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Kaiser Friedrich Barbarossa Landesausbau - Aspekte seiner Politik - Wirkung Herausgegeben von Evamaria Engel und Bernhard Töpfer 1994 VERLAG HERMANN BÖHLAUS NACHFOLGER WEIMAR

Kaiser Friedrich Barbarossa - mgh-bibliothek.de · Barbarossa initiierte die Anlage von zwölf Münzstätten.P Außerdem übernahm erfünf bestehende Institute und bereitete den Übergang

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Kaiser Friedrich Barbarossa

Landesausbau -Aspekte seiner Politik -

Wirkung

Herausgegeben vonEvamaria Engel und Bernhard Töpfer

1994

VERLAG HERMANN BÖHLAUS NACHFOLGERWEIMAR

TORSTEN FRIED

Die Münzprägung unter Friedrich 1.Barbarossa in Thüringen

Als Friedrich I.Barbarossa 1152 zum König gewählt wurde, befand sich das deutscheMünzwesen in der Periode des regionalen Pfennigs.' Das Charakteristikum dieser Periode,die das 12. und 13. Jh. umfaßte, besteht darin, daß der Münzumlauf durch den Währungs-zwang territorial beschränkt war. Der Wäh~ngszwang beinhaltet, daß der Zahlungsver-kehr an einem bestimmten Marktort mit einer bestimmten Münze abgewickelt werdenmußte. Wer auf dem Markt Käufe oder Verkäufe tätigen wollte, war gezwungen, dortgültige Münzen gegen ein Aufgeld einzuwechseln. Hierbei ist zu beachten, daß die Hand-habung desWährungszwanges allein auf den Märkten erfolgte. Geldzahlungen, die außer-halb des Marktverkehrs getätigt wurden, unterlagen nicht dieser Verfahrensweise.

Neben die Begrenzung des Münzumlaufs im Hinblick auf den Raum trat eine solche,die die Zeit betraf.2Die umlaufenden Münzen wurden periodisch verrufen, das heißt fürungültig erklärt, und die Einwechslung der alten gegen neue Pfennige ging nur unterVerlust vor sich. Um eine Unterscheidung der alten und neuen Münzen zu ermöglichen,war eine spürbare Veränderung des Münzbildes notwendig. Wie der Währungszwangwirkten sich die Verrufungen lediglich auf den unmittelbaren Marktverkehr aus. Es seihinzugesetzt, daß die Münzen, auch wenn sie verrufen wurden, ihren Silberwert behielten.

Für Thüringen lassen sich Währungszwang und Verrufungen anhand von schriftlichenQuellen erst aus spätstaufischer Zeit erschließen. Im Altenburger Stadtrecht von 1256 heißtes: Cum denariis Aldenburgensis monete quatuor comparari debent, videlicet annona, mel,humulus et lana. Cetera cum ceteris monetis indifferenterpossunt comparari.3Wie in Hessenund der Wetterau fanden in Thüringen die Verrufungen jährlich statt." Der Zeitpunkt, an

I W. HAVERNICK,Epochen der deutschen Geldgeschichte im frühen Mittelalter, in: Hamburger Beiträge zurNumismatik, H. 9-10/1955-1956, S. 7ff.

2 Vg!. zum Währungszwang und zu Verrufungen B. KLUGE, Brakteaten. Deutsche Münzen des Mittelalters,Berlin 1976, S. 3; DERS., Probleme der Brakteatenforschung, in: Forschungen und Berichte, 19/1979, S. 137;W. HESS,Währungszwang und Geldumlauf in der Brakteatengebieten Wetterau - Hessen - Thüringen, in: Actesdu ge""Congres international de Numismatique, Berne, Septernbre 1979, hrsg. v. T. HACKENs/R. WEILUR, Bd. 2.Louvain-la Neuve!Luxembourg 1982, S. 853-857; G. RÖBLITZ,Die Brakteaten der Herren von Lobdeburg, Berlin1984, S. 15ff. Zur unterschiedlichen Bewertung von Währungszwang und Verrufungen B. KLUGE, ThüringischeBrakteatenprobleme. Marginalien zu einer Neuerscheinung des transpress-Verlages, in: Numismatische Beiträge,

H. 4/1985, S. 11.3 H. PATZE,Die Rechtsquellen der Städte im ehemaligen Herzogtum Sachsen-Altenburg, Köln-Wien 1976,

5.5.4 HESS,Währungszwang (wie Anm. 2), S. 854 u. 857.

142 Torsten Fried

dem die umlaufenden Münzen für ungültig erklärt wurden, stellt sich bei den einzelnenOrten unterschiedlich dar, für Erfurt ist der 25. Juli und für Kölleda der 15. Augustbezeugt.' Das Münzmaterial läßt erkennen, daß in Erfurt wahrscheinlich bereits unterErzbischof Adalbert 11.(1138-1141) ein jährlicher Wechsel des Münzbildes vorgenommenworden ist," Zwei Erfurter Weistümer aus den Jahren 1248/1251 und 1289 geben darüberAuskunft, welchen Platz neue Münzen im Zahlungsverkehr einnehmen sollten, und wiedas Verhältnis zu den alten geregelt war? Es zeigt sich, daß für den Kauf bestimmter Warenneue Münzen vorgeschrieben waren. Das bezog sich unter anderem auf Bauholz, Lamm-felle von Ostern bis Pfingsten, thüringischen Hopfen, Wagen, Pferde im Wert von einerhalben Mark und darunter.

Die Ausbildung der Periode des regionalen Pfennigs war mit der Entstehung dermonetären Sonderform der Brakteaten verbunden.f Bis zu Beginn des 12. Jh. war aus-schließlich der zweiseitige Denar und mitunter dessen Hälbling (Obol) geprägt worden.Bei den Brakteaten handelt es sich um Pfennige, die aus dünnem Silberblech einseitiggeprägt wurden und ein Gewicht von weniger als 1 g sowie einen Durchmesser bis zu50 mm aufweisen. Thüringen gehört neben Niedersachsen, den Marken Brandenburg undMeißen und Hessen zu den Hauptverbreitungsgebieten dieser Münzform.

Friedrichs Vorgänger, Konrad 111.,verfügte am Ende seiner Regierungszeit über fünfkönigliche Münzstätten (Aachen, Dortmund, Duisburg, Goslar, Nürnberg)." Bei Mühl-hausen und VIm wird eine Münzprägung unter der Regie des Königs vermutet. ImVergleich zu Lothar IlL, der einzig in Goslar Münzen emittierte, zeigt sich damit beiKonrad durchaus eine Beförderung der königlichen Münztätigkeit, die es zu beachten gilt,wenn die Ausgangspositon, die Barbarossa auf münzpolitischem Gebiet 1152 vorfand,verdeutlicht werden soll.

Herrschaftsintensivierung und spezielle Wirtschaftsrnaßnahmen sind bei Friedrich LBarbarossa nicht voneinander zu trennen.l? Kaufmann und Handel, Münze und Zoll,Markt und Stadt standen im Mittelpunkt seines wirtschaftspolitischen Handeins. Mit seinerWirtschaftspolitik setzte Friedrich in vielem das fort, was seine Vorgänger bereits an-satzweise geschaffen hatten. Aber im Ergebnis hebt er sich klar von ihnen ab, da es ihmgelang, neue Finanzquellen für das Königtum zu erschließen und den Wandlungsprozeßder Einnahmearten zu beschleunigen.'!

S Ebenda, S. 854.6 Ebenda,7 Quellen zur älteren Geschichte des Städtewesens in Mitteldeutschland, hrsg, v. Institut für Deutsche Landes-

und Volksgeschichte an der Universität Leipzig, Weimar 1949, T. 1, Nr. 120a und T. 2, Nr. 224.• Vg!. KLUGE, Brakteatenforschung (wie Anm. 2), S. 127-138.9 N. KAMP, Münzprägung und Münzpolitik der Staufer in Deutschland, in: Hamburger Beiträge zur

Numismatik, H. 17/1963, S. 520.10 Vg!. J. FRIED, Die Wirschaftspolitik Friedrich Barbarossas in Deutschland, in: Blätter für deutsche

Landesgeschichte, 120/1984, S. 237ff.11 Ebenda, S. 238.

Münzprägung in Thüringen 143

Barbarossa initiierte die Anlage von zwölf Münzstätten.P Außerdem übernahm er fünfbestehende Institute und bereitete den Übergang von drei anderen in den Kronbesitz vor.Das erfolgte dann imJahre 1191Y Darüber hinaus traf er weitere Maßnahmen zur Stärkungder königlichen Münztätigkeit.l" N. Kamp weist darauf hin, daß zum einen diemünzpolitischen Aktivitäten des ersten Stauferkaisers ohne das Vordringen derGeldwirtschaft nicht möglich gewesen wären. "Andererseits aber stach die Zahl derMünzgründungen und Reformmaßnahmen Friedrichs I. schon rein zahlenmäßig viel zusehr von der seiner Vorgänger und auch anderer Münzherren ab, als daß man darüberhinwegsehen könnte, daß sich das Königtum nach einer langen Periode der Zurückhaltungselbst an die Spitze der neuen Gründungswelle gestellt hatte, die das Zeitalter der regionalenPfennigwährung charakterisierter"! Dabei betrieb Barbarossa keine Reichsmünzpolitik,sondern er paßte seine Münzpolitik der Regionalität im Münzwesen an. Treffend bemerktJ. Fried: "Friedrichs Münzpolitik ergänzte seine Raumerfassung mit wirtschaftlichen Mit-teln."16

In Thüringen werden die Bemühungen des Kaisers auf dem Gebiet des Münzwesensdeutlich faßbar. Eine Münzprägung unter seiner Regie ging zunächst von Altenburg undMühlhausen aus. Kaiser Lothar Ill. dürfte in Altenburg eine erste Marktgründung veran-laßt oder zumindest gefördert haben.'? Jedoch findet sich für die von W. Schlesingervertretene Ansicht, daß damit gleichzeitig eine Münze eingerichtet worden sei," keinHinweis. Die Emission königlicher Brakteaten setzte um 1165 ein. Eine solche Datierungergibt sich zum einen daraus, daß erstmals der Fund Rehmsdorf I (vergraben um 1170/85)Münzen dieser Provenienz enthielt.!" Weiterhin ist zu bedenken, daß Friedrich I. denAusbau des Reichsbesitzes im Gebiet um die alte Reichsburg Altenburg im Pleißenlandmit großer Intensität betrieb.P Altenburg selbst erfuhr durch ihn reiche Förderung. Sowurde eine beträchtliche Stadterweiterung vorgenommen, insbesondere die Anlageeines neuen Marktes ist zu nennen. Schlesinger ordnet diese Vorgänge in die Zeit um1165 ein.21 Es ist davon auszugehen, daß zu den von Barbarossa getroffenen Maßnah-

12 N. KAMP, Moneta regis. Beiträge zur Geschichte der königlichen Münzstätten und der königlichenMünzpolitik in der Stauferzeit, phil. Diss., Göttingen 1957, S. 381.

13 Ebenda, S. 387.14 FRIED,Wirtschaftspolitik (wie Anm. 10), S. 230f.IS KAMP,Münzprägung (wie Anm. 9), S. 532.16 FRIED,Wirtschaftspolitik (wie Anm. 10), S. 230.

17 W. SCHLESINGER,Die Anfänge der Stadt Chemnitz und anderer mitteldeutscher Städte. Untersuchungen überKönigtum und Städte während des 12. Jahrhunderts, Weimar 1952, S. Hof.; H. PATZE, Recht und Verfassungthüringischer Städte, Weimar 1955, S. 16.

18 ScHLESINGER,Chemnitz (wie Anm. 17), S. HOf.19 W. HAVERNICK,Die mittelalterlichen Münzfunde in Thüringen, Jena 1955, S. 140.20 Deutsche Geschichte in zwölf Bänden, Bd. 2: Die entfaltete Feudalgesellschaft von der Mitte des 11. bis zu

den siebziger Jahren des 15.Jahrhundem, Autorenkollektiv unter Ltg. Y. E. ENGEUB. TÖPFER, Berlin 1983, S. 148.21 ScHLESINGER,Chemnitz (wie Anm. 17), S. 115 u. 141f.

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Abb. 1 Altenburg, Friedrich I.FRIDERICVS INPERATOR ET SEMP AVFund von Gotha (329), Silber, 32 mm, 0,96 g

Torsten Fried

Abb.2 Mühlhausen, Friedrich 1.TrugschriftFund von Milda, Silber, 50 mm, 0,85 g

men auch die Inbetriebnahme einer Münzstätte gehörte. Ferner sollte auf die Tatsachehingewiesen werden, daß sich der Kaiser im Jahre 1165 zum ersten Mal in Altenburgaufhielt?

Das Vorzugsgebiet der Altenburger Münzen umfaßte vor allem die Landschaft zwischenElster und Mulde, ersteckte sich nach Süden bis zum Erzgebirge und schloß auch dasVogtland mit ein.

23Der königlichen Münzstätte gelang es, die monetäre Führung im

östlichen Thüringen zu übernehmen. Das hatte seine Ursache nicht nur in der besondersstarken Prägekraft dieses Instituts, sondern auch darin, daß die Altenburger Pfennigeschwerer ausgeprägt wurden, als das sonst in Thüringen üblich war." Allerdings überhöhtJ. Fried die Bedeutung der Münzstätte in Altenburg, wenn er feststellt, daß die AltenburgerPrägungen in Thüringen schlechthin bestimmend wurden." Neben Pfennigen sind durchFundstücke auch Hälblinge aus der Zeit Friedrichs belegt.

Die aus Altenburg stammenden Stücke sind im Unterschied zu den ostfälischen bzw.west- und mittelthüringischen Brakteaten durch ein verhältnismäßig breites Gepräge undeine im allgemeinen stärkere Reliefbildung gekennzeichnet. (Abb. 1). Als Münzbild er-scheint in der Hauptsache der thronende Herrscher mit Zepter und Reichsapfel. Aufeinigen Münzen gibt Luteger, ein Stempelschneider und wohl auch Münzunternehmer, derfür verschiedene Münzherren tätig war,26 seine Herkunft mit Altenburg an. Das hoheNiveau der Prägetechnik verflachte dann seit dem Ausgang des 12. Jh.

22 F. OPLL, Das Itinerar Kaiser Fricdrich Barbarossas (1152-1190), Wien-Köln-Graz 1978, S. 36 u. 197.2J KAMP, Moneta (wie Anm. 12), S. 347.24 Ebenda, S. 339f.

25 l'RIID, Wirtschaftspolitik (wie Anm. 10), S. 230.26 KLUG!., Brakteaten (wie Anm. 2), S. 14.

Münzprägung in Thüringen 145

Friedrich I.kann als Gründer der Neustadt in Mühlhausen gehen27, und er förderte denOrt durch die Anlage einer Münzstätte (Abb. 2). In Auswertung des Fundmaterials ist fürden Beginn der königlichen Münzprägung die Zeit um 1170 anzugeben.i" Kamp sprichtsich dafür aus, daß schon zwischen 1140 und 1160/1170 Pfennige Erfurter Fabrik inMühlhausen erniniertwurden.i'Tn "Die deutschen Königspfalzen" wird durch M. Gockeldem entschieden widersprochen, und es findet sich die Andeutung, daß die fraglichenBrakteaten von Konrad Ill.und Friedrich I. in einer weiter östlich gelegenen königlichenMünzstätte geprägt worden seien.3o Das beläßt die Frage jedoch im unklaren, und in bezugaufMühlhausen ist deshalb von der eindeutig nachgewiesenen Münzprägung seit etwa 1170auszugehen.

Das Umlaufgebiet der Mühlhäuser Stücke erstreckte sich auf das Gebiet zwischen dennördlichen Ausläufern des Thüringer Waldes und der Hainleite sowie auf das südliche Eichs-feld.ll Der Münztyp des Reiterbrakteaten erfuhr bis zum Ende des 13.Jh. keine Änderung.

Die Bemühungen Friedrichs I. zum Ausbau des nordthüringischen Krongutes tratenmit dem Sturz Heinrichs des Löwen in ein neues Stadium ein.32 Hierzu gehört, daß er dieMünzstätte Nordhausen unmittelbar nach 1180 in eine königliche Münze umwandelte. ImJahre 962 hatte König Otto Il. dem Frauenstift Nordhausen das Münzrecht verliehen.PMünzen dieser Provenienz sind aber erst seit etwa 1140 nachweisbar.I' Die Emissionbegann mit Brakteaten der Äbtissin Caecilia (um 1140-um 1160), die dem Fund vonHernleben (vergraben um 1156) angehörten. Die Nordhäuser Münze entwickelte ihreneigenen Münztyp und war, "da es im Südharzgebiet keinen Münzbetrieb von vergleichba-rer Prägekraft und gleich ausgezeichneter Verkehrslage gab, zur führenden Münzstättedi R d "35ieses aumes gewor en .

Klar erkennbar wird der Wechsel der Münzherrschaft 1180 an der Veränderung desMünzbildes, denn nun erscheintdie Darstellungdes Königs und der Königin. Beachtenswertist dabei, daß das neue Bild nach dem gleichen Schema geschnitten wurde wie vordem dieStücke des Stifts. Auf Grund der Wiederkehr des Kreuzstabes auf den Brakteaten vermutetE. Nau, daß das Kloster an Betrieb und Nutzen der Münzstätte beteiligt blieb.36 Daß die

27 Diedeutschen Königspfalzen. Repertorium der Pfalzen, Königshöfe und übrigen Aufenthaltsorte der Königeim deutschen Reich des Mittelalters, hrsg. v. Max-Planck-Institur für Geschichte, Bd. 2: Thüringen, Lfg. 3, bearb.v. M. GOCKEL,Göttingen 1986, S. 261 u. 315.

28 HAvERNICK,Münzfunde (wie Anm. 19), S. 141.29 KAMP,Moneta (wie Anm. 12), S. 330ff.30 Königspfalzen (wie Anm. 27), S. 263.31 KAMP,Monera (wie Anm. 12), S. 334.32 K.MASCHER,Reichsgut und Komitat am Südharz im Hochmittelalter, Köln-Graz 1957, S. 120.33 Monumenta Germaniae historica. Die Urkunden der deutschen Könige und Kaiser, Bd. 2, Hannover

1888-1893. Nr. 5.34 HAvERNICK,Münzfunde (wie Anm. 19), S. 148.3S KAMP,Moneta (wie Anm. 12), S. 325.36 E. NAU, Staufische Münzpolitik. in: Südwestdeutsche Städte im Zeitalter der Staufer, hrsg. v.

E. MASCHKE/J.SYDOW,Sigmaringen 1980, S. 55.

10 Barbaro55a-Srudien

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königlichen Münzen in der gleichen Bildtradition wie die klösterlichen Vorgängerstückestanden, ist m. E. aber mit der Absicht zu erklären, die herausgehobene Stellung derNordhäuser Pfennige im nordthüringischen Raum zu wahren und fortzuentwickeln.

Das Vorzugsgebiet der Nordhäuser Münze wurde im Westen durch das Eichsfeld, imOsten durch die Ausläufer der Goldenen Aue begrenzt. Es reichte vom Harz im Nordenbis zur Hainleite im Süden.V Verschiedene Brakteaten werden als HoftagsprägungenFriedrich Barbarossas 1174 angesehen, eine solche Bewertung bleibt jedoch unsicher,"

Friedrich I.gelang der Neuaufbau einer königlichen Basis an der oberen Saale.39 Wahr-scheinlich kam Saalfeld kurz nach 1180 wieder an das Reich zurück. Der Kaiser dürfteentscheidenden Einfluß auf die Entwicklung des Ortes genommen haben, ihm ist wohl dieGründung der Stadt zuzuschreiben."

Von etwa 1140 an ist eine Emissionstätigkeit der Äbte von Saalfeld belegt,"! Die Münzeerzeugte Brakteaten in Bildanlehnung an Erfurter Pfennige. Auch im Münzfuß folgte mandiesem Vorbild, wenngleich ein vollständiger Anschluß an Erfurter Prägetradition nichtstattfand. Die Pfennige der nun königlichen Münze hatten zu den gleichzeitigen ErfurterEmissionen keine Beziehung mehr, denn es wurde die Altenburger Prägetradition auch inSaalfeld eingeführt, so daß es bisher nicht gelungen ist, die Altenburger und Saalfelder Reihegetrennt darzustellen. Diese Koordinierung der Münzprägung wurde vorgenommen, umdie Führungsposition der königlichen Emission im östlichen Thüringen auszubauen undum das Königsgut im oberen Saalegebiet stärker an die Reichsbesitzungen im Pleißenlandheranzuziehen.V

Wie im Falle von Nordhausen nimmt Nau für Saalfeld ein Zusammenwirken vonKönigtum und Geistlichkeit bei der Münzprägung nach 1180 an, obgleich das, wie sie selbstbedenkt, weder aus dem Münzbild noch aus den Urkunden hervorgeht.f Die SaalfelderMünzen waren in der Hauptsache im oberen und mittleren Saaletal sowie im Frankenwaldverbreitet."

Unter Einschluß der schon erwähnten vier Institute, Altenburg, Mühlhausen, Nordhau-sen und Saalfeld, ergibt sich für die Ausbreitung der Münzstätten in Thüringen in derzweiten Hälfte des 12. Jh. folgendes Bild: Am Beginn der Regierungszeit Friedrich Barba-rossas 1152 wurden in Erfurt, Naumburg, Nordhausen und Saalfeld Münzen emittiert,wobei die beiden zuerst genannten Institute, Erfurt und Naumburg, bereits im 11. Jh. miteiner Emissionstätigkeit hervorgetreten sind. Bis zum Ende der fünfziger Jahre des 12. Jh.

37 KAMP, Moneta (wie Anm. 12), S. 327.38 Königspfalzen (wie Anm. 27), S. 341f.39 F. X. VOLLMER, Reichs- und Territorialpolitik Kaiser Friedrichs I., phil. Diss., Freiburg 1951, S. 350.40 ScHLESINGER, Chemnitz (wie Anm. 17), S. 174, Anm. 2.41 HAVERNICK, Münzfunde (wie Anm. 19), S. 148f.42 KAMP,Moneta (wie Anm. 12), S. 343ff.43 E. NAU, Münzen und Geld in der Stauferzeit, in: Die Zeit der Staufer, Geschiche - Kunst - Kultur, Katalog

der Ausstellung, Bd. 3: Aufsätze, Stuttgart 1977, S. 91.44 KAMP,Moneta (wie Anm. 12), S. 347.

Münzprägung in Thüringen 147

kam nur eine weitere Münzstätte hinzu, nämlich Eisenach.P In den sechziger Jahren begannnun eine stärkere Zunahme. Es sind fünf neue Orte zu verzeichnen, in denen Münzengeschlagen wurden: Altenburg, Apolda, Camburg, Orlamünde und Zeitz. Diese Entwick-lung fand ihre Fortsetzung, da im nächstenjahrzehnt weitere sieben Münzstätten entstan-den sind: Arnstadt46, Gotha, Gräfentonna, Jena, Kelbra, Mühlhausen und Oldisleben. ImAnschluß hieran verringerte sich das Wachstumstempo spürbar. Für die erste Hälfte derachtziger Jahre können zwei Orte, Sulza und Weißensee, erwähnt werden, von denenerstmals Münzen ausgingen. Nach 1185 trat eine Pause ein, kein Institut nahm in dendarauffolgenden Jahren eine Tätigkeit auf. Am Ende des 12. Jh. veränderte sich die Situationjedoch gundlegend, denn die Zeit um 1200 kann als Höhepunkt für die Ausbreitung vonMünzstätten in der Periode des regionalen Pfennigs in Thüringen gelten.

Die nachfolgende Aufstellung enthält für die Barbarossazeit die Münzherren der ein-zelnen Institute in Thüringen.

Königliche Münzstätten Altenburg, Mühlhausen, Nordhausen,SaalfeldErfurtNaumburg, ZeitzArnstadtNordhausenOldislebenSaalfeldSulzaEisenach, Gotha, Sulza, WeißenseeCamburgOrlamündeKelbraGräfentonnaJenaApolda

Erzbischöfe von MainzBischöfe von NaumburgÄbte von HersfeldÄbtissinnen von NordhausenÄbte von OIdislebenÄbte von SaalfeldPröpste von SulzaLandgrafen von ThüringenMarkgrafen von MeißenGrafen von OrlamündeGrafen von RothenburgGrafen von Torma-GleichenHerren von LobdeburgSchenken und Vitztume von Apolda

Es zeigt sich, daß Königtum, Geistlichkeit und weltliche Dynasten in unterschiedlicherWeise münzpolitisch aktiv waren. Die Zahl der königlichen Münzstätten beträgt vier. Ingeistlicher Hand befanden sich acht Institute, und die weltlichen Dynasten verfügten überzehn Münzstätten. Soll ein Vergleich zum deutschen Reich erfolgen, kann auf das von Nauerarbeitete Zahlenmaterial zurückgegriffen werden." Dabei ist zu beachten, daß sie die

4S Vgl. zum Emissionsbeginn der folgenden Münzstätten T. FRIED, Die Münzprägung in Thüringen vomBeginn der Stauferzeit (1138) bis zum Tode König Rudolfs von Habsburg (1291), phil. Diss., Berlin 1990, S. 36f£.

4(, Da zwischen den Prägungen im 11. und 12. Jh. ein großer zeitlicher Abstand besteht, gilt die Aufnahme derEmissionstätigkeit um 1170 als Neuanlage einer Münzstätte.

47 NAU, Münzen (wie Anm. 43), S. 89.

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frühstaufische Zeit ca. 1140 bis 1197 zu Grunde legt. Das thüringische Ergebnis wird durcheine solche Ausdehnung der Untersuchungszeit nicht verändert, da die vor 1152 eingerich-teten Münzstätten erfaßt sind und in der Regierungszeit Heinrichs VI. keine Münzstättenangelegt wurden.

Zeit Münzherren Zahl der Münzstätten (a) Anteil an derGesamtmenge in Prozent (b)

deutsches Reich Thüringen

a b a b

1140-1197 König 28 13 4 18Geistlichkeit 106 49 8 36insgesamtErzbischöfe 61 28 3 13und BischöfeKlöster 45 21 5 23weltliche 81 38 10 45Dynasten

Für die Zeit ca. 1140 bis 1197 gilt die Feststellung, daß in Thüringen der Anteil vonMünzstätten weltlicher Dynasten höher als im Vergleichsraum ist. Bei den geistlichen Institutenverhält es sich umgekehrt. Weiterhin lassen sich in Thüringen anteilmäßig mehr königlicheMünzstätten ermitteln. Die beschriebenen Abweichungen bei den Anteilen der weltlichenDynasten und der Geistlichkeit setzen sich während der spätstaufischen Zeit in verstärkterForm fort. Dagegen gleichen sich in dieser Zeit die Anteile der königlichen Institute.

Die Sicht auf die Münzherren bliebe mit einer quantitativen Betrachtung unvollständig,und deshalb ist die Einbeziehung qualitativer Gesichtspunkte unerläßlich. Im Vordergrundsteht dabei die Frage, über welchen Emissionsumfang die Münzstätten der einzelnenMünzherren verfügten. Bezüglich der königlichen Prägestätten läßt sich feststellen, daßallediese Institute kontinuierlich arbeiteten. Die Mehrzahl der geistlichen Münzstätten warkontinuierlich bzw. bedingt kontinuierlich tätig. Die weltlichen Dynasten besaßen in ersterLinie Institute mit ephemerer Emission.

Von einer solchen Einschätzung heben sich die Landgrafen von Thüringen deutlich ab,deren Bemühungen zur Ausbildung der Landesherrschaft eine aktive Münzpolitik ein-schlossen. Mit Eisenach und Gotha schufen sie Institute mit erheblichem Emissionsum-fang." Der Schluß ist zulässig, daß ihr Wirken auf münzpolitischem Gebiet in einer Reihemit den Aktivitäten des Königtums und der Geistlichkeit steht. Die Rezeption des land-gräflichen Münzbildes durch Münzstätten weltlicher Dynasten und durch königliche und

41 Vg!. W. STEGUWEIT, Geschichte der Münzstätte Gotha vom 12. bis zum 19. Jahrhundert, Weimar 1987,

S.24ff.

Münzprägung in Thüringen 149

geistliche Institute offenbart, daß die Landgrafen sogar als Impulsgeber für das gesamtethüringische Münzwesen fungiert haben.

Anfangs beherrschten in der Stauferzeit die Münzen der Geistlichkeit den Geldverkehrin Thüringen. Bis in die siebziger Jahre des 12. Jh. hinein verfügten die geistlichen Münz-herren über die meisten Institute mit kontinuierlicher Emissionstätigkeit (Erfurt, Naum-burg, Nordhausen, Saalfeld). An erster Stelle stand hierbei Erfurt; die erzbischöflichenMünzen besaßen zunächst die Dominanz in Thüringen. Bei der Beantwortung der Frage,zu welcher Zeit die führende Position der Geistlichkeit bei der Münzemission verlorenging,sollte der folgende Aspekt Beachtung finden. Um 1180 wurden die wichtigen InstituteNordhausen und Saalfeld von Kaiser Friedrich Barbarossa übernommen. Sowohl in quan-titativer als auch in qualitativer Hinsicht trat das Übergewicht von Münzstätten, die unterder Regie des Königs bzw. weltlicher Dynasten tätig waren, gegenüber der Geistlichkeitdeutlich hervor. Die achtziger Jahre des 12. Jh. können somit als Wendepunkt einerEntwicklung angesehen werden, die dazu führte, daß die Geistlichkeit ihren bestimmendenEinfluß auf das thüringische Münzwesen verlor.

Das gewonnene Bild findet seine Entsprechung in der Feststellung von W. Heß, daß umoder kurz vor 1170 die Vorherrschaft der Erfurter Münzen eine erhebliche Einbuße erlitt.49

Zur gleichen Zeit kam es zur Abspaltung der Wetterau als eigenes Münzgebiet aus dembisherigen Umlaufbereich des Mainzer Pfennigs. Eine inhaltliche und zeitliche Parallelitätbeider Vorgänge ist zu konstatieren. Der Anlaß, so Heß, ist jeweils derselbe: Die Schwä-chung der Mainzer Herrschaft, resultierend aus der Absetzung Erzbischof Konrads (1161-1165, 1183-1200) im Jahre 1165 und dem dadurch möglich gewordenen Vordringen vonLandgraf Ludwig 11. (1140-1172) gegen erzbischöfliche Srützpunkte.P In diesem Zusam-menhang bedarf die von Kamp vertretene Ansicht, daß die Bischöfe die "wahren Herren-des deutschen Münzwesens waren'", zumindest für den thüringischen Raum einer Korrek-tur. Seit dem letzten Viertel des 12. Jh. traten Königtum und weltliche Dynasten demFührungsanspruch der Geistlichkeit auf münzpolitischem Gebiet energisch entgegen,wobei die Aktivitäten von Kaiser Friedrich I. in besonderer Weise hervorzuheben sind.Daß es dem Stauferkaiser vor allem in der zweiten Hälfte seiner Regierungszeit gelang, denkaiserlichen Besitz beträchtlich zu erweitern und zu konsolidieren, wird nicht zuletzt anseiner erfolgreich betriebenen Münzpolitik zu dieser Zeit in Thüringen deutlich.

Barbarossas Nachfolger führten seine Münzpolitik durchaus fort. Unter Friedrich 11.wurde in der Zeit 1220/1225 im deutschen Reichsgebiet die Zahl von 34 königlichenMünzstätten erreicht.52 Die nach dem staufisch-welfischen Thronstreit gegründeten Insti-

.9 W. HESS, Städtegründungen und Anfänge der Münzprägung in der staufischen Wetterau, in: Blätter für

deutsche Landesgeschichte, 117/1981, S. 107.50 Ebenda. Vg!. Geschichte Thüringens, hrsg. v. H. PATZElW. ScHlESINGER, Bd. 2: Hohes und spätes

Mittelalter, T. 1, Köln-Wien 1974, S. 24.SI KAMP,Münzprägung (wie Anm. 9), S. 519.S2 W. METZ, Staufische Güterverzeichnisse. Untersuchungen zur Verfassungs- und Wirtschaftsgeschichte des

12. und 13.Jahrhunderts, Berlin 1964, S. 151.

150 Torsten Fried

tute besaßen jedoch zu einem großen Teil wenig BedeutungY Es zeigt sich, daß Friedrich I.mit seinen Aktivitäten bereits in vielem den Rahmen, der sich für die Entfaltung derköniglichen Münzprägung bot, ausgeschöpft hatte.

In Thüringen nahmen nach 1180 keine weiteren Prägestätten unter königlicher Regieihren Betrieb auf. Während des Thronstreites gelangten Mühlhausen, Nordhausen undSaalfeld in die Hand des Landgrafen. In Saalfeld fand danach eine königliche Emissionstä-tikeit nicht mehr statt, da der Ort nach weiteren Besitzveränderungen seit 1208/1209 indauerndem Pfandbesitz der Grafen von Schwarzburg blieb. Das Münzbild zeigte weiterhinden thronenden König, den Münzfuß setzten die Grafen jedoch herab. Die beiden anderenInstitute, Mühlhausen und Nordhauen, emittierten nach dem Thronstreit wieder unterköniglicher Regie Münzen. Mit dem "Rückzug" des Reiches aus Nordthüringen in dendreißiger Jahren des 13. Jh.54 ging diese Tätigkeit zu Ende, die Prägestätten wurdenverpfändet. In Mühlhausen erlangte in der Folgezeit die Stadt das Münzrecht. UnmittelbareAuswirkungen auf die Emissionstätigkeit gab es durch den Thronstreit in Altenburg nicht,die Beziehungen zu Saalfeld brachen jedoch ab. Um die gleiche Zeit wie Northüringen gingauch das Pleißenland dem Reich faktisch verloren, es wurde verpfändet.

5) KAM!', Moneta (wie Anm. 12), S. 444.54 MASCHER,Reichsgut (wie Anm. 32), S. 134f.