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© 2012 PROMEDIA Unterrichtsvorschläge Inhalt: a Biodiversität? a Biodiversität! a Der Gipfel a Die Rote Liste a Knut wie Knutschen a Vor der Haustür a Ganz weit weg a Komplex a Nachhaltig a Beispiel Fraport AG a Der Wettbewerb a Viel Spaß Jugend recherchiert – Biodiversität Biologische Vielfalt im Kontext wirtschaftlichen Handelns

Jugend recherchiert – Biodiversität · Begriff Biodiversität ziemlich zutreffend, einigermaßen oder unzureichend erklärt. Führen Sie ei-ne Strichliste, sodass Sie die tatsächlichen

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Unterrichtsvorschläge

Inhalt:

a Biodiversität?

a Biodiversität!

a Der Gipfel

a Die Rote Liste

a Knut wie Knutschen

a Vor der Haustür

a Ganz weit weg

a Komplex

a Nachhaltig

a Beispiel Fraport AG

a Der Wettbewerb

a Viel Spaß

Jugend recherchiert –BiodiversitätBiologische Vielfalt im Kontext wirtschaftlichen Handelns

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Jugend recherchiert – Biodiversität

Unterr ichtsvorschlägeArbeitsblatt 1

Biodiversität?

Biodiversität also! Bio was? Was heißt das eigentlich? Wissen Sie es?

Aufgaben:

1. Wagen Sie den Kaltstart! machen Sie per Handzeichen eine Umfrage in ihrer Klasse. Halten Sie an der Tafel drei Zahlen fest:

a Wie viele Schüler sind sich sicher, dass sie Biodiversität ziemlich zutreffend definieren kön-nen?

a Wie viele Schüler meinen, dass sie den Begriff einigermaßen erklären können?

a Wie viele Schüler meinen, dass sie nicht genug darüber wissen?

Lassen Sie das ergebnis an der Tafel stehen oder notieren Sie es sich. Sie benötigen es in Kapi-tel 2 (Biodiversität!).

2. Nun folgt die – anonyme – probe! Jeder Schüler nimmt ein Blatt zur Hand. Verfassen Sie ohne weitere Recherche eine kurze Definition von Biodiversität (ca. drei bis fünf Sätze). Falten Sie die Blätter und sammeln Sie sie ein. Überreichen Sie die Blätter ihrem Lehrer. das war es schon mit dieser aufgabe. auch diese Blätter werden Sie in Kapitel 2 wieder benötigen.

3. Lesen Sie nun die Ergebnisse einer Trendanalyse des Netzwerks BioFrankfurt auf Materialblatt 1.

4. Überlegen Sie, weshalb der Begriff Biodiversität zwar einerseits in den letzten Jahren bekannter geworden ist, aber andererseits noch immer fast zwei drittel der deutschen nichts mit ihm an-fangen können. Welche Gründe könnte es dafür geben? diskutieren Sie!

Wichtige Hinweise zur Umfrage:

Sie können die Umfrage schriftlich machen (also mitschreiben), auf MP3 aufnehmen oder, falls Sie mit Kameras ausge-stattet sind, filmen.

Falls Sie filmen, so fra-gen Sie die Gesprächs-partner in jedem Fall, ob sie mit der Aufnahme und der späteren Vor-führung der Aufnahme in Ihrem Klassenraum ein-verstanden sind. Für an-dere Zwecke dürfen Sie die Filme in keinem Fal-le verwenden, also nicht weiterleiten, ins Internet stellen etc.

Sagen Sie – egal, ob Sie schreiben, aufneh-men oder filmen – je-dem, den Sie befragen, wer Sie sind und dass Sie für diesen Wettbe-werb recherchieren. Bit-ten Sie Ihre Gesprächs-partner um Angabe des Vornamens, des Alters und des Berufes. Das gibt Ihnen weitere Er-kenntnisse, die Sie spä-ter auswerten können.

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Jugend recherchiert – Biodiversität

Unterr ichtsvorschlägeArbeitsblatt 1

5. Bilden Sie nun kleine Teams (jeweils rund fünf Schüler). recherchieren Sie zunächst in Büchern und im Internet mehr zum Begriff „Biodiversität“. Formulieren Sie gemeinsam als Gruppe eine Definition des Begriffs und halten Sie diese schriftlich fest. Dieses Wissen werden Sie als Vor-wissen für die folgende Umfrage-aufgabe benötigen sowie für das zweite Kapitel.

6. Bleiben Sie in ihren Teams: Veranstalten Sie jeweils kleine Umfragen. Sprechen Sie sich vorher ab, welche Gruppe welche plätze, Viertel etc. in ihrer Stadt besucht, damit nicht jede Gruppe passanten an den gleichen orten befragt. Stellen Sie je Gruppe jeweils zehn bis 15 Passanten die beiden zentralen Fragen, die auch in der Umfrage von BioFrankfurt auf Materialblatt 1 genannt werden, also:

a Haben Sie schon einmal von Biodiversität gehört oder gelesen?

a Glauben Sie, dass die Bedrohung der biologischen Vielfalt ein großes Problem für die Menschheit ist?

Bitten Sie die Befragten zudem um eine kurze Definition des Begriffs Biodiversität.

7. Werten Sie anschließend die Umfrageergebnisse ihrer Gruppe aus. Notieren Sie hierzu auf einem Blatt zunächst die Gesamtzahl der Befragten sowie die Stimmverhältnisse bei den beiden Fragen.

Wenn Sie bei der Umfrage mitgeschrieben haben, so notieren Sie zudem einige besondere aus-sagen (Begriffserklärungen) der Befragten. Wenn Sie Ton- oder Filmaufnahmen gemacht haben, so schneiden Sie einige besondere aussagen zusammen.

8. Stellen Sie ihre Gruppenergebnisse in der nächsten Unterrichtsstunde im plenum vor. Beginnen Sie ihren Vortrag mit den von ihnen ausgewählten besonderen aussagen. diskutieren Sie die er-gebnisse kurz.

9. Ermitteln Sie dann ein Gesamtergebnis aller Gruppen zu den beiden Fragen, indem Sie Befra-gungsteilnehmer und Stimmverhältnisse addieren und die prozentuale Verteilung berechnen.

10. Vergleichen Sie Ihre Ergebnisse abschließend mit denen der Trendanalyse von BioFrankfurt. Gibt es parallelen oder Unterschiede? Suchen Sie Gründe! Nutzen Sie zur erörterung auch ihr Wis-sen über alter und Berufe der von ihnen Befragten.

InfoTipps für die Begriffsrecherche (aufgabe 5):

Hilfreiche Informationen für Ihre eigene Defi-nition von Biodiversität können Sie zum Bei-spiel auf den hier angeführten Websites finden. Schreiben Sie jedoch nicht einfach eine erklä-rung ab, sondern formulieren Sie eine eigene!

Bundesamt für Naturschutz:www.bfn.de/0304_biodiv.html

www.biologischevielfalt.de

BioFrankfurt – Das Netzwerk für Biodiversität:www.biofrankfurt.de/was-ist-biodiversitaet.html

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Jugend recherchiert – Biodiversität

Unterr ichtsvorschlägeMaterialblatt 1

Umfrageergebnisse des Netzwerks BioFrankfurt„die Begriffe Biodiversität und biologische Vielfalt sind in den letzten fünf Jahren in der deutschen Bevölkerung bekann-ter geworden, heute kennen den Begriff in deutschland rund sieben millionen menschen mehr als noch vor fünf Jahren“, heißt es in einer Pressemitteilung des Netzwerks BioFrankfurt aus dem dezember 2011.

Klingt gut, reicht aber nicht, meint professor dr. Bruno Streit. Der Projektleiter der Studie und Sprecher von BioFrankfurt ur-teilte: „es ist bedenklich, dass zu Beginn der von den Ver-einten Nationen ausgerufenen dekade der Biodiversität wei-terhin fast zwei drittel der Bevölkerung den Schlüsselbegriff zur größten globalen Krise, dem Verlust an Genen, arten und Ökosystemen, noch nie gehört haben und selbst nach der Begriffserläuterung fast die Hälfte dennoch keine problematik in der Bedrohung der biologischen Vielfalt erkennt.“

BioFrankfurt fand nach Auswertung von repräsentativen Um-fragen aus den Jahren 2007 bis 2011 heraus, dass die Be-kanntheit des Begriffs Biodiversität „trotz der Zuwächse wei-terhin auf relativ geringem Niveau“ verharre. Auf die Frage „Haben Sie schon einmal von Biodiversität oder biologischer Vielfalt gehört oder gelesen?“ habe die mehrheit mit „Nein“ geantwortet: „2007 sagten 74,3 prozent ‚Nein’ und ende 2011 waren es immer noch 63,1 prozent.“

„Über die Hälfte der menschen in deutschland ordnet den Begriff biologische Vielfalt zwar richtig zu und entscheidet sich für die Vielfalt der Gene, arten und Ökosysteme, wenn

mehrere antworten vorgegeben werden. Knapp ein drittel der deutschen versteht darunter jedoch gesunde Nahrungsmittel aus biologischem anbau“, heißt es in der Trendanalyse von BioFrankfurt.

Über das problembewusstsein fand das Netzwerk heraus: „das Bewusstsein um die globale Bedeutung der Biodiver-sität ist in der Bevölkerung nur wenig gestiegen. Die Frage ‚Glauben Sie, dass die Bedrohung der biologischen Vielfalt ein großes problem für die menschheit ist, ähnlich dem pro-blem des Klimaschutzes?’ bejahte mit geringem anstieg in al-len vier Befragungen rund die Hälfte der Bevölkerung.“

Die komplette Pressemitteilung vom 8. Dezember 2011 fin-den Sie hier:

www.biofrankfurt.de/uploads/media/PM_BioFrankfurt_Trenda-nalyse_2007-2011_11-12-08.pdf

„BioFrankfurt – Das Netzwerk für Biodiversität“ ist ein Zusam-menschluss von 20 Institutionen aus Forschung, Bildung, Naturschutz und Entwicklungszusammenarbeit. Ziele sind der Erhalt der Biodiversität und die Stärkung des öffentlichen Bewusstseins.

Die Internetadresse lautet: www.biofrankfurt.de

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Jugend recherchiert – Biodiversität

Unterr ichtsvorschlägeArbeitsblatt 2

Biodiversität!

Und? Lagen Sie bei der Handzeichenbefragung zum Start dieser Unterrichtsreihe richtig? Hatten Sie ihr Wissen korrekt eingeschätzt? oder heißt es: Hinterher ist man schlauer? Na, ganz sicher doch. der Spruch gilt ja eigentlich immer. Und gelernt haben Sie nun wirklich schon eine ganze menge. also, fassen wir die Begriffstheorie kurz zusammen, bevor wir uns der praxis widmen und das Thema Biodiversität mit Leben füllen.

Aufgaben:

1. Überprüfen Sie ihre Selbsteinschätzungen aus der Handzeichenbefragung. Lassen Sie dazu Ihren Lehrer alle zum Start der Unterrichtsreihe verfassten anonymen Definitionen vorlesen. Stimmen Sie nach kurzen Diskussionen darüber ab, ob die jeweils vorgelesene Definition den Begriff Biodiversität ziemlich zutreffend, einigermaßen oder unzureichend erklärt. Führen Sie ei-ne Strichliste, sodass Sie die tatsächlichen ergebnisse im anschluss mit ihren Selbsteinschät-zungen vergleichen können.

2. Finden Sie heraus, wo die Unklarheiten lagen. Welche Aspekte fehlten bei den meisten Schülern (und Teilnehmern Ihrer Straßenumfrage), welche Dinge waren häufig unklar?

3. Anschließend liest jedes in Kapitel 1 tätige Team seine Definition von Biodiversität vor, die nach der recherche zu aufgabe 1.5 entstanden ist. diskutieren Sie im Klassenverband jeweils kurz über diese erklärungen.

4. Formulieren Sie nun alle gemeinsam eine Definition von Biodiversität. Berücksichtigen Sie dabei auch ihre erfahrungen aus der obigen zweiten aufgabe. So sollten Sie in der Lage sein, den Be-griff gut verständlich zu erklären. Schreiben Sie die Definition in die Mitte eines großen Plakates. drumherum können Sie im weiteren Verlauf der Unterrichtseinheit wichtige aspekte des Themas notieren. So erhalten Sie am ende viele anregungen für einen Wettbewerbsbeitrag.

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Jugend recherchiert – Biodiversität

Unterr ichtsvorschläge

Infointeressante institutionen:

Das Nationale Komitee für Global Change For-schung untersucht unter anderem die Einflüsse des globalen Wandels auf die Biodiversität:www.nkgcf.org/biodiversity.php

Netzwerk BioFrankfurt:www.biofrankfurt.de

LOEWE Biodiversität und Klima Forschungszen-trum (Senckenberg Gesellschaft für Naturfor-schung und Goethe-Universität Frankfurt am main):www.bik-f.de

F.A.Z.-Berichte hierüber:Aus der Erdgeschichte für die Zukunft (emm.), Frankfurter Allgemeine Zeitung, 19.08.2008, Nr. 193, S. 56

Erforschen, wo der Wurm drin ist, Julia Lauer. Frankfurter Allgemeine Zeitung, 29.06.2010, Nr. 147, S. 42

Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung:www.senckenberg.de

F.A.Z.-Berichte hierüber:Vielfalt von drei Milliarden Jahren Leben, Ernst Wegener, Frankfurter Allgemeine Zeitung, 16.12.2002, Nr. 292, S. 44

Die „Virtuelle Fachbibliothek Biologie (Univer-sitätsbibliothek Johann Christian Senckenberg, Frankfurt am Main, etc.) hilft bei der Suche nach Fachliteratur:www.vifabio.de

Ein kurzer F.A.Z.-Text hierüber:Virtuelle Vielfalt (jom), Frankfurter Allgemeine Zeitung, 28.05.2008, Nr. 122, S. N2

Göttinger Zentrum für Biodiversitätsforschung und Ökologie:www.biodiversitaet.gwdg.de

Ein Bericht der F.A.Z. hierüber:Forschung zur Biodiversität wird vorangetrie-ben, Diemut Klämer, Frankfurter Allgemeine Zeitung, 14.03.2001, Nr. 62, S. N3

das museum Bioversum Kranichstein:www.bioversum-kranichstein.de

das biodiv-Network ist eine informationsplatt-form des deutschen Naturschutzrings und des Forums Umwelt & Entwicklung für deutsche Nicht-regierungs-organisationen:www.biodiv-network.de

Arbeitsblatt 2

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Unterr ichtsvorschlägeArbeitsblatt 3

Der Gipfel

Wie wir gesehen haben, wird Biodiversität langsam, aber sicher bekannter. Große aufmerksamkeit wurde dem Thema erstmals vor 20 Jahren im brasilianischen rio de Janeiro zuteil. dort fand 1992 die UN-Konferenz für Umwelt und entwicklung statt. Unter anderem wurde die so genannte Biodi-versitätskonvention aufgestellt. Blicken wir zum runden Geburtstag des so genannten „erdgipfels“ zurück und sehen uns an, was aus den Zielen geworden ist.

Aufgaben:1. Lesen Sie den Artikel „Gemischte Bilanz der Weltenretter“ aus der Frankfurter Allgemeinen Zei-

tung auf materialblatt 3.

a Klären Sie gemeinsam die Bedeutung des Begriffes „Schwellenländer“ sowie weiterer kniff-liger Fachtermini.

a Unterteilen Sie den Text in Sinnabschnitte und fassen Sie die Kernaussagen dieser abschnitte in kurzen Stichworten zusammen – jeder für sich und in stiller arbeit.

a diskutieren Sie nun gemeinsam über die Situation 20 Jahre nach dem „erdgipfel“. Notieren Sie die wesentlichen Charakteristika an der Tafel.

2. erstellen Sie gemeinsam eine Übersicht: Was hat sich seit rio 1992 positiv entwickelt, was ne-gativ?

3. Bilden Sie zwei Teams. recherchieren Sie in Gruppenarbeit zu einem der zwei folgenden Themen und erstellen Sie je ein Faktenblatt (ca. eine Din-A4-Seite):

a abholzung von Wäldern / regenwald

a erderwärmung / Klimawandel / abschmelzen der polkappen / Co2-emissionen

4. Nehmen Sie noch einmal den F.A.Z.-Text zur Hand. Arbeiten Sie die dort angeführten gegensätz-lichen entwicklungen von mensch und Natur / Tierwelt heraus.

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Jugend recherchiert – Biodiversität

Unterr ichtsvorschlägeArbeitsblatt 3

InfoTipps für die recherche zu den „erdgipfeln“, zur UN-Biodiversitätskonvention und zu deut-schen Strategien (aufgabe 7):

Convention on Biological diversity (englisch):www.cbd.int

United Nations environment programme (eng-lisch):www.unep.org/themes/biodiversity/

informationen des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und entwick-lung (BmZ):www.bmz.de/de/was_wir_machen/ziele/ hintergrund/ziele/aktionsplanjohannesburg/umweltgipfel/index.html

die BmZ-publikation „Nachhaltigkeit braucht Vielfalt“:www.bmz.de/de/publikationen/reihen/ infobroschueren_flyer/flyer/Nachhaltigkeit.pdf

Broschüre des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und reaktorsicherheit „Nationale Strategie zur biologischen Vielfalt“ als down-load:www.bmu.de/naturschutz_biologische_vielfalt/downloads/publ/40333.php

Vertiefendes zu den „erdgipfeln“ im F.A.Z.-Archiv:UN-Floskelkonferenz, Andreas Mihm, Frankfurter Allgemeine Zeitung, 22.06.2012, Nr. 143, S. 1

Das Erbe von Rio: Die Arche darf nicht unterge-hen, Franziska Badenschier, Frankfurter Allge-meine Zeitung, 30.05.2012, Nr. 124, S. N2

Der Umweltschutz im „Açai-Land“ fruchtet end-lich, Julia Seeliger, Frankfurter Allgemeine Zei-tung, 20.06.2012, Nr. 141, S. N1

Ich glaube nicht an den Masterplan für die Welt, Interview mit Hans Joachim Schellnhu-ber, führender Klimaforscher und Energiebera-ter der Europäischen Kommission, Joachim Müller-Jung, Frankfurter Allgemeine Zeitung, 20.06.2012, Nr. 141, S. N1

Biomasse und Reichtum (gies), Frankfurter All-gemeine Zeitung, 22.08.2012, Nr. 195, S. N2

Zum Weiterforschen:in Bonn ist das neue Gutachtergremium für Bio diversität der Vereinten Nationen, intergo-vernmental panel on Biodiversity and ecosy-stem Services, beheimatet: www.ipbes.net

F.A.Z.-Berichte über das Gutachtergremium in Bonn: (Über die Zeit davor:) Stiller Kollaps (csl), Frankfurter Allgemeine Zeitung, 08.06.2007, Nr. 130, S. N1

Die Biovariante des Weltklimarats, Frankfurter Allgemeine Zeitung, 12.06.2010, Nr. 133, S. 8

Bonn wird Sitz des Weltbiodiversitätsrats, Frankfurter Allgemeine Zeitung, 21.04.2012, Nr. 94, S. 5

Bonn verwaltet die globale Artenvielfalt, Joachim Müller-Jung, FAZ.NET, 20.04.2012

a ein zentraler Satz ist: Während die Zahl der menschen zunimmt und sie in vielen Ländern bes-ser leben, so geht es der Tierwelt weniger gut. Finden Sie weitere Kernaussagen.

a Gibt es einen Zusammenhang zwischen dem steigenden „Wohlergehen“ der menschheit und der Umwelt- und Tierweltzerstörung? diskutieren Sie!

5. Diskutieren Sie die Frage, ob der Rückgang von Biodiversität unausweichlich ist. Wenn ja, wes-halb? Wenn nicht: Wie ließe er sich eindämmen? Formulieren Sie für beide Positionen Argu-mente und halten Sie diese schriftlich fest.

6. Im Text heißt es: Seit Rio sind sehr viele neue Naturschutzgebiete eingerichtet worden. Finden Sie heraus, wo sich in Ihrer Nähe Naturschutzgebiete befinden und ob in den vergangenen 20 Jahren neue dazu gekommen sind.

7. Recherchieren Sie abschließend in Hausarbeit zum „Erdgipfel“ von Rio 1992, zu den Folgegip-feln, zur UN-Biodiversitätskonvention von rio und zu deutschen Strategien. Notieren Sie stich-wortartig rund zehn aspekte, die ihnen besonders wichtig erscheinen. Tragen Sie ihre recherche-ergebnisse in der kommenden Unterrichtsstunde zusammen.

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Jugend recherchiert – Biodiversität

Unterr ichtsvorschlägeMaterialblatt 2

20 Jahre nach „Rio 1992“

Gemischte Bilanz der WeltenretterIntensive Landwirtschaft ernährt die wachsende Weltbevölkerung. Die Armutsquote geht zu-rück, so viele Menschen wie nie haben Zugang zu Strom und Wasser. Tierarten aber schwinden, ebenso die Ressourcen.

Von Jan Grossarth und philip plickert

der Kalte Krieg war vorüber, ein neues Kapitel der mensch-heitsgeschichte sollte aufgeschlagen werden. die erste Kon-ferenz von rio vor genau 20 Jahren war das bis dato größ-te Gipfeltreffen in der Geschichte. mit großer Zukunftszuver-sicht trafen delegationen aus 170 Ländern, darunter mehr als 100 Staats- und regierungschefs, zusammen, um Ziele für die Umwelt- und entwicklungspolitik festzulegen. ihre er-kenntnis lautete, dass ohne entwicklung der armen Länder auch der Umweltschutz chancenlos sein werde. die Staats-chefs beschlossen die erste Klimakonvention der Vereinten Nationen (UN) und regeln für eine nachhaltige Nutzung al-ler natürlichen ressourcen, zudem verabschiedeten sie eine Erklärung über die Erhaltung von Pflanzen- und Tierwelt so-wie Wäldern. Seitdem hat es weitere Klima- und Umweltkon-ferenzen gegeben.

Was hat es gebracht? 20 Jahre „nach rio“ ist die entwick-lung der menschheit weitergekommen. Sie wächst rasant, zu-gleich ist die bittere armut stark zurückgegangen. mehr men-schen denn je leben in Wohlstand – das aber hat mit „rio“ wenig zu tun, wo sich die industrieländer zu höheren entwick-lungshilfeleistungen (mindestens 0,7 prozent ihres Bruttoin-landsproduktes) verpflichteten; vielmehr hat der zunehmende Wohlstand mit der Globalisierung, der einbindung Chinas, in-diens und weiterer Schwellenländer in die Weltwirtschaft zu tun. der anteil der menschen in tiefster armut, die von we-niger als 1,25 dollar am Tag leben müssen, hat sich in den vergangenen zwei Jahrzehnten knapp halbiert. Nach anga-ben der Weltbank waren es 1990 noch 43 prozent, inzwi-schen sind es 22 prozent. auch in absoluten Zahlen ist der rückgang beachtlich: von 1,9 auf 1,3 milliarden menschen. Beim gegenwärtigen Tempo werde die Zahl der extrem armen bis 2015 auf 1 milliarde sinken. in afrika gibt es zwar kaum Fortschritt, dagegen haben sich in China, Indien und ande-ren Schwellenländern Hunderte millionen aus der armut he-rausgearbeitet.

Während sich der mensch und der Wohlstand also weiter ausgebreitet haben, zeigen viele andere Kennzahlen, dass die „grüne Wende“ nicht gelungen ist, obwohl Umweltpoli-

tik medial immer präsenter wurde und seit rio die Nichtre-gierungsorganisationen, die mit Umweltschutz werben, poli-tisch immer mächtiger und finanzstärker wurden. Ihre Alarm-rufe und Klagen sind nun auch bei der aktuellen rio-Konfe-renz laut zu hören.

Zu den beklagten entwicklungen gehört die fortschreitende abholzung und Brandrodung von Wäldern. Vor allem in Süda-merika und Afrika gehen Waldflächen verloren. Die Regenwäl-der schrumpfen weiter. Laut dem UN-Umweltprogramm Unep gingen seit 1992 weitere 3 millionen Quadratkilometer Ur-wald verloren. Das ist eine Fläche mehr als achtmal so groß wie deutschland. Während die Zahl der menschen zunimmt und sie in vielen Ländern besser leben, so geht es der Tier-welt weniger gut. mindestens jede achte Tierart ist in den ver-gangenen 20 Jahren verschwunden oder konnte nicht mehr entdeckt werden, in den Tropen sind es noch weit mehr, da ihr Lebensraum schwindet.

es gibt auch klare umweltpolitische erfolge. Seit rio sind sehr viele neue Naturschutzgebiete eingerichtet worden. ih-re Zahl nahm um mehr als 40 prozent zu. inzwischen sind 13 Prozent der globalen Landfläche, 7 Prozent der Küstengewäs-ser und 1,4 Prozent aller Ozeanflächen geschützt, wie aus dem neuesten „Geo 5“-Bericht der Unep hervorgeht. auch seien seit 1992 „bedeutende Fortschritte“ erreicht worden, den menschen Zugang zu sauberem Trinkwasser zu gewäh-ren, obwohl immer noch für etwa ein Sechstel der mensch-heit große Defizite bestehen. Die Vereinten Nationen erklärten den Zugang zu sauberem Wasser und Sanitäranlagen 2010 zum menschenrecht. Laut UN-Wasserbericht 2012 gibt es Fortschritte in der Umsetzung der Mehrzahl der weltweit auf-gestellten Wassermanagementpläne.

Nicht regionalität und Ökolandbau, wie von einigen Um-weltvereinen gefordert, sondern intensivierung und moder-ne Landwirtschaft und zunehmender Welthandel konnten die Welternährung seit 1992 verbessern. der Welthandel mit Nahrungsmitteln nimmt seit 1992 stetig zu. die Größe der globalen Ackerflächen stagnierte laut FAO bei etwa 4,9 Mil-liarden Hektar. Weil die Weltbevölkerung von rund 5,5 auf 7,1 milliarden menschen angewachsen ist, müssen die erträ-

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Jugend recherchiert – Biodiversität

Unterr ichtsvorschlägeMaterialblatt 2

ge steigen – und sie stiegen überproportional. es wird mehr Fleisch und Fisch gegessen. Während sich seit 1992 die Be-völkerung um gut ein Viertel erhöhte, wuchs die Fleischerzeu-gung laut Unep um 26 Prozent und die Fisch- und Meeres-früchteerzeugung um 32 prozent.

Vor allem in den Schwellenländern verbessert sich die Versor-gung. pro Kopf werden in afrika heute rund ein Viertel mehr Lebensmittel hergestellt als noch 1992, in Nord- und Süd-amerika stieg die erzeugung – wie auf der Welt insgesamt – noch etwas stärker, in europa ging sie zurück. am stärksten legte Asien zu, das laut FAO 1992 je Einwohner die wenigsten Lebensmittel herstellte und 2010 die meisten auf der Welt. Getreide- und reispreise sind zwar 2007 und 2011 zwei-mal drastisch gestiegen, zumindest der reis ist aber abzüg-lich der allgemeinen Inflation laut FAO immer noch günstiger als 1992. in den siebziger Jahren waren die agrarrohstoffe ohnehin real noch deutlich teurer als heute. aber die Zukunft macht agrarexperten Sorgen, nicht nur wegen der Kriege in Nahost. Während das Wachstum der landwirtschaftlichen pro-duktion in den neunziger Jahren enorm war, scheint es nun zu stagnieren.

mit dem steigenden Wohlstand und der industrialisierung der Schwellenländer sind auch die Co2-emissionen gestiegen. Von 1992 bis 2011 haben sie laut internationaler energiea-gentur iea von 22 auf 31,6 milliarden Tonnen zugenommen. die Stromerzeugung und Heizungen trugen dazu mehr als 40 prozent bei. Besonders stark erhöhen sich die emissionen in China, das stark auf Kohlekraftwerke setzt. die energieerzeu-gung erhöhte sich in den vergangenen 20 Jahren trotz stei-gender preise für fossile energieträger immens. Seit 1992 stieg der energieverbrauch je Kopf um durchschnittlich 5 pro-zent im Jahr. (...) die pro-Kopf-Stromerzeugung in den entwi-ckelten Ländern nahm laut iea seit rio 1992 um 33 prozent zu, die in den entwicklungsländern um 68 prozent. immer noch leben 1,3 milliarden menschen ohne Stromanschluss, 2,7 Milliarden kochen ihr Essen auf Feuern oder mit Holz-öfen, was zu Waldverlusten führt.

der energiemix änderte sich stetig. Öl hat relativ an Bedeu-tung verloren. der anteil der Kohle an allen energieträgern blieb etwa gleich. Wegen stetigen ausbaus der Kernkraftka-pazitäten vor allem in asien wächst die Kernenergieerzeu-gung weltweit weiter an. die anzahl der Kernkraftwerke stieg um mehr als 20 prozent auf etwa 435 in diesem Jahr an. Laut der Welt-Nuklearenergieagentur WNa werden weltweit 60 neue Kernkraftwerke gebaut, 155 sind in planung, 339 an-gekündigt, allein in China werden gerade 25 neue Kernkraft-werke gebaut. auch erneuerbare energien gewinnen an Ge-wicht und trugen laut dem Forschungsnetzwerk REN 21 im Jahr 2010 rund 16 prozent zur weltweiten energieerzeugung bei, vor allem die Biomasse (10 prozent). Wind- und Wasser-kraft sind also weltweit betrachtet noch fast bedeutungslos: Sie trugen nur 3 prozent zur weltweiten Stromerzeugung bei. Trotz vieler Klimakonferenzen und ehrgeiziger Beschlüsse geht die erderwärmung weiter. das eis an den polkappen ist deut-lich geschmolzen: die arktische eiskappe nahm um 35 pro-zent auf 4,5 millionen Quadratkilometer ab.

der Verlust an Biodiversität macht auch in anderer Hinsicht Sorge: Die Verluste an Feuchtgrünland sind dramatisch. Die politik versucht gegen die Verarmung gegenzusteuern: die in-ternationalen Finanzhilfen für den Grünlandschutz stiegen seit 1992 um 38 prozent auf nunmehr 3,1 milliarden dollar im Jahr.

Quelle: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 21.06.2012, Nr. 142, S. 10

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Jugend recherchiert – Biodiversität

Unterr ichtsvorschlägeArbeitsblatt 4

Rote Listen

die Biodiversität leidet, trotz aller abkommen und Gipfel. Sehen wir uns nun genauer an, welche arten besonders bedroht sind. Haben Sie schon einmal von der sogenannten roten Liste gehört?

Aufgaben:1. Tragen Sie gemeinsam ihr Vorwissen über die rote Liste im Unterrichtsgespräch zusammen.

Recherchieren Sie, wenn nötig und formulieren Sie eine Definition.

2. Lesen Sie den F.A.Z.-Text „Biomasse und Reichtum“ auf Materialblatt 3.

a diskutieren Sie: Wie ist die Situation in deutschland?

a Welche Gründe für die Gefährdung der Biodiversität werden im Text angeführt? markieren Sie entsprechende Textstellen und erstellen Sie eine Liste. ergänzen Sie diese im weiteren Verlauf des Unterrichts um neue aspekte.

a Welche Konsequenzen könnten sich laut aussage der im Text zitierten experten aus einem rückgang der artenvielfalt ergeben? arbeiten Sie gemeinsam die Gefahren heraus und klären Sie Verständnisfragen.

a Im Text werden ökologische Funktionen von Arten genannt, zum Beispiel von Bienen (Bestäu-bung von Pflanzen) und Pflanzen (Kohlenstoffspeicherung, Wasserspeicherung). Tragen Sie Ihr schulisches Vorwissen über das Ökosystem erde zusammen. Notieren Sie stichwortartig alle aspekte an der Tafel, die ihnen hierzu einfallen. Bilden Sie anschließend kleine Teams und widmen Sie sich je einem Thema. recherchieren Sie hierzu und präsentieren Sie ihre Ergebnisse in Form eines Kurzvortrags und mit Faktenblättern für Ihre Mitschüler.

3. eine rote Liste gibt es natürlich nicht nur für deutschland. Sehen Sie sich gemeinsam die ent-sprechenden Websites des Bundesamtes für Naturschutz (BfN) und der Weltnaturschutzunion (IUCN) im Internet an. Helfen Sie sich gegenseitig, sich auf den Seiten zurechtzufinden. www.bfn.de/0322_rote_liste.html, www.iucnredlist.org/

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Jugend recherchiert – Biodiversität

Unterr ichtsvorschläge

Infomehr Wissensdurst? Tipps zum Thema aus dem F.A.Z.-Archiv:20 000 Arten der Tiere und Pflanzen be-droht (ami.), Frankfurter Allgemeine Zeitung, 03.03.2012, Nr. 54, S. 11

Zahl der bedrohten Tiere und Pflanzen steigt weiter an (rjsu.), Frankfurter Allgemeine Zei-tung, 20.06.2012, Nr. 141, S. 7

Wie die Pflanzenvielfalt unter Überhitzung lei-det (jom), Frankfurter Allgemeine Zeitung, 05.05.2010, Nr. 103, S. N2

Verbraucher in Industrieländern tragen stark zu Artenschwund bei, (dpa), FAZ.NET, 06.06.2012

artenvielfalt und Bedrohung dieser am Beispiel meer:

Ein F.A.Z.-Text über die Erfassung der Artenviel-falt in den meeren:Fische wie Sand am Meer, Joachim Müller-Jung, Frankfurter Allgemeine Zeitung, 03.08.2010, Nr. 177, S. 7

der Census of marine Life (englisch):www.coml.org

deutsche Kurzfassung:www.coml.org/pressreleases/census2010/PDF/German--Census%20Summary.pdf

Ein F.A.Z.-Text zur Situation der Meere:

Leeres Meer (R.W.), Frankfurter Allgemeine Zei-tung, 03.11.2006, Nr. 256, S. 34

Hier werden bedrohte arten anschaulich vorge-stellt (zu aufgabe 4):

Informationen des WWF (World Wide Fund For Nature) deutschland: www.wwf.de/themen-projekte/bedrohte-tier-und-pflanzenarten/rote-liste-gefaehrdeter-arten/

Eine Fotostrecke des WWF: www.wwf.de/fotostrecke/rote-liste-gefaehrdeter-arten/

Eine A-bis-Z-Auswahl des WWF (inklusive Pflanzen): wwf-arten.wwf.de/

„amazing Species“, eine bebilderte auswahl (englisch) der iUCN red List (international Uni-on for Conservation of Nature): www.iucnredlist.org/amazing-species

„Priceless or worthless“, ein Forschungsprojekt (englisch) im auftrag der iUCN stellt die 100 am stärksten bedrohten Arten vor; eine digitale Broschüre gibt es hier: http://viewer.zmags.com/publication/44234ae6#/44234ae6/1

eine bebilderte auswahl (englisch) von Fauna & Flora International (FFI): www.fauna-flora.org/species/

Arbeitsblatt 4

4. einige Natur- und Tierschutzorganisationen stellen auf ihren Websites sehr anschaulich dar, wel-che arten gefährdet sind. Sehen Sie sich die unten angegebenen Quellen an. Wählen Sie – jeder einzeln in Hausarbeit – eine der dort vorgestellten gefährdeten arten (schön wäre es, wenn einige von Ihnen auch Pflanzen wählen). Recherchieren Sie in Büchern und im Internet vertiefend zum/zur von Ihnen ausgewählten Tier/Pflanze. Stellen Sie die gefährdete Art in der nächsten Unter-richtsstunde in einem kurzen referat vor. erklären Sie, wo die art lebt, weshalb sie gefährdet ist, und zeigen Sie ein Bild des Tieres bzw. der Pflanze.

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Jugend recherchiert – Biodiversität

Unterr ichtsvorschlägeMaterialblatt 3

Biomasse und Reichtum

Die neue Rote Liste zeigt: Es geht weiter bergab(...) Wie wenig sich seit der Vereinbarung der Biodiversitäts-Konvention geändert hat, zeigt das ergebnis der aktuellen roten Liste des Bundesamts für Naturschutz (BfN). darin wird auf die Gefährdungssituation 6000 heimischer Wirbel-losen-arten hingewiesen. Gefährdete Vertreter dieser arten-gruppen sind ameisen, Wespen und Bienen. Viele dieser ar-ten haben wichtige ökologische Funktionen, etwa die Bestäu-bung wildlebender Pflanzen.

im regelmäßigen Turnus veröffentlicht das BfN eine rote Li-ste, um auf die Bedrohung der artenvielfalt in deutschland hinzuweisen. „45 prozent der untersuchten arten sind be-standsgefährdet“, sagt Heiko Haupt. er ist wissenschaftlicher mitarbeiter des BfN und für die datenauswertung der roten Liste zuständig. „es gibt auch positive entwicklungen bei den untersuchten Tierarten, aber der grundlegende Trend bleibt negativ“, sagt Haupt. Besonders dramatisch ist die Situati-on der ameisen, von denen über 90 prozent der arten abneh-men. der Wissenschaftler führt eine intensivierung der Land-nutzung durch die Landwirtschaft als Hauptursache an. da-durch komme es zum Verlust von Lebensraumstrukturen und somit zu einer Bestandsgefährdung der Tiere.

aber wie kann es sein, dass trotz der Biodiversitäts-Konven-tion und bestehender reglementierung durch das Bundes-naturschutzgesetz in deutschland immer noch arten bedroht werden? „Natürlich ist das alles gesetzlich geregelt, aber ein Trend lässt sich nicht durch ein Gesetz ändern. Und in deutschland gibt es einen starken Trend zu intensiverer Land-wirtschaft“, sagt Volker Homes, Leiter des artenschutzes beim WWF Deutschland. Laut Homes wird mehr gedüngt, mehr Pe-stizide werden verwendet und Ackerflächen vergrößert. „Le-bensraum fällt weg, und immer mehr arten gelangen auf die rote Liste“, sagt er. international könne man davon ausge-hen, dass zwischen 30 und 50 Prozent aller Tier- und Pflan-zenarten mehr oder weniger bedroht seien.

Heute weiß die Forschung um die Bedeutung der Biodiver-sität. Die Vielfalt von Genen, Arten und Funktionen in einem Ökosystem leistet unersetzliche dienste für den menschen. Nicht nur regulierungsmaßnahmen, wie die Kohlenstoffspei-cherung, sondern auch die Bereitstellung von Nahrungsmit-teln spielt eine essentielle rolle.

In einer aktuellen Analyse zweier Langzeitstudien haben For-scher der Universität minnesota einen überraschend po-sitiven Zusammenhang zwischen artenvielfalt und Bio-masseproduktion gezeigt („Science“, doi: 10.1126/sci-ence.1217909). Nach einigen Jahren stieg dieses Verhältnis weit über den erwartbaren Wert. die Wissenschaftler vermu-ten, dass sich nach einiger Zeit erfolgreiche Kooperationsme-chanismen zwischen artpopulationen ausbilden.

aufgrund ihrer ergebnisse kann schon der Verlust weniger ar-ten zu erheblichen einbußen in der Biomasseproduktion füh-ren, fassen die amerikanischen Forscher zusammen. „Die Studie zeigt, dass Biodiversität noch wichtiger ist, als wir bis-lang dachten“, sagt alexandra maria Klein, professorin für Ökosystemfunktionen in Lüneburg. Sie beschäftigt sich mit der Frage, wie viel Artverlust ein Ökosystem hinnehmen kann, bevor es kollabiert. „Biodiversität ist ein Schutzmechanismus. in natürlichen Ökosystemen springt die eine art für den Weg-fall der anderen ein“, sagt Klein. Wirklich gefährlich könne es laut Klein erst werden, wenn wichtige Ökosystemfunktionen, wie Wasserspeicherung, beschädigt würden.

Wird diese rolle nicht mehr eingenommen, können sich die Beziehungsprobleme im Ökosystem verstärken und viele ar-ten in mitleidenschaft ziehen. (Gies)

Quelle: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 22.08.2012, Nr. 195, S. N2

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Unterr ichtsvorschlägeArbeitsblatt 5

Knut wie Knutschenerinnern Sie sich noch an den rummel um Knut? der 2011 gestorbene eisbär zog Scharen von Besuchern in den Zoologischen Garten Berlin. ist eigentlich doch komisch, oder? auf der einen Seite sterben in der Natur ganze arten aus – den eisbären geht es übrigens auch gar nicht so blendend – und nur wenige interessiert es so sehr, dass sie selbst aktiv werden. auf der anderen Seite bringt ein kleiner eisbär die ganze Welt fast um den Verstand. Wenn dann aber mal ein brauner Bär unserer Zi-vilisation zu nahe kommt, dann wird die Flinte gezogen. Aber lesen und diskutieren Sie selbst!

Aufgaben:1. Lesen Sie den Text „Jedem Zoo seinen Knut“ aus der Frankfurter Allgemeinen Zeitung auf Materi-

alblatt 4. Beachten Sie bitte, dass der Text aus dem Jahr 2008 stammt, Knut war seinerzeit noch sehr präsent.

a Tragen Sie ihr Wissen über die Geschichte dieses eisbären zusammen.

a arbeiten Sie die Kernaussagen des Textes heraus.

a diskutieren Sie die These, dass menschen am besten über emotionen zu erreichen seien. Halten Sie diese für richtig?

2. denken Sie noch einmal an die von ihnen im vorigen Kapitel vorgestellten bedrohten Tierarten. Welches Tier würde sich für eine emotionale artenschutzkampagne eignen? Weshalb? Und: Wie würden Sie eine Kampagne aufbauen? erarbeiten Sie in Kleingruppen Vorschläge für eine solche Kampagne und tragen Sie ihre ergebnisse anschließend im Kurs zusammen.

3. Bleibt noch etwas Zeit? Gibt es in ihrer Nachbarschaft einen Zoo? Wie wäre es mit einer exkursi-on? Sehen Sie sich um, sprechen Sie, wenn möglich, mit Pflegern etc. Bilden Sie sich eine Mei-nung über Sinn, Vorteile und Nachteile von zoologischen einrichtungen.

4. Lesen Sie nun den Text „Unter allen Wipfeln ist ruh‘. Bruno ist tot.“ auf materialblatt 4.

a Tragen Sie ihr Wissen über die Geschichte von Bruno, dem sogenannten „problembär“, zu-sammen.

a arbeiten Sie die Kernthesen des Textes heraus.

a Geben Sie dem autor recht? Wollen menschen eine „risikofreie Natur“?

a im Text wird eine ganze reihe von weiteren Tieren genannt, die aus deutschland verschwan-den, die wieder kamen oder wieder angesiedelt wurden und die geduldet werden. Listen Sie diese Tiere auf und recherchieren Sie zu ihrer „Vorkommens-Geschichte“ in deutschland.

5. erweitern Sie durch recherchen diese Liste. Welche Tiere lebten einst in deutschland? Welche Tiere sind gänzlich verschwunden? Welche kamen wieder? Was waren bzw. sind die Gründe? er-stellen Sie hierzu eine digitale präsentation.

Infointeresse am Thema Zoo? Tipps aus dem F.A.Z.-Archiv:„Der Zoo ist keine Arche“ (jrom), Frankfurter Allgemeine Zeitung, 05.04.2008, Nr. 80, S. 53

Die fliegende Arche Noah (dpa), FAZ.NET, 25.7.2012

Wollen Sie erfahren, was „Flagship-Species“ sind?Dieser Vogel brütet Arten aus, Carl-Albrecht von Treuenfels, Frankfurter Allgemeine Zeitung, 27.05.2008, Nr. 121, S. 9

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Unterr ichtsvorschlägeMaterialblatt 5

Tagung der Direktoren

Jedem Zoo seinen „Knut“

Tiergärten, sagt opelzoo-direktor Thomas Kauffels, seien die beliebtesten Freizeiteinrichtungen überhaupt. Beliebter al-so als Vergnügungsparks oder museen. (...) darauf sei man stolz, hieß es (...) bei der Jahrestagung des Verbands deut-scher Zoodirektoren (...). Hauptthema der Konferenz war (...) die Biodiversität. die Tiergärten machten zurzeit einen Wan-del durch und entwickelten sich immer mehr zu Naturschutz-zentren, sagte Verbandspräsidentin Gisela von Hegel. Früher habe sich ein Zoo lediglich der Erholung, Forschung und Bil-dung verpflichtet gefühlt.

Nun gehe es vor allem darum, deutlich zu machen, wie die-se drei aufgaben zusammenhingen, und den Besuchern über-dies zu zeigen, „dass jeder Verantwortung trägt, damit die ar-tenvielfalt erhalten bleibt“. Gegen den angesichts des rum-mels um eisbär „Knut“ erhobenen Vorwurf, Zoos würden ihre

Tiere bloß vermarkten, wehrt sich die Zoodirektorin, die in ih-rem Karlsruher Tiergarten ebenfalls eisbären hält. in erster Li-nie gehe es um Zucht und arterhaltung, sagte sie. Gleichwohl sei der eisbär mittlerweile ein Symbol für den artenschutz. er übe eine „unheimliche Faszination auf den Menschen aus, der man sich kaum verschließen kann“. menschen seien am besten über emotionen zu erreichen, sagte auch der Ge-schäftsführer der World association of Zoos and aquariums, peter dollinger.

„Will man die menschen für den artenschutz gewinnen, ist es viel einfacher, auf einen ,Knut‘ zu verweisen als auf irgendei-nen anonymen Bär, der in der arktis lebt.“ insofern brauche – bildlich gesprochen – jeder Zoo einen „Knut“. (isk.)

Quelle: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 24.05.2008, Nr. 119, S. 55

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Unterr ichtsvorschlägeMaterialblatt 5

Nur nicht zu natürlich

Unter allen Wipfeln ist Ruh‘. Bruno ist tot.Von reinhard Wandtner

Unter allen Wipfeln ist wieder ruh‘. Bruno, der „problembär“, treibt nicht länger sein Unwesen im bayerisch-österreichi-schen Grenzgebiet. Nachdem er wochenlang die auf ihn an-gesetzten Häscher genarrt (...) hatte, lief er nun doch noch vor die Büchse des Jägers. (...) die einen atmen auf, die an-deren trauern. Gleichgültig ist das Schicksal des zottigen Ge-sellen jedenfalls kaum jemandem geblieben.

der Bär gehört hierzulande für viele – wenn nicht gar die mei-sten – menschen zu den ersten Tieren im Leben, zu denen sie eine Beziehung aufbauen. anders als Bruno ist dieser Bär al-lerdings garantiert harmlos und handlich. als Teddy in schier unendlicher artenvielfalt verkörpert er geradezu den inbegriff des Schmusetieres. dabei ist der Bär in Wirklichkeit keines-wegs besonders anschmiegsam, wie zumindest die Leser von Karl may wissen. andere raubtiere genießen nicht diesen Ku-schelstatus. So wird wohl kaum ein Kind bereit sein, den lie-ben Teddy gegen einen bösen plüschwolf zu tauschen.

Schon unsere wilden Vorfahren hatten zum Bären ein ganz besonderes Verhältnis, wenn auch keines, das von Kuschel-gefühlen geleitet war. einerseits nötigte der bärenstarke Herr des Waldes größten respekt ab, was sich in einer mischung aus ehrfurcht und angst niederschlug. andererseits war die Beziehung von Konkurrenzneid geprägt, denn die Speisezet-tel und Lebensräume der beiden Spezies überschneiden sich. So zog man ihm nur zu gern das Bärenfell über die ohren. Lange konnten die Bärenpopulationen das wegstecken. die Erfindung der Schusswaffen indes brachte das Ende: Im Jahr 1835 wurde der letzte bayerische Bär erlegt, der zugleich der letzte deutsche seiner art war. in dem maße, wie dörfer und Städte wuchsen und die natürlichen Wälder schrumpften, wa-ren sich Bär und mensch zunehmend ins Gehege gekommen. Die fatalen Folgen hat jetzt auch Bruno zu spüren bekom-men (...)

erstmals auffällig ist er (...) geworden, als er in Vorarlberg zwei Schafe riss. als er Tage später nach Bayern überwechsel-te, sprach Umweltminister Schnappauf einen Willkommens-gruß aus, den er umgehend bitter bereut haben dürfte. denn Bruno, der aus Südtirol stammende migrant, entpuppte sich als unangepasst, riss bald drei Schafe, vergriff sich an Fe-

dervieh und tat sich sogar an einem Bienenstock gütlich, wo-bei auch eine bislang unbekannte Zahl von insekten zu Scha-den kam. angesichts solch unzivilisierten Verhaltens und der mangelnden Scheu, in die Nähe des menschen zu kommen, schlug die politische, also von interessengruppen geprägte Stimmung radikal um. So unbequem hatte man sich das Be-kenntnis zum Natur- und Tierschutz gewiss nicht vorgestellt. Töten oder Fangen und Wegsperren – damit war die Phanta-sie im Umgang mit dem „Schadbären“, dem eine schlechte Kinderstube attestiert wurde, offenbar erschöpft.

der Schuss (...), der Bruno tötete, galt nicht nur dem auf-sässigen Bären. er richtete sich gegen die unangepasste Na-tur allgemein. denn auf wenigen Gebieten triumphiert die Scheinheiligkeit mehr als im Natur- und artenschutz. im dichtbesiedelten mitteleuropa wird das Wiedererstarken einst vertriebener Tiere wie Biber, Kranich und Bartgeier gefei-ert. die Spezies lassen sich hervorragend als Belege für ei-ne bessere Qualität der Umwelt verwenden. aber wehe ihnen, wenn sie den menschen belästigen, wie der Braunbär aus Südtirol das nun gewagt hat. er hat sogar mountainbiker be-unruhigt, eine Ungeheuerlichkeit.

am liebsten ist dem zivilisierten menschen die gezähmte, risi-kofreie Natur. In Vollendung findet sie sich auf dem Fernseh-bildschirm. Eine auch noch vertretbare Form bieten ihm Na-tur- und Nationalparks, wo Zäune und andere Barrieren für die gebotene distanz zur Wildnis sorgen. da dürfen durchaus auch Braunbären, Wölfe und Luchse im Gehege herumtollen, fast wie im wirklichen Leben. Wenn es darum geht, dem Be-sucher unberührte Natur vorzugaukeln, überlässt man schon mal, wie im Bayerischen Wald geschehen, ganze Höhenzüge dem Borkenkäfer zum Fraß. Der Borkenkäfer ist, anders als Bruno, ungefährlich für den menschen, und der Wald ist, an-ders als die Beute des Bären, staatlich, was gern dahin ge-hend interpretiert wird, er gehöre niemandem.

da lässt sich Natur genießen, ein Hochgefühl stellt sich ein, als habe man an der arche Noah mit gezimmert. aber schon die Wanderung am nicht weit entfernten Waldesrand dämpft die Stimmung. denn dort lauern vielleicht wilde Zecken, und die sind mindestens so gefährlich wie wilde Bären. Natur, die sich der Zähmung widersetzt, ist dem zivilisierten menschen zuwider. ihr rückt er unnachsichtig auf den pelz.

Quelle: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 27.06.2006, Nr. 146, S. 1

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Unterr ichtsvorschlägeArbeitsblatt 6

Vor der HaustürNun haben wir uns also einen groben Überblick darüber verschafft, welche arten in deutschland und in der Welt bedroht sind. aber welche arten leben überhaupt in deutschland? oder besser: direkt vor unserer Haustür? Lupe raus und rein ins hoffentlich pralle Leben!

Aufgaben:1. Nehmen Sie den Titel dieses Ka-

pitels beim Wort. Untersuchen Sie, welche Tiere und Pflanzen in Ihrer direkten Umgebung leben. Bilden Sie dazu größere Gruppen von rund acht bis zehn Schülern. Wäh-len Sie jeweils einen ort, der aus-reichend artenvielfalt verspricht. Versuchen Sie vor ort, möglichst viele Tiere und Pflanzen zu identi-fizieren. Nehmen Sie neben einem Fotoapparat Bestimmungsbücher für Tiere und Pflanzen und, wenn möglich, Laptop oder mobiltelefon mit internetzugang mit. Sie wer-den vermutlich Hilfe bei der iden-tifizierung der Arten benötigen. Sie können natürlich auch erst vor ort Fotos machen und hinterher am Schreibtisch die Bestimmung ver-suchen.

2. erstellen Sie anschließend eine (im besten Fall bebilderte) Über-sicht und stellen Sie ihre ergeb-nisse in der nächsten Unterrichts-stunde ihren mitschülern vor.

3. diskutieren Sie darüber, wie viel mühe ihnen die Bestimmung gemacht hat. denken Sie, dass Sie genug über unsere Umwelt wissen? Falls nicht: Fänden Sie es gut, wenn Sie mehr darüber lernen könnten? Wer sollte Ihnen dieses Wissen vermitteln: Familie, Schule etc.?

4. Gibt es in ihrer Nähe einen Botanischen Garten? Statten Sie ihm gemeinsam einen Besuch ab und erkunden Sie die Pflanzenwelt!

5. Lesen Sie den F.A.Z.-Text „Online im städtischen Grün spazieren gehen“ auf Materialblatt 5 und sehen Sie sich die entsprechende Internetseite an, die vom Forschungsinstitut Senckenberg und vom Frankfurter Umweltamt betrieben wird: www.flora-frankfurt.de/

a diskutieren Sie über die These der Umweltdezernentin, dass man nur bereit sei zu schützen, was man kenne.

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Jugend recherchiert – Biodiversität

Unterr ichtsvorschläge

Infomehr zum Thema artenvielfalt in Städten im F.A.Z.-Archiv: Mehr Vielfalt in Frankfurt (mch.), Frankfurter All-gemeine Zeitung, 06.10.2010, Nr. 232, S. 45

Brauchen wir Biodiversität in Frankfurt und der Region Rhein-Main? (enaw.), Frankfurter Allge-meine Zeitung, 25.08.2010, Nr. 196, S. 36

Greiskraut statt Sommer-Adonisröschen (LHE), FAZ.NET, 26.04.2012

Sie kommen, Julia Voss, Frankfurter Allgemeine Zeitung, 17.08.2007, Nr. 190, S. 33

Fresser, Stinker und Blutsauger, Sarah Müller, Frankfurter Allgemeine Zeitung, 21.07.2011, Nr. 167, S. 39

Der Biber steht für Artenschutz (lu.), Frankfurter Allgemeine Zeitung, 11.03.2010, Nr. 59, S. 60

Mit Migrationshintergrund, Georg Rüsche-meyer, Frankfurter Allgemeine Sonntagszei-tung, 09.09.2012, Nr. 36, S. 60

Interesse an Pflanzen und (Botanischen) Gär-ten? Sehen Sie sich dies an:

Nur nicht in Schönheit sterben, Joachim Mül-ler-Jung, Frankfurter Allgemeine Sonntagszei-tung, 17.05.2009, Nr. 20, S. 60

Auf den Spuren der Evolution (was.), Frankfurter Allgemeine Zeitung, 12.06.2012, Nr. 134, S. 46

deutsche Gartenbau-Gesellschaft 1822 e.V.:www.dgg1822.de

Netzwerk Pflanzensammlungen:www.netzwerkpflanzensammlungen.de

BundesarbeitsGemeinschaft Schulgarten:www.bag-schulgarten.de

interesse an der „Wiederbelebung“ alter obstsorten?Der Hunger auf altes Gemüse, Jürgen Dol-lase, Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung, 11.09.2011, Nr. 36, S. 62

Hüterin des vergessenen Schatzes, Georg Rü-schemeyer, Frankfurter Allgemeine Sonntags-zeitung, 21.10.2007, Nr. 42, S. 76.

Apfelbaum, Jörg Albrecht, Frankfurter Allgemei-ne Sonntagszeitung, 16.09.2012, Nr. 37, S. 57.

Arbeitsblatt 6

6. Gibt es für ihre Stadt bzw. Gemeinde auch Biodiversitäts-Übersichten?

a Suchen Sie im internet und in Bibliotheken nach Berichten über die artenvielfalt vor ihrer Haustür. Falls Sie nicht fündig werden, fragen Sie einmal bei der Stadt- bzw. Gemeindeverwal-tung, der Försterei, Umweltorganisationen, Hochschulen oder anderen Institutionen nach.

a erarbeiten Sie so gemeinsam eine Übersicht, in der Sie die wesentlichen Charakteristika der Biodiversität in Ihrer Region zusammenfassen. Fügen Sie Quellenhinweise, Internettipps und Buchtipps an und veröffentlichen Sie ihre ergebnisse in der Schülerzeitung oder auf der Schulhompage.

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Unterr ichtsvorschlägeMaterialblatt 5

Online im städtischen Grün spazieren gehen

Die „Flora von Frankfurt“ im Internet ist freigeschaltet

Von eva-maria magel

Wo findet man in der Stadt noch Potentilla alba, das Wei-ße Fingerkraut? Und wie kommt es, dass diese Art, wie eini-ge andere, sich offenbar am wohlsten im Stadtwald, an der Bahnlinie durch die Hinkelsteinschneise, fühlt? (...) Unter www.flora-frankfurt.de sind (...) in Frankfurt nachgewiesene Pflanzenarten zu finden. (...) Damit zählt Frankfurt nicht nur zu den wenigen deutschen Städten, die eine Flora, also ein Verzeichnis der vorgefundenen Pflanzenarten, online zur Verfü-gung stellen. (...)

Städte sind die artenreichsten Flächen überhaupt – diese vielleicht erstaunliche Tatsache kann nun jeder internetnutzer für Frankfurt studieren. Anregen soll die Seite nicht nur da-zu, die Pflanzen an ihren Standorten aufzusuchen und so die Stadtnatur zu Fuß oder mit dem Fahrrad zu erkunden (...). Wie Georg Zizka, Leiter der arbeitsgruppe Biotopkartierung am Senckenberg-institut, gestern eindrucksvoll demonstriert hat, ist die „Flora von Frankfurt“ keinesfalls ein Angebot nur für Botanik-Fans – sie könnte aber viele neue gewinnen.

denn auf den übersichtlich gestalteten Seiten ist, jeweils als eine diN-a4-Seite ausdruckbar, knapp, aber auch für Laien gut verständlich, eine ungeheure Fülle an Informationen hin-terlegt, die von Pflanzen-Steckbriefen bis hin zur Stadtge-schichte reichen – und neben Abbildungen der Pflanzen, so-weit sie vorhanden sind, sind ihre Fundorte auf Karten mar-kiert, die das Vermessungsamt zur Verfügung gestellt hat. die-se reichen von 1880 bis heute. Nacheinander oder überlap-pend angeklickt, mit und ohne Bebauung, Gewässer oder Wald, geben sie einen tiefen einblick in die dynamische ent-wicklung der Stadt und ihrer Pflanzenwelt.

Umweltdezernentin manuela rottmann (die Grünen) und das Umweltamt erhoffen sich von der Flora ein stärkeres Be-wusstsein der Frankfurter für die Biodiversität, die, wie Rott-mann sagte, uns meist an den regenwald, aber weniger da-ran denken lasse, dass etwa eine städtische Brache inner-halb kürzester Zeit von zahlreichen Pflanzen erobert wird. Nur was man kenne, sei man auch bereit zu schützen, setzte Ziz-ka hinzu.

Die meisten der Informationen für die neue Internet-Flora stammen aus der 1985 begründeten Zusammenarbeit von Stadt und Senckenberg-Institut für die Frankfurter Biotopkar-tierung. (...) Auch Funde können die Nutzer online anmelden, die Forscher werden die Standorte dann überprüfen und in die datenbank einarbeiten, die ständig aktualisiert wird.

Quelle: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 27.11.2009, Nr. 276, S. 47

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Unterr ichtsvorschlägeArbeitsblatt 7

Ganz weit wegVerlassen wir die uns so bekannte und - wie wir uns wohl im vergangenen Kapitel eingestehen mussten - ebenso unbekannte Lebenswelt vor unserer Haustür. machen wir eine reise: auf eine insel - und in die Geschichte.

Aufgaben1. Lesen Sie den Text „als hätte Humboldt regie geführt“ auf materialblatt 6. Klären Sie die Be-

griffe Taxonomie, DNA-Barcodes und mögliche weitere knifflige Fachtermini.

2. Die Forschung an der Biodiversität bringt, wie der Text zeigt, ständig neue Arten ans Licht. Wes-halb ist dies so?

3. Bedeutet dies, dass wir uns keine Sorgen um die Biodiversität machen müssen? diskutieren Sie!

4. recherchieren Sie in Hausarbeit zu alexander von Humboldt, Charles darwin und zur evolutions-lehre.

5. Tragen Sie ihre ergebnisse in der folgenden Unterrichtsstunde zusammen und entwickeln Sie ge-meinsam ein übersichtliches Schaubild.

InfoMehr über entlegene Orte aus dem F.A.Z.-Archiv:Über die Galapagos-inseln:Zweihundert Jahre Einsamkeit, Jakob Stro-bel y Serra, Frankfurter Allgemeine Zeitung, 31.05.2012, Nr. 125, S. R1

Über das „künstlich“ erschaffene Ökosystem auf der insel ascension und die idee von Wü-sten-Begrünungen:Das Experiment am Ende der Welt, David Lud-wig, Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung, 27.03.2011, Nr. 12, S. 64

Noch mehr Forscher:ein porträt des ameisenforschers und Begrün-ders der Soziobiologie edward o. Wilson:Glücklicher Darwinist in schrecklichem Jahr-hundert, Joachim Müller-Jung, Frankfurter All-gemeine Zeitung, 08.06.2009, Nr. 130, S. 30

Über Biogeograophie (Zusammenhang zwi-schen geographischer erdentwicklung und bio-logischen artenvorkommen) und den mitbegrün-der der evolutionstheorie alfred russel Wallace:Die große Verschiebung, Dirk Gassmann, Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung, 04.07.2010, Nr. 26, S. 53

Zur artenerfassung mit dNa-Barcodes:

das projekt German Barcode of Life erfasst die artenvielfalt in deutschland anhand ihres „ge-netischen Fingerabdrucks“:https://www.bolgermany.de

F.A.Z.-Texte hierüber:Spinnen, Käfer, Fliegen: Diese Exemplare sind bereits in die „GBOL-Bibliothek“ aufgenom-men (gies), Frankfurter Allgemeine Zeitung, 22.08.2012, Nr. 195, S. N2

Eine Deutschlandkarte voller Gencodes, Johannes Giesler, Frankfurter Allgemeine Zei-tung, 22.08.2012, Nr. 195, S. N2

evolution vs. Schöpfungsgeschichte:denkanstöße zum Widerspruch von biblischer Schöpfungsgeschichte und evolutionsbiologie (Charles Darwin) liefert ein F.A.Z.-Text über den Besuch des ehemaligen ratsvorsitzenden der evangelischen Kirche in deutschland, Bischof Wolfgang Huber, im Berliner museum für Na-turkunde:Keine Angst vor Käfern, Christian Schwägerl, Frankfurter Allgemeine Zeitung, 27.08.2007, Nr. 198, S. 35

das Berliner museum für Naturkunde hat die größte organismensammlung deutschlands:www.naturkundemuseum-berlin.de

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Jugend recherchiert – Biodiversität

Unterr ichtsvorschlägeMaterialblatt 6

Als hätte Humboldt Regie geführtEs ist eine goldene Zeit für Entdecker. Und eine besonders schwierige. In der Artenkrise explo-dieren die Artenzahlen. Das Beispiel Madagaskar.

Von Joachim müller-Jung

Große Naturforscher waren stets auch große Sammler. aber wer konnte vor ein paar Jahren wirklich ahnen, dass in einer Zeit, in der die experimentelle Laborforschung zur alles do-minierenden arbeits- und denkweise der Biologie geworden ist, plötzlich wieder die Sammelleidenschaft der großen Na-turalisten aufblühen sollte? alexander von Humboldt, vor 153 Jahren (aktualisiert, anmerkung der redaktion) in seiner Ge-burtsstadt Berlin gestorben, und Charles darwin, der im sel-ben Jahr sein Hauptwerk über den Ursprung der arten ver-öffentlichte, würden sicher staunen, was es bei der von ih-nen vorangetriebenen inventarisierung der Tropen noch lan-ge nach ihnen zu entdecken gibt. madagaskar, die viertgröß-te insel der erde vor der ostafrikanischen Küste, ist ein para-debeispiel dafür. Kein anderes Zentrum der artenvielfalt ist in den vergangenen Jahren so systematisch katalogisiert wor-den, und in kaum einem anderen der großen bedrohten Na-turparadiese spielen deutsche Naturforscher eine so heraus-ragende rolle wie hier. (...)

auf dem sechsten internationalen Tropensymposion der Zo-ologen (...) und in einer aktuellen Veröffentlichung (...) der amerikanischen Nationalen akademie der Wissenschaften ist über eine unfassbare explosion der Zahl neu entdeckter ar-ten berichtet worden. Ganz vorne sind die amphibien ange-siedelt. Seit anfang der neunziger Jahre, als etwas mehr als 130 amphibienarten in madagaskar bekannt waren, was da-mals schon mehr als das Fünffache der Diversität in Mittel-europa bedeutete, hat sich die Zahl auf derzeit 224 wissen-schaftlich beschriebene arten auf der Tropeninsel erhöht. (...) eine enorme Vermehrung der arten gab es auch bei den nahe verwandten reptilien. (...)

mit der Katalogisierung der amphibien und reptilien gehört madagaskar zu den wenigen nahezu abgeschlossenen zoo-logischen inventaren in den artenreichen Tropen. daraus las-sen sich Schlüsse für die Biodiversität in anderen Tropenregi-onen ziehen: die Zahl der amphibienarten sei lange „gewaltig unterschätzt“ worden, schreibt eine deutsch-spanisch-italie-nische Forschergruppe (...). Miguel Vences von der Universität Braunschweig (...) bringt die Lawine der Neubeschreibungen auf den punkt: „paradoxerweise erleben wir simultan eine Ära des massenaussterbens und der massenentdeckungen.“ (...)

Offiziell gelten 43 Prozent der Amphibien global als gefährdet, damit sind sie die taxonomische Gruppe mit dem höchsten Anteil an bedrohten Arten. Nicht zuletzt die Inflation der fast wöchentlich neu hinzukommenden amphibienspezies zeigt al-lerdings, dass solche Schätzungen mit Vorsicht zu genießen sind. allein in der zurückliegenden dekade hat sich ihre Zahl, über den ganzen Globus betrachtet, um ein Fünftel erhöht.

doch die expansion der Vielfalt in den biologischen Verzeich-nissen beschränkt sich keineswegs auf diese derzeit von viel-fachen Bedrohungen – Lebensraumzerstörung, Krankheiten und Klimawandel – betroffene Tiergruppe. in Bonn schilder-te Steven Goodman vom Field Museum of Natural Histo-ry in Chicago die entwicklung bei Säugetieren und Gliederfü-ßern auf madagaskar, die ähnlich wie bei den amphibien ver-läuft. Vor wenigen Jahrzehnten kannte man nur drei dutzend verschiedene Skorpione, heute sind bereits 185 arten be-schrieben. Und selbst die prominenten Säugetiere sind kei-ne ausnahme. Zu Humboldts und darwins Zeiten, um das Jahr 1850, waren insgesamt 71 arten beschrieben, angefan-gen bei den Lemuren oder Halbaffen über Fledermäuse bis zu den Nage- und raubtieren. in fast allen diesen Gruppen ist es mindestens zu einer Verdoppelung oder Verdreifachung des artenkatalogs gekommen, insbesondere in den vergan-genen Jahrzehnten bei den Lemuren, den Fledermäusen und den raubtieren. mitte der sechziger Jahre war man bei der Zahl 171, heute kennt man mindestens 249 Säugetierarten.

Nicht immer handelt es sich bei diesen neuen Spezies um unbekannte Tiere, die im Urwald leben. immerhin ein drittel der an nahezu 170 Stellen auf madagaskar entdeckten neu-en arten wurde außerhalb von Schutzgebieten, viele sogar in Kultur- oder in extrem zerstückelten Naturlandschaften gefun-den. Und ein ganz großer Teil wird heute erst durch den ein-zug der Genanalysen in die Taxonomie als neue art erkannt. mit „dNa-Barcodes“, dem detaillierten Vergleich kleiner ab-schnitte der ribosomen-Genabschnitte, lassen sich verwand-te Tiere einander zuordnen, bei deutlichen Sequenzunter-schieden im genetischen Fingerabdruck aber auch als ver-schieden identifizieren und jeweils getrennten Arten zuord-nen. (...)

Quelle: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 06.05.2009, Nr. 104, S. N1

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Jugend recherchiert – Biodiversität

Unterr ichtsvorschlägeArbeitsblatt 8

KomplexNicht nur der anstieg neu entdeckter arten bei gleichzeitigem artensterben, wie das Beispiel mada-gaskar im letzten Kapitel zeigte, beweist die Komplexität der materie. auch die Bezifferung des Wer-tes von Biodiversität ist nach wie vor schwierig. Und damit nähern wir uns unserem Wettbewerbs-thema, sprich: Biodiversität im Kontext wirtschaftlichen Handelns. Ein vielschichtiger Text der Frank-furter allgemeinen Sonntagszeitung bietet zahlreiche anregungen für die entwicklung eigener The-men. denken Sie weiter!

Aufgaben

1. Lesen Sie den F.A.S.-Text „Was kostet die Welt?“ auf Materialblatt 7 in Hausarbeit mehrmals auf-merksam, auch laut.

a Unterteilen Sie den Text in Sinnabschnitte. Geben Sie jedem Sinnabschnitt eine Überschrift und fassen Sie den inhalt stichwortartig zusammen.

a markieren Sie drei bis vier passagen des Textes, die ihnen besonders diskussionswürdig er-scheinen.

a Lesen Sie den Text in der folgenden Unterrichtsstunde mit wechselnden Sprechern abschnitt für abschnitt laut vor.

a Tragen Sie anschließend ihre Vorschläge für diskussionsthemen zusammen.

2. Wählen Sie ca. fünf Themen aus und diskutieren Sie jeweils rund fünf minuten darüber.

3. Nutzen Sie diese Gespräche als anregung für eine erörterung. Worin liegen ihrer meinung nach die spannendsten Fragen, die das Thema Biodiversität bzw. Erhalt der Artenvielfalt aufwirft?

4. Im Text ist vom Jahr der Biodiversität die Rede. Wir befinden uns sogar in der Dekade zur bio-logischen Vielfalt. recherchieren Sie die Ziele der UN-dekade und halten Sie ihre ergebnisse schriftlich fest. informationen gibt es zum Beispiel auf der Seite der Bundesstiftung Umwelt: www.un-dekade-biologische-vielfalt.de/

InfoWeitere Texte zum Wert der Biodiversität, zu wirtschaftlichen Fragen und den Konsequenzen unseres Handel(n)s– zum Weiterdenken:Über die auswirkungen des Verlusts von arten-vielfalt auf Gesundheit und medizin:Der Letzte wird zum größten Feind, Hilde-gard Kaulen, Frankfurter Allgemeine Zeitung, 08.12.2010, Nr. 286, S. N1

Über die auswirkungen von Ölkatastrophen auf die Natur:Glückliche Tropen, Georg Rüschemeyer, Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung, 09.05.2010, Nr. 18, S. 59

Über monokulturen:Der Mais frisst alles, Christiane Hoffmann und Winand von Petersdorff, Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung, 19.08.2012, Nr. 33, S. 3

Über den oft falschen Gebrauch der Begriffe Natur, wilde Natur, Wildnis bzw. die Tatsache, dass es in europa praktisch keine von men-schen unbeeinflusste Natur mehr gibt:Wildnis aus Menschenhand, Hansjörg Küster, Frankfurter Allgemeine Zeitung, 05.07.1999, Nr. 152, S. 44

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Unterr ichtsvorschlägeMaterialblatt 7

Was kostet die Welt?Die einfache Antwort lautet: 32 Billionen Dollar pro Jahr. Etwas komplizierter ist es dann aber schon.

Von Jörg albrecht

Zu den Büchern, die nur noch antiquarisch gehandelt wer-den, gehört der Bildband „rettet die Vögel“. ende der siebzi-ger Jahre war er ein Bestseller. als Koautor fungierte neben dem Ornithologen Gerhard Thielcke der Biokybernetiker Fre-deric Vester. Und der bestand damals schon auf einem Unter-titel: „Wir brauchen sie“. Die Frage „Warum?“ war noch nicht üblich.

Vester stellte sie trotzdem. Warum brauchen wir, beispiels-weise, das Blaukehlchen? am materialwert kann es nicht lie-gen, den kalkulierte Vester kühl mit drei pfennnig. aber als er die Leistungen des Vogels als Schädlingsbekämpfer, Samen-verbreiter und indikator für Umweltbelastungen in rechnung stellte, sah die Sache anders aus. (...) resultat: 301,38 deutsche mark für den kleinen Schmätzer, der in ganz europa vorkommt, aber nicht leicht zu beobachten ist.

Drei Jahrzehnte später stellt sich die Frage in anderem Maß-stab: Was kostet die Welt? also sämtliche Lebensräume al-ler Kontinente und ozeane auf einen Schlag? (...) Wie groß könnte der Kuchen sein, der da zu verteilen ist? robert Co-stanza, direktor des institute for ecological economics an der University of Vermont, hat den angeblichen Jahresertrag des globalen Bioreichtums einmal mit 32 Billionen dollar bezif-fert. das wäre immerhin das doppelte der weltweiten Wirt-schaftsleistung. methodisch ist an dieser Schätzung viel aus-gesetzt worden, doch die grobe richtung hat Costanza damit vorgegeben.

in Wahrheit können weder Wissenschaftler noch politiker, we-der Ökologen noch Ökonomen bisher drei grundlegende Fra-gen beantworten. Was ist Biodiversität? Was haben wir da-von? Und was kostet uns das?

Fangen wir mit der letzten Frage an. Dass einer intakten Um-welt inzwischen auch ein materieller Wert zugestanden wird, ist erst einmal Balsam auf die Seelen der Ökofreunde, die lange genug als notorische Feinde des wirtschaftlichen Fort-schritts galten. Wo immer ein Neubaugebiet ausgewiesen, ei-ne Autobahn geplant, ein Kraftwerk errichtet oder ein Fluss ausgebaggert wurde, waren sie zur Stelle und präsentierten irgendeinen Lurch, einen Feldhamster oder eine seltene Gril-le. Zäh wurde über Ausgleichsmaßnahmen verhandelt; Krö-tentunnel und ähnliche Sperenzchen wurden zu lästigen Be-

gleiterscheinungen einer Umweltmarotte, gegen das jeder-zeit das Arbeitsplatzargument ins Feld geführt werden konn-te. Und nun soll auf einmal alles anders sein? die Natur als arbeitgeber und Kapitalfaktor, vergleichbar mit automobilbau oder Computerbranche?

Erst wenn eine Ressource knapp wird, gerät sie in den Fokus von Wirtschaft und politik. Was beispielsweise zweitausend Kilometer ursprüngliche Küstenlinie wert sind, hätte vor der Havarie der exxon Valdez niemand zu sagen vermocht. der Öl-tanker war im märz 1989 im prince William Sound vor Süd-alaska auf Grund gelaufen. 40 000 Tonnen rohöl verseuch-ten die Strände, eine viertel million Seevögel verendeten, die Fischbestände wurden schwer geschädigt. Der Prozess um Schadenersatz zog sich anschließend zwanzig Jahre hin.

Wie hoch sollte man die Verluste ansetzen? es ging ja nicht nur um Lachse, Heringe oder Robben. Von der Fischerei und vom Naturtourismus lebte die gesamte region. ein Gutach-ten nach dem anderen wurde in auftrag gegeben, exxon zur Zahlung von fünf milliarden dollar verurteilt, was in etwa dem Jahresgewinn des Ölkonzerns entsprochen hätte. die Summe verringerte sich auf dem Weg durch die instanzen nach und nach auf fünfhundert millionen.

allein das Säubern der Strände hat seinerzeit mehr als zwei Milliarden Dollar gekostet. Forscher der Temple University in philadelphia berichten jetzt, sie fänden trotzdem noch größe-re mengen Öl im Boden, die sich mangels Sauerstoff kaum zersetzen. Mindestens kann man aus dem Fall Exxon Valdez lernen, dass die Spätfolgen einer Umweltkatastrophe nicht so ohne weiteres abzuschätzen sind. Weder von Ökonomen noch von Ökologen.

Beide disziplinen tun sich auf ihre art schwer mit der Umwelt. Solange saubere Küsten und Gewässer nicht wie Bananen gehandelt werden, lässt sich auch kein marktpreis ermitteln. ersatzweise kann man fragen, was menschen bereit wären, für eine intakte Umwelt zu zahlen. Wie viel sie ausgeben wür-den, um beispielsweise einen Blauwal zu Gesicht zu bekom-men. oder wie hoch die immobilienpreise steigen, wenn vor der Tür alles sprießt und blüht. doch ändert das nichts daran, dass man Ökosysteme in letzter Konsequenz nicht nach den regeln der marktwirtschaft bewerten kann. Zumal der mensch auch noch integraler Teil von ihnen ist, allein schon durch sei-ne Teilnahme an der Nahrungskette.

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Unterr ichtsvorschläge

Das führt zur zweiten Frage, die Biologen nur sehr ungern hö-ren: Was haben wir überhaupt davon, dass sich Seeadler und Tordalk oder mehlprimel und Trollblume wohl fühlen?

als der evolutionsbiologe edward Wilson vor etwas mehr als zwanzig Jahren den ausdruck „Biodiversity“ prägte, ging er noch wie selbstverständlich von einem Wert der Natur an sich aus. (...)

Nach einer klassischen Definition des britischen Ökonomen Lionel robbins dreht sich alles unter der Sonne um „die Be-friedigung menschlicher Bedürfnisse mit knappen mitteln, welche auf unterschiedliche Weise verwendet werden kön-nen“.

Was hätten wir in dieser Hinsicht von der Natur zu erwarten? Je nach interessenlage wären das: arzneimittel wie aspirin oder Penicillin; Rohstoffe wie Holz, Gummi, Öle, Harze, Farb-stoffe, Fasern; Bioindikatoren für Umweltveränderungen wie Flechten oder andere empfindliche Arten; Freizeitvergnügen und ästhetische Befriedigung; Ökosystemdienstleistungen wie Bodenfruchtbarkeit, saubere Luft, Fixierung von Kohlendio-xid durch photosynthese, regulierung des Wasserkreislaufs, Stickstoffbindung, abbau organischer materie durch pilze und mikroorganismen und so fort (...).

das elementarste menschliche Bedürfnis freilich rangiert vor-neweg: der Hunger. Seit dem ende der Jäger- und Sammler-kultur stammt ein Großteil unserer Nahrungsmittel von dome-stizierten Pflanzen- und Tierarten. Allzu viele sind das nicht. essbar wäre vermutlich ein Viertel der wissenschaftlich be-schriebenen 240 000 höheren Pflanzen. Aber nur rund 150 wurden jemals kultiviert, weniger als zwanzig davon decken mehr als neunzig prozent des heutigen Nahrungsbedarfs – Weizen, mais, reis und Kartoffeln allein über die Hälfte.

Wozu dann der ganze rest? Warum sollen wir zum Beispiel moore schützen, wenn dort nichts von Bedeutung wächst? Schließlich waren unsere Urgroßväter noch heilfroh, wenn sie den Torf endlich gestochen, das Land entwässert und in fruchtbare Äcker und Wiesen verwandelt hatten.

dem ersten der Tod, dem Zweiten die Not, dem dritten das Brot. So rodet der mensch seit dem Neolithikum gegen die Wildnis an. Oft war das zu seinem Segen, häufig genug ging es aber auch schief. Vor allem dann, wenn es an nachhaltiger erfahrung fehlte. So konnten sich die pioniere am amazonas den regenwald kaum anders denn als „grüne Hölle“ vorstel-len. ein auskommen bot sie auf den ersten Blick nicht. Bis der Kautschuk entdeckt wurde. die Latexmilch des Gummi-baums war eine Zeitlang so wertvoll wie das Gold, das man

bis dahin vergeblich gesucht hatte. Von Belem bis manaus entstand tatsächlich für kurze Zeit ein eldorado.

Ungefähr auf der Hälfte der Strecke zwischen den beiden amazonasstädten kann man besichtigen, was davon üb-rig blieb. In Fordlandia am Rio Tapajós begrüßt eine verfalle-ne Lagerhalle den einsamen Besucher. Von einst achttausend einwohnern leben hier noch ein paar hundert, ohne Strom oder Wasserversorgung. Sonst steht vieles noch da von dem, was der Autobauer Henry Ford in den zwanziger Jahren des vorigen Jahrhunderts aus dem Boden stampfen ließ.

mitten im Nirgendwo wollte der amerikanische magnat in großem Stil Kautschuk anbauen, um die reifen seiner T-mo-delle zu bestücken. Zehntausend Quadratkilometer Wald hat-te er zu diesem Zweck der brasilianischen regierung abge-kauft. plantagen wurden angelegt, ein eigenes Kraftwerk und ein Krankenhaus errichtet, dazu Schwimmbad und Kino. 25 Millionen Dollar steckte Henry Ford in das Projekt, das zu einem desaster führte: in asien, wohin die Samen von He-vea brasiliensis heimlich geschmuggelt worden waren, moch-te der Baum in plantagen gedeihen. doch ausgerechnet in Brasilien, wo er heimisch war, wurden solche monokulturen ein opfer der Braunfäule. am ende revoltierten auch noch die brasilianischen Arbeiter, das Land am Rio Tapajós fiel für ei-nen symbolischen preis an Brasilien zurück, ohne dass es je auch nur das Gummi für einen einzigen reifen hervorge-bracht hätte.

Henry Ford war ein Kapitalist reinsten Wassers. Ökologische Bedenken wären ihm nie gekommen. Heute gilt als Faustregel für den regenwald, dass es sich bei ihm eher um eine grüne Wüste als um eine grüne Hölle handelt. die sprichwörtliche biologische Vielfalt findet sich größtenteils in den Kronen der Bäume, was zu Boden fällt, wird auf der Stelle von insekten, pilzen oder mikroorganismen recycelt. das erdreich, in dem die ganze pracht wurzelt, gehört zu den ärmsten Böden der Welt. Große Profite sind da auf Dauer nicht zu erwarten. Vor allem nicht von monokulturen. Kahlschlagen lässt sich ein regenwald nur ein einziges mal.

Was allzu oft auch geschieht. Jahr für Jahr geht der Bestand der Tropenwälder nach Schätzungen der Welternährungsor-ganisation FAO um ein Prozent zurück. Mehr als doppelt so schnell schwinden mangrovenwälder, die durch Shrimps- und Fischfarmen ersetzt werden. Moore, Auen, Seen und Flüsse werden in großem Stil trockengelegt, gestaut, begradigt, ver-schmutzt; nach Schätzungen des World Wildlife Fund bedeu-tet das Jahr um Jahr für mehr als zwei prozent aller im Wasser lebenden Wirbeltiere das aus.

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Unterr ichtsvorschläge

als hochgradig gefährdet gelten außerdem ein Viertel al-ler Korallenriffe. Keine konkreten Schätzungen existieren für Graslandschaften, Wüsten und Steppen, wobei auf der Hand liegt, dass produktives Grünland jederzeit in der Ge-fahr schwebt, degradiert zu werden. Ähnliches gilt für wei-te Bereiche der ozeane. auf dem Vormarsch scheinen einzig und allein die Laub- und Nadelwälder der gemäßigten Brei-ten zu sein; nach Angaben der FAO legen sie jährlich um 0,1 prozent zu. Über ihren Zustand ist damit allerdings noch we-nig gesagt.

das führt zurück zur eingangsfrage: Was ist überhaupt biolo-gischer reichtum?

es hat nicht an Versuchen gefehlt, ihn quantitativ zu erfassen. der sogenannte Shannon-index beispielsweise beschreibt die reichhaltigkeit eines Ökosystems auf mathematisch ähnliche Weise wie den informationsgehalt einer Nachricht oder die entropie in einem thermodynamischen System. in der praxis kann man damit gerade mal die relative Häufigkeit einer Spe-zies innerhalb einer population aus mehreren arten bestim-men.

die Schutzwürdigkeit und damit der Wert eines Ökosystems hängt von zahllosen weiteren Faktoren ab, unter anderem von dem jeweiligen Grad an „Resilienz“, also der Fähigkeit, Stö-rungen zu tolerieren. ein Brand in der Savanne kann deren Regeneration sogar fördern, ein Feuer in einem Regenwald kann ihn unwiederbringlich zerstören.

Häufig wird der Begriff Biodiversität auch mit „Artenviel-falt“ (species richness) übersetzt. doch das trifft es ebenfalls nicht. ein Biotop, etwa ein Strandabschnitt auf den West-indischen inseln, kann dutzende arten und Unterarten von Schnecken beherbergen, die nur noch der Fachmann zu un-terscheiden weiß. Besonders divers würde man das nicht nennen. Genauso wenig wie eine ansammlung verschiedener Weihnachtstannen in einer dänischen Baumplantage.

Variabilität forderte die Convention on Biological diversity 1992 in rio de Janeiro. Gemeint ist damit die ganze Band-breite der Vielfalt des Lebens, angefangen von Genen und Genomen über arten und populationen bis hin zu kompletten Biomen. aber selbst das reicht bei näherer Betrachtung noch nicht aus. denn in Wahrheit gilt es ja, die interaktionen zwi-schen allen diesen elementen zu betrachten, beispielswei-se die art und Weise, wie der Bestand einer mäusepopulati-on mit dem Vorkommen bestimmter Gräser oder raubkatzen zusammenhängt, inklusive der damit verbundenen Stoff- und energiekreisläufe.

damit immer noch nicht genug: Will die Ökologie anspruch erheben, eine exakte Wissenschaft zu sein, muss sie solche einheiten nicht nur beschreiben, sondern zum Beispiel auch verlässlich vorhersagen können, wie sich die Lebensgemein-schaft eines Kalktrockenrasens in absehbarer Zukunft ent-wickeln wird, und zwar sowohl dann, wenn er regelmäßig ge-mäht oder beweidet wird, wie auch dann, wenn er sich selbst überlassen bleibt.

Die Hoffnung, eine klar definierte Größe für „Biodiversität“ zu finden, hat sich jedenfalls nicht erfüllt. Bis auf weiteres kann man nur sagen: Biologische Vielfalt ist wie pornogra-phie. Nicht zu definieren, aber am ehesten intuitiv zu begrei-fen, wenn man sie unmittelbar vor augen hat.

dem Schnorchler am Korallenriff leuchtet das sofort ein. den anwohnern der Sahelzone schon weniger. ein noch näher lie-gendes Beispiel sind deutschlands Buchenwälder. Nach herr-schender Lehrmeinung sind sie der Lebensraum, der hierzu-lande dominieren würde, wenn nicht schon unsere Vorfahren dafür gesorgt hätten, dass in Germanien anderes und mehr wächst als Fagus sylvatica samt den zugehörigen, im ökolo-gischen Weltmaßstab eher bescheiden zu nennenden Bestän-den an Waldschwingel, Hasenlattich oder Hainsimse.

Kaum ein Hektar Boden, der nicht unter die axt oder den Pflug geriet: Bis ins 18. Jahrhundert wurden Deutschlands Wälder derart dezimiert, dass von rentabler Forstwirtschaft kaum noch die Rede sein konnte. Erst der Forstmeister Ge-org Ludwig Hartig formulierte um 1800 in seiner „anweisung zur Taxation der Forsten“ ein Umdenken: „Es lässt sich kei-ne dauerhafte Forstwirtschaft denken, wenn die Holzabgabe aus den Wäldern nicht auf Nachhaltigkeit berechnet ist. Jede weise Forstdirektion muss daher die Waldungen des Staates so benutzen, dass die Nachkommenschaft wenigstens eben-so viel Vorteil daraus ziehen kann als die jetzt lebende Gene-ration.“ Hartig wurde zum Vorbild für Generationen von För-stern. ein drittel deutschlands ist heute wieder mit Wald be-deckt. Nachhaltig bewirtschaftet wird er seit langem. das heißt: es wachsen mindestens so viele Bäume nach, wie ge-schlagen werden – aktuell sogar mehr. aber ist das schon Bi-odiversität?

erst einmal ist das nur ein Wirtschaftsfaktor. ein 120 bis 140 Jahre alter Buchenwald erster Güte bringt etwa 25 000 euro pro Hektar, wenn das Holz vollständig geschlagen wird. Blie-ben die Bäume stehen, bis sie nach weiteren hundert bis zweihundert Jahren zusammenbrechen und verrotten, hät-te der Forstbesitzer diese Summe in den Wind geschrieben. Über den gesamten Zeitraum hinweg wären das pro Jahr und Hektar ein paar hundert euro Verlust.

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Unterr ichtsvorschläge

In der Praxis allerdings kämen stillgelegte Wälder häufig bil-liger, sagt Ulrich Hampicke, vor seiner emeritierung Lehr-stuhlinhaber für Landschaftsökonomie an der Universität Greifswald. das größte zusammenhängende Laubwaldgebiet deutschlands beispielsweise, der Thüringer Nationalpark Hai-nich, sei unter anderem deshalb angelegt worden, weil es bil-liger war, munitionsverseuchte Flächen einzuzäunen, als zu räumen. Ähnlich im Nationalpark eifel, wo die älteren Stäm-me noch voller Granatsplitter aus dem Zweiten Weltkrieg ste-cken.

Was steht dem forstwirtschaftlichen Verzicht auf der ökolo-gischen Habenseite gegenüber? Zweifellos ein Gewinn, denn morsches und totes Holz bietet Lebensraum für Hunderte von pilz- und insektenarten. Zur ökonomischen rechtfertigung wird in solchen Fällen gern der Tourismus genannt, der durch Nationalparks angelockt werde. Fairerweise muss man ein-räumen, dass selbst der Ökotourist weniger an modernden Baumstümpfen als an „charismatischen arten“ interessiert ist. darunter versteht man etwa den pandabären, den sibi-rischen Tiger, den Berggorilla oder das afrikanische Großwild, die allesamt imstande sind, eine region (und so manche or-ganisation) durch ihre bloße existenz zu ernähren.

Was bietet in dieser Hinsicht der vielbesungene deutsche Wald? Hirsch und Wildschwein fallen schon mal weg, deren Bestände müsste man eher reduzieren als schützen. als pen-dant zum panda könnte man noch Luchs und Wildkatze nen-nen. doch wie der Wolf gehen sie dem menschen möglichst aus dem Weg. Wo man sie ansiedeln will, geht es vor allem darum, sie konsequent in ruhe zu lassen – eine Strategie, die nicht unbedingt mit touristischen Zielen vereinbar ist.

Als Wappentier schlechthin gilt im deutschen Forst das Auer-huhn. Für dessen Zukunft sieht es eher düster aus. „Total un-flexibel und anpassungsunfähig“, sagt Ulrich Hampicke, „das bleibt nur, wenn man ihm den roten Teppich ausrollt.“ damit ein auerhuhn sich wohl fühlt, muss der Wald nadelholzreich, aber gleichzeitig licht sein, voller Heidelbeeren, ausgestattet mit ausreichend großen Balzplätzen und umgeben von insek-tenreichem offenland für die Küken. im Schwarzwald müht man sich in modellprojekten, doch der erfolg ist nicht abzu-sehen: „Das wirft die Frage auf, ob man die Art außerhalb der alpen überhaupt erhalten soll“, sagt Ulrich Hampicke.

So viel zum Wald der gemäßigten Breiten. der größere bio-logische Reichtum findet sich hierzulande eher da, wo der mensch im Laufe der Jahrhunderte Kulturlandschaften ge-schaffen hat. Das können gemähte Flächen auf unterschied-lich kargen Böden sein, extensiv genutzte Schaf- und rin-derweiden, traditionell bewirtschaftete Weinberge, teilwei-se entwässerte Niedermoore, Streuobstwiesen, Wachholder-heiden, almen, Steinbrüche, Bahndämme, Hecken und mau-

ern, acker- und Waldränder, Bauerngärten, Tümpel und Teiche. Selbst degradiertes Ödland wie aufgegebene Bahnhöfe und ehemalige Truppenübungsplätze bietet einen hohen arten-reichtum, verglichen mit den monokulturen der modernen Landwirtschaft.

denn das ist das problem: die größte Biodiversität in der ge-meinsamen Geschichte von mensch und Natur hat vermut-lich vor zweihundert Jahren geherrscht, kurz vor Beginn der industriellen revolution. Seitdem sind in weltweitem maßstab nur noch Flächen geopfert worden, kaum welche hinzugekom-men. Wenn jetzt die letzten unberührten Gebiete wie amazo-nien zum „Naturerbe der menschheit“ erklärt werden, dann äußert sich darin nichts anderes als die seit aristoteles be-schriebene „Tragik der allmende“. Öffentliche Güter, die von allen genutzt werden, werden schnell bis an den rand ihrer existenz ausgebeutet und darüber hinaus. „Wenn ich es nicht tue, dann die anderen“, lautet das argument, mit dem sich Fischer, Jäger, oder Holzfäller schon immer gerechtfertigt ha-ben.

Traditionell gilt der Niedergang einer frei verfügbaren, aber begrenzten und damit bald übernutzten ressource als un-abwendbar. Jeder zieht seinen kurzfristigen Nutzen aus dem Raubbau, niemand denkt an die langfristigen Folgen. Doch im vergangenen Jahr ging der Wirtschaftsnobelpreis an eine Umweltökonomin, die eine andere auffassung vertritt.

elinor ostrom von der indiana University in Bloomington hat etliche Wirtschaftsformen wie gemeinsam betriebene almen oder Bewässerungssysteme untersucht und festgestellt, dass sich sehr wohl lokale Formen einer Selbstorganisation bilden können, die ein Stück Land oder eine andere Nahrungsquelle im Sinne des allmendegedankens nachhaltig nutzen. es müs-sen nur klare regeln gefunden werden, Verstöße dagegen be-straft und Fremde von der Teilnahme ausgeschlossen sein.

Was wäre die alternative? man könnte besonders schüt-zenswerte „Hotspots“ der Biodiversität privatisieren oder ver-staatlichen. man könnte sie auch in den rang unschätzbarer Kunstwerke erheben. milliardäre könnten bedrohte Land-striche aufkaufen, wie es bereits in patagonien oder in Süd-afrika geschieht. dann allerdings müsste man sie auch ähn-lich scharf bewachen wie die mona Lisa oder die Goldreser-ven von Fort Knox.

Kaum vorstellbar, dass das funktioniert. Und deshalb muss so oder so ein Weg gefunden werden, biologischen reichtum zu teilen, ohne ihn zu verschleudern.

Quelle: Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung, 31.01.2010, Nr. 4, S. 50

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Unterr ichtsvorschlägeArbeitsblatt 9

NachhaltigDass Biodiversität häufig im Zusammenhang mit Wirtschaftlichkeit diskutiert wird, haben wir nun festgestellt. Wie sich Unternehmen dieser Herausforderung stellen, wollen wir in diesem Kapitel un-tersuchen. Stichwort: Nachhaltigkeit.

Aufgaben:1. Lesen Sie den F.A.Z.-Text „Das Recht der künftigen Generationen“ auf Materialblatt 8.

2. recherchieren Sie in arbeitsteiliger Gruppenarbeit die Bedeutung der folgenden Themen. erstel-len Sie kurze Faktenblätter (nicht mehr als eine Din-A4-Seite). Verteilen Sie diese und präsentie-ren Sie Ihre Ergebnisse in Form eines Kurzvortrags.

a iSo-Qualitätsnormen, speziell iSo 9000 und iSo 14001 bis 14064

a Global Compact der Vereinten Nationen und dessen zehn prinzipien

3. Formulieren Sie gemeinsam auf Basis des F.A.Z.-Textes eine verständliche und möglichst knappe Definition des Begriffes Nachhaltigkeit.

4. Würden Sie Nachhaltigkeit anders definieren wollen? Was ist für Sie als junge Generation wich-tig, wenn es um Nachhaltigkeit geht? diskutieren Sie!

5. Weshalb beschäftigen sich so viele Unternehmen mit dem Thema Nachhaltigkeit? der Text legt nahe, dass dies auch geschieht, weil die Verbraucher darauf immer mehr Wert legten. Teilen Sie diese einschätzung? diskutieren Sie!

6. Zum Schluss des Textes heißt es: „das dilemma, zwischen Zielen abwägen zu müssen, ist so alt wie die Nachhaltigkeit.“ Was ist damit gemeint? Versetzen Sie sich in die Lage von Unter-nehmern unterschiedlichster Branchen. Was könnte dem Streben nach Nachhaltigkeit entgegen-stehen? diskutieren Sie!

Infomehr zum Thema Nachhaltigkeit:Über den Wald und nachhaltige Forstwirtschaft:Das einfache Prinzip der Nachhaltigkeit, Ste-phan Finsterbusch, Frankfurter Allgemeine Zei-tung, 19.08.2011, Nr. 192, S. 18

Ein F.A.Z.-Gastbeitrag von Prof. Dr. Stefan Schaltegger, Leiter des Centre for Sustainabili-ty management (CSm), Leuphana Universität, Lüneburg, zu Nachhaltigkeitsstrategien von Un-ternehmen:Messen, bewerten - und umsetzen, Stefan Schaltegger, Frankfurter Allgemeine Zeitung, 04.11.2011, Nr. 257, S. B14

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Unterr ichtsvorschlägeMaterialblatt 8

Das Recht der künftigen GenerationenKein anderes Thema hat in den vergangenen Jahren alle anderen Themen der Wirtschaft so durchdrungen wie jenes der Nachhaltigkeit. In großen Unternehmen gibt es einen Vorstand für Nachhaltigkeit, in mittelständischen Unternehmen mindestens einen Beauftragten. Und jedem Geschäftsbericht folgt heute ein Nachhaltigkeitsbericht auf dem Fuß.

Von Georg Giersberg

managementmethoden kommen und gehen. ob reenginee-ring, Benchmarking, „Just in time“ oder Shareholder-Value, einer schnellen aufschwungphase folgt meist die ernüch-terung und oft das Vergessen. derzeit scheint sich aber zu-mindest eine langfristig anhaltende Tendenz durchzuset-zen: „Wirtschaftliches Handeln, das ist meine tiefste Über-zeugung, darf sich künftig nicht mehr nur an ökonomischem Nutzen orientieren. es muss auch ökologischen Schaden ab-wenden und sozialen Gewinn anstreben“, sagte michael ot-to, aufsichtsratsvorsitzender des Hamburger Handelskonzerns, auf dem Hermes Future Forum zur Zukunft unternehmerischer Verantwortung. Der ehemalige UN-Generalsekretär Kofi Annan forderte auf der gleichen Tagung die Unternehmen auf, ihre Geschäftsmodelle „vollständig nachhaltig auszurichten“.

Und immer mehr Unternehmen tun genau dies. Nachhaltig-keit hat sich von einem Trendthema zu einem festen Bestand-teil der Unternehmensstrategie entwickelt. der anteil der Un-ternehmen, die eine Nachhaltigkeitsstrategie verfolgen, ist in den vergangenen 18 monaten von 50 auf mehr als 60 pro-zent gestiegen, bei Großunternehmen mit mehr als einer mil-liarde dollar Umsatz sind es sogar 80 prozent, wie eine inter-nationale Umfrage der Beratungs- und Wirtschaftsprüfungs-gesellschaft KpmG ergab. Längst gehören zu den anforde-rungskatalogen der industrie und des Handels an die Liefe-ranten nicht nur Qualitätskriterien (einhaltung der legendär-en Norm iSo 9000 für Qualitätsmanagement), sondern auch die einhaltung sozialer und ökologischer Normen (iSo 14001 bis 14064 für Umweltmanagementsysteme). Für Großunter-nehmen ist die Nachhaltigkeit so wichtig, dass sie regelmäßig darüber öffentlich berichten und rechenschaft ablegen.

Der Begriff Nachhaltigkeit kommt aus der Forstwirtschaft und bedeutete ursprünglich, dass man höchstens so viel Holz ab-holzen darf wie nachwächst, den Wald also im Bestand nicht gefährden darf. Ganz allgemein versteht man unter Nachhal-tigkeit ein Wirtschaften, welches heutige Bedürfnisse befrie-digt, ohne die möglichkeiten zukünftiger Generationen nega-tiv zu beeinflussen. Diese Definition hat sich auch die UN zu eigen gemacht, wenn sie (im Brundtland-Bericht) der gegen-wärtigen Generation aufträgt, ihre Bedürfnisse zu befriedigen,

„ohne die Fähigkeit der zukünftigen Generation zu gefährden, ihre eigenen Bedürfnisse befriedigen zu können“.

ihren ausgangspunkt nahm die Nachhaltigkeit im heutigen Sinn in den sechziger Jahren. als die wachsende Wirtschaft die Umwelt verschmutzte und die ersten Veröffentlichungen apokalyptische Folgen vorhersagten („Der stumme Frühling“ von der Biologin rachel Carson 1962 und „die Grenzen des Wachstums“ von donella und dennis meadows im auftrag des Club of rome 1972), wurde der Sinn für umweltscho-nendes Wirtschaften geweckt. Später kam eine gesellschaft-liche Verantwortung hinzu und die Beachtung sozialer aspekte unternehmerischen Handelns. Sie hat unter dem Begriff Cor-porate Social responsibility oder auf deutsch „Unternehme-rische Gesellschaftsverantwortung“ einzug in die Unterneh-men gehalten. Stand hier am anfang die soziale Verantwor-tung gegenüber der Gesellschaft (Unterstützung benachteili-gter Gruppen, einhaltung sozialer Standards) im Vordergrund, wird heute auch Umweltschutz als Teil der gesellschaftlichen Verantwortung gesehen und der Schutz sozialer Normen als Teil einer nachhaltigen Betriebswirtschaftslehre. Beide Be-griffe haben sich aufeinander zubewegt, und heute werden Corporate Social responsibility und Nachhaltigkeit oft syno-nym verwandt im Sinne der UN-Definition von Nachhaltigkeit. Sie umfasst den Schutz der Umwelt und den effizienten Um-gang mit ressourcen, vor allem rohstoffen, sowie die ein-haltung sozialer Standards (keine Kinderarbeit, arbeitszeiten, Mindestlöhne) und die Förderung gesellschaftlicher Entwick-lung. manchmal werden kurz unter Nachhaltigkeit alle maß-nahmen zusammengefasst, die den mitarbeitern, der Gesell-schaft und der Umwelt dienen.

Konkretisiert wird das breite Thema in vielen internationalen regeln. das beginnt mit dem Global Compact der Vereinten Nationen, der zehn prinzipien zu den Themen menschenrech-te, arbeitsnormen, Umweltschutz und Korruptionsbekämpfung formuliert. diesem Global-Compact-Netzwerk sind inzwischen international 6000 Unternehmen beigetreten, darunter 20 der 30 dax-Unternehmen. der Beitritt zu diesem Netzwerk ist nicht ohne Konsequenz. Seit der Gründung des Global Com-pact im Jahr 1999 durch Kofi Annan sind auch wieder 2000 Unternehmen ausgeschlossen worden, weil sie keine Fort-schritte bei der Zielerreichung nachweisen konnten. (...)

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Unterr ichtsvorschläge

die Liste der internationalen Standards zur Nachhaltigkeit ist inzwischen endlos. Sie reicht von der Norm iSo 14001 zur Verbesserung der Umweltleistung innerhalb der Wertschöp-fungskette (die immerhin eine viertel million Unternehmen anwenden) über die „Leitlinien für multinationale Unterneh-men“ der oeCd bis zur „Triple Bottom Line“ der europäischen Union über ökonomische, soziale und ökologische aspekte des nachhaltigen Handelns von Unternehmen.

die konkrete Umsetzung dieser Normen ist nicht immer ein-fach. die deutsche Bank versteht unter Nachhaltigkeit „ei-ne Zukunftsfähigkeit mit dem Ziel, kommenden Generationen eine gesunde Umwelt sowie stabile wirtschaftliche und sozi-ale Verhältnisse zu übergeben“. Für den Softwarekonzern SAP umfasst Nachhaltigkeit die Corporate Governance („ich halte mich an Spielregeln“), die aus den drei Teilbereichen Ökono-mie, Ökologie und Sozialem bestehende Corporate Social re-sponsibility („ich spiele mit und gewinne“) und der Corporate Citizenship („ich gebe einen Teil des Gewinns an die Gesell-schaft zurück“).

da immer mehr Kunden, anleger und Geschäftspartner aber den Nachweis nachhaltiger produktion verlangen, kann sich dem kaum ein Unternehmen entziehen. (...) dabei reicht Nachhaltigkeit von der Verpflichtung, nur noch biologisch an-gebaute Lebensmittel zu verwenden, über die stromsparende Led-Beleuchtung im eigenen Büro oder den Verzicht auf

atomstrom bis zum Tag des freiwilligen ehrenamtes, an dem die mitarbeiter sozialen aufgaben nachgehen dürfen. Unter Nachhaltigkeit wird viel Selbstverständliches aufgelistet wie eine gute Lehrlingsausbildung, aber auch Visionäres wie der einsatz für eine global bessere Wasserversorgung. (...)

das dilemma, zwischen Zielen abwägen zu müssen, ist so alt wie die Nachhaltigkeit. Immer wollten Kaufleute ihren Kindern eine Umwelt hinterlassen, die ihnen eine möglichst eige-ne entfaltung ermöglicht. einfach war das nie, wie ein Scherz aus den Zeiten des deutschen reichskammergerichts zeigt: der Sohn eines rechtsanwalts erbte vom Vater einen lau-fenden prozess und berichtete diesem später stolz, dass er den anhängigen prozess erfolgreich abgeschlossen habe, wo-rauf der Vater erschrocken meint, dass von diesem prozess die Familie noch einige Generationen hätte leben können. diese pointe zeigt, dass Nachhaltigkeit manchmal auch mit anderen ethischen Werten wie Lasten für dritte kollidiert. (...)

Quelle: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 28.06.2011, Nr. 147, S. 12

Materialblatt 8

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Unterr ichtsvorschlägeArbeitsblatt 10

Beispiel Fraport AG

Bald ist es soweit. die entwicklung ihres eigenen Wettbewerbsthemas wartet. dann gilt es, die rich-tigen Gesprächspartner zu finden, die richtigen Fragen zu stellen - sei es zur Veröffentlichung in interviewform oder aber zur Hintergrundrecherche für eine reportage, einen Bericht, oder, oder, oder. Zum abschluss dieser Unterrichtseinheit wollen wir ihnen deshalb ein Beispiel geben. Wir be-schäftigen uns mit der Fraport AG, der Betreiberin des größten deutschen Flughafens in Frankfurt am main.

Aufgaben1. Diskutieren Sie vor der Textlektüre diese Fragen:

a Welche Pflanzen- und Tierarten leben Ihrer Einschätzung nach auf dem Gelände des Frankfur-ter Flughafens?

a Was denken Sie: Unterscheidet sich das artenvorkommen von anderen orten in der rhein-main-region? Und wenn ja, in welcher Weise und weshalb?

2. Lesen Sie nun das interview „aus Natur- und artenschutzsicht höchst wertvolle Lebensräume“ auf materialblatt 9. Klären Sie zunächst unbekannte Begriffe etc.

3. Überprüfen Sie ihre einschätzungen, die sie vor der Lektüre gegeben haben. Sind Sie überrascht vom Artenvorkommen auf dem Flughafen? Falls ja, inwiefern?

4. Unser Interviewpartner ist Biologe und arbeitet auf einem Flughafen. Arbeiten Sie seine Begrün-dung für die Berufswahl heraus. Können Sie diese nachvollziehen? diskutieren Sie!

5. Ist Ihnen der im Interview angeführte Protest gegen die Startbahn West ein Begriff? Falls nicht, recherchieren Sie hierzu. Tauschen Sie ihre ergebnisse im plenum aus.

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Unterr ichtsvorschläge

6. der Leiter des Umweltmanagements betont wiederholt, dass ein dialog zwischen den verschie-denen interessensgruppen wuchs und dieser wichtig sei. Welche interessensgruppen gibt es? Zwischen welchen Bedürfnissen gilt es, an einem Flughafen abzuwägen? Erstellen Sie hierzu auf einem plakat eine mindmap.

7. Sehen Sie sich persönlich deutlich auf einer Seite? Falls ja, begründen Sie Ihre Position. Falls nein, begründen Sie, weshalb es für Sie keine vorrangige Position gibt. Führen Sie im Kurs eine pro- und Kontra-diskussion.

8. Wolfgang Scholze sagt, dass der Schutz von Umwelt und Natur eine essenzielle Grundlage un-seres eigenen Wohlergehens ist. Untersuchen Sie das interview auf das entsprechende engage-ment der Fraport AG hin. Recherchieren Sie zudem auf der Website: www.fraport.de/

a Welche Maßnahmen gibt es bei der Fraport AG zur Nachhaltigkeit und zum Schutz der biolo-gischen Vielfalt? erstellen Sie eine Übersicht.

a Bewerten Sie das Engagement der Fraport AG. Sind Sie der Meinung, dass eher viel für die Umwelt getan wird oder eher wenig. Begründen Sie ihre Bewertung und stellen Sie diese zur diskussion.

9. Wie oft nutzen Sie persönlich Flugzeuge? Haben Sie beim Fliegen ein schlechtes Gewissen wegen der Umweltbelastung? Wie bewerten Sie unseren steigenden mobilitätsbedarf? Tauschen Sie ihre meinungen im plenum aus!

10. Wolfgang Scholze sagt: „Ein Flughafen muss wie jedes andere Unternehmen auch wirtschaft-lich geführt werden. Solange wir gut wirtschaften, können wir es uns leisten, unseren Mitar-beiterinnen und Mitarbeitern sichere Arbeitsplätze anzubieten - und zugleich die gesellschaft-lichen und politischen Anforderungen auch hinsichtlich des Umwelt- und Naturschutzes zu er-füllen und sie darüber hinaus mit weiterzuentwickeln. Das ist nur im Dialog mit denen möglich, die uns verständlicherweise kritisch bewerten, weil wir als Flughafenbetreiber nicht alle Forde-rungen gleichermaßen erfüllen können. Wir sollten und können aber gemeinsam daran arbei-ten, die Situation beständig zu verbessern, den Ausgleich der konkurrierenden Bedürfnisse und Interessen so gut wie möglich hinzubekommen. Mit Blick auf die zunehmend höheren Mobili-tätsbedürfnisse ist es unsere Aufgabe, Technologien zu entwickeln, die diese befriedigen und zugleich zunehmend nachhaltig sind.“ erörtern Sie diese aussage im Hinblick auf das Wettbewerbsthema.

11. Sehen Sie sich zuletzt noch einmal die letzte antwort des interviews an. entwickeln Sie, ent-sprechend dem Wettbewerbsthema, eine persönliche Vision für den Flugbetrieb der Zukunft.

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Unterr ichtsvorschlägeMaterialblatt 9

„Aus Natur- und Artenschutzsicht höchst wertvolle Lebensräume“Dr. Wolfgang Scholze leitet die Abteilung Umweltmanagement bei der Fraport AG. Hat der größte deutsche Flughafen Platz für Biodiversität? Im eigens für „Jugend recherchiert“ entstandenen Interview beantwortet der Diplombiologe diese und weitere spannende Fragen. „Ich bin mitten in den Konflikt zwischen Naturschützern und Naturnutzern hineingeflogen“, sagt Scholze und ist damit ein ausgezeichneter Gesprächspartner für das diesjährige Wettbewerbsthema „Biolo-gische Vielfalt im Kontext wirtschaftlichen Handelns“.

Herr Dr. Scholze, Sie sind Biologe und arbeiten auf einem Flughafen. Mal direkt frech gefragt: Wie kommt man denn auf die Idee? Wäre es im Zoo oder in der freien Natur nicht viel spannender?

Schon als Jugendlicher haben mich die Vögel und vor allem ihre Flugkünste begeistert. So bin ich einerseits zur Biologie und anderseits auch zum Fliegen gekommen. Als in Deutsch-land die ersten Flugdrachen - sprich Hängegleiter - zu be-kommen waren, habe ich diese Art des Fliegens erlernt und es hat nicht lange gedauert, bis ich meinen Traum, mit den Vögeln zu fliegen, verwirklichen konnte. Auch heute noch ist es für mich ein tolles Erlebnis, beim Fliegen - jetzt vor allem mit dem Gleitschirm - mit Störchen, Bussarden oder mitunter auch adlern und Geiern in der Thermik zu kreisen.

Wie entwickelte sich aus dieser Passion Ihr Beruf?

im Biologiestudium habe ich unter anderem gelernt, wie der Vogelflug funktioniert – aber auch, welchen Einfluss wir Men-schen auf unsere Ökosysteme und ihre organismen haben, und wie wichtig es ist, diese Systeme und artengemeinschaf-ten zu erhalten. als Ökologe, Umwelt- und Naturschützer und zugleich Flieger bin ich quasi mitten in den immer stärker aufkommenden Konflikt zwischen Naturschützern und Natur-nutzern hineingeflogen.

Und dort haben Sie Ihre Berufung gefunden...

Den Konflikt aufzuarbeiten und Lösungen zu entwickeln, war und ist für mich eine wichtige aufgabe. 1996 bot sich mir die Chance, für den dachverband des Luftsports in deutschland, den deutschen aero Club (daeC), das referat Umwelt und Na-tur aufzubauen und zu entwickeln. es gelang, die Grundlagen der Umwelt- und Naturverträglichkeit des Luftsports aufzuar-beiten, die diskussion zu versachlichen und zusammen mit Natur- und Umweltschutzbehörden und -verbänden Lösungen für bestehende Konflikte zu entwickeln und umzusetzen.

Inzwischen arbeiten Sie am Frankfurter Flughafen. Was reizt Sie daran?

Seit oktober 2011 leite ich das Umweltmanagement eines der größten Flughafenbetreiber der Welt. Zusammen mit en-gagierten Kolleginnen und Kollegen dafür zu sorgen, dass die Auswirkungen der Aktivitäten der Fraport AG auf Umwelt und Natur auf das notwendige minimum begrenzt und maßnah-men zu ihrem Schutz nach möglichkeit ständig verbessert wer-den, ist eine überaus spannende aufgabe. auch weil dazu ge-hört, die im Umfeld des Flughafens und - was die meisten nicht wissen - auch auf dem Flughafengelände aus Natur- und artenschutzsicht höchst wertvollen Lebensräume zu erhal-ten und weiterzuentwickeln.

Welche Erfahrungen aus Ihren früheren Tätigkeiten, etwa für den Deutschen Aero Club, machen Sie optimistisch, dass die Luftfahrt verträglicher für die Natur wird?

ein gutes Beispiel für die entwicklung der Naturverträglich-keit der Luftfahrt aus meiner Zeit beim deutschen aero Club ist ein Beitrag zur Lösung der Störungsproblematik durch tief fliegende Luftfahrzeuge. Tief fliegende Luftfahrzeuge können empfindliche Tiere erheblich stören. Sind die Arten gefähr-det oder bedroht, kann dies zur Verschlimmerung ihrer Situ-ation beitragen. Betrachten wir etwa ziehende Kraniche oder bei uns überwinternde arktische Gänse an ihren rast-, Nah-rungs- und Schlafplätzen: diese Vögel können auf tiefe Über-flüge zum Beispiel mit Motorflugzeugen oder Hub- und Trag-schraubern mit Massenaufflügen reagieren. Dies kostet sie energie, die sie eigentlich für den Zug oder die Überwinterung benötigen. Solche Störungen aus der Luft können aufwändige Schutzmaßnahmen am Boden, nicht nur für Kraniche und Gänse, beeinträchtigen; sie führten deshalb immer wieder zu Konflikten. Das Problem war, dass die Luftfahrer keine Infor-mationen darüber hatten, wo solche Gebiete liegen und wie sie sich verhalten sollten.

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Unterr ichtsvorschläge

Wie wurde es gelöst?

die arbeitsgruppe Luftfahrt und Naturschutz, gemeinsam in-itiiert und geleitet durch den deutschen aero Club und das Bundesamt für Naturschutz (BfN), entwickelte mit den Vogel-schutzwarten, den für Umwelt- und Luftfahrt zuständigen mi-nisterien, Behörden und Verbänden auf Bundes- und Län-derebene die aBas – die „aircraft relevant Bird areas“ oder „luftfahrtrelevante Vogelvorkommen“. es sind nach gemein-sam entwickelten und damit bundesweit einheitlichen, fach-lichen Kriterien ausgewählte Gebiete, die Vogelvorkommen aufweisen, die für die Luftfahrt besondere Bedeutung haben. Wo bedeutsame störungsempfindliche oder/und vogelschlag-gefährliche arten vorkommen, sollen sie nur in einer mindest-höhe von 600 Metern über Grund überflogen werden. Die ABA-Gebiete sind seit 2007 erstmals in den offiziellen deut-schen Luftfahrkarten dargestellt. pilotinnen und piloten kön-nen sich mit ihrer Hilfe bereits bei der Flugplanung, aber auch während des Fliegens informieren, ob und wo solche Gebiete auf ihrem Flugweg liegen, ob sie gerade „aktiv sind“, also die arten aller Voraussicht nach anwesend sind und tie-fe Überflüge oder Außenlandungen, zum Beispiel von Freibal-lonen oder Segelflugzeugen, vermeiden. Die Rücksichtnah-me geschieht freiwillig - und das überaus erfolgreich - wie die rückmeldungen von Schutzgebietsbetreuern und zuständigen Behörden und ministerien zeigen.

Gibt es noch andere Beispiele, die aus Ihrer Sicht zeigen, dass sich was tut auf dem Gebiet Naturschutz?

Weitere Beispiele für die positive entwicklung sind die projekte „Lebensraum Flugplatz“ und „Luftige Begegnungen“, bei de-nen sich Luftsportler und Naturschützer vielerorts gemeinsam für den Schutz der Natur einsetzen oder das „Sport-audit Luft-sport“, ein Umwelt- und Qualitätsmanagementsystem für klei-ne Fluggelände und Flugplätze, das insbesondere auch An-forderungen des Naturschutzes berücksichtigt. Hier waren die hochentwickelten managementsysteme der Großluftfahrt, allen voran des Frankfurter Flughafens, Vorbild.

Man spricht also mehr miteinander und sucht gemeinsam nach Lösungen. Anfang der 1980er Jahre war das ganz an-ders. Damals gab es massenhaften Protest gegen den Aus-bau des Frankfurter Flughafens. Hat die deutsche Luft-fahrt Lehren aus der Startbahn-West-Geschichte gezogen und ein ökologisches Bewusstsein entwickelt?

Nicht nur, aber ohne Zweifel haben auch die schlimmen ereig-nisse um die Startbahn West dazu beigetragen, dass die deut-sche Luftfahrt ebenso wie viele andere Branchen ein zuneh-mendes ökologisches Bewusstsein entwickelt hat. dies ge-schah zunächst nicht wirklich freiwillig, denn es dauerte, bis die wissenschaftlichen erkenntnisse über die ökologischen Zusammenhänge und auswirkungen unseres Handelns auf un-sere Umwelt und Natur den meisten bewusst wurden. Seit ei-

nigen Jahren aber besteht einvernehmen darüber, dass der Schutz von Umwelt und Natur eine essenzielle Grundlage un-seres eigenen Wohlergehens ist.

Welche Konsequenzen wurden daraus gezogen?

die Unternehmen bauten Umweltmanagementabteilungen auf, deren programme immer ausgefeilter wurden. Viele Luft-fahrtunternehmen legen heute umfassende Umwelterklä-rungen und zunehmend auch Nachhaltigkeitsberichte vor, in denen die Verbindung von Umwelt- und Naturschutz, Sozi-alem und wirtschaftlichem Handeln sichtbar und die diesbe-züglichen aktivitäten und ergebnisse öffentlich dargelegt wer-den. Sie sind Grundlage einer erfreulichen Gesprächskultur zwischen verschiedensten parteien, Umwelt- und Naturschüt-zern, politikern und Unternehmern. Wirtschaften ohne öko-

dr. Wolfgang Scholze lei-tet seit November 2011 die abteilung Umweltma-nagement im Zentralbe-reich Nachhaltigkeitsma-nagement und Corporate Compliance bei der Fra-port AG in Frankfurt am main. dort ist er auch für den Umweltfonds verant-wortlich, mit dem Um-welt- und Naturschutz-projekte in der region rhein-main gefördert wer-den.

Scholze ist diplombiologe mit profunder Luftfahrt-, Umwelt- und Naturschutzerfahrung. in den 15 Jahren vor seiner Tä-tigkeit für die Fraport AG hat er für den deutschen Luft-sport-dachverband daeC (deutscher aero Club) das Um-weltreferat aufgebaut und geleitet. Für die europäischen Luftsportverbände europe air Sports (eaS) und europe-an Gliding Union (EGU) und den Weltdachverband Fédé-ration Aeronautique Internationale (FAI) war er in den ent-sprechenden Gremien tätig und vertrat den Luftsport inter-national. projekte wie der aufbau eines Umwelt- und Quali-tätsmanagementsystems für von Luftsportvereinen geführte Flugplätze oder die Lösung der Störungsproblematik durch tief fliegende Luftfahrzeuge wurden in enger Zusammenar-beit mit den zuständigen organisationen, ministerien, Be-hörden und Verbänden durchgeführt.

Wolfgang Scholze wurde am 07. märz 1959 in münchen ge-boren. er wuchs in münchen auf und studierte Biologie an der Universität Bayreuth. Er ist verheiratet und lebt in Frank-furt am main und anger im Berchtesgadener Land.

Zur Person:

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Unterr ichtsvorschläge

logisches Bewusstsein und entsprechendes Handeln wird in unserer Gesellschaft nicht mehr akzeptiert.

Im Oktober 2011 gab es wieder eine Vergrößerung des Flughafens Frankfurt, die Nordwest-Landebahn wurde er-öffnet. Für ihren Bau wurde, so schrieb die Frankfurter All-gemeine Zeitung, Wald in der Größe von „etwa 383 Fuß-ballfeldern“ (282 Hektar) gerodet „und an anderer Stel-le im Rhein-Main-Gebiet wiederaufgeforstet“. Dazu ist der Flughafen gesetzlich auch verpflichtet. Doch die Fraport AG leistete mehr als den gesetzlichen Ausgleich, heißt es Ihrerseits. Können Sie Beispiele nennen?

die 282 Hektar Wald wurden nicht nur für den Bau der Nord-west-Landebahn gerodet, sie ist mit einer Fläche von rund 220 Hektar jedoch das Kernstück des Flughafenausbaus. Zum ausgleich wurde ein umfangreiches ökologisches maßnah-menpaket konzipiert, bei dem unter anderem 288 Hektar er-satzaufforstungen umgesetzt wurden. Unsere Broschüre „Öko-logische Maßnahmen zum Flughafen-Ausbau – Aktiv für die Natur“ gibt einen hervorragenden Überblick über alle maß-nahmen und Zusammenhänge. die rodung von Wald ist na-türlich ein erheblicher Eingriff mit Folgen für das Ökosystem mit seinen Bewohnern. die mit experten aus instituten, Ver-bänden und Behörden entwickelten ausgleichsmaßnahmen sind jedoch nicht nur ein angemessener ersatz, sie gehen über die gesetzlich erforderliche Kompensation hinaus und schaffen zusätzlichen raum und entfaltungsmöglichkeiten.

Wie sehen diese Ausgleichsmaßnahmen konkret aus?

Ersatzmaßnahmen finden in der Regel auf zuvor intensiv ge-nutzten Flächen statt, wodurch hier neue, höherwertige Le-bensräume und Funktionen entstehen. Es werden Lebens-raumtypen entwickelt, die, wie zum Beispiel der auwald auf einer Fläche von 112 Hektar entlang des Rheins bei Trebur, besonders hochwertig sind – nicht nur für Pflanzen und Tiere, sondern auch für den Hochwasserschutz. aber auch auf den großen, offenen Flächen neben der befestigten Bahn entsteht wieder neuer, wertvoller Lebensraum für Tiere und Pflanzen des immer seltener werdenden naturnahen offenlandes, der schnell von ihnen besiedelt wird. in der Bilanz erfolgt damit eine ökologische Aufwertung, sowohl in der Fläche wie auch in der Funktion. Die Fraport AG engagiert sich zudem über die gesetzlich geforderten ausgleichsmaßnahmen hinaus. mit dem Umweltfonds werden seit 1997 projekte des Umwelt- und Naturschutzes in der region jährlich mit zwei millionen euro unterstützt, insgesamt also mit 30 millionen euro bis heute. Bis ende 2011 konnten damit 690 projekte umgesetzt werden, das größte Förderprojekt ist der Regionalpark Rhein-main, der ständig weiterentwickelt wird. die Bandbreite der projekte reicht von umweltpädagogischen ansätzen bis hin zur konkreten Anlage, Pflege und Entwicklung von wertvollen Lebensräumen wie zum Beispiel Streuobstwiesen.

Noch einmal zurück zum Thema Wald: Was geschah mit den Tieren, die in den gerodeten Gebieten lebten?alles im detail aufzuzählen, was hier an maßnahmen erfolgte, würde diesen rahmen sprengen. ausführliche informationen finden sich in der zuvor schon angesprochenen Broschüre „Ökologische Maßnahmen zum Flughafen-Ausbau“. Ein Aus-zug daraus verdeutlicht den Umfang: „11.372 Frösche und Kröten, 805 eidechsen, 17 ameisenvölker, 300 von Hirsch-käferlarven bewohnte eichenwurzelstöcke, mehrere seltene Heuschreckenarten sowie eine Reihe seltener Pflanzen wur-den behutsam eingesammelt und haben nun in neuen Le-bensräumen ihre Heimat gefunden. die etwas mobileren ar-ten wie Fledermäuse und Vögel erhielten geeignete Ersatz-brutmöglichkeiten in den umliegenden Wäldern. Für sie wur-den unter anderem 281 Vogelnistkästen angebracht und 350 künstliche Baumhöhlen gebohrt. Zusätzlich wurden über 7.000 Kubikmeter Totholz in die Wälder eingebracht – eine wertvolle Lebens- und Nahrungsgrundlage auch für viele in-sekten und kleine Wirbeltiere, für pilze und noch viele an-dere, für das Ökosystem wichtige organismen.“ mir ist keine vergleichbare ausgleichsmaßnahme mit einzelmaßnahmen in diesem Umfang bekannt.

Gibt es Erkenntnisse, ob die Umsetzung erfolgreich war?

Um zu bewerten, wie sich der Flughafen-Ausbau ökologisch auswirkt und ob die ausgleichsmaßnahmen funktionieren, werden seit 2010 auf einer Fläche von zirka 10.000 Hektar rund um den Flughafen die Biotoptypen regelmäßig flächen-deckend kartiert. Ausgewählte Tiergruppen wie Fledermäu-se, Vögel, reptilien, amphibien oder Käfer werden erfasst, um Veränderungen zu erkennen. Sollte sich die Natur nicht wie geplant entwickeln, werden maßnahmen eingeleitet. die vor-liegenden ergebnisse der Untersuchungen der vergangenen beiden Jahre sind aufgrund der Kürze des Zeitraums natürlich noch mit Vorsicht zu bewerten, aber sie sind positiv und las-sen hoffen, dass die maßnahmen erfolgreich waren.

Leben gibt es aber auch weiterhin auf dem Flughafen-gelände. Und zwar mehr und artenreicher, als man den-ken mag, wie Sie eingangs andeuteten. Sie sprachen von „höchst wertvollen Lebensräumen“. Verraten Sie uns bitte, was dort so alles wächst, kreucht und fleucht – und wie Sie dies untersuchen.

die meisten menschen werden vermutlich meinen, dass auf einem Flughafen wie dem Frankfurter mit seinem ständig in-tensiven Betrieb, landenden und startenden Flugzeugen, kaum Tiere leben können. Das Gegenteil ist jedoch der Fall, nicht nur in Frankfurt. Je nach Größe eines Flugplatzes oder Flughafens sind etwa ein bis zwei Drittel der Fläche Grünland – vor allem zwischen den Bahnen und Rollwegen. Am Frank-furter Flughafen, bei den Passagierzahlen unter den Top Ten der Welt, ist es „nur“ etwa ein Drittel, weil er flächenmäßig ei-ner der Kleinsten unter den Großen ist und alles auf engstem raum passieren muss, um im Ballungsraum rhein-main nicht

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unnötig Fläche zu verbrauchen. Aus Sicherheitsgründen darf dort nichts hoch wachsen, keine Bäume, nur allenfalls nied-rige Zwergsträucher, vor allem aber Wiesen sind gewünscht, und das über mehrere Quadratkilometer. dieses Grünland wird nicht umgebrochen, es wird nicht gedüngt oder mit pestiziden behandelt. Und: es wird nahezu nie betreten oder befahren, nur alle ein bis zwei Jahre, zur mahd.

Mit Folgen für die Biodiversität?

Ja, dieses Grünland ist ein überaus wertvoller Lebensraum zunächst für Pflanzen, die auf solchen offenen, mageren Flä-chen gedeihen, die es in unserer modernen Landwirtschaft kaum noch gibt. Die Pflanzen bieten Lebensraum und Nah-rungsgrundlage für eine Vielzahl von insekten, Spinnentie-ren und anderen Wirbellosen, unter ihnen auch viele Spezia-listen für die vorkommenden Pflanzenarten und Verhältnisse. Wild- und Honigbienen zum Beispiel finden hier ideale Bedin-gungen. die Honigbienen helfen uns übrigens dabei, die Um-weltbelastungen durch den Flughafenbetrieb zu überwachen: die analysen ihres Honigs zeigen uns, dass es ihnen gut geht, denn der Honig ist erfreulicherweise, so wie andernorts auch, nahezu rückstandsfrei und schmeckt überdies ausgezeichnet. Die Wirbellosen und die Samen der Pflanzen wiederum sind die Nahrungsgrundlage für reptilien, Vögel und kleine Säuger, die solche offenen Lebensräume benötigen.

Der Flugbetrieb stört diese Tiere nicht?

Dass sie sich offenbar bestens mit dem Flugbetrieb arrangie-ren können, zeigen mittlerweile einige wissenschaftliche Un-tersuchungen. Selbst als sehr störungsempfindlich geltende Arten brüten nachweislich erfolgreich auf Flugplätzen und Flughäfen. Feldlerchen zum Beispiel, die in unseren intensiv-landwirtschaftlich betriebenen Feldfluren dramatisch zurück-gehen, haben am Frankfurter Flughafen jedes verfügbare Flä-chenstück besiedelt. Am Flughafen München fühlen sich die Brachvögel so wohl, dass dort die größte und bedeutsamste population des Landes entstanden ist. Und es gibt noch viel mehr solcher Beispiele. Typische Bewohner von Flughä-fen sind Wiesenbrüter, darunter auch so seltene wie Braun- und Schwarzkehlchen, rebhühner, Wachteln und viele andere mehr. Wir beobachten und kartieren sie im rahmen unseres regelmäßigen monitorings.

Das klingt spannender als der Blick aus dem Flugzeug-fenster. Da erblickt man am Boden höchstens ein paar Ha-sen und sonst nur Beton und grünes Ödland.

das „Ödland“ ist von uns genau so gewollt und zudem ein Kennzeichen für den hohen Wert der Flächen. Beim Spazie-rengehen im Rhein-Main-Gebiet werden Sie Flächen dieser ausprägung und Größe sehr wahrscheinlich kaum noch ein-mal finden – das Flughafengrünland ist vermutlich eine der

größten oder vielleicht sogar die größte zusammenhängende Magerrasenfläche der Region. Dies ist eine Folge der zuvor genannten Pflege, die wir in erster Linie so machen, um die Flugsicherheit zu gewährleisten und um den Pflegeaufwand möglichst gering zu halten. Davon profitieren die Arten, die auf solche Lebensraumbedingungen angewiesen sind – und wir freuen uns über sie.

Sie überlassen die Entwicklung dieser Grünflächen also so weit wie möglich dem Lauf der Natur. Den Flug der Vö-gel dahingegen müssen sie irgendwie lenken. Warum, das wurde der Welt im Jahr 2009 spektakulär deutlich, als ein Pilot mitten in New York auf dem Hudson River notlanden musste. Die Triebwerke waren nach einem Zusammenprall mit Gänsen ausgefallen. Wie verhindern Sie Kollisionen von Flugzeugen und Vögeln während Starts und Landungen in Frankfurt?

Vogelschlag zu verhindern ist eine zentrale Aufgabe aller Flug-häfen. Während die kleinen arten, solange sie nicht in mas-sen, wie zum Beispiel Schwalbenschwärme, auftreten, kein problem darstellen, gibt es eine reihe von größeren arten wie etwa Gänse oder Krähenvögel, die ein erhebliches Ge-fährdungspotenzial besitzen können. Noch vor nicht allzu lan-ger Zeit und andernorts mitunter auch heute noch erfolgt dies mit sehr drastischen methoden wie dem vorbeugenden ab-schuss. Hier hat uns das Verständnis der Ökologie geholfen, maßnahmen zu entwickeln, die das problem auf wesentlich verträglichere art eindämmen beziehungsweise lösen.

Nämlich...

Vogelschlagvermeidung fängt schon im Umland eines Flug-hafens an. Für vogelschlagrelevante Großvögel und schwarm-bildende Vogelarten sind offene Wasserflächen oder offene müllkippen attraktiv und sollten deshalb nicht in unmittel-barer Nähe liegen. Auf dem Flughafen selbst gibt es keine of-fenen Wasserflächen, keine beerentragenden Sträucher und Gehölze. Vor allem das Umstellen der Bewirtschaftung von Kurz- auf Langgras hilft, die unerwünschten arten fern zu hal-ten. Die früher kurz gemähten Grünflächen waren zum Bei-spiel für Gänse und andere vergleichsweise große Vogelarten als Nahrungsflächen überaus attraktiv. Im längeren Gras füh-len sie sich nicht wohl, sie meiden die Flächen. Nur im Not-fall müssen auch die Kollegen von der Bird Control eingrei-fen, zunächst mit Vergrämung, und wenn Gefahr im Verzug ist auch durch abschuss als letztes mittel. die wichtigste maß-nahme ist aber, dass die Biotope durch unseren Förster und sein Team, zu dem auch die Vogelschlagbeauftragten gehö-ren, so gemanagt werden, dass sie für die vogelschlaggefähr-lichen arten unattraktiv sind. Was sie wiederum für andere ar-ten besonders attraktiv macht...

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Unterr ichtsvorschläge

Sie erwähnen den Förster und die Vogelschlagbeauftrag-ten. Wie viele Menschen befassen sich am Frankfurter Flughafen mit Umweltfragen?

Drei Vogelschlagbeauftragte sorgen am Flughafen Frankfurt für diesbezügliche Sicherheit. in anderen Bereichen und ab-teilungen kümmern sich mitarbeiterinnen und mitarbeiter zum Beispiel um die Pflege- und Entwicklungsmaßnahmen, das Management der Ausgleichsflächen, den Gewässer- und Bo-denschutz, den Umgang mit abfällen und Wertstoffen, um en-ergie- und Ressourceneffizienz, Lärm und Luftqualität – kurzum all die anforderungen des Umwelt- und Naturschutzes, die ein so großes Unternehmen heute zu erfüllen hat und darüber hi-naus freiwillig leistet. Hinzu kommen die mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der vielen Unternehmen, die hier am Frankfurter Flughafen angesiedelt sind und ebenfalls Aufgaben des Um-welt- und Naturschutzes bearbeiten. Die Frage, wie viele Men-schen sich insgesamt am Frankfurter Flughafen mit Umweltfra-gen befassen, kann ich ihnen deshalb nicht wirklich beantwor-ten. ich schätze aber, dass es mehrere hundert sind.

Das sind mehr, als die meisten denken mögen. Dennoch ist ein Flughafen natürlich keine Umweltschutzorganisati-on. Wie gehen Sie mit dem Konflikt zwischen Mensch und Natur um? Auf der einen Seite wird immer deutlicher, dass wir ökologisch verantwortlicher leben müssen. Auf der an-deren Seite steigen unsere Mobilitätsbedürfnisse stetig. Und mittendrin gibt es auch noch das Problem Fluglärm, das wir an dieser Stelle zu Gunsten des Themas Biodiver-sität nicht vertiefen.

Ein Flughafen muss wie jedes andere Unternehmen auch wirtschaftlich geführt werden. Solange wir gut wirtschaften, können wir es uns leisten, unseren mitarbeiterinnen und mit-arbeitern sichere arbeitsplätze anzubieten – und zugleich die gesellschaftlichen und politischen anforderungen auch hin-sichtlich des Umwelt- und Naturschutzes zu erfüllen und sie darüber hinaus mit weiterzuentwickeln. das ist nur im dialog mit denen möglich, die uns verständlicherweise kritisch be-werten, weil wir als Flughafenbetreiber nicht alle Forderungen gleichermaßen erfüllen können. Wir sollten und können aber gemeinsam daran arbeiten, die Situation beständig zu ver-bessern, den ausgleich der konkurrierenden Bedürfnisse und interessen so gut wie möglich hinzubekommen. mit Blick auf die zunehmend höheren mobilitätsbedürfnisse ist es unse-re aufgabe, Technologien zu entwickeln, die diese befriedigen und zugleich zunehmend nachhaltig sind. das gilt für die mo-bilität ebenso, wie für andere, berechtigte Wünsche und an-forderungen unserer und anderer Gesellschaften. den Ver-lust der Biodiversität und damit von lebenswichtigen Ökosy-stemleistungen zu stoppen ist nur als gemeinschaftliche auf-gabe zu bewältigen. Hier mitzuwirken ist eine verantwortungs-volle aufgabe.

Wenn die jungen Teilnehmer dieses Wettbewerbs also rich-tig Gefallen am Thema Biodiversität finden, dann eröff-nen sich in den Bereichen Luftfahrt- und Flughafenwesen durchaus berufliche Zukunftschancen. Wenn Sie einmal vi-sionär ein paar Jahrzehnte weiterdenken: Wie, meinen Sie persönlich, wird sich die Luftfahrt verändern? Zeichnen sich in den Forschungen von Ingenieuren, Biologen etc. bereits Zukunftsszenarien ab? Was könnte oder sollte die heutige Schülergeneration morgen erfinden?

ich bin mir sicher, dass, so wie viele andere Branchen auch, auch die Luftfahrt sich verändern wird und muss. Bevölke-rungswachstum, ressourcenknappheit und -endlichkeit, Kli-mawandel, der rückgang von Biodiversität und damit der drohende Verlust von Ökosystemleistungen, die für unser Überleben wichtig sind, erfordern neue, nachhaltige Kon-zepte, die es zu entwickeln, zu erproben und umzusetzen gilt. die Natur ist ja schon lange ein Vorbild für unsere technische entwicklung – die Luftfahrt gibt es zum Beispiel, weil wir men-schen wie die Vögel fliegen wollten. Mit Hilfe der Bionik ha-ben wir bereits vieles in unserem täglichen Leben im Umgang mit den ressourcen verbessert. das aber genügt noch lange nicht und ist auch bei weitem noch nicht ausgeschöpft. For-schungsinstitute arbeiten bereits an Bio-Hochtechnologien, die die Leistungsfähigkeit der Natur, angefangen von biolo-gischen Zellen bis hin zu organismen, nutzen. Wenn es ge-lingt, diese für unsere großen Herausforderungen einzuset-zen, könnte dies der anfang einer neuen epoche sein, in der wir unsere erde nicht mehr wie derzeit überbelasten, sondern wirklich nachhaltig nutzen. Dann würde der Flughafen wie ein sich selbst ver- und entsorgendes Ökosystem funktionieren und die Luftfahrzeuge der Zukunft könnten, vielleicht ähnlich wie Libellen, in jedem Fall aber deutlich leiser und schad-stoffärmer und damit umweltverträglicher als heute, betrie-ben werden. ohne die Vielfalt des Lebens wäre eine solche Vision unmöglich.

Interview geführt von PROMEDIA, September 2012

Der im Interview zitierte F.A.Z.-Text ist: Drehkreuz der unter-schiedlichsten Interessen, Thomas Holl, Frankfurter Allgemei-ne Zeitung, 20.10.2011, Nr. 244, S. 4

Die im Interview erwähnte Broschüre steht unter folgendem Link zum Download bereit: www.fraport.de/content/fraport-ag/de/misc/binaer/nachhaltigkeit/oekologische- massnahmen-zum-flughafenausbau/jcr:content.file/110512_KA_RFje_Broschuere_Oekoma%C3%9Fnahmen_Flughafenaus-bau.pdf

Materialblatt 9

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Jugend recherchiert – Biodiversität

Unterr ichtsvorschlägeArbeitsblatt 11

Der WettbewerbLos geht’s. Haben Sie schon eine idee für einen Wettbewerbsbeitrag? es gibt, passend zum Thema Biodiversität, so viele Möglichkeiten. Recherchieren Sie, wie gerade am Beispiel der Fraport AG ge-zeigt, zu einem Unternehmen, das im Spannungsfeld von Ökonomie und Ökologie agiert. Der Flug-hafenbetreiber öffnet übrigens auch ihnen die Türen für recherchen. oder sehen Sie sich die arten-vielfalt vor ihrer Haustüre noch genauer an, untersuchen Sie, wie sich die Lebensgewohnheiten und Bedürfnisse der Menschen auf Tiere und Pflanzen auswirken. Oder, oder, oder...

Sie wünschen sich noch etwas inspiration? oder können von Biodiversität einfach nicht genug be-kommen? Das F.A.Z.-Archiv bietet eine Fülle spannender Geschichten zum Thema. Machen Sie sich auf die Suche. Hierunter finden Sie noch einige spannende Aspekte.

Wir freuen uns, bald auch von ihnen zu lesen bzw. zu hören. ob journalistische Texte oder Websites: Wir sind gespannt auf ihre Beiträge!

InfoWissen Sie, dass Pflanzensamen an verschie-denen orten eingelagert werden, um ihren er-halt zu sichern?Über die Pflanzensamen-Archive auf Spitzber-gen und in Gatersleben: Saatgut für die Ururenkel, Frederike Buhse, Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung, 13.11.2011, Nr. 45, S. 68

Über das Pflanzensamen-Archiv auf Spitzbergen:Der grüne Schatz der Menschheit im ewi-gen Eis verstaut, Annette von Lossau, Beate Wörner, Frankfurter Allgemeine Zeitung, 26.02.2008, Nr. 48, S. 38

Über das Pflanzensamen-Archiv in Kew (Lon-don):Eine Arche Noah für unsere Flora, Gina Thomas, Frankfurter Allgemeine Zeitung, 25.04.2009, Nr. 96, S. Z4

Samenreichtum (G.T.), Frankfurter Allgemeine Zeitung, 07.11.2009, Nr. 259, S. 35

Über das Pflanzensamen-Archiv in St. Peters-burg:Bauern, Biologen, Bolschewiken die Geschich-

te einer Genbank, Jörg Albrecht, Frankfurter Allge-meine Sonntagszeitung, 10.02.2002, Nr. 6, S. 68

Wissen Sie, dass es immer wieder Streit darü-ber gibt, wem Pflanzen gehören?Zum patentrecht und zu eigentumsrechten an Pflanzen:Wem gehört die Schöpfung?, Melanie Amann, Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung, 25.07.2010, Nr. 29, S. 25Das Basmati-Monopol wackelt, Martin Kämpchen, Frankfurter Allgemeine Zeitung, 28.08.2001, Nr. 199, S. 41Der Untergang der Biopiraten, Lucian Haas und Christian Schwägerl, Frankfurter Allgemeine Zeitung, 11.04.2002, Nr. 84, S. 50Geschütztes Gemüse, Friedrich Schmidt, Frank-furter Allgemeine Zeitung, 20.07.2010, Nr. 165, S. 4

Wissen Sie, was „evolution 2.0“ bedeutet?Über synthetische Biologie und den inhalt eines diesbezüglichen Fachbuchs:Leben aus dem Baukasten, Manuele Lenzen, Frankfurter Allgemeine Zeitung, 24.11.2011, Nr. 274, S. 34

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Jugend recherchiert – Biodiversität

Unterr ichtsvorschläge

Über Biodiversität kann man übrigens auch lachen. In diesem Sinne: Viel Spaß beim Wettbewerb!

Aussterben ist das Allerletzte: Ein Bio-DilemmaVon dietmar dath

Im Prinzip ist es dem Werbegrafiker legitimerweise egal, ob er Noahs arche mit drei, dreihundert oder gleich dreißigtau-send echsenarten vollpackt. das entscheidende argument für die sogenannte Biodiversität, präziser: dafür, dass man ih-rer menschheits-expansionsbedingten ausdünnung wehrt und so vielen arten wie möglich die Chance lässt, einander aufzu-fressen, ist ein menschlich-sozialästhetisches: die Leute (ho-mo sapiens) würden ohne Hunde, Katzen, Botanisiertrom-meln, Hahnenkämpfe, angelausrüstungen, aquarien, Vivari-en, Schmetterlingsnetze, Streichelzoos, Grillplatten, delphin-parks und Tierversuche nur noch mehr im Web surfen, Chips verzehren, immer dicker werden und am ende platzen – dann aber ist keiner mehr da, der die Bescherung wegmacht, weil längst alle putzfrauen sich jene großzügige regierungsprämie aus dem neugeschaffenen Fußball-, Freizeit- und Fossillien-fonds sichern wollen, die ab der nächsten Legislaturperiode ehemaligen Hilfskräften zusteht, welche sich zur Schließung der pisalücke an beliebigen abendschulen in beliebige Kur-se einschreiben. die Wimmeligkeit der Natur muss also un-bedingt erhalten bleiben. So leisten die Lebenswissenschaf-ten das ihre dazu, indem sie uns jede Woche mit neuen nied-lichen erkenntnissen über abseitige bis hundsordinäre Lebe-wesen versorgen, die man mit etwas phantasie stets leicht auf Tatbestände aus der menschlichen Lebenswelt abbilden kann. in den letzten Wochen beispielsweise vermeldeten die agenturen unter anderem, dass die Nieren von Kolibris es ih-nen erlauben, mit einem Wasserverbrauch zurechtzukommen, der auf ihre Körpermasse umgerechnet größer ist als der von amphibien – sicher nicht uninteressant für extremsportler –, dass die Gehirnzellen von Fruchtfliegen ihre Effizienz dem Zu-sammenwirken mehrerer Gene verdanken – könnte in der Wirtschaftssynergetik von Nutzen sein – und dass Schlangen in manchen Gegenden australiens vor allem deshalb aus-

sterben, weil sie ihrer Beute auflauern, anstatt sie aktiv zu ja-gen – Kanzlerkandidaten, merkt es euch. Ungeklärt bleibt bei dieser bienenfleißigen Daten-Sammelei allerdings ein ex-tinktions-epistemologisches rätsel, das in letzter Zeit in ein-schlägigen Internet-Foren wieder verstärkt diskutiert wird: Was soll ein menschlicher Beobachter tun, wenn er ein vom aussterben bedrohtes Tier dabei beobachtet, wie es sich da-ranmacht, eine vom Aussterben bedrohte Pflanze zu verspei-sen? Teilnehmer des „Presurfer“-Forums entwickelten in der Woche nach ostern eine ganze menge kreativer Vorschläge zum Thema, die von eher empiriokritischen („der Beobachter muss eliminiert werden, dann ist es nicht passiert“, äußert ein „Scott“) über fatalistisch-pragmatische („das Tier abknal-len, zusammen mit der Pflanze und etwas Reis servieren“, meint „Dave“) bis zu medienökologischen („Alles auf Foto und Video dokumentieren und den dingen ihren Lauf lassen – der Begriff ,aussterben‘ ist nur unter Beobachtergesichts-punkten überhaupt relevant, den beiden Spezies ist er egal“, erläutert „marty“) ansätzen reichten. dass logische paradoxa gleich welcher art am allerbesten immer noch durch Kontext-verschiebung aufzulösen sind, dämmerte schließlich einem Teilnehmer namens „Noel“, der darauf hinwies, der eigentlich brisante Aspekt der Sache sei die Frage, ob die vom Ausster-ben bedrohte Pflanze nicht vielleicht giftig sei. Wenn ja: was für eine bittere Lehre hat Gott den menschen da bloß wieder erteilen wollen?

Quelle: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 08.04.2002, Nr. 81, S. 54

Weitere satirische Texte aus dem F.A.Z.-Archiv:

Das Biotop, Jörg Albrecht, Frankfurter Allgemeine Sonntags-zeitung, 02.09.2012, Nr. 35, S. 57

Putzgedanken, Bernd Fritz, Frankfurter Allgemeine Sonntags-zeitung, 21.08.2011, Nr. 33, S. 47

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