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Jura Intensiv Basisprogramm Staatsorganisationsrecht

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Page 1: Jura Intensiv Basisprogramm Staatsorganisationsrecht

• MÜNSTER • BERLIN • BIELEFELD • BOCHUM • BONN • BREMEN • DRESDEN •• DÜSSELDORF • FRANKFURT• GIEß EN • GÖTTINGEN • HALLE • HAMBURG •• HANNOVER • HEIDELBERG• JENA • KIEL • KÖLN • LEIPZIG • MAI NZ • MANNHEIM •

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Basisprogramm

Staatsorganisationsrecht

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Standort: Jura Intensiv/Basisprogramm

© CSR, Schmidt & Partner (ÖR/Organisation/Material ) Seite 1 von 1

Inhaltsverzeichnis

Basisprogramm Staatsorganisationsrecht

A. Grundlagen

I. Übersichten

1. Der Staatsbegriff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1

2. Die Bundesregierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3

3. Der Bundestag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4

4. Der Bundesrat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5

B. Die Gesetzgebung

I. Übersichten

1. Gesetzgebungsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6

II. Fall: “Der Lottokönig” . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7

Gesetzgebungsverfahren/Kompetenz/Initiativrecht

III. Fall: “Immer Ärger mit dem Bundespräsidenten” . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14

materielles Prüfungsrecht des Bundespräsidenten

C. Die Verwaltungskompetenzen

I. Übersichten

1. Die Verwaltungskompetenzen nach dem GG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19

II. Fall: “Der widerspenstige Minister” . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20

Weisungsrecht des Bundes

D. Die Verfassungsgerichtsbarkeit: Das Organstreitverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26

E. Die Föderalismusreform I

I. Fall: “Feuer frei!” . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27

Es handelt sich nur um einen kleinen Auszug aus dem Kursprogramm

Page 3: Jura Intensiv Basisprogramm Staatsorganisationsrecht

Editorial

Sehr geehrte Studentinnen, sehr geehrte Studenten!

Mit diesem Heft möchten wir Ihnen den JURA INTENSIV-EXAMENSKURS vorstellen. Dieser hat das Ziel, Sie

insbesondere auf die Klausuren der staatlichen Pflichtfachprüfung vorzubereiten.

Das Besondere an unserem Kurs ist zunächst das KLEINGRUPPENKONZEPT. Entsprechend den Ergebnissen

der PISA-Studien und wohl auch Ihrer eigenen Wahrnehmung ist Lernen in der KLEINGRUPPE einfach erfolgrei-

cher. Denn gerade in der KLEINGRUPPE kann auf die Belange der einzelnen Teilnehmer in einem Maße

eingegangen werden, welches in einer Großgruppe in dieser Form nicht möglich ist. Gleichwohl wird das Unterricht-

stempo nicht durch einige wenige, sondern durch den Dozenten bestimmt.

Auch bietet nur die KLEINGRUPPE eine ausgezeichnete Möglichkeit, das Führen von Fachgesprächen wie z.B.

Prüfungsgesprächen zu trainieren. Dies ist nicht nur eine hervorragende Vorbereitung auf die Klausuren, sondern

auch einen wesentlichen Beitrag zur Vorbereitung auf die mündliche Prüfung. Dies ist insbesondere vorteilhaft, da

die mündliche Prüfung mit 40% in die Note der staatlichen Pflichtfachprüfung einfließt.

Der Kurs dauert 52 Kalenderwochen. In diesem Jahr haben Sie dreimal pro Woche an drei verschiedenen Tagen

jeweils drei Zeitstunden Unterricht. Diese Dreiteilung entspricht den drei Hauptrechtsgebieten, Zivil-, Straf- und

Ö-Recht. Es werden jedoch auch alle Pflichtnebenfächer wie z.B. StPO, ZPO I, Handels-, Gesellschafts- und

Arbeitsrecht unterrichtet.

Die Dauer von drei Zeitstunden resultiert aus der Erfahrung, dass bei einer längeren Unterrichtszeit die

Konzentrations- und Aufnahmefähigkeit nachlässt. Diese Optimierung auf neun Wochenstunden erreichen wir

dadurch, dass wir in Ihrem Interesse grds. im Sommer nur zwei Wochen und zwischen Weihnachten und Neujahr

Ferien machen.

Die Klausuren der staatlichen Pflichtfachprüfung unterteilen sich in einerseits klassische Standardklausuren und

andererseits Klausuren, bei denen von Ihnen eine Transferleistung erwartete wird. Um sie auf beide Konstellationen

vorzubereiten, haben wir uns der SYSTEMATISCH-STRUKTURELLEN METHODE verpflichtet.

Zunächst vermitteln wir Ihnen die Grundstrukturen eines Rechtsgebietes, d.h. die maßgeblichen Vorschriften, ihre

grundsätzliche Einordnung, die wesenlichen Begrifflichkeiten und Prüfungsschemata. Danach wird dieses Struktur-

wissen anhand der gemeinsamen Besprechung von typischen Examensfällen vertieft. Durch das Strukturwissen

werden Sie in die Lage versetzt, im Examen auch unbekannte Fälle lösen zu können, also die geforderte Trans-

ferleistung zu erbringen. Durch die Besprechungsfälle sind Sie auf die Standardfälle optimal vorbereitet.

Die Strukturen und die Besprechungsfälle bekommen Sie von uns als kursbegleitende und somit ständig aktualisier-

te, auf den jeweiligen Kurs angepasste, Unterlagen ausgehändigt. Das Material hat einen Umfang von ca. 4.000

DIN-A 4 Seiten. Es besteht aus Übersichten und Fällen mit ausführlichen Lösungen. Sie können sich somit

ausschließlich mit diesem Material auf die Klausuren vorbereiten. Der weitere Erwerb von Skripten oder Lehrbü-

chern ist nicht erforderlich.

Der wesentliche Vorteil der Übersichten liegt darin, dass zum einen die Grundstrukturen eines Rechtsgebietes, aber

auch einzelne Probleme sehr gut aufbereitet sind. Zum anderen erleichtert das Arbeiten mit den Übersichten die

Konzentration, da sie ein aktives Lernen erfordern und Sie nicht in eine rein passive Konsumentenrolle abgleiten,

was bei einem langen Fließtext schnell der Fall ist. Schließlich erleichtern die Übersichten das Wiederholen

erheblich, da man seinen Wissenstand nahezu auf einen Blick, ähnlich wie bei einer Karteikarte, überprüfen kann.

Die schriftlichen Lösungen der Besprechungsfälle sind vollständige und ausformulierte Musterlösungen, die dem

in den Klausuren geforderten Gutachtenstil entsprechen und darüber hinaus durch ständig aktualisierte Zitate

wissenschaftlich fundiert sind. Die am Ende der Lösung zur Vertiefung angegebenen Urteile können Sie als

Kursteilnehmer in der Datenbank unserer “community” bzw. in unserer Ausbildungszeitschrift “RA” nachlesen.

In diesem Heft haben wir für Sie einen Auszug dieser Kursunterlagen aus jedem Hauptrechtsgebiet zusammen-

gestellt.

Ihr JURA INTENSIV-TEAM !

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Nach der Drei-Elementen-LehreI.

Staat =

Staatsgebiet

= begrenzter Teil der ErdeUmfang: • abgegrenzter Teil der Erdoberfläche

• das Erdinnere darunter, in der Senkrechten (theoretisch) biszum Erdmittelpunkt

• der Luftraum darüber• die Hoheitsgewässer vor der Küste

Staatsgewalt

= hoheitliche Gewalt, die originär, einheitlich und nach rechtsstaatlicher Sichtauch legitim das Staatsvolk auf dem Staatsgebiet zu einer geordneten Gemein-schaft zusammenfasst

• nicht erforderlich sind: Legalität, Souveränität

• Gebietshoheit = rechtliche Unterworfenheit aller Menschen und Sa-chen unter die Staatsgewalt auf dem Staatsgebiet

• Personalhoheit = rechtliche Unterworfenheit der Staatsangehörigenunter die Staatsgewalt

Kritik: • zeigt nur Ausschnitte der Wirklichkeit auf und vermag daher nicht zu erklären, was aus einemGebiet mit den beschriebenen Eigenschaften einen Staat macht.

• klärt nicht, was die drei Elemente zu der Einheit macht, die der Staat ist.

Vorteil: • Merkmale sind international anerkannt

• griffige, umfassende Definitionen erfolgen stets auf Kosten der Feinheit

Nach der Integrationslehre (Rudolf Smend)II.

Die Einheit des Staates ist "geistiger" Natur und in einem längeren historischen Prozess der Integration gewachsen undwird in einem Prozess ständiger Erneuerung am Leben erhalten.

Nach Hermann HellerIII.

Staat ist die faktische Koordination des Wirkens einzelner um gemeinsamer Ziele willen.

Staatsvolk

= eine auf dem Staatsgebiet lebende Gesamtheit von Menschen= alle Menschen, die durch einen "genuine link" mit dem Staat und untereinan-

der verbunden sind.

Der Staatsbegriff

Staat von status, lat. = Zustand, Ordnung, Verfassung

Standort: ÖR / GG / StaatsorganisationsR / Der Staat

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Republik

Die Staatsgewalt liegt bei einer Mehrheit von Personen.

Diktatur

Die Staatsgewalt wird von einer Einzelperson oder Personengruppe unter Aus-schaltung jedes anderen politischen Willens autoritär oder diktatorisch ausgeübt.

Monarchie

= Herrschaft eines einzelnen

Staatsformen

Standort: ÖR / GG / StaatsorganisationsR / Der Staat

absolute

alle Macht beimMonarchen

ständische

Gesellschaft istnach Klassenunterteilt

konstitutionelle

Monarchie ist ge-stützt auf Verfas-sung

parlamentari-sche

gewählte Volks-vertreter habenmehr oder weni-ger teil an derMacht

Wahlmonarchie

Die Berufung desMonarchen er-folgt durch einenWahlakt desGesamtvolks odereiner hierzu beru-fenen Gruppe

Erbmonarchie

Der Thronwechselerfolgt durch Erb-gang und ist in derVerfassung oderder Thronfolge-ordnung

aristokratische Republik:Träger der Staatsgewalt ist eine durch Herkunft,Stellung oder Vermögen etc. herausgehobenePersonengruppe

insbes.: Plutokratie (= Herrschaftsform, bei der die Macht von derreichen Oberschicht ausgeübt wird (Geldherr-schaft), Theokratie (= Staatsform, bei der staatl.und religiöse Gewalt vereinigt sind und die Staats-gewalt entweder von einer Person, die als Gott oderdessen Stellvertreter angesehen wird, oder einerPriesterschaft ausgeübt wird.)

demokratische Republik:Träger der Staatsgewalt ist das gesamte Volk

Bspl.: unmittelbare, mittelbare/repräsentative, parla-mentarische Präsidentschaftsdemokratie

Alleindiktatur

z.B. Tyrannei(= Gewaltherrschaft)

Militärdiktaturen Parteidiktaturen "Volksdemokratien"

2- -

Page 6: Jura Intensiv Basisprogramm Staatsorganisationsrecht

Zusammensetzung

aus dem Bundeskanzler und den Bundesministern

vom Bundespräsidenten vorgeschlagenvom Bundestag gewähltvom Bundespräsidenten ernanntArt. 63 GG

Ausscheiden durch:TodRücktrittZusammentritt eines neuen BT, Art. 69 II GGKonstruktives Misstrauensvotum, Art. 67 GG

Art. 66 GG, Inkompatibilität

Funktionen:• bestimmt die Richtlinien der Politik = Kanzler-

Prinzip, Art. 65 Satz 1 GG• Gegenzeichnung, Art. 58 S. 1 GG• Gegenzeichnung von Gesetzen, Art. 82 I 1 GG• Art. 64 I, 65 S. 4 GG• Kommandogewalt im Verteidigungsfall, Art. 115b

GG• aus GeschO der BReg

vom Bundeskanzler vorgeschlagenvom Bundespräsidenten ernanntArt. 64 I GG

Ausscheiden durch:Ausscheiden des Kanzlers! Art. 69 II GGRücktrittauf Vorschlag des Bundeskanzlerskein konstruktives Misstrauensvotum

Art. 66 GG, Inkompatibilität

Vertreter:Staatssekretäreparlamentarische, wenn Mitglieder des BTvgl. ParlStG von 1974Ausscheiden mit der Wahl eines neuen Bundes-kanzlers

Funktionen:• selbständige und eigenverantwortliche Leitung des

jeweiligen Geschäftsbereichs im Rahmen der vomBundeskanzler ausgegebenen, bindenden Richtli-nien, Ressortprinzip, Art. 65 Satz 2 GG=> keine reinen Einzelanweisungen durch Kanz-

ler möglich• Art. 58 S. 1, 82 I 1, 43, 53, 80 I 1 GG• aus GeschO der BReg• Sonderrechte und -pflichten einzelner Bundes-

minister

Kollegialprinzip, Art. 65 Satz 3 GG

• Verfassungsorgan der Exekutive

• oberste Leitung und Führung der inneren und äußeren Politik des Bundes

• im einzelnen: - Gesetzesinitiativrecht, Art. 76 I GG- Bundeszwang, Art. 37 GG- Erlass von Rechtsverordnungen, Art. 80 I 1 GG- nach Art. 42 I 2, 65 IV, 84 III 1, 85 IV 2, 84 II, 86, 113 I, 108 III etc. GG

Rechtsstellung und Funktionen

©CSR, Schmidt & Partner (ÖR/Staats.org.062-01)

Die Bundesregierung

Standort: ÖR / GG / StaatsorganisationsR / Die Bundesregierung

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Standort: ÖR / GG / StaatsorganisationsR / Bundestag

Zusammensetzung

• durch allgemeine, unmittelbare, freie, gleiche, geheime Wahlen gem. Art. 38 GG• Periodizität der Wahlen gem. Art. 39 GG• Wahlverfahren: (BT-Wahl 2002)

603 Mandate(einschließlich 5 Überhangmandaten)

Wahlmodus: personalisierte Verhältniswahl

299 Direktmandate

Wahl mit der Erststim-me

=> Wahlkreiskandi-daten; relativeMehrheitswahl

vgl. § 5 BWG

299 Listenmandate

Wahl mit der Zweit-stimme

=> Wahl der Landes-liste einer Partei;reine Verhältnis-wahl mit 5 %-Spe r r -Klause l ;nach dem Hare-Niemeyer-Verfah-ren

vgl. §§ 6, 27ff. BWG

Überhangmandate

nur in engen Grenzenohne Ausgleich für dieanderen Parteien zuläs-sig (BVerfG)

vgl. § 6 V BWG

• Gliederung in Fraktionen und Ausschüsse

Der Bundestag

• unmittelbar demokratisch legitimiertes Verfassungsorgan, Art. 38 I 1 GG=> primäres Forum politischer Willensbildung

Parlamentsvorbehalt

• Gesetzgebung als Hauptfunktion und BudgetrechtKontrollfunktionen im Verhältnis zur Exekutive, insbesondere zur RegierungKreationsfunktion: Möglichkeit der Bildung weiterer VerfassungsorganeBefugnisse hinsichtlich Judikative, insbesondere Richterwahl"Repräsentationsfunktion" als einziges unmittelbar gewähltes Verfassungsorgan

• gibt sich eine GeschO (Art. 40 I 2 GG) als autonome Satzung (h.M.)

Rechtsstellung und Aufgaben

i.d.R. gem. Art. 39 I GG mit Ende der Wahlperiode

vorzeitig nach Art. 63 IV 3 GG oder Art. 68 I 1 GG i.V.m. Art. 39 I 4 GG

Beachte: Problem der unechten Vertrauensfrage=> BVerfG: nur in Grenzen zulässig, da Art. 68 GG einer Lage politischer Instabilität zwischen Bundeskanz-

ler und Bundestag begegnen will.

Auflösung

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Page 8: Jura Intensiv Basisprogramm Staatsorganisationsrecht

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Zusammensetzung

Der Bundesrat besteht aus den Mitgliedern der Landesregierungen, Art. 51 I GG

Beachte: Diese Mitglieder sind an die Weisung der Landesregierung, der sie angehören, gebunden= imperatives Mandat, arg. e. Art. 53a I 3, 77 II 3 GG

Stimmengewicht variiert nach der Größe des einzelnen Bundeslandes, Art. 51 II GG

Stimmabgabe der Mitglieder einer Landesregierung nur einheitlich, Art. 51 III GGbei Uneinheitlichkeit Rechtsfolge str.:1. Ungültigkeit aller Stimmen dieses Landes2. Entscheidend ist die Stimme des jeweiligen Kabinettsvorsitzenden

vgl. BVerfGE 106, 310 ff.

• Verfassungsorgan, das die Länderinteressen zur Geltung bringt, Art. 50 GG

• Das Volk soll hier nach Ländern gegliedert in Erscheinung treten

• Mitwirkung bei der Gesetzgebung des Bundes durch- Zustimmung oder deren Verweigerung, z.B. Art. 29 VII, 79 II, 84 I, V, 85 I GG- Im Übrigen Möglichkeit des Einspruchs

Mitwirkung bei der Verwaltung des Bundes, z.B. Art. 37 I, 80 II, 84 II, 85 II, 87 III 2 GG

Abnahme des Amtseids des Bundespräsidenten, Art. 56 GGAnklage gegen den Bundespräsidenten, Art. 61 GG

Wahl der Hälfte der Richter des BVerfG, Art. 94 I 2 GG

Rechtsstellung und Funktionen

Der Bundesrat

Standort: ÖR/ GG/ Staatsorganisationsrecht/ Bundesrat

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© CSR, Schmidt & Partner (S) (ÖR/Staatsorga/ 078-01)

Standort: ÖR/ GG / StaatsorganisationsR / Gesetzgebungsverfahren

Gesetzgebungsverfahren

Einleitungsverfahren

- Bundesrat an Bundesregierung, Art. 76 III GG- Bundesregierung an Bundesrat, Art. 76 II 1 GG- Aus der Mitte des Bundestages direkt an Bundestag, § 76 GeschOBT

Hauptverfahren, Art. 77 I 1 GG

Gesetz wird beschlossen, Art. 77 I 1 GG

Art. 77 I 1 GG: beschlossen, d.h. es muss eine Beratung stattfinden!

Verfahrensvorschriften der §§ 78 - 86 GeschOBT:- drei Lesungen- einfache Mehrheit reicht nach Art. 42 II GG aus- bei verfassungsändernden Gesetzen 2/3 Mehrheit, Art. 79 II GG- Beschlussfähigkeit nach § 45 GeschOBT (Vermutung der Beschlussfähigkeit)

und an Bundesrat weitergeleitet, Art. 77 I 2 GG

A.

B.

I.

II.

C. Abschlussverfahren

- Gegenzeichnung, Art. 58 GG- Ausfertigung, Art. 82 I 1 GG- Verkündung, Art. 82 I 1 GG

Zustimmungsgesetz Einspruchsgesetz

stimmt zu

Antrag BRGesetz (-)evtl. aber Art. 77 II 4

GGAntrag BT, BReg, BR

keinEinspruch

wenn Einsprucherhoben werden soll

stimmt nichtzu

Gesetz (+)Art. 78 GG

Gesetz (+)Art. 78 GG

Vermittlungsausschuss

nicht erfolgreich:Zustimmung (-)

kein Gesetz

nicht erfolgreich: Einspruch (+),aber Möglichkeit der Überstimmung im

BT: § 77 IV, dann Gesetz (+)

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Page 10: Jura Intensiv Basisprogramm Staatsorganisationsrecht

Standort: ÖR/GG/Staatsorganisationsrecht/Gesetzgebungsverfahren

© CSR, Schmidt & Partner (ÖR/Staatsorga/Lotto.SV) Seite 1 von 1

Fall: "Der Lottokönig"

Aufgrund der angespannten Finanzsituation beschließt der Bundestag im Dezember 2005 ein Gesetz zurÄnderung der Einkommenssteuer. Der Gesetzentwurf wurde von einem Abgeordneten Z der C-Parteiin den Bundestag eingebracht. Er sieht vor, dass in Zukunft auch Gewinne des Einzelnen aus Lotterienund Glücksspielen steuerpflichtige Einkünfte sind. Diese Änderung soll bereits für den Veranlagungs-zeitraum 2005 gelten. Von der Idee sind die Abgeordneten so begeistert, dass Z seinen Entwurf in demSinne erweitert, dass das Gesetz auch rückwirkend für 2004 gelten soll. Finanzverwaltungstechnisch istdies aufgrund der langsamen Arbeit der Finanzämter sogar noch möglich.Weiterhin bringt Z den Entwurf ein, dass eine Solidaritätszuschlag II erhoben werden soll. Er ist vor-gesehen als Ergänzungsabgabe zur Einkommenssteuer i.H.v. weiteren 5,5 % der Steuerschuld. DieserSolidaritätszuschlag soll, so hält es Z für sinnvoll, verwendet werden zur Umstrukturierung und zurVermeidung von Arbeitslosigkeit im Ruhrgebiet. Weil der Solidaritätszuschlag II nur von 2006 bis 2007erhoben werden soll, wird die Einrichtung eines eigenen Fonds für ihn als zu aufwendig betrachtet. Sosoll der Zuschlag in den allgemeinen Haushalt des Bundes fließen. Um schnell zum Ziel zu kommen,wird das Gesetz nach der ersten Lesung beschlossen.Im Bundesrat besteht Uneinigkeit darüber, ob zugestimmt werden muss. Schließlich erhält das Gesetzdie knappe Mehrheit von 35 : 34 Stimmen. Dabei können sich die 6 Abgeordneten des Bundeslandes Bnicht über die Stimmabgabe einigen. Der Ministerpräsident stimmt alleine gegen das Gesetz, seine 5Kollegen jedoch dafür. Lottokönig L ist völlig empört über das Gesetz. Er gewann sowohl 2004 als auch 2005 insgesamt15.000.- € im Lotto. Er hatte sich steuerlich beraten lassen und daraufhin das Geld ausgegeben, so dasser keine Steuer hätte zahlen müssen. Er fühlt sich vom Staat ausgenommen und hält das Gesetz fürverfassungswidrig, vor allem, weil er den Solidaritätszuschlag II für eine nichtsteuerliche Sonderabgabehält, für die der Bund keine Erlaßkompetenz hat.

Ist das Gesetz formell und materiell verfassungsmäßig?

§ 3 AO lautet: Steuern sind Geldleistungen, die nicht eine Gegenleistung für eine besondere Leistung darstellen und voneinem öffentlich-rechtlichen Gemeinwesen zur Erzielung von Einnahmen allen auferlegt werden, bei denen der Tatbestandzutrifft, an den das Gesetz die Leistungspflicht knüpft; die Erzielung von Einnahmen kann Nebenzweck sein.§ 25 I 1 EStG lautet: Die Einkommenssteuer wird nach Ablauf des Kalenderjahres (Veranlagungszeitraum) nach demEinkommen veranlagt, das der Steuerpflichtige in diesem Veranlagungszeitraum bezogen hat.§ 36 EStG lautet: Die Einkommenssteuer entsteht mit Ablauf des Veranlagungszeitraums.§ 218 I 1 AO lautet: Grundlage für die Verwirklichung von Ansprüchen aus dem Steuerschuldverhältnis sind die Steuer-bescheide.

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Page 11: Jura Intensiv Basisprogramm Staatsorganisationsrecht

A A A A Aktiv INTENSIV E

rfolgreich

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Die Kleingruppe

Mündliche Prüfung !

40 % Ihrer Note !

Bei uns kommen Sie zu Wort!

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Standort: ÖR/GG/Staatsorganisationsrecht/GesetzgebungsverfahrenSchwerpunkte: Art. 76 GG/ Bundesrat/ Rückwirkungsverbot

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Lösungsskizze zum Fall "Der Lottokönig"

A. Formelle Verfassungsmäßigkeit

I. Gesetzgebungskompetenz

1. Kompetenz bzgl. Lottogewinn

a) Art. 73, 74 GG

b) Art. 105 GG

(1) Art. 105 I GG

(2) Art. 105 II 1. Fall GG

(a) Art. 106 I Nr. 2 GG

(b) Art. 106 II GG

(c) Art. 106 III GG

2. Kompetenz bzgl. Solidaritätszuschlag II

II. Gesetzgebungsverfahren

1. Einleitungsverfahren

a) Nur eine Gruppe

b) Auch der einzelne Abgeordnete

c) Nur der BT nicht

d) Stellungnahme

2. Hauptverfahren

a) Beschluss

b) Zustimmung des Bundesrates

(1) Ministerpräsident ist maßgeblich

(2) Ungültigkeit der Landesstimmen

B. Materielle Verfassungsmäßigkeit

I. Besteuerung für 2004 als echte Rückwirkung

II. Besteuerung für 2005 als unechte Rückwirkung

A. Formelle Verfassungsmäßigkeit

I. GesetzgebungskompetenzDer Bund muss zum Erlass des Gesetzes die Kompetenz gehabt haben. Dabei muss unterschieden werdenzwischen der Änderung der steuerpflichtigen Einkünfte durch das Gesetz und der Festlegung desSolidaritätszuschlages II.

1. Kompetenz bzgl. LottogewinnZur Änderung der steuerpflichtigen Einkünfte müsste die Kompetenz des Bundes bestehen.

a) Art. 73, 74 GGGrundsätzlich ist nach Art. 70 I i.V.m. Art. 30 GG die Gesetzgebung Sache der Länder. Ausnahmenbestimmen sich nach Art. 73 f. GG. Allerdings liegt zum Erlass des Einkommensteuergesetzes weder eineausschließliche Bundeskompetenz nach Art. 73 GG vor noch ist die Einkommensteuer Gegenstand desKataloges des Art. 74 GG.

b) Art. 105 GGFür Steuern ist im GG ein eigener Abschnitt vorgesehen, nämlich die Finanzverfassung in Art. 104a ff. GG.

(1) Art. 105 I GGNach Art. 105 I GG hat der Bund die ausschließliche Gesetzgebungskompetenz für Zölle undFinanzmonopole. Zölle sind Abgaben, die beim Warenverkehr über Grenzen entstehen; das letzteFinanzmonopol ist das Branntweinmonopol. Die Einkommensteuer unterfällt weder dem einen noch demanderen. Somit ergibt sich keine ausschließliche Kompetenz des Bundes nach Art. 105 I GG.

[Anm.: Art. 105 I GG gibt der BRD allerdings keine Gesetzgebungskompetenz für das Zollrecht mehr. Die

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Standort: ÖR/GG/Staatsorganisationsrecht/GesetzgebungsverfahrenSchwerpunkte: Art. 76 GG/ Bundesrat/ Rückwirkungsverbot

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ausschließliche Gesetzgebungskompetenz für Zölle liegt vielmehr seit deren Gründungen bei den

Europäischen Gemeinschaften (also EG und EAG), die konsequenterweise auch bei der WTO (der

früheren GATT) verhandeln.]

(2) Art. 105 II 1. Fall GGNach Art. 105 II 1. Fall GG hat der Bund die Gesetzgebung, wenn ihm das Aufkommen der Steuern ganzoder zum Teil zusteht. Die Ertragshoheit ergibt sich aus Art. 106 GG. Darin wird festgelegt, wie dasSteueraufkommen zwischen Bund, Ländern und Gemeinden verteilt wird (Schwarz/Reimer, JuS 2007, 119[121]).

(a) Art. 106 I Nr. 2 GGNach Art. 106 I Nr. 2 GG könnte der Ertrag der Einkommensteuer dem Bund ganz zustehen, wenn sieeine Verbrauchssteuer wäre. Eine Verbrauchssteuer ist die Steuer auf ein verbrauchsfähiges Gut, soz. B. die Biersteuer oder Tabaksteuer. Auch die Umsatzsteuer ist eine allgemeine Verbrauchssteuer(Verkehrssteuer). Die Einkommensteuer knüpft an das erwirtschaftete Einkommen an. Sie ist keineVerbrauchssteuer. Somit steht dem Bund der Ertrag nicht nach Art. 106 I Nr. 2 GG zu.

(b) Art. 106 II GGDa sich die Einkommensteuer nicht im Katalog des Art. 106 II GG befindet, steht der Ertrag auchnicht ausschließlich den Ländern zu.

(c) Art. 106 III GGNach Art. 106 III GG steht das Aufkommen der Einkommensteuer dem Bund und den Länderngemeinsam zu. Somit steht dem Bund das Aufkommen der Einkommensteuer zum Teil zu, womit ernach Art. 105 II GG die konkurrierende Gesetzgebung innehat.

Zur Änderung der steuerpflichtigen Einkünfte hatte der Bund die Kompetenz nach Art. 105 II 1. Fall, 106III GG.

2. Kompetenz bzgl. Solidaritätszuschlag IIDer Bund müsste für den Solidaritätszuschlag II die Kompetenz gehabt haben. Fraglich ist, ob derSolidaritätszuschlag, wie L meint, eine Sonderabgabe ist oder ob er eine Steuer ist. Als Steuer wäre dieKompetenz zum Erlass in der Finanzverfassung zu suchen. Bei Sonderabgabe ergibt sich die Kompetenz zumErlass als Annex zu den allgemeinen Gesetzgebungskompetenzen (z.B.: Stellplatzabgabe gem. § 51 V, VIBauO NRW, BVerwG, JA 86, 390 [391]). Er könnte eine Sonderabgabe sein. Sonderabgaben sollen Belastungen und Vorteile innerhalb einesbestimmten Erwerbs- oder Wirtschaftszweiges ausgleichen. Charakteristisch ist für sie, dass sie einerhomogenen, von der Allgemeinheit abgrenzbaren Gruppe auferlegt werden (vgl. Elsner, JA 2005, 823 [827]).Die Gruppe der Abgabepflichtigen muss in einer spezifischen Beziehung zum mit der Abgabe verfolgtenZweck stehen. Weiterhin muss ihr Aufkommen gruppennützig, d. h. im Interesse der abgabepflichtigenGruppe, verwendet werden und nicht in den allgemeinen Staatshaushalt als Staatsausgaben fließen (vgl. Birk,Steuerrecht, § 2 A I 3, S. 32). Der Solidaritätszuschlag II wird als Zuschlag zur Einkommensteuer von allenEinkommensteuerpflichtigen erhoben. Der Zweck, dem die Abgabe nach dem Ansinnen von Z zugeführtwerden soll, ist aber die Lösung der Strukturprobleme im Ruhrgebiet. Ein spezifischer Zusammenhang, denman mit Sachnähe oder Gruppenverantwortung bezeichnen könnte, besteht zwischen diesem Problem und denEinwohnern der Bundesrepublik nicht. Auch ist die Unterstellung eines Interesses der gesamten deutschenBürger an der Problemlösung im Ruhrgebiet zwar lobenswert, aber nicht glaubhaft. Schließlich wurde auf dieEinrichtung eines Fonds verzichtet vielmehr fließt der Solidaritätszuschlag in die allgemeine Staatskasse.Somit liegt keine Voraussetzung der Sonderabgabe vor.Der Solidaritätszuschlag könnte eine Steuer sein. Merkmale einer Steuer sind, wie es in § 3 I 1 AO definiertist, dass sie allen auferlegt ist und dass sie als Geldleistung ohne Gegenleistung von einem Gemeinwesen zurEinnahmenerzielung erhoben wird. Der Solidaritätszuschlag wird von allen Bürgern erhoben. Er ist eineGeldleistung in Höhe von 7,5 % der Steuerschuld und stellt keine Gegenleistung für eine Staatsleistung dar.Er müsste vom Bund zur Erzielung von Einnahmen erhoben worden sein. Hier hatte Z vorgesehen, dass er zurStrukturhilfe im Ruhrgebiet verwendet werden sollte. Dies wurde aber weder im Gesetz festgelegt nocherfolgte eine getrennte Einziehung von den allgemeinen Staatseinnahmen. Allein das Gutdünken von Z kanndem Solidaritätszuschlag nicht den Charakter einer Staatseinnahme nehmen. Somit ist der Steuerbegriff erfüllt.Die Kompetenz müsste sich aus der Finanzverfassung ergeben. In Betracht käme eine Kompetenzzuweisung

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über Art. 105 II GG und Art. 106 I Nr. 6 GG. Laut Sachverhalt ist der Solidaritätszuschlag eineErgänzungsabgabe zur Einkommensteuer. Somit steht der Ertrag nach Art. 106 I Nr. 6 GG dem Bund alleinezu, womit sich die Gesetzgebungskompetenz aus Art. 105 II GG ergibt. Der Bund hatte somit die Kompetenzzu dem Gesetz.

II. Gesetzgebungsverfahren

1. EinleitungsverfahrenVerfassungsrechtliche Bedenken könnten sich zunächst daraus ergeben, dass die Gesetzesinitiative allein durchden Abgeordneten Z erfolgte. Gem. Art. 76 I GG werden Gesetzesvorlagen u.a. aus der Mitte des Bundestageseingebracht. Nach §§ 76 I i.V.m. 75 I a GeschO BT muss ein Gesetzesentwurf entweder von einer Fraktion(nach § 10 I GeschO BT mindestens fünf von Hundert der Mitglieder des BT) oder von fünf von Hundert derMitglieder des BT unterzeichnet sein. Danach wäre die Gesetzesinitiative von Z unzulässig. Fraglich istjedoch, ob dies sich auf die Wirksamkeit des Änderungsgesetzes auswirkt. Dafür ist die Rechtsnatur derGeschO BT im Verhältnis zum GG zu bestimmen. Die GeschO BT wird aufgrund Art. 40 I 2 GG erlassen undist eine autonome Satzung, die im Range unter dem GG steht. Sie bindet nur die Mitglieder des Parlaments,entfaltet also keine Außenwirkung. Daher kann allein ein Verstoß gegen die GeschO BT ein Gesetz nichtverfassungswidrig machen. Vielmehr ist dafür ein Verstoß gegen das GG selbst, hier also gegen Art. 76 I GG,erforderlich. Ob nach diesem Artikel ein einzelner Abgeordneter ein Initiativrecht hat, ist streitig:

a) Nur eine GruppeDie Formulierung "aus der Mitte des Bundestages" lässt nach einer Ansicht darauf schließen, dass weder derBT als Organ noch einzelne Abgeordnete ein Initiativrecht haben sollen, sondern nur eine Gruppe von BT-Mitgliedern, die zahlenmäßig näher bestimmt werden muss (vgl. Stern, Staatsrecht, Bd. II, § 37 III 4 c).Danach läge ein Verstoß gegen das GG vor.

b) Auch der einzelne AbgeordneteNach anderer Auffassung lässt Art. 76 I GG auch das Initiativrecht eines einzelnen BT-Abgeordneten zu (vgl.Elicker, JA 2005,513 [514]; Bryde in v. Münch, GG, Art. 76 Rn. 13). Hiernach wäre die Initiative des Zverfassungsrechtlich zulässig.

c) Nur der BT nichtSchließlich wird aus der Formulierung des Art. 76 I GG hergeleitet, dass nur dem BT als Organ keinInitiativrecht zustehen soll. Eine nähere Bestimmung des Initiativrechts soll vielmehr der GeschO und derparlamentarischen Praxis überlassen sein (vgl. BVerfGE 1, 144 [153]). Auch nach dieser Ansicht ist dasInitiativrecht eines einzelnen Abgeordneten nach dem GG zulässig.

d) StellungnahmeFür die letztgenannte Meinung spricht, dass nach Art. 76 I GG einziger Adressat einer Gesetzesinitiative derBT ist und dieser daher nicht gleichzeitig das ausschließliche Initiativrecht haben soll. Gegen die erstgenannteMeinung spricht, dass nach der Wertung des Art. 38 GG jeder Abgeordnete für sich ein vollwertiges Mitglieddes BT ist und nicht erst durch Zusammenschluss in Gruppen Rechte erwerben kann. DasGesetzesinitiativrecht ist ein wesentliches Recht des Abgeordneten, so dass bei Einzelinitiativen kein Verstoßgegen Art. 76 I GG vorliegt.

2. Hauptverfahren

a) BeschlussVerfassungsrechtlich bedenklich könnte jedoch sein, dass der BT vorliegend schon nach der ersten Lesung dasÄnderungsgesetz beschlossen hatte. Gem. § 78 S. 1 GeschO BT hatten zu dem Gesetzesentwurf dreiBeratungen zu erfolgen. Jedoch wirkt sich dieser Verstoß gegen die GeschO BT nicht auf die Wirksamkeit desGesetzes aus (s.o.). Ein Verstoß gegen das GG ist in dieser Hinsicht nicht ersichtlich.

b) Zustimmung des BundesratesSchließlich könnte die Wirksamkeit des Änderungsgesetzes verfassungsrechtlich zweifelhaft sein, weil derMinisterpräsident bei dem BR-Beschluss gegen die Stimmen der übrigen 5 Vertreter seines Landes gestimmthat.Zuerst ist zu prüfen, ob der Bundesrat überhaupt zustimmen muss. Falls dies nicht nötig ist, ist auch ein

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mögliches Fehlverhalten bei seiner Abstimmung unerheblich. Ob ein Gesetz ein Zustimmungsgesetz ist, ergibtsich aus den einzelnen Artikeln des GG. In der Finanzverfassung ist die Zustimmungspflicht des Bundesratesin Art. 105 III GG vorgesehen, wenn den Ländern und Gemeinden ein Teil des Ertrages zusteht. Wie bereitsgezeigt, steht der Ertrag der Einkommensteuer den Ländern und dem Bund gemeinsam zu. Weiterhin sind nachArt. 106 V GG auch die Gemeinden am Ertrag der Einkommensteuer zu beteiligen. Somit ist dieEinkommensteuer eine Steuer, die nur durch ein Zustimmungsgesetz erlassen werden kann. Fraglich ist, ob davon auch der Solidaritätszuschlag miterfasst ist. Dieser soll in dem Einkommensteuergesetzmitgeregelt werden. Eine Ergänzungsabgabe zur Einkommensteuer steht dem Bund alleine zu. Danach wäredieser Teil des Gesetzes nicht nach Art. 105 III GG zustimmungspflichtig. Da das Gesetz aber einheitlicherlassen wird, kann nicht zwischen zustimmungspflichtigen und nicht zustimmungspflichtigen Teilenunterschieden werden. Das Zustimmungserfordernis umfasst dann das ganze Gesetz (Bryde in v. Münch, GG,Art. 77 Rn. 21). Somit ist hier für das gesamte Gesetz die Zustimmung des Bundesrates erforderlich. Gem. Art. 51 III 2 GG können die Stimmen eines Landes nur einheitlich abgegeben werden. Dies ist hier nichtgeschehen, so dass ein formeller Verfassungsverstoß vorliegt. Fraglich ist jedoch, welche Auswirkungen dieserVerstoß auf die Wirksamkeit des BR-Beschlusses hat. Die Antwort auf diese Frage ist umstritten:

(1) Ministerpräsident ist maßgeblichMan könnte stets die Stimme des Ministerpräsidenten für ausschlaggebend halten, wobei er Stimmführerfür alle Stimmen eines Landes ist. Welcher Legitimation der Ministerpräsident dann bedürfe, sei eininternes Problem des jeweiligen Landes und habe keinen Einfluss auf die Stimmabgabe (vgl. Stern,Staatsrecht, Bd. II, § 27 III 2 b). Danach wäre das Stimmverhältnis hier 30 : 39 gewesen. Die erforderlicheMehrheit wäre somit nicht gegeben.

(2) Ungültigkeit der LandesstimmenMöglich wäre es auch, die uneinheitlich abgegebenen Stimmen eines Landes sämtlich für ungültig zuwerten (vgl. Krebs in v. Münch, GG, Art. 51 Rn. 13; BVerfG, NJW 2003, 339; RA 2003, 1 ff.,Verfassungswidrigkeit Zuwanderungsgesetz wegen Verstoß gegen Art. 51 III GG [Gebot der einheitlichenAbstimmung im Bundesrat]). Der Ausgang der Abstimmung wäre dann 30:33, womit das Gesetz auch nichtzustande gekommen wäre.

Das Gesetz ist demnach formell verfassungswidrig.

B. Materielle VerfassungsmäßigkeitDas Gesetz muss materiell verfassungsgemäß sein. Gegen den Solidaritätszuschlag für den Veranlagungszeitraum 2006ergeben sich keine Bedenken (falls er erdrückend hoch wäre, könnte ein Verstoß gegen Art. 14 I GG vorliegen. Falls ernur von einem Teil der Steuerpflichtigen erhoben werden würde, müsste man an Art. 3 I GG denken).Die Änderung der steuerpflichtigen Einkünfte bezüglich der Veranlagungszeiträume 2004 und 2005 könnte gegen dasRechtsstaatsprinzip aus Art. 20 III GG in der Ausprägung des Gebotes der Rechtssicherheit verstoßen. Aus dem Gebotder Rechtssicherheit wird das Rückwirkungsverbot abgeleitet (Appel, DVBl 2005, 340 [344]).

[Anm.: Begünstigende Gesetze greifen nicht negativ in die Dispositionen des Bürgers ein, somit ist ihr Erlass nicht

durch das Gebot der Rechtssicherheit untersagt. Für begünstigende Gesetze gilt daher das Rückwirkungsverbot nicht.

Für die Strafgesetzgebung ergibt sich ein absolutes Rückwirkungsverbot aus Art. 103 II GG.]

Bei Gesetzen muss zwischen belastenden Regelungen für abgeschlossene Sachverhalte der Vergangenheit und solchenfür noch andauernde Sachverhalte unterschieden werden, um festzustellen, ob ein rückwirkendes Gesetz unzulässig ist.

I. Besteuerung für 2004 als echte RückwirkungGesetze, die belastende Rechtsfolgen für einen abgeschlossenen Sachverhalt in der Vergangenheit aufstellen,werden als echte oder retroaktive Rückwirkung bezeichnet (Appel, DVBl 2005, 340 [344]) und sind grundsätzlichunzulässig. Bei diesen Gesetzen greift der Gesetzgeber nachträglich in Tatbestände ein, die in der Vergangenheitbegonnen und bereits wieder abgeschlossen wurden. Das Änderungsgesetz knüpft an diese bereitsabgeschlossenen Tatbestände neue Rechtsfolgen, die für einen vor der Gesetzesverkündung liegenden Zeitraumwirken. Wegen dieser Art der Wirkung der Rechtsfolgen bezeichnet der zweite Senat des BVerfG diese Gesetzeals Gesetze mit der Rückbewirkung von Rechtsfolgen. Zulässig sind solche Gesetze nur ausnahmsweise, wenn- man mit der Regelung rechnen mußte; dies kann aber erst ab der wirksamen Beschlussfassung des Gesetzes

angenommen werden (Bsp.: Die Ersetzung einer aus formellen Gründen nichtigen durch eine wirksameRegelung gleichen Inhalts),

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- die Gesetzeslage unklar und verworren war,- die Bestimmung nichtig war,- zwingende Gründe des Allgemeinwohls vorliegen,- und wenn der Schaden nur gering ist.Hier könnte durch die Änderung der steuerpflichtigen Einkünfte auch für den Veranlagungszeitraum 2004 eineechte Rückwirkung bestehen.Nach den angegebenen Normen entsteht die Einkommensteuer 2004 mit dem Ablauf des Veranlagungszeitraums,also Ende 2004. Nach dem neuen Gesetz von 2005 sollen nach Ablauf dieses Veranlagungszeitraums neueRechtsfolgen für die ESt 2004 eintreten. Eine Änderung des Gesetzes wäre ein Eingriff in einen bereitsabgeschlossenen Sachverhalt: zuvor waren Lottogewinne in 2004 nicht steuerpflichtig, nunmehr schon. Es liegteine echte Rückwirkung vor, nach der Terminologie des 2. Senates eine Rückbewirkung von Rechtsfolgen. Damitdiese zulässig ist, müsste eine der Ausnahmen vorliegen. In Betracht käme allenfalls die Rechtfertigung durch dieangespannte Finanzlage. Diese ist aber ein Dauerzustand, sie stellt keinen zwingenden Grund des Allgemeinwohlsdar.Somit ist die Änderung des Einkommensteuergesetzes für den Veranlagungszeitraum 2004 eine unzulässigeRückwirkung. Sie verstößt gegen das Rechtsstaatsprinzip und ist somit verfassungswidrig.

II. Besteuerung für 2005 als unechte RückwirkungDie Änderung für 2005 könnte verfassungswidrig sein. Die ESt 2005 ergibt sich mit Ablauf desVeranlagungszeitraums, also Ende 2005. Diese Rechtsfolge entsteht also nach der Gesetzesänderung. Allerdingskönnen Steuerpflichtige bereits vor Erlass der Änderungen Dispositionen getroffen haben wie z.B. L, die jetztdurchkreuzt werden, so dass für sie eine höhere Steuerlast entsteht. Fraglich ist, ob dies eine echte Rückwirkungdarstellt. Im Unterschied zu oben ist der Veranlagungszeitraum 2005 zur Zeit des Gesetzeserlasses noch nichtabgeschlossen. Der Gesetzgeber greift also nicht nachträglich in einen abgeschlossenen Sachverhalt ein. Nach der Auffassung des BVerfG und des BGH liegt keine echte Rückwirkung vor. Es könnte jedoch eine unechteRückwirkung vorliegen. Diese ist dann gegeben, wenn der Gesetzgeber Tatbestände regelt, die in derVergangenheit begonnen haben, die aber noch nicht abgeschlossen sind (Appel, DVBl 2005, 340 [344]). Nachdem 2. Senat knüpft das Gesetz seine Rechtsfolgen an einen Tatbestand vor Verkündung der Rechtsnorm an. DieAnknüpfung der Rechtsfolgen geht also in die Vergangenheit zurück, wobei der Sachverhalt aber noch nichtabgeschlossen sein darf. Somit nennt der 2. Senat die unechte Rückwirkung "tatbestandliche Rückanknüpfung".Diese ist grundsätzlich möglich, damit der Gesetzgeber auf veränderte soziale Gegebenheiten reagieren kann.Ausnahmen von der Zulässigkeit der tatbestandlichen Rückanknüpfung liegen dann vor, wenn ein willkürlichesHandeln vorliegt oder der Bürger schutzwürdiges Vertrauen entgegengebracht hat. Ändert der Gesetzgeber vor Ablauf des Veranlagungszeitraums 2005 die steuerpflichtigen Einkünfte für 2005, sowird ein Sachverhalt neu geregelt, der bereits begonnen hat, aber noch nicht abgeschlossen ist. Es liegt somit eineunechte Rückwirkung vor. Diese könnte unzulässig sein, wenn eine Ausnahme vorliegt. Ein willkürliches Handelndurch das Änderungsgesetz ist nicht ersichtlich. Allein die Erwartung und Hoffnung, bei Erwerbsvorgängen imVeranlagungszeitraum nicht steuerlich ungünstig behandelt zu werden, schafft kein überwiegendes und damitschützenswertes Vertrauen. Somit ist hier die unechte Rückwirkung zulässig. Der Teil des Gesetzes, der die steuerpflichtigen Einkünfte für2005 ändert, ist mangels anderer Verstöße gegen das GG verfassungsgemäß.

Das Gesetz insgesamt formell verfassungswidrig und insoweit materiell verfassungswidrig, als darin unter anderem aucheine unzulässige echte Rückwirkung geregelt wird.

[Anm.: Stimmen der Länder im Bundesrat: Baden-Württemberg, 6; Bayern, 6; Berlin, 4; Brandenburg, 4; Bremen, 3;

Hamburg, 3; Hessen, 5; Mecklenburg-Vorpommern, 3; Niedersachsen, 6; Nordrhein-Westfalen, 6; Rheinland-Pfalz, 4;

Saarland, 3; Sachsen, 4; Sachsen-Anhalt, 4; Schleswig-Holstein, 4; Thüringen, 4.]

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Standort: ÖR/GG/Staatsorganisationsrecht/GesetzgebungsverfahrenSchwerpunkte: Art. 76 GG/ Bundesrat/ Rückwirkungsverbot

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Rechtsprechung:

S BVerfG RA 2006, 104 = NJW 2006, 751 (keine Gesetzgebungskompetenz für Abschussermächtigung imLuftsicherheitsgesetz)

S BVerfG, NJW 2003, 339 = RA 2003, 1 (Verfassungswidrigkeit Zuwanderungsgesetz wegen Verstoß gegen Art. 51 IIIGG, Gebot der einheitlichen Abstimmung im Bundesrat)

S BVerfG, RA 2003, 209 (Rückmeldungsgebühren für Immatrikulation)

S VerfGH NRW, NVwZ-RR 2000, 265 = RA 2000, 309 (Antragsrecht eines Abgeordneten)

Literatur:

S Schwarz/Reimer, Einführung in das Finanz- und Haushaltsverfassungsrecht (Art. 104 bis 115 GG, JuS 2007, 119

S Elsner, Sonderabgaben im Steuerrecht, JA 2005, 823

S Elicker, Examensrelevante Probleme aus dem Bereich der Gesetzesinitiative (Art. 76 GG), JA 2005, 513

S Hebeler, Verfassungsrechtliche Stellung und Funktion des Bundesrates, JA 2003, 522

S Fischer, Die Verfassungsmäßigkeit rückwirkender Normen, JuS 2001, 861

S Nolte/Tams, Das Gesetzgebungsverfahren nach dem Grundgesetz, JURA 2000, 158

S Ehlers, Ungeschriebene Kompetenzen, JURA 2000, 323

S Heselhaus, Abgrenzung von Steuer- und Sachgesetzgebungskompetenz, JA 1999, 635

S Stüsser, Die Rückwirkung in der Rechtsprechung des BVerfG, JURA 1999, 545

S Wernsmann, Grundfälle zur verfassungsrechtlichen Zulässigkeit rückwirkender Gesetze, JuS 1999, 1177

S Kunig, Steuern, Gebühren, Beiträge, Sonderabgaben, JURA 1995, 47

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Standort: ÖR/GG/Staatsorganisationsrecht/Bundespräsident

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Fall: "Immer Ärger mit dem Bundespräsidenten"

Der Deutsche Bundestag hat mit der erforderlichen Mehrheit ein Gesetz zur Änderung des Grundge-setzes beschlossen, dem auch der Bundesrat mit der erforderlichen Mehrheit zugestimmt hat. Es lautet:

Gesetz zur Änderung des Art. 21 II 2 GG

§ 1: Über die Frage der Verfassungswidrigkeit einer Partei entscheidet das Bundesverfassungsgerichtoder auf Antrag des Bundestages der Bundestagspräsident.

Der Bundespräsident meint, das Gesetz sei verfassungswidrig und weigert sich daher, es auszufertigen.Der Deutsche Bundestag hingegen ist der Ansicht, es sei nicht Aufgabe des Bundespräsidenten, ihn aufdiese Weise zu bevormunden. Vielmehr obliege ihm die Ausfertigung der Gesetze im Rahmen seinerrein repräsentativen Funktion als Staatsoberhaupt nur der Form halber.

Deshalb zieht der Deutsche Bundestag, vertreten durch seinen Präsidenten, eine Woche nach Bekannt-gabe der Entscheidung des Bundespräsidenten vor das Bundesverfassungsgericht, und beantragt schrift-lich festzustellen, dass der Bundespräsident zur Ausfertigung des Gesetzes verpflichtet ist.

Wie wird das BVerfG entscheiden?

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1Standort: ÖR/GG/StaatsorganisationsrechtSchwerpunkte: Organstreit - Zulässigkeit und Voraussetzungen; Bundespräsident - Prüfungskompetenz

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Lösungsskizze zum Fall "Immer Ärger mit dem Bundespräsidenten"

A. Zulässigkeit

I. Zuständigkeit

II. Parteifähigkeit

III. Tauglicher Antragsgegenstand

IV. Antragsbefugnis

V. Form

VI. Frist

B. Begründetheit

I. Prüfungskompetenz des Bundespräsidenten

1. Wortlaut

2. Historie

3. Systematik

4. Teleologie

a) Gewaltenteilung

b) Gesetzesbindung

II. Evidenter Verfassungsverstoß

1. Rechtsstaatsprinzip/Gewaltenteilung

2. Demokratieprinzip

3. Evidenz

Das BVerfG wird die beantragte Feststellung treffen, soweit der Antrag zulässig und begründet ist.

A. Zulässigkeit

I. ZuständigkeitFraglich ist zunächst die Zuständigkeit des BVerfG. Beim vorliegenden Antrag könnte es sich um ein Organstreitverfahrenhandeln, für welches das BVerfG nach Art. 93 I Nr.1 GG, §§ 13 Nr. 5, 63 ff. BVerfGG zuständig ist. In diesem Verfahrenstreiten oberste Bundesorgane oder deren Teile um ihre Rechte und Pflichten aus dem Grundgesetz. Ein solcher Fall liegthier mit der Streitigkeit zwischen dem Deutschen Bundestag und dem Bundestagspräsidenten vor.

II. ParteifähigkeitDie Parteifähigkeit ergibt sich aus Art. 93 I Nr. 1 GG i.V.m. § 63 BVerfGG. Sowohl der Deutsche Bundestag als Antrag-steller als auch der Bundespräsident als Antragsgegner sind dort ausdrücklich genannt.

III. Tauglicher AntragsgegenstandAntragsgegenstand des Organstreitverfahrens ist die Auslegung des Grundgesetzes aus Anlass von Streitigkeiten zwischenden genannten Organen. § 64 I BVerfGG fordert, dass sich der Antrag gegen eine “Maßnahme oder Unterlassung” desAntragsgegners” richtet. Darunter ist jedes rechtlich erhebliche Verhalten zu verstehen (vgl. Ehlers, JURA 2003, 315 [318];Ipsen, StaatsR I, Rn. 873). Hier geht es um ein Unterlassen des Bundespräsidenten, nämlich die Nichtausfertigung desGesetzes. Ohne Ausfertigung kann ein Gesetz nicht in Kraft treten, sodass dieses Unterlassen rechtliche Relevanz hat.

IV. AntragsbefugnisNach § 64 I BVerfGG ist der Antrag nur dann zulässig, wenn der Antragsteller geltend macht, dass er oder das Organ, demer angehört, durch die angegriffene Maßnahme des Antragsgegners in seinen ihm durch das Grundgesetz übertragenenRechten und Pflichten verletzt oder unmittelbar gefährdet ist. Dazu genügt, dass die Verletzung der Rechte des Antragsstel-lers zumindest möglich erscheint.Nach Art. 77 I 1 GG werden die Bundesgesetze vom Deutschen Bundestag beschlossen. Fertigt der Bundespräsident sieanschließend nicht aus, geht diese Organkompetenz jedoch ins Leere. Deshalb erscheint es zumindest möglich, dass dasangegriffene Unterlassen des Bundespräsidenten zu einer Verletzung des Deutschen Bundestages in seinem Recht aus Art.77 I 1 GG führt.

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2Standort: ÖR/GG/StaatsorganisationsrechtSchwerpunkte: Organstreit - Zulässigkeit und Voraussetzungen; Bundespräsident - Prüfungskompetenz

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V. FormNach § 23 I 1 BVerfGG ist die Schriftform vorgesehen, die hier eingehalten wurde.

VI. Frist§ 64 III BVerfGG sieht eine Frist von 6 Monaten vor, nachdem die beanstandete Maßnahme oder Unterlassung demAntragsteller bekannt geworden ist. Diese Frist ist hier eingehalten worden, da der Antrag bereits eine Woche später gestelltwurde.

Der Antrag ist nach alledem zulässig.

B. BegründetheitDer Antrag im Organstreitverfahren ist nach § 67 S. 1 BVerfGG begründet, soweit die angegriffene Maßnahme des Antrags-gegners verfassungswidrig ist. Streitig ist dabei, ob hier eine objektive Verfassungsmäßigkeitskontrolle stattfindet (so EhlersJURA 2003, 315 [320]) oder über den Wortlaut der Norm hinaus eine Verletzung der Rechte des Antragstellers erforderlich ist(so Erichsen JURA 1990, 670 [672]; vgl. auch BVerfGE 85, 264 [266], wo eine Rechtsverletzung festgestellt wird). Diese Fragekann hier jedoch dahinstehen, denn wäre die Weigerung des Bundespräsidenten, das Gesetz auszufertigen, tatsächlich verfassungs-widrig, wäre neben Art. 82 GG mit Art. 77 I 1 GG jedenfalls auch eine den Antragsteller berechtigende Verfassungsnorm verletzt.

I. Prüfungskompetenz des BundespräsidentenDie Befugnis des Bundespräsidenten, die Ausfertigung des Änderungsgesetzes zu verweigern, hängt zunächst davon ab, obdem Bundespräsidenten überhaupt ein Prüfungsrecht hinsichtlich auszufertigender Gesetze zusteht. Gäbe es ein solchesnicht, erschöpfte sich seine Ausfertigungskompetenz also tatsächlich, wie der Antragsteller meint, in einem formal-re-präsentativen Akt des Ausfertigens der Gesetze, wäre seine Weigerung von vornherein verfassungswidrig. Nur wenn ihmein Prüfungsrecht zusteht, ist weiter zu fragen, ob er dieses in verfassungskonformer Weise ausgeübt hat.

Ein Prüfungsrecht hinsichtlich der formellen Verfassungsgemäßheit eines Gesetzes wird dem Bundespräsidenten aufgrunddes Wortlauts des Art. 82 I 1 GG und nach dessen Sinn und Zweck, an das Ende des Gesetzgebungsverfahrens eine Kon-trollinstanz für das Verfahren in seiner Gesamtheit zu stellen, allgemein zuerkannt. Hingegen steht ihm ein politischesPrüfungsrecht angesichts seiner repräsentativen, überparteilichen Stellung nach allg.M. nicht zu. Hier geht es jedoch wederum ein formelles noch um ein politisches Prüfungsrecht. Vielmehr könnte die vorgenommene Verfassungsänderung mitmateriellem Verfassungsrecht, namentlich den Art. 79 III, 20 I, II, III GG kollidieren. Ob der Bundespräsident auch einmaterielles Prüfungsrecht hat, ist umstritten (vgl.: für ein Prüfungsrecht: Schoch, JURA 2007, 354 [361]; v. Man-goldt/Klein, GG, Art. 82 Rn. 25 ff.; Maunz/Dürig/Herzog/Scholz, GG, Art. 54 Rn. 75; Art 58, Rn. 16; Art. 82, Rn. 2; SternII, § 30 III 4 a; Hesse, Rn. 667; a.A.: Freisenhahn, FS Leibholz II, 1966, S. 678; Friauf, FS Darstens 1984, Bd. 2, S. 545;Erichsen, JURA, 1985, 425). Dies ist durch Auslegung zu ermitteln.

1. WortlautNach dem Wortlaut des Art. 82 I 1 GG bezieht sich die Prüfung auf die Vorschriften des GG. Die Vorschriften desGrundgesetzes sind auch solche, die materielle Rechte gewähren. Somit könnte sich aus dem Wortlaut ein materiellesPrüfungsrecht ergeben. Andererseits verlangt Art. 82 GG, dass die Gesetze nach den Vorschriften des Grundgesetzes"zustande gekommen" sein müssen. Dies spricht für eine rein verfahrensrechtliche Kontrolle des Zustandekommens.Der Wortlaut lässt also keine abschließende Beurteilung zu.

2. HistorieAus der Stellung des Reichspräsidenten in der Weimarer Reichsverfassung könnten sich Anhaltspunkte zur Problemlö-sung ergeben. In der WRV hatte der Reichspräsident eine sehr starke Stellung; so hatte er unstreitig ein materiellesPrüfungsrecht bei der Ausfertigung von Gesetzen nach Art. 70 I WRV. Diese Stellung des Reichspräsidenten ist so nichtin das GG übernommen worden. Im GG ist die Stellung des Bundespräsidenten repräsentativer und integrativer Natur.Daraus könnte entnommen werden, dass eben keine umfassende Prüfung durch den Bundespräsidenten vorgenommenwerden soll. Grundsätzlich ist der Negativvergleich mit der WRV als geschichtliches Auslegungskriterium aber keineVorgehensweise, die der Stellung der Verfassungsorgane des Grundgesetzes gerecht wird. Neben Unterschieden gibtes auch Übereinstimmungen. Die Stellung der obersten Verfassungsorgane der BRD muss somit letztlich eigenständigpositiv aus dem GG hergeleitet werden. Somit kann auch hier der Vergleich mit der WRV nicht weiterhelfen.

3. SystematikDie Stellung der Vorschrift im GG könnte eine Aussage treffen. Art 82 I 1 GG steht am Schluss des Abschnittes VII,der die Gesetzgebung des Bundes regelt. Der VII. Abschnitt des Grundgesetzes betrifft aber nur die formelle Seite derGesetzgebung. Somit würde dies das Prüfungsrecht nur auf formelle Fehler beschränken.Für die materielle Prüfungsbefugnis spricht allerdings, dass ein Gesetz, welches das Grundgesetz verletzt, nicht zu den

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3Standort: ÖR/GG/StaatsorganisationsrechtSchwerpunkte: Organstreit - Zulässigkeit und Voraussetzungen; Bundespräsident - Prüfungskompetenz

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"nach den Vorschriften dieses Grundgesetzes zustande gekommenen Gesetzen" i.S.d. Art. 82 I 1 GG gehören kann. Eingegen das Grundgesetz verstoßendes Gesetz ist nämlich ein verfassungsänderndes Gesetz; für verfassungsänderndeGesetze schreibt aber Art. 79 I 1 GG ein Gesetz vor, "das den Wortlaut des Grundgesetzes ausdrücklich ändert oderergänzt", sofern die Verfassungsänderung nicht schon nach Art. 79 III GG überhaupt unzulässig ist. Mangels Einhaltungdes Gebotes des Art. 79 I 1 GG ist also das materiell verfassungswidrige Gesetz auch formell verfassungswidrig, waszeigt, dass die Unterscheidung zwischen der formellen Prüfungskompetenz des Bundespräsidenten und der materiellenPrüfungskompetenz praktisch nicht möglich ist (v. Münch, Staatsrecht I, Rn. 824). Man kann daher in jedem materiellenVerstoß auch einen formellen erblicken. Somit spricht die systematische Auslegung für ein materielles Prüfungsrecht.

4. TeleologieUnter diesem Gesichtspunkt wird die Stellung des Bundespräsidenten unter den Verfassungsorganen herausgearbeitet.Ist es Sinn und Zweck des Art. 82 GG, ihm eine materielle Kontrolle zu eröffnen?

a) GewaltenteilungAus dem Grundsatz der Gewaltenteilung, vgl. Art. 20 II GG, könnte sich ein Ergebnis ableiten lassen. Für die Ge-setzgebung ist die Legislative verantwortlich. Der Bundespräsident ist nicht Teil der Legislative und würde mit derRüge der materiellen Verfassungswidrigkeit in Aufgabenbereiche der Legislative eingreifen. Der Grundsatz derGewaltenteilung ist aber auch im GG nicht streng verwirklicht. Eine Verletzung liegt nur dann vor, wenn ohneRechtfertigung in Kernbereiche eingegriffen wird. Allein die Rüge der materiellen Verfassungswidrigkeit erscheintaber noch nicht als Eingriff in den Kernbereich der Legislative.Der Gewaltenteilungsgrundsatz könnte deswegen verletzt sein, weil es dem BVerfG vorbehalten ist, die Verfassungs-widrigkeit einer Norm festzustellen (vgl. Art. 100, 93 I Nr.1, 2 und 4 GG). Diesem Argument kann entgegengehaltenwerden, dass das Bundesverfassungsgericht erst kontrolliert, wenn das Gesetz bereits wirksam zustande gekommenist. Vor der Ausfertigung besteht diese Ausschließlichkeit nicht. Eine vorherige Kontrolle durch den Bundesprä-sidenten wäre vielmehr sinnvoll. So kann auch aus dem Gewaltenteilungsprinzip keine eindeutige Lösung hergeleitetwerden.

b) GesetzesbindungDie Bindung an das GG über Art. 1 III, 20 III GG könnte für das materielle Prüfungsrecht sprechen. Als Verfas-sungsorgan ist der Bundespräsident an die verfassungsmäßige Ordnung gebunden und muss daher bei verfassungs-rechtlichen Bedenken eingreifen. Hier ist aber zu beachten, dass auch der Gesetzgeber als Verfassungsorgan an dieverfassungsmäßige Ordnung gebunden ist. Wenn der Gesetzgeber ein Gesetz beschließt, ist anzunehmen, dass er dieBedenken nicht für so relevant hält, dass ein Verstoß gegen die Verfassung vorliegt. Fraglich ist, wie die unter-schiedlichen Einschätzungen der Verfassungsorgane zu behandeln sind. Aus der Verantwortung des Gesetzgebersfür das Gesetzgebungsverfahren und der Gewaltenteilung könnte man ihm eine Einschätzungsprärogative zukommenlassen. Der Bundespräsident könnte dann nicht materiell prüfen. Ob aber der Einschätzungsvorrang des Gesetzgebersimmer besteht ist zweifelhaft. Im Falle einer offenkundigen materiellen Verfassungswidrigkeit muss der Bundespräsident berechtigt sein, dieAusfertigung eines Gesetzes zu verweigern. Es kann einerseits einem Verfassungsorgan im Rahmen seiner Ge-setzesbindung nicht abverlangt werden, “sehenden Auges” ein offensichtlich verfassungswidriges Gesetz zu verkün-den und dessen Beseitigung allein den Gerichten zu überlassen. Die Beschränkung des materiellen Prüfungsrechtsauf evidente Verfassungsverstöße trägt andererseits zugleich der Gefahr Rechnung, dass der Bundespräsident imRahmen seiner Ausfertigungsbefugnis das Inkrafttreten eines (eventuell politisch unliebsamen) Gesetzes erheblichverzögert.

Zwischenergebnis: Jedenfalls bei evidenten Verstößen steht dem Bundespräsidenten auch ein materielles Prüfungsrecht zu.

[Anm.: Die Beschränkung auf eine Evidenzkontrolle entspricht der Praxis aller bisherigen Bundespräsidenten (vgl. etwa die

Nichtausfertigung des LuftverkehrsänderungsG durch Bundespräsident v. Weizsäcker im Januar 1991 wegen evidenten Verstoßes

gegen den damaligen Art. 87 d I GG).]

II. Evidenter VerfassungsverstoßFraglich ist, ob das Gesetz zur Änderung des Art. 21 II 2 GG evident verfassungswidrig im o.g. Sinne ist. Dies ist nichtallein deshalb ausgeschlossen, weil das Gesetz die Verfassung selbst ändert. Vielmehr ist auch eine Änderung des Grundge-setzes gem. Art. 79 III GG dann unzulässig, wenn sie gegen einen der in Art. 1 und 20 GG festgelegten Grundsätze verstößt(“verfassungswidriges Verfassungsrecht”).

1. Rechtsstaatsprinzip/GewaltenteilungIn Betracht kommt zunächst ein Verstoß gegen das Rechtsstaatsprinzip aus Art. 20 III GG in Form des Grundsatzes der

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Gewaltenteilung.Nach diesem Grundsatz ist die staatliche Macht in Funktionsbereiche aufgeteilt, deren Erfüllung verschiedenen, vonein-ander getrennten Gruppen staatlicher Organe rechtlich zugewiesen ist. Dadurch sollen Legislative, Exekutive undJudikative sich gegenseitig ergänzen, kontrollieren und begrenzen. Dies hemmt die Staatsgewalt zum Schutze derFreiheit der Bürger (vgl. Stern, Staatsrecht, Bd. I, § 20 IV 3a). Dieses System der "checks and balances" soll insbeson-dere durch funktionsgetrennte Einwirkungs- und Kontrollrechte einer Gewalt auf die anderen erreicht werden (vgl.Stern, Staatsrecht I, § 20 IV 3c). Dies geschieht hier durch Kontrolle der Ziele der Parteien, die im Zusammenschlusszu Fraktionen Teile des BT's sind, durch das Bundesverfassungsgericht.Fraglich ist, ob die vorgeschlagene Entscheidungskompetenz des BT-Präsidenten dieses Gleichgewicht von Hemmungund Kontrolle durchbricht. Der BT-Präsident wird nach parlamentarischem Brauch von der jeweils größten Fraktiongestellt (vgl. auch § 7 VI GeschO BT). Zwar wird die Stellung des Präsidenten als parteipolitisch neutral empfunden(vgl. Anselm/Versteyl in v. Münch, GG, Art. 40 Rn. 3). Jedoch ist der BT-Präsident dennoch zur politischen Kraft zuzählen. Das Parteiverbot ist vom GG aber gerade nicht als politischer Akt, sondern als Maßnahme rechtsstaatlichenVerfassungsschutzes gedacht (vgl. Seifert, Die politischen Parteien, S. 473). Diesen Schutz einem Organ der politi-schen Gewalt, wie es der BT-Präsident ist, in die Hände zu geben, stellt einen Zuordnungsfehler dar. Dieser ist auch einVerstoß gegen das Gewaltenteilungsprinzip, da die Intention dieser Regelung gerade darin besteht, dass die rechtlichenKriterien, an welche die Gerichte gebunden sind, umgangen werden können durch eine politische Mehrheitsentschei-dung. Die Regelung ist somit wegen eines Verstoßes gegen das Gewaltenteilungsprinzip verfassungswidrig.

2. DemokratieprinzipFerner könnte § 1 des Änderungsgesetzes auch gegen das Demokratieprinzip verstoßen. Dieses besagt, dass eine vomVolk ausgehende Herrschaftsform anzustreben ist, bei der eine größtmögliche Freiheit aller erreicht ist. Ein Grund-pfeiler der Demokratie ist dabei der Meinungspluralismus, den nur ein Mehrparteiensystem gewährleistet. Deshalb istletzteres in einer Parteiendemokratie wie der Bundesrepublik geboten (vgl. Stern, Staatsrecht Bd. I, § 18 II 5 f.). Hierfürist u.a. ein umfassender Bestandsschutz für die Parteien zu fordern, der seine Grenzen nur in dem Bestand der verfas-sungsmäßigen Ordnung findet (wehrhafte Demokratie). Der Bestandsschutz ist als gewährleistet anzusehen, wenn alleindas Bundesverfassungsgericht über den Bestand einer Partei entscheidet, da diese Entscheidung i.S.d. Verfassungs-schutzes sich einzig an den Werten des Grundgestzes ausrichtet. Dagegen bedeutet die Entscheidungskompetenz desBT-Präsidenten als politisches Organ einen Einbruch in den umfassenden Bestandsschutz, da diese Kompetenz nichtmehr gewährleistet, dass ein Parteiverbot einzig zugunsten des Verfassungsschutzes ergeht. Vielmehr beschränkt dieneue Gesetzesbestimmung den Pluralismus und verstößt daher gegen das Demokratieprinzip. Daran ändert auch dasAntragserfordernis des Bundestages nichts, weil dies auch im Rahmen des § 43 I BVerfGG gilt und der Bundestagebenfalls ein politisches Organ ist.

3. EvidenzBeide Verstöße stehen der Neufassung des Art. 21 II 2 GG “auf der Stirn geschrieben” und sind daher evident verfas-sungswidrig. Selbst einem Laien muss aufgehen, dass ein Angehöriger einer politischen Partei es nicht in der Handhaben kann, eine andere Partei zu verbieten. Auch dass zwei Stellen aus unterschiedlichen Staatsgewalten für ein- unddieselbe Frage zuständig sein sollen, provoziert geradezu widersprüchliche Entscheidungen. Damit liegt ein offen-kundiger Verstoß gegen Art. 20 GG i.V.m. § 79 III GG vor, so dass § 1 des Änderungsgesetzes materiell verfassungs-widrig ist.

Ergebnis: Der Bundespräsident durfte die Ausfertigung des Gesetzes verweigern. Das hiergegen gerichtete Organstreitverfahren desDeutschen Bundestages ist zulässig, aber unbegründet. Das BVerfG wird daher feststellen, dass das Verhalten des Bundespräsidentenverfassungsgemäß war.

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Page 24: Jura Intensiv Basisprogramm Staatsorganisationsrecht

Mischverwaltung

= Verwaltungsorganisation, bei der eine Bundesbehörde einer Landesbehörde übergeordnet istoder bei der ein Zusammenwirken von Bundes- und Landesbehörde durch Zustimmungserfor-dernisse erfolgt (Maurer, Staatsrecht I, § 18, Rn. 27).

=> prinzipiell unzulässig (Jarass/Pieroth, GG, Art. 30, Rn. 10)

Aber: • Art. 84 V, 85 III 1, 120a GG und die Gemeinschaftsaufgaben, Art. 91a und b GGHier sieht das GG selbst Einwirkungsmöglichkeiten der Bundes- auf die Landes-verwaltung vor. Es besteht also kein absolutes Verbot der Mischverwaltung. Vielmehrkommt es auf die Aufgabenzuweisung durch das GG an. Zugewiesene Aufgaben müssenallerdings durch eigene Verwaltungseinrichtungen wahrgenommen werden, sog.Grundsatz eigenverantwortlicher Aufgabenwahrnehmung (Ipsen, Staatsorganisations-recht, Rn. 657).

Ausführung der Bundesgesetze durch die Länder

=> als eigene Angelegenheit, Art. 83 GG (Grundsatz)• eigene Einrichtung der Behörden und des Verwaltungsverfahrens, Art. 84 I 1 GG. Jedoch

kann der Bund gem. Art. 84 I 2 GG ohne Zustimmungserfordernis des Bundesrates eigeneRegelungen treffen, wobei den Ländern in diesem Fall ein Abweichungsrecht zukommt.

• Rechtsaufsicht des Bundes, Art. 84 III 1 GG• Weisungsrecht nur aufgrund Zustimmungsgesetzes und grds. nur an die obersten

Landesbehörden, Art. 84 V GG

=> Bundesauftragsverwaltung, Art. 85 GG (Ausnahme)• muss ausdrücklich im GG angeordnet sein, z.B.: Art. 87b II, 87c, 87d II, 90 II, 104a

III 2 GG• eigene Einrichtung der Behörden durch die Länder, Art. 85 I GG• Rechts- und Fachaufsicht, Art. 85 IV 1 GG• umfassendes Weisungsrecht der zuständigen obersten Bundesbehörden, grds. an die

obersten Landesbehörden, Art. 85 III 1, 2 GG

Bundeseigene Verwaltung der BundesgesetzeArt. 86-90 GG

=> durch bundeseigene Behörden = bundesministerielle Verwaltung• Oberste Bundesbehörden (z.B.: Ministerien, Bundesrechnungshof, Bundesbank)• Bundesoberbehörden = aus dem Bundesministerium ausgegliederte und als selbständige

Behörden eingerichtete Verwaltungsstellen mit Zuständigkeit für das gesamte Bundes-gebiet, z.B.: Bundeskriminalamt (Jarass/Pieroth, GG, Art. 87, Rn. 8).

=> durch mittelbare Bundesverwaltung in Gestalt von bundesunmittelbaren Körperschaftenund Anstalten des öffentlichen Rechts. Es handelt sich um rechtlich verselbständigteVerwaltungseinheiten ("mittelbar"), die unter der direkten Aufsicht ("unmittelbar") vonBundesbehörden stehen. Demgegenüber besitzen die oben bezeichneten Bundesober-behörden keine eigene Rechtspersönlichkeit (Ipsen, Staatsorganisationsrecht, Rn.650f.; Jarass/Pieroth, GG, Art. 87, Rn. 10). Bsp.: Bundesagentur für Arbeit. Bundesversicherungsanstalt für Angestellte, die entgegen ihrer Bezeichnung keine Anstalt,sondern eine Körperschaft ist (Ipsen, Staatsorganisationsrecht, Rn. 652).

=> mit eigenem Unterbau, falls im GG bestimmt, z.B. Art. 87 I 1 GG.

Die Ausführung der Bundesgesetze nach dem GG

Standort: ÖR/ GG/ Staatsorganisationsrecht/ Verwaltung der Bundesgesetze

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Page 25: Jura Intensiv Basisprogramm Staatsorganisationsrecht

Standort: ÖR/Staatsorganisationsrecht/Verwaltungskompetenzen

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Fall: "Der widerspenstige Minister"

Im Bundesland B betreibt die Firma Nukleon seit mehreren Jahren eine Fabrik zur Herstellung der fürden Betrieb von Atomkraftwerken notwendigen atomaren Brennelemente. Sie ist die einzige Fabrikdieser Art in Deutschland. Am 03.04.2001 widerruft der Landesminister M, gestützt auf § 17 III Nr. 3AtG, die der Firma Nukleon von seinem Amtsvorgänger erteilte Genehmigung zur Herstellung vonKernbrennstoffen und ordnet die sofortige Stilllegung des Betriebes an. Zur Begründung führt er aus,die Firma Nukleon habe die nach dem Stand von Wissenschaft und Technik erforderliche Vorsorgegegen Schäden nach § 7 II Nr. 3 AtG nicht getroffen. Angesichts der erheblichen Gefährdung der Be-schäftigten und der Allgemeinheit durch die Nachlässigkeit der Firma Nukleon und weil auch durchnachträgliche Auflagen nicht in angemessener Zeit Abhilfe geschaffen werden könne, habe ihm hin-sichtlich des Widerrufs auch kein Ermessensspielraum zur Verfügung gestanden.

Wegen der erheblichen Folgen des Widerrufs der Genehmigung und der Stilllegungsverfügung für diegesamte deutsche Atomwirtschaft bittet der zuständige Bundesminister für Umweltschutz und Reaktor-sicherheit T den M zu einer Besprechung nach Berlin. Er erklärt dem M, er halte den Widerruf derGenehmigung für rechtswidrig, weil die Voraussetzungen des § 17 III Nr. 3 AtG nicht vorlägen. Tkündigt an, dass er den M zur Aufhebung des Widerrufs anweisen werde, wenn dieser ohne eine über-zeugendere Begründung an dem Widerruf festhalten sollte. Nachdem M vierzehn Tage später dem Tmitgeteilt hat, dass seine Entscheidung endgültig sei, wirft Bundesminister T dem M im Bundestag vorlaufenden TV-Kameras eine "böswillige und hartnäckige Verweigerungshaltung" vor. Dies läge wohlan dem "grünen Parteibuch" des M. Weiterhin weist T den M in einem ausführlich begründeten Schrei-ben vom 30.04.2001 an, den Widerruf sofort aufzuheben. T weiß nicht, dass die Rechtsauffassung desM völlig korrekt ist und ein Widerruf der Genehmigung erfolgen mußte.

Angesichts der Weisung sieht sich M jedoch gezwungen, den Widerruf vom 03.04.01 aufzuheben.Daraufhin ketten sich Mitglieder von Umweltschutzverbänden vor sämtliche Zufahrten zu dem Betriebder Firma Nukleon. Sie erklären, wer die Blockade brechen wolle, müsse sie losfräsen und wegtragen.Da schon aufgrund von kurzen Betriebsverzögerungen die Versorgung der Deutschen Atomkraftwerkemit Brennelementen gefährdet ist, verlangt die Bundesregierung nunmehr vom Land B, dass es derBlockade durch Einsatz polizeilicher Mittel ein Ende macht. M und die gesamte Landesregierung er-klären im Fernsehen, dass die Demonstranten ja eigentlich im Recht seien und weigern sich deshalb,gegen diese vorzugehen.

Prüfen Sie, ob die Weisung einschließlich der Äußerung von T im Bundestag einen Verfassungsverstoßdarstellt, den das Bundesland B gegenüber dem Bund erfolgreich geltend machen kann.

Kann der Bund, gestützt auf Art. 91 bzw. 37 GG, durch Weisungen an das Land B oder an dessen Be-hörden oder durch den Einsatz des Bundesgrenzschutzes bei Kooperationsbereitschaft des Bundesratesdie Aufhebung der Blockade bewirken?

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Page 26: Jura Intensiv Basisprogramm Staatsorganisationsrecht

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1Standort: ÖR/Staatsorganisationsrecht/VerwaltungskompetenzenSchwerpunkte: Weisungsrecht des Bundes gegenüber den Ländern

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Lösungsskizze zum Fall "Der widerspenstige Minister"

A. Verfassungsverstoß durch die Weisung

I. Rechtsgrundlage für die Weisung

II. Voraussetzungen der Weisung

1. Formelle Voraussetzungen

a) Zuständigkeit

b) Verfahren

(1) Vorherige Anhörung des Landes

(2) Keine Weisung ohne Vorwarnung

c) Form

2. Materielle Voraussetzungen

a) Tauglicher Weisungsgegenstand

b) Gebot der Weisungsklarheit

c) Verfassungsverstoß durch rechtswidrigen Inhalt der Weisung

(1) Rechtswidrige Weisung greift in Eigenstaatlichkeit der Länder ein

(2) Rechtswidrige Weisung verletzt nicht die Rechte des Weisungsadressaten

(3) Stellungnahme

d) Pflicht zu bundesfreundlichem Verhalten

e) Verstoß gegen sonstige Verfassungsgrundsätze

B. Die Äußerung des T im Bundestag

C. Maßnahmen nach Art. 91 GG

D. Maßnahmen nach Art. 37 GG

I. Voraussetzungen des Art. 37 GG

1. Verstoß gegen Bundespflicht aus Art. 85 III 1 GG

2. Verstoß gegen das Prinzip der Bundestreue

3. Vorherige Anrufung des BVerfG

II. Notwendige Maßnahmen

1. Weisung nach Art. 37 II GG

2. Ersatzvornahme

A. Verfassungsverstoß durch die WeisungDie Weisung stellt dann eine Verletzung der Verfassung dar, die das Land auch aus eigenem Recht dem Bund gegenüber geltendmachen kann, wenn sie gegen Verfassungsbestimmungen verstößt, die sich gerade auf das verfassungsrechtliche Verhältniszwischen Bundesgewalt und Landesgewalt beziehen. Die Weisung könnte die durch Art. 20 I GG gewährleistete und auch für denBereich des Vollzugs der Bundesgesetze (Art. 30, 83 ff. GG) geltende Eigenstaatlichkeit des Landes B verletzen. Die Weisungdes Bundesminister T bezieht sich auf den Vollzug des AtG. Ob damit ein Verstoß gegen die von der Verfassung verbürgtenRechte des Landes einhergeht, richtet sich danach, welche grundgesetzlichen Regelungen über die Ausführung der Bundesgesetzedurch die Länder Anwendung finden und ob für die Weisung eine Rechtsgrundlage besteht.

I. Rechtsgrundlage für die WeisungGem. Art. 83 GG ist die Ausführung der Bundesgesetze Sache der Länder, soweit nicht das Grundgesetz etwas anderesbestimmt oder zulässt. Die Länder führen die Bundesgesetze grundsätzlich als eigene Angelegenheiten aus (Art. 83, 84GG); daneben sieht das Grundgesetz für bestimmte, von ihm selbst festgelegte (obligatorische, z.B. Art. 90 II GG) oderausdrücklich zugelassene (fakultative, z.B. Art. 87c GG) Materien eine Ausführung im Auftrag des Bundes vor (Ebeler,JURA 2002, 164 [168]; Degenhart, Staatsrecht I , Rn. 128). Nach Art. 87c GG können Gesetze, die aufgrund des Art. 73I Nr. 14 GG ergehen, mit Zustimmung des Bundesrates bestimmen, dass sie von den Ländern im Auftrag des Bundesausgeführt werden. Das AtG ist ein Gesetz aufgrund des Art. 73 I Nr. 14 GG. Der Bundesgesetzgeber hat auch von derErmächtigung des Art. 87 c GG Gebrauch gemacht: § 24 I 1 AtG bestimmt, dass die Verwaltungsaufgaben nach demzweiten Abschnitt des AtG im Auftrage des Bundes wahrgenommen werden. Rechtsgrundlage für die Weisung ist folglichArt. 85 III 1 GG.

II. Voraussetzungen der WeisungDas Bundesland könnte jedoch dann durch die Weisung nach Art. 85 III 1 GG in seinem verfassungsmäßigen Recht auf

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2Standort: ÖR/Staatsorganisationsrecht/VerwaltungskompetenzenSchwerpunkte: Weisungsrecht des Bundes gegenüber den Ländern

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Wahrnehmung der eigenen Kompetenz verletzt sein, wenn die formellen oder materiellen Anforderungen an die Ausübungder Weisungsbefugnis nicht gewahrt worden sind.

1. Formelle Voraussetzungen

a) ZuständigkeitWeisungsberechtigt ist gem. Art. 85 III 1 GG die zuständige oberste Bundesbehörde. Dies ist hier der Minister fürUmweltschutz und Reaktorsicherheit.

b) VerfahrenDer Bund darf bei der Ausübung seiner Weisungskompetenz nicht die Pflicht zum bundesfreundlichen Verhaltenverletzen (v. Münch, Staatsrecht, Bd. 1, Rn. 879). In formeller Hinsicht zählen hierzu besondere prozeduraleAnforderungen.

(1) Vorherige Anhörung des LandesDer Grundsatz des bundesfreundlichen Verhaltens gebietet, dass - außer bei Eilbedürftigkeit - vor Weisungserlassdem Land Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben und dessen Standpunkt erwogen wird (BVerfGE 81, 310 [337]).Dies ist hier geschehen.

(2) Keine Weisung ohne VorwarnungDem Gebot des bundesfreundlichen Verhaltens entspricht es ferner, dass der Bund dem Land gegenüber im Streitfallgrundsätzlich zu erkennen gibt, dass er den Erlass einer Weisung erwägt, um dem Land die Bedeutung des Konfliktsvor Augen zu führen (BVerfGE 81, 310 [338]). T hat das Bundesland B vorgewarnt, so dass diese Voraussetzungerfüllt ist. Damit ist der Grundsatz des bundesfreundlichen Verhaltens bei der Ausübung der Weisungskompetenzgewahrt worden. Der sich aus Art. 20 I GG i.V.m. Art. 30, 85 GG ergebende verfassungsrechtliche Status desBundeslandes B wird folglich durch die Weisung nicht verletzt.

c) FormDie Weisung ist, außer wenn die Bundesregierung es für dringlich erachtet, gem. Art. 85 III 2 GG an die obersteLandesbehörde zu richten. Oberste Landesbehörde ist der Landesminister M, an den die Weisung auch gerichtet wordenist.

2. Materielle Voraussetzungen

a) Tauglicher WeisungsgegenstandNach Art. 85 III 1 GG wird von der Weisungskompetenz die gesamte Vollzugstätigkeit des Landes erfasst (BVerfGE81, 310 [335]; Jarass/Pieroth, GG, Art. 85 Rn. 6). Die Weisung ist Mittel zur Steuerung des Gesetzesvollzugs desLandes und kann deshalb nicht nur die nach außen zu treffende verfahrensabschließende Entscheidung sein, sondernauch das zu ihrer Vorbereitung dienende Verwaltungshandeln einschließlich der Festlegung auf eine bestimmteGesetzesauslegung betreffen. Hier betrifft die Weisung eine verfahrensabschließende Entscheidung nach außen, so dassein tauglicher Weisungsgegenstand vorliegt.

b) Gebot der WeisungsklarheitAus der Funktion der Weisung als eines Instruments der Verwaltungssteuerung und der Verlagerung vonSachkompetenz resultiert das Gebot der Weisungsklarheit (BVerfGE 81, 310 [336]). Die Weisung muss so abgefasstsein, dass der Weisungsadressat unter Zuhilfenahme der Erkenntnismöglichkeiten, die ihm als mit spezieller Sach- undRechtskunde ausgestatteter Landesbehörde zur Verfügung stehen, ihren objektiven Sinn ermitteln kann. Ein Verstoßgegen dieses Gebot ist hier nicht ersichtlich.

c) Verfassungsverstoß durch rechtswidrigen Inhalt der WeisungLaut Sachverhalt ist M verpflichtet gewesen, die Betriebsgenehmigung für die Firma Nukleon zurückzunehmen.Fraglich ist deswegen, ob die inhaltliche Rechtswidrigkeit der Weisung zu einem Verfassungsverstoß führt. Dies istumstritten.

(1) Rechtswidrige Weisung greift in Eigenstaatlichkeit der Länder einTeilweise wird eine auf Art. 85 III 1 GG gestützte Weisung wie ein in ein Grundrecht eingreifender Verwaltungsaktgedeutet (Pauly, Anfechtbarkeit und Verbindlichkeit von Weisungen in der Bundesauftragsverwaltung, S. 222f.;Lange, Das Weisungsrecht des Bundes in der atomrechtlichen Auftragsverwaltung, S. 116f.). Ist dieser rechtswidrig,so liegt ein Eingriff in ein subjektives Recht vor. Dasselbe gelte auch für die rechtswidrige Weisung, die dann einen

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Verfassungsverstoß darstellen würde.

(2) Rechtswidrige Weisung verletzt nicht die Rechte des WeisungsadressatenNach dem BVerfG und einem großen Teil der Literatur verletzt eine aufgrund Art. 85 III 1 GG erteilte, aberinhaltlich rechtswidrige Weisung nicht die Rechte des Adressaten (BVerfGE 81, 310 [331]; 84, 25 [31]; Lerche,BayVBl. 1987, 321 [322]). Die Weisungsunterworfenheit der Landesbehörde bedeute nämlich, dass dieVerwaltungskompetenz des Landes im Bereich der Auftragsverwaltung von vornherein eingeschränkt sei. Nur dieBefugnis zur Ausführung des Gesetzes nach außen hin, also die sog. Wahrnehmungskompetenz, z.B. etwa dieGenehmigung gegenüber dem Betreiber einer atomaren Anlage, sei den Ländern durch das Grundgesetzunentziehbar garantiert. Etwas anderes gelte jedoch für die Sachbeurteilung und Sachentscheidung, also für die sog.Sachkompetenz (z.B. für die Beurteilung der rechtlichen Voraussetzungen des Widerrufs einer Genehmigung).Diese sei zunächst zwar auch eine Landeskompetenz. Diese könne der Bund aber nach Art. 85 III 1 GG an sichziehen. Übe nun der Bund diese an sich gezogene Sachkompetenz aus, so greife er nicht in eine fremdeSachkompetenz ein, sondern übe nur eine eigene Sachkompetenz aus, was dazu führe, dass das betroffeneBundesland durch eine dem ausführenden Gesetz widersprechende, also rechtswidrige, Weisung nicht in seinenRechten verletzt werde. Nach dieser Auffassung würde die rechtswidrige Weisung des T nicht zu einemVerfassungsverstoß führen.

(3) StellungnahmeFür die zweite Auffassung spricht, dass Art. 85 III 1 GG einen zügigen Gesetzesvollzug sicherstellen soll (BVerfGE81, 310 [332]). Dies ist aber nur dann gewährleistet, wenn sich ein Bundesland nicht auf die Rechtswidrigkeit derWeisung berufen und so den Vollzug der Weisung blockieren kann. Zu folgen ist deswegen dieser Meinung, so dassdie rechtswidrige Weisung keine verfassungsrechtlich relevante Kompetenzverletzung durch den Bund gegenüberdem Bundesland B darstellt.

d) Pflicht zu bundesfreundlichem VerhaltenBei der Ausübung der Weisungsbefugnis unterliegt der Bund der Pflicht zu bundesfreundlichem Verhalten. Nachdiesem Gebot verlangt die Verfassung sowohl von den Gliedstaaten als auch vom Gesamtstaat nicht nur äußereOrdnungsgemäßheit in der Wahrnehmung ihrer staatsrechtlichen Pflichten, sondern auch ein stetes Bemühen um dieHerstellung eines guten, bundesfreundlichen Verhältnisses. Danach kann im Einzelfall die Berufung auf ein formellbestehendes Recht verfassungswidrig sein (vgl. Hesse, Grundzüge, Rn. 268 ff., S. 108 ff.; Bleckmann zum Rechtsinstitutder Bundestreue, JZ 1991, 900 ff.). Der Bund verstößt gegen diese Pflicht nicht schon dadurch, dass er von einer ihmdurch das Grundgesetz eingeräumten Kompetenz - hier das ihm gem. Art. 85 III 1 GG eingeräumte Weisungsrecht imRahmen der Auftragsverwaltung - Gebrauch macht. Vielmehr muss die Inanspruchnahme dieser Kompetenzoffensichtlich missbräuchlich sein (BVerfGE 81, 310 [343 f.]). Ein Verstoß gegen den Grundsatz bundesfreundlichenVerhaltens kann danach nicht festgestellt werden, ohne dass Anhaltspunkte für eine offensichtliche Missbräuchlichkeitgegeben wären.

e) Verstoß gegen sonstige VerfassungsgrundsätzeFraglich ist weiterhin, ob die Weisung ggfs. wegen Verstoß gegen sonstige Verfassungsgrundsätze, beispielsweisegegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz, verfassungswidrig sein kann. Umstritten ist jedoch bereits die Anwendbarkeitsonstiger Verfassungsgrundsätze neben der Pflicht zu bundesfreundlichem Verhalten im Bund- Länder - Verhältnis. DasBundesverfassungsgericht lehnt dies ab. Neben der Pflicht zu bundesfreundlichem Verhalten gebe es keineVerfassungsgrundsätze, aus denen Schranken für die Kompetenzausübung in dem von Staatlichkeit undGemeinwohlorientierung bestimmten Bund- Länder -Verhältnis gewonnen werden könnten. Die aus demRechtsstaatsprinzip abgeleiteten Schranken für die Einwirkung des Staates in den Rechtskreis des einzelnen seien aufdas Bund - Länder- Verhältnis nicht anwendbar. Dies gelte insbesondere für den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit.Ihm komme eine die individuelle Rechts- und Freiheitssphäre verteidigende Funktion zu (vgl. BVerfGE 79, 311 [341]).Das damit verbundene Denken in den Kategorien von Freiraum und Eingriff könne weder speziell auf die von einemKonkurrenzverhältnis zwischen Bund und Land bestimmte Sachkompetenz des Landes noch allgemein aufKompetenzabgrenzungen übertragen werden.In der Literatur wird demgegenüber die Nichtanwendbarkeit des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes überwiegend kritischbetrachtet bzw. abgelehnt (Hartung, JA 1991, 137 [139]; Lange, NVwZ 1990, 928 [930]). Dem Problem braucht vorliegend nicht weiter nachgegangen zu werden, da eine etwaige Unverhältnismäßigkeit derWeisung nicht erkennbar ist.

Die Weisung ist somit verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.

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B. Die Äußerung des T im BundestagDurch die Äußerung des T im Bundestag in seiner Eigenschaft als Mitglied der Bundesregierung könnte gegen den Grundsatz desbundesfreundlichen Verhaltens verstoßen worden sein. Der Grundsatz des bundesfreundlichen Verhaltens erstreckt sich nämlichauch auf Fragen des Stils des Umgangs von Bund und Ländern (BVerfGE 12, 205 [255]). Prinzipiell ist allerdings davonauszugehen, dass die Bundesregierung ihre Meinung äußern darf. Dieses Recht folgt aus der kompetenzrechtlichen Organstellungder Bundesregierung und ihrer Mitglieder gem. Art. 62, 65 GG. Es kommt folglich darauf an, ob die Äußerung des T von dieserKompetenz, unter Berücksichtigung der Pflicht zu bundesfreundlichem Verhalten, noch gedeckt ist. Dabei ist in Rechnung zustellen, dass im politischen Meinungskampf des öfteren mit harten Bandagen gefochten wird und deshalb von überhöhtenAnforderungen an die Zulässigkeit von Werturteilen abzusehen ist. Im Rahmen der politischen Auseinandersetzung ist auch dieBundesregierung berechtigt, durch Meinungsäußerungen mit angemessener Schärfe zu reagieren, soweit dies nicht aufsachfremden Erwägungen beruht (BVerfGE 40, 287 [293]). Die Äußerungen des Ministers enthalten reine Werturteile undberuhen nicht auf sachfremden Erwägungen. Damit sind sie noch zulässig, so dass durch die Äußerungen des Ministers T derGrundsatz des bundesfreundlichen Verhaltens nicht verletzt wird.

C. Maßnahmen nach Art. 91 GGFraglich ist, ob Maßnahmen nach Art. 91 GG in Betracht kommen, um die Aufhebung der Blockade zu bewirken. Art. 91 II GGgibt der Bundesregierung die Möglichkeit, im Fall des sog. "Inneren Notstandes" die Polizeistreitkräfte anderer Länder und auchdie des Landes B Weisungen zu unterstellen, sowie Einheiten der Bundespolizei einzusetzen. Das in Art. 91 GG bereitgestellteRegelungsinstrumentarium darf indes gem. Art. 91 I GG nur zur Abwehr einer drohenden Gefahr für den Bestand oder diefreiheitliche demokratische Grundordnung des Bundes oder eines Landes eingesetzt werden. Es geht in Art. 91 II GG um dieAbwehr von Angriffen, welche auf die Abspaltung von Teilen des Bundes oder auf den Umsturz des von der Verfassungvorgesehenen politischen Systems abzielen. Solch ein Angriff liegt hier nicht vor, so dass die Bundesregierung keine Maßnahmennach Art. 91 II GG ergreifen kann.

D. Maßnahmen nach Art. 37 GGWeisungen des Bundes an das Land B oder auch direkt an dessen Polizeibehörden sowie ein Einsatz der Bundespolizei könntenmöglicherweise auf Art. 37 GG gestützt werden.

I. Voraussetzungen des Art. 37 GGVoraussetzung für Maßnahmen nach Art. 37 I GG ist die Verletzung einer Bundespflicht. Bundespflichten sind solchePflichten der Länder, welche ihnen als Gliedstaaten des Bundes, also auf Grund der bundesstaatlichen Ordnung desGrundgesetzes obliegen (Jarass/Pieroth, GG, Art. 37 Rn. 2).

1. Verstoß gegen Bundespflicht aus Art. 85 III 1 GGHier könnte das Land B der Pflicht aus Art. 85 III 1 GG zuwidergehandelt haben, die Weisung zu befolgen und denWiderruf der Genehmigung zurückzunehmen. Die Pflicht, eine Weisung zu befolgen, ist eine Bundespflicht. DieWeisung des T hat jedoch nicht beinhaltet, dass das Land auch dafür Sorge tragen muss, dass die Firma Nukleon vonder ihr erteilten oder erhalten gebliebenen Genehmigung auch ungehindert durch protestierende Bürger Gebrauchmachen kann. Eine solche Weisung hätte der Bundesminister nämlich nicht geben dürfen, weil das gefordertepolizeiliche Einschreiten kein Fall der in Art. 85 III 1 GG geregelten Ausführung des Atomgesetzes, sondern ein Fallvon Ausführung des Landespolizeirechts ist. Damit ist das Land B der Weisung nachgekommen und hat nicht gegen Art.85 III 1 GG verstoßen.

2. Verstoß gegen das Prinzip der BundestreueDie Weigerung des Landes B, die Blockade mit polizeilichen Mitteln zu beenden, könnte gegen das Prinzip derBundestreue verstoßen. Auch dies ist eine Bundespflicht. Aus dem Prinzip der Bundestreue erwächst den Ländern eineMitwirkungspflicht (Stern, Staatsrecht Bd. I, S. 702). Sie dürfen nicht tatenlos zusehen, wenn rechtsstaatswidrigesVerhalten von Bürgern Bundesgesetze faktisch außer Wirkung setzt. Danach ist davon auszugehen, dass das Land B ausdem Prinzip der Bundestreue heraus verpflichtet ist, polizeilichen Flankenschutz für den Gesetzesvollzug zu gewähren,soweit ein Einschreiten nach Landespolizeirecht rechtlich möglich ist. Straßenblockaden sind indes als Störung deröffentlichen Sicherheit zu bewerten. Polizeiliche Maßnahmen sind also grundsätzlich statthaft, so dass das Land B eineBundespflicht verletzt, indem es sich weigert, seine Polizei zur Beendigung der Blockade einzusetzen.

3. Vorherige Anrufung des BVerfGFraglich ist, ob vor der Anwendung des Bundeszwangs nach Art. 37 GG das BVerfG angerufen werden muss, um dieVerletzung einer Bundespflicht festzustellen.

Dies wird teilweise mit dem Argument bejaht, dass der Bund, gestützt auf Art. 93 I Nr. 3 GG, auf Feststellung derbeanstandeten Verletzung einer Bundespflicht klagen kann. Eine vorherige Anrufung des BVerfG sei deswegen eine

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5Standort: ÖR/Staatsorganisationsrecht/VerwaltungskompetenzenSchwerpunkte: Weisungsrecht des Bundes gegenüber den Ländern

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ungeschriebene Voraussetzung der Anwendung von Bundeszwang (Dux, Bundesrat und Bundesaufsicht, 1963, S.124f.).

Nach heute herrschender Auffassung ist die vorherige Anrufung des BVerfG entbehrlich. Dies wird damit begründet,Art. 37 GG habe nicht den Sinn, als Instrument für die Vollstreckung von Entscheidungen des BVerfG zu dienen.

Für die herrschende Auffassung spricht, dass Art. 37 GG gerade die schnelle Behebung einer bundesstaatlichen Kriseherbeiführen soll. Diese Eignung würde er jedoch verlieren, müsste man vor der Anwendung des Bundeszwangs immerdas BVerfG anrufen (Maunz/Dürig/Herzog/Scholz, GG, Art. 37 Rn. 30). Für die h.M. spricht auch, dass das Bundeslandohne die Anrufung des BVerfG nicht schutzlos ist, denn der Bundeszwang ist von der Zustimmung des Bundesratesabhängig. Zudem bleibt dem vom Bundeszwang bedrohten Land stets die Möglichkeit, seinerseits das BVerfG nach Art.93 I Nr. 3 GG einzuschalten und drohenden Maßnahmen nach Art. 37 GG durch einen Antrag auf Erlass einereinstweiligen Anordnung nach § 32 BVerfGG zu begegnen. Damit ist der herrschenden Meinung zu folgen, so dass eineAnrufung des BVerfG vor Durchführung des Bundeszwangs entbehrlich ist.

II. Notwendige MaßnahmenFraglich ist, welche notwendigen Maßnahmen mit Zustimmung des Bundesrates zulässig sind.

1. Weisung nach Art. 37 II GGIn Betracht kommt eine Weisung nach Art. 37 II GG. Der Bund, d.h. die Bundesregierung oder ihr Beauftragter, könntenach Art. 37 II GG das Land, vertreten durch dessen Ministerpräsidenten, anweisen, für die polizeiliche Räumung derZufahrtswege zu sorgen. Ferner ist es nach Art. 37 II GG auch möglich, unmittelbar die zuständige Polizeibehörde zurRäumung anzuweisen. Wegen der vorangegangenen Weigerung des Landes B, die Räumung zu veranlassen, wäre dieseMöglichkeit zweckmäßiger.

2. ErsatzvornahmeFraglich ist, ob die Ersatzvornahme durch die Bundespolizei eine zulässige Maßnahme gem. Art. 37 I GG darstellt. Einderartiges Vorgehen würde sicherstellen, dass der Bund nicht auf die Kooperation widerstrebender Landesbediensteterangewiesen ist. Allerdings ist das Grundgesetz erkennbar darum bemüht, den Einsatz von Polizeikräften des Bundesdurch Zuweisung konkreter Aufgaben einzugrenzen. Es weist diesen die Aufgabe des Grenzschutzes in Art. 87 I 2 GGzu, gestattet ihren Einsatz gem. Art. 91 II GG zur Bekämpfung eines inneren Notstandes und stellt ihn den Ländern imWege der Amtshilfe nach Art. 35 GG zur Verfügung. In Art. 115 f I Nr. 1 GG gestattet die Verfassung derBundesregierung im Verteidigungsfall, die Bundespolizei im ganzen Bundesgebiet einzusetzen (Schreiber, DVBl. 1992,589 [593]). Hätte der Verfassungsgeber den Einsatz der Bundespolizei auch im Rahmen des Bundeszwanges zulassenwollen, so hätte er auch dies ausdrücklich in Art. 37 I GG normiert. Damit kommt der Einsatz der Bundespolizei nachArt. 37 GG nicht in Frage. Von den diskutierten Maßnahmen steht somit nur das Weisungsrecht nach Art. 37 II GG zurVerfügung.

Rechtsprechung:

S BVerfG, NVwZ 2002, 585 = RA 2002, 133 (Zur Wahrnehmungskompetenz der Länder)

S BVerfG NJW 2002, 626, 629 = RA 2002, 317 (Zum Gebot bundesfreundlichen Verhaltens)

S BVerfG, NvwZ 2000, 1162 = RA 2000, 605 (Zum Weisungsrecht in der Bundsauftragsverwaltung)

Literatur:

- Klüppel, Informales Handeln des Bundes als Kompetenzproblem, JURA 2003, 262

- Ebeler, Die Ausführung der Bundesgesetze, Art. 83 ff. GG, JURA 2002, 164

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Page 32: Jura Intensiv Basisprogramm Staatsorganisationsrecht

I. Zulässigkeit des Antrags

1. Zuständigkeit des BVerfG

BVerfG gem. Art. 93 I Nr. 1 GG, die Zuständigkeit des LVerfGH ergibt sich aus Art. 75 Nr. 2 LVerf NW normiert.

2. Ordnungsgemäßer Antrag- Schriftform einschließlich Begründung, § 23 I BVerfGG- Bezeichnung der Bestimmung des GG, die verletzt sein soll, § 64 II BVerfGG

3. Beteiligungsfähigkeit, Art. 93 I Nr. 1 GG, § 63 BVerfGG- oberste Bundesorgane,- andere Beteiligte, die durch das GG oder die GO eines obersten Bundesorgans mit eigenen Rechten ausgestattet sind

- Teile dieser Organe==> siehe Problemkarte

4. AntragsgegenstandAntragsgegenstand ist gem. § 64 I BVerfGG eine Maßnahme oder Unterlassung des Antragsgegners.Der Begriff der Maßnahme ist weit auszulegen. Es können nicht nur Einzelmaßnahmen, sondern beispielsweise auchGesetzgebungsverfahren angegriffen werden (nicht hingegen eine Norm selbst, da insoweit Art. 93 I Nr. 2 GG einschlägigist) (Ehlers, Jura 2003, 315 (318)).Da nach § 64 I BVerfGG eine Rechtsverletzung möglich sein muss, können nur Maßnahmen oder Unterlassungenangegriffen werden, die Rechtswirkungen haben. Das ist z.B. nicht der Fall bei bloßen Gesetzesentwürfen oder reinenMeinungsäußerungen (BVerfGE 13, 123 (126); 80, 188 (212); Ehlers, Jura 2003, 315 (318)). Ein Unterlassen kann nurAntragsgegenstand sein, wenn eine Rechtspflicht zum Handeln besteht (BVerfGE 96, 264 (277); Ehlers, Jura 2003,315 (318)).

5. AntragsbefugnisGem. § 64 I BVerfGG muss die Möglichkeit einer Rechtsverletzung bzw. -gefährdung bestehen. Diese Rechtspositionmuss sich nach dem Normtext aus dem GG ergeben, es genügen also, anders als bei der Beteiligungsfähigkeit, keineRechte aufgrund einer Geschäftsordnung. Da die Beteiligten nicht als natürliche Personen auftreten, können sie - wiebeim Kommunalverfassungsstreit - insbesondere keine Grundrechte geltend machen. Vielmehr muss es sich um Kom-petenzen handeln, die dem Antragsteller zur Wahrnehmung übertragen sind (BVerfGE 68, 1 (73); Ehlers, Jura 2003,315 (318); Jarass/Pieroth, GG, Art. 93, Rn. 10).Darüber hinaus kann sich der Antragsteller gem. § 64 I BVerfGG auch auf Rechtspositionen berufen, die dem Organzustehen, welchem er angehört. Hierbei handelt es sich um einen Fall der gesetzlichen Prozesstandschaft, da der An-tragsteller im eigenen Namen fremde Rechte geltend machen kann. Demgegenüber ist die gewillkürte Prozesstand-schaft unzulässig (Ehlers, Jura 2003, 315 (319)). Sinn und Zweck der Regelung ist der Minderheitenschutz. Mit Blickauf die Rechte des Bundestags sollen allerdings nur die Fraktionen zu ihrer Geltendmachung befugt sein, nicht hingegen

der einzelne Bundestagsabgeordnete (BVerfGE 2, 142 (169); 90, 286 (336, 343f.); Ehlers, Jura 2003, 315 (319)).

6. AntragsgegnerRichtiger Antragsgegner ist das Organ/der Organteil, welcher für die beanstandete Maßnahme oder Unterlassung dieVerantwortung trägt (BVerfGE 62, 1 (33); Ehlers, Jura 2003, 315 (319); Jarass/Pieroth, GG, Art. 20, Rn. 13).

7. AntragsfristGem. § 64 III BVerfGG besteht eine sechsmonatige Frist. Liegt die beanstandete Maßnahme im Erlass gesetzlicherVorschriften, beginnt die Frist mit der Verkündung des Gesetzes (BVerfGE 24, 252 (258)). Bei einem Unterlassenstartet die Frist, wenn die Erfüllung der Handlungspflicht ernstlich und endgültig verweigert wird (BVerfGE 92, 80 (87,89); Ehlers, Jura 2003, 315 (319); Jarass/Pieroth, GG, Art. 20, Rn. 15).

8. Allgemeines RechtsschutzbedürfnisDas Rechtsschutzbedürfnis fehlt, wenn der Antagsteller das gerügte Verhalten selbst hätte verhindern können oder

keine Wiederholungsgefahr besteht (Ehlers, Jura 2003, 315 (319)).

II. Begründetheit des AntragsDer Antrag im Organstreitverfahren ist nach § 67 S. 1 BVerfGG begründet, soweit die angegriffene Maßnahme des Antragsgegners verfassungswid-rig ist. Streitig ist dabei, ob hier eine objektive Verfassungsmäßigkeitskontrolle stattfindet (so Ehlers JURA 2003, 315 [320]) oder über denWortlaut der Norm hinaus eine Verletzung der Rechte des Antragstellers erfordelrich ist (Erichsen JURA 1990, 670 [672]; vgl. auch BVerfGE 85,264 [266], wo eine Rechtsverletzung festgestellt wird). Diese könnte dahinstehen, wenn es schon an der Verfassungswidrigkeit der Maßnahme fehlt

oder im Falle der Verfassungswidrigkeit jedenfalls ein Recht des Antragstellers verletzt ist.

Standort: ÖR/ GG/ Staatsorganisationsrecht/ Organstreitverfahren

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Organstreitverfahren, Art. 93 I Nr. 1 GG, §§ 13 Nr. 5, 63 ff. BVerfGG

Das Organstreitverfahren ist eine verfassungsgerichtliche Innenrechtsstreitigkeit kontradiktorischer Art zwischen einem Antragsteller und einemAntragsgegner (Ehlers, Jura 2003, 315 (316)).

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Standort: ÖR/Staatsorganisationsrecht

© CSR, Schmidt & Partner (ÖR/Staatsorganisationsrecht/Feuer frei.SV) Seite 1 von 2

Fall: "Feuer frei!"

Nach einer sehr erfolgreichen Fernsehshow, bei der Kandidaten mehrere Tage lang in einem großräumi-gen Freiluftareal versuchen mussten, Kandidaten der Gegenpartei mit farbgefüllten Gelatinekugelnabzuschießen, erfreuten sich diese sog. „Paintball“-Spiele in der Bevölkerung immer größerer Beliebt-heit.In zahlreichen Städten eröffneten kommerzielle Shooting-Center. Je nach Anbieter konnte inSciencefiction-Welten gegen von Schaustellern gemimte Mutantenarmeen angetreten werden oder inKriegsruinen nachempfundenen Pappmachebauten Kriegshandlungen nachgespielt werden. Kopf- oder Rumpftreffer führten dabei zu einem sofortigen Ausscheiden des Spielers, Arm- und Bein-treffer erst bei mehrfacher Wiederholung.

In Befürchtung einer zunehmenden Verrohung der Bevölkerung, aber auch, um diesen neuen Wirt-schaftszweig dem Reglement der Gewerbeordnung zu unterwerfen, erkannte der BundesgesetzgeberHandlungsbedarf. Ein generelles Verbot hielt er politisch für nicht durchsetzbar. In einem ordnungsgemäßen Verfahren verabschiedet er daher einen neuen § 33 j GewO. Dieser stellt dasgewerbsmäßige Anbieten solcher Spiele unter einen Erlaubnisvorbehalt. § 33 j II GewO besagt, dass die Erlaubnis zu versagen ist, wenn die in §§ 33 c II oder 33 d III GewOgenannten Versagungsgründe vorliegen, eine Gefährdung der Jugend oder eine unzumutbare Belästi-gung der Allgemeinheit zu befürchten stehen.§ 155 GewO wird derart geändert, dass die Kreispolizeibehörden für Erlaubnisse i.S.d. 33 J GewOzuständig sind. Diese haben eingehende Anträge innerhalb einer Frist von 2 Monaten zu bearbeiten.Außerdem wird ein neuer § 155 a GewO folgenden Inhalts eingefügt: „Für die Erteilung einer Erlaubnisnach § 33 j GewO ist die Zustimmung der Gemeinde einzuholen, in deren Gebiet die Spielstätte eröffnetwerden soll.“ Begründet wird dies damit, dass wegen der lokal radizierten Auswirkungen von den mitden lokalen Besonderheiten vertrauten Gemeinden am besten abgeschätzt werden kann, welche Folgensich für die Bevölkerung ergeben. So soll insbesondere verhindert werden, dass Shooting-Center inlokalen Brennpunkten mit ohnehin erhöhter Gewaltbereitschaft eröffnen.Der Bund hält diese Regelungen für derart überzeugend, dass er - ohne Zustimmung des Bundesrates -ein Abweichungsrecht der Länder ausschließt.

Der Landtag hält die Regelung des 33 j GewO in der Sache zwar für gerechtfertigt, eine solche Regelungkönne aber ebenso gut auf Landesebene getroffen werden. Der Bund sei daher nicht zuständig gewesen.Bevor der Landtag eine neue Regelung erlässt, möchte er die Verfassungswidrigkeit der bestehendenRegelungen gerichtlich überprüfen lassen.

1. Welche Möglichkeiten hat der Landtag, § 33 j GewO gerichtlich überprüfen zu lassen?

2. Kann das Land die allgemeinen Ordnungsbehörden wieder für zuständig erklären und die Pflicht zurBearbeitung der Erlaubnisanträge innerhalb zweier Monate beseitigen, ohne vor das BVerfG zuziehen?

3. Der Landtag möchte von Ihnen wissen, ob die Übertragung der Zustimmungspflicht verfassungs-mäßig ist.

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Page 34: Jura Intensiv Basisprogramm Staatsorganisationsrecht

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Standort: ÖR/Staatsorganisationsrecht

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ABWANDLUNGNach einigen Jahren ist der Paintball-Boom deutlich abgeflaut. An den wenigen verbliebenen Shooting-Centern wird kein öffentlicher Anstoß mehr genommen und die befürchtete Verrohung der Bevölkerungist ausgeblieben.

Welche gerichtlichen Möglichkeiten hat der Landtag nun, wenn er eine bundesgesetzliche Regelung fürnicht mehr erforderlich hält und deshalb die Erlaubnispflicht selber regeln möchte?

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Page 35: Jura Intensiv Basisprogramm Staatsorganisationsrecht

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1Standort: ÖR/StaatsorganisationsrechtSchwerpunkte: Föderalismusreform

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Lösungsskizze zum Fall "Feuer frei!!"

Ausgangsfall

Frage 1

A. Abstrakte Normenkontrolle nach Art. 93 I Nr. 2 GG i.V.m. §§ 13 Nr. 6, 76 ff BVerfGG

I. Zulässigkeit

1. Zuständigkeit

2. Ordnungsgemäßer Antrag

3. Antragsgegenstand

4. Antragsberechtigung

II. Ergebnis

B. Abstrakte Normenkontrolle nach Art. 93 I Nr. 2a GG i.V.m. §§ 13 Nr. 6a, 76 ff BVerfGG

I. Zulässigkeit

1. Zuständigkeit

2. Ordnungsgemäßer Antrag

3. Antragsberechtigung

4. Antragsgegenstand

5. Klarstellungsinteresse

II. Begründetheit

1. Kompetenztitel für den Erlass des § 33 j GewO

2. Erforderlichkeit des § 33 j GewO nach Art. 72 II GG

Frage 2

Frage 3

Abwandlung

I. Zuständigkeit

II. Ordnungsgemäßer Antrag

III. Antragsberechtigung

IV. Antragsgegenstand

V. Klarstellungsinteresse

VI. Gesetzesvorlage abgelehnt oder nicht innerhalb eines Jahres beraten

Ausgangsfall

Frage 1

A. Abstrakte Normenkontrolle nach Art. 93 I Nr. 2 GG i.V.m. §§ 13 Nr. 6, 76 ff BVerfGGDer Landtag könnte gegen den vom Bundesgesetzgeber erlassenen § 33 j GewO mit dem Verfahren der abstrakten Normenkontrollegem. Art. 93 I Nr. 2 GG i.V.m. §§ 13 Nr. 6, 76 ff BVerfGG vorgehen.

I. Zulässigkeit

1. ZuständigkeitDas Bundesverfassungsgericht ist gem. Art. 93 I Nr. 2 GG, § 13 Nr. 6 BVerfGG zuständig.

2. Ordnungsgemäßer AntragGem. § 23 I BVerfGG ist der Antrag schriftlich zu stellen und zu begründen.

3. AntragsgegenstandAntragsgegenstand kann das gesamte Bundes- oder Landesrecht sein, gleichgültig welchen Ranges, ob formeller odermaterieller Natur, ob nach- oder vorkonstitutionell. Notwendig ist nur, dass die streitgegenständliche Norm bereits

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2Standort: ÖR/StaatsorganisationsrechtSchwerpunkte: Föderalismusreform

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verkündet wurde. Die vom Bundestag beschlossene Änderung der GewO ist ein formell-materielles Gesetz, das bereitsverkündet wurde und stellt somit einen tauglichen Antragsgegenstand dar. Dass es in der Sache um eine Vereinbarkeitdes § 33 j GewO mit Art. 72 II GG n.F. geht, nimmt den Gegenstand nicht vom Verfahren des Art. 93 I Nr. 2 GG aus(obwohl Art. 93 I Nr. 2a GG insofern spezieller ist), da Prüfungsmaßstab nach Art. 93 I Nr. 2 GG das gesamte Grundge-setz, also auch Art. 72 II GG ist. Der Unterschied zu Art. 93 I Nr. 2a GG ist eher prozessualer Natur: Der Kreis derAntragsberechtigten ist dort insofern weiter, als dass auch der Bundesrat und die Landesparlamente antragsberechtigtsind. Dafür sind bei Nr. 2a die Bundesregierung und das Drittel der Mitglieder des Bundestages vom Kreis der Antrags-berechtigten ausgenommen.

4. AntragsberechtigungDer Landtag müsste antragsberechtigt sein. Berechtigt, ein abstraktes Normenkontrollverfahren nach Art. 93 I Nr. 2 GGanzustrengen, sind jedoch nur die Bundesregierung, die Landesregierungen und ein Drittel der Mitglieder des Bundesta-ges. Die Landesparlamente gehören somit nicht zum Kreis der Antragsberechtigten.

II. ErgebnisEin Normenkontrollantrag des Landtags nach Art. 93 I Nr. 2 GG i.V.m. §§ 13 Nr. 6, 76 ff BVerfGG ist somit unzulässig.

B. Abstrakte Normenkontrolle nach Art. 93 I Nr. 2a GG i.V.m. §§ 13 Nr. 6a, 76 ff BVerfGGDer Landtag könnte gegen den vom Bundesgesetzgeber erlassenen § 33 j GewO mit dem Verfahren der abstrakten Normenkon-trolle gem. Art. 93 I Nr. 2a GG i.V.m. §§ 13 Nr. 6a, 76 ff BVerfGG vorgehen.

I. Zulässigkeit

1. ZuständigkeitDas Bundesverfassungsgericht ist gem. Art. 93 I Nr. 2a GG, § 13 Nr. 6a BVerfGG zuständig.

2. Ordnungsgemäßer AntragGem. § 23 I BVerfGG ist der Antrag schriftlich zu stellen und zu begründen.

3. AntragsberechtigungDie Antragsberechtigung steht nach Art. 93 I Nr. 2a GG, § 76 II BVerfGG steht dem Bundesrat, den Landesregierungenund den Landesparlamenten zu. Der Landtag NW ist somit antragsberechtigt.

4. AntragsgegenstandAntragsgegenstand sind nur förmliche Gesetze, da Art. 72 II GG durch materielles Recht nicht verletzt sein kann. Dievom Bundestag beschlossene Änderung der GewO ist ein formelles Gesetz, das bereits verkündet wurde und somiteinen tauglichen Antragsgegenstand darstellt. Ferner ist Voraussetzung, dass gerügt wird, das Gesetz nie erforderlichwar. Dies ist der Fall, da das Land rügt, dass die Länder die Regelung von vornherein hätten treffen müssen.

[Anm.: Daher kommt ein Antrag nach Art. 93 II GG nicht in Betracht, da hier der Antragsgegenstand die Rüge des

nachträglichen Fortfalls der Erforderlichkeit ist. Dies lässt sich dem Wortlaut des Art. 93 II GG entnehmen, davon

spricht, dass die Erforderlichkeit “nicht mehr” besteht. Ferner nimmt Art. 93 II GG auf Art. 72 IV GG Bezug, der auch

voraussetzt, dass die Erforderlichkeit nachträglich entfallen ist.]

5. KlarstellungsinteresseWährend Art. 93 I Nr. 2a GG lediglich Meinungsverschiedenheiten verlangt, setzt Art. 76 II BVerfGG voraus, dass dieNorm vom Antragsteller wegen der Nichterfüllung der Voraussetzungen des Art. 72 II GG für nichtig gehalten wird.Nach Art. 93 I Nr. 2a GG ist die Antragsbefugnis bereits bei Meinungsverschiedenheiten, ob ein Gesetz den Vorausset-zungen des Art. 72 II GG entspricht, erfüllt. Eine Meinungsverschiedenheit besteht bereits dann, wenn das Land eineVerfassungswidrigkeit für wahrscheinlich oder möglich hält oder zumindest an der Verfassungsmäßigkeit der streit-gegenständlichen Norm zweifelt. § 76 II BVerfGG fordert dagegen einschränkend, dass der Antragsberechtigte dasBundesgesetz „für nichtig hält,“ also von der Verfassungswidrigkeit der Norm überzeugt ist. Ob nun eine Meinungsver-schiedenheit genügt oder eine Überzeugung erforderlich ist, kann hier dahin stehen, da das Land jedenfalls von derVerfassungswidrigkeit der Norm überzeugt ist.

Eine weitergehende Antragsbefugnis im Sinne einer möglichen Betroffenheit in eigenen Rechten oder Interessen ist fürein abstraktes Normenkontrollverfahren nicht erforderlich.

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II. BegründetheitDer Antrag ist begründet, wenn § 33 j GewO nicht den Voraussetzungen des Art. 72 II GG entspricht.

1. Kompetenztitel für den Erlass des § 33 j GewODie Voraussetzungen des Art. 72 II GG wären jedoch nur dann zu beachten, wenn überhaupt ein Gegenstand derkonkurrierenden Gesetzgebung vorliegt.

Hier könnte eine Regelung im Bereich des Rechts der Wirtschaft nach Art. 74 I Nr. 11 GG getroffen worden sein.Speziell könnte es sich um eine gewerberechtliche Regelung handeln.Auf einfachgesetzlicher Ebene ist ein Gewerbe grds. jede selbständige, erlaubte, auf Gewinnerzielung ausgerichteteTätigkeit zur Schaffung einer Lebensgrundlage mit Ausnahme der Urproduktion und der freien Berufe. Der Betrieb einer Paintball-Anlage ist eine selbständige Tätigkeit, die auch auf Dauer ausgeübt wird. Die erforderlicheGewinnerzielungsabsicht ergibt sich aus der Forderung eines Eintrittspreises. Für die Frage der Gewerbsmäßigkeit istjedoch auch von Bedeutung, ob es sich bei der Veranstaltung von Paintball-Spielen um eine sozial unwertige und damitgenerell verbotene Erwerbsart handelt, d.h. eine solche, die dem allgemein anerkannten sittlichen und moralischenWertvorstellungen zuwiderläuft.Das Veranstalten von oder die Teilnahme an Paintball-Spielen erfüllt weder einen Straftatbestand noch den Tatbestanddes § 118 OWiG (vgl. Fall „Laserdome“ aus dem POR). Ob es sich darüber hinaus um eine besonders sozialschädlicheoder allgemeinen Sittlichkeits- und Wertvorstellungen zuwiderlaufende Erwerbsform handelt, kann hier dahinstehen,da der grundgesetzliche Gewerbebegriff weiter aufzufassen ist als dessen einfachgesetzliches Pendant, um auch alleSondergebiete gewerberechtlicher Art der Gesetzgebungskompetenz des Bundes unterwerfen zu können.Die Einführung einer Erlaubnispflicht für Paintballanlagen stellt somit eine gewerberechtliche Regelung dar; vomKompetenztitel „Gewerbe“ des Art. 74 I Nr. 11 GG sind allerdings Spielhallen ausgenommen. Eine Spielhalle istdadurch gekennzeichnet, dass in einer Räumlichkeit einzelne, in sich abgeschlossene Spielmöglichkeiten angebotenwerden. Beim Paintball-Spiel stellt jedoch der Raum selbst die Spielfläche dar, ohne dass irgendwelche Automatenaufgestellt würden, wie es etwa der Spielhallenbegriff des § 33 i I GewO verlangt.

Gegen eine konkurrierende Kompetenz des Bundes könnte allenfalls noch die Motivation des Gesetzgebers sprechen,einem erhöhten Gewaltaufkommen und einer Verrohung der Bevölkerung entgegenzuwirken.

Die Wahrung öffentlicher Sicherheit und Ordnung und damit ein originär den Bundesländern zugewiesener Kompetenz-bereich ist jedoch nicht alleiniger Zweck der Regelung. Wie bei den strukturgleichen Erlaubnispflichten an andererStelle der Gewerbeordnung auch soll die wirtschaftliche Betätigung an einheitliche Rahmenbedingungen geknüpftwerden, die zwar zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung beitragen mögen, ohne diese aber zuihrem einzigen Zweck zu haben.

Die in § 33 j GewO getroffene Regelung fällt somit gem. Art. 74 I Nr. 11 GG in die konkurrierende Gesetzgebung desBundes.

2. Erforderlichkeit des § 33 j GewO nach Art. 72 II GGZunächst ist fraglich, ob für den o.g. Kompetenztitel eine Erforderlichkeitsprüfung durchzuführen ist. Gem Art. 72 IIGG ist für den Kompetenztitel nach Art. 74 Nr. 11 GG eine solche Prüfung durchzuführen.

§ 33 j GewO entspricht nur dann den Voraussetzungen des Art. 72 II GG, wenn und soweit die Herstellung gleich-wertiger Lebensverhältnisse im Bundesgebiet oder die Wahrung der Rechts- und Wirtschaftseinheit im gesamtstaatli-chen Interesse eine bundesgesetzliche Regelung erforderlich macht (sog. Erforderlichkeitsklausel).

§ 33 j GewO könnte zur Wahrung der Rechts- und Wirtschaftseinheit im gesamtstaatlichen Interesse erforderlich sein.Eine Wahrung der Rechtseinheit im gesamtstaatlichen Interesse liegt vor, wenn eine Gesetzesvielfalt auf Länderebeneeine Rechtszersplitterung mit problematischen Folgen darstellt, die im Interesse sowohl des Bundes als auch der Ländernicht hingenommen werden kann. Gesamtstaatliches Interesse bedeutet, dass das Gesetz nicht nur im Interesse einzelnerLänder stehen darf.

Gegen eine Erforderlichkeit auf Bundesebene könnte sprechen, dass die Auswirkungen von Paintball-Anlagen lokalradiziert sind und unerwünschte Folgen auf Landesebene wegen regionaler Unterschiede besser antizipiert und notfallsGegenmaßnahmen getroffen werden können. Insofern ist auch auf die Begründung des Gesetzgebers für die Ausnahme-regelung bzgl. der Spielhallenregelung im Kompetenztitel des Art. 74 I Nr. 11 GG abzustellen; genau dieses Argument

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führte zu der Herausnahme von Spielhallen und Gaststätten aus der Kompetenznorm für gewerberechtliche Vorschrif-ten. Andererseits zeigt gerade diese Begründung, dass dem verfassungsändernden Gesetzgeber das Problem bewusstwar und er sich dennoch auf eine abschließende Ausnahmeregelung für wenige Bereiche beschränkt hat und sich nichtfür eine abstrakte Formulierung entschieden hat, mit der alle in ihren Auswirkungen räumlich begrenzten gewerblichenEinrichtungen aus der konkurrierenden Gesetzgebungskompetenz des Bundes herausgefallen wären und so nach Art.70 GG den Ländern zustehen würden. Für die Erforderlichkeit einer bundeseinheitlichen Regelung spricht, dass bisher die Möglichkeiten ordnungsbehördli-chen Einschreitens gegen Paintball-Center umstritten waren: § 15 II GewO konnte nicht als Versagungsgrund herange-zogen werden, da es an einer Erlaubnispflichtigkeit bisher gerade fehlte; Anknüpfungspunkt des § 35 I GewO ist dieUnzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden und nicht die Form der Gewerbeausübung.Überwiegend wurden die landesrechtlichen Generalklauseln der Gefahrenabwehr für einschlägig gehalten; aufgrund derimmer größeren Anzahl von Shooting-Centern scheint eine weitere Stützung von Untersagungsverfügungen auf dieordnungsbehördliche Generalklausel jedoch fraglich. Denn mit einer Untersagungsverfügung ist immer ein Eingriff indie Berufsfreiheit gem. Art 12 I GG verbunden. Dafür bedarf es grundsätzlich einer besonderen gesetzlichen Regelung.Würden trotz der weiten Verbreitung der Anlagen Untersagungsverfügungen in Ermangelung spezieller Rechtsgrundla-gen auf die gefahrenabwehrrechtlichen Generalklauseln gestützt werden, läge ein Verstoß gegen die Gewaltenteilungnahe. Denn die Festlegung von Eingriffsvoraussetzungen ist Sache des Gesetzgebers und nicht der Verwaltung(BVerwG, DVBl. 1970, 504; BVerwG, NVwZ 2002, 598 = RA 2002, 359 [362f.]).

Ein solcher Verstoß wäre allerdings auch durch ein Tätigwerden der Landesgesetzgeber vermeidbar. Dies könnte jedochzu einer Rechtszersplitterung führen, die eine erhebliche Rechtsunsicherheit für länderübergreifend tätige Investorenzur Folge hätte. Sie müssten sich dann mit bis zu 16 verschiedenen landesrechtlichen Regelungen auseinandersetzen.Dass zur Vermeidung eines Verstoßes gegen das Gewaltenteilungsprinzip alle 16 Landesgesetzgeber eine Regelungtreffen müssten, schließt die Erforderlichkeit einer bundesgesetzlichen Regelung nicht aus, sondern spricht umso zwin-gender gerade für diese.

Durch Einführung einer Erlaubnispflicht auf Bundesebene wäre eine Rechtszersplitterung durch unterschiedlichesLandesrecht nicht möglich. Durch die Anwendbarkeit des § 15 II GewO wäre ein ordnungsbehördliches Einschreitenbundesweit auf einer einheitlichen und einschätzbaren Rechtsgrundlage möglich.

Zudem stehen bestimmte Arten des Paintball-Spiels in einem Widerspruch zu den Wertungen der Art. 1 I, 2 II 1, 20 GG.Natürlich sind auch die Bundesländer an die genannten Artikel gebunden; die Grundrechtsbezogenheit der Regelungspricht jedoch für eine gesamtstaatliche Bedeutung des Themas, die auch eine gesamtstaatliche Regelung erforderlichmacht.

Alles in allem ist damit eine Erforderlichkeit zur Wahrung der Rechts- und Wirtschaftseinheit im gesamtstaatlichenInteresse gegeben.Ein Verstoß gegen Art. 72 II GG liegt nicht vor.Der Antrag auf abstrakte Normenkontrolle nach Art 93 I Nr. 2a GG i.V.m. §§ 13 Nr. 6a, 76 ff BVerfGG ist zulässig,aber unbegründet.

Frage 2Das Land kann die allgemeinen Ordnungsbehörden wieder für zuständig erklären und die Pflicht zur Bearbeitung der Erlaubnisanträgeinnerhalb von zwei Monaten durch Erlass eines Landesgesetzes beseitigen, wenn es dazu die Kompetenz hat. Nach dem Grundsatz des Art. 83 GG führen die Länder die Bundesgesetze als eigene Angelegenheiten aus, soweit das Grundgesetznichts anderes bestimmt. Eine von dieser Grundregel abweichende Bestimmung existiert für das Gewerberecht nicht. Damit haben dieLänder die sog. Verwaltungskompetenz, so dass sie gem. Art. 84 I 1 GG die Einrichtung der Behörden und das Verwaltungsverfahrenregeln.Diese Regelzuständigkeit steht jedoch unter einem Regelungsvorbehalt zugunsten des Bundesgesetzgebers.

[Anm.: An dieser Stelle muss genau beachtet werden, auf welche Kompetenz sich der Gesetzgeber stützt. Bei der Kompetenz für das

Gewerberecht handelt es sich nach Art. 74 I Nr. 11 GG um eine konkurrierende Gesetzgebungskompetenz. Art. 74 GG gilt jedoch

nicht, soweit das Verwaltungsverfahren und die Behördeneinrichtung geregelt werden. Hinsichtlich solcher Regelungen ergibt sich

die Kompetenz nicht aus den Art. 70 ff GG (auch nicht als Annex zu diesen Kompetenzen). Die Kompetenzen zur Regelung des

Verwaltungsverfahrens sind vielmehr den Art. 83 ff GG zu entnehmen. Ein Fehler wäre es daher, wenn Sie bei der Lösung dieser

Frage auf Art 74 GG eingingen.]

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Von dieser Gesetzgebungszuständigkeit hat der Bundesgesetzgeber durch die Übertragung von Zuständigkeiten auf die Polizeibehör-den und die Fristenregelung Gebrauch gemacht.

Allerdings entfaltet ein Tätigwerden des Bundesgesetzgebers im Bereich der Verwaltungskompetenzen (anders als bei Art. 74 I, 72I,II) keine Sperrwirkung, so dass die Länder gem. Art 84 I S. 2 GG weiterhin eigene Regelungen erlassen können. Der Grundsatz desArt 31 GG („Bundesrecht bricht Landesrecht“) steht dem nicht entgegen, da Art. 84 I S. 4, 72 III S. 3 GG als Spezialregelungenvorgehen und dem jeweils späteren Gesetz einen Anwendungsvorrang einräumen.

Unter bestimmten Voraussetzungen kann das Abweichungsrecht jedoch ausgeschlossen werden. Diese Möglichkeit besteht in Aus-nahmefällen und nur bei einem besonderen Bedürfnis nach bundeseinheitlicher Regelung des Verwaltungsverfahrens, Art. 84 I S. 5GG.

Der Bund hat das Abweichungsrecht der Länder ausgeschlossen. Dem Land steht aber dennoch die Kompetenz nach Art 84 I S. 2 GGzu, wenn der Ausschluss verfassungswidrig und damit nichtig war.

Bei Art. 84 I S. 5 GG ist zu beachten, dass das Abweichungsrecht der Länder nur für das Verwaltungsverfahren, nicht aber für dieBehördeneinrichtung ausgeschlossen werden kann. Die Einrichtung der Behörden umfasst deren Errichtung (Gründung) und Ein-richtung (Ausgestaltung) wie auch die Festlegung ihrer Aufgaben und Befugnisse. Der Bundesgesetzgeber wollte den Polizeibehörden neue Befugnisse zuschreiben; damit hat er eine Regelung bzgl. der Behördenein-richtung getroffen. Für den Ausschluss des Abweichungsrechts fehlt es an einer Kompetenz, so dass der Ausschluss formell verfas-sungswidrig und damit nichtig ist. (Beachte: Nur der Ausschluss des Abweichungsrechts ist verfassungswidrig; diese Frage hat nichtsdamit zu tun, ob die ursprüngliche Übertragung von Zuständigkeiten auf die Polizeibehörden verfassungsmäßig ist).Der Landesgesetzgeber kann damit die allgemeinen Ordnungsbehörden kraft seiner Kompetenz aus Art. 84 I S. 2 GG wieder fürzuständig erklären.

Bei der Fristenregelung könnte es sich aber um eine verfahrensrechtliche Regelung handeln. Zu den verwaltungsverfahrensrechtlichenRegelungen gehören alle Bestimmungen, die die Tätigkeit der Verwaltungsbehörden im Blick auf die Art und Weise der Ausführungder Gesetze einschließlich der Handlungsformen, die Form der behördlichen Willensbildung, die Art der Prüfung und Vorbereitungder Entscheidung, deren Zustandekommen und Durchsetzung sowie verwaltungsinterne Mitwirkungs- und Kontrollvorgänge in ihremAblauf regeln.Durch die Einführung einer Fristenregelung soll Einfluss auf die Art und Weise der Entscheidungsfindung genommen werden, denndazu gehört auch die Geschwindigkeit, mit der eingehende Anträge bearbeitet werden. Es handelt sich somit um eine verfahrensrecht-liche Regelung, bei der grundsätzlich die Möglichkeit des Bundesgesetzgebers besteht, das Abweichungsrecht der Länder auszu-schließen. Ob für eine derartige Regelung ein gesamtstaatliches Bedürfnis besteht, ist doch eher fraglich. Jedenfalls fehlt es hier an einer nachArt. 84 I S. 6 GG erforderlichen Zustimmung des Bundesrates. Auch in Bezug auf die Fristenregelung ist der Ausschluss des Abweichungsrechtes somit nichtig.

Dem Land steht also die Kompetenz sowohl für die Rückübertragung der Zuständigkeit für die Erteilung von Erlaubnissen für Paint-ballanlagen als auch für eine Änderung oder Abschaffung der Fristenregelung zu.

Frage 3Die Begründung eines Zustimmungsrechtes der Gemeinden könnte formell verfassungswidrig sein. Ob es sich dabei um ein verfah-rensrechtliche Regelung oder eine solche der Behördeneinrichtung handelt kann dahinstehen, da Art. 84 I S. 7 GG eine Übertragungvon Aufgaben auf Gemeinden und Gemeindeverbände durch den Bundesgesetzgeber ausschließt. Zu klären ist lediglich, ob es sichbei dem Zustimmungsrecht um eine Aufgabe der Gemeinden handelt; immerhin wird diesen ja ein Recht eingeräumt. Das Recht, durchVerweigerung der Zustimmung eine Erlaubniserteilung verhindern zu können, korrespondiert jedoch immer auch mit der Pflicht,dieses Recht auch auszuüben. Dies bedeutet, dass die Gemeinde einen Aufwand z.B. für Personalkosten zu tragen hat, um ihr Ermes-sen pflichtgemäß ausüben zu können. Der Begriff „Aufgaben“ des Art. 84 I S. 7 GG ist somit nicht nur im Sinne von Pflichten zuverstehen, sondern ist neutral auszulegen und umfasst auch die Übertragung von Rechten.

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Abwandlung

Eine eigene Regelung ist dem Land wegen der Sperrwirkung des Art. 72 GG verwehrt; ein Freigabegesetz nach Art. 72 IV GG istbisher nicht erlassen worden. Nach Art. 93 II S. 2 GG kann ein solches Freigabegesetz vom Bundesverfassungsgericht ersetzt werden.Dies setzt zunächst voraus, dass der Antrag nach Art. 93 II GG auf Feststellung des Fortfalls der Erforderlichkeit zulässig ist.

I. ZuständigkeitDas Bundesverfassungsgericht ist gem. Art 93 II GG, § 13 Nr. 6b BVerfGG zuständig.

II. Ordnungsgemäßer AntragGem. § 23 I BVerfGG ist der Antrag schriftlich zu stellen und zu begründen.

III. AntragsberechtigungAntragsberechtigt sind gem. Art. 93 II GG, § 13 Nr. 6b BVerfGG der Bundesrat, die Landesregierungen und Landesparla-mente. Der Landtag ist damit antragsberechtigt.

IV. AntragsgegenstandAntragsgegenstand sind förmliche Bundesgesetze, die der Erforderlichkeitsklausel des Art. 72 II GG unterfallen. DieRegelung eines Erlaubnisvorbehalts für Paintballanlagen gehört nach Art. 74 I Nr. 11 GG zur konkurrierenden Gesetz-gebungskompetenz des Bundes; Gegenstände des Art. 74 I Nr. 11 GG unterfallen nach Art. 72 II GG der Erforderlichkeits-klausel. Es liegt somit ein tauglicher Antragsgegenstand vor.

V. KlarstellungsinteresseArt. 93 II GG setzt lediglich voraus, dass der Antragsteller davon ausgeht, dass die Erforderlichkeit nach Art. 72 II GGnachträglich entfallen ist. Der Landtag hält die bundesgesetzliche Regelung für nicht mehr erforderlich. Er ist damit antrags-befugt.

VI. Gesetzesvorlage abgelehnt oder nicht innerhalb eines Jahres beratenDer Antrag nach Art. 93 II GG ist nur zulässig, wenn eine Gesetzesvorlage nach Art. 72 IV GG im Bundestag abgelehntoder über sie nicht innerhalb eines Jahres beraten und Beschluss gefasst oder wenn eine entsprechende Gesetzesvorlage imBundesrat abgelehnt worden ist, Art. 93 II S. 3 GG.Bisher hat das Land keine Gesetzesvorlage eingebracht. Es fehlt somit an dieser Zulässigkeitsvoraussetzung.

Der Antrag auf Feststellung des Fortfalls der Erforderlichkeit nach Art. 93 II GG ist somit unzulässig.

Literatur

- Frenz, Walter, Gesetzgebungskompetenzen nach der Föderalismusreform, JURA 2007, 165

- Schönleiter, Ulrich – Föderalismusreform und Gewerberecht, GewArch 06, 371

- Scheidler, Alfred – Möglichkeiten behördlichen Einschreitens gegen Laserdrome- und Paintballanlagen, GewArch 05, 312

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