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Definition: Kai = Veränderung, Wandel Zen = zum Besseren, im positiven Sinn Kaizen = kontinuierliche Verbesserung Kaizen wird im Japanischen für jegliche Art der Verbesserung gebraucht, sowohl im Privat-, als auch im Arbeitsleben. Im Unternehmensbereich kann Kaizen als das wohl "wichtigste japanische Managementkonzept" betrachtet werden, das das ständige Streben nach Qualitätssicherung und -verbesserung beinhaltet. Kaizen ist eine "permanente nicht endende Folge von kleinen Verbesserungen aller betrieblichen Elemente unter Einbeziehung aller Mitarbeiter, Führungskräfte und der Geschäftsleitung." Kaizen bedeutet aber "nicht lediglich Produktverbesserung, sondern Verbesserung sämtlicher Vorgänge von der Idee über die Fertigstellung bis hin zur Vermarktung und Kundenpflege einschließlich der steten Weiterentwicklung des arbeitenden Menschen." Durch Kaizen soll es jedem Beschäftigten möglich sein, seine Probleme zu erkennen und ohne Angst vor negativen Auswirkungen auf Ansehen oder berufliches Fortkommen zu thematisieren und zu lösen. Dies ermuntert die Belegschaft dazu, ständig über die Verbesserungen ihres Arbeitsplatzes und dessen Umfeld nachzudenken. "Kaizen ist eine veränderte Einstellung, die zum ganzheitlichen Denken und zum Wandel der Unternehmenskultur, sprich von der Zweckgemeinschaft zur Sinngemeinschaft führt." Laut Imai, von dem das grundlegende Werk "Kaizen - Der Schlüssel zum Erfolg der Japaner im Wettbewerb" stammt, liegt der Kaizen-Philosophie die Annahme zu Grunde, dass jedes System ab dem Zeitpunkt seiner Einrichtung dem Zerfall preisgegeben ist, wenn es nicht ständig erneuert bzw. verbessert wird. Die Botschaft von Kaizen beinhaltet, dass kein Tag ohne irgendeine Verbesserung im Unternehmen vergehen soll. "Kaizen ist somit die Philosophie der ewigen Veränderung und der Flexibilität, um auf die Veränderungen der Umwelt zu reagieren." Unterschiede zu anderen Managementkonzepten Ähnliche Aussagen und Definitionen findet man auch bei anderen Methoden und Theorien wie z.B. bei TQM (Total Quality Management), Business Reengineering oder Lean-Management. Ziel all dieser Methoden und Theorien ist die Verbesserung im Unternehmen und somit die Erfolgssteigerung. Der Weg zu diesem Ziel ist jedoch unterschiedlich.

Kai = Veränderung, Wandel Zen = zum Besseren, im … · Definition: Kai = Veränderung, Wandel Zen = zum Besseren, im positiven Sinn Kaizen = kontinuierliche Verbesserung Kaizen

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Definition:

Kai = Veränderung, Wandel Zen = zum Besseren, im positiven Sinn Kaizen = kontinuierliche Verbesserung

Kaizen wird im Japanischen für jegliche Art der Verbesserung gebraucht, sowohl im Privat-, als auch im Arbeitsleben.

Im Unternehmensbereich kann Kaizen als das wohl "wichtigste japanische Managementkonzept" betrachtet werden, das das ständige Streben nach Qualitätssicherung und -verbesserung beinhaltet. Kaizen ist eine "permanente nicht endende Folge von kleinen Verbesserungen aller betrieblichen Elemente unter Einbeziehung aller Mitarbeiter, Führungskräfte und der Geschäftsleitung."

Kaizen bedeutet aber "nicht lediglich Produktverbesserung, sondern Verbesserung sämtlicher Vorgänge von der Idee über die Fertigstellung bis hin zur Vermarktung und Kundenpflege einschließlich der steten Weiterentwicklung des arbeitenden Menschen." Durch Kaizen soll es jedem Beschäftigten möglich sein, seine Probleme zu erkennen und ohne Angst vor negativen Auswirkungen auf Ansehen oder berufliches Fortkommen zu thematisieren und zu lösen. Dies ermuntert die Belegschaft dazu, ständig über die Verbesserungen ihres Arbeitsplatzes und dessen Umfeld nachzudenken. "Kaizen ist eine veränderte Einstellung, die zum ganzheitlichen Denken und zum Wandel der Unternehmenskultur, sprich von der Zweckgemeinschaft zur Sinngemeinschaft führt."

Laut Imai, von dem das grundlegende Werk "Kaizen - Der Schlüssel zum Erfolg der Japaner im Wettbewerb" stammt, liegt der Kaizen-Philosophie die Annahme zu Grunde, dass jedes System ab dem Zeitpunkt seiner Einrichtung dem Zerfall preisgegeben ist, wenn es nicht ständig erneuert bzw. verbessert wird. Die Botschaft von Kaizen beinhaltet, dass kein Tag ohne irgendeine Verbesserung im Unternehmen vergehen soll. "Kaizen ist somit die Philosophie der ewigen Veränderung und der Flexibilität, um auf die Veränderungen der Umwelt zu reagieren."

Unterschiede zu anderen Managementkonzepten

Ähnliche Aussagen und Definitionen findet man auch bei anderen Methoden und Theorien wie z.B. bei TQM (Total Quality Management), Business Reengineering oder Lean-Management. Ziel all dieser Methoden und Theorien ist die Verbesserung im Unternehmen und somit die Erfolgssteigerung. Der Weg zu diesem Ziel ist jedoch unterschiedlich.

Während TQM an der Kundenorientierung, Lean-Management und Business Reengineering an der Prozessorientierung ansetzen und durch wenige, dafür große Verbesserungsschritte geprägt sind, setzt Kaizen bei den Mitarbeitern an und ist durch viele kleine Verbesserungsschritte gekennzeichnet. Kaizen betont vor allem den Menschen und sein Potential zur Problemlösung. Die Investitionen richten sich daher weniger auf Technologien, obgleich diese nicht vernachlässigt werden dürfen, sondern vielmehr auf das Humankapital. Dies bedeutet, daß "die Mitarbeiter eines Unternehmens als Ressource bzw. Vermögensteil betrachtet werden. Ausgaben für Personal, insbesondere für Aus- und Weiterbildung stellen demnach weniger einen Kostenfaktor als vielmehr eine Investition" in die Zukunft dar. Denn gut qualifizierte und lernfähige Mitarbeiter, die für Veränderungen offen sind und diese mittragen, bilden den Grundstein für den Erfolg von Kaizen und dadurch für den Erfolg des Unternehmens in der Zukunft.

Kaizen und Innovation

Imai sieht als den wichtigsten Unterschied zwischen den japanischen und westlichen Managementkonzepten "Kaizen und die damit verbundene prozeßorientierte Art zu denken gegenüber dem westlichen innovations- und ergebnisorientierten Denken." Kaizen und Innovation sind Unternehmensstrategien, die zum Fortschritt und Erfolg eines Unternehmens beitragen. Nach Imai wird Kaizen, der Weg der kleinen Schritte, von japanischen, die Innovation, der Weg der großen Schritte, von "westlichen" Unternehmen bevorzugt.

Unter Innovation versteht man einschneidende Veränderungen wie z.B. technologische Neuerungen, neue Produktionsverfahren, etc., die meist mit hohen Kosten verbunden sind. Innovationen verlaufen "dramatisch" und werden von den Konkurrenten bemerkt. Der durch die Innovation erreichte Vorsprung wird durch die Reaktionen der Konkurrenten meist schnell aufgeholt. Kaizen dagegen verläuft wenig spektakulär. Kaizen erfolgt, wie gesagt, in kleinen Schritten. Aus diesen kleinen Schritten erfolgen marktnahe Verbesserungen, die dem Unternehmen auf Dauer einen Wettbewerbsvorsprung sichern können. Während eine Innovation eine einmalige, auf den sofortigen Profit gerichtete Aktion ist, handelt es sich bei Kaizen um kontinuierliche kleine Aktionen, deren positive Ergebnisse meist erst im Laufe der Zeit zu erkennen sind. Die Innovation ist, auch wegen dem meist hohen finanziellen Aufwand, hauptsächlich in rasch expandierenden Märkten anzuwenden. Das auf Mitarbeiterorientierung ausgelegte Kaizen dagegen, bringt auf gesättigten und schrumpfenden Märkten, auf denen die Konsumenten immer höhere Ansprüche an die Qualität stellen und die Notwendigkeit Kosten zu senken immer größer wird, die größeren Vorteile. Für die aktuelle Wirtschaftslage, die durch langsames Wirtschaftswachstum und Übersättigung der Märkte gekennzeichnet ist, ist Kaizen also, auf Dauer

gesehen, sinnvoller als Innovationen, wobei jedoch notwendige Innovationen nicht vernachlässigt werden dürfen.

In der folgenden Tabelle werden die Unterschiede zwischen Innovation und Kaizen noch einmal übersichtlich dargestellt.

KAIZEN INNOVATION 1. Effekt langfristig und andauernd,

aber undramatisch kurzfristig, aber dramatisch

2. Tempo kleine Schritte große Schritte 3. Zeitlicher Rahmen kontinuierlich und steigend unterbrochen und

befristet 4. Erfolgschancen gleichbleibend hoch abrupt und unbeständig 5. Protagonisten jeder Firmenangestellte wenige "Auserwählte" 6. Vorgehensweisen Kollektivgeist,

Gruppenarbeit, Systematik "Ellenbogenverfahren", individuelle Ideen und Anstrengungen

7. Devise Erhaltung und Verbesserung Abbruch und Neuaufbau

8. Erfolgsrezept konventionelles Know-how und jeweiliger Stand der Technik

technologische Errungenschaften, neue Erfindungen, neue Theorien

9. Praktische Voraussetzungen

kleines Investment, großer Einsatz zur Erhaltung

großes Investment, geringer Einsatz zur Erhaltung

10.Erfolgsorientierung Menschen Technik 11. Bewertungskriterien Leistung und Verfahren für

bessere Ergebnisse Profitresultate

12. Vorteil hervorragend geeignet für eine langsam ansteigende Wirtschaft

hauptsächlich geeignet für eine rasch ansteigende Wirtschaft

Abbildung 2: Merkmale von Kaizen und Innovation, Quelle: Imai, Masaaki, Kaizen, S. 48

Trotz, oder gerade wegen der genannten Unterschiede, darf jedoch nicht übersehen werden, dass Kaizen und Innovation sich gegenseitig nicht ausschließen, im Gegenteil, sie ergänzen sich. Wenn durch Kaizen an den vorhandenen Standards keine weiteren Verbesserungen mehr erzielt werden können, ist es an der Zeit, eine Innovation durchzuführen. Diese wird durch Kaizen solange verbessert, bis sie nicht mehr verbesserungsfähig ist und eine weitere Innovation nötig wird. "Wird eine Innovation durch Kaizen

ergänzt, so kann das theoretische Erwartungsniveau der Innovation nicht nur erreicht, sondern sogar übertroffen werden", denn eine Innovation verschlechtert sich ständig, wenn nicht, z.B. durch Kaizen, kontinuierlich Bemühungen zur Verbesserung der Innovation unternommen werden. "In anderen Worten: Bereits zur Erhaltung des Status quo bedarf es schon beständiger Anstrengungen."

Abbildung 3: Innovation ohne Kaizen, Quelle: Imai, Masaaki, Kaizen, S. 50

Abbildung 4: Innovation plus Kaizen, Quelle: Imai, Masaaki, Kaizen, S. 51

Grundlagen von Kaizen

Kaizen besteht aus verschiedenen Elementen, die alle berücksichtigt werden müssen. Es genügt also nicht nur einzelne Elemente von Kaizen zu verwirklichen, da die Effekte von Kaizen nur als Gesamtkonzept, in dessen Zentrum die Mitarbeiterorientierung steht, wirksam werden können. Aus diesem Grund werden im folgenden Abschnitt die wichtigsten Grundlagen wie Prozess-, Kunden- und vor allem Mitarbeiterorientierung erläutert. Des weiteren muss die Bedeutung der funktionsüberschneidenden Zusammenarbeit und die Notwendigkeit der Standardisierung für die

kontinuierliche Verbesserung hervorgehoben werden. Die wohl anfangs entscheidende Basis, ist die grundlegende Veränderung von Einstellungen, des Denkens und des Handelns. Dies bedeutet für das Unternehmen eine Umgestaltung der gesamten Unternehmenskultur und der Unternehmensgrundsätze.

Die Unternehmensleitung muss eine umfassende Verpflichtung zu Kaizen und somit auch zur Qualität ablegen und die Mitarbeiter nach allen Kräften in ihren Kaizen- und Qualitätsbemühungen unterstützen. Die Unternehmensleitung ist der Motor für Kaizen ohne den, zumindest anfangs, nichts läuft.

Kaizen ist ein Bewusstsein, das von allen Mitarbeiter getragen werden muss. Der Anstoß muss jedoch von der Betriebsleitung kommen. Die nächsten Vorstöße müssen aus den Kreisen der Mitarbeiter erfolgen, also zuerst "top-down" und danach "bottom-up".

Prozessorientierung

Eine der wesentlichen Rahmenbedingungen für Kaizen ist die konsequente Prozessorientierung. Dies verlangt einen Wandel von einer ergebnisorientierten zu einer prozessorientierten Kultur. In den meisten Unternehmen herrscht eine ergebnisorientierte Art zu denken vor. Dies bedeutet, dass nur das Ergebnis der Tätigkeiten zählt. Bei einer prozessorientierten Kultur dagegen werden die Arbeitsprozesse, die zu einem Ergebnis führen sollen, berücksichtigt und analysiert. Das ergebnisorientierte Denken hinterfragt jede vorzunehmende Veränderung auf ihr voraussichtliches Ergebnis hin.

Die Nachteile des rein erfolgsorientierten Denkens können sein:

• kurzfristiges Erfolgsdenken • keine Zeit Probleme nachhaltig anzugehen • eine Verbesserung muss sofort Ergebnisverbesserung bringen • Abteilungserfolge gehen vor Gesamterfolgen

Ergebnisorientiertes Denken bedeutet nach Jung, den Tod von Kaizen. Denn die langfristigen Ergebnisse sind am Anfang der Veränderungsprozesse oft noch nicht erkennbar. Es ist also prozessorientiertes Denken notwendig, denn hierbei wird der Prozess so wichtig wie das erwartete Ergebnis selbst genommen. "Kaizen fördert prozeßorientiertes Denken, weil die Prozesse verbessert werden müssen, ehe wir verbesserte Ergebnisse erwarten können."

Prozeßorientiertes Denken ist stark mitarbeiterorientiert, da die Anstrengungen der Mitarbeiter die Prozesse zu verbessern, für den anschließenden Erfolg ausschlaggebend sind. Bei Kaizen werden also, wie oben erläutert, von den Führungskräften nicht nur die Ergebnisse, die die Mitarbeiter bringen, bewertet, sondern in erster Linie die Bemühungen und der individuelle Einsatz der Mitarbeiter, das Ergebnis zu erreichen (z.B. wie viele Arbeitsstunden verwendet der Mitarbeiter auf Kundenkontakt? Wie verhält sich der Mitarbeiter gegenüber seinen Kunden? Wie viele Verbesserungsvorschläge reicht der Mitarbeiter ein? Wie häufig trifft sich eine Problemlösungsgruppe? etc.)

Die Unternehmensleitung muss natürlich auch an Ergebnissen, die die Mitarbeiter erreichen, interessiert sein. Management im Sinne von Kaizen bedeutet jedoch, auch prozessorientiert zu denken. Ein prozessorientierter Manager wird z.B. auf folgendes besonders achten:

• Einhalten der Disziplin • effizienter Umgang mit der Zeit • Entwicklung von Fertigkeiten • Mitwirkung und Einbeziehung der Mitarbeiter • Arbeitsmoral • Kommunikation zwischen den Mitarbeiter und den Vorgesetzten

Kaizen setzt voraus, dass Zusammenhänge zwischen diesen Eigenschaften/Verhalten der Mitarbeiter und langfristigem Erfolg erkannt werden. Die Verbesserungen sind anfangs oft noch nicht spürbar, denn prozeßorientiertes Denken führt zu Verbesserungen in kleinen Schritten und es erfordert Zeit bis sich diese auswirken.

Kundenorientierung

Das Ziel von Kaizen ist, wie bei den meisten anderen Managementsystemen auch, letztendlich die Zufriedenstellung der Kunden, denn nur wirklich zufriedene Kunden schaffen einen Wettbewerbsvorteil für das Unternehmen. Um die Kunden zufriedenstellen zu können, müssen zuerst deren Bedürfnisse erkannt werden. Sind die Bedürfnisse der externen Kunden dem Unternehmen bekannt, muss sich das Unternehmen bemühen diese zu erfüllen (am Besten besser als vom Kunden erwartet und deutlich besser als die Mitbewerber). Dieses Vorgehen verlangt den Einsatz der "market-in" Strategie. Dies bedeutet, dass bei der Produktion/Dienstleistungserstellung die tatsächlichen und latent vorhandenen Bedürfnisse der Kunden absolute Priorität haben. Es werden also die Produkte/Dienstleistungen angeboten, die der Kunde tatsächlich nachfragt, oder aus denen er einen Nutzen ziehen kann. Das entgegengesetzte Konzept von "market-in" wäre "product-out". Unter "product-out" versteht man, dass neue Produkte und Dienstleistungen hergestellt werden, wenn z.B. gerade finanzielle Mittel zur Verfügung stehen, ohne sich jedoch an den Kundenbedürfnissen zu orientieren. Ob

diese Produkte/Dienstleistungen letztendlich auf dem Markt erfolgreich sind, ist fraglich.

Wichtig ist außerdem, dass ein Unternehmen spontan zu individueller Angebotsveränderung und -anpassung in der Lage ist.

Kundenzufriedenheit

"Die Zufriedenheit des Kunden" ist in Japan "allerhöchstes Gebot". Beim Auftreten von Reklamationen würde man in Japan nie eine Argumentation hören, die den Fehler dem Kunden zuschreibt. "Allein die schnelle Problemlösung ist gefragt, um die Zufriedenheit des Kunden wiederherzustellen."

Mit der absoluten Orientierung auf die Bedürfnisse der Kunden ist der erste Schritt zur Zufriedenstellung der Kunden getan. Sollte der Kunde jedoch, aus welchem Grund auch immer, mit dem Produkt/Dienstleistung nicht zufrieden sein, ist ein positiver Umgang mit der Beschwerde unverzichtbar, "zumal es immer schwieriger und teurer wird, nämlich sechs mal teurer, einen Neukunden zu gewinnen als einen Bestandskunden zu betreuen." "Voraussetzung ist eine sofortige, positive persönliche Reaktion. (...) Die Behandlung von Beschwerden ist daher eine Managementaufgabe, denn sie beinhaltet die verkäuferische Chance, Kunden zurückzugewinnen, sie wieder oder noch enger an das Unternehmen zu binden."

Werden diese Punkte von der Bedürfniserfüllung (vorhandene und latente) bis hin zum positiven Umgang mit Beschwerden optimal erfüllt, hat man wahrscheinlich nicht nur zufriedene, sondern begeisterte Kunden.

Abbildung 5: Das Kundenzufriedenheitsmodell, Quelle: Wellbrock, Matthias, TQM in einem Dienstleistungsunternehmen, S. 505

Interner Kunde

Kaizen erweitert den herkömmlichen Kundenbegriff um den Begriff des internen Kunden. Dies bedeutet, dass jeder, der etwas abnimmt, zum Kunden wird, also auch die nachfolgende Abteilung (...). Diesen, im nachgelagerten Prozess arbeitenden Mitarbeiter, nennt man den internen Kunden, der ebenso wichtig ist wie der externe Kunde. "Auf jeder Stufe des Prozesses ist es unerlässlich nach vorne, zu seinem nächsten internen Kunden und zurück, zu seinem internen Lieferanten zu schauen und die Erfüllung der internen Anforderungen zu überprüfen, ohne dabei die ursprünglichen externen Anforderungen des Kunden außer acht zu lassen." Es dürfen also keine Fehler an interne Kunden (Kollegen) weitergegeben werden, denn in der Regel wirken sich die Fehler erst in den nachfolgenden Prozessen aus. Die Fehler können sich somit bis zum externen Kunden fortsetzen und sich teilweise sogar kumulieren.

Durch ein intensives Kunden-Lieferanten-Verhältnis, erlangt der einzelne Mitarbeiter durch die gemeinsame Problemlösung mit Kollegen aller Funktionsbereiche eine größere Kenntnis über die Prozessabläufe sowie über die Abteilungsschnittstellen. Der Mitarbeiter entwickelt somit mehr Verständnis für die Anforderungen und Bedürfnisse seines internen Kunden, was wiederum zu einer Qualitätsverbesserung führt.

Mitarbeiterorientierung

Kaizen setzt die Mitarbeiterorientierung an die erste Stelle, im Gegensatz zu Total Quality Management, das die Kundenorientierung, und Lean Management, das die Prozessorientierung in den Vordergrund stellt. "Kaizen geht alle Mitarbeiter der Firma, alle Zulieferer und deren Mitarbeiter an, denn bei Kaizen steht der Mensch allein im Mittelpunkt. (...) Kaizen beginnt deshalb zuerst einmal beim Menschen, denn ein Unternehmen kann nur dann erfolgreich sein, wenn jeder einzelne Mitarbeiter rückhaltlos seine Fähigkeiten einbringt, ganz gleich auf welcher hierarchischen Ebene er steht. (...) Kaizen ist ein Bewusstsein das von allen Mitarbeitern getragen werden muss, vom Manager bis zum Arbeiter, und bedeutet genau das Gegenteil von "mich geht das nichts an" oder "dafür werde ich nicht bezahlt".

Einbeziehung der Mitarbeiter

Ein weiterer wichtiger Punkt ist der Umgang mit der Hierarchie im Unternehmen. Striktes hierarchisches Denken ist mit Kaizen nicht vereinbar, obwohl auch in Kaizen-Unternehmen Hierarchiestufen bestehen. Im Unterschied zu "westlichen" Unternehmen, bei denen meist nur die obersten Führungsebenen an Veränderungen oder sonstigen wichtigen Entscheidungen beteiligt sind, werden im Kaizen-Unternehmen, wie die

folgende Tabelle zeigt, alle Mitarbeiter an den Änderungen im Unternehmen beteiligt, vom Topmanager bis hin zum Arbeiter.

Top Management Mittleres Management und Stab Meister Arbeiter

Einführung von Kaizen als grundlegende Strategie

Entwicklung und Durchsetzung, der vom Top Management entwickelten Zielsetzungen durch verbreitende Maßnahmen und interfunktionales Management

Funktionstüchtige Anwendung von Kaizen

Teilnahme an Kaizen durch Anregungen und Kleingruppen-aktivität

Förderung und Leitung von Kaizen durch geeignete Hilfsmittel

Nutzung von Kaizen in funktionalen Systemen

Planentwicklung zur Realisierung von Kaizen und Förderung von Führungseigenschaften

Disziplin innerhalb der Arbeitsgruppen

Etablierung von Kaizen und interfunktionalen Zielen

Festigung, Erhaltung und Steigerung der Standards

Unterstützung von Kleingruppenaktivitäten sowie von individueller Auseinandersetzung mit dem Arbeitsprozess

Weiterentwicklung der bewussten Auseinandersetzung mit dem Arbeitsprozess zur besseren Lösung von Problemen

Realisierung der Ziele Kaizens durch verbreitende Maßnahmen und Vorträge

Förderung des Kaizen-Bewusstseins der Arbeiter durch intensive Trainings-Programme

Einführung von Disziplin innerhalb der Arbeitsgruppen

Erhöhung der Fachkenntnis und Arbeitserfahrung durch weiterführende Seminare

Aufbau von Systemen, Arbeitstechniken und Strukturen entsprechend dem Kaizen-Prinzip

Hilfestellung für die Arbeiter bei der Entwicklung von Problemlösungen

Förderung neuer Kaizen-Ideen

Abbildung 6: Die Hierarchie der Kompetenzen beim Prinzip Kaizen, Quelle: Imai, Masaaki, Kaizen, S. 29

Gerade die aktive Beteiligung der Mitarbeiter birgt ein großes Potential für das Unternehmen in sich. Jeder Mitarbeiter hat "ein sehr umfangreiches, latentes kreatives Potential sowie einen durch seine tägliche Arbeit erlangten reichhaltigen Fundus an Erfahrungen und Fachwissen über sein eigentliches Aufgabengebiet hinaus (...)" Werden die Mitarbeiter also umfassend an Entscheidungen und Verbesserungen beteiligt, kann dies für das Unternehmen nur von Vorteil sein. Um eine echte Beteiligung der Mitarbeiter zu erreichen, ist die "Delegation von mehr Verantwortung an nachgeordnete Mitarbeiter und Beteiligung an Entscheidungsprozessen (...)" unabdingbare Voraussetzung.

Dieser Denkansatz ist aber gerade in europäischen Unternehmen nicht sehr verbreitet. Wie die folgende Abbildung zeigt, nehmen bei 39% der

befragten japanischen Unternehmen mehr als 75% (...) der Mitarbeiter an regelmäßigen Besprechungen bezüglich Qualität teil. In Kanada dagegen sind es 15%, in den USA 10% und in Deutschland nur 5% der Unternehmen, welche einen gleich hohen Mitarbeitereinbezug aufweisen."

Abbildung 7: Einbezug der Mitarbeiter zur Förderung der Qualität, Quelle: Wallmüller, Ernest, Qualitätsmanagement in der Informationsverarbeitung, S. 32

Die folgenden Graphiken verdeutlichen nochmals die unterschiedlichen Auffassungen westlicher und japanischer Unternehmen, die Aufgabenverteilung betreffend. Während in Kaizen-Unternehmen alle Ebenen in den Verbesserungsprozess mit eingebunden werden, sind in westlichen Unternehmen dafür nur Top- und Mittleres Management zuständig.

Qualifikation der Mitarbeiter

Der Erfolg von Kaizen hängt stark von der Qualifikation und Eignung der Mitarbeiter ab. Die Mitarbeiter müssen lernen "Kaizen-orientiert zu denken und zu handeln." Dazu muss es dem Management gelingen, das Qualitätsbewusstsein der Mitarbeiter zu schärfen. Durch Training und Schulungen sollen deren Fähigkeiten verbessert werden, Probleme zu erkennen, zu lösen und die Lösungen zu standardisieren.

Mitarbeiter, die ein starkes Karrieredenken verfolgen, sind für Kaizen eher ungeeignet, da im Kaizenbetrieb nicht der Einzelerfolg, sondern der Erfolg der Gruppe und des Unternehmens zählt. Ideale Mitarbeiter für Kaizen sind daher besonders teamfähige Beschäftigte, die ihre Kreativität und ihr Engagement voll in die Gruppe einbringen. Doch nicht nur die Einstellung der Mitarbeiter zu Kaizen ist entscheidend, ebenso wichtig sind Kenntnisse über den gesamten Betriebsablauf. Der Mitarbeiter muss umfassende Einblicke in sämtliche Prozessabläufe haben, so dass er dem Kunden auch Informationen geben kann, die über seinen Tätigkeitsbereich hinaus gehen.

Auch die Qualität der Mitarbeiterbeziehungen muss stimmen, um erfolgreich zu sein. Wesentlich hier ist der Zustand des "back of the house". Man kann nicht Top-Qualität in der Dienstleistung und beim direkten Umgang mit Gästen/Kunden verlangen, wenn hinter den Kulissen Unordnung herrscht."

Mitarbeitermotivation

Auch die Motivation der Mitarbeiter für Kaizen ist natürlich von entscheidender Bedeutung für den gesamten Erfolg von Kaizen. Um die Mitarbeiter für Kaizen zu motivieren, ist die absolute Überzeugung des Managements für Kaizen notwendig. Nur wenn das Management voll hinter Kaizen steht und dies auch an die Mitarbeiter weiterträgt, kann Kaizen erfolgreich umgesetzt und durchgeführt werden. Das Management fungiert sozusagen als Motor für Kaizen, ohne den nichts läuft.

Motivation ist jedoch nicht nur für den Erfolg von Kaizen notwendig, sondern ist auch Ergebnis von Kaizen. Kaizen erfüllt vor allem das Bedürfnis nach Selbstverwirklichung, das wiederum für die Motivation von entscheidender Bedeutung ist (Human-Ressources-Ansatz). Der Mitarbeiter wird gefordert, seine Leistungen werden als wichtig eingestuft und von den Vorgesetzten auch entsprechend anerkannt und honoriert. Dies führt zu einer erhöhten Motivation und somit zur Leistungssteigerung.

Funktionsüberschneidende Zusammenarbeit

Um die Qualität für den Kunden über den gesamten Produktions-/Dienstleistungserstellungsprozess sicherzustellen, ist eine funktionsübergreifende Zusammenarbeit zwischen den verschiedenen Abteilungen erforderlich. Denn gerade an den "Schnittstellen", d.h. wenn die internen Kunden und Lieferanten aus verschiedenen Funktionsbereichen/Abteilungen stammen (z.B. Service und Küche), sind Schwachpunkte zu finden. "Qualitätseinbrüche in Prozessen, meist an den Grenzen von Abteilungen und Arbeitsgruppen verursacht," werden durch eine intensive Zusammenarbeit der Abteilungen vermieden. Gerade an den Schnittstellen zwischen den einzelnen Abteilungen ergeben sich oft Probleme die zu Fehlern und somit Konflikten führen. Eine bewusste Zusammenarbeit zwischen den Abteilungen ist also unabdingbare Voraussetzung für höchste Qualität und somit für den Erfolg des Unternehmens. Als Voraussetzung für funktionsüberschneidende Zusammenarbeit gelten gemeinsame Ziele (z.B. Qualitätssicherung, Kundenzufriedenheit, Kostensenkung), die den Abteilungszielen übergeordnet sind. Alle Abteilungen haben sich an diesen übergeordneten Zielen zu orientieren, so dass alle Mitarbeiter, egal in welcher Abteilung sie arbeiten, gemeinsam die gleichen Ziele verfolgen.

Kontinuierliche Verbesserung

"Die japanische Einstellung zur Qualität beruht auf Vollkommenheit, d.h. jedes Produkt, jeder Prozess ist ohne qualitative Abweichung zu realisieren. Dies kann nur durch kontinuierliche Verbesserung erreicht werden. Um kontinuierliche Verbesserung realisieren zu können, muss ein Standardzyklus von allen Mitarbeitern immer wieder durchlaufen werden.

Als unabdingbare Voraussetzung für Verbesserungen ist des weiteren das Problembewusstsein und die Fähigkeit Probleme zu erkennen notwendig, denn erst durch das Aufspüren von Problemen kann der Zyklus sinnvoll angewandt werden.

Problembewusstsein

"Kaizen beginnt mit einem Problem, genauer gesagt: mit dem Erkennen eines Problems. Wo keine Probleme sind, gibt es auch kein Potential für Verbesserung." D.h. "um mit einer Verbesserung beginnen zu können, muss das Erkennen ihrer Notwendigkeit vorausgehen. Das Verleugnen oder Nichterkennen von Problemen, aus welchen Gründen auch immer, schließt Kaizen aus. Kaizen ist ein Problemlösungssatz, bei dem Problembewusstsein eine sehr wichtige Rolle spielt."

Diesen Aussagen ist zu entnehmen, wie wichtig für die erfolgreiche Anwendung von Kaizen das Erkennen und Eingestehen von Problemen ist. Hierzu ist ein Umdenken notwendig. Ein Problem darf nicht mehr wie so oft als negativ betrachtet, vertuscht oder übersehen werden. Es muss im Gegenteil positiv aufgenommen werden "denn die Mitarbeiter wissen im Grunde immer, was in ihrem Unternehmen schief läuft. Sie müssen nur ermutigt werden, es zu sagen und Lösungsvorschläge zu bringen, ohne befürchten zu müssen, dass die Ansprache dieser Probleme sich für sie und ihre Karriere in der Firma nachteilig auswirken wird."

In Kaizen-Unternehmen gilt: "wo ein Problem ist, ist auch Potential zur Verbesserung" und "Ausgangspunkt jeder Verbesserung ist das Erkennen des Problems." Denn: Probleme sind die Schlüssel zu verborgenen Schätzen.

Es gilt jedoch nicht nur bereits existierende Probleme zu erkennen. Schon kleinste Abweichungen (japanisch: warnsa-kagen), die zwar noch kein Problem darstellen, sich jedoch zu einem solchen entwickeln können, müssen erkannt und behoben werden. Kleine Abweichungen müssen bei erfolgreicher Anwendung von Kaizen sofort gemeldet und beseitigt werden, bevor Probleme daraus entstehen können.

PTCA-Zyklus

Prof. W. Edward Deming, ein amerikanischer Statistiker, der in den fünfziger Jahren japanischen Managern statistische Qualitätskontrolle lehrte, entwickelte das Deming-Rad, das die Zusammenarbeit der Abteilungen Forschung, Design, Produktion und Verkauf als absolut notwendig für unternehmerischen Erfolg ansieht. In der Kaizen-Strategie entwickelte sich hieraus der PTCA-Zyklus, der die Kaizen-Arbeitsweise verdeutlicht.

Als erster Schritt wird der Ist-Zustand analysiert und "Informationen über Probleme und Verbesserungsmöglichkeiten werden gesammelt. Es werden spezifische Verbesserungsmaßnahmen untersucht und ausgewählt" (Planen). Diese geplanten Verbesserungen und Ziele werden im zweiten Schritt durch bestimmte Maßnahmen umgesetzt (Tun). Die sich daraus ergebenden Ergebnisse werden ausgewertet und insbesondere geprüft, inwieweit die gesetzten Verbesserungsziele erreicht wurden (Checken). Ist das Ergebnis positiv werden die Arbeitsmethoden standardisiert, war die Änderung nicht erfolgreich, so wird sie verworfen oder der Zyklus mit geänderten Rahmenbedingungen durchlaufen (Aktion). Damit wird sichergestellt, dass der neue Zustand als Standard festgeschrieben und fortan mit den neuen Methoden gearbeitet wird. Da sich ein Zyklus ständig wiederholt, gilt der neue Standard wieder als Ausgangsbasis für die nächsten Verbesserungsschritte unter Anwendung des PTCA-Zyklus.

Planen

Ideen generieren Vorschläge sammeln Verbesserungen planen Ziele festlegen

Tun

Maßnahmen umsetzen Abläufe neu gestalten

Aktion

Einführen Standardisieren Vorbeugen

Checken

Messen Maßnahmen überprüfen Ergebnisse bestätigen

Abbildung 10: PTCA-Zyklus, Quelle: FBMA-Stiftung (Hrsg.), Kaizen+ im Hotel, Modul 0, F06

Die drei Segmente von Kaizen

"Ein gut geplantes Kaizen-Programm kann, abhängig von der Intensität des Kaizen, in drei Segmente aufgeteilt werden: Managementorientiertes Kaizen, Gruppenorientiertes Kaizen, Personenorientiertes Kaizen."

In der folgenden Abbildung werden die drei Segmente einander gegenübergestellt.

Managementorientiertes Kaizen

Guppenorientiertes Kaizen

Personen- orientiertes Kaizen

Einbeziehung Manager und Spezialisten

Teilnehmer einer Gruppe

Alle

Bereich Schwerpunkt auf Systemen und Verfahren

Innerhalb eines Arbeitsbereiches

Am eigenen Arbeitsplatz

Dauer Projektdauer ca. fünf Monate Immer

Verbesserungen (Anzahl)

Vom Management vorgegeben

Zwei bis drei pro Jahr

Viele

System Projektteam aus Linie und Stab

Aktivitäten von Kleingruppen

Vorschlagswesen

Kosten der Umsetzung

Meist kleine Investition Meist gering Gering

Ergebnisse Neues System und verbesserte Anlagen Verbesserte Leistungsfähigkeit des Managements

Verbesserte Arbeitsverfahren Verbesserte Arbeitsmoral Überarbeitung von Standards Mitwirkung Lernchancen

Verbesserung vor Ort Verbesserte Arbeitsmoral Kaizen- Bewusstsein Selbstentfaltung

Richtung Stufenweise sichtbare Verbesserung Deutliche Steigerung

Stufenweise sichtbare Verbesserung

Stufenweise sichtbare Verbesserung

Abbildung 11: Die drei Segmente von Kaizen, Quelle: Imai, Masaaki, Kaizen, S. 111/112

Managementorientiertes Kaizen

Da Kaizen alle Mitarbeiter eines Unternehmens einbezieht, sind natürlich auch die Manager betroffen. Diese müssen, wie alle anderen Mitarbeiter auch, ihre eigene Arbeit ständig verbessern.

Managementorientiertes Kaizen "ist deshalb so bedeutsam, weil" es sich "auf die wichtigen Bereiche Logistik und Strategie konzentriert und Impulse zur Aufrechterhaltung von Fortschritt und Arbeitsmoral gibt." Eine wichtige Aufgabe des managementorientierten Kaizen, ist die Verbesserung des gesamten Systems im Unternehmen. Diese Verbesserung kann die Planung, Steuerung, Entscheidungsfindung, Organisation und Information betreffen. Ein bekanntes Beispiel für ein Ergebnis des managementorientierten Kaizen ist die Einführung der Just-in-time Belieferung.

In Japan herrscht die Meinung vor, dass ein Manager etwa 50% seiner Zeit für Verbesserungen, also für Kaizen aufwenden sollte. Managementorientiertes Kaizen kann sowohl vom Manager allein, als auch in Gruppenarbeit erfolgen. Diese Art der Gruppenarbeit unterscheidet sich jedoch sehr stark von den Kaizen-Gruppen, da sie aus Management und Stab bestehen und deren Arbeit als Routinetätigkeit des Managements gilt.

Eine weitere Aufgabe des Managements ist die Unterstützung der Mitarbeiter bei deren Kaizen-Aktivitäten. Die Kreativität der Mitarbeiter hängt vor allem davon ab, in welchem Ausmaß sie vom Management unterstützt werden. Wenn die Mitarbeiter keine kreativen Ideen äußern, liegt das Problem wahrscheinlich beim Management und nicht bei den Mitarbeitern.

Gruppenorientiertes Kaizen

"Im Allgemeinen kann die japanische Gesellschaft vor allem durch das Gruppenbewusstsein (...) charakterisiert werden. Unter dem Gruppenbewusstsein kann hierbei die wichtigste gemeinsame Idee der Japaner verstanden werden, dass eine Gesellschaft aus kleinen Gruppen - also nicht aus Individuen besteht, so dass gesellschaftliche Ziele bzw. Gruppenziele den Vorrang vor den Zielen der einzelnen Individuen haben sollten."

Aus dieser gesellschaftlichen Einstellung heraus resultieren auch die Bedeutung und der Erfolg von Gruppenarbeit in japanischen Unternehmen. Da die Gruppenarbeit die wohl wichtigste Säule von Kaizen ist, soll im folgenden darauf ausführlich eingegangen werden.

Kleingruppenaktivitäten

Bei der Anwendung von Kaizen spielen vor allem die Aktivitäten von Kleingruppen (Qualitätszirkel, Null-Fehler-Bewegungen, Lernstatt-Gruppen etc.) eine große Rolle. "Kleingruppen sind informelle Gruppen von Freiwilligen, die sich mit speziellen Problemen des Arbeitsplatzes beschäftigen."

Nach Imai sind die Vorteile der Aktivitäten von Kleingruppen meist schon nach kurzer Zeit zu erkennen:

1. Setzen und Erreichen von Gruppenzielen fördert die Teamarbeit 2. In Gruppen werden Rollen besser verteilt und koordiniert 3. Die Kommunikation zwischen Belegschaft und Management, aber

auch zwischen den verschiedenen Arbeitergenerationen wird verbessert

4. Verbesserung der Arbeitsmoral 5. Die Arbeiter entwickeln neue Fähigkeiten, sammeln Wissen und

arbeiten besser zusammen 6. Die Gruppen tragen sich selbst und lösen Probleme, um die sich sonst

das Management kümmert 7. Die Beziehungen zwischen Management und

Arbeitnehmervertretung werden entscheidend verbessert

Wichtigste Voraussetzung für den Erfolg der Gruppenarbeit "ist die uneingeschränkte Unterstützung durch das Management d.h. aktive Mitarbeit, Zur-Verfügung-Stellen von Zeit (...) und Mittel (...)." Des weiteren sind die "Kooperationsbereitschaft unter den Beschäftigten", die "Einbindung der Kleingruppen in die vorhandene betriebliche Struktur" sowie die Delegation von Aufgaben und Verantwortungen an die Gruppen Erfolgsfaktoren für die Gruppenarbeit.

Gábor Sebestyén unterscheidet drei Arten von Kleingruppenarbeit:

1. Teilautonome Arbeitsgruppen 2. Kaizen-Gruppen 3. Sonstige Gruppen

Im Folgenden soll nur auf die verschiedenen Kaizen-Gruppen eingegangen werden.

Kaizen-Gruppen

"Zu den Kaizen-Gruppen gehören all jene Teams, die sich mit Problemen im Arbeitsbereich beschäftigen und nach Verbesserung suchen". Kaizen-Gruppen entstehen zumeist auf den unteren Hierarchieebenen, "die Mitarbeit ist freiwillig, die Themen können (zumeist) selbst gewählt werden, die Mitglieder treffen sich zu festgelegten Zeitpunkten und das Team bleibt bestehen und nimmt sich eines neuen Problems an (...)."

Qualitätszirkel

"Qualitätszirkel sind eine Gruppe von Arbeitnehmern (...) die gemeinsam versuchen, die in ihrem Arbeitsbereich auftretenden Probleme zu lösen. Zentrale Aufgabe ist die Sicherstellung eines hohen Standes der Qualität der Produktion." Sie stellen ein Führungsinstrument dar, "mit dem der Sach- und Fachverstand der Basis genutzt werden soll." Die Kreativität und Initiative der Mitarbeiter vor allem der untersten Hierarchiestufen sollen aktiviert werden. Dabei geht es einerseits um die Steigerung des Qualitätsbewusstseins und damit um die Verbesserung der betrieblichen Leistungsfähigkeit, andererseits um die Verstärkung der Arbeitszufriedenheit und Arbeitsmotivation.

Die Zirkel setzen sich aus Gruppen von vier bis acht Personen zusammen, die sich regelmäßig, freiwillig, meist eine Stunde pro Woche, jedoch mindestens einmal im Monat treffen, um Arbeitsprobleme zu besprechen und Lösungen zu entwickeln. Die Mitglieder der Qualitätszirkel stammen meist aus einem Arbeitsbereich, es kann jedoch auch sinnvoll sein, Mitarbeiter anderer Abteilungen mit einzubeziehen, um z.B. Schnittstellenprobleme zu lösen. Die Qualitätszirkel beschäftigen sich mit arbeitsbezogenen Themen, bei freier Themenwahl. Die erarbeiteten Lösungen werden, wenn möglich von den Qualitätszirkeln selbst umgesetzt, kontrolliert und gegebenenfalls verbessert.

"Das Qualitätszirkelkonzept wurde von japanischen Unternehmen zunächst als Instrument der Qualitätssicherung entwickelt. Inzwischen ist es von einer Variante des betrieblichen Vorschlagswesens zu einem Verfahren der Innovationsförderung und Humanisierung geworden, bei der auch die Mitarbeiter selbst mit ihren Qualifikationen und Interessen als möglicher Ansatzpunkt von Veränderungen einbezogen werden."

Themen der Qualitätszirkel

"Wir reden über das, was wir machen, wie wir es machen und wie wir es besser machen könnten", lautet das Arbeitsmotto von Qualitätszirkeln. Zu Beginn der Einführung werden meist einfache Probleme angesprochen, die zum unmittelbaren Arbeitsbereich gehören und leicht veränderbar sind. Später beschäftigen sich die Zirkel auch mit Fragen der Verbesserung der Produkte, mit Kostenreduzierung, Verbesserung der Arbeitssicherheit, Produktionssteigerung und mit der Verbesserung der Arbeitsorganisation. In der Hotellerie und Gastronomie können auch Themen wie Verbesserung des Gedächtnisses für Kundennamen, Senkung der Energiekosten, Verminderung von Überstunden, Gewinnung neuer Kunden etc. eine Rolle in den Qualitätszirkeln spielen. Weitere typische Themen für Qualitätszirkel sind z.B. "die Verbesserung der Arbeitsplatzgestaltung (...), die Verbesserung der Kommunikation und der Zusammenarbeit mit Vorgesetzten, anderen Abteilungen und dem Unternehmensumfeld (Lieferanten, Kunden...)."

Die Liste möglicher Themen der Zirkel könnte fast endlos fortgesetzt werden, denn es können alle Themen, die in irgendeinem Zusammenhang mit der eigenen Arbeit stehen, in den Zirkeln besprochen werden. Ausgenommen sind nur tarifvertraglich oder arbeitsrechtlich geregelte Dinge oder Themen, die außerhalb des eigenen Arbeitsbereiches liegen oder anderen Hierarchieebenen vorbehalten sind.

Qualitätszirkelmethoden

Eine der wichtigsten Voraussetzungen für eine erfolgreiche Arbeit der Qualitätszirkel ist die Sammlung und Analyse von relevanten Daten. Diese können mit verschiedenen statistischen Methoden erfasst und ausgewertet werden. Die sieben statistischen Werkzeuge (Pareto-Diagramm, Ursache-Wirkungs-Diagramm, Histogramm, Kontrollkarten, Streuungsdiagramm, Kurven, Prüfformulare) kommen zur Anwendung, wenn genügend Daten vorhanden sind "und wenn die Aufgabe darin besteht, diese Daten zur Lösung eines bestimmten Problems zu analysieren. " Die sieben neuen statistischen Werkzeuge (Beziehungsdiagramm, Affinitätsdiagramm, Baumdiagramm, Matrixdiagramm, Entscheidungsbaum, Pfeildiagramm) werden angewandt, wenn die notwendigen Daten nicht verfügbar sind, sondern lediglich Daten vorhanden sind, die "im Gedächtnis der Betroffenen sind, die nur verbal und nicht mittels mathematischer Graphiken ausgedrückt werden. Diese verbalen Informationen müssen in eine sinnvolle Form gebracht werden, um eine vernünftige Entscheidung zu ermöglichen."

Diese statistischen Methoden "stellen eine sehr einfache Form der Datenanalyse dar und sind ohne umfangreiche Schulung zu erlernen, was notwendig ist, damit jeder im Zirkel mit ihnen umgehen kann."

Natürlich spielen in der Gruppenarbeit nicht nur statistische Methoden eine Rolle, sondern es kommen auch Kreativitätstechniken wie z.B. Brainstorming und Brainwriting in den Zirkeln zum Einsatz.

Vorteile der Qualitätszirkel

Da die Qualitätszirkel die Kreativität und Initiative der Mitarbeiter aktivieren, bergen Qualitätszirkel für das gesamte Unternehmen nicht zu unterschätzende Vorteile. Um jedoch positive Ergebnisse der Qualitätszirkelarbeit zu erreichen, müssen zuerst einige Voraussetzungen geschaffen werden. Zu diesen zählen nach Gábor Sebestyén die ausreichende Schulung der Gruppenmitglieder, die Akzeptanz des Top-Managements und des mittleren Managements und vor allem die Anerkennung der Leistungen und die Umsetzung vorteilhafter Vorschläge durch das Unternehmen. Wenn diese Voraussetzungen gegeben sind, kann die Qualitätszirkelarbeit viele Vorteile mit sich bringen.

• Probleme und Schwachstellen können am ehesten dort erkannt und beseitigt werden, wo sie auftreten.

• Einstellungen und Verhaltensweisen, nicht nur des Kundenkontaktpersonals, sichern die Qualität.

• Die eigentlichen Experten sind die Mitarbeiter selbst aufgrund ihrer täglichen Konfrontation mit den Problemen in ihrem Arbeitsbereich.

• Das Kreativitäts- und Problemlösungspotential vieler Mitarbeiter wird geweckt.

• Es werden nicht nur Sachprobleme gelöst, sondern zugleich Akzeptanz für diese Lösung gesichert.

• Qualitätszirkel sind mehr als Problemlösungsgruppen, sie erneuern und festigen das Qualitätsbewusstsein und tragen zur Förderung und Weiterentwicklung von Qualitätsdienstleistungen bei.

• Entwicklung von Eigeninitiative bei Personen auf hierarchisch niedrigen Positionen.

• Allgemeine Verbesserung des Arbeitsklimas, mehr Verständnis für innerbetriebliche Probleme und Zusammenhänge.

• Durch Mitwirkungsmöglichkeiten bei Verbesserungen (auch bei den Arbeitsbedingungen) und bei Veränderungen wird die Identifikation mit der Arbeit und dem Unternehmen gesteigert.

• Qualitätszirkel ist ein Personalentwicklungskonzept, um Fehlzeiten und Fluktuation zu verringern.

• Regelmäßige Teamarbeit fördert das Verständnis füreinander, verbessert die innerbetriebliche Kommunikation und Zusammenarbeit der Abteilungen.

• Mitarbeiter werden für Qualitätsprobleme jeder Art sensibilisiert und achten mehr als vorher auf eigene gute Leistungen.

Diese und noch viele weitere Faktoren bewirken, langfristig gesehen, die Verbesserung der Qualität/Produktivität und tragen somit zu einer Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit bei.

Lernstatt

Der Begriff Lernstatt entstand in den 70er Jahren und setzt sich aus den Worten Lernen und Werkstatt zusammen. Ursprünglich wurde die Lernstatt für die Integration und zur Überwindung von Sprachproblemen ausländischer Mitarbeiter gegründet. Bald darauf wurde das Modell auch auf deutsche Mitarbeiter ausgeweitet und es wurden Probleme des Arbeitsprozesses behandelt. Heutzutage wird die Lernstatt als "eine Einrichtung in Produktionsbetrieben zum Austausch und zur Vertiefung betrieblicher Erfahrungen, zur Erweiterung des Grundwissens über betriebliche Zusammenhänge und zur Förderung der Kommunikation im Betrieb" definiert.

Die Lernstatt behandelt im Unterschied zu Qualitätszirkeln verstärkt menschen- und gruppenbezogene Aspekte, also eher Beziehungsaspekte,

wogegen sich Qualitätszirkel hauptsächlich mit technischen Fragen beschäftigen. Der Übergang von Qualitätszirkeln zu Lernstattgruppen verläuft jedoch fließend.

Personenorientiertes Kaizen

Wie die Abbildung 11 zeigt, ist personenorientiertes Kaizen die 3. Säule der Kaizen-Strategie. Das personenorientierte Kaizen betrifft alle Mitarbeiter eines Unternehmens. Die Mitarbeiter haben in ihrem Bereich das größte Know-how. Deshalb sollte jeder Mitarbeiter die Möglichkeit haben, seinen Arbeitsplatz betreffende Angelegenheiten zu verbessern. Beim personenorientierten Kaizen wird bei den Änderungsmaßnahmen eher Wert auf den motivationsfördernden Aspekt gelegt, als auf den direkten wirtschaftlichen Nutzen.

Personenorientiertes Kaizen wirkt sich meist positiv auf die Motivation und die Arbeitsmoral der Mitarbeiter aus, da die Mitarbeiter zum Mitdenken angeregt werden und so die eigene Arbeit verbessern sowie ein erhöhtes Verantwortungsbewusstsein für die eigene Tätigkeit entwickeln.

Vorschlagswesen

Das japanische Vorschlagswesen „kaizen teian“, kann mit dem westlichen Vorschlagswesen nicht gleichgesetzt werden. Im Gegensatz zum westlichen Vorschlagswesen, bei dem meist nur wirtschaftlich interessante Vorschläge Beachtung finden, werden in Japan schon die kleinsten Verbesserungsvorschläge akzeptiert und die Mitarbeiter entsprechend belohnt. Doch auch die Belohnung unterscheidet sich in Kaizen-Unternehmen von den westlichen Unternehmen. In westlichen Unternehmen werden den Mitarbeitern für besonders gute, wirtschaftlich interessante Vorschläge teilweise hohe Summen gezahlt. In Kaizen-Unternehmen werden Verbesserungsvorschläge gar nicht oder nur gering materiell vergütet. Das Unternehmen zeigt dem Mitarbeiter seine Anerkennung z.B. in Form von Urkunden oder Auszeichnungen. Ein großes Plus des „kaizen teian“ im Gegensatz zum westlichen Vorschlagswesen, ist die Möglichkeit aller Mitarbeiter in allen Unternehmensbereichen Verbesserungsvorschläge einreichen zu

können. In Deutschland sind Vorschläge nicht von allem Mitarbeitern in allem Arbeitsbereichen zulässig. Die Forschungs- und Entwicklungsabteilung z.B., ist vom Vorschlagswesen ausgeschlossen. Diese Barrieren bestehen beim japanischen Vorschlagswesen nicht, woraus sich die hohen "Beteiligungsquoten in Japan, die pro Mitarbeiter bei ca. dreißig Vorschlägen im Jahr liegen, ableiten" lassen.

Ein Vorschlag hat jedoch erst dann einen Wert, wenn er realisiert worden ist. Kostenintensive Vorschläge lassen sich nur schwer verwirklichen. Deshalb sollten bei Vorschlägen der Findigkeit und Originalität einen höheren Stellenwert beigemessen werden als hohe Aufwendungen. Dies begünstigt Vorschläge, die sich problemlos in die Praxis umsetzen lassen. Die effektivsten Vorschläge sind diejenigen, die nicht viel kosten, von Einfallsreichtum zeugen und ohne weiteres, am besten von den Mitarbeitern selbst, zu realisieren sind.

Selbstkontrolle

Kennzeichen des personenorientierten Kaizen ist auch die Selbstkontrolle im Gegensatz zur Fremdkontrolle. Im Kaizen-Unternehmen kontrolliert jeder Mitarbeiter seine eigene Arbeit, soweit wie möglich, selbst. Durch das verstärkte Qualitätsbewusstsein, die Philosophie, dass Fehler nicht weitergegeben werden dürfen und durch das Eingestehendürfen von Fehlern, wird die Selbstkontrolle für die Mitarbeiter im Laufe der Zeit selbstverständlich und macht Fremdkontrolle durch die Vorgesetzten zum großen Teil überflüssig.

Die drei Stufen zum Kaizen-Hotel

Wie anfangs bereits erwähnt, besteht auch in der Hotellerie und Gastronomie die Notwendigkeit einer Neuorientierung. Einerseits sind die Kosten in den letzten Jahren dramatisch gestiegen, andererseits ist auch der Qualitätsanspruch der Gäste sowie der Preisdruck der Konkurrenz gestiegen. Es müssen immer bessere Leistungen zu immer günstigeren Preisen angeboten werden. Um den Gästen auch in Zukunft ein akzeptables Preis/Leistungsverhältnis anbieten zu können, müssen sowohl die Kosten reduziert, als auch die Qualität erhöht werden. Diese schwierige Aufgabe kann durch die konsequente Anwendung von Kaizen gelöst werden.

Kaizen bietet sowohl bei der Kostenreduzierung als auch bei der Qualitätsverbesserung einen Lösungsansatz. Die Personalkosten, die die höchste Kostenart darstellen, können z.B. durch Auslagerung von Leistungen, die nicht mehr zur Wertschöpfung beitragen oder durch Reduzierung von minderqualifizierten Arbeitskräften deren Tätigkeiten durch qualifizierte Kräfte mit übernommen werden, gesenkt werden. Auch die Wareneinsatz- und Herstellungskosten sind in der Gastronomie von großer Bedeutung. Dazu kommt eine oft breite Produktpalette, wodurch viele Grundprodukte vorrätig gehalten werden müssen. Diese wiederum sind mit hohen Lagerkosten und Verschwendung bei Verderben verbunden. Eine mögliche Lösung könnte der vermehrte Einsatz von Convenience-Food oder einfach die Reduzierung des Angebots sein. Damit diese Maßnahmen überhaupt erst angedacht und schließlich angewandt und erfolgreich eingesetzt werden, ist eine Neuorientierung z.B. durch Kaizen nötig.

Neben dem Kostenaspekt müssen aber auch Qualität und Service berücksichtigt werden. Soll also ein langfristiger und erfolgreicher Verbesserungsprozess in Gang gesetzt werden, so ist vor allem bei den im Betrieb tätigen Personen anzusetzen. Über eine Erhöhung der sozialen, fachlichen und methodischen Kompetenz werden die Voraussetzungen für Kaizen und somit für Kostenreduzierung und Qualitätsverbesserung geschaffen. Hierzu sind die Ansatzpunkte der vorausgegangenen Kapitel auf die Hotellerie zu übertragen. Die folgenden Kapitel beschreiben nun die Schritte, die zum erfolgreichen Einsatz von Kaizen führen.

Die Einführung von Kaizen erfolgt in drei Stufen unter Einbeziehung aller Mitarbeiter. Diese ersten drei Stufen auf dem Weg zum Kaizen-Hotel wurden in einem Pilotprojekt, initiiert von der FBMA-Stiftung (Stiftung der Food and Beverage Management Association), durchgeführt. Im folgenden werden die einzelnen Schritte theoretisch und an Hand von Beispielen erläutert.

Die drei Stufen dieses Konzeptes bestehen aus:

Stufe 1: Schulung der Führungskräfte

Stufe 2: Schulung der Mitarbeiter

Stufe 3: Workshops

In der ersten Stufe werden die Führungskräfte für die Einführung von Kaizen geschult. Ausgehend von einer Vision des Hotel- bzw. Gastronomiebetriebes, wird eine Erfolgsstrategie erarbeitet und daraus Ziele und Maßgrößen für die Prozesse und die anschließende Erfolgskontrolle, abgeleitet. Abschließend wird ein Seminar für die Moderation der Mitarbeiterschulungen durchgeführt. Die Führungskräfte übertragen das in der ersten Stufe erlangte Wissen auf ihre Mitarbeiter. Diese Mitarbeiterschulungen (Stufe 2) sollen einerseits eine Erhöhung

der sozialen und fachlichen Kompetenz der Mitarbeiter bewirken andererseits sollen auch die Kenntnisse über Kaizen vermittelt werden.

In der dritten Stufe, den Kaizen-Workshops, dem eigentlichen Beginn von Kaizen, werden Mitarbeitergruppen gebildet, die in den Workshops erste Verbesserungsmaßnahmen planen und durchführen.

Nachfolgend wird näher auf die einzelnen Stufen und Teilschritte eingegangen und die Vorgehensweise durch Beispiele aus der Praxis ergänzt.

Schulung der Führungskräfte

Grundvoraussetzung für einen erfolgreichen Verbesserungsprozess ist, wie anfangs schon erwähnt, die bedingungslose Unterstützung des Managements. Da die Verbesserung nicht nur Aufgabe der Mitarbeiter auf unterster Ebene, sondern vor allem Aufgabe des Managements ist, muss bei der Einführung von Kaizen bei den Führungskräften des Betriebes angesetzt werden. Aus diesem Grund werden zuerst die Führungskräfte geschult, um die Grundlage für den Erfolg von Kaizen in einem Betrieb zu schaffen. Die Führungskräfte müssen von Kaizen absolut überzeugt sein, denn nur durch die bedingungslose Unterstützung des Managements, können die Mitarbeiter dafür motiviert werden.

Daraus ergeben sich für die Schulungen der ersten Stufe, an denen das Management und die obersten Führungskräfte des Hotel- bzw. Gastronomiebetriebs teilnehmen, folgende Ziele:

• Bewusstsein, Einstellung und Motivation der Führungskräfte für Kaizen wecken und erhöhen.

• Denkweisen für Kunden- und Prozessorientierung fördern. • Fördern einer Qualitätsphilosophie. • Sensibilisierung für die Kostenproblematik in der Hotellerie. • Training der Führungskräfte als Moderatoren.

Ausgehend von der Erarbeitung einer groben Vision und der Analyse des Ist-Zustandes wird ein Leitbild des Betriebs entwickelt, in dem die Zielsetzung des Betriebes klar zum Ausdruck kommt. Anschließend wird anhand von erfolgsrelevanten Kriterien, die den Erfolg des Unternehmens garantieren sollen, eine Strategie entwickelt, wie die Ziele des Betriebes in Zukunft verwirklicht werden können. Die Erfolgskriterien stehen auch im Mittelpunkt aller nachfolgenden Überlegungen und Aktivitäten. Damit diese Schwerpunktsetzung auf die Erfolgskriterien auch tatsächlich durchgeführt wird, ist bei den Führungskräften prozessorientiertes Denken zu fördern. Danach erfolgt eine Zerlegung der Arbeitsschritte in Prozesse und einzelnen Prozessziele werden definiert. An dieser Stelle sind dann die Mitarbeiter gefragt, die die Prozesse verbessern und die Prozessziele erreichen sollen. Um dies sicherzustellen ist der Transfer der Erkenntnisse und Einstellungen auf die Mitarbeiter nötig. Dazu werden im letzten Teil der ersten Stufe die Führungskräfte als Moderatoren ausgebildet, um damit die Basis für die Mitarbeiteraktivierung zu schaffen.

Vision

"Eine Vision ist eine konkrete, bildhafte Vorstellung, die den Unternehmenszweck und das Unternehmensziel allen Mitarbeitern und der Öffentlichkeit verdeutlichen soll." Man versteht unter ihr auch ein "überzeichnetes Bild von der Zukunft, das die Kraft der Motivation und

Inspiration hat." "Die Geschäftsleitung und insbesondere das Management (...) müssen eine klare Vision entwickeln. Diese Vision erklärt, wie die Organisation in drei bis fünf Jahren aussieht, handelt und was zur Wettbewerbsfähigkeit des Unternehmens beigetragen werden kann." Bei der Entwicklung einer Unternehmensvision geht es nicht um Details, sondern lediglich um ein grobes Bild der Zukunft. Eine Vision könnte z.B. lauten: "Tagungshotel Nummer 1 in Bayern werden".

Eine wirklich gute Vision befindet sich zwischen Realität und Utopie. Sie darf nicht so utopisch sein, dass sie nie realisiert werden kann, denn so motiviert sie nicht. Sie sollte jedoch eine große Herausforderung für alle Beteiligten darstellen.

Ein Hindernis bei der Entwicklung von Visionen sind oft angeblich unüberwindbare Schwierigkeiten, wie z.B. mangelndes Kapital, Lage des Objektes, etc. Diese Probleme sind "absolut in den Hintergrund zu stellen. Lediglich wirklich unabänderliche Gesetzmäßigkeiten sollten im Auge behalten werden (...)".

Ein gastronomischer Betrieb hat die Vision "begeisterter Gast" entwickelt. Am Anfang stand der "zufriedene Gast". Da jedoch ein zufriedener Gast seine Zufriedenheit mit der erbrachten Dienstleistung meist nicht weitergibt, weil er sie als selbstverständlich betrachtet, muss es gelingen, den Gast zu begeistern. Denn wird er begeistert, gibt er diese Begeisterung weiter. Man geht davon aus, dass ein begeisterter Mensch seine Begeisterung an etwa fünf Menschen weitergibt. Der Gast entwickelt sich somit zu einem kostenlosen Multiplikator der für den Betrieb wirbt. Über diese, von den Mitarbeitern entwickelte Vision und deren Erfolg wurde selbst in einem 3-seitigen Bericht im Magazin "Focus" berichtet. Dies wiederum verdeutlicht den Multiplikationseffekt.

Analyse

Bevor man von der Vision zu konkreteren Zielen und Maßnahmen übergehen kann, müssen

• das Umfeld • die Gäste • die Wettbewerber • und die Eigensituation

analysiert werden. Diese Analysen, die den Ist-Zustand und somit die Kenntnis aller relevanten Faktoren und Wettbewerbsbedingungen vermitteln, sind Voraussetzungen um eine erfolgreiche Strategie zu entwickeln.

Umfeldanalyse

Bei der Umfeldanalyse werden die gesellschaftlichen, politischen, ökonomischen, ökologischen, technischen usw. Entwicklungen, die den Betrieb betreffen, analysiert. Um auch in Zukunft wettbewerbsfähig zu bleiben, müssen die Betriebe die zukünftigen, für das Unternehmen relevanten, Entwicklungen ihrer Umwelt erkennen und auf diese reagieren. Gesellschaftliche Entwicklungen die die Hotellerie und Gastronomie betreffen, können z.B. die Veränderung des Gesundheitsbewusstseins, die Zunahme von Zweitferien, Kurzurlauben und Städtereisen, sowie der überdurchschnittlich schnelle Anstieg des Anteils der über 65-jährigen, sein. Auf den Anstieg des Anteils der Senioren könnte ein Hotel z.B. mit besonderen Pauschalangeboten für Seniorenclubs etc. reagieren. Bei der Veränderung des Gesundheitsbewusstseins könnte der Bezug von Waren von Biobauern oder ein vermehrtes Angebot vegetarischer Gerichte ein Mittel zur Erfolgssteigerung sein.

Eine bedeutende technologische Entwicklung ist der Boom des Internets. Auch für die Hotellerie entstehen hier neue Möglichkeiten. Durch Einrichten einer Internetseite mit Buchungsformular können neue Kundengruppen (v.a. in Übersee) angesprochen werden.

Gästeanalyse

Für den Erfolg des Hotel- bzw. Gastronomiebetriebes ist es von großer Bedeutung, die Bedürfnisse der Gäste ständig neu zu analysieren, denn nur durch genaue Kenntnis der Gastanforderungen, lassen sich diese zur Zufriedenheit der Gäste erfüllen. Durch die Gästeanalyse werden die Wünsche der Gäste an den Hotel- bzw. Gastronomiebetrieb definiert. Somit wird auch der Begriff Qualität für das einzelne Unternehmen mittels der Gästeanalyse definiert. Denn Qualität ist nicht gleich Qualität. Ein "gastronomischer Luxustempel bietet nicht automatisch die beste Qualität. Auch eine einfache Gaststätte kann mit ihrem Service und Preis-Leistungs-Verhältnis die Gästeerwartungen (...) voll erfüllen und damit den höchsten Qualitätsgrad erreichen." Es kommt also immer auf die Erwartungen der Gäste an und nur durch Kenntnis dieser Anforderungen ist es dem Betrieb möglich, die Wünsche der Gäste optimal zu erfüllen und beste Qualität zu bieten.

Um die Bedürfnisse der Gäste zu analysieren kann es sinnvoll sein für einen bestimmten Zeitraum eine Fragebogenaktion zu starten (Was fiel Ihnen angenehm auf? Wo sahen Sie Schwächen? Welchen Service würden Sie sich noch wünschen? etc.). Aber auch auftretende Beschwerden lassen auf unerfüllte Gästeerwartungen schließen und sind so zu behandeln, dass sie in Zukunft möglichst nicht mehr auftreten. Anfänglich ist auch das Hinterfragen eigener Wünsche oder Vorstellungen sinnvoll (jedoch kein gänzlicher Ersatz für die eigentliche Gästebefragung). Ein unbefriedigtes

Bedürfnis könnte z.B. ein Lesebrillenservice im Restaurant sein. Dies ist ohne großen Aufwand zu realisieren, und der Gast, der seine Brille vergessen hat, wird sicher äußerst positiv überrascht sein.

Eigensituationsanalyse

Bei der Eigensituationsanalyse wird die bisherige Leistung des eigenen Unternehmens mittels eines Stärken-Schwächen-Profils analysiert. Dazu ist eine möglichst detaillierte Beschreibung des Leistungsangebots (Zimmerkategorien, Freizeiteinrichtungen, Restaurants, etc.) hilfreich. Aus diesem Leistungsangebot, in Verbindung mit individuellen Stärken (Mitarbeiterqualität, Veranstaltungen, etc.) können die Stärken und Schwächen abgeleitet werden. Diese Analyse muss immer im Vergleich zu den Konkurrenten erfolgen, denn "eine bisher angenommene Stärke kann zum Beispiel als Schwäche erkannt werden, da die Mitbewerber auf diesem Bereich die Gästeanforderungen besser erfüllen, als der eigene Betrieb."

Wettbewerberanalyse

Um dauerhafte Wettbewerbsvorteile zu erlangen, ist der wohl beste Weg, die Fähigkeiten und Ressourcen, in denen man den Konkurrenten überlegen ist, optimal zu nutzen. Dazu ist als Ergänzung zur Eigensituationsanalyse eine Analyse der wichtigsten Mitbewerber notwendig. Die Wettbewerberanalyse beginnt damit, die wichtigsten Konkurrenten und deren aktuelle Marktposition zu bestimmen. Nach der Bestimmung der Mitbewerber gilt es nun, die Stärken und Schwächen der Konkurrenten durch deren Leistungsangebot, deren zukünftige Ziele und die sich daraus ergebenden Strategien zu ermitteln. Durch einen Vergleich der Ergebnisse der Eigensituationsanalyse mit denen der Wettbewerberanalyse - die zum großen Teil nur aus Annahmen bestehen - wird es ermöglicht, die eigene zukünftige Strategie festzulegen. Die Strategie sollte sich dann auf den Ausbau der eigenen Stärken konzentrieren, um sich so von der Konkurrenz zu differenzieren.

Vor allem bei der Eigensituations- und der Wettbewerberanalyse ist die subjektive Beurteilung problematisch. Es sollte versucht werden sowohl die Stärken und Schwächen des eigenen Betriebes als auch die der Konkurrenz so objektiv wie möglich zu beurteilen. Dabei ist es wichtig, dass Kritik am eigenen Unternehmen frei geäußert werden kann. Ist dies nicht der Fall, sind die Ergebnisse der Analyse praktisch wertlos.

Leitbild

Die Vision wurde allein von den Führungskräften entwickelt und ist bis jetzt nur in deren Bewusstsein verankert. Das jedoch die Wirkungen der Vision (Motivation, Energie, Identifikation der Mitarbeiter mit dem Betrieb,

eigenverantwortliches Handeln), zum Tragen kommen, muss die Vision in den Köpfen aller Mitarbeiter verankert sein. "Dies geschieht zunächst dadurch, dass Leitsätze bzw. Unternehmensgrundsätze formuliert werden, die in wenigen Worten die wesentlichen Grundgedanken der obersten Leitung enthalten. Diese Leitsätze können sich auf

• den Zweck des Unternehmens • die Kunden • die Mitarbeiter und deren Familien • den Wettbewerb • die Gesellschaft (Öffentlichkeit) • die Vertragspartner (Lieferanten) • die Umwelt

beziehen.

Voraussetzung für die Akzeptanz und Umsetzung der Leitsätze bei den Mitarbeitern ist, dass die Leitsätze allen Beschäftigten bekannt sind. Um dies zu erreichen, kann aus den Leitsätzen noch ein Unternehmensleitbild entworfen werden, das im Unternehmen publiziert wird. Dies kann z.B. in "Form eines Plakates/Posters erfolgen, das für alle Mitarbeiter und Kunden sichtbar ausgehängt wird." Aber auch Leitsätze können genügen, wenn sie die Mitarbeiter verinnerlicht haben und nach ihnen arbeiten.

Um erfolgreiche Leitsätze/-bilder im Unternehmen zu haben, ist von Zeit zu Zeit deren Überprüfung notwendig. Leitsätze müssen flexibel sein. Sind die Leitsätze nicht mehr zeitgemäß, wird der "Geist der Leitsätze" nicht mehr akzeptiert oder haben die Mitarbeiter die Leitsätze nicht verinnerlicht, dann ist eine Veränderung der Leitsätze notwendig.

Strategie

Nachdem die Vorstellungen über die Zukunft bis jetzt rein theoretisch erfolgten, wird nun deren Umsetzung in die Praxis aufgezeigt.

Um das Ziel des Betriebes zu erreichen (z.B. Tagungshotel Nr. 1 in der Region), müssen Kriterien definiert werden, die für den Erfolg von entscheidender Bedeutung sind und auf die sich schließlich alle Aktivitäten des Betriebes konzentrieren. Die Erfolgskriterien können sehr unterschiedlicher Art sein. Sie können z.B. das Angebot vegetarischer Gerichte auf der Karte, die technische Ausstattung im Tagungsraum oder der Zimmerpreis sein. Das Angebot von vegetarischen Gerichten könnte ein Erfolgskriterium für ein Kurhotel, die Ausstattung des Tagungsraumes für ein Tagungshotel und der Zimmerpreis für ein Hotel mit hohem Gruppenanteil sein. Aus dieser Verschiedenartigkeit der Erfolgskriterien resultiert die Notwendigkeit, die Kriterien, die für den Erfolg des eigenen Betriebes ausschlaggebend sein können (Erfolgspotentiale), herauszufinden. Da sicher viele Aspekte für den Erfolg eines Hotels wichtig sind, jedoch nicht

auf allen Gebieten Spitzenleistungen erzielt werden können, ist es notwendig Prioritäten zu setzen. Dazu kann eine Erfolgskriterienpyramide erstellt werden. Für ein Tagungshotel könnte diese wie folgt aussehen:

Abbildung 12: Erfolgskriterien eines Tagungshotels, LiM AG, Kaizen+ im Hotel, Führungsrunden, Modul 4, F 08

Die Tagungsinfrastruktur ist für ein Tagungshotel das Erfolgskriterium Nummer eins, das USP (Unique Selling Proposition) was soviel bedeutet wie die "einzigartige und unverwechselbare Leistung". Um dieses USP zu definieren muß sich der Betrieb folgende Fragen stellen:

• Welches wesentliche Bedürfnis unserer Gäste können wir besser lösen als die Mitbewerber?

• Auf welchem Gebiet sind wir einzigartig? • Aus welchen Gründen würden Gäste z.B. einen Umweg in Kauf

nehmen um speziell unser Haus zu besuchen?

Die Antwort auf diese Fragen ist das USP. "Ein USP beschreibt möglichst eine einzigartige, unverwechselbare und sinnvolle Eigenschaft eines Produkts, einer Dienstleistung oder einer Ressource wie z.B. Lage, Ausstattung oder Mitarbeiterqualifikation usw." Starke USP’s haben immer einen hohen Kundennutzen, der z.B. dazu führt, dass der Gast einen Umweg in Kauf nimmt, um diese bestimmte Leistung in Anspruch zu nehmen. "Schwache USP’s sind meist Aussagen wie "Das älteste Haus am Platz" (...), "Immer im Dienst am Kunden" usw.", da diese keinen wirklichen Kundennutzen ansprechen und sehr allgemein gehalten sind. (Welchen Nutzen hat der Gast, wenn er ins "Älteste Haus am Platz" geht?)

Alle weiteren Kriterien, in dem oben genannten Beispiel Gastronomie, Zimmer, Preise usw., dürfen jedoch nicht vernachlässigt werden, da

ansonsten "die Anforderungen der Gäste nicht mehr erfüllt werden können." Das gleiche gilt für die Grundfähigkeiten. Darunter versteht man Selbstverständlichkeiten wie z.B. Freundlichkeit und Sauberkeit. Diese Grundfähigkeiten werden von allen Mitbewerbern ebenso beherrscht und bringen somit keinen entscheidenden Wettbewerbsvorteil, sind jedoch Grundvoraussetzung, um am Wettbewerb erfolgreich teilnehmen zu können.

Die Strategie und somit alle folgenden Aktivitäten sollen sich nun an der Erfolgskriterienpyramide ausrichten, wobei das USP höchste Priorität hat.

Prozessbewusstsein

Aus der Vision und dem Leitbild leiten sich die Ziele und Strategien, um diese Ziele zu erreichen, ab. Aus diesen Grundlagen ergeben sich konkrete Aufgaben und Prozesse, die zur Erfüllung dieser Aufgaben erforderlich sind. Jede Aktivität in einer Firma ist als Prozess zu verstehen. Unter einem Prozess versteht man "eine schrittweise erfolgende Aktivität, die zu einem geplanten Ergebnis - oder einem Komplex von Ergebnissen - führt. Er setzt sich aus mehreren Aufgaben (Tätigkeiten) zusammen." Jeder Prozess hat:

• einen Sinn und Zweck • einen Verantwortlichen und Ausführenden • Input und Output • definierte Anfangssituation und definierte Endsituation • einen vorgesehenen Ablauf • Steuerung • Eigenschaften: zuverlässig, beherrschbar, effizient

Input Output

Abbildung 13: Prozess, Quelle: LiM AG, Kaizen+ im Hotel, Führungsrunden, Modul 5, F 04

Um das Prozessbewusstsein der Führungskräfte zu fördern, müssen verschiedene Denkansätze, die teilweise in den vorangegangenen Kapiteln schon erläutert wurden, diskutiert werden.

Prozessbewusstsein erfordert zu allererst, die Fähigkeit in Prozessen zu denken. Ist dies erreicht, ist leicht zu erkennen, wie die einzelnen Prozesse zur Wertschöpfung also auch zum Umsatz beitragen. Um jedoch Gästezufriedenheit und optimale Wertschöpfung zu erreichen, muss sowohl

Verschwendung als auch die Schnittstellenproblematik erkannt und behoben werden.

Prozessdenken

Wie schon erläutert, ist das Prozessdenken ein wichtiger Baustein für Kaizen. "Die Grunderkenntnis hierbei ist, dass jedem Produkt und jeder Teilleistung ein Prozess vorausgeht. Dieser Prozess setzt sich aus allen Aktivitäten verschiedener Funktionsbereiche zusammen, die für die Bereitstellung des Produktes erforderlich sind. (...) Zerlegt man den Gesamtprozess in einzelne Teile oder Unterprozesse, so wird deutlich, dass der gesamte Prozess aus einer Reihe von Kunden-Lieferanten-Beziehungen besteht." Um diese Beziehung zu verbessern, müssen die Manager lernen, prozessorientiert und nicht mehr nur ergebnisorientiert zu denken. Gelingt dies, werden auch die Mitarbeiter zu mehr Prozessorientierung motiviert und die Verbesserung der Prozesse wird eingeleitet.

Abbildung 14: Kunden/Lieferantenbeziehungen, Quelle: LiM AG, Kaizen+ im Hotel, Modul 5, F 06

Gästeorientierung/Gästezufriedenheit

Wie bereits dargestellt, ist auch die Gästeorientierung ein entscheidendes Kriterium für den Erfolg von Kaizen. Ausgangspunkt für die angebotenen Leistungen sind demnach die Bedürfnisse der Gäste. Diese müssen analysiert und dann den Leistungen des Hotelbetriebes gegenübergestellt werden. Den Leistungen müssen daraufhin die Bereiche und Personen zugeordnet werden, die für die jeweiligen Teilprozesse verantwortlich sind. Dadurch wird das Bewusstsein erhöht, dass sich die Bedürfnisse der Gäste oft aus einer Summe von Produkten und Dienstleistungen zusammensetzt und funktionsübergreifende Bereiche des Hotelbetriebes in Anspruch genommen werden. Um z.B. einen Restaurantgast zufriedenzustellen, müssen der Einkauf, die Lieferanten, die Küche und der Service ihren

Beitrag für die Zufriedenstellung des Gastes leisten. Ist das Essen gut, aber der Service schlecht, wird der Gast das Restaurant unzufrieden verlassen. Umgekehrt gilt dies natürlich genauso. Um die Bedürfnisse des Gastes optimal zu erfüllen, sind also alle Bereiche, alle Teilprozesse Beschaffung, Herstellung und Service, gefordert. Diese Erkenntnis stärkt die funktionsübergreifende Zusammenarbeit und ein Übergang zum prozessorientierten Denken wird sichergestellt.

Verschwendung/ Wertschöpfung

Jeder Prozess besteht aus einer großen Anzahl von Tätigkeiten, die jedoch nicht automatisch zur Wertschöpfung beitragen. Wertschöpfung existiert nur dann, wenn der Gast bereit ist, die Herstellungskosten plus den Aufschlag für die Ware oder Dienstleistung zu bezahlen. Sind die Herstellungskosten zu hoch, ist der Gast nicht mehr bereit diesen Preis zu bezahlen und der Prozess trägt nicht mehr zur Wertschöpfung bei. Dieser Prozess muss dann von anderen Wertschöpfungsprozessen subventioniert werden (z.B. Zimmer finanzieren Restaurant mit).

Demnach ist "eine Tätigkeit letztlich nur dann wertschöpfend, wenn der Gast bereit ist dafür zu bezahlen. (...) Als Konsequenz hieraus müssen alle Tätigkeiten im Prozess auf ihre Wertschöpfung hin überprüft werden, wobei Verschwendungen eliminiert und vermieden werden müssen. (z.B. zu viele fertige Gerichte, Lagerbestände, verdorbene Waren, Wartezeiten, unnötiger Energie- oder Wasserverbrauch usw.). Das Ziel muss daher der verschwendungsarme Prozess sein, an dessen Ende die bestmögliche Erfüllung der Kundenwünsche steht." Jedoch nicht nur die Beseitigung von Verschwendungen, sondern auch das Erkennen der wirklichen Ursachen der Verschwendung oder eines anderen Problems, ist für die Prozessverbesserung nötig.

Abbildung 15: Verschwendung und Wertschöpfung im Prozess, Quelle: LiM AG, Kaizen+ im Hotel, Modul 5, F07

Schnittstellenproblematik

Nach einer genauen Analyse der Prozesse konnten die Schnittstellen festgestellt werden. Nun kann an diesen Punkten mit Verbesserungen begonnen werden. "Hauptansatzpunkte für Verbesserungen sind die Teilprozesse, in denen Lieferanten und Kunden aus verschiedenen Funktionsbereichen stammen." Die Reduzierung dieser Schnittstellenprobleme, also die Optimierung der Abläufe an den Schnittstellen, ist eine effiziente Möglichkeit, Kosten ohne Qualitätsverlust und ohne Senkung der Produktion zu reduzieren. Um Schnittstellenprobleme zu lösen, muss die Zusammenarbeit durch Förderung des funktionsüberschneidenden Denkens z.B. durch funktionsüberschneidende Ziele, verbessert werden. Dies kann wiederum durch eine starke Vision in Verbindung mit den Leitsätzen erreicht werden.

In der folgenden Abbildung werden die Schnittstellen im Bereich Küche/Restaurant dargestellt. Wenn es gelingt die Übergänge zwischen diesen Teilprozessen zu optimieren, dann folgt daraus auch automatisch die Verbesserung des gesamten Prozesses.

Abbildung 16: Zusammenarbeit, Quelle: LiM AG, Kaizen+ im Hotel, Führungsrunden, Modul 5, F 8

Prozessziele

Bei der Definition von Prozesszielen werden die in den vorangegangenen Kapiteln erläuterten Analysen und Einstellungen zu greifbaren Zielen zusammengefasst.

Ziele für die Hauptprozesse

Auf der Grundlage der ermittelten Erfolgskriterien, z.B. Regionale Küche, werden Ziele für die Hauptprozesse abgeleitet und auf die Teilprozesse übertragen, wodurch eine Zielhierarchie entsteht. Hierdurch entsteht das funktionsüberschneidende Ziel, denn jedes Ziel einer bestimmten Aktivität trägt auch zur Zielerreichung des Gesamtprozesses bei. Es muss also jedes Ziel einer bestimmten Aktivität letztendlich auch zur Zielerreichung des Gesamtprozesses beitragen. Beispielsweise könnte ein Restaurant als Ziel für das Erfolgskriterium "Regionale Küche" die ausschließlich Verwendung von Grundprodukten aus der Umgebung festlegen. Subziel für den Beschaffungsprozess wäre demnach die Lieferanten bezüglich der Herkunft ihrer Produkte zu beurteilen und entsprechend auszuwählen. Das funktionsüberschneidende Ziel ist also "Regionale Küche anzubieten" und die Auswahl der Lieferanten trägt zu dieser Zielerreichung bei.

Maßgrößen für die Ziele

Da Unternehmensziele meist langfristiger Art sind, müssen Maßgrößen eingeführt werden, um den jeweiligen Stand der Zielerreichung ermitteln zu können. Eine Maßgröße könnte z.B. der prozentuale Anteil einheimischer Produkte an der gesamten Beschaffungsmenge oder die Anzahl der Lieferanten mit ausschließlich einheimischen Produkten sein. Durch regelmäßige Überprüfung dieser Maßgröße wird die Verbesserung der Zielerreichung deutlich. Maßgrößen sollten jedoch nicht nur für die Endergebnisse bestehen, sondern auch für einzelne Bereiche, die für die Leistungen des Hotels von Bedeutung sind (z.B. Disziplin, Qualifikation, Sauberkeit, Material, Personal, Information).

Prozessverantwortliche

Ziele und Maßgrößen alleine sind jedoch noch keine Erfolgsgarantie. Damit die Ziele erreicht werden, sollte für jeden Prozess ein Prozessverantwortlicher bestimmt werden, der für die Überprüfung der Prozesse zuständig ist. Bei der Auswahl des Prozessverantwortlichen ist nicht so sehr die Fachkompetenz ausschlaggebend, sondern vielmehr die Fähigkeit abteilungsübergreifend in Prozessen zu denken und die Schnittstellen im Prozess zu identifizieren sowie deren Zusammenarbeit zu fördern. Nur durch eine klare Verteilung der Verantwortung für die Ziele des Prozesses, lässt sich ein dauerhafter Verbesserungsprozess aufrecht erhalten.

Visualisierung der Ziele

Ähnlich wie bei der Vision, die den Mitarbeitern in Form von Leitbildern kommuniziert wird, müssen auch die Ziele vermittelt werden, um die Mitarbeiter zu ihrer Erreichung zu motivieren. Dies kann z.B. durch Tafeln am Arbeitsplatz, auf denen das Unternehmensziel vermerkt ist, geschehen. Des weiteren ist ein ständiger Vergleich mit dem Zielerreichungsgrad notwendig, um die Motivation der Mitarbeiter zur Verbesserung aufrechtzuerhalten. Dieser Vergleich kann mit Hilfe von Diagrammen, Strichlisten, etc. erfolgen.

Transfer

Nun ist es "Aufgabe der Führungskräfte, ihre Kenntnisse und Einstellungen, sowie ihr Bewusstsein für Kaizen auf ihre Mitarbeiter zu übertragen. Die Führungskräfte werden deshalb zu Moderatoren ausgebildet, um den Mitarbeitern in Schulungen Kaizen zu vermitteln. Zu diesem Zweck ist die Vermittlung von verschiedenen Moderationstechniken Voraussetzung.

Schulung der Mitarbeiter

Nachdem die Kompetenzen der Führungskräfte in Bezug auf Kaizen erhöht wurden, erfolgt nun die Weitergabe der erlangten Informationen an die Mitarbeiter. Dies erfolgt nicht durch externe Trainer, sondern durch die Führungskräfte selbst.

Lernprozess

Bei Kaizen-Schulungen bedeutet Lernen nicht nur, Fachwissen aufzunehmen und es danach in die Praxis umzusetzen. Schulungen für Kaizen müssen auch persönliche Verhaltens- und Denkweisen überprüfen und gegebenenfalls an die Anforderungen für Kaizen angepassen. Der Lernprozess muss also vor allem das Qualitätsbewusstsein und das Qualitätsengagement der Mitarbeiter positiv beeinflussen. Dieser Schwerpunkt ist von entscheidender Bedeutung, da die Einstellungen und die Motivation der Mitarbeiter die Grundlagen für den langfristigen Erfolg darstellen.

Der Lernprozess findet in Kaizen-Gruppen, ein Kleingruppenkonzept, das seit einigen Jahren erfolgreich in Industrieunternehmen eingesetzt wird, statt. In Kaizen-Gruppen wird das Lernen vor Ort, am Arbeitsplatz, mit der Möglichkeit zur verbesserten Kommunikation verbunden. Dadurch wird das abteilungsübergreifende Denken gefördert, mit der Folge einer Verringerung der Schnittstellenprobleme. Das Lernen in der Gruppe unterstützt den Lernprozess und erhöht die Verantwortung der Mitarbeiter.

Die Einführung von Kaizen-Gruppen im Hotelbetrieb stellt einen zentralen Punkt auf dem Weg zum Kaizen-Hotel dar.

Schulungsteilnehmer

Wie schon erwähnt befinden sich die Betriebe in einem harten Wettbewerb, der durch ständige Veränderungen gekennzeichnet ist. Diese Veränderungen (neue Managementkonzepte, technologische Innovationen, veränderte Bedürfnisse der Gäste usw.), können für den Betrieb zum Vorteil werden, wenn sich jeder Mitarbeiter durch ständiges Lernen weiterentwickelt. Deshalb dürfen die Schulungen nicht nur auf eine bestimmte Zielgruppe beschränkt werden. Es müssen vielmehr alle Mitarbeiter, unabhängig von der Hierarchiestufe, in den kontinuierlichen Lernprozess eingebunden werden.

Die Schulungen finden in Gruppen von 6-12 Mitarbeitern statt. 12 Teilnehmer werden als maximal angesehen, da sonst keine effektive Kommunikation und Beteiligung der Mitarbeiter möglich ist. Jeder Mitarbeiter muss die Möglichkeit haben, selbst aktiv in der Schulung mitzuarbeiten und Initiative zu ergreifen. Dies ist jedoch nur bei einer begrenzten Teilnehmerzahl möglich.

Schulungsziele

Kaizen-Schulungen haben hauptsächlich zwei Ziele. Um die Leistungen zu verbessern und somit die Gästebedürfnisse befriedigen zu können, müssen die fachlichen Qualifikationen der Mitarbeiter genutzt und gegebenenfalls verbessert werden. Vor allem sollten die Mitarbeiter nach den Schulungen fähig sein, bei Bedarf in verschiedenen Abteilungen eingesetzt zu werden. Das zweite und wichtigste Ziel sollte in der Veränderung des Bewusstseins und des Engagements der Mitarbeiter bezüglich Qualität und Kosten bestehen. Die Mitarbeiter sollen offen für Veränderungen werden, mit der Folge, dass organisatorische, technologische und methodische Veränderungen schneller akzeptiert und umgesetzt werden.

Schulungsort

Um die Schulungen kostengünstig und dennoch effektiv durchführen zu können, sollten die Schulungen nicht als externe Seminare abgehalten werden, sondern direkt am Arbeitsplatz. Durch Lernen in der Gruppe am Arbeitsplatz können einerseits Lernerfolge direkt in die Praxis umgesetzt werden, andererseits können auftretende Praxisprobleme sofort als Themen aufgegriffen werden. Dieses Lernen in der Gruppe am Arbeitsplatz darf sich jedoch nicht nur auf die unterste Hierarchieebene beziehen. Die Führungskräfte müssen von den Vorteilen überzeugt und in das Konzept als Moderatoren eingebunden werden.

Moderation

Um einen höheren Lerntransfer zu erzielen, wird der externe Trainer durch interne Trainer und Moderatoren, die die speziellen Arbeitssituationen und Prozesse kennen, ersetzt. Ein Moderator leitet die Schulung, fördert den Informations- und Erfahrungsaustausch und trägt durch seine Persönlichkeit entscheidend zum Erfolg der Schulung bei. Durch sein Verhalten soll er das Gruppenklima, die Gesprächsbereitschaft und den Gesprächsverlauf positiv beeinflussen. Er soll die Mitarbeiter zur Meinungsäußerung anregen und die Interessengegensätze ausgleichen.

Vorgesetzte und Kollegen übernehmen die Rolle des Moderators. Wird diese Methode über alle Hierarchiestufen umgesetzt, so ergibt sich ein Multiplikationseffekt, durch den die Lerngeschwindigkeit erhöht wird. Zusätzlich werden die Informations- und Kommunikationsbeziehungen verbessert, da eine direkte Rückkopplung im Betrieb geschaffen wird.

Themen und Lernziele der ersten Schulungen

Am Anfang der Schulungen werden vorgefertigte Themen behandelt, die in allen Kaizen-Gruppen des Hotelbetriebs durchgeführt werden. Somit wird sichergestellt, dass alle Mitarbeiter einen einheitlichen Lernprozess durchlaufen.

Der Lernprozess kann in 3 Phasen zerlegt werden.

Information: Alle Mitarbeiter werden über das Gesamtkonzept und die möglichen Verbesserungen durch Kaizen informiert. Diese Informationsweitergabe ist wichtig, da sonst Unklarheiten zu Verunsicherungen führen und dadurch den Lernprozess und die Verbesserung gehemmt werden könnten.

Identifikation: Die Mitarbeiter identifizieren sich mit ihrem Prozess, ihrer Tätigkeit, die Teil dieses Prozesses ist und ihrem Unternehmen. Das Bewußtsein und die Einstellung zur Verbesserung wird geweckt.

Initiative: Die Mitarbeiter erkennen Schwachstellen und entwickeln Ideen für deren Beseitigung. Diese Ideen werden in der Gruppe weiterentwickelt und führen zu konkreten Verbesserungsvorschlägen und damit zu Ansatzpunkten für Kaizen.

Für die ersten Lernrunden werden die Themen der Führungsrunden weitgehend übernommen, um von der Unternehmensspitze bis zu den Mitarbeitern eine einheitliche Basis für Kaizen zu schaffen. Die in den folgenden Kapiteln aufgezeigten Themen werden daher für die ersten Lernrunden vorgeschlagen, wobei Lernziele die der Veränderung des Bewusstseins und der Einstellungen dienen, im Vordergrund stehen.

Gesamtkonzept

In den ersten Schulungen ist es wichtig, daß die Mitarbeiter das Gesamtkonzept Kaizen kennenlernen. Es sind alle wichtigen Punkte die in den Kapiteln eins bis drei zur Sprache gekommen sind, aufzuzeigen und den Mitarbeitern zu verdeutlichen. Ergebnisse der ersten Sitzung könnten z.B. sein:

• Wecken einer positiven Einstellung gegenüber Kaizen. • Die Bedeutung von Kaizen für den Erfolg des Hotelbetriebs wird

erkannt. • Erkennen der Bedeutung der Mitarbeiter für Kaizen. • Bewusstsein, dass Kaizen nur in der Gruppe zu erreichen ist. • Motivation bei Kaizen aktiv mitzuarbeiten

Unternehmensleitbild und Erfolgskriterien

Der zweite Schritt ist die Vermittlung des Unternehmensleitbildes und der Erfolgskriterien. Die Mitarbeiter sollen in Zukunft nach dem Leitbild arbeiten und sich bei ihren Tätigkeiten auf die Erfolgskriterien konzentrieren. Themen dieser Sitzungen könnten sein:

• Kennenlernen und Identifikation mit dem Leitbild. • Kennenlernen der Erfolgskriterien und Bedeutung der Kriterien für ihre

eigene Arbeit, sowie die eigene Verantwortung für die Erfüllung der Kriterien.

Gäste- und Prozessorientierung

Die wohl für den Erfolg von Kaizen äußerst wichtigen Punkte der Gäste- und Prozessorientierung müssen natürlich auch den Mitarbeitern verdeutlicht werden:

• Die Zielgruppe und damit die Gäste des Hotelbetriebs und deren Bedürfnisse werden definiert und analysiert.

• Motivation die Bedürfnisse der Gäste zu erfüllen. • Kenntnis des Prozesses in dem sie tätig sind sowie der internen

Kunden und Lieferanten. • Kenntnis der Schnittstellen und Motivation die Schnittstellenprobleme

zu lösen.

Wertschöpfung und Verschwendung

Wesentlich ist, wie bereits erwähnt, auch die Verbesserung der zur Wertschöpfung beitragenden Prozesse und die Eliminierung bzw. Verminderung von Verschwendung. Die Mitarbeiter müssen aus diesem Grund lernen:

• Die wertschöpfenden Aktivitäten und Verschwendungsarten zu erkennen.

• Verschwendungen zu vermeiden. • Ihre Kollegen auf Verschwendungen hinzuweisen.

Workshops

In den beiden vorangegangenen Kapiteln wurden die Voraussetzungen für die erfolgreiche Einführung von Kaizen beschrieben. Hierbei wurden die Kompetenzen der Führungskräfte und der Mitarbeiter, mit Schwerpunkt auf Qualitäts- und Kostenbewusstsein und Einstellungen aller Beteiligten erhöht.

In der dritten Stufe erfolgt nun der eigentliche Start von Kaizen. Die Verbesserungen werden in Gruppenarbeit geplant, durchgeführt, überprüft und standardisiert (PTCA-Zyklus). Der PTCA-Zyklus lässt sich noch in 10 einzelne Schritte gliedern:

1. Auswahl des Problems 2. Situation verstehen 3. Ziele setzen 4. Analyse der Ursachen 5. Daten sammeln 6. Maßnahmen entwickeln 7. Maßnahmen umsetzen 8. Messen der Ergebnisse 9. Bewerten der Ergebnisse 10. Standardisierung

Die Mitglieder der Kaizen-Workshops kommen aus allen Abteilungen und Hierarchiestufen des Hotelbetriebs, einschließlich des Managements. Hierbei ist zu beachten, dass Vorschläge und Ideen aller Gruppenmitglieder gleichberechtigt behandelt werden, unabhängig von der Person und ihrer hierarchischen Stellung. Für die ersten Kaizen-Workshops sollten Bereiche ausgewählt werden, in denen die größten Verschwendungen vermutet werden. Durch die Eliminierung dieser

Verschwendungen stellen sich rasch Anfangserfolge ein, die zu einem zusätzlichen Motivationsschub führen.

Die Kaizen-Workshops lassen sich demnach wie folgt charakterisieren:

• Gruppenmitglieder aus verschiedenen Abteilungen und Hierarchiestufen.

• Verschwendungen werden sofort eliminiert, Verbesserungsmaßnahmen sofort umgesetzt.

• Ausrichtung an den Erfolgskriterien und Prozesszielen. • Verbesserungen müssen messbar sein. • Durchführung orientiert sich am PTCA-Zyklus.

Planen

Zu Beginn der Kaizen-Workshops erläutert der Prozessverantwortliche den ausgewählten Arbeitsprozess und die bisher erkannten Probleme. Die Gruppenmitglieder werden dadurch informiert, verstehen die Situation und wählen Hauptprobleme zur Verbesserung aus. Bevor jedoch konkrete Verbesserungsmaßnahmen erarbeitet werden, ist eine detaillierte Ursachenanalyse erforderlich, da erfolgreiche Verbesserungsmaßnahmen an der Wurzel des Problems ansetzen. Bei der Ursachenanalyse darf nicht nur oberflächlich analysiert werden, sondern sind hierbei die 5 Fragen nach dem Warum? zu stellen. Zur Verdeutlichung kann das folgende Beispiel aus der Gastronomie herangezogen werden. Es stellt sich das Problem: Teures Porzellan ist nach relativ kurzem Einsatz angeschlagen. Die Lösung könnte wie folgt aussehen:

Warum ist das Porzellan nach relativ kurzfristigem Einsatz angeschlagen?

Weil es in der Spülmaschine aufeinander schlägt.

Warum schlägt es in der Spülmaschine aufeinander?

Weil immer wieder falsche Körbe verwendet werden.

Warum werden falsche Körbe verwendet?

Weil die richtigen nicht immer verfügbar sind.

Warum sind die richtigen nicht verfügbar?

Weil sie zur Lagerung von Porzellan verwendet werden.

Warum werden sie zur Lagerung verwendet?

Weil es keinen ausreichenden Lagerplatz gibt.

Man erkennt, dass eine Verbesserung nicht durch neues, vielleicht stabileres Porzellan zu erreichen ist, sondern nur durch eine verbesserte Lagerung des Porzellans sowie einer Bewusstseinsänderung der Mitarbeiter. Hier wird die

Notwendigkeit der gründlichen Ursachenanalyse in den Kaizen-Workshops deutlich, wobei alle mögliche Einflussgrößen (Material, Mensch, Maschine, Methode) zu berücksichtigen sind.

Nachdem die Ursachen für die Probleme bekannt sind, werden Vorschläge und Ideen gesammelt, um die Probleme zu lösen. Die Gruppen wählen die aussichtsreichsten Vorschläge aus und planen Maßnahmen zur Verbesserung.

Tun

Zur Realisierung werden jene Vorschläge ausgewählt, die kurzfristig umsetzbar sind und kein oder nur wenig Geld kosten. Es werden z.B. andere Materialien verwendet, Abläufe geändert, Tätigkeiten neu aufgeteilt, Instandhaltungen vorgenommen oder Einrichtungen umgestaltet. Gleichzeitig werden mittel- und langfristige Maßnahmen beschlossen, Verantwortliche für diese Maßnahmen bestimmt und Ziele schriftlich fixiert.

Checken

Nach der Realisierung der sofort wirksamen Verbesserungsmaßnahmen wird überprüft, ob die Maßnahmen tatsächlich zu einer Verbesserung geführt haben. Die erzielten Veränderungen werden dokumentiert. Gleichzeitig wird das Verbesserungspotential der noch ausstehenden Maßnahmen abgeschätzt, d.h. es wird versucht, zu prognostizieren, welche Maßnahmen welche Verbesserungen nach sich ziehen können.

Aktion

Haben die Verbesserungen zu einem höheren Zielerreichungsgrad beigetragen, so werden die neuen Abläufe standardisiert. Alle Pläne, Dokumentationen und Arbeitsvorschriften werden geändert und Maßnahmen eingeleitet, um den neuen Standard langfristig zu sichern. Hierzu sind Personen zu benennen, die in Zukunft für die Sicherung und Einhaltung der Standards verantwortlich sind.

Sicherung des Standards

In jedem Workshop wird der PTCA-Zyklus neu durchlaufen, wobei der standardisierte Endzustand der vorangegangenen Aktionen nun die Basis für neue Verbesserungen darstellt. Durch regelmäßige Kaizen-Sitzungen werden alle Aktivitäten und Prozesse kontinuierlich verbessert. Dadurch lässt sich langfristig eine Spitzenposition im Wettbewerb erreichen. Um eine Qualitätssicherung zu gewährleisten, dürfen Verbesserungen nicht nur kurzfristig realisiert werden, sondern es müssen ständige Anstrengungen

unternommen werden, um den bereits erreichten Standard aufrecht zu erhalten. Diese Aufgabe wird umso schwieriger, je weiter die Verbesserungen vorangetrieben werden. Dadurch wird deutlich, dass ein Kaizen-Workshop langfristig nur erfolgreich sein kann, wenn am Ende der Workshops Verantwortliche für die Einhaltung der Standards bestimmt werden.

Ergebnispräsentationen

Den Abschluss des Kaizen-Workshops bildet die Präsentation der Ergebnisse sowie deren Visualisierung. Es werden Maßnahmen beschlossen, wie die erreichten Verbesserungen an alle Führungskräfte und Mitarbeiter kommuniziert werden können. Durch die Information und Kommunikation der Ergebnisse über Visualisierungstafeln wird die Motivation aller Personen, die nicht in den Verbesserungsgruppen mitgewirkt haben, für das weitere Vorgehen erhöht.

Ausblick Richtung ISO 9000

Nach der Industrie beschäftigt sich nun auch die Hotellerie und Gastronomie mit der Zertifizierung nach ISO 9000. Fraglich ist, ob diese Norm in der Hotellerie überhaupt angewendet werden kann.

Das dies sehr wohl möglich ist, möchte ich kurz aufzeigen, indem ich die 20 ISO-Elemente kurz aufzeige und erläutere. Es wird deutlich werden, dass die Elemente auch auf die Hotellerie und Gastronomie angewandt werden können

1. Verantwortung der Geschäftsführung Die Geschäftsführung erarbeitet eine Vision, legt die langfristige Strategie fest und definiert die Ziele und Leitsätze. Sie ist auch dafür verantwortlich, dass alle Mitarbeiter im Unternehmen an der Zielerreichung mitarbeiten und dass sie die dafür notwendigen Qualifikationen besitzen.

2. Qualitätssicherungssystem Es wird ein Qualitätshandbuch, das die Qualitätspolitik bezüglich der Normenserie und Verweise auf die jeweiligen konkreten Verfahren, und ein Verfahrenshandbuch, das die einzelnen Verfahren und Dokumente beinhaltet, erstellt.

3. Vertragsprüfung Sie stellt sicher, dass die vertraglich fixierten Leistungen erbracht und eingeholt werden können.

4. Designlenkung Es werden Vorgaben, Ziele und Vorgehensweisen für die Erstellung eines Produktes oder einer Dienstleistung festgelegt.

5. Lenkung der Dokumente Es wird sichergestellt, dass nur geprüfte und freigegebene Dokumente bei den jeweiligen Verantwortlichen vorliegen.

6. Beschaffung Es wird sichergestellt, dass die zur Produktion notwendigen Fremdprodukte oder –dienstleistungen die geforderten Qualitätsstandards erfüllen.

7. Lenkung der vom Kunden bereitgestellten Produkte Für die vom Kunden bereitgestellten "Produkte" (z.B. Reinigung von Gästewäsche, Aufbewahrung von Koffern) sind Regelungen getroffen worden, die sicherstellen, dass diese nicht beschädigt, vertauscht oder verlorengehen können.

8. Kennzeichnung und Rückverfolgbarkeit von Produkten / Dienstleistungen

Die beschafften und bereitgestellten Produkte und Qualitätsaufzeichnungen werden so gekennzeichnet, dass eine spätere Rückverfolgbarkeit gewährleistet ist.

9. Prozesslenkung Die Prozesse müssen unter kontrollierbaren Bedingungen ablaufen. Hierfür ist es notwendig, diese schriftlich festzuhalten und durch Verfahrensanweisungen und Arbeitsanweisungen genauer zu beschreiben.

10. Prüfungen Durch Prüfungen soll kontrolliert bzw. gewährleistet werden, dass die Qualitätsanforderungen im Bereich Eingangs-, Zwischen- und Endprüfungen erfüllt werden.

11. Prüfmittelüberwachung Die Prüfmittel (Waage, Temperaturmesser) werden in festen Abständen auf ihre korrekte Funktionsweise hin überprüft. Diese gilt für Geräte und andere Hilfsmittel, die zur Überprüfung der Qualität dienen.

12. Prüfstatus Der Zustand der geprüften Produkte oder Dienstleistungen wird dokumentiert und wird auf dem Produkt festgehalten.

13. Lenkung fehlerhafter Produkte Es wird gewährleistet, dass fehlerhafte Produkte oder Dienstleistungen dem Kunden nicht angeboten werden.

14. Korrektur- und Vorbeugemaßnahmen Aufgetretene Fehler werden analysiert und durch Korrekturen und Vorbeugemaßnahmen beseitigt. Diese wird durch einen kontinuierlichen Verbesserungsprozess sichergestellt. Hierfür eignet sich der schon bekannte PTCA-Zyklus.

15. Lagerung, Verpackung, Konservierung, Versand Das Produkt oder die Dienstleistung muss in einer angemessenen Art und Weise gelagert, verpackt, konserviert und versandt werden, um die festgelegten Qualitätsanforderungen sicherzustellen.

16. Lenkung von Qualiätsaufzeichnungen Alle Dokumente im Zusammenhang mit der Beschreibung von Qualitätsstandards und Qualitätsprüfungen sind Qualitätsaufzeichnungen. Es wird festgelegt, wie Qualitätsaufzeichnungen gelagert und gepflegt werden.

17. Interne Qualitätsaudits Das Qualitätssicherungssystem wird in festen Abständen auf seine korrekte und vollständige Funktionsweise hin überprüft.

18. Schulung Durch gezielte Schulungsmaßnahmen wird sichergestellt, dass alle Mitarbeiter die notwendigen Qualifikationen besitzen ihre Arbeit qualitätsgerecht durchzuführen.

19. Kundendienst Besteht ein Kundendienst, so muss sichergestellt sein, dass dieser die Qualitätsanforderungen des Systems erfüllt (z.B. Reparatur von Einrichtungsgegenständen, die vom Kunden genutzt werden).

20. Statistische Methoden Es werden die im Qualitätssicherungssystem verwendeten statistischen Methoden und deren Einsatzgebiet festlegt.

Ob eine Zertifizierung tatsächlich Sinn macht, ist sicher nicht eindeutig mit Ja oder Nein zu beantworten. Wird jedoch die Zertifizierung durch Kaizen begleitet, können die möglichen Nachteile, die sich durch eine Zertifizierung ergeben,

ausgeglichen werden. Während unter ISO 9000ff. die bestehenden Prozesse nur beschrieben und Aktivitäten zu deren Einhaltung angeregt werden, steht bei Kaizen die kontinuierliche Verbesserung im Vordergrund. Standards werden hierbei immer wieder in Frage gestellt und verbessert. Der neue Standard gilt dann wieder als Ausgangspunkt für neue Verbesserungen und nicht als Endpunkt, wie es oft bei der alleinigen Anwendung von ISO 9000ff. geschieht. Kaizen wiederum kann durch ISO 9000ff. unterstützt werden, in dem z.B. die Hauptprozesse nach den Richtlinien der Normenreihe ausgewählt werden. Dadurch ergeben sich Synergieeffekte, wodurch neben der eigentlichen Qualitätsverbesserung auch die Zertifizierung als Qualitätssymbol erreicht werden kann.

Fazit

Bei der heutigen Wirtschaftslage ist es sicherlich notwendig, neue Methoden einzuführen, um weiterhin erfolgreich zu sein. Die Abkehr von alten Strukturen und Einstellungen ist in den meisten Fällen "überlebensnotwendig".

Kaizen bietet eine gute Möglichkeit auf die veränderte Wirtschaftslage zu reagieren. Wird das Konzept tatsächlich richtig umgesetzt, dann denke ich, dass ohne großen finanziellen Aufwand eine Erfolgssteigerung herbeigeführt werden kann. Zu beachten ist, dass Kaizen bei bereits erfolgreichen Unternehmen zu einer Verbesserung und einer Steigerung des Erfolges führen kann. Ist das Unternehmen jedoch als eine "große Katastrophe" zu betrachten, hilft Kaizen nur, aus dieser großen eine "kleine Katastrophe" zu machen. Kaizen ist kein Sanierungskonzept. In diesen Fällen ist meist eine völlige Neuorientierung z.B. durch Business Reengineering oder Lean-Management notwendig. Erst danach kann es sinnvoll sein, Kaizen einzusetzen.

Eine äußerst positive Auswirkung hat Kaizen auf die Mitarbeiter. Das Verhältnis der Mitarbeiter untereinander und zu den Führungskräften, wird durch die gezwungenermaßen erhöhte Kommunikation entscheidend verbessert. Auch die Motivation der Mitarbeiter wird durch Kaizen gesteigert. Hierbei ist vor allem die intrinsische Motivation zu beachten. Kaizen ermöglicht den Mitarbeitern sich aktiv am Geschehen im Unternehmen zu beteiligen. Ihre Vorschläge werden ernst genommen und so weit wie möglich umgesetzt. Dies führt zu einer erhöhten Motivation, was wiederum eine Leistungssteigerung mit sich bringt. Es besteht jedoch die Gefahr, dass diese positiven Effekte nicht auftreten. Die "Gefahrenquelle" hierbei sind die Führungskräfte, vor allem im Mittleren Management. Durch Kaizen verlieren sie an Einfluss und Privilegien im Unternehmen. Aus diesem Grund könnten sie versuchen Verbesserungsvorschläge zu bremsen, was zum Scheitern von Kaizen führt. Um dies zu verhindern, ist eine frühzeitige Information und Beteiligung, am Besten von Anfang an, aller Mitarbeiter nötig. An den Schulungen der Führungskräfte sollen nicht nur die obersten Führungskräfte teilnehmen, sondern auch Mitarbeiter, die bei den Kollegen ein besonderes Vertrauen genießen. So werden Zweifel, Skepsis und Angst vor einer Neuerung im Unternehmen beseitigt bzw. gar nicht erst auftreten. Doch auch wenn dies berücksichtigt wird, kann es zu Problemen mit einzelnen Mitarbeitern kommen. Das Problem ist dann der Mitarbeiter selbst. Bei ihm müssen Einstellungen verändert werden. Dies kann nur, wie oben schon erwähnt, durch Einbindung ins Team, durch totale Information und durch Vorleben der neuen Werte durch die Führungskräfte erreicht werden. Doch auch dann gibt es sicher immer wieder den ein oder anderen Mitarbeiter, der für Kaizen nicht zu gewinnen ist.

Auch das Qualitätsbewusstsein und das Bewusstsein für die Kosten wird durch Kaizen erhöht. Die Erkenntnis, dass die eigene Arbeit zur Qualität der Dienstleistung beiträgt und dass durch das eigene Verhalten Kosten reduziert werden können, trägt zu einer erhöhten Bereitschaft sich für Qualität und Kostenreduzierung einzusetzen bei. Diese Punkte setzen alle am Mitarbeiter an und dies ist in der heutigen Marktsituation mit Sicherheit sinnvoll. Denn die Mitarbeiter sind nahezu das einzige Potential eines Unternehmens, bei dem noch Unterschiede zur Konkurrenz verdeutlicht werden können.

Zu beachten ist jedoch, dass die Einführung von Kaizen einen großen zeitlichen Aufwand sowohl seitens der Mitarbeiter als auch seitens der Führungskräfte bedeutet. Die Führungskräfte müssen sich darüber im Klaren sein, dass ohne ihr Engagement eine effektive Umsetzung von Kaizen nicht möglich ist.. Die Führungskräfte müssen zumindest anfangs ständig aktiv an den Schulungen und Workshops teilnehmen. Dies bedeutet eine große, vor allem zeitliche, Belastung, die sich jedoch später auszahlen wird. Ein "Schwachpunkt" ist sicher in der langen Zeit zwischen Beginn der Maßnahmen und spürbaren Veränderungen zu sehen. Dies verlangt von allen Beteiligten eine große Ausdauer, da Kaizen eben nicht durch schnelle Veränderungen gekennzeichnet ist.

Bei der Bearbeitung des Themas ist mir aufgefallen, dass einzelne Punkte auch in anderen Managementkonzepten zu finden sind. Meiner Meinung nach handelt es sich bei Kaizen nicht um ein gänzlich neuartiges/revolutionäres Konzept, sondern nur um eine neue Variante mit anderen Schwerpunkten. Kaizen ist ein Konzept unter vielen anderen, das aber bei konsequenter Anwendung zum Erfolg führt. Als problematisch bei der Anwendung von Kaizen, sehe ich an, dass sich die Mentalität der Japaner, die durch starke Gruppenorientierung gekennzeichnet ist, nicht einfach auf westliche Unternehmen übertragen lässt. Einige Bausteine von Kaizen, wie zum Beispiel die absolute Gruppenorientierung, das Problembewusstsein, etc., sind auf westliche Länder nicht leicht zu übertragen. Das es jedoch gelingen kann, zeigen erfolgreiche Industrieunternehmen, wie z.B. Porsche und Flötotto, um nur zwei zu nennen.

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