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VESTA 530 km 950 km CERES dünne Schicht aus wasser- haltigem Tonmineral-Gestein gefrorenes Wasser Gemisch aus Gestein und Eis Kern aus Eisen und Nickel Silikatreicher Fels Mantel aus Silikaten Olivinen und Pyroxenen Kern aus Eisen und Nickel Silikatreicher Fels Mantel aus Silikaten ROHSTOFFGEWINNUNG (z. B. Pyroxene, Olivine, Spinell, Chromit, Enstatit, Forsterit) Eis/Wasser diverse Silikate diverse Minerale Periodensystem andere Edelmetalle (z. B. Gold, Silber, Quecksilber) Metalle der Seltenen Erden Platinmetalle Nichtmetalle basaltische Kruste basaltische Kruste Si O O O O Cer Praseodym 58 59 Ce Pr Neodym Promethium 60 61 Nd Pm Samarium 62 Sm Europium 63 Eu Gadolinium Gd Terbium Tb Dysprosium Dy Holmium Ho Erbium Er Thulium Tm 69 Ytterbium 70 Yb Lutetium 71 Lu 21 Scandium Sc Yttrium 39 Y 57 Lanthan La 64 65 65 67 68 Phosphor 15 P Schwefel 16 S Stickstoff 7 N 6 Kohlenstoff C Eisen-Platin-Gruppe 44 Ruthenium Rhodium Palladium 45 46 Ru Rh Pd 76 Osmium Iridium Platin 77 78 Os Ir Pt 26 Eisen Cobalt Nickel 27 28 Fe Co 28 2012 2001 2000 2002 2007 2007 2005 2008 2006 2009 2009 Tscheljabinsk 2013 2006 2006 2005 50 Kilo- tonnen 2005 2006 2006 2013 2013 2013 2013 2006 2004 2010 2010 2004 2002 1 bis 10 10 bis 20 über 20 600 Kilotonnen 50 Kilo- tonnen WELTWEITE ASTEROIDEN-EINSCHLÄGE in den Jahren 2000 bis 2013, in Kilotonnen Sprengkraft (TNT) Zum Vergleich: die Sprengkraft der Hiroshima-Bombe 1945 belief sich auf 13 bis 15 Kilotonnen TNT. 1980 1990 2000 2010 2017 ERDNAHE ASTEROIDEN kumulative Anzahl von entdeckten erdnahen Asteroiden, Stand Juni 2017 Insgesamt größer als 140 m größer als 1 km 0 5 000 10 000 15 000 Anteile der Asteroiden-Typen 2 947 875 0 bis 30 30 bis 100 100 bis 300 300 bis 1 000 über 1 000 Anzahl der bisher entdeckten erdnahen Asteroiden Geschätzter Durchmesser in Metern, Stand Juni 2017 4 461 4 088 3 817 Apollo-Typ 62% Amor-Typ 32% Aten-Typ 6% BLZ/GALANTY; QUELLE: NEO.JPL.NASA.GOV/STATS, ESA Die Verteilung von über 725 000 im Jahr 2016 bekannten Objekten einige zehntausend davon gelten als erdnahe Asteroiden DER KUIPER-GÜRTEL * 1 AE = (AstronomischeEinheit) = mittlere Entfernung der Erde von der Sonne = 149,6 Millionen km 0 1,0 2,0 3,0 4,0 5,0 Jupiter Mars Trojaner- Asteroiden kreisen auf der Umlaufbahn des Jupiters zwischen 2,0 und 2,5 AE silikatreiche Objekte von etwa 2,5 AE dominieren dunkle, kohlenstoffhaltige Asteroiden Astronomische Einheiten (AE)* Erde Sonne Aten-Typ Amor-Typ Asteroiden Hauptgürtel Apollo-Typ Sie können die Erdbahn kreuzen, was je nach Bahnebene ein Einschlags- risiko bedeutet. Asteroiden des Aten-Typs haben große Bahnhalbachsen. Sie sind also ebenfalls Erdbahnkreuzer. Die Objekte dieses Asteroidentyps kreuzen die Marsbahn in Richtung Erde. W i ssen & Forschen 4 Berliner Zeitung · Nummer 145 · 24./25. Juni 2017 5 · · ···································································································································································································································································································································································································································································································································································································· Asteroiden können sehr hohe Konzentrationen von Edelmetallen oder auch Metallen der sogenannten Seltenen Erden enthalten, die für die elektronische Industrie sehr wichtig sind. Man spricht bereits von „kosmischen Goldminen“, auch wenn Gold selbst nicht das begehrteste Element ist. Schätzungen zufolge würde ein Asteroid mit einem Durchmesser von einem Kilometer ausreichen, um den Bedarf der Menschheit an Industriemetallen über Jahrzehnte hinweg zu decken. Gewisses Befremden lösten im Jahre 2015 Meldungen aus, denen zufolge in den USA ein Gesetz namens „Space Act“ erlassen wurde, das die amerikanischen Schürfrechte im sogenannten Weltraumbergbau sichern soll. Das widerspräche dem internationalen Weltraumvertrag von 1967 und dem Mondvertrag, denen zufolge die Ressourcen des Weltraums der ganzen Menschheit zugutekommen sollen. Ceres ist der größte Himmelskörper im Asteroidengürtel. Im Gegensatz zu Vesta ist er annähernd kugelförmig. Deshalb wird er auch als Zwergplanet bezeichnet. Ein richtiger Planet ist er vor allem deshalb nicht, weil es ihm nicht gelang, mit seiner Schwerkraft alle anderen Objekte seiner Umgebung wegzuräumen. Vesta wiederum ähnelt eher einer ovalen Kartoffel. Er ist nach Ceres das zweitschwerste Objekt des Asteroidengürtels, offenbar weil er einen großen Metallkern besitzt. E s kann jeden treffen. Zu jeder Zeit und überall. Das mussten unter anderem die Bewohner der russischen Stadt Tscheljabinsk erfahren. Der 15. Februar 2013 war ein klarerWintertag. Gegen 9.20 Uhr zog plötzlich ein glühender Meteor seine Bahn über den blauen Himmel. Es gab einen Blitz, heller als die Sonne, gefolgt von einem gewaltigen Knall. Videos zeigen, wie in der StadtTüren aufsprangen, Fensterscheiben split- terten. Tausende Gebäude wurden beschädigt, fast 1 500 Menschen verletzt. Dabei hatte die Stadt im Ural noch riesiges Glück. Denn das Objekt aus dem All – etwa 20 Meter groß – hatte sie nicht getroffen, sondern war in einer Höhe von etwa 30 Ki- lometern auseinandergebrochen, mit einer Sprengkraft von 33 Hiroshima-Atombomben. Solch ein sogenannter Airburst könnte auch Ursache der Tunguska-Katastrophe 1908 in Sibirien gewesen sein, die 2 000 Quadratkilometer Wald mit einem Schlag vernichtete. „Auch wenn die Wahrscheinlichkeit für ein Einschlag- ereignis statistisch nicht sehr hoch erscheint, ist es nicht eine Frage, ob, sondern wann ein Aste- roid mit der Erde kollidiert“, sagt Kai Wünnemann, Leiter der Abteilung „Globale Katastrophen“ am Museum für Naturkunde Berlin und Professor für Impakt- und Planetenphysik an der Freien Universität Berlin. Das Heikle da- bei ist: Man kann kleinere Asteroiden wie die von Tscheljabinsk oder Tun- guska im All nur selten rechtzeitig ent- decken. Dabei erreichen offenbar mehr sol- cher Brocken die Erde, als öffentlich be- kannt wird. Sensoren zeichneten in den Jahren 2000 bis 2014 auf und über der Erde 26 Detonationen auf, die nicht von Kernwaffenversuchen stammten, aber eine Sprengkraft von bis zu 40 Hiro- shima-Atombomben hatten. Das be- richtete die Organisation des Vertrags über das umfassendeVerbot von Nukle- arversuchen. Die meisten Asteroiden wurden von Menschen nicht bemerkt, weil sie irgendwo über dem Ozean ex- plodierten. Nur einer von 26 war vorher entdeckt worden. Schlägt ein solcher Asteroid irgendwo auf dem Land ein, kann er verheerend wirken. Das zeigt der sogenannte Barrin- ger-Krater in Arizona, USA. Er ist 180 Me- ter tief und hat einen Durchmesser von fast 1 200 Metern. Er stammt von einem Asteroiden, der gerade mal 50 Meter groß war und vor 50 000 Jahren einschlug.Wie Forscher berechneten, vernichtete er das Leben im Radius von vier Kilometern. Die Schockwelle verwüstete alles im Umkreis von 22 Kilometern. Solche sogenannten City-Killer-Asteroiden könnten tat- sächlich eine mittelgroße Stadt vernichten – jederzeit und überall auf der Erde. Auf diese offenbar unterschätzte Ge- fahr soll der Internationale Asteroiden-Tag am 30. Juni hin- weisen. Er wurde 2014 ins Leben gerufen und 2016 offiziell von denVereinten Nationen proklamiert. Mehr als hundert Wissenschaftler, Astronauten, Ingenieure und andere un- terschrieben eine Erklärung, in der es heißt: Im Sonnensys- tem gebe es eine Million Asteroiden, die das Potenzial hät- ten, auf der Erde einzuschlagen und eine Stadt zu zerstören. Bisher habe man jedoch weniger als ein Prozent von ihnen entdeckt. Die Unterzeichner fordern, dass in den kommen- den zehn Jahren 100 000 Asteroiden pro Jahr aufgespürt werden sollten. Dazu braucht es große Radioteleskope wie das Arecibo- Observatorium in Puerto Rico mit seinem 305-Meter-Spie- gel. Dieses entdeckte zum Beispiel im Jahre 2004 einen As- teroiden von der Größe eines Sportstadions, der die Bahn der Erde kreuzt. Das Zusammentreffen soll am Freitag, dem 13. April 2029, stattfinden. Nach gründlichen Berechnun- gen ist inzwischen klar, dass uns der Asteroid namens Apo- phis um etwa 30 000 Kilometer verfehlen wird. Auch der 60 Meter große Asteroid der die Erde im Februar 2013 knapp passierte, war ein Jahr vorher entdeckt worden. Die Bahn konnte berechnet, die Menschheit beruhigt werden. Zu Halloween 2015 dagegen zog ein Asteroid an der Erde vor- bei, der erst drei Wochen vorher auf dem Schirm aufge- taucht war. Er soll 400 bis 600 Meter groß gewesen sein. Be- reits ein etwa doppelt so großer Asteroid – so wird geschätzt – könnte die Zivilisation vernichten, allein aufgrund des so genannten Impakt-Winters, der jegliche Nahrungsgrundla- gen auf Jahre hinaus zerstört. Die amerikanische Raumfahrtorganisation Nasa hat die Suche nach den „Near-Earth Objects“ (NEOs) intensiviert. Bisher, so die Nasa-Forscher, seien etwa 25 Prozent der erd- nahen Objekte entdeckt worden, die einen Durchmesser von 140 Metern und mehr hätten. Bis Ende 2020 soll der An- teil auf 90 Prozent steigen. Aber woher kommen die Asteroiden eigentlich, und warum sind es so viele? Eine vereinfachte Erklärung: Unser Planetensystem bildete sich vor 4,5 Milliarden Jahren aus einer Art Scheibe. Sie bestand aus kosmischem Staub, der die junge Sonne umkreiste und nach und nach zu größeren Objekten verklumpte. Je größer die Brocken wurden, desto mehr kleinere zogen sie an, bis der ganze Raum um sie leer- geräumt war. So entstanden die Gesteinsplaneten Merkur, Venus, Erde und Mars. Doch jenseits der Bahn des Mars lief etwas schief. Hier funktionierte die Planetenbildung nicht. Der große Stören- fried war Jupiter, der riesige Gasplanet. Er verursachte vor etwa vier Milliarden Jahren durch seine Gravitation eine kosmische Massen- karambolage von Milliarden herumflieg- ender Brocken. Viele wurden quer durchs Sonnensystem geschleudert und verursachten das sogenannte Große Bombardement, dessen Spuren noch heute an den unzähligen Kratern des Erdmondes zu sehen sind. Auch die Erde wurde heftig getroffen. Jenseits der Marsbahn bildete sich dann im Laufe der Zeit ein riesiger Ring unzähliger Trümmer, der Asteroiden- gürtel. Jemand bezeichnete ihn als das Grab eines Planeten, der nie entstand. Bisher ist er kaum erforscht. Im De- zember 2016 waren etwa 725 000 Aste- roiden bekannt. Man schätzt aber, dass es viele Millionen oder Milliarden gibt. Forscher vermuten, dass Asteroiden in der Zeit des Großen Bombarde- ments vor vier Milliarden Jahren das Wasser oder sogar Vorformen des Le- bens auf die Erde gebracht haben könnten. Die Nasa-Raumsonde „Dawn“ entdeckte 2015 auf dem Zwergplaneten Ceres – dem größten Objekt des Asteroidengürtels – unter der äußeren Kruste einen riesigen Mantel aus ehemals geschmolzenem Wassereis. Die Menge wird auf das Fünffache der gesamten Süßwasservor- räte der Erde geschätzt. Aber auch aus anderen Gründen sind Asteroiden interessant. Denn auf ihnen finden sich Un- mengen an wertvollen Mineralien, Edelmetallen, seltenen Erden. Eines Tages könnte man Weltraumbergbau darauf betreiben. Auch fänden sich vielleicht genügend Bau- materialien und Wasser, um dort Raumstationen oder gar Städte zu bauen. Bereits 2010 erklärte der amerikanische Präsident Barack Obama: „Bis 2025 entwickeln wir neue Langstrecken-Raumschiffe, die uns Missionen jenseits des Mondes erlauben. Wir werden zum ersten Mal in der Ge- schichte Astronauten zu einem Asteroiden senden.“ Ein Grund für eine solche Reise – bemannt oder unbe- mannt – könnte allerdings auch sein, die tödliche Gefahr ei- nes großen Asteroideneinschlags auf der Erde rechtzeitig abzuwenden. „Um darauf vorbereitet zu sein, auch im Sinne der folgenden Generationen, wäre es sinnvoll, die Ab- wehr eines solchen Ereignisses zu testen“, sagt der Berliner Impaktforscher Kai Wünnemann. Eine Gelegenheit dafür böte seiner Meinung nach die so genannte Aida-Mission, bei der die Nasa und die Europäische Weltraumorganisa- tion Esa eine Sonde zum Asteroiden Didymos schicken wol- len. Noch befindet sich die Mission, die ursprünglich 2020 starten sollte, in der Planungsphase. Didymos ist etwa 800 Meter groß und besitzt einen Mond, genannt Didymoon. Geplant ist, eine Sonde namens „Dart“ auf diesem Mond aufschlagen zu lassen, um da- durch die Bahn von Didymos zu verändern. Manche Forscher sind der Meinung, dass es vielleicht schon reicht, eine Raumsonde dicht bei einem großen Aste- roiden zu „parken“, der die Erde bedroht. Diese könnte mit ihrer Schwerkraft den Asteroiden abbremsen und damit das gleichzeitige Zusammentreffen mit der Erde verhindern. Bleibt zu hoffen, dass so etwas nicht allzu bald notwendig sein wird. Stein, Metall, Eis Der Begriff Asteroid setzt sich aus den griechischen Worten für „Stern“ („aster“) und „ähnlich“ („-eides“) zusammen. Dabei sind die Brocken alles andere als Ster- nen ähnlich. Manche sind aus Stein, andere aus Metall oder Eis. Die größten haben einen Durchmesser von 117 bis zu 546 Kilometern. Ihre Namen lauten Astraea, Juno, Vesta oder Pallas. Ceres ist mit 950 Kilometern ein Sonderfall – das größte bekannte Objekt im Asteroidengürtel und der kleinste Zwergplanet. Meteoriten heißen kleine Asteroiden oder Bruchstü- cke, die es bis auf die Erde geschafft haben. Die meisten sind Gesteinsbrocken, sogenannte Chondrite. Andere bestehen aus Nickel und Eisen. Asteroiden können zu jeder Zeit auf der Erde einschlagen. Forscher fordern, rechtzeitig eine mögliche Abwehr zu testen. Aber sie interessieren sich auch für die wertvollen Ressourcen auf den 4,5 Milliarden Jahre alten Objekten Gefährliche Brocken aus dem All V ON T ORSTEN H ARMSEN (T EXT ) UND I SA G ALANTY G RAFIK )

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VESTA

530 km950 km

CERESdünne Schicht aus wasser-haltigem Tonmineral-Gesteingefrorenes Wasser

Gemisch ausGestein und Eis

Kern ausEisen und Nickel

SilikatreicherFels

Mantel ausSilikaten

Olivinen und Pyroxenen

Kern ausEisen undNickel

SilikatreicherFels

Mantel ausSilikaten

R O H S T O F F G E W I N N U N G

(z. B. Pyroxene, Olivine,Spinell, Chromit,

Enstatit, Forsterit)

Eis/Wasser

diverse Silikate

diverse Minerale

Periodensystem

andere Edelmetalle

(z. B. Gold, Silber,Quecksilber)

Metalle der Seltenen Erden

Platinmetalle

Nichtmetalle

basaltischeKruste

basaltischeKruste

Si

O

O OO

Cer Praseodym

58 59

Ce PrNeodym Promethium

60 61

Nd PmSamarium

62

SmEuropium

63

EuGadoliniumGd

TerbiumTb

DysprosiumDy

HolmiumHo

ErbiumEr

ThuliumTm

69

Ytterbium

70

YbLutetium

71

Lu

21

ScandiumSc

Yttrium

39

Y57

LanthanLa

64 65 65 67 68

Phosphor

15

PSchwefel

16

SStickstoff

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KohlenstoffC

Eisen-Platin-Gruppe

44

Ruthenium Rhodium Palladium

45 46

Ru Rh Pd76

Osmium Iridium Platin

77 78

Os Ir Pt

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Eisen Cobalt Nickel

27 28

Fe Co 28

2012

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2010

2010

2004

2002

1 bis 10

10 bis 20

über 20

600 Kilotonnen

50 Kilo-tonnen

WELTWEITE ASTEROIDEN-EINSCHLÄGEin den Jahren 2000 bis 2013, in Kilotonnen Sprengkraft (TNT)

Zum Vergleich: die Sprengkraft der Hiroshima-Bombe 1945 belief sich auf 13 bis 15 Kilotonnen TNT.

1980 1990 2000 2010 2017

ERDNAHE ASTEROIDENkumulative Anzahl von entdeckten erdnahen Asteroiden, Stand Juni 2017

Insgesamtgrößer als 140 mgrößer als 1 km

0

5 000

10 000

15 000

Anteile der Asteroiden-Typen

2 947

875

0 bis 30

30 bis 100

100 bis 300

300 bis 1 000

über 1 000

Anzahl der bisher entdeckten erdnahen AsteroidenGeschätzter Durchmesser in Metern, Stand Juni 2017

4 461

4 088

3 817

Apollo-Typ62%

Amor-Typ32%

Aten-Typ6%

B L Z / G A L A N T Y; QU E L L E : N E O. J P L . N A S A . G OV / S TATS , E S A

Die Verteilung von über 725 000 im Jahr 2016 bekannten Objekteneinige zehntausend davon gelten als erdnahe Asteroiden

DER KUIPER-GÜRTEL

* 1 AE = (AstronomischeEinheit) = mittlere Entfernung der Erde von der Sonne = 149,6 Millionen km

0 1,0 2,0 3,0 4,0 5,0

Jupiter

Mars

Trojaner-Asteroiden

kreisen auf derUmlaufbahndes Jupiters

zwischen 2,0 und2,5 AE silikatreiche

Objekte

von etwa 2,5 AE dominierendunkle, kohlenstoffhaltigeAsteroiden

Astronomische Einheiten (AE)*

Erde Sonne

Aten-Typ Amor-Typ

AsteroidenHauptgürtel

Apollo-TypSie können die Erdbahnkreuzen, was je nachBahnebene ein Einschlags-risiko bedeutet.

Asteroiden des Aten-Typshaben große Bahnhalbachsen.Sie sind also ebenfallsErdbahnkreuzer.

Die Objektedieses Asteroidentypskreuzen die Marsbahnin Richtung Erde.

W issen & Forschen4 B e r l i n e r Z e i t u n g · N u m m e r 1 4 5 · 2 4 . / 2 5 . J u n i 2 0 1 7 5 ·· ····································································································································································································································································································································································································································································································································································································

Asteroiden können sehrhohe Konzentrationen

von Edelmetallen oder auchMetallen der sogenannten

Seltenen Erden enthalten, diefür die elektronische Industriesehr wichtig sind.Man spricht

bereits von„kosmischenGoldminen“, auch wennGoldselbst nicht das begehrteste

Element ist.

Schätzungen zufolgewürdeein Asteroidmit einemDurchmesser von einem

Kilometer ausreichen, um denBedarf derMenschheit anIndustriemetallen über

Jahrzehnte hinweg zu decken.

Gewisses Befremden löstenim Jahre 2015Meldungen aus,denen zufolge in denUSA einGesetz namens„Space Act“erlassen wurde, das die

amerikanischen Schürfrechteim sogenannten

Weltraumbergbau sichernsoll. Das widersprächedem internationalen

Weltraumvertrag von 1967 unddemMondvertrag, denenzufolge die Ressourcen des

Weltraums der ganzenMenschheit zugutekommen

sollen.

Ceres ist der größte Himmelskörper im Asteroidengürtel.ImGegensatz zuVesta ist er annähernd kugelförmig.Deshalb wird er auch als Zwergplanet bezeichnet.Ein richtiger Planet ist er vor allem deshalb nicht,weil es ihm nicht gelang, mit seiner Schwerkraft alleanderen Objekte seiner Umgebung wegzuräumen.

Vesta wiederum ähnelt eher einer ovalen Kartoffel.Er ist nach Ceres das zweitschwerste Objekt desAsteroidengürtels, offenbar weil er einen großenMetallkern besitzt.

Es kann jeden treffen. Zu jeder Zeit und überall.Das mussten unter anderem die Bewohner derrussischen Stadt Tscheljabinsk erfahren. Der 15.Februar2013wareinklarerWintertag.Gegen9.20

Uhr zog plötzlich ein glühender Meteor seine Bahn überden blauen Himmel. Es gab einen Blitz, heller als dieSonne, gefolgt von einemgewaltigen Knall.Videos zeigen,wie inderStadtTürenaufsprangen,Fensterscheibensplit-terten. Tausende Gebäude wurden beschädigt, fast 1 500Menschen verletzt.DabeihattedieStadt imUralnoch riesigesGlück.Denn

das Objekt aus dem All – etwa 20 Meter groß – hatte sienicht getroffen, sondernwar in einerHöhevonetwa30Ki-lometern auseinandergebrochen, mit einer Sprengkraftvon 33 Hiroshima-Atombomben. Solch ein sogenannterAirburst könnte auch Ursache der Tunguska-Katastrophe1908 in Sibirien gewesen sein, die 2 000 QuadratkilometerWaldmit einemSchlag vernichtete.„Auch wenn dieWahrscheinlichkeit für ein Einschlag-

ereignis statistisch nicht sehr hoch erscheint, ist es nichteine Frage, ob, sondern wann ein Aste-roid mit der Erde kollidiert“, sagt KaiWünnemann, Leiter der Abteilung„Globale Katastrophen“ am MuseumfürNaturkundeBerlinundProfessor fürImpakt- und Planetenphysik an derFreienUniversitätBerlin.DasHeikleda-bei ist: Man kann kleinere Asteroidenwie die von Tscheljabinsk oder Tun-guska im All nur selten rechtzeitig ent-decken.Dabei erreichen offenbar mehr sol-

cher Brocken die Erde, als öffentlich be-kannt wird. Sensoren zeichneten in denJahren 2000 bis 2014 auf und über derErde 26Detonationen auf, die nicht vonKernwaffenversuchen stammten, abereine Sprengkraft von bis zu 40 Hiro-shima-Atombomben hatten. Das be-richtete die Organisation des Vertragsüber dasumfassendeVerbot vonNukle-arversuchen. Die meisten Asteroidenwurden von Menschen nicht bemerkt,weil sie irgendwo über dem Ozean ex-plodierten. Nur einer von 26 war vorherentdecktworden.SchlägteinsolcherAsteroid irgendwo

auf dem Land ein, kann er verheerendwirken.Daszeigtder sogenannteBarrin-ger-Krater inArizona,USA.Er ist180Me-ter tief und hat einen Durchmesser vonfast 1200 Metern. Er stammt von einemAsteroiden,dergerademal50Metergroßwarundvor50 000 Jahreneinschlug.WieForscher berechneten, vernichtete er das Leben im Radiusvon vier Kilometern. Die Schockwelle verwüstete alles imUmkreis von22Kilometern.Solche sogenanntenCity-Killer-Asteroiden könnten tat-

sächlich eine mittelgroße Stadt vernichten – jederzeit undüberall auf der Erde. Auf diese offenbar unterschätzte Ge-fahr soll der Internationale Asteroiden-Tag am30. Juni hin-weisen. Er wurde 2014 ins Leben gerufen und 2016 offiziellvon denVereintenNationenproklamiert.Mehr als hundertWissenschaftler, Astronauten, Ingenieure und andere un-terschrieben eineErklärung, in der es heißt: ImSonnensys-tem gebe es eineMillion Asteroiden, die das Potenzial hät-ten,aufderErdeeinzuschlagenundeineStadtzuzerstören.Bisher habeman jedochweniger als ein Prozent von ihnenentdeckt.DieUnterzeichner fordern, dass indenkommen-den zehn Jahren 100 000 Asteroiden pro Jahr aufgespürtwerden sollten.Dazu braucht es große Radioteleskopewie das Arecibo-

Observatorium in Puerto Ricomit seinem 305-Meter-Spie-gel. Dieses entdeckte zumBeispiel im Jahre 2004 einen As-teroiden von der Größe eines Sportstadions, der die BahnderErdekreuzt.DasZusammentreffensoll amFreitag,dem13. April 2029, stattfinden. Nach gründlichen Berechnun-gen ist inzwischen klar, dass uns der Asteroid namens Apo-phis umetwa 30 000 Kilometer verfehlenwird. Auch der 60Meter große Asteroid der die Erde im Februar 2013 knapppassierte, war ein Jahr vorher entdeckt worden. Die Bahnkonnte berechnet, die Menschheit beruhigt werden. ZuHalloween 2015 dagegen zog ein Asteroid an der Erde vor-bei, der erst drei Wochen vorher auf dem Schirm aufge-tauchtwar. Er soll 400 bis 600Meter groß gewesen sein. Be-reits einetwadoppelt sogroßerAsteroid– sowirdgeschätzt– könnte die Zivilisation vernichten, allein aufgrund des so

genanntenImpakt-Winters,der jeglicheNahrungsgrundla-genauf Jahrehinaus zerstört.Die amerikanische RaumfahrtorganisationNasa hat die

Suche nach den „Near-Earth Objects“ (NEOs) intensiviert.Bisher, sodieNasa-Forscher, seien etwa25Prozent der erd-nahen Objekte entdeckt worden, die einen Durchmesservon140Meternundmehrhätten.BisEnde2020sollderAn-teil auf 90Prozent steigen.Aber woher kommen die Asteroiden eigentlich, und

warum sind es so viele? Eine vereinfachte Erklärung: UnserPlanetensystem bildete sich vor 4,5 Milliarden Jahren auseiner Art Scheibe. Sie bestand aus kosmischem Staub, derdie jungeSonneumkreisteundnachundnachzugrößerenObjekten verklumpte. Je größer die Brockenwurden, destomehrkleinere zogensie an,bisder ganzeRaumumsie leer-geräumt war. So entstanden die Gesteinsplaneten Merkur,Venus, ErdeundMars.Doch jenseits der Bahn des Mars lief etwas schief. Hier

funktionierte die Planetenbildung nicht. Der große Stören-fried war Jupiter, der riesige Gasplanet. Er verursachte vor

etwa vier Milliarden Jahren durch seineGravitation eine kosmische Massen-karambolagevonMilliardenherumflieg-ender Brocken. Viele wurden querdurchs Sonnensystem geschleudert undverursachten das sogenannte GroßeBombardement, dessen Spuren nochheute an den unzähligen Kratern desErdmondes zu sehen sind. Auch dieErde wurde heftig getroffen.Jenseits der Marsbahn bildete sich

dann imLaufe der Zeit ein riesiger Ringunzähliger Trümmer, der Asteroiden-gürtel. Jemand bezeichnete ihn als dasGrab eines Planeten, der nie entstand.Bisher ist er kaum erforscht. Im De-zember 2016 waren etwa 725 000 Aste-roiden bekannt.Man schätzt aber, dasses vieleMillionen oderMilliarden gibt.Forscher vermuten, dass Asteroiden

in der Zeit des Großen Bombarde-ments vor vier Milliarden Jahren dasWasser oder sogar Vorformen des Le-bens auf die Erde gebracht habenkönnten. Die Nasa-Raumsonde„Dawn“ entdeckte 2015 auf demZwergplaneten Ceres – dem größtenObjekt des Asteroidengürtels – unterder äußeren Kruste einen riesigenMantel aus ehemals geschmolzenemWassereis. Die Menge wird auf dasFünffache der gesamten Süßwasservor-räte der Erde geschätzt.Aber auch aus anderenGründen sind

Asteroiden interessant. Denn auf ihnen finden sich Un-mengen an wertvollen Mineralien, Edelmetallen, seltenenErden. Eines Tages könnte man Weltraumbergbau daraufbetreiben. Auch fänden sich vielleicht genügend Bau-materialien undWasser, um dort Raumstationen oder garStädte zu bauen. Bereits 2010 erklärte der amerikanischePräsident Barack Obama: „Bis 2025 entwickeln wir neueLangstrecken-Raumschiffe, die uns Missionen jenseits desMondes erlauben. Wir werden zum ersten Mal in der Ge-schichteAstronauten zueinemAsteroiden senden.“Ein Grund für eine solche Reise – bemannt oder unbe-

mannt–könnteallerdingsauchsein,die tödlicheGefahrei-nes großen Asteroideneinschlags auf der Erde rechtzeitigabzuwenden. „Um darauf vorbereitet zu sein, auch imSinneder folgendenGenerationen,wäreessinnvoll,dieAb-wehr eines solchen Ereignisses zu testen“, sagt der BerlinerImpaktforscher Kai Wünnemann. Eine Gelegenheit dafürböte seiner Meinung nach die so genannte Aida-Mission,bei der die Nasa und die Europäische Weltraumorganisa-tionEsaeineSondezumAsteroidenDidymosschickenwol-len. Noch befindet sich die Mission, die ursprünglich 2020starten sollte, inder Planungsphase.Didymos ist etwa 800 Meter groß und besitzt einen

Mond,genanntDidymoon.Geplant ist,eineSondenamens„Dart“ auf diesem Mond aufschlagen zu lassen, um da-durchdieBahnvonDidymos zu verändern.Manche Forscher sind der Meinung, dass es vielleicht

schonreicht,eineRaumsondedichtbeieinemgroßenAste-roiden zu„parken“, der die Erde bedroht. Diese könntemitihrerSchwerkraftdenAsteroidenabbremsenunddamitdasgleichzeitige Zusammentreffen mit der Erde verhindern.Bleibt zu hoffen, dass so etwas nicht allzu bald notwendigseinwird.

Stein,Metall, EisDer Begriff Asteroidsetzt sich ausden

griechischenWorten für„Stern“ („aster“) und„ähnlich“ („-eides“)

zusammen.Dabei sinddieBrockenalles andere als Ster-nenähnlich.Manche sindaus Stein, andere ausMetalloder Eis.Die größtenhabeneinenDurchmesser von117bis zu 546Kilometern.IhreNamen lautenAstraea,Juno,Vesta oder Pallas. Ceresistmit 950Kilometern einSonderfall – das größtebekannteObjekt im

Asteroidengürtel undderkleinsteZwergplanet.

MeteoritenheißenkleineAsteroidenoderBruchstü-cke, die es bis auf die Erdegeschafft haben.DiemeistensindGesteinsbrocken,sogenannteChondrite.AnderebestehenausNickel undEisen.

Asteroiden können zu jeder Zeit auf der Erde einschlagen. Forscher fordern,rechtzeitig einemögliche Abwehr zu testen. Aber sie interessieren sich auch für die

wertvollen Ressourcen auf den 4,5Milliarden Jahre alten Objekten

Gefährliche Brockenaus demAll

V O N T O R S T E N H A R M S E N (T E X T ) U N D I S A G A L A N T Y G R A F I K )