darin auch einen „Ort desGedenkens auch jener Menschen, die Wi-derstand geleistet haben, ob im Nationalso-zialismus oder gegen politische Übergriffein der DDR“.

Architekt van Ege-raat ist überzeugt,dass der Disputüber seinen Ent-wurf bald beendetist: „Ich habe im-mer gesagt, dassich keine Kirche,aber einen wunder-baren Kompromissbaue. Dieser Raumwird eine großeKraft haben, weil

er hell sein und leuchten wird.“ An derStelle des Paulinums stand bis 1968 dieUniversitätskirche St. Pauli, in der auch derReformator Martin Luther gepredigt hatte.Auf Geheiß der SED unter Walter Ulbrichtwurde der Bau am 30. Mai 1968 gesprengt.Zum 600. Gründungstag der Alma materLipsiensis am 2. Dezember 2009 soll indem modernen Neubau mit historisieren-dem Antlitz der akademische Festakt ge-

feiert werden, der den Höhepunkt des Ju-biläumsjahres bildet. Damit alles pünktlichfertig wird, bedarf es van Egeraat zufolge„einer großen Kraftanstrengung aller Be-teiligten, keine weiteren Streits und einenmilden Winter, in dem ohne Pause gebautwerden kann“.Das 102 Meter lange Institutsgebäude mitmoderner Glasfront an der GrimmaischenStraße ist indes schon nahezu fertig. ZweiTage nach dem Richtfest eröffneten in demfünfeinhalbgeschossigen Bau, der in öf-fentlich-privater Trägerschaft entstand, imErdgeschoss zehn Ladengeschäfte. Rund30 Millionen Euro haben der FreistaatSachsen und der Projektentwickler MIBAG in das Institutsgebäude investiert. VieleLeipziger, die an dieser Stelle noch die alteMensa und die Uni-Buchhandlung kann-ten, kamen zur Eröffnung und warenbegeistert von der Neugestaltung und derArchitektursprache des Münsteraner BürosBehet Bondzio Lin.Auch die Obergeschosse mit etlichenSeminarräumen und einer großen Freiter-rasse sind so gut wie fertig und sollen imDezember an die Universität übergebenwerden. Die Terrasse bietet den Studentenkünftig einen fantastischen Blick auf dasLeibniz-Forum mit der bronzenen Plastikdes Universalgelehrten und dem restaurier-ten Schinkeltor.Die Wirtschaftswissenschaftliche Fakultät,die derzeit auf dem Campus Jahnallee un-tergebracht ist, soll zum Sommersemester2009 die neuen Räume beziehen. Dann

werden auch das umgebaute Seminarge-bäude und das neu gestaltete Hörsaalge-bäude, die Mensa sowie ein Großteil derAußenanlagen fertig sein.

www.uni-leipzig.de/campus2009/bau/

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Erick van Egeraatist von seinem Ent-wurf überzeugt.

Rektor Prof. Dr. Franz Häuser betonte beim Richtfest, die gefundene Lösung basiereauf einem breiten Meinungsbildungsprozess von Stadt, Land und Universität.

Der neue Uni-Campus imHerzen der StadtSonderveröffentlichung der Universität Leipzig Samstag, 18. Oktober 2008

Noch trennt ein Bauzaun den neuen Uni-Cam-pus von den Leipzigern. Doch längst haben dieBürger der Messestadt, die Studenten der fast600 Jahre alten Universität und die Touristendas Paulinum für sich entdeckt. Giebel, Spitz-bogenfenster und Rosette erinnern an die Uni-versitätskirche St. Pauli. Bewusst. Doch hier ent-steht bis Ende kommenden Jahres kein Sühne-bau, der die bis heute schmerzliche Wunde derSprengung von 1968 wettmachen will. Mit demPaulinum soll würdevoll der Vergangenheit ge-dacht werden, während der Raum auch Platzfür die Gegenwart lässt.

Im, vom Augustusplatz gesehen, vorderen Teilentsteht ein Andachtsraum mit Altar. Es wird einRaum der Stille, offen für alle. Dort werdenauch mehrere aus der Universitätskirche St.Pauli gerettete Gedächtnistafeln, die so ge-nannten Epitaphien, ausgestellt. Im übrigen Teildieses geistig-geistlichen Zentrums entsteht eineAula, Ort für festliche Zusammenkünfte undwissenschaftliche Dispute, Konzerte und großeGottesdienste. Beide Räume sind dank einer 16Meter hohen zu öffnenden Glaswand gemein-sam wie getrennt nutzbar. Optisch erscheint derRaum als eins, denn der Raumteiler ist nahezu100 Prozent durchsichtig und hängt von derDecke herab. Dadurch ist keine störende Unter-konstruktion notwendig. Ein Deckengewölbeaus weißem Putz, Glas und Porzellanelementenlässt das gesamte Paulinum erstrahlen. EineVerbeugung vor der Geschichte, keine vorder-gründige Imitation.

Ohne Zweifel. Neben dem Hauptgebäude(Neues Augusteum) und dem großen HörsaalAuditorium maximum wird das Paulinum dasHerzstück des Uni-Campus. Umgeben vonGewandhaus und Oper fügt sich das Neuein das bestehende Ensemble ein – und wirdArchitekturgeschichte schreiben. Ein wichtigerMeilenstein ist an diesem Dienstag das Richtfestdes Paulinums.

Seien Sie gespannt auf das neue Gesicht derAlma mater Lipsiensis, Ihrer Universität imHerzen der Stadt.

Die Zukunftbeginntim Gestern

Das Herzstück des neuen Campus: Das Paulinum vereintAula und Andachtsraum. Eine zu öffnende Wand ausKunstglas verbindet beide Räume.

© (EEA) Erick van Egeraat associated architects

Zum Neubau des Campus am Augus-tusplatz hat die Universität Leipzig eine16-seitige Sonderveröffentlichung mitdem Titel „Der neue Campus im Herzender Stadt“ herausgebracht.

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„Diese Klemmen hier sitzen nichtrichtig. Die Klemmenbezeichnungfehlt; auch wenn da jetzt nichts draufist, es gehört eine hin. Und die Strom-kreisbeschriftung muss geändert wer-den.“ Toni Wichmann, der junge Elek-troniker, blättert hochkonzentriert inden Schaltplänen und vergleicht diemit dem, was eine Elektrofirma in denLabors des Veterinär-AnatomischenInstituts installiert hat. Er vertritt dieUniversität und nimmt nur ab, wasabsolut vorschriftgemäß ist. Sein Ge-genüber, ein mindestens doppelt soalter Fachmann, schreibt auf, wasWichmann zu beanstanden hat undnickt einsichtig. Was der sicherlichnicht weiß: der gestrenge Kontrolleurhat nicht nur seinen Berufsabschluss,sondern auch schon die ersten Meri-ten erkämpft.Toni Wichmann gehörte zu denfrischgebackenen Gesellen, die sichim September 2008 im Haus der Säch-sischen Elektrohandwerke Dresdenunter den Augen der Jury des Fachver-bandes für Elektro- und Informations-technik Sachsen einer kniffligen Auf-gabe stellten: Es galt, die Elektroanlage ineinem Einfamilienhaus zu erweitern, miteiner logischen Steuerung zu überwachenund automatische Schaltfolgen zu realisie-ren. Das Ganze spielte sich an einer Trai-nings-Gitterwand ab, so dass die Jurorenjeden Handgriff der sieben Kandidaten be-obachten konnten. Toni Wichmann jeden-falls bewältige die Installation mit Bravourund kehrte als Landessieger nach Leipzigzurück, wo er von seinen Kollegen mitanerkennendem Schulterklopfen begrüßtwurde.Aber verwundert über seinen Erfolg warniemand. Schließlich war klar, dass er beiEckard Weigt, dem für die Betriebstechnikder Stadtmitte zuständigen Elektromeister,eine harte Schule durchlaufen hat. „Wir ha-ben viel in der Lehrwerkstatt geübt. Immerwieder, bis wir perfekt waren. Dann erstsind wir mit rausgegangen“, erinnert sich

Toni an seine dreieinhalb Jahre Ausbil-dung. „Da hatten wir es besser als mancheJungs auf den Baustellen, wo der Terminüber allem stand.“Toni Wichmann war übrigens nicht der ein-zige an der Universität ausgebildete Ge-

selle, der aus einem Wettbewerb Lor-beeren nach Leipzig holte. Feinwerk-mechaniker Marcus Büchel erreichteim Leistungswettbewerb des Deut-schen Handwerks auf Landesebeneebenfalls den 1. Platz.„Ich jedenfalls bin froh, dass ich an dieUni gegangen bin“, erzählt Wich-mann. „Die Lehre war gut. Und dassich dann gleich einen Job bekommenhabe, war noch besser. Klar gibt es wieüberall Arbeiten, die weniger Spaßmachen. Die zahllosen Elektrogeräteüberprüfen zum Beispiel. Aber es gibtauch interessante Dinge, installierenoder Leitungen bei Bauarbeiten verle-gen.“Und schon schnappt er wieder seineMappe, um sich zu einer Experten-runde an ein großes Erdloch zu stel-len. Die freigelegten Kabel sind imWeg. Was muss jetzt passieren, damitweiter gegraben werden kann? DerElektroniker notiert die Aufgaben, dieauf ihn und seine Kollegen in dennächsten Stunden zukommen.Wie es bei Toni in den nächsten Jah-ren weitergeht? Erst einmal leistet er

seinen Zivildienst beim StudentenwerkLeipzig. Dann zieht er wieder die blauenLatzhosen an und geht zu seinen Kollegenan den Betriebshof der Tierklinikenzurück. Für später hat er eine Meisteraus-bildung ins Auge gefasst. Marlis Heinz

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UniVersum

Durch eine harte SchuleUni-Azubi Toni Wichmann ist bester jungerElektroniker-Geselle Sachsens

Toni Wichmann war während seinerLehre einer von 72 künftigen Facharbei-tern, die an der Universität Leipzig ins Be-rufsleben starteten. Die Bewerberzahlensind deutlich höher als die Zahl der ange-botenen Ausbildungsplätze. Besondersgefragt sind die Stellen in der Veterinär-medizinischen Fakultät, wo man Tier-pfleger oder Tiermedizinische Fachange-stellte werden kann. Über 350 Kandidatendrängelten sich um die acht Lehrverträge.Nicht ganz so zugespitzt ist das in den an-deren elf Berufen. Derzeit werden junge

Leute ausgebildet zum Chemie-, Biolo-gie- oder Physiklaboranten, zum Fach-arbeiter für Medien und Informations-dienste, zum Elektroniker, Feinmechani-ker, Gärtner, Fachangestellten für Büro-kommunikation, Fachinformatiker, Glas-apparatebauer, Tierpfleger und Tierme-dizinischen Fachangestellten und zumMediengestalter. Allerdings kann mannicht in jedem Jahr jede Ausbildung be-ginnen. So gibt es für Herbst 2009 malkeine Plätze als Biologielaborant, Glas-apparatebauer und Mediengestalter.

Erfolgreich dank Ausbildung an der Uni: Elektroni-ker-Geselle Toni Wichmann. Foto: V. Heinz

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UniVersum

Früher, daran kann sich der Bachelorstu-dent Max noch erinnern, sah das Erdge-schoss in der Goethestraße 6 anders aus. InStudentensekretariat und Zentraler Stu-dienberatung gab es einen schmalen Gangund so gut wie keine Sitzmöglichkeit,wenn man warten musste. „Es war irgend-wie dunkler und auch nicht so viel Platz.“Heute heißt der Bereich im Erdgeschossrechts „Studenten Service Zentrum“(SSZ): Darin sitzt der 24-Jährige Max aufeiner geschwungenen Sitzbank mit dunkel-rotem Bezug. Entspannt ist die Stimmungim SSZ: Im orange verkleideten Kaffee-point tröpfelt der Kaffee durch die Ma-schine, es riecht ein bisschen nach Kuchen,der Lärmpegel ist gering. Warten wäre hiergar nicht schlimm, meint Max, „ist ja auchschön warm“, aber da ist er auch schon ander Reihe: Am Platz 1 der Servicetheke imSSZ will der Student einen Rat: „Ich habeletztes Semester ein Modul nicht bestandenund weiß nicht, was ich jetzt machen soll.“Solche und ähnliche Fragen werden öftersgestellt, hier im SSZ. Es bündelt die Infor-mations-, Beratungs- und Serviceangeboteder Zentralen Studienberatung, des Stu-dentensekretariats und des Studentenwer-kes Leipzig. Seit Anfang November ist esnun geöffnet; jeden Tag beraten sieben bisacht Mitarbeiter der Universität und desStudentenwerks Studierende in fast allenBelangen des studentischen Lebens unddes Studiums.So auch in der Beratungskoje 1: Dahin istMax nach seiner Kurzberatung unterwegs.In diesem Raum sitzt Gudrun Ratter, dieseit 1992 in der Zentralen Studienberatungan der Universität tätig ist. Sie beruhigtMax: „Holen Sie das Modul einfach nach.Wenn Sie ein Semester über die Regelstu-dienzeit kommen, ist das kein Problem, so-fern Sie kein BaföG beziehen.“ „Muss ichirgendwelche Unterlagen einreichen, wennich überziehe?“, will Max wissen. „Spe-zielle Formulare dafür gibt es nicht, Siemelden sich ganz normal zurück, dennnach dem bisherigen Sächsischen Hoch-schulgesetz durften die Studierenden vier

Semester von ihrer Regelstudienzeit ab-weichen“, meint Ratter. „Daran wird sichauch mit dem neuen Sächsischen Hoch-schulgesetz nichts ändern.“Einige Fragen und Antworten später stehtMax wieder vor dem Raum. Seine Bilanz:„Das hat auf jeden Fall was gebracht. Ichhabe alle Infos auf einmal bekommen undmusste nicht wie zuvor zu vielen unter-schiedlichen Ansprechpartnern hetzen.Das ist schon ein gutes Ding hier.“Auch Franziska ist vom SSZ begeistert.

Die 16-Jährige geht noch zur Schule undhat sich eben einen Internationalen Studen-tenausweis gekauft. „Den bekomme ichauch als Schülerin und habe dadurch Zu-gang auf Grafikprogramme im Internet,die ich für den Unterricht brauche.“ Wieviele andere Schüler informiert sich auchFranziska im SSZ über Studienmöglichkei-ten an der Universität Leipzig. „NächstesJahr komme ich bestimmt noch mal vorbeiund nehm’ mir an der Infothek was mit“.

Kathrin Ruther

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Anlaufstelle rund ums StudiumStudenten Service Zentrum bündeltInformations- und Beratungsangebote

Gudrun Ratter (r.) berät im neuen Studenten Service Zentrum in der GoethestraßeRatsuchende zu Fragen rund ums Studium. Foto: Kathrin Ruther

Das von Universität und Studentenwerkgemeinsam betriebene Studenten ServiceZentrum im Erdgeschoss der Goethe-straße 6 ist zentrale Anlaufstelle für alleFragen rund ums Studium. Es soll Studie-renden, Studieninteressenten und Schü-lern die Orientierung erleichtern. Siebenbis acht Mitarbeiter der Universität unddes Studentenwerks beraten gemeinsam

bei Problemen und Informationsbedarf.Der Großteil der Beratungsplätze befin-det sich an einer Servicetheke, es gibt zu-dem zwei Infotheken mit Broschüren undInformationsmaterial. Außerdem stehensechs Servicecomputer zur Verfügung, andenen selbst recherchiert werden kann.Das SSZ ist täglich geöffnet.www.uni-leipzig.de/ssz

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Da feiert die Moritzbasteiim Jahr 2009 den 30. Jah-restag der Eröffnung desersten Bauabschnitts – unddann das: Ausgerechnetzum Jubiläum steht demals größtem StudentenklubEuropas in die Annaleneingegangenen Kultur-denkmal das Wasser biszum Hals. Manchmal so-gar im wahrsten Sinne desWortes, denn von außendringt Feuchtigkeit durchdie Wände und Decken,müssen bisweilen Eimerdas Nass aufnehmen. „DerZustand hat sich in denletzten fünf Jahren drama-tisch verschlechtert, es ha-ben sich Risse gebildet,durch die sich das Wasserden Weg in die Räumesucht“, beschreibt Moritz-bastei-Sprecher TorstenReitler das Dilemma. 1,3 Millionen Eurosind laut Gutachtern nötig, um eine Sanie-rung zu finanzieren.Seit 2003 sind die universitäre StiftungMoritzbastei, deren Vorsitzender RektorProfessor Dr. Franz Häuser ist und in de-ren Auftrag die Moritzbastei GmbH denehemaligen Studentenklub als Kulturzen-trum betreibt, und die Betreibergesell-schaft intensiv auf der Suche nach Mög-lichkeiten, dieses Geld aufzutreiben. Dabeisind laut Reitler bereits wesentliche Fort-schritte erzielt worden: „Die politischenEntscheider haben sich dazu durchgerun-gen, die MB in das Programm ,Städtebau-licher Denkmalschutz des Landes Sach-sen‘ aufzunehmen.“ Das bedeutet, dass 80Prozent der Gesamtkosten förderfähigsind. Die restlichen 20 Prozent muss dieStiftung Moritzbastei selbst aufbringen.Doch es gibt gravierende Probleme: Am80-prozentigen Förderanteil würde dasLand wiederum 80 Prozent übernehmen,während die Stadt 20 Prozent zu tragenhätte – Geld, das die tief verschuldete Stadtnicht hat. In zähen Verhandlungen wurde

erreicht, dass die Stadt zumindest 114.000Euro beisteuert, noch einmal die gleicheSumme wollen Stiftung und GmbH zu-schießen. Wollen, denn noch ist es nicht ge-lungen, den Betrag zusammenzubringen,es fehlen noch mindestens 80.000 Euro.Dabei drängt die Zeit: Wenn nicht bis zum30. April alles in Sack und Tüten ist, kön-nen die zugesagten Fördermittel nicht ab-gerufen werden.Die Moritzbastei GmbH hat bereits ver-sucht, den Weg über die Banken zu gehen.„Wir wurden jedoch nicht als kreditwürdigbetrachtet, weil wir keine Sicherheiten bie-ten konnten“, so Reitler. Der Pachtvertragmit der Stadt, die eigentlicher Eigentümerdes Grundstücks und der Gebäude ist, läuftnämlich „nur“ bis 2023 – den Bankenreicht das nicht aus. Deshalb haben sich dieStiftung und die GmbH dazu entschlossen,um Spenden für einen Bau zu bitten, der indieser Form nirgendwo anders zu findenund ein echtes Wahrzeichen für Leipzig ist.Da die GmbH keine Spenden annehmenund verwalten kann, ohne Steuern dafürzu entrichten, hat sich die Kulturstiftung

Leipzig bereiterklärt, dieSpendengeschäfte abzu-wickeln. Sie stellt sicher,dass das Geld tatsächlichin den Bau fließt.„Es hängt ja einiges an Ge-schichte an der MB“, soReitler. Einst Teil der städ-tischen Wehranlagen,wurde nach deren Zer-störung die erste konfes-sionslose BürgerschuleDeutschlands auf dem Ge-lände errichtet. Im Zwei-ten Weltkrieg wurde dieSchule ein Opfer der Bom-ben, Schutt und Baurestewurden dazu verwendet,die Gewölbe zu verfüllen.Ab 1974 gruben insgesamtrund 30.000 Studenten,darunter auch die heutigeBundeskanzlerin AngelaMerkel, in gut 150.000 un-bezahlten Arbeitsstunden

die MB wieder aus. 1979 wurde der Ober-keller eröffnet, 1982 schließlich der Ge-samtkomplex an die Uni übergeben. Biszur Wende als reiner Studentenklubbetrieben, steht die MB heute jedermannoffen, auch wenn Studenten nach wie vorden Großteil des Publikums ausmachendürften.Für Professor Franz Häuser ist die Moritz-bastei schlicht ein „Aushängeschild für dieUniversität.“ Er sei überglücklich, dass dieStadt die Sanierung veranlasst hat und vo-rantreiben will, sagt der Rektor. Er freutsich auch darüber, dass durch den Neubauder Mensa am Park der Universitätscampusund die Moritzbastei wieder stärker zusam-menwachsen. Jörg Aberger

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UniVersum

Ein Kulturdenkmal in NotMoritzbastei bittet um Spenden für die Sanierung

Spenden für die Sanierung der Moritz-bastei nimmt die Kulturstiftung Leipzigentgegen. Die Kontonummer der Kultur-stiftung bei der Sparkasse Leipzig ist die1100800600, Bankleitzahl 86055592.Im Feld Verwendungszweck unbedingt„Kulturdenkmal Moritzbastei“ angeben.

Kulturdenkmal in Not: Die Moritzbastei benötigt Geld für die Sanierung.

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In der Bibliotheca Albertina werden nochbis zum 14. Februar 2009 wertvolle Musi-kalien sowie verschiedene Dokumente undWerke gezeigt, die sich dem Leben undWirken Hugo Riemanns widmen.Vor einhundert Jahren gründete der Musik-gelehrte das Musikwissenschaftliche Se-minar der Universität Leipzig undetablierte damit die Musikwissenschaft alseigenständige Disziplin innerhalb der Uni-versität.Sein Name steht bis heute für eine sowohlsystematische wie historische Musikfor-schung. In der Fachliteratur wird er als der„größte europäische Musikforscher seinerGeneration“ bezeichnet.Riemann selbst hatte keine einfache Kar-riere, und seine späte Ernennung zum Pro-fessor in Leipzig war nicht abzusehen, alsman dem jungen Wissenschaftler hier diePromotion verwehrte.Er musste zeitlebens um eine geachteteStellung als Geisteswissenschaftler kämp-fen, wie in der Ausstellung eine zentraleBriefstelle dokumentiert. Seine teilweisekontroversen Ideen und Theorien wurdenvon vielen Zeitgenossen scharf kritisiert.Der erhoffte Ruhm ließ auch nach derHabilitation auf sich warten.Erst das 1882 veröffentlichte „Musik-Lexikon“ brachte seinem Herausgeber dielang ersehnte Anerkennung. Dieses popu-läre Werk, kurz „Der Riemann“ genannt,gilt als heute eines der bedeutendstenMusik-Lexika des 19. und 20. Jahrhun-derts.Die Forschungs- und Wirkungsbreite desWegbereiters der modernen Musikwissen-schaft spiegelt sich in der Ausstellung wi-der: Riemann erscheint sowohl im Dialogmit Komponisten seiner Zeit als auch mitden Großen der vergangenen Jahrhunderte.

So wird der „Mensuralkodex des MagisterNikolaus Apel von Königshofen“, eineHauptquelle für die deutsche Musik des15. Jahrhunderts gezeigt. In einer eigenenAbhandlung würdigte Riemann dessenBedeutung und erschloss ihn erstmalig fürdie Forschung.Daneben sind viele biographische Zeug-nisse, sowie viele seines Wirkens an derUniversität in Forschung und Lehre zusehen.Die Ausstellung ist Montags bis Freitagsvon 9 bis 20 Uhr, Samstags von 12 bis16 Uhr geöffnet. Zur Ausstellung liegt einfarbig gedruckter Katalog (75 Seiten) vor,er kostet im Handel 14 Euro, in der UB10 Euro.

Ellen Jünger, Universitätsbibliothek

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Ausstellung in der Bibliotheca AlbertinaMusik + Wissenschaft = Riemann

Schon heute prägt der Universitätsneubauam Augustusplatz das Stadtbild. Besondersdas Paulinum als geistiges und geistlichesZentrum wird nach der Einweihung imnächsten Jahr alle Blicke auf sich ziehen.Freunde der Universität können durch densymbolischen Erwerb eines Stuhls für500 Euro die Alma mater unterstützen undsich so ihren Platz im Paulinum sichern.Das Innere des sakral anmutenden Gebäu-

des soll durch ein einzigartiges wie vielsei-tiges Nutzungskonzept ansprechend undfunktional gestaltet werden. Die dort statt-findenden Veranstaltungen werden vonwissenschaftlichen Tagungen und großenFestakten über Konzerte bis hin zu Gottes-diensten reichen. Zudem fungiert der zuschaffende Andachtsraum als Ausstel-lungsbereich für die sorgsam restauriertenEpitaphien. Diese vielfältige Nutzungs-

weise bedarf einer ebenso flexiblen Ein-richtung. Der oben benannte Stuhl wird da-her ein transportabler sein, der je nach Be-darf mit seinen rund 700 Artgenossen neuarrangiert werden kann. Ein eigenes Schildam Objekt wird die Besucher später auf dieUnterstützung hinweisen.Interessierte können sich gern an die Ge-schäftsstelle 2009 wenden:[email protected]

Ein Platz im Paulinum

Hochschul-Rankings sind das Salz inder Suppe des akademischen Alltags.Wer heute noch auf dem Gipfel ist,muss sich schon auf die nächste Tal-fahrt gefasst machen, denn nichts ist sobeständig wie der Wechsel. DasGrundproblem dieser Tabellen ist,dass nicht einfach die Qualität einerEinrichtung gemessen wird, sondernvielmehr das, was das beauftragteInstitut oder die Redaktion für wichtigerachtet und dementsprechend ab-fragt.So galten die Universität Leipzig unddie Martin-Luther-Universität Halle-Wit-tenberg beim so genannten Shanghai-Ranking als Top-Unis Ostdeutschlandsund zählten zu den besten 25 Hoch-schulen der Bundesrepublik. Ein Er-folg! Nur die Kriterien blieben vage.Dabei sind Rankings erst dann sinn-voll, wenn sie Stärken und Schwächenkonkreter Studienangebote en detailauflisten. Das fördert Transparenz,Wettbewerb und Qualitätssicherungund macht den Vergleich für Studienin-teressierte aussagestark.Doch genug lamentiert. Dank desHochschulmagazins „Unicum“ wissenwir, worauf es wirklich ankommt, dasswir spitze sind – und die besten Tassenim Schrank haben. Einige Nachwuchs-forscher haben die Kaffeepötte von 14Hochschulen verglichen und die Jubi-läumstassen der Universität Leipzig aufPlatz drei gewählt. Das Juryurteil: „Dieblumenvasenartige Öffnung ist schickund bringt viel Fassungsvermögen.Der gut isolierte Becher kostet mitsechs Euro nur halb so viel wie dasMünchner Modell.“Wenn wir beim Bechern schon zurElite zählen, klappt es bestimmt auchbald bei Forschung und Lehre.

Tobias D. Höhnwww.uni-leipzig.de/shop

AmRande

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Die Luft ist frisch und kalt auf dem Süd-friedhof. Sie kriecht in die Schuhe, durchden Jackenkragen und macht Lust auf eineTasse Tee im Warmen. Doch die Schrittevon Fritz Hundt knirschen entschlossen aufdem Kiesweg. „Früher, da bin ich auchnicht so gerne auf den Friedhof gegangen“,sagt der 67-Jährige. „Aber seitdem ich inRente bin, komme ich zwei bis drei Mal proWoche hier her.“ Vor vier Jahren war Hundtnoch Mathematik- und Physiklehrer amSportgymnasium. Dort richtete er im Kel-ler das Schulmuseum und einen Olympia-raum ein, der Leipzigs Sportgeschichtedokumentiert; da durfte natürlich auch derWeitspringer und Silbermedaillengewin-ner Carl Ludwig – genannt Luz – Longnicht fehlen. Über Longs Familienge-schichte stieß Hundt auf Leipziger Persön-lichkeiten, die auf dem Südfriedhof begra-ben sind. „Und da habe ich mir gedacht:Wenn ich mal Zeit habe, dann schaue ichmir an, was die alle verzapft haben zu Leb-zeiten.“Fritz Hundt schultert seine Ledertasche.Pappkarten sind darin. Er hat sie selbst be-klebt, mit Fotos, Zeitungsausschnitten undLexikonartikeln. Die Karten über die Leip-ziger Persönlichkeiten zeigt der Pensionärwährend seinen Führungen, die er in unre-gelmäßigen Abständen anbietet. Ungefähr300 Karten hat er zuhause, alphabetischsortiert in Kisten. Hier auf dem Friedhofhat Hundt eine kleine Auswahl dabei, dieer auch noch zeigen wird auf diesem Spa-ziergang – doch noch ist dafür nicht dieZeit. „Erst gehen wir zu Paul Flechsig.“Paul Flechsig, langjähriger Ordinarius fürPsychiatrie an der Universität, Psychiater,Hirnforscher, in den Jahren 1894/95 Rek-tor. Flechsig war fest davon überzeugt, dassalle seelischen Vorgänge direkt Erzeug-nisse des Gehirns seien und durch exakteneuroanatomische Analyse untersuch- undaufklärbar seien. „In seiner Rektoratsrede,Gehirn und Seele‘ hat er diese Gedankenzum ersten Mal zusammengefasst“, weißFritz Hundt. Eben jene Rede machte Flech-

sig auch außerhalb seines Fachgebiets be-kannt und berühmt. Doch sein Grab aufdem Südfriedhof ist eher unscheinbar: DerGrabstein hat die Größe eines College-Blocks und lugt gerade noch so unter

den Rhododendrenbüschen hervor. Hundtstreicht einige Erdkrümel von der Inschrift,die schwer zu entziffern ist. „Den Grab-stein habe ich schon einige Male geputzt,aber allzu viel ist da nicht mehr zu erken-

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Jubiläum 2009

Universitätsgeschichte aufdem Südfriedhof entdeckenFritz Hundt bietet zum Jubiläum 2009 Führungen an

Fritz Hundt am Grab von Wilhelm Wundt: Zum Jubiläum führt der pensioniertePädagoge Gäste auf Spuren der Uni-Geschichte über den Südfriedhof. Foto: Ruther

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Jubiläum 2009

nen“, sagt der gebürtige Breslauer, einleichtes Bedauern in seiner Stimme. „Ichfinde es schade, dass kaum einer weiß, woPaul Flechsig begraben ist. Jeder Studentmüsste das wissen, finde ich.“ Immerhinsei das Institut für Hirnforschung nachFlechsig benannt. Doch Hundt geht esnicht nur um die harten Fakten. Er kann zu-gleich Geschichten von den Menschenerzählen, die hier begraben wurden. Auchvor dem Grab des Hirnforschers weiß ereineAnekdote, eine, die Flechsig zuerst garnicht in gutem Licht zeigt: „Flechsig istmanches Mal in Vorlesungen eingeschla-fen.“ Hundt schmunzelt. „Das hatte aberden Grund, dass er Tag und Nacht gearbei-tet hat. Und die Studenten wussten schonBescheid: Wenn Flechsig eingenickt ist,haben sie gewartet, bis er wieder aufge-wacht ist. Dann ging die Vorlesung exaktan der Stelle weiter, an der Flechsig unter-brochen hatte.“Hundt schultert wieder seine Tasche undgeht zurück auf den Kiesweg. In einigerEntfernung bepflanzt eine Frau mittlerenAlters ein Grab. Hundt grüßt. Viele Ange-hörige, die hierher kommen, kennen ihnschon. „Ich bin ja mehrmals die Woche hierund drei, vier Kilometer lege ich dann aufmeinen Streifzügen schon zurück.“ JungenMenschen begegnet er dabei kaum – undkann das nicht verstehen. „Die Stadt wirddoch interessanter, wenn man auf die Grä-ber von bedeutsamen Leipziger Persön-lichkeiten trifft.“ Die MundartdichterinLene Voigt wurde hier begraben, aber auchder Zoodirektor Max Schneider oder dieVerlegerfamilien Baedecker und Ullstein.Was die Universität betrifft, so vermutetFritz Hundt, dass ungefähr 17 verschiedeneRektoren hier begraben wurden, zudemzahlreiche Professoren. „Wer sich also mitdem Friedhof auseinandersetzt, der setztsich automatisch auch mit der Geschichteder Universität Leipzig auseinander.“Zum Universitätsjubiläum 2009 will FritzHundt deswegen Führungen auf dem Süd-friedhof anbieten, die sich auf Universitäts-persönlichkeiten konzentrieren. „Da hoffeich, dass auch Studenten kommen. Diemüssen die Informationen schließlich ir-gendwann weitergeben“, sagt Fritz Hundt,lächelt und geht weiter den Kiesweg ent-lang. Die übliche Kilometeranzahl ist fürheute noch nicht erreicht.

Kathrin Ruther

Hans Freyer (1887–1969)Quelle: Universitätsarchiv Leipzig

Die Universität Leipzig berief Hans Freyer1925 auf den Lehrstuhl für Soziologie. Eshandelte sich dabei um das erste eigens fürdieses Fach errichtete Ordinariat inDeutschland. Für Freyer bedeutete dieseine Rückkehr in seine Heimatstadt. 1887geboren, studierte er in Leipzig und Greifs-wald Theologie, Philosophie, Geschichteund Nationalökonomie. 1911 erfolgte diePromotion über ein philosophiegeschicht-liches Thema, danach arbeitete er bis 1912an der von Gustav Wyneken begründetenFreien Schulgemeinde Wickersdorf. Nachder Habilitation und einer Professur in Kielwar er bis 1948 in Leipzig tätig, wo 1930auch sein grundlegendes Werk „Soziologieals Wirklichkeitswissenschaft“ erschien.Freyer gilt als wichtiger Vertreter der Strö-mung, die unter dem Begriff „KonservativeRevolution“ subsumiert wird. Schriftenwie „Revolution von rechts“ (1931) oder„Das politische Semester. Ein Vorschlagzur Universitätsreform“ (1933) zeugennicht nur von seinem politischen Stand-punkt, sondern auch von seinem Wissen-schafts- und Amtsverständnis: Die „gesell-schaftliche Wirklichkeit“ sollte nicht nurtheoretisch betrachtet werden. 1933 über-nahm Freyer als Nachfolger von WalterGoetz das Institut für Kultur- und Univer-salgeschichte; zwischen 1938 und 1944war er mit dem Aufbau des Deutschen Kul-turinstituts in Budapest befasst. Trotz vorallem anfänglich deutlicher Sympathienfür die NS-Machthaber trat Freyer nicht derNSDAP bei. Ab Mitte der dreißiger Jahrewandte er sich in seinen Schriften verstärkthistorischen Themen zu. Dies sowie dieTätigkeit in Ungarn lassen auf eine Des-illusionierung bezüglich des NS-Regimesschließen, in welchem Freyer ursprünglicheine größere Nähe zu seinen eigenen Ideengesehen hatte. Schließlich findet man sei-nen Namen in Konzeptionen Carl Goerde-lers, der ihn für nicht näher ausgeführte„Planungen auf dem Universitätsgebiet“nach dem schließlich gescheiterten Staats-streich vom 20. Juli 1944 vorgesehen hatte.Nach dem Verlust seines Lehrstuhls warFreyer in der Bundesrepublik tätig, zu-nächst als Verlagsmitarbeiter, später auchals Professor. Als einer der führendenSoziologen der „Industriegesellschaft“konnte er insbesondere mit seinem Werk„Theorie des gegenwärtigen Zeitalters“(1955) noch einmal großen Einfluss auf dieintellektuelle Diskussion in Deutschlandausüben. 1969 starb Freyer in Eberstein-burg (Baden-Württemberg).

Erik Lommatzsch

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Die Reihe „Gesichter der Uni“ erscheintseit April 2004 im Uni-Journal.In ihr sollen neben den berühmten „gro-ßen Köpfen“ der Alma mater auch we-niger bekannte Universitätsangehörigevorgestellt werden. Dunkle Kapitelder 600-jährigen Universitätsgeschichtebleiben dabei nicht ausgespart. Betreutwird die Rubrik von der Kommission zurErforschung der Leipziger Universitäts-und Wissenschaftsgeschichte. Anregun-gen und Manuskripte (mit Bildvorschlä-gen) richten Sie bitte an:[email protected]

Auf einen Blick finden Sie die„Gesichter“ im Internet unterwww.uni-leipzig.de/journal/gesichter

Gesichterder Uni

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Wenn die Universität Leipzig im kommen-den Jahr ihr 600-jähriges Bestehen mit ei-ner Vielzahl an Kongressen, Konzerten undeinem akademischen Festakt begeht, wirdsie dabei von einer Reihe öffentlicher, pri-vater und unternehmerischer Sponsorenunterstützt. Als Hauptsponsoren konntendas BMW Werk Leipzig, die SparkasseLeipzig und die Firma Ströer DeutscheStädte Medien gewonnen werden.„Wir freuen uns über das Interesse aus derWirtschaft an den Themen der Wissen-schaft und das Engagement regionaler wieüberregionaler Unternehmen“, sagte Rek-tor Prof. Dr. Franz Häuser bei der Präsen-tation der Partner Anfang Dezember.Peter Claussen, Leiter des BMW Werkes inLeipzig, betonte, dass die Universität im-mer wieder wesentliche Impulse für diekulturelle und wissenschaftliche Entwick-lung in Deutschland, Europa und der gan-zen Welt gegeben habe. „Ein so bedeuten-des Ereignis wie ein 600. Jubiläum ist An-lass, die Vergangenheit zu reflektieren und

die Bedeutung der Universität für die Zu-kunft unserer Gesellschaft ins Bewusstseinder Öffentlichkeit zu rücken. An dieserAufgabe wollen wir als Unternehmen, dasals Teil der Gesellschaft Zukunftsfähigkeitaus Bildung und aus den Fähigkeiten sei-ner Mitarbeiter gewinnt, uns gerne beteili-gen“, sagte Claussen.Damit das, was die Universität forscht undlehrt, auch für jedermann sichtbar und be-greifbar wird, unterstützt die SparkasseLeipzig im Jubiläumsjahr unter anderemdas Wissenschaftsfest „Campus 2009“ imRahmen des Leipziger Stadtfestes unterdem Motto „Spaß am Denken“. „Deutsch-lands Rohstoff“, betonte Sparkassen-Vor-standschef Dr. Harald Langenfeld, sei ebenWissen – „und dieses Gut liefert die Uni-versität Leipzig.“Die Firma Ströer Deutsche Städte MedienGmbH und die Universität Leipzig arbei-ten seit dem Sommersemester 2004 mitStudenten der Kommunikations- und Me-dienwissenschaft zusammen und realisier-

ten mehrere Kommunikationskampagnen.Aufbauend auf „tollen Leistungen der Wis-senschaft“ habe man eine „Win-Win-Situa-tion“ erreicht, erklärte Ströer-Geschäfts-führer Rüdiger Storim. Er kündigte an, derUniversität Leipzig im Jubiläumsjahr groß-flächig Plakatflächen zur Verfügung zustellen.Neben den Hauptsponsoren, die das Jubi-läum mit jeweils rund 250.000 Euro bezie-hungsweise Sachmitteln unterstützen, en-gagiert sich auch der Freistaat Sachsen.Das Kabinett bewilligte Sondermittel inHöhe von 3,4 Millionen Euro aus dem Lan-deshaushalt. Damit soll vor allem die Jubi-läumsausstellung „Erleuchtung der Welt –Sachsen und der Beginn der modernenWissenschaften“ realisiert werden. RektorHäuser zeigte sich zufrieden mit den ein-geworbenen Mitteln, kündigte aber zu-gleich an, dass weitere Sponsoren jederzeitwillkommen seien.

Tobias D. Höhn, Sandra Hasse

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Jubiläum 2009

Wirtschaft unterstütztWissenschaftHauptsponsoren des Jubiläums vorgestellt

Rektor Prof. Dr. Franz Häuser mit den Hauptsponsoren des Jubiläums: Peter Claussen, Leiter BMW-Werk Leipzig (l.),Dr. Harald Langenfeld, Vorstandsvorsitzender der Sparkasse Leipzig (2. v. r.) und Rüdiger Storim, Geschäftsführer derStröer Deutsche Städte Medien GmbH (r.). Foto: Peter Endig

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Fakultäten und Institute

2001 lernen sich Professor Alberto Abbon-dandolo von der Universität Pisa und Pro-fessor Matthias Schwarz von der LeipzigerAlma mater bei einem Seminar am Mathe-matischen Forschungsinstitut Oberwolfach(MFO) im Schwarzwald kennen. In derFolgezeit besuchen sie sich diverse Malegegenseitig. Als Abbondandolo siebenJahre später von der Alexander von Hum-boldt-Stiftung ein Forschungs-Stipendiumfür erfahrene Wissenschaftler erhält, dasihm einen einjährigen Forschungsaufent-halt ermöglicht, ist für ihn schnell klar:„Das Jahr verbringe ich in Leipzig.“ Seitdem 1. September ist er am Mathemati-schen Institut tätig.So kurz können Geschichten über Länderübergreifende wissenschaftliche Zusam-menarbeit sein. Beim MFO-Seminar stell-ten die Mathematiker fest, dass sie sich fürdie gleichen Fragen interessierten, es ent-stand eine enge wissenschaftliche Bezie-hung, die schließlich in einer Freundschaftder beiden Wissenschaftler mündete. „Derwichtigste Grund nach Leipzig zu kommenwar, dass wir die über Jahre entwickelteZusammenarbeit nun endlich einmal ohnezeitlichen Druck fortsetzen können“, soAbbondandolo. Denn die vorherigen Auf-enthalte hatten nie länger als zwei Wochengedauert.Die Zusammenarbeit der Professoren be-zieht sich auf ein Spezialgebiet der Mathe-matik, genauer gesagt der Geometrie, nochgenauer der symplektischen Geometrie.Abbondandolo will gemeinsam mitSchwarz zu der so genannten „Floer-Homologie“ forschen. Die Fragen, denensie dabei nachgehen wollen, beschäftigensich mit einer Schnittstelle zwischen Phy-sik und Geometrie. In der Physik haben esWissenschaftler häufig mit dynamischenSystemen zu tun, die sich sowohl durchInstabilität einerseits und gleichzeitig Er-haltungseigenschaften andererseits aus-zeichnen. Mathematiker bezeichnen dieseSysteme als Hamiltonsche DynamischeSysteme.„Einerseits helfen geometrische Ideen imVerständnis des qualitativen Verhaltensphysikalischer Systeme, welche oft sokomplex sind, dass sie nicht allein durch

numerische Simulationen beschrieben wer-den können. Andererseits stellt sich heraus,dass auch Ideen aus der Physik und den dy-namischen Systemen überraschende undunerwartete Auswirkungen auf die Geome-trie haben“, versucht Abbondandolo einedem Laien verständliche Erklärung.Und Schwarz assistiert: „Die einfachstenObjekte der dynamischen Systeme sind dieperiodischen Bahnen. Sie bilden sozusagenden Fingerabdruck, so wie es die Prim-zahlen im Zahlensystem tun. Die Wechsel-wirkung von Geometrie und Physik in denHamiltonschen Dynamischen Systemenkann besonders gut über periodische Lö-sungen erklärt werden. Wir suchen Wege,die Existenz solcher periodischer Lösun-gen zu beweisen und deren Funktion zufinden.“ Die Floer-Homologie sei in den80er Jahren des vergangenen Jahrhundertsentwickelt worden, um die Existenz perio-discher Lösungen zu beweisen. Der Laienickt staunend, hat es aber vermutlichtrotzdem nicht verstanden.Viel leichter ist es da doch, Professor Ab-bondandolo nach seinen Eindrücken vonLeipzig zu befragen. Er zieht einen ver-blüffenden Vergleich: „Meine HeimatstadtPisa ist wie Leipzig, allerdings in einem

kleineren Maßstab.“ Beide Städte würdendurch große Universitäten und andere For-schungseinrichtungen geprägt, wobei dieUni in Pisa das Leben dort noch wesentlichstärker bestimmt, als dies in Leipzig derFall ist: Bei weniger als 100.000 Einwoh-nern machen fast 50.000 Studenten in Pisadie Hälfte der Bevölkerung aus – was mandem Professor zufolge insbesondere in dervorlesungsfreien Zeit merkt.An Leipzig schätzt er, dass hier das Ange-bot an Museen größer ist, dass es mehrKonzerte als in Pisa gibt. Zudem hat dieNähe zu Weimar, Jena oder Meißen schonGelegenheit zu Besuchen dort gegeben.Unbedingt auf dem weiteren Programmsteht eine Fahrt nach Dessau. Abbondando-los Gattin Isabella Amaduzzi muss unbe-dingt das Bauhaus sehen, schließlich lehrtsie in Florenz und Mailand Design-Ge-schichte.Untergebracht ist die Familie des 38-jähri-gen Professors im Werner-Heisenberg-Haus, dem neuesten und modernstenGästehaus der Universität. „Wir sind ausItalien angekommen, haben ausgepacktund innerhalb einer Stunde hatten wir In-ternet- und Telefonanschluss“, schwärmtder Professor. Jörg Aberger

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Mit Humboldt nach LeipzigStipendiat erforscht symplektische Geometrie

Kollegen und Freunde: Prof. Alberto Abbondandolo (r.) und Prof. MatthiasSchwarz. Foto: Jörg Aberger

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Das neue Tierrettungsfahrzeug an derVeterinärmedizinischen Fakultät hält fürGroßtiere wie Pferd, Rind, Schwein, Ziegeund Schaf eine Klimaanlage vor und eineSammelvorrichtung für die Fäkalien. „Dasentspricht den Hygienevorschriften“, freutsich Professor Schusser, Direktor derMedizinischen Tierklinik. „Wir haben mitdiesem Fahrzeug eine einmalige Tierret-tung, die in Europa ihresgleichen sucht.“Mit dem 127.000 Euro teuren Fahrzeugkönnen bis zu drei Pferde oder Rindertransportiert werden. Rund 560 Einsätzewerden jährlich gefahren, darunter auchFahrten mit musealem Gut aus der Kusto-die. B. A. / Foto: Jan Woitas

erstmalig, Aminosäuren im Labor zu ver-knüpfen – das Grundprinzip der Peptidsyn-these war geboren. Und die erste Professurfür Chemiedidaktik in ganz Deutschlandwurde 1901 in Leipzig besetzt.Ergänzt werden die 21 Essays durch bisherunveröffentlichte Archivdokumente undKurzbiografien hervorragender Chemiker,wie Wilhelm Ostwald und Walther Nernst,beide Nobelpreisträger.„Mit dem Buch wollen wir auf das bevor-stehende 600-jährige Gründungsjubiläumder Universität im nächsten Jahr einstim-

men“, betont Lo-thar Beyer, emeri-tierter Professor füranorganische Che-mie der UniversitätLeipzig. S. H.

Lothar Beyer, Eber-hard Hoyer: Chemi-sche Wegzeichen aus Leipzigs Universitäts-laboratorien. Passage-Verlag, Leipzig 2008.287 Seiten, geb. 17,50 €

ISBN 978-3-938543-46-7

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Fakultäten und Institute

Neues Hightech-Gefährt für die Tierrettung

Die Universität Leipzig und das Institut fürAngewande Trainingswissenschaften(IAT) eröffneten am 11. November denweltweit modernsten Strömungskanal fürdas Training und die Leistungsdiagnostikvon Schwimmern. Der Kanal ist siebenMeter lang, vier Meter breit und bietet aus-gefeilte Mess- und Videotechnik. So wer-den beispielsweise Bewegungsabläufe desAthleten im Wasser verfolgt und optimiert.„Genutzt wird die Anlage zukünftig auchfür den Behindertensport und Rehablita-tionssport“, erläuterte Rektor Häuser. „DieForschung und große Erfahrung der Sport-wissenschaftlichen Fakultät in diesen Be-reichen kann damit erweitert werden.“Der Bund und das Land Sachsen investier-ten 4,8 Millionen Euro in den Neubau. Erwurde durch einen gläsernen Gang an dieSchwimm- und Sprunghalle der Universi-tät angeschlossen. S. H.

Strömungskanal für Schwimmer eingeweihtErfolgreich gegen den Strom

Schwimmerin im neuen Strömungskanal. Foto: Sebastian Willnow

Lothar Beyer und Eberhard Hoyer widmensich in ihrem Buch „Chemische Wegzei-chen“ der Geschichte der Chemie an derUniversität Leipzig. Die Autoren beschrei-ben bedeutende Forschungsleistungen undErfindungen, die in den letzten zwei Jahr-hunderten in den Chemielaboratorien derUniversität Leipzig erbracht worden sindund zu Fortschritten führten, die bis in dieheutige Zeit wirken: So ebnete beispiels-weise die Optimierung der Salizylsäure-synthese im Jahre 1874 die industrielleProduktion von Aspirin. 1881 gelang es

Chemische Wegzeichen aus Leipzig

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Fakultäten und Institute

An potentiellen Studierenden mangelt esden Chemikern der Universität Leipzigderzeit nicht. Für den Bachelor-Studien-gang hatten sich in diesem Herbst 145 vonihnen eingeschrieben. Doch die Kapazi-täten, besonders die Arbeitsplätze in denLabors, begrenzen die mögliche Studen-tenzahl auf 100. Es muss und kann dem-nach ausgewählt werden.Folglich geht es nicht darum, den Hörsaalzu füllen, wenn an der Fakultät immerwieder mit teilweise Aufsehen erregendenVeranstaltungen für die Chemie geworbenwird. „Wir wollen zweierlei“, erläutertStudiendekan Prof. Stefan Berger. „Zumeinen, die Chemie, die ja Wissenschaft undWirtschaftszweig gleichermaßen ist, in derbreiten Öffentlichkeit ins rechte Lichtrücken. Und zum anderen sollen nichtschlechthin möglichst viele, sondern wirk-lich die richtigen jungen Leute für einStudium bei uns interessiert werden. Es istnämlich erschreckend, wie häufig dasHandtuch geworfen wird, weil die Chemiedoch mehr als erwartet mit Mathematikund Physik zu tun hat; oder weil die Arbeitin den Labors anstrengend ist.“Diese Ambitionen bedeuten wiederumnicht, dass die Angebote, die die LeipzigerChemie-Professoren unterbreiten, abschre-ckend sein sollen. Bei den Experimental-vorlesungen von Prof. Dieter Sicker bei-spielsweise geht es durchaus bunt undamüsant und in jedem Sinne des Wortes er-hellend zu. So eine hielt er im Herbst alsAuftakt der Siegerehrung des Schülerwett-bewerbes „Chemikids“, die an der Fakultätstattfand. „Geht nicht gibt’s nicht – Chemiemacht’s möglich!“ lautete der Titel der Vor-lesung, während der Sicker und sein Teamdie 67 besten jungen Forscher der Klassenfünf bis acht mit 30 spannenden Experi-menten zum Staunen brachten.Dieselbe Vorlesung wird am 17. März 2009noch einmal über die Bühne gehen, also amselben Tag, an dem auch der Truck mit demhistorischen Chemielabor in Leipzig an-rollt. Diese Veranstaltung gilt dem Univer-sitäts-Jubiläum und eingeladen ist jederNeugierige, egal ob mit der Chemie ver-

traut oder nicht. „Unsere Experimentalvor-lesungen haben ja schon eine jahrzehnte-lange Geschichte, ich erinnere da nur andie traditionellen Weihnachtsvorlesun-gen“, so Sicker. „Der Andrang, der beisolchen Veranstaltungen herrscht, beweistdoch, wie sehr nicht nur Experten, sondernauch Fachfremde an der Chemie interes-siert sind. Aber ich schau mir das Publikumgenau an. Wenn da Schüler oberer Klassen,also potentielle Studenten, sitzen, danngehe ich natürlich über das optisch beein-druckende Experiment hinaus und schreibeauch die dazugehörigen Formeln an dieTafel. Da geht es weniger um Staunen alsum Mitdenken. Und wer da schon aus-steigen muss, sollte seinen eventuellen Stu-dienwunsch überprüfen.“Andere Möglichkeiten, Informationen zumChemie-Studium zu sammeln, bietet der„Tag der Offenen Tür“, dessen nächsterTermin der 8. Januar 2009 ist. „Hier kön-nen sich Interessenten in planmäßig statt-findende Vorlesungen mit hineinsetzen“,erläutert Berger. „Es gibt Rundgänge durchdie Laboratorien und Möglichkeiten zupersönlichen Beratungsgesprächen mitWissenschaftlern oder Studenten der Fach-schaft.“

Junge Leute, die den Weg in der Chemie –sei es das Studium oder eine Lehre als La-borant – ins Auge gefasst haben, nutzenauch die Möglichkeit der Schülerpraktikaan der Fakultät. Als zeitweise Labormit-arbeiter stellen sie sich einer Mini-For-schungsaufgabe. Anspruchsvoller sind dieFragestellungen, die jene bearbeiten müs-sen, die in ein BeLL-Projekt eingebundensind. BeLL – das heißt besondere Lernleis-tung – bedeutet für die Schüler, ein Jahrlang regelmäßig an der Seite der Wissen-schaftler zu arbeiten und am Ende eine Do-kumentation auf den Tisch zu legen. Nichtnur für die jungen Leute, sondern auch fürdie Mitarbeiter der Uni bedeuten solcheProjekte einen erheblichen Aufwand.„Aber von den Praktikanten oder BeLL-Teilnehmern lässt sich etwa die Hälfte beiuns immatrikulieren – und die wissen ge-nau, worauf sie sich einlassen“, betontBerger.Und wie lösen die Chemiker das Problemmit den 45 überschüssigen Interessenten?Allen Bewerbern stehen neun Wochen Vor-lesungen und Praktikum sowie als Finaleeine Klausur bevor. Dann erst entscheidetsich, wer einen der begehrten Laborplätzeerhält. Marlis Heinz

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Staunen ist nicht genugChemiker setzten Maßstäbe bei der öffentlichenPräsentation ihrer Wissenschaft

Chemie ist, wenn es knallt und raucht: Prof. Dieter Sicker bringt Schülern plastischnäher, dass mehr dahinter steckt. Foto: Jan Woitas

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Gerade einmal zwei Jahre ist sie alt, dochschon jetzt kann man sie als absoluteErfolgsgeschichte bezeichnen: Die Ge-schichte der zentralen E-Learning Arbeits-gruppe an der Universität Leipzig. „ImHerbst 2006 starteten wir mit der zentralenLernplattform ,Moodle‘, heute haben be-reits fast 12.000 Studierende einen Zu-gang“, berichtet Dr. Michael Gerth. Er istProjektleiter der AG E-Learning-Serviceund man sieht ihm an, dass er stolz ist aufdas ,Kind‘, das die dreiköpfige AG auf denWeg gebracht hat.Und auf diesem Weg ist man nach GerthsWorten bereits überraschend gut vorange-kommen. Während die Studierenden derneuen Form des Lernens und der Wissens-vermittlung, aber auch der Vernetzung un-tereinander von Anfang an aufgeschlossengegenüberstanden, mussten bei den Leh-

renden doch einige Vorbehalte überwun-den werden. So mancher befürchtete, dassdie Einbeziehung moderner Informations-und Kommunikationstechniken in den stu-dentischen Lernalltag zur Vereinsamungvor dem Computer führen könnte. DochE-Learning an der Universität Leipzig be-deutet keineswegs, dass Lehrende und Ler-nende sich nur noch virtuell begegnen:„Wir sprechen bei unserem Modell be-wusst von ,Blended Learning‘, was bedeu-tet, dass es um eine Mischung aus klassi-scher Präsenzlehre im Hörsaal und inSeminaren sowie dem computergestütztenLernen geht“, macht Gerth deutlich.Für die Seite der Lehrenden bedeutet derAufbau und die Einrichtung von Angebo-ten auf der ,Moodle‘-Plattform zunächstzusätzlichen Aufwand, wie Gerth unum-wunden einräumt. „Selbst wenn nur die

einfachsten Formen gewählt werden, mussungefähr das Doppelte der Zeit aufge-bracht werden als bei der klassischen Vor-bereitung eines Präsenzseminars notwen-dig ist“, so der Projektleiter. Sollen um-fangreichere Angebote gemacht werden,könne sich der Zeitaufwand auch gut undgerne verfünffachen. Dennoch sollte sichdadurch niemand abgeschreckt fühlen,meint er. Denn der erhebliche Zusatzauf-wand ist nur beim erstmaligen Einrichteneines Kurses vonnöten, später ist eine Ak-tualisierung oder Anpassung seinen Wor-ten zufolge sogar schneller und effektivermachbar. Jedoch müsse man zugeben, dassE-Learning – anders als manchmal ange-nommen und gehofft – nicht zur Einspa-rung von Personal führt.Eines der zentralen Ziele des E-Learningsist es, die Qualität der Lehre weiter zu ver-

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Erfolgsgeschichte E-LearningMultimediale Zusatzangebote erhöhen Qualität derLehre und finden immer mehr Zuspruch

Etwas überspitzt, aber nicht unmöglich: E-Learning wird in Leipzig immer beliebter. Und vielleicht bietet sich in Zukunft demDozenten im Hörsaal ein ähnliches Bild wie dieses an einer amerikanischen Uni gestellte. Foto: pixelio.de

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UniCentral

bessern. In dem zusätzlichen Angebot, dasden Studierenden neben den Präsenzkur-sen gemacht wird, können weit über dasnormale Maß hinaus anspruchsvolle Lern-angebote erstellt werden. Das den Studen-ten zur Verfügung gestellte Material kannunter anderem durch multimediale Inhalte,interaktive Lernmethoden und zusätzlicheDokumente deutlich aufgewertet werden.Für die Studierenden bedeutet dies unteranderem, dass sie auch außerhalb der Vor-lesungs- und Seminarzeiten völlig unab-hängig auf das Material zugreifen können.Dadurch soll – und wird offenbar auch –die Motivation zum selbstständigen Lernenerhöht werden.Darüber hinaus hat die Integration vonE-Learning-Angeboten den Vorteil, dasszum Beispiel in den zur Verfügung gestell-ten Foren der Informationsaustausch unddie Kommunikation zwischen Lehrendenund Lernenden sowie auch den Studieren-den untereinander erheblich verbessert undbeschleunigt wird. „Das geht bis dahin,dass etwa Sprechstundentermine auf elek-tronischem Weg vereinbart werden oderFristen für die Abgabe von Arbeiten zuge-teilt werden können, ohne jedem einzelneneine E-Mail schreiben zu müssen.“

Studenten mögen E-Learning

Wie eine Umfrage im Sommer ergab, kom-men E-Learning-Angebote bei den Studie-renden sehr gut an. Sie schätzen die Mög-lichkeit, auf dem Weg über die Lernplatt-form Zugriff auf Dokumente, Bilder oderVideos zu haben. Noch stärker als bisherwürden sie sich wünschen, dass sie nochmehr Übungsaufgaben online lösen oderTests am Bildschirm machen könnten.Ganz oben auf der Wunschliste steht dieMöglichkeit, auf Archive mit Vorlesungs-mitschriften zugreifen zu können.Viele Studierende würden es auch begrü-ßen, wenn sie sich Vorlesungen nachträg-lich als Videos anschauen könnten. Und siestehen mit diesem Wunsch nicht alleine:Wie Gerth berichtet, würde auch dieGleichstellungsbeauftragte der Universität,Dr. Monika Benedix, die Schaffung einessolchen Angebotes durchaus befürworten.Aus ihrer Sicht sei es wünschenswert,wenn zum Beispiel allein erziehende Müt-ter oder Väter, aber auch behinderte Studie-rende die Chance hätten, Vorlesungen, diesie nicht besuchen konnten, virtuell nach-zuholen. Dass sie dies vermutlich auch tat-sächlich tun würden, zeigt ein anderes Er-gebnis der Umfrage zum E-Learning bei

den Studierenden: 92 Prozent der Befrag-ten erklärten, sie nutzten die bestehendenAngebote von zu Hause aus, was durchausals Indiz für den Wunsch nach selbstbe-stimmtem Lernen gewertet werden darf.Die Dozierenden haben in weiten Teilenauch erkannt, dass sie im Rahmen desE-Learnings ihren Studenten zahlreicheZusatzangebote machen können. An ersterStelle steht dabei die Möglichkeit, Texteund zusätzliche Literatur bereitzuhalten,die die Studierenden herunterladen kön-nen. Doch auch Verweise auf weitere Quel-len oder die Einrichtung von Foren zurWeitergabe von Nachrichten oder zurKommunikation mit den Studierenden

werden angeboten. Auch die Dozierendengaben in einer Umfrage an, die Möglich-keiten des E-Learnings von zu Hause auszu nutzen, wenngleich sie natürlich auchim Büro ihre Angebote im E-Learninggestalten. „Eine zweistündige Schulungreicht aus, um einfache E-Learning-Kursegestalten zu können“, sagt Gerth.

Ausbildung in E-Learning-Didaktik nötig

Der Projektleiter weiß aber auch, dass sichdie Didaktik im E-Learning deutlich vonder Präsenzlehre unterscheidet. In diesemZusammenhang macht er auch auf einDefizit aufmerksam: „Der pädagogischeBedarf, sich darin zu qualifizieren, ist da,aber leider gibt es an der Universität dafürkeine Ausbildung.“Doch warum sollte sich daran perspekti-visch nichts ändern lassen? Schließlichwird das Kapitel E-Learning an der Uni-versität kontinuierlich fortgeschrieben.„Viele Institute nutzen aus früheren Zeitennoch andere Plattformen oder Eigenent-wicklungen, um ihren Dozierenden undStudierenden etwa Dokumente zur Verfü-gung zu stellen“, so Gerth, „und verpassendabei jene Möglichkeiten, die nur eine aus-gereifte Lernplattform bieten kann.“ Des-

halb sei es unter anderem eine der zukünf-tigen Aufgaben des E-Lerning-Service,‚Moodle‘ noch attraktiver zu gestalten.Doch neben dieser zentralen Lernplattformsollen zukünftig auch andere E-Learning-Programme zugänglich gemacht werden.Dazu gehören unter anderem eine vollwer-tige Wiki-Engine, Portfolio-Software oderKommunikationstools für Video-Konfe-renzen. Perspektivisch könne man sich eineganze Reihe so genannter Webapplikatio-nen vorstellen, die von einem Punkt ausbenutzerfreundlich erreichbar und ver-knüpfbar sind, meint Gerth.Außerdem müsse dafür gesorgt werden,dass der Austausch von Hochschulange-hörigen untereinander über die eigenenRechenzentren hinaus gewährleistet wird.Schon heute ist es nach seinen Worten demInhaber eines Uni-Accounts der Universi-täten Dresden und Chemnitz möglich, sichin das Leipziger Moodle einzuloggen. Nurden Studierenden der Partneruniversitätendes Uni-Verbundes Leipzig-Jena-Halle istdas derzeit noch nicht möglich.

E-Learning Frage derZukunftssicherung

Nicht nur die Dozierenden in Leipzig ha-ben erkannt, dass E-Learning eine Frageder Zukunftssicherung ist. In der bereitsangesprochenen Umfrage erklärten sie,dass die Studierenden auch in ihren künf-tigen Berufen mit E-Learning konfrontiertsein würden. Doch nicht nur diese: Auchdie mittelständische Wirtschaft soll in dieLage versetzt werden, E-Learning als Mit-tel zur Weiterbildung zu nutzen. Die Uni-versität Leipzig plant dazu federführendein Verbundprojekt mit elf sächsischenHochschulen und Fachhochschulen, in des-sen Rahmen ein „Sächsisches E-Kompe-tenzzertifikat“ entwickelt werden wird.Denn die Landesregierung hat ihrerseits er-kannt, dass Weiterbildung nicht allein we-gen der demografischen Entwicklung inZukunft ein ganz großes Thema sein wird.Und deshalb hat sie Geld aus dem Euro-päischen Sozialfonds eingesetzt, um insbe-sondere Weiterbildungsprojekte auf Basisvon E-Learning zu fördern. Für das Leip-ziger E-Learning-Service-Team wird dasganz konkrete Auswirkungen haben: Imkommenden Jahr kann das zu einer deutli-chen, personellen Verstärkung der Arbeits-gruppe auf Basis von Drittmitteln führen.Die Erfolgsgeschichte geht weiter.

Jörg Aberger

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Besser lässt sich die Bedeutung von„Moodle“ als Plattform elektronischenLernens an der Universität Leipzig wohlkaum herausheben: Dass sie offensiv undvirtuos mit dem neuen Instrument umzuge-hen versteht, hat der Veterinärmedizini-schen Fakultät geholfen, den Weg in die„Europaliga“ der vorbildlichen Lehrstättenzu ebnen. Gutachter der Europäischen Ver-einigung der Tierärztlichen Ausbildungs-stätten attestierten den Veterinärmedizi-nern, dass sie durch den Einsatz der Lern-plattform den Informationsfluss verbesser-ten, das Curriculum transparenter machtenund die Möglichkeiten des selbstständigenLernens gut unterstützten. Die fortge-schrittene Lernplattform und die Betonungdes elektronischen Lernens seien beispiel-gebend im europäischen Kontext, erklärteeine Expertengruppe internationaler Vete-rinärmediziner.So wie die Tierärzte nutzen eine ganzeReihe von weiteren Fakultäten „Moodle“.Dabei fällt auf, dass vor allem die Geistes-und Sozialwissenschaften sehr präsentsind. Für Dr. Michael Gerth, Projektleiterder AG E-Learning-Service, bedeutet diesjedoch nicht, dass nicht auch an anderenFakultäten E-Learning zum Einsatzkommt, was auf der Plattform selbst dannaber nicht erkennbar ist. Denn noch sindlängst nicht alle Institute auf „Moodle“umgestiegen, so manche Institute nutzenandere Plattformen, die sie bereits vor Ein-führung von „Moodle“ eingesetzt haben.Dazu gehören auch die Biochemiker. DasAngebot, das dort den Studenten gemachtwird, kann sich wahrlich sehen lassen: WieProfessorin Annette Beck-Sickinger be-richtet, werden ihre Vorlesungen komplettonline zur Verfügung gestellt, können dieStudierenden sämtliche notwendigenSkripte herunterladen oder Vorbereitungs-fragen bearbeiten. Wie Beck-Sickingersagt, ist die Erarbereitung von E-Learning-Kursen zwar enorm aufwändig, dennochseien sie eine große Hilfe bei der Wissens-vermittlung. Dennoch: „Die Studierenden

sagen oft, dass sie lieber in eine Vorlesungkommen“, so die Professorin.Und das sollen sie ja auch weiterhin. Sosieht etwa die „Einführung in die Kommu-nikations- und Medienwissenschaft unddas wissenschaftliche Arbeiten“ für dieErstsemester des BachelorstudiengangesKommunikations- und Medienwissen-schaft den Besuch von zwei Vorlesungenund einem Tutorium vor, das Modul wirdauch für alle Bachelor-Studierende imWahlbereich angeboten. Begleitet wird derEinführungskurs von einem E-Learning-Kurs auf der E-Learning-Plattform„Moodle“. Bei Redaktionsschluss hattensich für das Wintersemester bereits fast 400Studierende für die insgesamt 500 zur Ver-fügung stehenden Plätze eingetragen.„Damit ist dieses Angebot sicher eines dergrößten an der Uni, zumindest was die Teil-nehmerzahl angeht“, ist sich BastianJenderek, der E-Learning-Koordinatior desModuls, sicher. Zwar sei es natürlich mög-lich, die beiden Vorlesungen und das Tuto-rium zu absolvieren, ohne im gesamten

Semester auch nur ein Mal im Internet ge-wesen zu sein („blended-learning“). Den-noch sei das Modul in „Moodle“ äußerststark frequentiert: „Die meisten Teilneh-mer tun es einfach“, bringt es Jenderek aufden Punkt. Zu attraktiv sind offenbar dieMöglichkeiten, sich die Vorlesungsskripte– soweit zur Verfügung gestellt – anzu-sehen oder sich zum Beispiel Recherche-aufgaben zu stellen. Über „Moodle“ kön-nen die Studierenden mit Selbsttests ihrenLernerfolg überprüfen. Die meisten vonihnen machen laut Jenederek mindestenseinmal in der Woche einen der angebote-nen Tests – eine freiwillige Selbstkontrolle,denn keiner ist dazu verpflichtet, sich zubeteiligen.Die Möglichkeit, Einführungsseminare mitE-Learning-Angeboten zu verknüpfen,wird auch in der Philologischen Fakultätstark genutzt. Einführungen in die Sprach-und Literaturwissenschaften stehen da zumBeispiel bei den Slawisten und Romanistenauf dem Programm, landesgeschichtlicheSeminare und Vorlesungen finden auf

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Mit E-Learning in die„Europaliga“Beispiele elektronischen Lernens an der Uni Leipzig

Geistes- und Sozialwissenschaftler nutzen die E-Learning-Angebote besondersintensiv – ob in Einzelarbeit oder in der (Lern-)Gruppe. Fotos: pixelio.de

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„Moodle“ ihre Online-Fortsetzung, es wer-den Übersetzungstexte angeboten. Zahlrei-che E-Learning-Kurse finden sich bei denPolitikwissenschaftlern und Historikern,auch die Kunstpädagogen und Erziehungs-wissenschaftler glänzen mit einem um-fangreichen Angebot.E-Learning und vor allem auch IT-ge-stützte Prüfungen gehen dabei natürlichnicht nur Lehrende etwas an. An der Erzie-hungswissenschaftlichen Fakultät habensich Studierende Gedanken darüber ge-macht, wie eine hohe Qualität von Prüfun-gen gewährleistet werden kann und wiePrüfungen an der Universität Leipzig mitdenen anderer europäischer Hochschulenvergleichbar und eventuell standardisiertwerden können. Annette Ziegler und Bea-

trice Durst haben dazu bereits erste Über-legungen vorgestellt. Wie Annette Zieglerbetont, darf der Einsatz von Computern beiPrüfungen nicht dazu führen, dass sich dieLehrenden mit einer Unmenge an MultipleChoice-Fragen das Leben vermeintlicheinfach machen. Deshalb sei darauf zu ach-ten, dass auch Multiple Choice-Fragen vonhoher Qualität sind. Außerdem solltenDozenten dafür Sorge tragen, dass sie eineausreichende Zahl an offenen Fragen stell-ten, die zwar mehr Aufwand bei der Kor-rektur erforderten, für die Studierendenjedoch mehr Möglichkeiten zum persönli-chen Ausdruck böten.Die beiden Studentinnen fragten, ob es inPrüfungen nicht möglich gemacht werdenkönnte, dass der Studierende wesentlich

mehr als bisher Einfluss darauf nehmenkann, in welcher Form er geprüft werdenmöchte. Eine solche Individualisierungkönne dazu beitragen, die im Bologna-Pro-zess erhobene Forderung nach Kompetenz-nachweisen in Prüfungen zu erfüllen. Prü-fungen sollten schließlich nicht allein dazudienen, stur erlerntes Wissen abzufragen,sondern um vielmehr nachzuweisen, dassman über die Kompetenzen verfügt, diespäter einmal gefordert würden.Für Lehramtskandidaten könnte dies unteranderem bedeuten, dass sie in einer Prü-fung vor eine Unterrichtssituation gestelltwerden, auf die sie dann unmittelbar zureagieren haben. Solche Simulationenmüssten sich auch im Rahmen einer elek-tronischen Prüfung ermöglicht werden. Injedem Fall sei sicherzustellen, dass die her-kömmlichen Klausuren und Prüfungsin-halte nicht unverändert in die IT-gestütz-ten Prüfungen übernommen werden. Viel-mehr müsse dafür gesorgt sein, dass diespezifischen Möglichkeiten des Mediumsausgeschöpft und eingesetzt werden.In ihren Überlegungen sprachen Zieglerund Durst in weiten Teilen vermutlich auchdem Studentinnenrat der Universität ausder Seele. Der hegt nämlich ebenfalls dieBefürchtung, dass manche Dozenten inIT-gestützten Prüfungen den Schwerpunktallein auf Multiple Choice-Fragen legenkönnten. Zudem wollen die Vertreter undVertreterinnen der Studierenden gewähr-leistet sehen, dass elektronische Prüfungenin den Studien- und Prüfungsordnungenihren Niederschlag finden. Ferner wollensie sichergestellt wissen, dass die Verfah-ren, die bei den Prüfungen angewendetwerden, auch wirklich sicher sind. Nichtzuletzt verlangen sie,dass der Datenschutzbei allen E-Learning- und E-Assessment-Prozessen gewährleistet ist.

Jörg Aberger

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Theoretisch sind E-Learning-Angebote überall nutzbar – der Großteil der Studentengreift nach einer Befragung der Leipziger Arbeitsgruppe E-Learning-Service abervom heimischen Schreibtisch auf die diversen Portale zu.

E-Learning:Unter E-Learning (engl.: electronic lear-ning – elektronisch unterstütztes Lernen)werden, nach einer Definition von Mi-chael Kerres alle Formen von Lernen ver-standen, bei denen digitale Medien für diePräsentation und Distribution von Lern-materialien und/oder zur Unterstützungzwischenmenschlicher Kommunikationzum Einsatz kommen.

Blended Learning:Wenn die Vorteile von Präsenzveranstal-tungen mit denen von E-Learning genutztund verknüpft werden, dann spricht manvon Blended Learning (dt. integriertes Ler-nen). Blended Learning verbindet dabeibeide Lernformen in einem gemeinsamenLehrplan. Blended Learning wird insbe-sondere dann eingesetzt, wenn neben rei-ner Wissensvermittlung auch die prakti-sche Umsetzung trainiert werden soll.

E-Teaching:Diese Variante des E-Learnings ist durchdie Übertragung von Bild und Ton ge-kennzeichnet – entweder live per Video-konferenz oder im Internet. Sie ermöglichteine der Präsenzlehre ähnliche Kommuni-kation zwischen Lehrenden und Lernen-den, die auf verbale Äußerungen ebensozurückgreifen kann wie auf Gestik undMimik. Beschränkt wird das Teleteachingdurch hohe technische Anforderungen.

E-Learning: Die Grundbegriffe

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Prüfungen stellen einen zentralen und qua-litativ besonders wichtigen Teil der Lehredar, der erhebliche Ressourcen bindet. Mitder Umstellung der Bologna-Reform steigtdie Zahl der Prüfungen drastisch an. Indieser Situation ist zu überlegen, ob mandurch Computerunterstützung Hochschul-lehrer bei ihrer verantwortungsvollen Tä-tigkeit wirksam entlasten und gleichzeitigdie Qualität von Prüfungen beibehaltenoder verbessern kann.2004 startete Professor Dr. Heinz-WernerWollersheim an seinemLehrstuhl Allgemeine Pä-dagogik an der Erziehungs-wissenschaftlichen Fakultätein ehrgeiziges Projekt: In-nerhalb eines Semesterswurde eine eigene Softwareentwickelt, mit der Prüfun-gen statt mit Kuli und Pa-pier im Hörsaal mit Tastaturund Bildschirm im Compu-terpool absolviert werdenkönnen. „Es gab damalskein bezahlbares kommer-zielles Instrument für IT-gestützte Prüfungen, alsohaben wir es einfach ge-macht“, erinnert sich Wol-lersheim.Wobei es mit dem einfach gemacht so ein-fach natürlich nicht war. „Wir standen voreiner ganzen Reihe ungelöster Fragen,etwa nach rechtlichen Voraussetzungen,der Sicherheit des Systems oder auch da-nach, wie Lehrende und Lernende dasSchreiben von Klausuren am Computerakzeptieren würden“, berichtet der Hoch-schullehrer. Dennoch machte man sich andie Arbeit. Heute ist es für die Studieren-den längst normal, dass sie ihre Klausurenam Computer schreiben.Der Arbeitsablauf ist dabei immer derselbe: Zunächst werden von den am Modulbeteiligten Dozenten Aufgaben erstellt, diein der Klausur zu lösen sind. Da die Auf-gaben nicht von einer Einzelperson ausge-tüftelt werden, ist sichergestellt, dass die

gesamte Breite der Lehrstoffe abgebildetwird und die Prüfungen auch qualitativ aufeinem hohen Niveau stattfinden. Aus demso gebildeten Aufgabenpool stellt ein Ver-antwortlicher dann die eigentliche Klausurzusammen, die vom Administrator auf demPrüfungsserver abgelegt werden. „Erstkurz vor Beginn der Prüfung wird derServer dann für die Studierenden scharfgeschaltet, so dass niemand vorher Zugriffauf die Aufgaben hat“, erläutert Wollers-heim.

In der Regel ist eine solche Klausur in vierAufgabenarten unterteilt: Zunächst findensich Multiple Choice-Fragen, ferner Zu-ordnungsaufgaben, in denen zum BeispielJahreszahlen oder Begriffe richtig zuge-ordnet werden müssen. Drittens müssenLückentexte bearbeitet und letztendlichAufgaben mit freier Texteingabe gelöstwerden. Weitere Aufgabenformen sindmöglich, beispielsweise die Lösung gra-phischer Aufgaben oder künftig die Inte-gration von Audio- und Videodateien.Spicken können die Studierenden übrigensnicht: Der Computer mischt die Aufgabenzufällig, so dass nicht stets alle Prüflingedie selben Fragen auf dem Bildschirm ha-ben. Ein kleiner Eingriff beim Browsersorgt dafür, dass sich niemand mal eben

schnell im Internet Informationen suchenkann. Da die Prüfung komplett online er-folgt und nicht auf die einzelnen Rechnerheruntergeladen wird, kann auch bei Aus-fall eines PCs an einem anderen Gerätweitergearbeitet werden, da die Lösungenzwischengespeichert werden.Nach Abschluss der Klausur kann derComputer einen Teil der Aufgaben automa-tisch auswerten. Bei Aufgaben vom TypLückentext ist eine Teilautomatisierungmöglich; bei Zweifelsfällen verweist das

Programm die Korrektur anden menschlichen Korrek-tor, der nun nachprüft, obdie abweichende Antworttrotzdem der Sache nachrichtig ist. Bei den Freitext-aufgaben schließlich korri-gieren die Dozenten selbst.Und das unbeeinflusst vonmöglichen Sympathien: DieLösungen der Studierendenwerden dem Korrektor völ-lig anonymisiert angezeigt.Nach der Zweitkorrekturwird das Endergebnis ermit-telt und die Studenten erhal-ten die Möglichkeit, sichihre Klausur am Bildschirmnoch einmal anzusehen.

Da die Erfahrungen der Erziehungswissen-schaftler mit dem neuen Instrument über-aus positiv sind, ist sich Wollersheim si-cher, dass auch andere Fakultäten IT-ge-stützte Prüfungen anbieten möchten. Da-mit nun nicht jede Fakultät eigene Systemeund Computer anschaffen muss, könnte ersich gut vorstellen, dass für die Universitätein Testzentrum geschaffen wird, dassallen Interessenten zur Verfügung steht,sowohl als Ort, an dem Prüfungen durch-geführt werden, als auch als Service, derErfahrungen mit IT-gestützten Prüfungensammelt, auswertet und Kollegen bei derVorbereitung und Durchführung solcherPrüfungen berät und unterstützt. Ein akti-ver Beitrag zur Qualitätssicherung und-entwicklung. Jörg Aberger

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UniCentral

Mit Tastatur und Bildschirmstatt Kuli und PapierPädagogen entwickelten IT-gestützte Prüfungen

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Forschung

Als einer derAussteller beim Jahrmarkt derWissenschaften auf dem Leipziger Augus-tusplatz versuchte unsereArbeitsgruppe imRahmen des Wissenschaftssommers vom28. Juni bis zum 4. Juli die Grundprinzi-pien der Statistik und ihre Bedeutung imAlltag anhand von Fußballergebnissen denvorwiegend jungen Besuchern näher zubringen.Um unsere wissenschaftlichen Arbeitenspannend zu vermitteln und gleichzeitigneue Ergebnisse zu sammeln, hatten wireine ZDF-Torwand und zwei Tischfußball-geräte in unseren Stand integriert. Durchdie aktive Teilnahme von über 2500 Besu-chern konnten wir etwa 1000 Ergebnissebei den auf drei Minuten begrenzten Tisch-fußballspielen sammeln und „live“ vor Ortauswerten. Auch bei der Torwand war derAndrang sehr groß, was nicht zuletzt anden Originalfußbällen der EM und denT-Shirts der Universität Leipzig gelegenhaben mag, die es zu gewinnen gab. Um ei-nen der Bälle mit nach Hause zu nehmen,musste man bei sechs Schüssen auf dieTorwand sechs Treffer erzielen. Diese un-glaubliche Leistung vollbrachten von 1037männlichen und 76 weiblichen Schützenimmerhin vier Teilnehmer.Die Verteilung der Treffer lässt sich (inerster Näherung) durch das Poisson- oderBinomialmodell beschreiben, dem unkor-relierte Zufallsergebnisse zu Grunde lie-gen. Mit anderen Worten: nach diesemModell ist es reine Glückssache, ob einSchuss einTreffer ist oder nicht. Zur Ehren-rettung der Fußballer sei gesagt, dass sichdie relativ hohe Anzahl von Versuchen mitvier, fünf oder gar sechs Treffern nicht mitdieser simplen Annahme erklären lässt.Im Rahmen einer wissenschaftlichen Aus-wertung von Fußballergebnissen, unter an-derem der deutschen Bundesliga und vonQualifikationsspielen der Weltmeister-schaften, standen wir vor einem ähnlichenProblem. Bei der Analyse von gemitteltenGrößen dieser Spiele, wie der Verteilungder Anzahl der Tore der Heim- beziehungs-

weise der Gastmannschaft, ergab sich, dassdie Verteilungen und insbesondere derenFlanken für hohe Trefferzahlen nicht zu-friedenstellend durch das Poisson- oder Bi-nomialmodell beschrieben werden.Stattdessen können die Daten mittels weni-ger elementarer Verteilungen, wie der ne-gativen Binomialverteilung oder der Ex-tremwertverteilung, modelliert werden.Um dieses Verhalten vom Verlauf eineseinzelnen Spiels aus zu verstehen, bedarfes dabei jedoch weder eines Warte- nocheines Extremalprozesses. Mittels eines mo-difizierten Bernoulliprozesses, der aus ei-nem Poissonmodell und einer einfachenKomponente der Selbstverstärkung („self-affirmation“) besteht, können wir die Ab-weichungen zur unkorrelierten GaußschenStatistik erklären. Die bisher verwendetenphänomenologischen Verteilungen erge-ben sich dann als Spezialfälle unserer Mo-delle.Zurück zur Torwand: Auch hier liefernunsere Modelle eine wesentlich bessereBeschreibung der Ergebnisse als der Pois-

sonansatz. Also war nicht der Zufall aus-schlaggebend, sondern das Können undzum Teil die Hartnäckigkeit der Schützen.So nutzten zwei der vier EM-Fußball-Gewinner die Möglichkeit, stundenlangan unserer Torwand zu trainieren, bis siedie sechs Treffer in einem Versuch schaff-ten.Neben den Torwandergebnissen haben wirauch die Resultate der über 1000 Tischfuß-ballspiele ausgewertet. Dabei zeigte sich,dass unsere Modelle die Verteilungen dererzielten Tore wesentlich besser beschrei-ben als beispielsweise das Poissonmodell.Ähnlich wie bei unseren Untersuchungenzur Männer- und Frauen-Bundesliga zeigtesich auch in den Ergebnissen von weibli-chen und männlichen Tischfußballern einUnterschied. So wurden bei Spielen unterMännern im Mittel nur 6 Tore erzieltwährend Frauen durchschnittlich 7,5 Toreschossen. Viele Besucher verließen so un-seren Stand nicht nur mit neuem Interessefür Mathematik und Statistik, sondern auchmit ein wenig Fußballfieber im Blut.

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Fußballfieber beimWissenschaftssommerEine mathematisch-empirische NachleseVon Elmar Bittner, Andreas Nußbaumer und Wolfhard Janke, Institut für Theoretische Physik

Vom Fußballfieber infizierte Besucher auf dem Jahrmarkt der Wissenschaften, dar-unter Ex-Außenminister Klaus Kinkel (l.), Prorektor Prof. Dr. Martin Schlegel (2. v. l.)und Leipzigs Oberbürgermeister Burkhard Jung (2. v. r.). Foto: Elmar Bittner

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Der Nobelpreis für Medizin ging in diesemJahr unter anderem an Harald zur Hausenfür seine Entdeckungen zur Entstehungvon Gebärmutterhalskrebs. Auf einem zumArbeitsfeld des Heidelberger Forschersangrenzenden Gebiet arbeitet auch KurtEngeland, Professor für Molekulare Onko-logie an der Uni-Frauenklinik Leipzig.

Herr Professor Engeland, erhält Haraldzur Hausen den Nobelpreis zu Recht?Ja. Zur Hausen ist einer der führendenKrebswissenschaftler in Deutschland. Mitder Preisverleihung im Dezember werdenErkenntnisse zahlreicher Wissenschaftlergewürdigt, unter denen er der Hauptprota-gonist war. Zur Hausen ebnete den Wegdafür, dass man heute durch Präventionweltweit tausende Frauen vor Gebärmut-terhalskrebs bewahren kann.

Worin besteht zur Hausens Verdienst?Er ging schon vor 30 Jahren dem Verdachtnach, dass Krebs beim Menschen durchViren entstehen kann. Er entdeckte, dassHumane Papillomviren, HPV, für die meis-ten Krebserkrankungen am Gebärmutter-hals verantwortlich sind. Papillomvirensind sehr weit verbreitet, meist sind es

harmloseArten, dieim schlimmstenFall bei Frauen oderMännern zu Geni-talwarzen führen.Vor allem zwei Ty-pen, HPV 16 undHPV 18, könnenaber Krebs hervor-rufen. Sie infizie-ren Zellen, schaltendabei bestimmte

Proteine, Tumorsuppressoren, aus, wo-durch die Kontrolle der Zellteilung und dieSchutzfunktion des programmierten Zell-tods versagt. Daraus kann Krebs entstehen.

Wie hängen diese Entdeckungen mitIhrer Forschung zusammen?Meine Arbeitsgruppe beschäftigt sich un-ter anderem mit dem Tumorsuppressorp53. Die Funktion von p53 kann auchdurch Papillomviren ausgeschaltet werden.Wir untersuchen die normale Funktion vonp53, das heißt: Wie funktioniert die kon-trollierte Zellteilung und was passiert,wenn eine Zelle sich nicht mehr korrektteilt? Zellteilung bedeutet ja nicht automa-tisch Krebs, sondern ist ein normaler

Prozess, denken Sie etwa an das Heran-wachsen eines Embryos. Unsere Gruppeuntersucht, wie p53 die Zellteilung stopptund den programmierten Zelltod einleitet.Zellen merken normalerweise, wenn sieinfiziert wurden. p53 kann dann denSelbstmord einer Zelle zum Wohle desOrganismus aktivieren. Bei einer HPV-In-fektion aber geht die Kontrolle durch p53verloren und es kann Krebs entstehen.

Wie kann man sich vor einer Infektionschützen?Es wurde ein Impfstoff entwickelt, der diegefährlichsten Papillomviren daran hin-dert, Zellen zu infizieren. Mädchen undJungen sollten bereits vor dem ersten Ge-schlechtsverkehr geimpft werden.

Was bedeutet zur Hausens Entdeckungfür die Wissenschaft?Heute wird von Geldgebern häufig die För-derung der Wissenschaft zu früh an einewirtschaftliche Anwendbarkeit geknüpft.Das ist meist falsch. Zur Hausen hat ge-zeigt, dass gerade freie Forschung hervor-ragende Ergebnisse erbringt, die am Endemitunter auch kommerziell nutzbar sind.

Interview: Franziska Muth

Heft 6/2008 23

Forschung

„Tausende Frauen könnenvor Krebs bewahrt werden“Kurt Engeland zur Vergabe des Medizin-Nobelpreises

Prof. Kurt Engeland

Zum Dies academicus am 2. Dezemberverlieh Rektor Prof. Dr. Franz Häuser dieUniversitätsmedaille an Dr. Volker Mess-torff-Lebius und Professor Dr. GerhardtWolff für ihre besonderen Verdienste umdie Leipziger Universität.Dr. Volker Messtorff-Lebius leitete bis2008 das Referat Hochschulplanung,Hochschulbau, Großgeräte und Statistik imSächsischen Staatsministerium für Wissen-schaft und Kunst. „In der Hauptsache ginges Herrn Dr. Messtorf immer um dasMachbare und um das realistischerweise zuerreichende Ziel“, begründete der Rektordie Verleihung der Universitätsmedaille an

den inzwischen in den Ruhestand gegange-nen ehemaligen Referatsleiter. „SeinemEngagement und seiner Beharrlichkeit istes zu verdanken, dass die Universität mitt-lerweile über eine hervorragende baulicheAusstattung verfügt“, betonte Rektor Häu-ser. Auch in den bei großen Vorhaben nichtausbleibenden Konfliktlagen habe Dr.Messtorf „stets ein Ohr für die Belange derUniversität“ gehabt.Professor Dr. Gerhardt Wolff war von 1994bis 2007 Vorsitzender des Vorstandes derVereinigung von Förderern und Freundender Universität Leipzig. „Dieses Ehrenamthat Professor Wolff über den langen Zeit-

raum mit sehr großer Umsicht ausgefülltund so den Förderverein nach dessen Neu-gründung Schritt für Schritt wieder zu ei-ner Einrichtung gemacht, mit der die Uni-versität rechnen kann“, führte der Rektoraus. Professor Wolff habe in Leipzig immereine beispielhafte Brückenfunktion zwi-schen Wirtschaft und Wissenschaft wahr-genommen. B. A.

Für besondere VerdiensteUniversitätsmedaillen vergeben

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Forschung

Ein neues Energiefilter-Transmissions-Elektronenmikroskop (EFTEM), ein Libra120 der Firma Zeiss wurde im Veterinär-Anatomischen Institut, Veterinärmedizini-sche Fakultät, installiert. Das 500.000 Euroteure Gerät erweitert wesentlich die Ein-satzmöglichkeiten in der Forschung, nichtnur an dieser Einrichtung, sondern auch ananderen Instituten und Kliniken der Veteri-närmedizinischen und Medizinischen Fa-kultät, am Biotechnologisch-Biomedizini-schen Zentrum und der Fakultät für Bio-wissenschaften, Pharmazie und Psycholo-gie.Die Arbeitsgruppe um Prof. JohannesSeeger will in Kooperation mit dem Fraun-hofer Institut für Zelltherapie und Immu-nologie Leipzig mit dem EFTEM amGroßtiermodell Schaf erforschen, wie nacheinem experimentell induzierten Schlagan-fall im Gehirn und nach Applikation vonautologen Knochenmarkstammzellen indie Blutbahn regenerative Prozesse, zumBeispiel das Auswachsen von Nervenzell-fortsätzen (Axone), ablaufen. Diese kön-nen in regenerierten Hirnbereichen neueKontakte zu Nervenzellen, so genannteSynapsen, ausbilden. Ziel ist der Aufbauneuer komplexer Verschaltungsstrukturen,die unterbrochene Leitungsbahnen erneutvernetzen und die degenerativen neurona-len Veränderungen minimieren sollen.Besonders interessant für die Forscher istdie Grenzzone zwischen dem geschädigtenund dem gesundem neuronalen Gewebe.„Mit diesem Gerät können wir tief in denMikrokosmos der Zellen und Gewebe ein-dringen“, sagt Prof. Seeger.„Im Gegensatz zu konventionellen Elektro-nenmikroskopen ermöglicht das neueEFTEM nicht nur Abbildungen der Ultra-struktur, sondern kann auch die topografi-sche Verteilung von ausgewählten Elemen-ten darstellen“, sagt der Leiter des EM-Labors, PD Dr. Johannes Kacza. Dafürwerden im Libra 120 inelastisch gestreuteElektronen gefiltert, die im konventionel-len TEM zur Bildunschärfe beitragen.Durch Einsatz des Energiefilters können

Schnitte auch ohne zusätzliche aufwendigeVorbereitung in guter Qualität abgebildetwerden. Besonders fasziniert die Wissen-schaftler die Möglichkeit, mit dem Ener-giefilter analytisch arbeiten zu können.„Damit kann die Verteilung von chemi-schen Elementen im Gewebe auch quanti-tativ bestimmt werden“, so Dr. Kacza.Eine derzeit in Kooperation mit Kollegenaus dem Veterinär-Anatomischen Institutder Stiftung Tierärztliche Hochschule Han-nover durchgeführte Untersuchung sollAufschluss über die Verteilung von Schwe-fel in Zellen der Speiseröhre verschiedenerSäugetiere geben. Die zelluläre innereAuskleidung (Epithel) ist besonders bean-sprucht, entstehende Schäden müssen da-her immer wieder repariert werden. DasEpithel ist etwa bei rein pflanzlicher Er-nährungsweise dicker und die Zellen müs-sen zu ihrer Stabilisierung große Mengenan schwefelhaltigen Eiweißen (Keratine)produzieren. Mit dem EFTEM werdenerstmals die Keratinmengen, ihre zelluläreEntwicklung und ihre Lokalisation erfasst.Damit ist aus vergleichender Sicht der Ein-fluss der Nahrungsqualität auf die Strukturund Funktion der Speiseröhre genauer zubeurteilen. Die Ergebnisse könnten auch

auf den Menschen übertragbar sein, wobeibesonders frühe Schädigungen der innerenAuskleidung dieses vorderen Darmanteilszu erkennen wären. Die Untersuchungensind Teil eines Projektes, in dem weitereInformationen zur Biologie der Zellen desSpeiseröhrenepithels (Zellteilungsraten,Chemismus der Keratine, Struktur derZellschädigungen, Abwehr von Mikroben)gesammelt werden sollen. Ziel ist die Cha-rakterisierung einer gesunden und funk-tionstüchtigen Speiseröhre.„Außer dem Einsatz als analytisches TEMsind weitere effizienzsteigernde Technikenmit dem modernen Gerät verbunden“, er-klärt Dr. Kacza weiter. „Dazu gehört vorallem eine Digitalkamera, die nicht nureine wesentlich schnellere Dokumentationerlaubt, sondern alle vorteilhaften Anwen-dungen der digitalen Bildgebung ermög-licht.“ Spezielle Software ermöglicht wei-terhin, dass sich zuvor ausgewählte undabgespeicherte Stellen im Schnitt wieder-finden, scannen, aufnehmen und – ganzentscheidend – mehrere Einzelaufnahmenvoll automatisch zu größeren Bildmonta-gen zusammenfügen lassen. „Wie bei Goo-gle Earth bei Beibehaltung der Bildauflö-sung“, meint Kacza. Dr. Bärbel Adams

24 journal

In den Mikrokosmos vonGeweben vordringenNeues Hightech-Elektronenmikroskop installiert

Das neue Energiefilter-Transmissions-Elektronenmikroskop. Foto: Volkmar Heinz

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Im Oktober fand im TagungszentrumKloster Nimbschen in Anwesenheitdes Projektträgers des Zuwendungsge-bers die internationale Fachbegutach-tung des Translationszentrums für Re-generative Medizin (TRM) der Univer-sität Leipzig statt. Im Ergebnis können24 Forschungsvorhaben im Januar2009 ihre Arbeit am TRM aufnehmen.13 Gruppierungen davon konnten nachzwei erfolgreichen Arbeitsjahren amTRM verlängert werden.„Im zweiten Arbeitszyklus ist es ge-lungen, mehr Vorhaben als bisher indie präklinische Entwicklungsphasezu bekommen“, so Prof. Dr. FrankEmmrich, Direktor des Zentrums.Die Schwerpunkte der vorerst bis Ende2010 geförderten Gruppen betreffenverschiedene zelltherapeutische An-sätze, aber auch materialwissenschaft-liche Themen, die Entwicklung neuerDelivery-Systeme und Therapieziele desTissue Engineering. Dabei reicht dieSpannbreite von der Entdeckung neuerBiomarker für die frühzeitige Entdeckungvon Störungen bei der kindlichen Hirnent-wicklung über neue Ansätze zur Regulie-

rung von überschießendem Augenwachs-tum bei Kurzsichtigen bis hin zur Züchtungvon Pigmentzellen zur Behandlung derWeißfleckenkrankheit.Die bewilligten Forschungsvorhabenmussten ein anspruchsvolles zweistufiges

Auswahlverfahren passieren und sichin einem wissenschaftlichen Wettbe-werb durchsetzen, bei dem die Reali-sierungswahrscheinlichkeit innerhalbder nächsten Jahre ein wesentlichesKriterium war. Es sind aber auch wie-der konzeptionelle Vorhaben in die För-derung genommen wurden, deren An-satz und Anspruch überzeugen konn-ten, obwohl der Weg in die Umsetzungnoch dornig und langwierig sein wird.Drei TRM-Vorhaben sollen demnächsterste klinische Ergebnisse bringen.„Die große Zahl von interessanten An-trägen und das innovative Stufenmodellfür die Übertragung (Translation) vonForschungsergebnissen in die klinischePraxis haben unser internationales Gut-achtergremium beeindruckt“, erläutertProfessor Frank Emmrich. „Das TRMwird auch durch erfolgreiche interna-tionale Evaluationen sichtbarer. Im

Dezember 2008 sind wir in der deutschenDelegation vertreten, die mit dem Califor-nian Institute of Regenerative Medicine(CIRM) in San Francisco eine Koopera-tionsvereinbarung vorbereitet.“

Manuela Lißina-Krause

Heft 6/2008 25

Forschung

TRMGrünes Licht für 24 Forschungsvorhaben

Forschung im TRM: Die Ergebnisse sollen mög-lichst auch wirtschaftlich nutzbar sein. Foto: TRM

Der Verbund Infektionsmedizin unter derFederführung von Prof. Dr. ChristianJassoy, Institut für Virologie der Medizini-schen Fakultät, bekam im Rahmen des Pro-gramms „Forschung für den Markt imTeam (ForMaT)“ des Bundesministeriumsfür Bildung und Forschung jetzt ein Projektbewilligt, mit dem das Marktpotenzial unddie Entwicklungskosten für neue Diagnos-tika und Impfstoffkandidaten in der Hu-man- und Tiermedizin ermittelt werdensollen. Außerdem soll ein Konzept für ihreVerwertung erstellt werden.Ab 2010 ist eine Technologieförderungmöglich, durch die Diagnostika und Impf-stoffkandidaten bis zur Verwertung weiterentwickelt werden können. WeitereAntragsteller sind Prof. Dr. HermannMüller, Institut für Virologie im Zentrumfür Infektionsmedizin, und Prof. Dr. UweTruyen, Institut für Hygiene und Öffent-liches Veterinärwesen im Zentrum Veteri-nary Public Health.

„Obwohl von medizinischer Seite dringen-der Bedarf besteht und die technische Um-setzung möglich ist, gibt es für zahlreichehuman- und veterinärmedizinische Infek-tionskrankheiten bisher keine geeignetenDiagnostika und Impfstoffe“, sagt Prof.Müller. „Dabei handelt es sich insbeson-dere um Infektionen, bei denen die Zahlder Erkrankungsfälle bisher nur gering istoder das Einsatzgebiet regional begrenztbleibt beziehungsweise in wirtschaftlichweniger potenten Ländern liegt. Dazukommen Krankheiten bei Tierarten vongeringerer wirtschaftlicher oder seuchen-hygienischer Bedeutung.“Für solche Krankheiten wird gelegentlichauch der Begriff „vernachlässigt“ bzw.„neglected“ verwendet. Der Terminus„Vernachlässigung“ bezieht sich hierbeiauf die Tatsache, dass die großen Unter-nehmen der Pharmazeutischen Industrievor allem aufgrund verhältnismäßig klei-ner Fallzahlen keine Anstrengungen zur

Etablierung entsprechender Produkte un-ternommen haben.Allerdings besteht inzwischen ein größeresInteresse von Unternehmen und Öffent-lichen Einrichtungen an Diagnostika undImpfstoffen für diese Krankheiten. Dennzum einen wird eine Zunahme bisher sel-tener Krankheiten in vielen Ländern beob-achtet. Zum anderen haben zahlreiche Län-der auch außerhalb Europas erheblich anWirtschaftskraft gewonnen, so dass sichdas Marktpotenzial deutlich vergrößert hat.Hinzu kommt, dass Diagnostika heute we-sentlich kostengünstiger entwickelt undImpfstoffe durch ein Verfahren für ganzEuropa zugelassen werden können.Ein Nebeneffekt des Forschungsprojektsist zudem die Stärkung der bereits vorhan-denen Forschung und Entwicklung im Be-reich der human- und veterinärmedizini-schen Infektionskrankheiten in der RegionLeipzig zum Nutzen für Mensch und Tier.

Dr. Bärbel Adams

Im Fokus: Bisher vernachlässigte InfektionskrankheitenProjekt erforscht Marktchancen für Impfstoffe

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Studiosi

Zu sagen, Amal El-Abd ist in zwei Kultu-ren zu Hause, trifft die Sache nicht ganz.„Palästina ist meine Heimat, Deutschlandmein Zuhause“, sagt die 27-jährige Studen-tin – und überlegt noch einmal kurz. „Ja,das kann man so sagen.“ Es ist Mittwoch-abend, kurz vor acht. Amal sitzt im Caféder Bahnhofsbuchhandlung und nippt anihrem GingerAle. So alle ein, zwei Wochenkommt sie in die Buchhandlung zumSchmökern. Heute muss das wohl ausfal-len. Amal sieht müde aus. Elf Stunden hatsie heute am Spracheninstitut Berlitz unter-richtet, Deutsch und Arabisch. Zwei unter-schiedliche Sprachen, zwei unterschied-liche Kulturen, die sich im Unterricht wie-derfinden, den Amal auf Stundenbasis gibt– aber auch in ihrem Leben. Ihre Elternkamen Ende der 70er von Palästina nachDeutschland. Ihr Vater studierte in Ros-tock, ihre Mutter in Leipzig. „Ich bin hiergeboren, aber ich bin vom Gefühl her keineDeutsche. Meine Mutter hat mich ara-bisch-palästinensisch-muslimisch erzogen.Trotzdem würde ich sagen, dass ich zweiKulturen in mir trage: die westlich-euro-päische und die arabische“, erklärt Amal.mDiese Vielfalt ist für die Arabistikstudentinkein Hindernis, sondern eine Chance: Fastfünf Jahre war sie Vorstandsmitglied derVereinigung für Arabische Studenten undAkademiker, kurz V.A.S.A. Die Vereini-gung setzt sich unter anderem für denDialog zwischen Arabern und Deutschenein. „Nach dem 11. September ist das Inte-resse an der arabischen Kultur und Lebens-weise sehr groß geworden“, erinnert sichAmal. Oft bekommt V.A.S.A. Anfragen,Vorträge über den Islam zu halten, zumBeispiel in Schulen. Wie vor den Gerich-ten ist das Kopftuch dann auch dort Thema:Die Schüler fragen manchmal, warum siekein Kopftuch trage, erzählt Amal. „Ichsage dann: ‚Ich lebe hier – und in diesemKulturkreis tragen Frauen keine Kopftü-cher‘“. Ein Zeichen mangelnder Religiosi-tät ist das fürAmal nicht: „Religiosität trägt

man mit sich, nicht auf sich.“ Ein Kopftuchwürde sie in Deutschland eher einengen,was zum Beispiel Beruf und Karriere be-trifft, so Amal. „Ich schließe aber nicht aus,dass ich in arabischen Ländern ein Kopf-tuch tragen würde – aus Respekt vor derReligion. Im Westen wird das Kopftuch jaoft als Zeichen der Unterdrückung gewer-tet. Niemals kommt es jemand in den Sinn,dass Frauen es tragen, weil sie sich dadurchbeschützt fühlen.“Amal überlegt wieder. „Dass ich meineMeinung so direkt sage, ist – glaube ich –eher europäisch. Araber wären da diploma-tischer“, sagt sie lächelnd und trinkt einenSchluck. Neben den Kaffeetischen beginntdie Reiseabteilung, mit Ratgebern, Kartenund Reiseführern. Jedes Jahr versucht

Amal, in ein arabisches Land zu fahren.Die Mitglieder von V.A.S.A. sind zwar wie„eine große Familie, in der sich jederkennt“ und zusammenkommt, um Feste zufeiern und gemeinsam fasten. Aber zumHeimatgefühl fehlt dann doch ein kleinesStück. Deshalb soll es nach dem Studiumnach Palästina gehen. „Das wäre meinWunsch, dorthin zu gehen und Aufbaupro-jekte zu machen“. Aber die politische Lagesei derzeit zu unsicher, weiß Amal. Abergleichzeitig ist sie sicher: „Irgendwie wirdsich auch alles finden“. So war das inihrem Leben bisher immer.

Kathrin Ruther

www.uni-leipzig.de/~vasa

26 journal

„Religiosität trägt manmit sich, nicht auf sich“Amal El-Abd wirbt für deutsch-arabischen Dialog

Amal El-Abd wirbt für Dialog zwischen Arabern und Deutschen. Foto: Ruther

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Ende August wurde Denver für eine Wochevon der Politik eingenommen. An jederEcke gab es Obama-Souvenirs zu kaufenund überall sah man Gesichter – bekannteund unbekannte. Politiker, Journalisten,Lobbyisten und hunderte politisch aktiveStudierende tummelten sich in der Stadt imWesten der USA. Hauptschauplatz desDemokratischen Parteitagsgeschehens wardas Pepsi Center, das zu jedem Zeitpunkteinem Ameisenhaufen gleich kam. DasSpektakel war fantastisch und unbe-schreiblich. Und die Recherchen für meineMagisterarbeit am Institut für Amerikanis-tik katapultierten mich mitten hinein in dasGeschehen.Von Mitte August bis Mitte November binich in die USA gereist, um in eine Reiheverschiedener Bundesstaaten vor Ort Ma-terial zu sammeln.Der Fokus meiner Recherche vor Ort wardie Mobilisierung der Jugend für den Präsi-dentschaftswahlkampf durch die beidendominierenden politischen Parteien undderen Präsidentschaftskandidaten. UmEinblicke in die Strategien und Mobilisie-rungsprozesse zu bekommen, habe ichunter anderem als Delegierte der College-Demokraten an deren Nationalen Parteitagteilgenommen, der parallel zum Demokra-tischen Parteitag in Denver stattfand.Außerdem habe ich diverse Interviews mitBeteiligten geführt, zum Beispiel mit derDirektorin des Democratic National Com-mittee Youth Council, A’shanti Gholar. Umdie Mobilisierungstaktik und Wirkung auflokaler Ebene zu untersuchen, bin ich inblaue, rote und violette Bundesstaaten ge-reist. Schließlich unterschied sich die poli-tische Stimmung in den Bundesstaaten, diefür eine der beiden Parteien sicher waren,enorm von der Stimmung und Intensität desWahlkampfes in den so genannten Battle-ground States, wie beispielsweise Ohio.Im Oktober war ich für etwa eine Woche zuGast am „Center for Information andResearch on Civic Learning and Engage-ment“ (CIRCLE) an der Tufts University inMedford/Massachusetts, wo mir als an-gehende Wissenschaftlerin ein Büro zurVerfügung gestellt wurde. CIRCLE be-schäftigt sich mit dem zivilen und politi-

schen Engagement junger Amerikaner.Die Mitarbeiter von CIRCLE haben michwährend meines Aufenthaltes intensiv be-raten und mir die Möglichkeit gegeben, mitihnen meine Forschung zu diskutieren.Und auch hier kam die Politik zum An-fassen nicht zu kurz. Denn der Höhepunktmeines Besuchs in Medford war einespannende Diskussion mit Obamas Wirt-schaftsberater Prof. Austan Goolsbee.Während meines gesamten Forschungs-aufenthaltes habe ich viele interessanteEindrücke gesammelt, die ich nicht soschnell vergessen werde. Zum Beispiel hateine 24-jährige Studentin aus Ohio mir ineinem Gespräch angedeutet, dass sie Angstvor Obama habe, weil er möglicherweiseder Antichrist sei. Eine 23-jährige Be-kannte in Kansas fragte mich, welcher Par-tei Präsident Bush eigentlich angehöre.Aber es gab natürlich auch positive Ein-drücke. Wie den afroamerikanischen Vater,der mit seinen zwei Söhnen neben mir imInvesco Field Stadium saß, als BarackObama seine Parteitagsrede hielt. AlsObama über seine bildungspolitischenPläne sprach, glänzten die Augen des Va-ters, er lehnte sich zu seinen Söhnen undsagte enthusiastisch und nachdrucksvoll

„Listen! He is talking about you!“ Auch dieWahlnacht in Washington/DC, inklusiveder Party vorm Weißen Haus, war unver-gesslich.Das Ergebnis meiner Recherche unterstütztdie Grundannahme, dass die Demokratensich intensiver um die jungen Wähler be-müht haben. Ohne den Rückhalt durchjunge Wähler hätte Obama die Wahl nichtgewinnen können. Schließlich haben 66%der 18 bis 29-jährigen Wähler für den De-mokraten gestimmt. Entscheidend war au-ßerdem die ausgeklügelte Online-Strategieder Obama-Kampagne. Junge Demokratenhaben sich über Social Networking Web-seiten überall selbst organisiert. Sie unter-stützten ihren Kandidaten, indem sie Spen-denformulare auf seiner Webseite ausfüll-ten. Und tausende junge Amerikaner habensich online als Freiwillige gemeldet, um fürObama an Türen zu klopfen und die Tele-fonhörer in die Hand zu nehmen.Bei der Organisation meines Forschungs-aufenthaltes haben mir Kontakte der Uni-versität Leipzig geholfen, er wurde durchdie Friedrich-Ebert-Stiftung, das Institutfür Amerikanistik und die Leipziger Volks-zeitung unterstützt.

Caterina Rost, Institut für Amerikanistik

Heft 6/2008 27

Studiosi

„This is our moment“Jugendmobilisierung im US-Wahlkampf

Die Autorin bei der Democratic National Convention im Invesco Field Stadium.

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Personalia

Neuberufen:

P. PrimavesiDer Bezug zur Theaterpraxis war PatrickPrimavesi, der jetzt mit den Schwerpunk-ten Gegenwartstheater und Theaterge-schichte offiziell zum Professor ernanntwurde, schon immer sehr wichtig. Deshalbzog es ihn 1985, nach einjährigem Studiumder Theater- und Literaturwissenschaft inBerlin, an die Universität in Gießen zumdamals neu gegründeten StudiengangAngewandte Theaterwissenschaft. Inzwi-schen regt er als Professor am Institut fürTheaterwissenschaft der Universität Leip-zig auch seine Studenten dazu an, sichergänzend zum Studium von Theater-geschichte und -theorie mit der aktuellenTheaterpraxis auseinanderzusetzen.Sein Studium in Gießen, bei dem er unteranderem Heiner Müller als Gastprofessorkennen lernte, beendete er im Jahr 1989.„Ich habe viel ausprobiert“, erinnert sichPrimavesi. Noch parallel zum Studiumarbeitete er als Hospitant und Assistent fürRegie und Dramaturgie mit namhaftenKünstlern wie Einar Schleef und WilliamForsythe zusammen. 1996 promovierte erzur Theater- und Literaturtheorie des Kul-turphilosophen Walter Benjamin und über-nahm erste Lehraufträge an den Universtä-ten Mainz und Frankfurt/Main. Nach Sti-pendien in Graduiertenkollegs erhielt er imJahr 2000 eine Assistentenstelle am Insti-tut für Theater-, Film- und Medienwissen-schaft in Frankfurt. Seine Habilitation zumThema „Das andere Fest. Theater undÖffentlichkeit um 1800“ erschien 2004auch als Buch.Primavesi ist verheiratet und Vater einessiebenjährigen Sohnes. In Leipzig hat ersich inzwischen eingelebt und plant einewissenschaftliche Tagung für November2009 mit einem ergänzenden Programmvon internationalen Gastspielen und Work-shops zum Thema „Theater des Alltags“.Außerdem wird er sich an einem For-schungsprojekt zu kulturellen Flexionenvon Raum und Zeit beteiligen, wobei erseine Kontakte zu europäischen Partner-Universitäten einbringen kann. S. Huster

Neuberufen:

Christoph KleineDie Religionslehrerin brachte den Stein insRollen. Von ihrem Unterricht war Chris-toph Kleine so begeistert, dass er sich spä-ter entschloss, in Marburg Religionswis-senschaft zu studieren. Da er als Jugend-licher auch eine Vorliebe für fernöstlicheKampfsportarten hatte, kam als NebenfachJapanologie hinzu. Mit dieser ungewöhn-lichen Kombination – Philosophie war seinzweites Nebenfach – schaffte es der heute46-Jährige über mehrere andere beruflicheStationen bis zu einer Professur für Reli-gionsgeschichte an der Universität Leip-zig. Seit dem 1. Oktober forscht und lehrtder gebürtige Wilhelmshavener in Leipzig.Schon im Alter von 16 Jahren las KleineBücher über Buddhismus und interessiertesich brennend für japanische Kultur. „Ichwollte aber schon immer Religionswissen-schaft studieren“, sagt der Professor, derseine Pläne von 1984 an in Marburg kon-sequent umsetzte. 1991 schloss er seinStudium ab und promovierte. Vier Jahrespäter verteidigte er erfolgreich seine Dok-torarbeit über eine buddhistische Erneue-rungsbewegung des frühen 13. Jahrhun-derts in Japan. „Danach kam dann für michdie entscheidende berufliche Weichenstel-lung“, erinnert sich Kleine. Er musste sichentscheiden, ob er sich – wie viele seinerStudienfreunde – einen ganz anderen Be-ruf suchen oder alles auf eine Karte setzenund in der Wissenschaft bleiben sollte.Kleine beschloss, der Wissenschaft treu zubleiben und zu habilitieren. „Ich wollteeben Religionswissenschaftler sein“,spricht der sympathische Professor ausvollster Überzeugung. Mit diesem Enthu-siasmus und einem Stipendium in derTasche schaffte Kleine auch dieses Ziel.Zwischen 2002 und 2004 war Kleine in ei-nem DFG-Projekt als wissenschaftlicherMitarbeiter am Religionswissenschaft-lichen Institut in Leipzig tätig. Ende 2004folgte er dem Ruf aus München und wurdeProfessor für Religion und PhilosophieOstasiens – um jetzt zurückzukehren.

S. Huster

Neuberufen:

Daniel HusterZurückgekehrt nach Leipzig ist ProfessorDr. Daniel Huster, Nachfolger von Profes-sor Klaus Arnold als Direktor des Institu-tes für Medizinische Physik und Biophysikan der Medizinischen Fakultät. Der gebür-tige Zwickauer studierte in Leipzig Physik,war Doktorand an der Universität Leipzigund am National Institute of Health, Be-thesda, USA, Postdoc an der Iowa StateUniversity, USA, sowie Nachwuchsgrup-penleiter im Biotechnologisch-Biomedizi-nischen Zentrum und an der UniversitätHalle-Wittenberg. Die Wahl habend zwi-schen Münster und Leipzig, entschied ersich für Leipzig wegen der besseren Stel-lenausstattung und Verbrauchsmittel sowieder leistungsbezogenen Mittelvergabe ander Medizinischen Fakultät. Sein For-schungsfeld war bereits seit seiner Disser-tation das Studium der Struktur und Be-weglichkeit von Molekülen mittels Kernre-sonanz-Spektroskopie (NMR) Dabeihaben es ihm die Membranproteine beson-ders angetan. Sind sie doch „die Türen undFenster einer Zelle“, so Professor Huster.„Etwa die Hälfte aller gegenwärtig genutz-ten Medikamente zielen auf diese Pro-teine.“ Dennoch sind bisher nur wenigeStrukturdaten bekannt, die wichtig sind fürdie Entwicklung von Medikamenten. Inte-ressant sind dabei für Professor Husternicht nur die Einzelmoleküle, sondernauch das Zusammenwirken der Proteine.Da die NMR auch den Blick auf umlie-gende Moleküle erlaubt, ist sie genau dasrichtige Verfahren. „Wenn wir wissen, wiedie Natur funktioniert, verstehen wir bes-ser, wie wir das nutzen können“, meint derBiophysiker, den in Leipzig auch das gutewissenschaftliche Umfeld und die Anbin-dung an klinische Fragestellungen begeis-tert.In seiner Freizeit erkundet der verheirateteVater einer sechsjährigen Tochter gern mitseiner Familie die Welt per pedes.

B. Adams

28 journal

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NOMENDie Kolumne von Namenforscher

Prof. Dr. Jürgen Udolph

Der Familienname „Huster“

Wie bei jedem Familiennamen überprüftman Häufigkeit und Streuung. Unter 35Millionen Telefonteilnehmern ist der Namein Deutschland heute ca. 1000 Mal be-zeugt.Der Name ist heute vor allem in Sachsenhäufig, daneben aber auch im Rheinland.Das zeigen auch die historischen Belegeder folgenden Karte, die auf einer Entwick-lung des Leipziger Namenkundler MarioFraust beruht (blaue Punkte kennzeichnenheutiges Vorkommen, rote Punkte die his-torische Verbreitung):

Wahrscheinlich hat die unterschiedlicheStreuung auch Konsequenzen für die Ety-mologie.Die westdeutschen Belege sind wohl Ab-leitungen von Ortsnamen, etwa Huste beiMelle oder Husten bei Drolshagen (West-falen). Auch an (Neheim)-Hüsten kann ge-dacht werden. Grundlage dieser Ortsna-men ist sehr wahrscheinlich huste „Haufen,Kornhaufen“, im älteren Niederländischenauch hoeste, huiste.Die sächsischen Namen sind dagegen mitV. Hellfritzsch, Familiennamenbuch dessächsischen Vogtlandes, Berlin, 1992,S. 110 als Übernamen zu verstehen undwurden durch eine bestimmte Eigenschaftdes ersten Namenträgers motiviert. Es gehtletzten Endes wohl doch um husten, denHusten, etwa wegen des schweren, sto-ckenden Atems, vielleicht auf Grund einerAtemwegserkrankung. Gelegentlich wurdeim Deutschen als Huster auch ein alterMann bezeichnet („alter Huster“), nicht zu-letzt wohl deshalb, weil ältere Menschenhäufiger unter Atemwegsproblemen zu lei-den hatten und haben.

Neuwahl derDekane

Im Oktober traten nach den turnusgemäßenNeuwahlen die gewählten Dekane vonzwölf Fakultäten ihr Amt an. Gewählt wur-den Prof. Dr. Jens Herzer, TheologischeFakultät, Prof. Dr. Christian Berger,Juristenfakultät, Prof. Dr. Adam Jones,Fakultät für Geschichte, Kunst- undOrientwissenschaften, Prof. Dr. WolfgangLörscher, Philologische Fakultät, Prof.Dr. Hans-Jörg Stiehler, Fakultät für So-zialwissenschaften und Philosophie, Prof.Dipl.-Ing. Johannes Ringel, Wirtschafts-wissenschaftliche Fakultät, Prof. Dr.Joachim Thiery, Medizinische Fakultät,Prof. Dr. Wolfgang König, Fakultät fürMathematik und Informatik, Prof. Dr.Matthias Müller, Fakultät für Biowissen-schaften, Pharmazie und Psychologie,Prof. Dr. Jürgen Haase, Fakultät fürPhysik und Geowissenschaften, Prof. Dr.Harald Krautscheid, Fakultät für Chemieund Mineralogie sowie Prof. Dr. ArwidDaugschies, Veterinärmedizinische Fakul-tät.

Kurz gefasstDr. rer. med. Andreas Boldt, Klinik fürHerzchirurgie, erhielt für seine Disserta-tion „Remodellingprozesse und ihre Regu-lation bei chronischem Vorhofflimmern“den Doberentz-Preis 2007 der Medizi-schen Fakultät. Die Dissertation wurdebetreut von Prof. Dr. Stefan Dhein. DenDr. Carl-Zeise-Preis 2007 erhielt Dr. med.Frank Bläser, Institut für Klinische Immu-nologie, für seine Dissertation „Generie-rung der Kinasekinase alpha Knockout-Maus“. Betreut wurde die Arbeit von Prof.Dr. Frank Emmrich. Beide Preise werdenfür herausragende Promotionen verliehen.

Prof. Dr. med. Andreas Dietz, DirektorKlinik und Poliklinik für Hals-, Nasen-,Ohrenheilkunde/Plastische Operationen,wurde zum Korrespondierenden Mitgliedder Österreichischen Gesellschaft für Hals-,Nasen-, Ohrenheilkunde, Kopf- und Hals-chirurgie ernannt.

Prof. Dr. habil. Georg Völkel, ehemalsFakultät für Physik und Geowissenschaften

erhielt von der Universität Vilnius (Li-tauen) die Würde eines Doktors honoriscausa. Damit wurden seine „fundamenta-len Arbeiten auf dem Gebiet der Festkör-perphysik und die wissenschaftliche undhumane Unterstützung der Fakultät fürPhysik der Universität Vilnius“ gewürdigt.

PD Dr. habil. Thomas Jacobsen, Institutfür Psychologie I, erhielt den early careeraward der International Association ofEmpirical Aesthetics (IAEA), den Alexan-der-Gottlieb-Baumgarten Award for Out-standing Contributions ofYoung Scientists.Mit dem Preis wurden seine Leistungen aufdem Gebiet der neurokognitiven Ästhetik-forschung geehrt.

Dr. Bernard Sobotta und Dr. InaNitschke, Poliklinik für Zahnärztliche Pro-thetik und Werkstoffkunde, erhielten inLondon den ECG-GABA-Award der Euro-päischen Fachgesellschaft für Gerodonto-logy (ECG), die sich der Zahnmedizin fürSenioren widmet. Die Zahnmediziner wur-den damit für ihre gemeinsame Studie aus-gezeichnet, in der sie die Ausbildung derStudierenden im Fach Seniorenzahnmedi-zin in Leipzig und Zürich evaluierten undverglichen.

Martin Gryga, assoziiertes Mitglied desGraduiertenkollegs InterNeuro, gewannden 1. Preis in Ophthalmologie bei der„19th European Students Conference“ derCharité Berlin. Er wurde ausgezeichnet fürdie Präsentation von Ergebnissen seinerDoktorarbeit zum Thema „Werden dieZellkerne der Stäbchen-Photorezeptoren inunserer Netzhaut als lichtbrechende Linsenfür die Bildübertragung eingesetzt?“

Prof. Dr. Monika Wohlrab-Sahr, Institutfür Kulturwissenschaften, hat für ihr ge-meinsam mit Aglaja Przyborski ver-fasstes Lehrbuch „Qualitative Sozial-forschung. Ein Arbeitsbuch“ den René-König-Lehrbuchpreis der Deutschen Ge-sellschaft für Soziologie verliehenbekommen.

Prof. Dr. Marcel Machill, Lehrstuhl Jour-nalistik II am Institut für Kommunikations-und Medienwissenschaft, ist in das Aus-wahlkomitee für das McCloy Scholarshipfür die John F. Kennedy School of Govern-ment (Harvard University) berufen wor-den. Das McCloy Scholarship Program istDeutschlands bestdotiertes Graduiertensti-pendium für ein zweijähriges Aufbaustu-

Heft 6/2008 29

Personalia

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Personalia | Gremien

dium für herausragende Nachwuchskräftein Harvard.

Prof. Dr. Karlheinz Hengst, Institut fürSlavistik, ist für die langjährige Erfor-schung der sprachwissenschaftlichen undsorabistischen Leistungen von PfarrerGeorg Körner (1717–1772) mit dem Ma-gister Georg Körner-Preis geehrt worden.

Dr. Johannes Weigel, Facharzt für Kinder-heilkunde und Jugendmedizin an der Uni-versitätsklinik für Kinder und Jugendliche,hat ein zweijähriges Ausbildungsstipen-dium der Arbeitsgemeinschaft für pädiatri-sche Endokrinologie erhalten.

Prof. (em.) Dr.Werner Engelwald, Fakul-tät für Chemie und Mineralogie, wurdeEnde September in Münster der Ehrenvor-sitz des Arbeitskreises Separation Sciencein der Fachgruppe Analytische Chemie derGesellschaft Deutscher Chemiker verlie-hen. Damit wird sein langjähriges Engage-ment als Vorsitzender und Vorstandsmit-glied des Arbeitskreises und der Fach-gruppe gewürdigt.

Prof. Dr. Volkmar Falk, Professor amHerzzentrum Leipzig und Präsident derDeutschen Gesellschaft für Computer- undRoboterassistierte Chirurgie (CURAC) so-wie Vorstandsmitglied des Innovationszen-trums für Computerassistierte Chirurgie(ICCAS) der Universität Leipzig, geht imJanuar nach Zürich, um dort die Stelle alsDirektor der Klinik für Herz- und Gefäß-chirurgie am Universitätsspital anzutreten.

GeburtstagWirtschaftswissenschaftliche Fakultät65. GeburtstagProf. Dr. Hans Günter Rautenberg, Institutfür Unternehmensrechnung und Steuer-lehre, Dekan von Oktober 1999 bis Okto-ber 2002, am 08. 12.

Der Rektor der Universität Leipzig und dieDekane der einzelnen Fakultäten gratulie-ren herzlich.

(Die Geburtstage werden der Redaktiondirekt von den Fakultäten gemeldet. DieRedaktion übernimmt für die Angabenkeine Gewähr. Das gilt auch für deren Voll-ständigkeit.)

1. Der Senat stimmte dem Ausschrei-bungstext und der Zusammensetzung derBerufungskommission für die W3-Profes-sur „Religionspädagogik und Didaktik desReligionsunterrichts“ zu. Außerdem nahmder Senat zustimmend zur Kenntnis dieZusammensetzung der Berufungskommis-sion für die W2-Professur „Didaktik derdeutschen Sprache und Literatur“ und fürdie W3-Professur „Allgemeine Bewe-gungs- und Trainingswissenschaft“.2. Der Senat empfahl die Berufungsvor-schläge für die W3-Professuren „Anato-mie“, Neurologie“ und „Physik der Atmos-phäre“ (gemeinsame Berufung mit demLeibniz-Institut für Troposphärenfor-schung); für die W2-Professuren „Be-triebswirtschaftslehre, insbesondere be-triebswirtschaftliche Steuerlehre und Un-ternehmensrechnung“, „Transplantationund Gewebetoleranz“, „Orthopädie mitSchwerpunkt Wirbelsäulenchirurgie“,Kinderheilkunde und Jugendmedizin mitdem Schwerpunkt Pädiatrische Hämatolo-gie, Onkologie und Hämostaseologie“,„Verhaltensökologie“, „ExperimentellePhysik: Wechselwirkung von Oberflächenmit biologischen Zellen und Geweben“(gemeinsame Berufung mit dem Leibniz-Institut für Oberflächenmodifizierung).3. Der Senat befürwortete den Antrag derMedizinischen Fakultät auf Verleihung desRechts zur Führung der Bezeichnung „Au-ßerplanmäßiger Professor“ für Michael A.Borger, MD, PhD.4. Unter dem Tagesordnungspunkt „Be-sondere universitäre Angelegenheiten erör-terte der Senat die Anforderung von Stel-len seitens der Zentralverwaltung und vonProrektoraten. Er stimmte dem Antrag aufWeiterförderung des Sonderforschungsbe-reiches 610 „Proteinzustände mit zellbio-logischer und medizinischer Relevanz“ zu,ebenfalls der Antragstellung für einenSFB/Transregio „Funktionelle Biomateria-lien zur Steuerung von Heilungsprozessenin Knochen- und Hautgewebe – vom Ma-terial zur Klinik“. Weiterhin stimmte derSenat der Anerkennung des Bach-Archivsals An-Institut der Universität Leipzig zusowie der Anerkennung des Instituts fürAngewandte Informatik (InfAI) e.V. alsAn-Institut. Der Senat bestellte Herrn Mar-cel Wodniock als studentisches Mitgliedder Kommission zur Verleihung der Leip-ziger Universitätsmedaille.

5. Unter dem gleichen Tagesordnungs-punkt nahm der Senat die Empfehlung desRektoratskollegiums zur Entwicklungsper-spektive der interdisziplinären wissen-schaftlichen Zentren der Universität Leip-zig zur Kenntnis. Er stimmte zu, die derzeitals zentrale Einrichtungen bestehenden in-terdisziplinären Zentren und Teilzentrendes Zentrums für Höhere Studien: Natur-wissenschaftlich-Theoretisches Zentrum(NTZ), Geistes- und Sozialwissenschaft-liches Zentrum (GSZ), Frankreichzentrum(FZ), Zentrum für Kognitionswissenschaf-ten (ZfK), Zentrum für Prävention und Re-habilitation (ZPR), Zentrum für Internatio-nale Wirtschaftsbeziehungen (ZIW), Zen-trum für Magnetische Resonanz (MRZ),Zentrum für Toxikologie (ZfT), Zentrumzur Erforschung und Entwicklung pädago-gischer Berufspraxis (ZpB), Lateinameri-kazentrum (LAZ), Zentrum für Frauen-und Geschlechterforschung (FraGes) unddas Interdisziplinäre Zentrum für Bioinfor-matik (IZBI) zum 1. Januar 2009 als Zen-trale Einrichtungen i.S.v. § 101 SächsHGaufzuheben. Sie unterstehen ab diesemZeitpunkt nicht mehr dem Rektoratskolle-gium. Der Akademische Senat nahm zurKenntnis, dass diejenigen Zentren ab die-sem Zeitpunkt nicht mehr gefördert wer-den. Sie können sich jedoch um leistungs-abhängige Förderung nach Abschluss einerZielvereinbarung bewerben. Das Zentrumfür Höhere Studien (ZHS, ohne seine der-zeitigen Teilzentren) wird als ZentraleEinrichtung fortgeführt, ebenso die der-zeit grundhaft aus Drittmitteln finanzier-ten Zentren Biotechologisch-Biomedizini-sches Zentrum (BBZ) undTranslationszen-trum für Regenerative Medizin (TRM).Auch die Research Academy Leipzig(RAL) besteht als zentrale wissenschaft-liche Einrichtung nach § 101 SächsHG fort.6. Der Senat beschloss Studiendokumenteder Philologischen Fakultät, der Fakultätfür Sozialwissenschaften und Philosophie,der Fakultät für Biowissenschaften, Phar-mazie und Psychologie, der Fakultät fürPhysik und Geowissenschaften.7. Der Senat bestellte einstimmig Prof.Nikolaos Psarros als Nachfolger von Dr.Martina Emsel zum Mitglied der Kommis-sion Lehre/Studium/Prüfungen und nahmdie Änderung der Forschungskommissionzur Kenntnis. Der Senat beschloss den For-schungsbericht 2007.

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Sitzung des Senatsam 9. September

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Heft 6/2008 31

Gremien

1. Der Senat stimmte der Denominations-änderung für die W3-Professur „Öffent-liches Recht, insbesondere Steuerrecht undöffentliches Wirtschaftsrecht“ sowie derW2-Professur „Klinische Chemie undFunktionelle Genetik“ zu, ebenso demAusschreibungstext und der Zusammen-setzung der Berufungskommission fürdiese Professuren. Weiterhin stimmte derSenat dem Ausschreibungstext für dieW2-Professur „Ur- und Frühgeschichte“zu sowie dem Ausschreibungstext und derZusammensetzung der Berufungskommis-sion für die W2-Professur „American Stu-dies/Minority Studies“, und für die W3-Professur „Physische Geographie“.2. Der Senat empfahl die Berufungsvor-schläge für die W3-Professur „Psychoso-matische Medizin und Psychotherapie“;für die W2-Professur „Diagnostische undinterventionelle Radiologie Claussen-Si-

mon“ W2-Stiftungsprofessur „Neurobiolo-gie affektiver Störungen“; für die Junior-professur „Biomechnische Grundlagen derNetzhautchirurgie“ (gestiftet von der Fritzund Hildegard Berg-Stiftung); für die W3-Professur „Pharmazeutische/MedizinischeChemie“; für die W3-Professur „SpezielleBotanik und funktionelle Biodiversität“;für die W2-Professur „Klinische Pharma-zie“; für die W2-Professur „Bestandsbe-treuung und Reproduktionsmedizin“.3. Der Senat befürwortete den Antrag aufVerleihung des Rechts zur Führung der Be-zeichnung „außerplanmäßiger Professor“für PD Dr. Uwe Fritz und für PD Dr. Wolf-ram Eichler, beide Fakultät für Biowissen-schaften, Pharmazie und Psychologie. Au-ßerdem befürwortete der Senat den Antragauf Bestellung zum Honorarprofessor fürDipl.-Ing. Michael Cesarz, Wirtschaftswis-senschaftliche Fakultät und für Dr. Joachim

Mittendorf, Fakultät für Chemie und Mine-ralogie. Den Abschluss des Habilitations-verfahrens nahm der Senat zur Kenntnisvon Dr. Ardawan Rastan, Medizinische Fa-kultät und von Dr. Helmut Abels, Fakultätfür Mathematik und Informatik.4. Der Senat beschloss die Verleihung derLeipziger Universitätsmedaille an HerrnProf. Dr. Gerhardt Wolff und Dr.-Ing. Vol-ker Messtorff-Lebius.5. Der Senat beschloss, das Gleichstel-lungsprogramm der Universität Leipzig zuaktualisieren. Zur Erstellung eines Gleich-stellungsprogramms wird eine Senatskom-mission (gemäß Vorlage) eingesetzt.6. Der Senat bestellte Dr. Hans-JoachimLieske als Senatsvertreter der Gruppe derakademischen Mitarbeiter zu Beratungendes Kuratoriums.Professor F. Häuser Dr. B. AdamsRektor Pressereferentin

Sitzung des Senats am 14. Oktober

Im Artikel „Netzwerken für die Zukunft“,Heft 5/2008, wird auf eine dauerhafte Part-nerschaft zwischen den Alumni und ihrerUniversität hingewiesen. Naturgemäß sindsolche Aktivitäten vorwiegend an die Fach-bereiche gebunden.Nachforschungen über den „Verbleib“ desImmatrikulationsjahrganges 1958 warenweitgehend erfolgreich verlaufen. Anläss-lich ihres Studienbeginns vor 50 Jahrenversammelten sich diese Alumni erstmaligwieder im Großen Hörsaal des ehemaligenMathematischen Institutes, welcher vor-wiegend Auditorium ihres fünfjährigenDiplomstudiums war. Die noch immervertraute Umgebung, verbunden für unsmit der Aura der verehrten ProfessorenBeckert, Günther, Focke und Salié, hattenichts von ihrer Gegenwärtigkeit verloren,ließ kein Fremdeln nach so langer Zeit zu.Unser Studienfreund G. Neumann erin-nerte in seinem Vortrag an Ereignisse da-maliger Zeit, ging auf die unglaubliche Ent-wicklungsspanne zwischen Rechenschie-ber und Laptop ein, die den Beginn unseresStudiums und das Ende unserer beruflichenTätigkeit einrahmen. Bezugnehmend aufdas Thema „Mathematik und Glauben“lenkte er unsere Gedanken dann auf dieFrage nach dem Grad der Gewissheit ma-

thematischer Aussagen (Fermatscher Satz,Poincaré-Vermutung) und auf die relativeAussagekraft von Computerresultaten fürBeweise (Riemannsche Vermutung).Anschließend ging M. Belger auf die pro-blematische Situation am MathematischenInstitut um 1957/58 ein: Nachdem bedeu-tende Mathematiker wie E. Hölder undE. Kähler angesichts wachsender Schwie-rigkeiten das Institut verlassen hatten, stan-den nach notwendigen personellen Ent-scheidungen die vier Professoren Beckert,Günther, Focke und Salié in der Pflicht, dielange erfolgreiche Tradition des Institutesfortzusetzen – eine in Anbetracht bedeu-tender Vorgänger große Herausforderung,die sie in Lehre, Forschung und Heran-bildung wissenschaftlichen Nachwuchsesunter Wahrung persönlicher Integrität ge-meistert haben.Im Sinne von „Netzwerken für die Zu-kunft“ hoffen wir zum Universitätsjubi-läum 2009 zu erneuten Aktivitäten einge-laden zu werden. Aus Berichten unsererAlumni über ihre Tätigkeit zwischen 1963und ihrer Außerdienststellung (keinesfallsRuhigstellung) waren dazu durchaus An-satzpunkte erkennbar.

M. Belger, G. Neumann,H. Gentemann

,Jubiläen 2008’erschienenZum fünften Mal in Folge hat die Univer-sität Leipzig einen Jubiläen-Band heraus-gebracht, der sich Persönlichkeiten, Ein-richtungen und Ereignissen aus der Ge-schichte der Alma mater Lipsiensis wid-met. Der Band erinnert in diesem Jahr auf145 Seiten an „runde“ Jubiläen aus der fast600-jährigen Geschichte der Universität,darunter der 40. Jahrestag der Sprengungder Universitätskirche St. Pauli und der125. Todestag Richard Wagners.Der Band „Jubiläen 2008. Personen undEreignisse“ ist in der Pressestelle der Uni-versität Leipzig für 4 Euro erhältlich. r.

LeserbriefErinnerung an Studienbeginnnvor 50 Jahren

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Personalia

Die Fakultät für Physik und Geowissen-schaften trauert um Professor Dr. Dr. h.c.Harry Pfeifer, der im Alter von 79 Jahrengestorben ist. Er zählt zu den herausragen-den Persönlichkeiten der Nachkriegsgene-ration Leipziger Wissenschaftler. Von 1969bis 1991 war er Dekan der Fakultät für Ma-thematik und Naturwissenschaften. Seinunermüdliches Wirken als Hochschulleh-rer und Forscher hat Generationen vonPhysikern, die an der Universität Leipzigihre Ausbildung erhielten, geprägt und dasForschungsprofil der Fakultät beeinflusst.Sein wissenschaftliches Werk ist eng mitder Entwicklung einer sich als universellherausstellenden Messmethode, der kern-magnetischen Resonanz (NMR), verbun-den.Als junger Wissenschaftler gelang ihm1951, erstmalig in Deutschland, der Nach-weis dieses Phänomens. Harry Pfeifer hatdas ungeheure Potenzial der Methode

gleich erkannt undihr insbesondereauf seinem eigenenForschungsgebiet,der Molekül- undGrenzflächenphy-sik, ein breites An-wendungspotentialerschlossen. Sehrfrühzeitig hat er die

Vorteile gepulster Verfahren gesehen undumfangreiche Geräteentwicklungen aufdiesem Gebiet durchgeführt, bevor kom-merzielle Geräte verfügbar waren.Für Harry Pfeifer war von Beginn an dieinternationale Wissenschaft entscheiden-der Gradmesser für Erfolg und Quelle derwissenschaftlichen Arbeit. So war es ins-besondere der Kontakt mit führenden Wis-senschaftlern der damaligen SowjetunionPolens und der CSSR, aus dem seine Mit-

arbeiter wichtige Anregungen für ihreArbeit erhielten. Harry Pfeifer setzte sichaber auch für den Kontakt seiner Gruppemit der gesamten internationalen Wissen-schaftlergemeinschaft ein. So haben sichbereits in den Zeiten vor 1989 persönlicheBeziehungen mit Kollegen jenseits deseisernen Vorhanges ausbilden können, mithochgeschätzten Fachkollegen aus derdamaligen Bundesrepublik, der Schweiz,Frankreich und den USA. Die großen For-schungsverbünde in der Fakultät für Phy-sik und Geowissenschaften, die nach 1990von seiner Abteilung initiiert worden sind,beruhen auf dieser engen internationalenVernetzung. Das heutige hohe Ansehen derLeipziger Magnetischen Resonanz in derWelt ist zweifellos eng mit seinem Wirkenverbunden. Prof. Dr. Jürgen Haase

Dekan der Fakultät für Physikund Geowissenschaften

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Die Universität Leipzig und ihre Medizini-sche Fakultät trauern um Professor Dr.Reinhold Schwarz, Leiter der Selbständi-gen Abteilung Sozialmedizin am Institutfür Arbeits- und Sozialmedizin, der am20. November 2008 plötzlich und unerwar-tet aus einem arbeitsreichen Leben geris-sen wurde. „Professor Schwarz hatte maß-geblichen Anteil an der Etablierung derpsychosozialen Onkologie an der Univer-sität Leipzig sowie bei der psychosozialenBetreuung von Krebspatienten und derenAngehörigen“, sagte Rektor Prof. Dr.Franz Häuser. „Die Universität verliert ei-nen engagierten Hochschullehrer, hervor-ragenden Wissenschaftler und geachtetenAbteilungsleiter.“Der Dekan der Medizinischen Fakultät,Prof. Dr. Joachim Thiery, hob besondersseine Kollegialität und integre Persönlich-keit hervor. „Er war immer voll Fürsorgefür seine Patienten und für uns Vorbild imUmgang mit Kollegen, Studierenden undseinen Doktoranden. Er motivierte alle, ihrBestes zu geben. Mit Professor Schwarzverlieren wir nicht nur einen hochgeschätz-ten Arzt, sondern auch eines der wissen-schaftlich erfolgreichsten Mitglieder unse-rer Fakultät.“Seine ärztliche Tätigkeit und besonderewissenschaftliche Reputation zeigte sich

durch die Vielzahl von hochrangigen For-schungsprojekten, die er im Wettbewerbum öffentliche Fördermöglichkeiten fürseine Patienten und die Fakultät nach Leip-zig bringen konnte. „Mit der Berufung vonProfessor Schwarz war ein wissenschaft-licher Neuanfang der Abteilung Sozial-medizin gelungen und eine wesentlicheErweiterung des Spektrums sozialmedizi-nischer Forschung für die Menschen unse-rer Region verbunden“, so Thiery weiter.Die Schwerpunkte der wissenschaftlichenArbeit lagen in den Bereichen der psycho-sozialen Onkologie, der Psychotherapie

und der Psychoanalyse sowie den Be-reichen Leben mit Handicap und der Aus-einandersetzung mit gesellschaftlichenEinflussfaktoren auf Gesundheit undKrankheit.Mit der Gründung der psychosozialen Be-ratungsstelle für Tumorpatienten und An-gehörige leistete er einen wichtigen Bei-trag zur Patientenbetreuung. Die Gründungdes Fördervereins „Leben mit Handicaps“unterstreicht das Engagement für die Be-lange sozial benachteiligter Menschen.Beide Einrichtungen zeigen die enge Ver-bindung zwischen Theorie und Praxis.Reinhold Schwarz wurde am 10. Mai 1946in Brackenheim/Württemberg geboren. Erstudierte von 1966 bis 1972 Humanmedi-zin in Marburg, München und London.1972 erwarb er sein Medizinisches Staats-examen und den Grad des Doktors derMedizin, 1974 seine Approbation als Arzt.Parallel studierte er von 1970 bis 1977 Ge-sellschaftswissenschaften an den Universi-täten in Marburg, Heidelberg und Mann-heim (WH). 1991 habilitierte er sich underwarb die venia legendi für die Fächer„Klinische Psychosomatik und Sozialme-dizin“, 1995 die Gebietsbezeichnung „Psy-chotherapeutische Medizin“. Seit 1998 warReinhold Schwarz als Professor für Sozial-medizin in Leipzig tätig. B. A.

Zum Tode von Prof. Harry Pfeifer am 28. SeptemberPrägende Persönlichkeit der Leipziger Physik

Zum Tode von Prof. Reinhold Schwarz am 20. NovemberHochgeschätzter Arzt und Wissenschaftler

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Runde Geburtstage gibt es gelegentlich zufeiern. Einen 100. Geburtstag (mit) zu er-leben ist schon eher eine Seltenheit. Aberin den Genuss, den 600. Jahrestag seinerUniversität zu feiern, kommt man definitivnur einmal im Leben.Neben vielen (Wieder-)Begegnungen, Er-lebnissen und Eindrücken wird es im kom-menden Jahr auch einige schöne Erinne-rungsstücke zum Sammeln geben. Derzeitwird fleißig entworfen, probiert und gestal-tet, damit das Jubiläum mit allen Sinnen er-lebbar wird.So wird es neben den üblichen praktischenDingen des Alltags wie Tassen, Kugel-schreibern, Schlüsselbändern und Ta-schen auch einige besondere Stücke ge-ben.Für Sammler werden neben der 10-Euro-Gedenkmünze und der Sonderbrief-marke des Bundes drei exklusive undlimitierte Medaillen hergestellt. Die Me-daillen aus Meissener Porzellan, Silberund Gold sind Erinnerungsstücke von ganz

besonderem Wert. Eine kleine Schale ausMeissener Porzellan mit einer Handzeich-nung von Erik van Egeraat – dem Architek-ten des neuen Augusteums und Paulinums

– ist ein weiteres Schmuckstück.Für Genießer wurde eine spezielleJubiläumspraline kreiert.Für leidenschaftliche Köche oderT-Shirt-Liebhaber gibt es die spezielleDenker-Edition. Kluge Köpfe undGedanken gab und gibt es in der Ge-schichte der Universität zuhauf – ihreSprüche zieren T-Shirts und eineSchürze. Köche können sich zum Bei-spiel von dem Studenten der Almamater Friedrich Nietzsche und seinerEinsicht „Vernunft beginnt in derKüche“ auf ihrer Schürze inspirierenlassen.Wer das Jahr 2009 auch terminlich imBlick behalten möchte, dem sei derTaschenkalender der Museen undSammlungen für das Jahr 2009 ansHerz gelegt. Mit vielen Informationenund Bildern aus den universitärenSammlungen, aber auch ausreichend

Platz für Notizen begleitet Sie der Kalen-der zuverlässig durch das ganze Jahr. Auchder beliebte Zimelienkalender ist für 2009wieder erhältlich.Lesezeichen, ein Festband und zahlreichePublikationen sind zum Erinnern undNachlesen gedacht. Kinder können sich aufein Wissenschafts-Memory freuen odermit einem Unibär kuscheln.Die ersten Erinnerungsstücke stehen be-reits jetzt im Online-Shop der Universitätzur Verfügung, bis zur Eröffnung der Jubi-läumsfeierlichkeiten am 9. Mai werdennoch einige Produkte hinzu kommen. Wernoch auf der Suche nach einem passendenWeihnachtsgeschenk ist, wird auch direktauf dem Leipziger Weihnachtsmarkt fün-dig: Vor dem neuen Institutsgebäude aufder Grimmaischen Straße ist die Uni-versität in diesem Jahr erstmals mit einemeigenen Stand vertreten.

www.sechshundert.de/shop

Heft 6/2008 33

Jubiläum 2009

Ein Jubiläum für Sammlerund GenießerVon Medaille bis Praline: die JubiläumskollektionVon Anne Glück, Geschäftsstelle 2009